Damaris (Band 4): Die Nacht der Toten - C. M. Spoerri - E-Book

Damaris (Band 4): Die Nacht der Toten E-Book

C.M. Spoerri

5,0

Beschreibung

Die Intrigen, die Chakas in den vergangenen Jahren wie ein schwelendes Feuer von innen heraus zerfraßen, gelangen nun mit erschreckender Kraft an die Oberfläche. War der Weg des Greifenordens einst klar und erfolgversprechend, so droht jetzt alles, was Ordensleiter Cilian über Jahrzehnte voller Hingabe aufgebaut hat, in Schutt und Trümmern zu versinken. Hinzu kommt, dass die Frau, die er liebt, verschollen ist. Gibt es eine Möglichkeit, sowohl Damaris als auch den Orden zu retten, oder zerbricht ein Mensch an einer solchen Aufgabe? Und welche Opfer wird das Schicksal in der ›Nacht der Toten‹ fordern, um diese Geschichte zu Ende zu erzählen?

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Landkarte Altra

Karte Stadt Chakas

Vorwort

Kapitel 1 - Adrién

Kapitel 2 - Adrién

Kapitel 3 - Damaris

Kapitel 4 - Cilian

Kapitel 5 - Damaris

Kapitel 6 - Damaris

Kapitel 7 - Damaris

Kapitel 8 - Cilian

Kapitel 9 - Cassiel

Kapitel 10 - Cilian

Kapitel 11 - Damaris

Kapitel 12 - Adrién

Kapitel 13 - Damaris

Kapitel 14 - Maryo

Kapitel 15 - Maryo

Kapitel 16 - Damaris

Kapitel 17 - Adrién

Kapitel 18 - Damaris

Kapitel 19 - Maryo

Kapitel 20 - Damaris

Kapitel 21 - Damaris

Kapitel 22 - Adrién

Kapitel 23 - Maryo

Kapitel 24 - Damaris

Kapitel 25 - Cilian

Kapitel 26 - Damaris

Kapitel 27 - Adrién

Kapitel 28 - Damaris

Kapitel 29 - Maryo

Kapitel 30 - Adrién

Kapitel 31 - Damaris

Kapitel 32 - Cilian

Kapitel 33 - Maryo

Kapitel 34 - Damaris

Kapitel 35 - Cilian

Kapitel 36 - Maryo

Kapitel 37 - Maryo

Kapitel 38 - Mica

Kapitel 39 - Mica

Kapitel 40 - Damaris

Kapitel 41 - Maryo

Kapitel 42 - Damaris

Kapitel 43 - Maryo

Kapitel 44 - Damaris

Kapitel 45 - Maryo

Epilog Damaris

Nachwort

Zugabe – Maryo

Personen

Zeitstrahl

Glossar

 

C. M. SPOERRI

 

 

Damaris

Band 4: Die Nacht der Toten

 

 

Fantasy

 

 

 

 

Damaris (Band 4): Die Nacht der Toten

Die Intrigen, die Chakas in den vergangenen Jahren wie ein schwelendes Feuer von innen heraus zerfraßen, gelangen nun mit erschreckender Kraft an die Oberfläche. War der Weg des Greifenordens einst klar und erfolgversprechend, so droht jetzt alles, was Ordensleiter Cilian über Jahrzehnte voller Hingabe aufgebaut hat, in Schutt und Trümmern zu versinken. Hinzu kommt, dass die Frau, die er liebt, verschollen ist. Gibt es eine Möglichkeit, sowohl Damaris als auch den Orden zu retten, oder zerbricht ein Mensch an einer solchen Aufgabe? Und welche Opfer wird das Schicksal in der ›Nacht der Toten‹ fordern, um diese Geschichte zu Ende zu erzählen?

 

 

Die Autorin

C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (›Alia-Saga‹, ›Greifen-Saga‹) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.

 

 

 

 

www.sternensand-verlag.ch

[email protected]

 

1. Auflage, Dezember 2021

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2021

Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

Lektorat/Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Natalie Röllig

Korrektorat 2: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

Satz: Sternensand Verlag GmbH

 

 

ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-201-4

ISBN (epub): 978-3-03896-202-1

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

Getraust du dich, in eine Welt zu reisen,

die nicht mehr dieselbe sein wird,

wenn du sie wieder verlässt?

C.

 

Altra

Stadt Chakas

Vorwort

 

Liebe Leserinnen und Leser,

 

wie ich schon am Ende des vorangegangenen Bandes erwähnte, werden in diesem Buch nun einige rote Fäden zusammengeführt, die ihr womöglich bereits aus anderen Geschichten aus dem fantastischen Universum Venera kennt.

Keine Sorge, ihr werdet in diesem Buch nicht über die Handlung der Geschichten gespoilert, doch geliebte Charaktere aus dem ›Roten Tarkar‹, den ›Legenden von Karinth‹, ›Alia‹, der ›Greifen-Saga‹ und dem ›Juwel der Talmeren‹ treten wieder aufs Parkett und führen die Story in ein fulminantes Finale. Am Ende des Buches, vor dem Glossar, findet ihr eine Auflistung, wohin ihr welche Charaktere einzuordnen habt, sowie einen Zeitstrahl, solltet ihr neugierig darauf sein, wo wer seine Finger im Spiel hat. Ihr könnt diesen Band aber absolut ohne Kenntnisse dieser Reihen lesen, so viel kann ich euch versprechen. Jeder Charakter wird für euch eingeführt und ihr lernt sie zusammen mit Damaris kennen.

Ich denke, es wird ebenso interessant sein, im Nachhinein die Vorgeschichten dieser Charaktere zu erfahren und die Zusammenhänge zu entdecken. :-)

Hiermit überreiche ich euch also feierlich ein vorerst letztes Ticket nach Chakas und wünsche euch eine schöne Lesezeit mit dem Finale.

 

Herzlich, Eure Corinne

 

Kapitel 1 - Adrién

 

So eine Scheiße … verdammte Kacke …!

Nebel – ich sehe nichts als grauschwarzen Nebel, der mich umgibt und das, seit ich dem Plan des Totengottes zugestimmt und mir seinen verfluchten Dolch ins Herz gerammt habe.

Ich bin nun für immer in seinem Reich gefangen. In der Unterwelt. Denn ich starb, um mich für Damaris zu opfern.

Damaris …

Ich sehe ihre blaugrünen Augen vor mir, ihr schmales Gesicht mit der Stupsnase und den Sommersprossen. Das schwarze Haar, das sie kurz trägt, doch in den vergangenen Monaten etwas wachsen ließ.

Ich liebe sie. Ich liebe sie bis in alle Ewigkeit. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Als ich mit den anderen Greifenreitern in die Wüste geschickt wurde, um den Ring des Fürsten – ein uraltes Artefakt der Wüstenzwerge – zu finden, habe ich keine Sekunde gezögert, die Aufgabe anzunehmen. Denn nur so hatte ich die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass Damaris den ganzen Scheiß überlebt. Und das hat sie. Trotz der Tatsache, dass die Zirkelrätin – oder besser Zirkelverräterin – Marona uns für ihre Zwecke missbrauchen wollte.

Die machtgierige Feuermagierin hat mir sogar einen Dämon auf den Hals gehetzt, der sich meines Körpers bemächtigte, nur um Damaris zu täuschen. Damit vermochte er sie und Cilian ins Zentrum der unterirdischen Stadt zu locken, in welcher einst die Wüstenzwerge hausten. Dort, in den Tiefen verborgen, bewahrten sie den Ring des Fürsten auf.

Wenn ich könnte, würde ich Marona gleich ein weiteres Mal den Hals umdrehen, um sicherzugehen, dass sie für alle Zeiten tot ist und tot bleibt. Sie hat nicht nur die Leben der Greifenreiter und Magier auf dem Gewissen, die mit uns in die Wüste geschickt wurden, sondern auch das von Damaris’ Greif Schneeflocke, meinem Greif Silbersturm und Cilian. Alle drei streckte sie mit ihrer Feuermagie in der Stadt der Wüstenzwerge nieder und auch wenn mich der Verlust meines Greifs schmerzt, so ist mein Schmerz nicht mit dem zu vergleichen, den Damaris erlitt, als Schneeflocke starb.

