Selena: Dein Weg zu mir - C. M. Spoerri - E-Book

Selena: Dein Weg zu mir E-Book

C.M. Spoerri

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Beschreibung

Ein One-Night-Stand mit einem gutaussehenden Arzt? Genau das Richtige für einen Freitagabend - zumindest, wenn es nach Selena geht. Unverbindlicher Spaß, eine heiße Nacht und Ablenkung von dem Grund, der sie überhaupt ins Napa Valley geführt hat. Allerdings entpuppt sich der selbstbewusste Nick als Herausforderung, denn er kommt Selena emotional viel näher, als sie zulassen will. Also tut sie, was sie immer tut: Sie lässt ihn abblitzen. Doch statt sich endlich den Geistern ihrer Vergangenheit zu stellen, begegnet sie jemandem, der sie in die Knie zwingt ... und muss sich eingestehen, dass sie nicht alles alleine schaffen kann. Schon gar nicht, sich ihrem größten Feind zu stellen: ihren Gefühlen.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Kapitel 1 - Nick

Kapitel 2 - Selena

Kapitel 3 - Nick

Kapitel 4 - Selena

Kapitel 5 - Nick

Kapitel 6 - Selena

Kapitel 7 - Selena

Kapitel 8 - Nick

Kapitel 9 - Selena

Kapitel 10 - Selena

Kapitel 11 - Selena

Kapitel 12 - Nick

Kapitel 13 - Selena

Kapitel 14 - Selena

Kapitel 15 - Nick

Kapitel 16 - Selena

Kapitel 17 - Selena

Kapitel 18 - Nick

Kapitel 19 - Selena

Kapitel 20 - Selena

Kapitel 21 - Nick

Kapitel 22 - Selena

Kapitel 23 - Selena

Kapitel 24 - Nick

Kapitel 25 - Selena

Kapitel 26 - Nick

Kapitel 27 - Selena

Kapitel 28 - Nick

Kapitel 29 - Selena

Kapitel 30 - Nick

Kapitel 31 - Selena

Kapitel 32 - Selena

Kapitel 33 - Selena

Kapitel 34 - Selena

Kapitel 35 - Selena

Kapitel 36 - Selena

Schlusswort

Dank

Über die Autorin

 

C. M. Spoerri

 

 

Selena

Dein Weg zu mir

 

 

New-Adult

Liebesroman

 

Dieses Buch lässt sich unabhängig von “Emilia” und “Melinda” lesen. Allerdings kommen darin altbekannte Charaktere des Napa Valleys wieder vor. ;-)

 

Selena: Dein Weg zu mir

Ein One-Night-Stand mit einem gutaussehenden Arzt? Genau das Richtige für einen Freitagabend – zumindest, wenn es nach Selena geht. Unverbindlicher Spaß, eine heiße Nacht und Ablenkung von dem Grund, der sie überhaupt ins Napa Valley geführt hat.

Allerdings entpuppt sich der selbstbewusste Nick als Herausforderung, denn er kommt Selena emotional viel näher, als sie zulassen will. Also tut sie, was sie immer tut: Sie lässt ihn abblitzen.

Doch statt sich endlich den Geistern ihrer Vergangenheit zu stellen, begegnet sie jemandem, der sie in die Knie zwingt … und muss sich eingestehen, dass sie nicht alles alleine schaffen kann. Schon gar nicht, sich ihrem größten Feind zu stellen: ihren Gefühlen.

 

 

Die Autorin

C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (›Alia-Saga‹, ›Greifen-Saga‹) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.

www.sternensand-verlag.ch

[email protected]

 

1. Auflage, Juli 2018

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2018

Umschlaggestaltung: Cover & Books | Rica Aitzetmueller

Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

Satz: Sternensand Verlag GmbH

Druck und Bindung: Smilkov Print Ltd.

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

ISBN-13 Taschenbuch: 978-3-03896-005-8

ISBN-13 E-Book: 978-3-03896-006-5

 

 

 

 

 

Für Andi

Danke, dass du den Weg mit mir zusammen gehst.

Kapitel 1 - Nick

 

Die Musik dröhnte in meinen Ohren, der Wein rauschte durch meine Adern und das Linsen-Chili brannte auf meiner Zunge. Ja, genau so stellte ich mir einen perfekten Start ins Wochenende vor: mit gutem Sound und Essen in meinem Lieblingslokal ›Blue Note‹ in Napa.

Ich ließ meinen Blick über die Gäste schweifen, die im blauen Licht der Bar gespenstisch weiße Gesichter besaßen. Das Publikum war gemischt – Jazz war keine Frage des Alters, sondern des Geschmacks. Die Tische vor der Bühne wirkten im Halbdunkeln nicht übel besetzt und die Kellner eilten umher, um alle Gäste zufriedenzustellen. Eine unbekannte Band mit einem etwas dicklichen Sänger tat ihr Bestes, um das Publikum zu unterhalten. Die Musik war zu laut, als dass man miteinander in Ruhe hätte sprechen können, aber das wollten die Zuhörer auch nicht. Es ging darum, in speziellem Ambiente ein paar schöne Stunden zu verbringen und den Freitagabend einzuläuten.

Eine hübsche Kellnerin lächelte mir zu, als sie meinen Teller wegräumte und hob fragend eine Augenbraue, während sie auf mein fast leeres Weinglas deutete. Ich erwiderte nickend ihr Lächeln, ehe ich mich wieder zur Band umdrehte. Mein Sitzplatz befand sich an einer Art Tresen, der zur Bühne hin zeigte. Vor mir begannen die Tische, die sich in einer Ebene weiter unten befanden und durch eine Treppe erreicht werden konnten. Links und rechts neben mir saßen mir unbekannte Menschen, aber das störte mich nicht.

Ich mochte es, alleine unterwegs zu sein. In meinem Arbeitsalltag gab es schon genug soziale Interaktionen, die es zu meistern galt. Eigentlich wollte ich damals, als ich mit dem Medizinstudium begonnen hatte, Chirurg werden, doch meine Zeit als Assistenzarzt in der psychiatrischen Klinik hier in Napa stellte sich bisher als spannend heraus – auch, oder gerade weil, sie tägliche Herausforderungen für mich bereit hielt. Daher war ich bereits viel länger als ursprünglich geplant als Psychiater tätig.