Ich hatte ohnehin schon lange keine richtige Verbindung mehr zu Silbersturm, da Marona uns diese nahm und meinen Greif an sich selbst band. Er gehorchte ihr mehr als mir, was dazu führte, dass die abtrünnige Zirkelrätin nach seinem Tod in eine wahre Schockstarre verfiel.

Geschieht ihr recht, dann fühlte sie kurz vor ihrem Tod wenigstens dasselbe, was Damaris durchmachen musste. Allein bei der Erinnerung daran, wie Damaris unter Schneeflockes Tod litt, würde ich diese machthungrige alte Schachtel am liebsten nochmals umbringen.

Der Totengott, der mit einem Mal auftauchte, faselte etwas davon, dass er Damaris einen Gefallen schulde. Dieser beinhaltete jedoch eine grausame Wahl. Er zwang Damaris, sich zwischen dem Leben von Schneeflocke, Cilian und mir zu entscheiden, denn er gestattete ihr nur, eine einzige von unseren drei Seelen zurück in die Welt der Lebenden zu holen.

Schneeflocke tat Damaris nicht gut, wie mir der Totengott verriet. Der Greif war ein Albino und besaß eine Anomalie, die dazu führte, dass seine Reiterin unkontrolliert Magie wirkte, was Damaris mehr als einmal beinahe getötet hätte.

Sosehr mir ihr Verlust auch leidtut – es ist besser so. Schneeflocke hätte früher oder später dafür gesorgt, dass Damaris unbeabsichtigt jemanden umbringt, der ihr viel bedeutet, oder sie selbst vor Kälte erstarrt.

Ja, der Tod eines Greifs kann seinen Reiter in den Wahnsinn treiben, aber Damaris ist stark genug und ihr Herz wird irgendwann heilen. Ich hoffe, dass sie sich zur gegebenen Zeit mit einem neuen Greif verbinden kann, einem, der sie nicht gleich bei einem mächtigen Zauber in Gefahr bringt.

Schneeflockes Seele nicht zurückzuholen, ist also die absolut richtige Entscheidung von Damaris gewesen. Und dass sie nicht zwischen Cilian und mir wählen wollte, war mir von vornherein klar. Daher nahm ich ihr die Entscheidung ab und rammte mir die Klinge, die mir der Totengott gab, vor Damaris’ Augen ins Herz. Auch wenn er mir vorher eröffnete, dass eine Seele, die sich in der Unterwelt mit dem Dolch des Totengottes umbringt, unwiderruflich und für alle Ewigkeit ihm gehört.

Das war mir allerdings schnuppe. Hauptsache, Damaris kam von dort weg. Daher trat ich dem endgültigen Tod gerne entgegen.

Seither wandle ich in dieser Welt aus Schatten und Nebel. Aber ich bin mir sicher, dass ich das Richtige tat. Für Damaris. Für den Greifenorden.

Ich hoffe, ihr Herz überwindet irgendwann auch meinen Verlust. Denn sie hat jetzt Cilian an ihrer Seite. Obgleich ich mit dem Ordensleiter nie wirklich warm wurde, so bin ich froh, dass er auf Damaris aufpasst. Er liebt sie ebenso wie ich und wird sie glücklich machen.

Hoffe ich zumindest. Hoffnung ist alles, was mir hier in der Unterwelt noch bleibt.

Der letzte Stand, den ich habe, ist, dass Damaris zusammen mit Cilian zurück in die Zwergenstadt kehrte, um diesen vermaledeiten Ring zu finden und in den Magierzirkel zurückzubringen.

Scheiße noch mal, ich wäre wirklich gerne dabei, wenn sie das Schmuckstück den verbliebenen Zirkelräten präsentieren und die sich eingestehen müssen, dass ihre Intrigen gegen den Greifenorden nicht gefruchtet haben. Der Anblick ihrer Gesichter wird unbezahlbar sein.

Vielleicht ändert sich dadurch in Chakas endlich etwas. Vielleicht werden die Greifenreiter endlich ihrer Bestimmung nachgehen können, und die Menschen, welche keine Magie in sich tragen, beschützen.

Was meine Gedanken zu meiner älteren Schwester Auralie und meinem Zwillingsbruder Egon driften lässt. Gerne hätte ich mich von den beiden verabschiedet und mich vergewissert, dass es ihnen wirklich gut geht. Dass die Zirkelmagier ihrem Versprechen nachgekommen sind, während meiner Abwesenheit für sie zu sorgen und ihnen ein Haus in der Stadt zu gewähren. Dass sie genügend zu essen haben und die Magier damit ihr Verbrechen sühnen, das sie an meinem Bruder begangen haben. Nur ihretwegen wird Egon für immer den Verstand eines Kindes haben, obwohl er äußerlich ein junger Mann ist.

Hass brodelt in mir auf. Hass auf die Zirkelmagier von Chakas. Oh, wie gerne würde ich ihnen ein letztes Mal in den Hintern treten.

Ich will meine Hand zur Faust ballen, doch greifen meine Finger ins Leere. Verwundert sehe ich an mir herunter und stelle fest, dass ich gar keine Finger mehr besitze, die ich zur Faust ballen könnte. Auch keine Beine, keine Füße … mein ganzer verdammter Körper ist nicht mehr da!

Was zum Henker geht hier vor?!

Ich kann denken, also besitze ich noch einen Kopf, oder? Oder ist das nur noch meine Seele, die durch die schwarzen Nebel wabert?

»So amüsant es auch ist, dir bei deiner Eingewöhnung zuzusehen, mir fehlt leider die Zeit dafür, weiter eine Zuschauerrolle einzunehmen«, erklingt neben – vor, hinter? – mir eine samtweiche Männerstimme, die alles in mir gefrieren lässt.

Ich kenne diese Stimme. Sie gehört dem Totengott.

Halt. Eingewöhnung? Eingewöhnung wobei?

»Ah, habe ich richtig gewählt«, spricht er weiter. »Du bist klug und verfügst über eine schnelle Auffassungsgabe. Gepaart mit deinem Wissen, deinem Gerechtigkeitssinn, deiner Aufopferungsbereitschaft und deinen anderen Fähigkeiten wirst du mir ein äußerst nützlicher Diener sein.«

Diener?

»Nun, jeder Gott braucht sie – die Lakaien, die ihn unterstützen«, meint der Totengott lapidar.

Ich wabere in meinen Schwaden herum, versuche, seiner Stimme zu folgen, um ihm gegenüberzutreten. Doch da ich keine Augen habe, kann ich ihn auch nicht sehen. Da ist nur dieser Nebel, der mir langsam auf die nicht vorhandenen Eier geht.

Wieso kann ich überhaupt hören, wenn meine Ohren nicht mehr existieren? Das ergibt doch keinen Sinn …

Baaah, wie mich diese Unterwelt jetzt schon nervt!

»Deine jahrelange Sehnsucht nach meinem Kuss hat mich auf dich aufmerksam gemacht«, fährt er fort.

Kuss von ihm? Na, davon wüsste ich aber! Seit ich denken kann, stehe ich auf Frauen.

Ich vernehme ein leises Lachen. »Nicht doch. Ich spreche nicht von einem romantischen Kuss. Sondern von einem Kuss, der dich für immer an mich bindet. Ich kann ihn einem auserwählten Wesen genau ein Mal geben, und ebendas habe ich mit dir vor.«

Ha, dafür bräuchte ich jedoch erst mal Lippen!

»Da stimme ich dir zu, mein Lieber. Zeit, dir eine körperliche Hülle zu verpassen. Hast du irgendwelche Vorlieben? Möchtest du lieber männlich oder weiblich sein – oder etwas dazwischen? Alt oder jung? Schön oder hässlich?«

Im Ernst jetzt?!