Eine schlanke Hand stellte mir ein neues Glas Rotwein vor die Nase und nahm das leere mit. Ich wollte mich gerade umdrehen, um der Bedienung zu danken, da blieb mein Blick an einem Tisch hängen, an welchem eine blonde Frau zusammen mit einer rothaarigen saß – Letztere kehrte mir den Rücken zu. Doch die erste erkannte ich auf Anhieb. Ein Schmunzeln glitt über meine Lippen und ich erhob mich mit meinem neuen Weinglas, um zu ihnen zu schlendern. Ja, die Blondine kannte ich inzwischen ziemlich gut – und ich war froh, dass ihr Freund sie nicht zu begleiten schien, denn dann war sie um einiges unterhaltsamer und vor allem offener.

Ehe ich die Ebene mit den Tischen betrat, gab ich meiner Kellnerin ein Zeichen, dass ich meinen Platz wechseln würde, damit sie mit den Rechnungen nicht durcheinander kam. Sie nickte mir zu und ich ging die kurze Treppe hinunter. Vor dem Tisch mit den beiden Frauen blieb ich stehen und wartete, bis sie mich bemerkten. Sie schienen – trotz der lauten Musik – in ein angeregtes Gespräch vertieft zu sein. Beide hatten einen Cocktail vor sich stehen, der noch halb voll war. Die Rothaarige saß immer noch mit dem Rücken zu mir, aber jetzt hob die Blonde den Blick und ihre Augen weiteten sich, als sie mich erkannte.

»Nick!«, rief sie und ein Lächeln erschien auf ihrem hübschen Gesicht.

Ich deutete eine kleine Verbeugung an. »Melinda, schön dich mal ohne deinen Bodyguard zu treffen.«

Melindas Lächeln wurde ein Stück breiter und sie hob vielsagend die Augenbrauen. »Er kommt noch nach.« Dann deutete sie auf die Rothaarige, die sich inzwischen ebenfalls zu mir umgedreht hatte. »Das ist Selena, meine neue Mitbewohnerin. Sie ist vorgestern hier im Napa Valley angekommen und ich habe sie heute ein bisschen herumgeführt.«

Ich ließ meinen Blick zu ihrer Freundin schweifen und vergaß beinahe, dass ich sie eigentlich hätte begrüßen sollen. Die Erscheinung, die vor mir saß, war einfach zum Niederknien. Ihr rotes Haar fiel in sanften Wellen bis über den Rücken, die Augen waren etwas zu übertrieben im Smokey-Eye-Stil geschminkt und von einer hellen Farbe – im blauen Licht der Bar konnte ich nicht sagen, ob grün oder blau oder hellbraun. Riesige rote Ohrringe, eine zierliche Kette sowie ein knappes, schwarzes Minikleid vervollständigten ihren Auftritt.

»Selena, das ist Nick«, rief Melinda gerade über die lauten Klänge hinweg, als diese mit einem Mal verstummten und das ›Nick‹ durch den Raum hallte. Die anderen Gäste sahen sich irritiert zu uns um, während Melinda wohl am liebsten im Erdboden versunken wäre.

»Sehr erfreut.« Ich ignorierte die Blicke der anderen und hielt Selena stattdessen meine Hand hin, während ich ihr mit dem Weinglas zuprostete.

Die rothaarige Schönheit legte ihre schlanken Finger um meine, schenkte mir aber kein offenes Lächeln, sondern eher ein Schmunzeln. Ein verruchtes Schmunzeln (Okay, ich mochte sie). »Ganz meinerseits … Nick.« Ihre Stimme klang etwas rauchig, aber nicht so, als würde sie jeden Tag ein Glas Whiskey trinken. Dafür war sie auch viel zu jung – vielleicht Anfang zwanzig? Auf jeden Fall einen Ticken jünger als ich.

»Darf ich mich zu euch setzen?« Ich sah von Selena zu Melinda, die eifrig nickte.

Anscheinend war sie froh, dass ich mich nicht über sie lustig machte, weil sie gerade alle Aufmerksamkeit auf uns gezogen hatte. Melinda war ziemlich schüchtern, was eigentlich so überhaupt nicht zu ihrem Freund passte. Aber Gegensätze zogen sich manchmal eben an.

Die Band schien eine Pause einzulegen, denn der dickliche Sänger wischte sich mit einem Tuch über das schweißnasse Gesicht und brummelte etwas von zwanzig Minuten ins Mikrophon, ehe er und seine Bandmitglieder sich an die Bar verzogen. Eine weniger aufdringliche Jazzmusik aus dem Lautsprecher ersetzte ihre musikalische Darbietung. Perfekt, um die fremde Schönheit besser kennenzulernen.

Ich setzte mich auf den Stuhl, welcher gegenüber von Melinda und rechts von Selena stand, lehnte mich lässig zurück und genoss den Blick der Rothaarigen, der unverhohlen über meinen Körper glitt. Ich war nicht so muskulös wie Melindas Freund, aber auch nicht unathletisch und meine breiten Schultern luden förmlich dazu ein, einer Frau Halt zu geben. Auf meine Kleidung und mein Aussehen achtete ich penibel – zu penibel, wie vielleicht einige meiner Exfreundinnen gesagt hätten. Heute trug ich ein helles Hemd, das zu meinen schwarzen Haaren passte, die ich meist nach hinten gelte, damit sie mir nicht ins Gesicht fielen.

Was Selena sah, schien ihr zu gefallen, denn das Schmunzeln wollte nicht aus ihrem Gesicht weichen, selbst als ich sie meinerseits genauer in Augenschein nahm. Sie war wirklich eine attraktive Frau – genau mein Beuteschema. Vielleicht würde der heutige Abend doch etwas weniger ruhig, als ich geglaubt hatte. Ich hätte zumindest ganz und gar nichts dagegen, mit ihr auf Tuchfühlung zu gehen. Aber erst müsste ich sie besser kennenlernen, konnte ja durchaus sein, dass eine Frau wie sie bereits vergeben war.

Dennoch überlegte ich rasch, ob ich sie zu mir nach Hause nehmen konnte – ja, konnte ich. Mein Mitbewohner Cley war übers Wochenende zu seiner Schwester nach San Francisco gereist und ich hatte unser Haus, das wir zusammen hier im Valley bewohnten, für mich alleine. Perfekt.

»Nick ist Arzt«, erklärte Melinda ihrer Freundin gerade und sah mich mit einem schmachtenden Blick an, den sie mir immer schenkte, wenn sie diese Tatsache erwähnte. Sie vergötterte mich dafür, dass ich ihr das Leben gerettet hatte. Im wahrsten Sinn des Wortes. »Er hat mir das Leben gerettet«, schickte sie eben in diesem Moment hinterher, was Selena eine Augenbraue in die Höhe ziehen ließ.

»Ein Lebensretter, soso«, lächelte sie und trank verführerisch einen Schluck aus ihrem Cocktail, während sie mir einen Augenaufschlag schenkte, der sich gewaschen hatte.

Okay, das klärte auch die Frage, ob sie single war. Und ich würde nicht ›nein‹ sagen zu einer ziemlich sicher ziemlich interessanten und ziemlich versauten Nacht. Ich kannte Mädchen wie Selena – sie hielten, was sie versprachen.

Mein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen und ich wollte Melindas Worte schon in aller Coolness bestätigen, als mir plötzlich jemand so stark auf die Schulter klopfte, dass ich beinahe den Wein verschüttet hätte, den ich nach meiner lapidaren ›Ach was, das ist doch selbstverständlich‹-Ansprache (die nie stattfinden würde) hatte trinken wollen.

»Zwei schöne Frauen und zack, Nick ist da!«, lachte eine tiefe Stimme neben mir.

Dann wurde der Stuhl zu meiner Rechten weggezogen und Armando Pérez ließ sich darauf nieder. Der Playboy des Napa Valleys – oder besser: er war es einst. Jetzt galt seine ganze Aufmerksamkeit dem blonden Mädchen, zu dem er sich rüberbeugte, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund zu drücken.

Melinda legte ihm beide Hände auf die Schultern und erwiderte den Kuss, stieß ihn aber dann sanft von sich, so, als wäre es ihr peinlich, dass Selena und ich ihnen zugeschaut hatten. Sie senkte sogar den Blick und ich hätte schwören können, dass eine leichte Röte ihre Wangen überzog, hätte das blaue Licht hier drin nicht fast alle anderen Farben verschluckt.

»Armando … Lässt dein Mädchen wohl nie lange aus den Augen, was?«, wandte ich mich nun an den dunkelblonden, gutaussehenden (ja, das musste man auch als Mann feststellen) Chris-Hemsworth-Verschnitt. Dieser wandte sich mit einem Schmunzeln zu mir um, welches eindeutig noch Melindas Reaktion auf ihn galt.

»Zwei Mädchen sind eins zu viel für dich, du wärst hoffnungslos überfordert«, erwiderte er augenzwinkernd, während er eine Weinflasche auf den Tisch stellte, die er wohl mitgebracht hatte.

Ich ertränkte mein Schnauben in einem Schluck aus meinem Glas.

Armando und ich hatten einen etwas holperigen Start hinter uns. Aber seit jenem denkwürdigen Tag vor mehreren Monaten verstanden wir uns immer besser. Inzwischen hätte ich ihn fast als einen Kumpel von mir bezeichnet. Dennoch kam ich mit Melinda besser klar als mit ihm. Mit Armando wirkte jede Unterhaltung ein wenig wie ein Schlagabtausch unter zwei paarungswilligen Hengsten. Und wenn die einzige Stute in der Nähe Melinda war, legte der attraktive Weinhändler noch eine Schippe drauf und mutierte mit seinem Beschützerinstinkt fast schon zur Nervensäge.

Nur … heute musste er sich keine Sorgen um Melinda machen, denn meine Aufmerksamkeit galt ganz und gar der schönen Rothaarigen, die unser Wortgefecht amüsiert mitverfolgt hatte und nun ihre Hand über den Tisch zu Armando streckte.

»Hi, ich bin Selena, die neue Mitbewohnerin von Melinda«, stellte sie sich selbstbewusst vor.

Mir fiel jedoch auf, dass das verschmitzte Lächeln, das sie mir noch vor wenigen Sekunden beim Händeschütteln geschenkt hatte, bei Armandos Begrüßung fehlte. Eine Kleinigkeit, die mich gerade mit innerlicher Genugtuung erfüllte.

Sie war interessiert an mir – nicht an dem Schönling, dem alle Frauen zu Füßen lagen. Oder aber sie war einfach taktvoll genug, nicht mit Armando in Melindas Gegenwart zu flirten.

Neee, ich beschloss, dass mir die erste Erklärung besser gefiel: Sie war interessiert an mir.

Nachdem Armando Melindas neue Mitbewohnerin mit einem einnehmenden Lächeln begrüßt hatte, fiel sein Blick auf mein Glas. »Was trinkst du denn da, Nicholas?« Ich hasste es, wenn er mich so nannte, deswegen tat er es auch. »Bestimmt irgendeinen Fusel oder? Hier, probier von dem, der ist um einiges besser als das Gesöff, das sie den Touristen andrehen.« Er deutete auf die Flasche, die er auf den Tisch gestellt hatte.

Das war das Problem, wenn man mit einem Weinhändler im Napa Valley in irgendeiner Bar oder Restaurant war: Sie brachten IMMER ihre eigenen Weine mit und scheuten sich auch nicht davor, die ziemlich hohen Zapfengebühren zu bezahlen, die die Lokale für die Öffnung des Weines und das Ausschenken verrechneten.

Tja, Armando war Weinhändler. Und er hatte seinen eigenen Wein dabei.

Ich seufzte leise und sparte mir den Hinweis darauf, dass mein ›Fusel‹ zehn Dollar gekostet hatte. Nicht jeder war so stinkreich wie unser Prinz Charming – aber ihm dies unter die Nase zu reiben, hätte nur zu einem milden Grinsen seinerseits geführt, daher ließ ich es.

Armando winkte nach der Bedienung, die ihm mit einem scheuen Lächeln die Flasche abnahm, um sie zu entkorken. Der Weinhändler hatte immer diese Wirkung auf Frauen, sie himmelten ihn an, sobald er einen Raum betrat. Wie Melinda es an seiner Seite aushielt, war mir ein Rätsel. Sie musste doch platzen vor Eifersucht. Dennoch saß sie verträumt lächelnd da und sah der Bedienung hinterher, bis Armando ihr die Hand an die Wange legte und ihren Kopf wieder zu sich drehte. Der verliebte Blick, den sie sich schenkten, war sogar für mich zuviel. Ich wandte mich zu Selena um, die ebenfalls die beiden beobachtet hatte.

»Du bist also neu hier und studierst?«, fragte ich irgendetwas, um mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Ich wusste, dass Melinda in einer Studentenwohnung des Napa Valley Colleges wohnte – obwohl Armando sie alle paar Wochen fragte, ob sie nicht zusammenziehen wollten. Deswegen war Melinda mir ja auch so sympathisch – sie sprang nicht gänzlich auf die Reize des Schönlings an. Aber wenn sie diese Selena als ihre neue Mitbewohnerin bezeichnete, musste auch die rothaarige Göttin etwas mit dem Campus zu tun haben.