Ich will meinen verdammten Körper zurück, und zwar meinen. Nicht den einer alten runzligen Hexe!

Wieder erklingt dieses Lachen, das wie Samt über meine Nebelschwaden streicht. »Schon verstanden. Du mochtest deinen Körper, nicht wahr? Er war aber auch wirklich ansehnlich. Diese breiten Schultern, das pechschwarze Haar, deine grauen Augen … du warst von Anfang an für diese Aufgabe geboren, ist dir das eigentlich bewusst? Deine Sehnsucht nach dem Tod, die du bereits in jungen Jahren an den Tag legtest, hat mich berührt und fasziniert. Selten gibt es derart starke Seelen unter euch Menschen. Und deine ist eine ganz besondere, da sie sich nach der Dunkelheit und dem, was ich dir bieten kann, förmlich verzehrt. Doch genug der Faseleien, wie du sie so schön nennst.«

Ich vernehme ein Fingerschnippen, dann bewegen sich meine Nebelschwaden wie von einem Windhauch angestoßen in verschiedene Richtungen. Es geschieht in einem beachtlichen Tempo, und mir wird beinahe schwindelig, als ich die vielen Strudel wahrnehme, die sich um mich herum zu Gliedmaßen formen.

Ich hebe meine Hände – ich besitze wieder Hände! –, betrachte meine Finger. Der Magierring ist verschwunden, ansonsten sehen sie genau so aus, wie ich sie in Erinnerung hatte.

Rasch taste ich mein Gesicht ab, spüre sogar ein paar Bartstoppeln. Mein Haar ist immer noch kurz, da ich es mir vor der Reise in die Wüste abgeschnitten hatte. Ich verbrachte ein paar Wochen in der Stadt, nachdem Cilian mich aus dem Zirkel verbannte. Doch das war mir recht, ich habe mit meinen Heilkräften die Menschen versorgt, die sich keine Behandlung im Magierzirkel leisten konnten. Und da war eine kürzere Haarlänge einfach praktischer.

Ich horche in mich hinein … da ist kein Erdelement mehr. Und keine Magie.

»Die Elemente und Magie sind den Lebewesen Veneras vorbehalten«, erklärt der Totengott.

Als ich den Kopf wende, steht er nur etwa eine Armlänge von mir entfernt. Sein schwarzes Haar fällt ihm wie Seide bis knapp in den Nacken, sein schlanker Körper steckt in einer dunklen Robe, und mit den pechschwarzen Augen funkelt er mich amüsiert an. Er reicht mir bis zum Kinn, ist damit etwas kleiner und feingliedriger gebaut als ich. Sein Gesicht besitzt edle Züge, und seine geschwungenen Lippen verziehen sich zu einem breiten Grinsen, als er weiterspricht.

»Und mit Verlaub, mein Lieber, aber ein ›Lebewesen‹ bist du leider nicht mehr. Na ja, ›tot‹ kann man dich auch nicht wirklich nennen – sagen wir mal, irgendetwas dazwischen. Denn du bist ab sofort mein Diener und wirst mir helfen, in der Ober- und Unterwelt für Recht und Ordnung zu sorgen.«

»Euer …« Ich räuspere mich, da meine Stimme kehlig klingt. »Euer …« Verdammt, diesen kehligen Klang bekomme ich auch mit einem weiteren Räuspern nicht weg. »… Diener?«, beende ich meine Frage.

Na gut, dann werde ich eben ab sofort mit dieser blöden kehligen Stimme reden. Scheiß drauf!

»Ja, einer von vielen, denn sonst hätte ich keine Chance mit der Organisation all der Seelen, um die ich mich kümmern muss. Und jetzt komm her, es wird Zeit für unseren einzigartigen Kuss.«

Ehe ich michs versehe, packt mich der Totengott am Kragen meines schwarzen Hemdes, das ich nun zusammen mit einer ebenso schwarzen Hose aus weichem Material trage, und zieht mich zu sich herunter.

Sein Geruch vernebelt mir die Sinne. Es duftet mit einem Mal überall nach Rosen, und im nächsten Moment legen sich seine Lippen auf meine. Es ist kein Kuss, wie ich ihn aus meinem Leben kannte. Dieser Kuss geht mir durch Mark und Bein, dringt in mein Innerstes und explodiert dort in tausend Teile. Es ist, als würden die Dunkelheit und der Nebel in mir eins werden, zusammen zu einem neuen Ganzen verschmelzen.

Dort, wo vorher meine Magie war, erwacht nun eine neue Kraft zum Leben. Eine, die mir Gänsehaut beschert. Eine Macht erblüht in mir, wie ich sie nicht einmal durch die Kräfte meines Greifs erlebt habe.

Unsterblichkeit … ja, so fühlt es sich an.

Ein Rausch überkommt mich, während ich meine Lippen für den Totengott teile, meine Zunge in seinen Mund dränge und den Kuss stürmisch erwidere.

Ich will mehr. Mehr Macht. Nein, ich will mehr von ihm.

Der Totengott lässt mich gewähren, lässt zu, dass ich seinen Mund erkunde, meine Zunge an seiner reibe, meine Hände an sein Gesicht lege. Mit den Zähnen gleite ich über seine Unterlippe, beiße hinein, ziehe daran, was ihm ein Keuchen entlockt.

Sofort erobere ich seinen Mund wieder für mich, küsse ihn mit einer Begierde, die ich noch nie bei jemandem empfand. Nicht einmal bei Damaris und ich dachte, sie sei etwas Besonderes. Doch das, was der Totengott mir gerade gibt, ist an Einzigartigkeit nicht zu überbieten.

Vielleicht stehe ich doch auf Männer? Egal, ich will ihn nie wieder loslassen, für alle Ewigkeit in diesem Kuss versinken.

Ich sauge seine Macht regelrecht in mich auf, bis ich das Gefühl habe, dass ich innerlich zerberste.

Doch bevor ich mich dieser Empfindung gänzlich hingeben kann, stößt mich der Gott mit einer unmenschlichen Kraft von sich, und ich stolpere einige Schritt zurück, verliere das Gleichgewicht und lande auf meinem Hintern.

Atemlos starre ich zu dem schlanken Mann hoch, der ebenfalls taumelt und mit den Fingern seine Unterlippe abtastet.

»Das war … episch«, murmelt er, ehe sein Blick den meinen sucht. »Du bist der Richtige.«

Ich habe keine Worte, die beschreiben könnten, was ich gerade fühle. In mir herrscht ein wahrer Sturm, der sekündlich anschwillt und nicht mehr abebben will.

»Verstehst du jetzt, warum ich ein Wesen nur ein einziges Mal auf diese Weise küssen kann?«, fragt der Totengott und legt schmunzelnd den Kopf schief. »Ein zweites Mal würde dich förmlich in eine Million Teile bersten lassen. Das wäre äußerst bedauerlich, denn ich möchte dich noch eine Weile um mich haben.«

Ich rapple mich wieder auf die Beine und komme wankend zum Stehen. Meine Füße gehen wie von selbst in seine Richtung, alles in mir will mehr von ihm haben. Jede Faser meines neuen Leibes verzehrt sich nach ihm.

»Halt.« Der Totengott streckt die Hand aus, und mein Körper gehorcht augenblicklich, bleibt zwei Armlängen vor ihm stehen. »Das genügt. Wir belassen es bei diesem einen Kuss und du wirst lernen, dein Verlangen in meiner Nähe zu kontrollieren. Das schaffen meine anderen Diener ebenfalls.«

Auch wenn ich ihm widersprechen möchte, nicke ich.

Der Totengott lächelt mich zufrieden an. »Sehr schön. Also, wenn die Arbeitsbedingungen geklärt sind, kann ich dir noch ein einprägsames Symbol für deine Anstellung anbieten.« Er fährt sich mit dem Zeigefinger über die Oberlippe. »Wie wäre es mit einer hübschen Sense, mit der du die eigenwilligen Seelen ebenso wie die todgeweihten Lebenden niedermähen kannst? Na ja, bei den Seelen würde es eher einem ›Bewusstlos schlagen‹ gleichen, denn niemand stirbt zwei Mal und wir befinden uns ja in der Unterwelt.«

»Eine Sense … Euer Ernst? Ich bin doch kein Bauer.«

Der Totengott zuckt mit den Schultern. »War ja nur ein Vorschlag, einige meiner Diener haben ihn mit Freuden angenommen und stolzieren mit ihren Sensen durch die Welt. Na gut, dann eben keine Waffe für dich. Aber das Prinzip deiner Aufgabe ist klar, oder? Du sorgst dafür, dass ich etwas mehr Freizeit habe. Dein Vorgänger hat das ziemlich gut gemacht, doch nicht gut genug.«

»Mein Vorgänger? Was geschah mit ihm?«

»Hm, er wurde … aus seinen Diensten entlassen.« Ein gefährliches Glitzern tritt in seine schwarzen Augen. »Sagen wir einfach mal, du solltest deine Neugierde zähmen und dich vor allem an die Regeln halten. Somit werden wir uns in den nächsten Jahrhunderten nach der Zeitrechnung der Menschen gut verstehen.«

Ich runzle die Stirn. »Jahrhunderten?«

Der Totengott grinst. »Langzeitanstellung. Du solltest dich geehrt fühlen, das bekommt nicht jeder von mir.« Er klatscht zwei Mal in die Hände. »Also, dann mal los. Wir haben einiges zu tun, allem voran dafür zu sorgen, dass deine kleine Damaris sich nicht schon wieder in Schwierigkeiten bringt. Sie hat sich nämlich durch ihre Unwissenheit, wie mit dem Ring des Fürsten umzugehen ist, direkt auf ein Schiff teleportiert.«

»Ein Schiff?«

Der Totengott hebt eine Augenbraue. »Du solltest aufhören, alles in einer Frage zu wiederholen, Hermes.«

»Herm…«

»Na siehst du, du tust es schon wieder.« Er deutet auf meine Brust. »Die Menschen werden dir im Verlaufe der Zeit eine Menge Namen geben. Anubis, Hermes, Sensenmann … Letzterer wird fälschlicherweise immer mit mir selbst verwechselt, obwohl eigentlich meine Diener damit gemeint sind. Als ob ich Zeit hätte, alle Seelen alleine einzusammeln … das wird deine Aufgabe sein: Du bringst ihre Seelen zu mir. Verstanden?«

Ich nicke unwillkürlich, da die Alternative wäre, ohnmächtig zu werden. Was mir der Totengott da eröffnet, klingt nicht nur gruselig, sondern unwirklich. Zudem ist da diese neue Kraft in mir, die all meine Aufmerksamkeit auf sich lenken will. Aber damit werde ich mich später beschäftigen.

Mein Gegenüber nickt ebenfalls. »Gut, also wo waren wir? Genau, Damaris hat sich auf ein Schiff teleportiert, Cilian sucht nach ihr in deiner Heimatstadt Chakas, und zeitgleich haben die Kultisten die Macht in der Stadt an sich gerissen. Habe ich noch was vergessen? Ach ja, das Schiff, auf dem deine Kleine sich befindet, gehört niemand Geringerem als Elfenkapitän Maryo Vadorís. Eine Seele übrigens, die mit mir noch eine Rechnung offen hat, aber das hat sie zum Glück vergessen.« Er zwinkert mir zu. »Gut so, sonst wäre hier in meinem Reich die Hölle los.«

Hölle?

Der Totengott begegnet meinem fragenden Blick und schmunzelt. »Egal«, meint er mit einer abwinkenden Handbewegung. »Jedenfalls werde ich Damaris einen Besuch abstatten, denn sowohl sie als auch Maryo sind wichtige Figuren im nächsten Spielzug. Du bleibst hier, verstanden? Ich muss noch rasch nachsehen, welches Dämonenwesen schon wieder aus meinem Reich heraufbeschworen wird, ehe ich aufbreche. Diese Kultisten gehen mir langsam auf den Zeiger. Wie nervende Fliegen, die sich auch noch vermehren, wenn man einmal blinzelt. Bin gleich zurück.«

Bevor ich reagieren kann, hat er sich kurzerhand in Luft aufgelöst und ich stehe zwischen den Nebelschwaden allein da.

Mist … was habe ich mir da wieder eingebrockt?

So wie es aussieht, habe ich allerdings keine andere Wahl, als meine neue Aufgabe anzunehmen. Mit einem Vorgesetzten, dem ich mich am liebsten die ganze Zeit an den Hals schmeißen möchte – herrlich.

Keine Ahnung, warum er sich ausgerechnet mich ausgesucht hat, aber wenn ich schon für die nächste Ewigkeit seinen Laufburschen mimen muss, werde ich meine neuen Fähigkeiten gleich mal testen. Dass ich zu den Menschen gehen soll, um ihre Seelen zu holen, bedeutet doch gleichzeitig, dass ich mich zurück nach Venera und damit in die Welt der Lebenden teleportieren kann, oder?

Zwar hat mir der Totengott gesagt, ich solle hierbleiben, ich gebe jedoch einen Scheiß darauf, was er mir vorschreiben will. Ich bin immer noch mein eigener Herr und werde mich nun als Allererstes versichern, dass es Damaris wirklich gut geht.

Obschon ich vom Totengott im wahrsten Sinn des Wortes verzaubert bin, bedeutet mir die junge Greifenreiterin immer noch viel. Ehe ich mich nicht selbst davon überzeugt habe, dass sie wohlauf ist, werde ich keine neuen Aufgaben annehmen.

Was hat der Totengott erzählt? Sie befindet sich auf dem Schiff des Elfenkapitäns? Ich habe zwar keine Ahnung, wie ich dorthin komme, aber das werde ich sicher herausfinden.

Ohne groß darüber nachzudenken, horche ich in mich hinein, so wie ich es immer tat, bevor ich Magie wirkte. In der Nähe meines Herzens, das nun nicht mehr schlägt, spüre ich wieder diese neue Macht. Als ich mich ihr zuwende, erschaudere ich bei der Erinnerung an den Kuss des Totengottes. Fast ist es, als würde ich seine Lippen erneut auf meinen fühlen, seine Zunge schmecken, seine …

Halt! Aufhören!

Ich muss mich ab sofort zusammenreißen und das werde ich auch.

Also konzentriere ich mich wieder auf die neuen Kräfte und versuche, sie zu begreifen. Es dauert keine zwei Sekunden, da verstehe ich auch schon, wie ich sie bündeln kann, sodass sie mir gehorchen.

Bei den Göttern … ich bin wahrlich mächtig.

Ich schließe die Augen und lasse in meinen Gedanken das Bild von Damaris entstehen. Bemühe mich, mir jedes Detail ihres Gesichtes in Erinnerung zu rufen.

Mit einem Mal löst sich mein Körper auf, ich bestehe wieder aus Nebel. Kurz steigt Panik in mir hoch, da ich befürchte, das Werk des Totengottes verpfuscht zu haben.

Doch dann merke ich, dass ich die Nebelschwaden nun selbst zu ändern vermag. Ich kann ihnen wieder meine Gestalt geben. Wie praktisch. Vielleicht gelingt es mir, auch andere Formen anzunehmen? Womöglich sogar die eines Tieres? Das gilt es auszuprobieren, aber später. Jetzt muss ich erst mal zu Damaris, eins nach dem anderen.

Also konzentriere ich mich erneut auf die junge Wassermagierin und spüre unvermittelt ihre Präsenz.

Ich sehe sie vor mir, wie sie auf einer Matratze in einem kleinen Raum – wahrscheinlich einer Schiffskabine? – liegt. Obwohl es dunkel ist, erkenne ich alles haargenau, als wäre helllichter Tag. Und so entgehen mir auch nicht die Tränen, die über ihre Wangen rinnen.