Selena wandte mir ebenfalls den Kopf zu und nickte lächelnd. »Ja, das bin ich. Allerdings bin ich hier nur für ein Austauschsemester. Danach werde ich wieder zurück nach Miami fliegen.«

Noch besser: Eine Studentin, die nur auf Zeit hier war. Das würde mir jeglichen Herzschmerz und Trennungskram ersparen, wenn sie so bald wieder abreiste.

Ich nickte und mein Grinsen, das ich ihr schenkte, war breit genug, um ihr zu zeigen, dass ich regelmäßig zum Zahnarzt ging oder einfach gute Gene hatte. »Das ist schön«, meinte ich und meinte es auch so – vor allem die Tatsache, dass sie das Valley in ein paar Monaten wieder verlassen würde. »Was studierst du denn?«

»Wirtschaft, ich möchte später mal ins Marketing einer Firma einsteigen«, erklärte sie.

Wieder nickte ich und wollte nochmals einen Schluck meines ›Fusels‹ trinken, da nahm mir Armando das Glas einfach aus der Hand und ersetzte es mit einem leeren, das ihm die Kellnerin in eben diesem Moment brachte.

»Hier, probier davon, der ist tausendmal besser, ehrlich. Und die zehn Dollar ersetz ich dir.« Armando zwinkerte erneut – anscheinend musste er erkannt haben, dass ich nicht den günstigsten ›Fussel‹ getrunken hatte.

»Dein Geld kannst du dir sonst wohin stecken«, brummte ich, während ich zusah, wie Armando alle vier Gläser, die die Kellnerin auf den Tisch gestellt hatte, füllte.

Der Dunkelblonde ging nicht auf meinen Spruch ein, sondern nahm sein Glas und roch daran. »Mmmmh, so schmecken nur die Trauben des Camillo Weingutes«, seufzte er. »Probiert mal, die Brombeernote ist in diesem Jahr besonders kräftig. Man mag vom Sonoma Valley halten, was man will – aber sie haben tollen Wein dort.«

Ich verdrehte leicht die Augen und tat ihm den Gefallen – ebenso wie die beiden Mädchen. Melinda geriet direkt ins Schwärmen und auch Selena nickte anerkennend. Selbst ich musste zugeben, dass der Wein, den Armando uns eingeschenkt hatte, um Welten besser war als der, den ich vorhin getrunken hatte. Ich wollte gar nicht wissen, wie teuer der im Handel sein musste.

»Hundert Dollar die Flasche«, meinte Armando, als habe er einen Doktor im Gedankenlesen. »Aber er ist jeden Penny wert.«

Ich verschluckte mich beinahe, während ich trank, und tarnte es mit einem Räuspern. Die Frage, warum der Wein so teuer sei, sparte ich mir. Ich hatte keine Lust auf einen Vortrag, der bestimmt gefolgt wäre. Armando liebte sein Metier fast genau so sehr, wie er Melinda vergötterte.

»Und was machst du so, außer Leben retten?«, lenkte Selena meine Aufmerksamkeit wieder auf unser Thema, ehe Armando mir den Wein weggenommen hatte.

Ich verbarg mein Lächeln, indem ich erneut an meinem Glas roch. Ja, Brombeere konnte ich auf jeden Fall feststellen. Weiter kam ich jedoch nicht, ich war nicht gut darin, Weine zu verkosten, da war mein Bruder um einiges talentierter als ich. »Ich bin noch kein fertiger Arzt«, stellte ich Melindas Lobgesang richtig, »sondern mache gerade meine Assistenzausbildung bei Melindas Vater in der psychiatrischen Klinik. Danach möchte ich aber in die Chirurgie.«

»Falls Dad dich gehen lässt«, warf Melinda lächelnd ein und wandte sich dann an Selena. »Mein Vater hält große Stücke auf Nick. Er möchte ihn am liebsten zur Klinikleitung befördern – oder adoptieren.« Sie kicherte, was ein Stirnrunzeln auf Armandos Gesicht hervorrief.

Selenas Blick lag mit einem Hauch Bewunderung auf mir. Ich war es gewohnt, dass Mädchen mich so ansahen, wenn sie hörten, was ich den lieben langen Tag machte. Aber bei Selena bereitete es mir noch einen Ticken mehr Genugtuung. Wie immer, wenn mir attraktive Frauen Wertschätzung in Form von anzüglichen Blicken und vielsagenden Lächeln entgegenbrachten.

»Melinda, zeigst du mir, wo die Toiletten sind?«, fragte die Rothaarige unvermittelt.

Ich hob eine Augenbraue und auch Armando schien den Code für ›Ich muss mit dir unter vier Augen sprechen‹ verstanden zu haben. Er grinste, während er den beiden Frauen nachsah, die sich zwischen den Tischen einen Weg suchten, um in den hinteren Bereich des Lokals zu gelangen.

Ob das jetzt gut oder schlecht für mich war, vermochte ich nicht zu sagen.

»Du musst sie ja ziemlich beeindruckt haben.« Armando prostete mir mit seinem Glas zu.

Die Anspannung, die mich bei Selenas überraschender ›Nase-Pudern‹-Aufforderung überkommen hatte, fiel ein wenig von mir ab. Armando kannte sich um einiges besser mit Frauen und ihren Signalen aus als ich. Hätte ich natürlich nie und nimmer offen zugegeben, aber ich wusste, dass er bereits Dutzende Mädchen in seinem Bett gehabt und das Flirten perfektioniert hatte. Bei mir waren meine Eroberungen noch an zwei Händen abzuzählen. Zumindest die, mit denen es länger als einen Monat gehalten hatte. Seit meiner letzten Trennung hatte ich mich jedoch auf One-Night-Stands spezialisiert, was wesentlich unverfänglicher war. Und auch mehr Spaß bereitete. Seither konnte ich nicht mehr genau sagen, mit wie vielen Frauen ich geschlafen hatte. Ich führte schließlich kein Buch darüber.

Womöglich war ich gerade dabei, Armandos Playboy-Thron hier im Napa Valley zu übernehmen? Keine Ahnung. Und wenn schon: Ich spielte immer mit offenen Karten, jedes Mädchen wusste, was es von mir erwarten konnte – und was nicht.

»Na, dann kann man wohl zu einem vergnüglichen Wochenende gratulieren«, fuhr Armando grinsend fort.

»Mal sehen«, erwiderte ich abwiegelnd. »Vielleicht stellt sich heraus, dass sie mehr an deiner Freundin als an mir interessiert ist.«

Armando lachte schallend. »Na, in diesem Fall nehm ich sie gern beide mit zu mir. Sie und Melinda in meinem Bett, sich räkelnd, küssend … mein Kopfkino springt gerade an. Danke dafür.«

Ich fiel in sein Lachen ein und prostete ihm nun auch zu.

Die schüchterne Melinda und ein Dreier – eher gewann ich im Lotto (das ich nie spielte), als dass sie sich darauf einlassen würde. Und ich war mir sicher, Armando wusste das ebenfalls.

Kapitel 2 - Selena

 

Es gab einige Dinge, bei denen ich mir nicht reinreden ließ: Dem richtigen Make-up, dem richtigen Outfit, dem richtigen Augenaufschlag und dem richtigen Anmachspruch. Als jedoch dieser Latino im Vampir-Look plötzlich an unserem Tisch aufgetaucht war, stellte ich mit einem Mal alles in Frage, was ich bisher als ›richtig‹ bezeichnet hatte.

Hatte ich mir nicht doch vielleicht zu viel Make-up gegönnt? Oder einmal zu viel die Augenwinkel gerieben und es war jetzt verschmiert? War mein Kleid verrutscht? Und wie zum Teufel flirtete man mit einem Arzt?

Am liebsten hätte ich nun ein verstecktes Mikro im Ohr gehabt, um nichts falsch zu machen. Verdammt, seit wann wurde ich bei Männern zu einem Nervenwrack?! Ich hatte nichts gegen One-Night-Stands, im Gegenteil. Dennoch ließ ich mir Zeit und war ziemlich wählerisch. Erst musste ein Mann mich wirklich beeindrucken, ehe ich den nächsten Schritt tat.

Ja, normalerweise behielt ich die Oberhand in solchen Situationen und entschied, was ich tun wollte und was nicht. Aber dieser Nick … in seinen eisblauen Augen hatte ich etwas gesehen – einen flüchtig kleinen Moment lang, das meine eigene Eismauer zum Schmelzen brachte. Und das durfte nie wieder vorkommen, denn ich hatte für diesen flüchtigen Moment meine Kontrolle verloren – die ich NIE verlor! Ich hatte mir geschworen, aus Männern Spielzeuge zu machen. Sie in Wegwerfartikel ohne Recycling-Funktion zu verwandeln und das zu haben, was sie einem bieten konnten: Spaß.

Das hatte in den vergangenen Jahren prima geklappt – bis heute Abend dieser Nick aufgetaucht war. Obwohl ich ihn nicht kannte, war da etwas zwischen uns. Etwas … Anziehendes? Ja, natürlich fühlte ich oft diese Anziehung zu einem Mann – und gab ihr nach, wenn ich mein Vergnügen haben wollte. Aber bei ihm war es irgendetwas anderes. Er … beeindruckte mich? Ja, das war wohl das richtige Wort. Äußerlich wirkte er verdammt cool, wortgewandt und als ob er zusammen mit Bruce Willis die Welt retten könnte. Nein, falsch: Als ob er Bruce Willis beibringen würde, die Welt zu retten.

Aber da war noch etwas. Etwas hinter diesen Eisaugen. Etwas, das mich verunsicherte. Und das ich genauer definieren musste. Und zwar BEVOR ich die Toiletten wieder verließ. Ich musste mich entscheiden, ob ich mehr von ihm wollte oder nicht. Ohne seine Blicke.

»Wie ist er so?«, fragte ich Melinda betont gelassen, als ich meine Hände nach dem Klo wusch und mein Make-up im Spiegel kontrollierte (das tadellos war, ich hatte definitiv nicht im Augenwinkel gerieben). »Dieser … Nick?«

Melinda kam gerade aus ihrer Kabine und trat neben mich ans Waschbecken. »Was meinst du?«, fragte sie, während sie etwas Seife in ihren Händen verrieb und diese dann im warmen Wasserstrahl abwusch.

Ich verdrehte die Augen. Diese Naivität meiner Mitbewohnerin war ein Punkt, der einen dezenten Nervfaktor hatte. Aber ich würde mich wohl daran gewöhnen müssen, denn so war sie nun mal – mit der unbefleckten Seele einer Elfe, die den Sonnenstrahlen und Schmetterlingen zusah, da es in ihrer Welt keine Schatten gab.

»Ich meine … hat er eine Freundin?«, präzisierte ich meine Frage. »Ist er schwul? Geisteskrank? Triebtäter?«

Beim letzten Wort glitt ein Lächeln über Melindas Gesicht und sie schüttelte den Kopf, als hätte ich etwas Dummes gesagt. »Nick? Nein, der ist nichts von alledem. Ich kenne ihn nun schon eine Weile und er ist ein wirklich großartiger Arzt. Und Freund.«

»Ihr seid also enger befreundet?«, hakte ich nach.

Dass man ihr aber auch alles aus der Nase ziehen musste …

Melinda trocknete sich die Hände an einem Papiertuch ab. »Nun, eng befreundet sind wir nicht, aber er ist auf jeden Fall ein guter Freund. Schließlich hat er mir das Leben gerettet.«

Ich schmunzelte. »Das hattest du schon erwähnt – mit so leuchtenden Augen, dass ich fast vermutete, du wärst in ihn verschossen. Aber dann kam dein Freund und …« Ich unterbrach mich, da ich es nicht lassen konnte, sie danach zu fragen. »Wie ist dein Freund denn so im Bett? Er sieht ja schon ziemlich heiß aus – hält er, was er verspricht?«

Wie erwartet, wurde Melinda rot wie eine Tomate und senkte rasch den Blick, sodass ihr die blonden Haare ins Gesicht fielen. »Er ist … ganz gut«, nuschelte sie.

Ich grinste wissend – Männer wie Armando kannte ich zur Genüge. Wäre ich ein Mann, wäre ich wohl genau so wie er. Sie blühten zu Höchstleistungen auf, sobald sich eine Matratze unter ihnen befand. Auch wenn es nicht in meiner Absicht lag, ihn Melinda auszuspannen, so hatte ich ihn dennoch vorhin abgescannt. Und für gut befunden.

Aber Nick … der war weitaus interessanter, da er sich nicht so rasch zuordnen ließ. Sein schwarzes Haar hatte er nach hinten gegelt, die etwas zu bleiche Haut passte nicht wirklich zu seinem ansonsten latinomäßigen Äußeren – und diese Augen … so kalt und unnahbar. Was versteckte der Kerl bloß dahinter? Zugegeben, er hatte mich neugierig gemacht und wenn ich seine Signale richtig gedeutet hatte, dürfte ich von ihm noch ein bisschen mehr kennenlernen.

»Also dann bist du nicht sauer, wenn ich …« Ich sprach den Satz absichtlich nicht zu Ende, da man sich den Rest durchaus denken konnte – wenn man nicht Melinda hieß ...