Sie weint.

Um Schneeflocke? Um mich? Weil sie kurz davor ist, vor Schmerz durchzudrehen?

Ich weiß es nicht, aber alles in mir sehnt sich danach, sie in die Arme zu nehmen und ihre Tränen wegzuküssen. Sie zu trösten, ihr in dieser schweren Stunde beizustehen.

Langsam lasse ich meine Schatten um sie tanzen und spreche ihren Namen aus.

»Damaris.«

Sie fährt vor Schreck zusammen und reißt die Augen auf, sieht sich gehetzt in ihrer Kabine um.

Hat sie meine Stimme gehört? Kann ich tatsächlich mit ihr kommunizieren?

Von Euphorie erfüllt, beginne ich, meine Nebel zu einer Gestalt zu formen, und sehe mit Freude, dass sie mich anstarrt. Noch kann sie wahrscheinlich nur schattenhafte Umrisse wahrnehmen, aber bald hätte ich einen Körper geformt und könnte ihr gegenübertreten, mich mit ihr unterhalten.

Nur noch ein bisschen mehr von meinen neuen Kräften, dann …

Ein gellender Schmerz jagt durch meine Nebelschwaden und ich spüre, wie mir alles entgleitet. Es ist, als würde ich in tausend Stücke zerspringen und quer durch den Raum gefegt werden.

»Zurück mit dir!«, höre ich die Stimme des Totengottes, ehe ich zurück in die Unterwelt katapultiert werde.

Verdammt … ich habe es vermasselt.

 

Vielleicht warte ich eine Sekunde, vielleicht eine Stunde auf den Totengott. Ich habe kein Zeitgefühl – oder die Zeit in der Unterwelt läuft anders als die in der Welt der Lebenden.

Als er vor mir erscheint, bin ich auf alles gefasst, vor allem darauf, dass er mich ebenso wie meinen Vorgänger aus seinen Diensten ›entlässt‹.

Scheiße, vielleicht werde ich gleich erfahren, ob man wirklich nicht zwei Mal sterben kann.

Das Lächeln, das er mir schenkt, überrascht mich so sehr, dass ich scharf nach Luft schnappe – obwohl ich eigentlich nicht mehr atmen muss.

»Du lernst schnell, aber deinen Ungehorsam musst du noch ablegen«, sagt der Totengott und neigt den Kopf zur Seite. »Ich habe nämlich einiges vor mit dir. Wie würdest du so schön sagen? Da geschieht gerade eine ziemliche Scheiße in Chakas.«

Ich schlucke trocken und starre ihn unverwandt an. Dass meine Augen zu seinen geschwungenen Lippen wandern, ist nicht gerade hilfreich.

»Wie ich schon erwähnte, haben die Kultisten die Macht in Chakas an sich gerissen«, fährt der Totengott im Plauderton fort. »Sie haben ein Dämonenwesen aus meiner Welt geholt und es dem Elfenkapitän auf den Hals gehetzt, weil sie erfuhren, dass Damaris bei ihm ist.« Er hebt die Hand, da ich augenblicklich fragen will, was mit Damaris geschehen ist. »Keine Sorge, der Kleinen geht es gut. Sie ist beim Angriff zwar über Bord gegangen, aber zum Glück war eine Meerjungfrau in der Nähe und konnte sie mit meiner Hilfe auf ein zweites Schiff bringen. Die ›Sternenflut‹ wird von Faím Sturm kommandiert, den Namen hast du vielleicht schon gehört.«

Ich erinnere mich daran, dass der Kapitän der Bruder von Mica ist, die Cilian hilft, den Greifenorden zu leiten. Daher nicke ich nun.

»Also, Damaris ist bei Kapitän Sturm auf jeden Fall in guten Händen und erst mal in Sicherheit. Wir beide werden uns allerdings die Kultisten vorknöpfen und herausfinden, was sie so alles für Pläne schmieden. Du weißt ja jetzt, wie man sich teleportiert. Was ich dir nicht gesagt habe, ist, dass du dich den Sterblichen bitte nicht einfach so zeigen sollst. Und auch Eingreifen in das Geschehen der Oberwelt ist dir nicht erlaubt, sonst ziehst du den Zorn der anderen Götter auf dich. Glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass du dich an diese Regel unbedingt halten solltest, wenn dir dein Seelenheil lieb ist. Aber dir ist es erlaubt, dass du dich den Menschen in der Stunde ihres Todes offenbarst. Oder wenn ich es dir befehle.«

»Würden nicht unwillkürlich Menschen sterben, wenn Ihr mir befehlt, mich ihnen zu zeigen?«

Auf seinen Lippen bildet sich ein nachsichtiges Lächeln. »Ich mache die Gesetze, also kann ich sie auch in Ausnahmefällen aufheben. Doch dazu brauche ich stets das Einverständnis meiner Brüder und Schwestern, was jedes Mal ein nervenaufreibender Prozess und nicht selten mit Komplikationen verbunden ist. Daher bleibst du schön brav unsichtbar und in der Zwischenwelt, verstanden? Alles andere würde das Gleichgewicht Veneras komplett stören und wir Götter haben ohnehin alle Hände damit zu tun, dafür zu sorgen, dass es nicht kippt. Zu viele Köche verderben den Brei – und von uns Göttern gibt es leider wirklich eine Menge.«

Ich werde also erst mit Damaris reden können, wenn sie kurz davor ist, zu sterben, oder schon tot ist. Und das auch nur, wenn ich dafür auserkoren bin, ihre Seele zu holen. Keine schönen Aussichten …

Kapitel 2 - Adrién

 

»So, dann sehen wir doch mal, was die Kultisten wieder für Unsinn anstellen«, murmelt der Totengott neben mir.

Er hat uns beide kurzerhand nach Chakas in den Innenhof des magischen Zirkels teleportiert. Es ist Abend, was uns in der Zwischenwelt, in der wir uns befinden, allerdings nicht stört. Die Sicht ist wieder so hell und deutlich, als würde die Sonne scheinen. Ich habe nun verstanden, dass uns in dieser Dimension niemand wahrnimmt und wir somit ungestört das Geschehen beobachten und uns unterhalten können.

»Wie viel Zeit ist seit meinem Tod vergangen?«, frage ich den Totengott, der sich auf dem Zirkelplatz einmal um die eigene Achse dreht.

Schräge Frage, ja, aber ich muss mich erst noch dran gewöhnen, dass ich jetzt tot bin. Oder nicht, wie auch immer.

»Paar Tage oder so«, ist seine uneindeutige Antwort.

Ich hebe eine Augenbraue. »Oder so?«

Sein Blick trifft den meinen und er verengt seine schwarzen Augen ein wenig. »Du bist einer, der alles ganz genau wissen will, oder?« Er seufzt leise. »Also gut, wie du möchtest, dann eben die gesamte Geschichte im Schnelldurchlauf. Hm, überlegen wir mal … es war Abend, als Damaris und Cilian den Ring des Fürsten fanden und aus der Stadt der Wüstenzwerge geflohen sind. Die Nacht darauf ist Cilian mit Damaris auf seinem Greif durchgeflogen, während das Mädchen ohnmächtig war, weil es wieder mal zu viel Magie gewirkt hat. Hat echt ein Händchen dafür, bewusstlos zu werden, das muss man der Kleinen lassen.« Er grinst, aber als er meinem flammenden Blick begegnet, erstirbt sein Lächeln und er räuspert sich. »Soweit mir bekannt ist, sind die beiden daraufhin zwei Tage lang Richtung Chakas geflogen, und am Abend des zweiten Tages hat sich Damaris aus Versehen auf Maryos Schiff teleportiert. Anschließend ist Cilian alleine nach Chakas geflogen in der Hoffnung, Damaris dort wiederzufinden. Das dauerte nochmals fast einen Tag – dort traf er auf den Dieb Cassiel, der Cilian zu seiner Frau Mica brachte. Nach einer kurzen Nacht ist Cilian aufgebrochen, um sich eine Herberge zu suchen und deine Schwester über dein Ableben zu informieren.«

Ich spüre einen Stich dort, wo einst mein Herz schlug. Auralie … sie wird wahrscheinlich bei dieser Nachricht zusammengebrochen sein.