Denn die sah mich mit großen Augen an und legte den Kopf schief. »Wenn du … was?«

War ja klar, dass sie nicht direkt kapieren würde, was ich ihr durch die Blume sagen wollte.

»Nun, wenn ich Nick klar mache?«, fragte ich daher etwas direkter, aber immer noch im Melinda-Welpenschutz-Modus.

Sie holte leise Luft und nickte dann etwas zu heftig. »Ja … natürlich … also ich … äh … du willst mit ihm …«

Ich verdrehte erneut die Augen und grinste sie an. »Außer du willst …« Meine Stimme klang so verrucht, dass Melinda sowie eine ältere Dame, die gerade aus einer der Kabinen kam, mich schockiert ansahen. »Keine Sorge, ich verkauf kein Dope«, sagte ich in überfürsorglichem Tonfall zu der Lady. »Ich will nur mit ihrem Freund popp…«

»Schhht, Selena!«, unterbrach mich Melinda, ergriff meinen Arm und zog mich aus dem Raum.

Ich grinste in mich hinein, während ich meiner Mitbewohnerin folgte. Meine Entscheidung war gefallen: Ich würde diesen Nick näher kennenlernen und vielleicht würde ich sogar mit ihm nach Hause gehen. Und ich war gespannt, was ein Typ wie er so drauf hatte …

Ich bewegte mich betont sexy, als wir zurück zum Tisch gingen, wo die beiden gottgleichen Wesen bereits auf uns warteten. Armando hatte sofort seine Hände wieder an der Hüfte seiner Freundin, während Nick mich von oben bis unten musterte, als habe er gerade Frischfleisch entdeckt.

Ja, das darfst du haben, mein Guter – wenn du brav mit dem Schwanz wedelst.

Ich schenkte dem hübschen Arzt einen weiteren Augenaufschlag und prostete ihm kokett mit meinem Weinglas zu. Der Typ war bereits Schnee von gestern … aber das würde ich ihn erst nach unserem One-Night-Stand wissen lassen. Vorerst durfte er sich noch wie der King of Rock’n Roll fühlen und mich dämlich angrinsen.

War das eine Narbe, da auf seiner Oberlippe?

Eine gute Möglichkeit, ihm näher zu kommen …

Ich senkte mein Weinglas und stützte wie nebenbei meinen Ellbogen auf den Tisch, sodass ich mit meiner rechten Hand sein Gesicht berühren konnte. »Ist das eine Kriegsverletzung?«, fragte ich mit einem unschuldigen Wimpernklimpern und fuhr federleicht mit dem Zeigefinger über die Oberlippe meines dunkelhaarigen Tischnachbarn.

Wie erwartet, starrte dieser erst in mein Gesicht und dann auf meinen Finger, den ich nur ein paar Zentimeter vor ihm schweben ließ, ehe ich ihn zurück zum Weinglas brachte und mit derselben sanften Bewegung den Rand entlang fuhr.

Ha! Melde gehorsamst: Fisch hat angebissen.

»Nein«, sagte er leise und musste sich räuspern (yay). »Das Ergebnis, wenn man sich mit einem Stärkeren anlegt.«

Ich hob gespielt interessiert eine Augenbraue. »Schlägerei?«

»Tomatendose.«

Nun wanderte auch meine zweite Augenbraue in die Höhe und ich hörte Melinda neben mir kichern, die das wohl für einen ganz tollen Scherz hielt. Auch Nick verzog seinen Mund zu einem arroganten Schmunzeln und ließ seine hellen Augen blitzen.

Ich mochte es nicht, wenn jemand den Spieß umdrehte – und auch nicht, wenn man sich auf meine Kosten einen Scherz erlaubte. Okay, vielleicht war dieser Nick doch nicht ganz das, was ich gerade brauchte. Ich wollte einen Kerl, mit dem ich unverbindlichen Spaß haben konnte – und er … er war irgendwie nicht ganz auf dasselbe aus.

Dachte ich jedenfalls … denn in dem Moment spürte ich seine Hand auf meinem Knie.

Es fiel mir schwer, nicht zusammenzuzucken und Melinda und Armando wissen zu lassen, dass Nick gerade die Grenze zwischen ›wir lernen uns kennen‹ und ›wir lernen uns besser kennen‹ überschritt.

Wow, wie ging der denn ran?! Waren alle Ärzte so? Notiere: Muss demnächst Hypochondrie entwickeln, um möglichst viele von denen besser kennenlernen zu können.

Normalerweise hätte ich seine Hand weggeschoben, denn ich war es, die den ersten Schritt tat, nicht der Mann. Aber ein Blick in seine eisblauen Augen genügte, um meine Vorsätze in den Wind zu schießen, denn er schürte meine Neugierde.

Mal sehen, ob er dieses Tempo halten konnte. Schon manche Männer hatten sich zu viel zugetraut und dann im letzten Moment den Schwanz eingezogen.

Zu welcher Sorte gehörst du, Nick?

Auch er schien mich und meine Grenzen gerade zu testen. Seine schlanken Finger streichelten erst mein Knie und fuhren dann auf der Innenseite meines Oberschenkels nach oben. Das Perfide war, dass die blauen Augen die ganze Zeit auf mich gerichtet blieben, als warte er auf eine Antwort – oder Ablehnung. Es lag jedoch keine Frage in seinem Blick, eher eine Herausforderung.

Herausforderung? Kannst du haben, mein Lieber.

Ich spreizte meine Beine etwas mehr, als für mein kurzes Kleid gut war und spürte, wie es bei der Bewegung weiter nach oben rutschte. Nick hob ganz leicht eine Augenbraue, als er es bemerkte, nahm die Provokation jedoch sofort an und ließ seine Finger weiter in Richtung meiner Mitte wandern, die bereits erwartungsvoll zu pulsieren begann.

Ja, ich liebte solche Spielchen – und Nick anscheinend auch. Da waren wir schon mal auf einer Wellenlänge.

Das würde wirklich spannend werden …

Rasch warf ich einen Blick hinüber zu Melinda und Armando, die jedoch gerade zum Knutschen übergegangen waren und uns glücklicherweise zu vergessen haben schienen. Also konzentrierte ich mich wieder auf die Arzthand, die so forsch ihren Weg zu etwas suchte, das ich normalerweise nicht nach nur zwei-drei Sätzen preisgab.

»Ist warm hier drin, oder?«, fragte Nick so unverbindlich, als würde er nicht gerade mit mir auf Tuchfühlung gehen.

Ich schenkte ihm mein breitestes Lächeln. »Findest du? Ich habe eher das Gefühl, ich hätte einen Eisklotz zwischen den Beinen.«

Da mir sehr wohl klar war, dass dieser Satz Aufsehen bei Armando erregt und seine Aufmerksamkeit zu uns gelenkt hätte (Melinda hätte ihn wohl nicht verstanden), sprach ich so leise, dass nur Nick mich hören konnte.