»Wie geht es ihr?«, frage ich mit belegter Stimme.

»Na ja, wie es einem Menschen eben so geht, wenn er jemanden verloren hat, der ihm viel bedeutet.« Der Totengott zuckt mit den Schultern. »Aber sie hat die Nachricht mit Fassung getragen – sie ist wirklich stark, wahrscheinlich auch, weil sie nun alleine für euren Bruder Egon sorgen muss.«

»Wann ist das geschehen? Dass sie von meinem Tod erfuhr?«, hake ich nach.

»Das war heute, vor ein paar Stunden.« Der Totengott macht eine ausladende Handbewegung und deutet auf eine Gestalt, die betont unauffällig über den Zirkelplatz geht. »Schau, da ist sie ja. Sie hat Cilian versprochen, sich im Zirkel umzuhören, wie die Stimmung unter den Magiern ist. Die haben sich ja gegen den Greifenorden verschworen, weshalb Cilian gut daran tut, vorerst den Zirkel zu meiden. Kluges Kerlchen, dass er seine Dienerin vorschickt.«

Ich beobachte Auralie und muss all meine Willenskraft aufbringen, nicht aus den Schatten zu treten und mich ihr zu offenbaren.

Wenn sie wüsste, dass ich nur ein paar Schritt von ihr entfernt stehe …

Unwillkürlich folge ich ihr, schließe zu ihr auf und erhasche einen Blick auf ihr Gesicht. Sie sieht müde und abgekämpft aus. Obwohl ihr Körper immer schon schlank war, habe ich das Gefühl, dass sie noch dünner geworden ist.

Ging es ihr nicht gut? Haben die Zirkelmagier nicht für sie und Egon gesorgt?

»Tja, Menschen und ihre Versprechen«, höre ich den Totengott hinter mir sagen, der mir gefolgt ist.

Ich wende mich ihm zu und funkle ihn an. »Könnt Ihr Euch bitte aus meinem Kopf fernhalten?«

Ich hasse es, dass er ständig weiß, was ich denke.

»Das geht leider nicht«, erklärt er mit gleichmütiger Miene. »Du trägst seit unserem leidenschaftlichen Rumknutschen einen Teil von mir in dir und dadurch weiß ich immer, was du denkst, tust und wo du dich gerade aufhältst. Glaub mir, das ist auch für mich kein Zuckerschlecken, zumal ich mehrere Diener habe. Du willst gar nicht wissen, was in meinem Kopf alles so los ist, während wir hier stehen und uns vermeintlich lediglich unterhalten.«

Ich verdrehe die Augen und suche dann wieder nach Auralie, die inzwischen den Innenhof des Zirkels überquert hat und sich dem Hauptgebäude zuwendet. »Wohin will sie?«

»Lass es uns herausfinden«, meint der Totengott und wir folgen meiner Schwester.

Sie steigt ein paar Treppen hinunter und betritt kurz darauf Gänge, die selten ein Magier verwendet. Doch ich kenne sie, kenne jeden Winkel dieses Zirkels. Und ich weiß genau, wohin sie gehen wird: zu dem Raum, in welchem ich mit den anderen neun Magiern, die für die Mission in die Wüste ausgewählt wurden, das Blutritual vollzogen habe und in dem auf einer Steintafel unsere Namen stehen. Wenn sie rot wie Blut leuchten, bedeutet das, dass wir noch leben. Wird ein Name allerdings schwarz, ist dessen Besitzer tot.

»Sie will wissen, ob ich wirklich gestorben bin«, murmle ich, während ich beobachte, wie Auralie eine Fackel aus einer der Halterungen an der Wand nimmt. Sie trägt keine Magie in sich und benötigt daher ein Hilfsmittel, um die dunklen Gänge zu erleuchten, die für den Totengott und mich taghell sind.

»Pffft, diese Blutmagie …«, höre ich meinen neuen Vorgesetzten schimpfen.

Ich stoße ein unwirsches Schnauben aus. »Sie sollte doch nach Eurem Geschmack sein, dadurch gibt es im besten Fall wieder neue Seelen für Eure Sammlung.«

Der Totengott knurrt leise. »Seelen, die durch Ritualmorde in die Unterwelt gelangen, sind immer schwierig ruhigzustellen. Vom ewigen Frieden sprechen wir erst gar nicht.« Er macht eine abwinkende Bewegung. »Sie werden plötzlich aus ihrem Leben entrissen, haben keine Chance, offene Angelegenheiten noch zu erledigen, und das wiederum erfüllt sie mit einer Unruhe, als würden Ameisen durch ihre Adern rasen. Schlimm, sag ich dir. Aber das wirst du selbst noch merken. Wenigstens verwenden die Magier in Altra viel weniger Blutmagie als die in Karinth. Sei also froh, dass ich dich für Altra eingeteilt habe – meine Diener in Karinth sind immer ziemlich angepisst und betteln dauernd um Urlaub.«

Wir sind inzwischen bei der Tür angelangt, die in den Raum führt, in welchem sich die Steintafel befindet.

Auralie holt ein paar Dietriche hervor und ich verspüre einen Anflug von Stolz, als ich sie dabei beobachte, wie sie mit geschickten Fingern die Tür öffnet. Auf den Straßen von Chakas haben wir rasch lernen müssen, wie wir überleben, und da ist es nun mal hilfreich, wenn man sich Zutritt zu verschlossenen Räumen verschaffen kann. Denn hinter Schlössern werden meist wertvolle Dinge verborgen.

Sorgsam blickt sich Auralie nochmals um, bevor sie vorsichtig durch die Tür schlüpft.

Jetzt wird sie gleich mit eigenen Augen sehen, dass ich tot bin. Aber das ist gut so, dann kann sie hoffentlich nach vorn schauen und die Kraft sammeln, die sie benötigen wird, um für Egon zu sorgen.

Ich werde von etwas abgelenkt, das weiter hinten im Gang ertönt, und wende mich dem Geräusch zu.

»Da kommen ein paar Gestalten.« Obwohl ich nicht leise sein müsste, habe ich meine Stimme gesenkt.

»Bleib in der Zwischenwelt«, ermahnt mich der Totengott. »Sonst war’s das mit unserer Zusammenarbeit, bei mir gibt es keine Probezeit.«

Ich fluche leise in mich hinein. Wenn da jemand kommt, muss ich Auralie warnen. Irgendwie …

Ehe mich der Totengott aufhalten kann, folge ich meiner Schwester in den Raum und bemerke, dass sie vor der Steintafel in die Knie gesunken ist und diese anstarrt. Ihr Blick ist auf meinen Namen gerichtet, und die Trauer, die ich in ihrem schmalen Gesicht lese, lässt mich kurz die Augen schließen.

Ich sammle mich, bevor ich sie wieder anschaue und versuche, all die Kraft auszustrahlen, die sie in diesem Moment braucht. Vielleicht erreiche ich sie damit. Hoffentlich.

Über ihre Wangen rinnen Tränen und sie senkt ebenfalls die Lider, atmet tief durch.

»Bleib stark, große Schwester«, sage ich leise. »Für Egon. Für dich.«

Sie öffnet die Augen und zu meiner Erleichterung erkenne ich nun wieder diesen unbändigen Willen in ihr, den ich stets bewundert habe.

»Mach’s gut, kleiner Bruder, mögen die Götter über dich wachen«, flüstert sie.

Ihre Worte treffen mein Innerstes und mir wird schwer um mein nicht mehr schlagendes Herz.

Mit einem Seufzen erhebt sie sich und wischt die Tränen von den Wangen. Doch dann stockt sie unvermittelt und hält in der Bewegung inne. Ihre Aufmerksamkeit ist auf die Steintafel gerichtet, und Verblüffung zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab.

Ich folge ihrem Blick und ziehe scharf die Luft ein. Eigentlich leuchten nur zwei Namen noch rot: der von Damaris und der von Cilian. Alle anderen sind schwarz – aber Maronas Name verändert sich, wechselt zu grau und beginnt rot zu leuchten, ehe er wieder schwarz wird. Die Änderung ist kaum wahrnehmbar, nur wenn man genau hinsieht, ist sie festzustellen.

Auralie fährt sich entgeistert über die Augen, als glaubte sie, einer Sinnestäuschung zu unterliegen. Mit einem Mal betritt eine dunkel gekleidete Gestalt den Raum und ich zucke vor Schreck zusammen.

Scheiße, ich habe vollkommen vergessen, sie zu warnen!

»Nicht vergessen. Ich habe es nur nicht zugelassen, dass du dich ihr offenbarst und damit eine Dummheit begehst«, entgegnet der Totengott, der nun an der Wand lehnt.

Bevor ich etwas erwidern oder ihn verfluchen kann, ertönt eine Stimme, von der ich geglaubt hatte, sie nie wieder hören zu müssen.

»Du bist viel zu neugierig für eine Dienerin«, spricht Marona in kaltem Tonfall.

Verdammte Kacke! Ich habe sie doch umgebracht?! Wieso lebt die Zirkelrätin noch? Oder wieder?

»Joah, das ist wirklich nervig«, merkt der Totengott an. »Ich hasse es, wenn mir Seelen wieder entrissen werden, weil irgendein Mensch mit einem Dämon einen Pakt schließt. Zeit, dass diese Kultisten von Chakas aufhören, ihr Unwesen zu treiben … hoffen wir, dass unser nächster Spielzug die gewünschten Ergebnisse bringt.«

Die Kultisten haben dafür gesorgt, dass Marona wiederauferstanden ist? Ich habe keine Ahnung, welch mächtige Magie hierfür am Werk sein muss, aber früher nannte man sie schwarze Magie. Kann es sein, dass jemand aus den Reihen der Kultisten über solche Kräfte verfügt?

»Nein, die schwarze Magie wurde aus Altra verbannt«, kommt die hilfreiche Erklärung des Totengottes. »Manche Dämonen haben jedoch genügend Macht, eine Seele zurück ins Reich der Lebenden zu bringen. Ich werde mich nachher mal umhören, wer von meinen dauerhaft schlecht gelaunten Seelen dafür zur Rechenschaft gezogen werden muss. Oh nein, das wird keine schöne Unterhaltung für den Verantwortlichen.«

Die Zeit scheint kurz stehen geblieben zu sein, denn erst jetzt geht die Szene vor uns weiter. Und das in einem Tempo, das schneller anmutet als üblich. Die Personen bewegen sich rascher, sprechen sogar rascher. Womöglich hat der Totengott die Macht, die Zeit geringfügig zu manipulieren, anders kann ich es mir nicht erklären.

Mich durchläuft ein Beben, während ich mit ansehen muss, wie meine Schwester zur Zirkelrätin herumwirbelt und sie mit geweiteten Augen anstarrt.

»Marona«, stößt sie atemlos aus. »Ihr … lebt?!«

»Nehmt sie fest und bringt sie hier weg«, befiehlt Marona herablassend.

Ich will mich zwischen meine Schwester und die beiden schwarz gekleideten Gestalten stellen, aber ich kann keinen Muskel rühren. Ein Blick zum Totengott verrät mir, dass er mich gerade daran hindert, aus der Zwischenwelt zu treten, und ich verfluche ihn innerlich dafür.

Ich muss meiner Schwester helfen, verdammt! Ich muss …

»Nicht fluchen«, höre ich den Totengott sanft sagen, als würde er mit einem Kind sprechen. »Warte und beobachte.«

Hilflos sehe ich zu, wie die beiden Gestalten meine Schwester an den Oberarmen packen und von der Tafel wegzerren. Die Zeit läuft nun wieder normal, die Personen bewegen sich nicht mehr zu schnell.

Da kommt mir ein Gedanke. Ich konzentriere alle meine neuen Kräfte darauf, lasse sie in die Steintafel und damit in meinen Namen einfließen.

»Was tust du da?«, fragt der Totengott verwundert.

»Dafür sorgen, dass meine Schwester Hoffnung erhält«, knurre ich und sehe zufrieden, wie mein Name wie jener von Marona langsam zu leuchten beginnt.

Er wechselt von schwarz zu grau zu rot, dann wieder zu schwarz. Nur kurz, aber zu meiner Erleichterung bemerkt es Auralie. Ihre Augen weiten sich noch mehr und sie keucht laut auf.

Sie weiß es. Sie weiß, dass ich hier bin. Dass ich noch lebe – irgendwie.

»Du gerissener kleiner Scheißkerl«, raunt der Totengott mit einem süffisanten Lächeln, stößt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. »Da du tatsächlich weder tot noch lebendig bist, konnte ich deinen Trick nicht unterbinden.«

Er bleibt knapp vor mir stehen, während ich aus dem Augenwinkel registriere, wie Marona und die beiden Gestalten zusammen mit meiner Schwester den Raum verlassen.

»Aber gewöhn dich nicht dran, die Regeln für dich zu verbiegen, verstanden, mein Hübscher?« Er legt mir eine Hand an die Wange, streicht mit dem Daumen sanft darüber. »Sonst muss ich mich von einer Seite zeigen, die dir nicht gefallen wird.«

Ich spüre wieder, welchen Einfluss er auf mich ausübt, fühle die Anziehung, das Verlangen, ihm nahe zu sein. Dieser Mann ist nicht nur faszinierend, sondern gefährlich. Und genau das lässt mich kaum den Blick von ihm abwenden.

Er betrachtet mich noch ein paar Sekunden, dann tätschelt er leicht meine Wange und verzieht seinen Mund zu einem wissenden Schmunzeln. »Komm, wir wollen doch nicht verpassen, wie die Geschichte weitergeht.«

Mit einem Fingerschnippen erlöst er mich aus meiner Erstarrung, gleichzeitig zerspringt die Steintafel lautlos in zwei Hälften, die kurz darauf zu Staub zerfallen.

»Damit sollte zumindest dieses Problem gelöst sein«, meint er und macht eine Kopfbewegung Richtung Tür.

Ich taumle leicht, werde aber von ihm am Ellbogen festgehalten. Gemeinsam treten wir aus dem Raum und ich kann gerade noch erkennen, wie die Gestalten den Gang durch eine weitere Tür verlassen. Schnellstmöglich folgen wir ihnen.

Die Tatsache, dass mir der Totengott verboten hat, mich Auralie zu zeigen, lässt mich Hoffnung schöpfen.

Noch ist nicht ihre Stunde des Todes angebrochen, daher darf ich mich ihr nicht offenbaren. Das heißt, sie wird das hier überstehen. Hoffentlich.

»Ihr spracht davon, dass ein Dämon womöglich Marona zurückgebracht hat«, bemerke ich, während wir den drei Gestalten und Auralie durch die Gänge folgen.

Sie führen meine Schwester durch das Tunnelsystem weiter nach unten und durch Türen, die selbst ich noch nie gesehen habe. Dabei dachte ich, ich kenne jeden Winkel. Wir müssen uns in Richtung Zirkelplatz bewegen.

»Davon ist auszugehen«, antwortet der Totengott.