Meine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Er schob die dunklen Brauen zusammen und sein Blick wurde eindringlicher. »Dir ist also … kalt?«, fragte er mit schief gelegtem Kopf und nahm einen beiläufigen Schluck von dem verdammt teuren, verdammt guten Wein, den Armando mitgebracht hatte.

»Nun … ich komme aus Florida. Da ist es viel heißer und … feuchter, als hier im Napa Valley«, erwiderte ich schulterzuckend, während ich spürte, dass Nicks Finger sich noch ein Stück weiter meinen Oberschenkel hinauf schoben – und etwas fester zugriffen.

Beinahe waren sie am Ziel …

Ich rückte mit meinem Stuhl unauffällig etwas näher zu ihm, sodass er besser zu dem Punkt gelangen konnte, von dem ich gespannt war, ob er ihn berühren würde.

Ließ er sich echt so rasch um den Finger wickeln? Oder genoss er vielleicht sogar dieses Spiel mit einer Unbekannten genau so sehr wie ich?

 

Kapitel 3 - Nick

 

Verdammt, diese Frau war wirklich aus einem anderen Holz geschnitzt als alle, die ich bisher im Valley kennengelernt hatte – und ich hatte mein ganzes Leben hier verbracht. Da ich mich so stark auf meine Ausbildung konzentrierte und kaum reiste, kam ich nicht viel rum. Da nahm man eben, wen man kriegen konnte – manchmal auch mehrmals.

Ich musste mir eingestehen, dass Selena eine willkommene Abwechslung darstellte. Direkt, leidenschaftlich, verrucht … Dinge, die man nur selten bei einer amerikanischen Frau zu Gesicht bekam. Und schon gar nicht hier im Valley, wo jeder jeden kannte.

Unwillkürlich grinste ich, als ich ihr in die funkelnden Augen blickte. »Wie warm und … feucht ist es denn jetzt gerade in Florida?« Natürlich interessierte mich das Wetter nicht, ich wollte nur wissen, ob wir wirklich auf einer Wellenlänge lagen.

Sie zuckte mit den Schultern. »Ach, im Moment herrscht dort gerade Trockenzeit, aber der Wetterbericht hat vorausgesagt, dass es heute Nacht noch feucht werden soll. Sehr … feucht.«

Bei den letzten Worten sah sie mir ebenfalls tief in die Augen und mein Grinsen wurde breiter. Ich warf einen raschen Seitenblick zu Melinda und Armando, die wohl gerade beschlossen hatten, ihr Knutschen in sein Apartment zu verlegen, denn sie erhoben sich, ohne voneinander abzulassen.

»Trinkt den Wein ruhig aus«, murmelte Armando, der sich für einen flüchtigen Moment von Melindas Lippen löste. »War schön, dich kennenzulernen, Selena.«

»Ebenso«, lächelte meine Tischnachbarin, ohne sich zum Verabschieden zu erheben – wobei meine Finger auf ihrem Oberschenkel wohl einer der Gründe sein mochten. »Treibt’s nicht zu wild. Melinda muss am Montag, wenn das Semester startet, in der Vorlesung noch sitzen können.« Sie prustete, als ihre Mitbewohnerin beschämt von Armando abließ und ihr einen raschen Blick zuwarf.

»Wenn ich dich irgendwo abholen soll, Selena, ruf mich kurz an«, sagte die Blondine, wohl um über ihre Verlegenheit hinwegzutäuschen und das Gespräch auf etwas anderes zu lenken.

Doch Armando schien liebend gern auf Zweideutigkeiten einzusteigen. »Keine Sorge, sie sieht zerbrechlicher aus, als sie ist«, lachte er, nahm die Hand seiner Freundin und zog sie hinter sich her zum Ausgang der Bar.

Ich sah ihnen noch kurz nach, ehe ich mich wieder meiner neuen Bekanntschaft zuwandte. »Tja, was machen wir nun mit dem angebrochenen Abend?«, fragte ich lächelnd, während ich weiter die Innenseite ihres Oberschenkels streichelte.

Sie schob meine Hand von ihrem Bein und lehnte sich etwas zurück (wie jetzt? Das war’s?). »Mir würden da ein paar Dinge einfallen«, meinte sie mit einem undurchsichtigen Blick und hob einen Mundwinkel.

»Ach?« Ich sah sie erwartungsvoll an.

Hoffentlich dachte sie an dasselbe wie ich.

»Kannst du gut küssen?« Sie sagte es so beiläufig, dass ich im ersten Moment glaubte, mich verhört zu haben.

Nein, hatte ich nicht, sie musterte gerade meinen Mund.

»Willst du’s ausprobieren?«, schmunzelte ich.

»Hier?«

Ich hatte keine Probleme damit, in der Öffentlichkeit rumzumachen. Auch nicht in einer Bar, wo mir die einen oder anderen Patienten begegnen konnten. Sollten sie doch denken, ihr behandelnder Arzt hätte ein Liebesleben – was war verkehrt daran?

»Hm, ja, warum nicht?« Sie legte den Kopf schief.

Ich war mir nicht sicher, ob das jetzt eine Aufforderung oder eine Frage war, also nahm ich das Erste an und rückte näher zu ihr – spürte jedoch sofort ihre Hand auf meiner Brust, die mich von sich wegschob.

»Nicht auf den Mund«, lächelte sie verrucht. »Auf die Lippen.«

Ich brauchte zwei Anläufe, um ihre kryptische Andeutung zu verstehen. Als der Groschen fiel, biss ich mir auf die Unterlippe und schüttelte leicht den Kopf. »Du schmutziges Mädchen …«

»Gar nicht, ich schmecke sehr gut.« Sie fuhr mit dem Finger über ihren Mund und biss dann in ihren Fingernagel. »Und du darfst kosten.«

Wollte sie das wirklich durchziehen? Oralsex mitten in einer Bar?

Nun gut, das blaue Licht sorgte dafür, dass es hier drin schummrig war. Zudem befanden wir uns am Rande des Raumes und der Tisch verfügte über ein bodenlanges Tischtuch.

»Feige?« Ihre Augen blitzten mich an.

Ich beugte mich zu ihr herüber und raunte: »Wenn die Band wieder zu spielen beginnt, wirfst du deine Serviette auf den Boden.« Ich spürte mit Genugtuung, wie sie fröstelte, als meine Lippen kurz ihr Ohr berührten.

»Warum …«

»Ich auf die Band warte?« Ich strich mit dem Mund über ihre Schläfe, küsste sie jedoch nicht. »Weil ich glaube, dass du sonst zu laut sein könntest.«

Sie blickte starr nach vorn, bemüht darum, sich nicht von meinen Worten und Berührungen aus dem Konzept bringen zu lassen.

Ach … so eine sind wir also: Kontrolle nicht abgeben können.

Ich grinste gegen ihre Haut, legte meinen linken Arm auf ihre Stuhllehne und fuhr mit der rechten Hand wieder ihren Oberschenkel entlang. Dieses Mal weniger vorsichtig, da ich mein Ziel ganz genau kannte. Je näher ich ihrer Mitte kam, desto wärmer wurde es – von wegen Eisklotz.

Ihr gebührte mein ganzer Respekt, dass sie nicht einmal zusammenzuckte, als meine Finger endlich den zarten Stoff zwischen ihren Beinen erreichten – der wirklich schon feucht war. Meine Güte, ich wusste nicht, wie lange ich mich zusammenreißen konnte. Wären wir hier nicht in einer öffentlichen Bar gewesen und hätte mein Ruf als Arzt nicht auf dem Spiel gestanden, hätte ich längst aufgehört, zu jagen und wäre zum Erlegen übergegangen. So richtig gründlich. Und hart.

»Du willst mich ebenso, wie ich dich will«, murmelte ich, vergrub meine Nasenspitze in ihrem roten Haar, das herrlich nach frischen Beeren roch, und küsste sie kurz auf die Ohrmuschel.

Sie gab mir immer noch keine Antwort, aber ihr Körper reagierte dafür umso eindeutiger. Sie öffnete die Beine etwas weiter, sodass meine Hand mehr Platz hatte.

Ich ließ mich nicht lange bitten und schob ihr Höschen zur Seite. »Du hast recht, es wird gerade ziemlich feucht in Florida«, schmunzelte ich und streichelte über ihre weichen Schamlippen, die anscheinend gerade erst ein Waxing hinter sich hatten, so zart wie sie sich anfühlten.

Das hier überstieg alles, was ich bisher in meinem Leben mit einer gerade erst kennengelernten Frau getan hatte. Und ich fand es unglaublich heiß. So sehr, dass sich meine Vorfreude auf mehr ins Unermessliche steigerte. Diese Selena war ein Glückstreffer und Traum aller Männerfantasien …

Mit Daumen und Mittelfinger spreizte ich ihre Schamlippen etwas, ließ meinen Zeigefinger durch die verbreiterte Spalte gleiten, die warm pulsierte, und ich vermeinte sogar, ein schmatzendes Geräusch zu hören, als ich kurz meinen Finger von ihrer Mitte löste. Ihr Keuchen konnte ich dafür umso deutlicher wahrnehmen, während ich langsam über ihre Klitoris streifte.

Ja, ich würde definitiv heute Sex haben – mit dieser umwerfenden Frau, die gerade mit aller Macht versuchte, nicht vor Erregung zu stöhnen. Ihr Körper zitterte ein wenig, als ich den Druck auf ihre Mitte steigerte, fester über den Punkt rieb, der sie in Flammen aufgehen lassen konnte. Ansonsten blieb sie erstaunlich ruhig, trank sogar einen Schluck aus ihrem Weinglas und starrte nach vorne, sodass vorübergehende Gäste nicht mitbekamen, was ich gerade mit ihr anstellte.

»Hm, ich glaube, das könnte was werden, so gut wie du dich zu beherrschen vermagst«, raunte ich.

So schnell, dass sie erneut leise keuchte, zog ich meine Hand von ihrem Zentrum zurück und ließ es mir nicht nehmen, mir den Finger in den Mund zu stecken, um sie zu kosten.

Jap, sie hatte nicht gelogen – sie schmeckte wie die Verführung in Person.

Ich nahm meinen Arm von ihrer Lehne und griff nach meinem Weinglas, ohne sie noch einmal anzusehen. Die Quittung kam postwendend, denn natürlich ließ sie sich nicht erst aufheizen und dann mit einem Eiskübel übergießen. Keine Sekunde später spürte ich ihre Hand in meinem Schritt und ihre Finger, die über meinen Ständer strichen.

»Da ist aber auch jemand schon voller Vorfreude«, hörte ich ihre samtweiche Stimme an meinem Ohr.

Dieses Spiel beherrschte ich ebenfalls. Ich starrte zur Bühne, wo der dickliche Sänger gerade sein Mikro zurechtrückte und irgendeine Anekdote von seiner letzten Tournee zum Besten gab. Keine Ahnung, was, ich hörte nicht zu, denn zwischen meinen Beinen spielte sich viel Wichtigeres ab. Selena wusste genau, wie fest sie zupacken musste – und vor allem, wo. Mein Schwanz wurde noch härter unter ihrer Berührung.

»Hm, dachte ich mir doch, dass Sie gut bestückt sind, Herr Doktor«, murmelte sie, während sie über meinen Schritt streichelte.

Ich trank einen weiteren Schluck Wein und schloss kurz die Augen, um mich ganz auf ihre Hand konzentrieren zu können.

»Wenn du dich so gut beherrscht, könnte ich dir jetzt auch einen blasen«, flüsterte sie mir ins Ohr.

Worte, die mich erschaudern ließen.

Was verdammt nochmal hatte ich heute richtig gemacht, dass ich mit solch einer Frau belohnt wurde?

»Ladies first«, brummte ich und pflückte ihre Hand entschlossen aus meinem Schritt, ehe ich das Weinglas wieder auf den Tisch stellte.

Der Sänger sprach sich gerade mit seiner Band ab und der Drummer schlug mit seinen Sticks den Takt an.

Eins, zwei, eins zwei.

Schon dröhnten die ersten Gitarrentöne durch den Raum – gefolgt von der lauten Stimme des Sängers. Die Leute jubelten und wandten sich der Bühne zu, um den Auftritt zu genießen.

Ich lehnte mich zu meiner neuen Bekanntschaft, die ich gleich noch besser kennenlernen würde. »Bereit?« Mein Blick verfing sich in ihrem und für einen kurzen Moment sahen wir uns einfach nur an, ehe sie knapp nickte.

Täuschte ich mich, oder blitzte da Angst in ihren Augen auf? War die taffe Selena gar nicht so taff, wie sie sein wollte?

Doch der Moment war ebenso schnell verflogen, wie er gekommen war. Sie griff nach der Serviette, die neben ihr lag, hob sie unauffällig an und ließ sie dann zwischen uns fallen.

»Ups?« Ein sündiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und ließ ihre Augen funkeln.