»Warum tötet Ihr den Dämon nicht einfach? Dann wärt Ihr ihn los und er könnte kein Unheil mehr anstellen.«

»Mein Lieber, so einfach ist das nicht. Wie ich schon sagte, vermag keiner zwei Mal zu sterben und ich bin der Letzte, der sich die Finger an Dämonen schmutzig machen will. Ich kann dafür sorgen, dass verdorbene Seelen wie sie ruhiggestellt werden, und sie mir damit vom Hals halten. Manche beruhigen sich sogar so sehr, dass sie halbe Ewigkeiten zurückgezogen bleiben. Andere wiederum sind widerspenstiger und übellauniger. Sie begehren immer wieder auf und es ist wahrlich keine schöne Aufgabe, sie ständig niederzuringen. Hierfür habe ich seit Kurzem zum Glück einen höchst geeigneten Kämpfer, der endlich ein wenig Frieden in die Unterwelt bringt. Ich werde ihn nachher kontaktieren und nachhaken, ob er etwas über das Wiederauferstehen von Maronas Seele vernommen hat.«

»Ein Diener kümmert sich also um die aufständischen Seelen?« Ich hebe erstaunt eine Augenbraue.

»Nur die wenigsten Diener kommen für solch schwierige Aufgaben infrage«, erklärt der Totengott. »Der Mann, von dem ich spreche, ist vor acht Jahren in eurer Zeitrechnung zu mir gekommen. Er war ein Schwarzmagier, wurde jedoch von seinesgleichen verstoßen und besaß ebenso einen Wunsch nach meinem Kuss wie du, war aufopferungsvoll, gerecht, klug, gütig … all das, was ich an einer Seele bewundere. Zudem besitzt er ein Wissen und Fähigkeiten, die ihn mehr als geeignet für diese Aufgabe machen. Mit Altra verbindet ihn zu viel und ich muss leider befürchten, dass er widerspenstig werden und mir unnötig in den Ohren liegen könnte, an die Oberwelt zurückkehren zu dürfen, wenn ich ihn dort oder anderswo in Venera einsetze. Das wäre eine Schande und Verschwendung für ein Prachtexemplar, wie es seine Seele ist. Daher habe ich ihn für die Beruhigung der Abtrünnigen eingesetzt. Schade ist nur, dass er keine Sense wollte – er würde bestimmt beeindruckend damit aussehen. Stattdessen schwingt er einen selbst beschworenen Zweihänder, doch das ist zusammen mit seiner breitschultrigen Erscheinung und dem schwarzen Mantel auch genügend imposant, glaub mir.«

Ich höre interessiert zu und bin gespannt darauf, ob ich diesen Mann irgendwann zu Gesicht bekomme. Aber mir bleiben ja noch ein paar Jahrhunderte und ich denke, wenn er so wichtig ist, werde ich ihm bestimmt mal über den Weg laufen. Wir sind jetzt quasi Arbeitskollegen.

Während der Totengott sprach, achtete ich gar nicht mehr so genau darauf, wohin wir den Gestalten folgten, und stutze nun, als Marona mittels eines Schlüssels eine schwarze Metalltür öffnet, die ich noch nie gesehen habe.

»Wo sind wir?«

»Im Herzen der Kultistenbrut.« Der Totengott reibt seine Hände aneinander, und ein zufriedenes Lächeln, das mehr wie ein Zähnefletschen anmutet, zeigt sich auf seinen Lippen. »Sie haben uns direkt zu ihrem Hort geführt.«

»Aber wir dürfen doch nicht in das Geschehen der Lebenden einwirken?«, wende ich ein.

»Das nicht, das nähmen uns meine Brüder und Schwestern übel – und du hast keine Ahnung, wie gern sie mich leiden sehen würden. Es ist jedoch nicht verboten, ein wenig … nachzuhelfen.« Er zwinkert mir zu. »Diesen Kultisten muss das Handwerk gelegt werden und wir sind nahe davor, genau das zu tun.«

»Warum wusstet Ihr nichts von diesem Versteck?«, hake ich nach, während wir Marona und ihren Anhängern durch die Tür in einen schmalen Gang folgen.

»Ein Gärtner kennt zwar die Namen der Blumen, die in seinem Garten blühen, aber nicht jedes Mauseloch, durch das das Ungeziefer kreucht«, erwidert der Totengott schulterzuckend. »Es gibt auf der Welt schlicht und ergreifend zu viel Ungeziefer, als dass man den Überblick behalten könnte.«

Da gebe ich ihm allerdings recht.

Die kleine Gruppe vor uns biegt um eine Ecke, dann betreten wir einen gewaltigen Raum, der mit blau leuchtenden Fackeln erhellt wird. Er besitzt bestimmt die Ausmaße des Zirkelplatzes, der irgendwo über unseren Köpfen ist.

Doch was mich wie vom Blitz getroffen erstarren lässt, ist nicht die Größe des Raumes oder die schaurige Atmosphäre hier drin. Es ist Blut. Viel Blut. Der gesamte Boden ist davon bedeckt und glänzt regelrecht.

Was zum Henker ist hier geschehen?

Inmitten des Raumes befindet sich ein Becken, aus dem ebenfalls der rote Lebenssaft quillt wie aus einer Quelle – und darin erhebt sich eine Schattensäule, die größer und furchteinflößender ist als alle, die ich bisher zu Gesicht bekam. Sie besitzt gigantische Ausmaße und von ihr geht eine Gefahr aus, die alle meine Nackenhaare sich aufstellen lässt.

»Heilige Scheiße«, stößt der Totengott neben mir aus. »Das hat uns gerade noch gefehlt ….«

In ebendiesem Moment glaube ich, dass ich in der Säule Augen erkenne. Rote Augen, die sich uns zuwenden.

Es sieht uns!

»Fort von hier!«, höre ich den Totengott gerade noch rufen, da teleportiert er uns auch schon zurück in die Unterwelt.

Immer noch in Schockstarre stehe ich neben ihm und versuche zu begreifen, was soeben geschah. Die Schattensäule brauchte ich nicht weiter zu untersuchen, um zu wissen, was ich vor mir hatte. Wir sind einem Dämon begegnet, der von den Kultisten mit Blutopfern beschworen wird. Einem Dämon, vor dem sogar der Totengott flieht.

»Wer war das?«, frage ich meinen neuen Vorgesetzten, der unnatürlich bleich um die Nase geworden ist.

»Baalthazar«, antwortet er und kratzt sich am Kopf. »Mist, ich dachte, ich wäre ihn etwas länger los. Er ist ein Erzdämon und kann selbst mir gefährlich werden, auch wenn er mich nicht zu töten vermag, da ich unsterblich bin. Dennoch wäre es ihm möglich, mich so weit zu schwächen, dass ich eine Zeit lang nicht mehr über die Unterwelt herrschen könnte. Was wiederum bedeuten würde, dass Baalthazar sie an sich risse.« Er fährt sich mit der Hand über den Nacken. »Das verkompliziert die Angelegenheit mit den Kultisten leider. Aber ich kenne zum Glück jemanden, der es schon einmal mit diesem Erzdämon aufgenommen und ihn ruhiggestellt hat.«

»Ach ja?« Ich hebe eine Augenbraue. »Na dann, lasst uns zu ihm gehen und ihn nach Chakas bringen.«

»Das ist nicht notwendig.« Auf dem ebenmäßigen Gesicht des Gottes erscheint ein schiefes Lächeln. »Er wird auch so bald dorthin aufbrechen.«

Kapitel 3 - Damaris

 

Ich gehe über die Planken der Sternenflut und frage mich, was Kapitän Sturm wohl von mir will. Mir ist bekannt, dass Maryo Vadorís ihn heute Mittag auf seinem Schiff aufgesucht hat, aber warum Sturm nach mir schicken ließ, ist mir schleierhaft.

Während der vergangenen Nacht war ich bewusstlos und habe mich auch am Morgen noch einige Stunden ausruhen müssen. Weiterhin steckt mir der Schrecken in den Knochen, da ich kurz davor war, zu ertrinken, weil ein riesiges Dämonenwesen in Form eines Tausendfüßers Maryos Schiff namens Cyrona angriff. Zum Glück wurde ich gerettet und auf die Sternenflut gebracht.

Inzwischen fühle ich mich etwas besser, wenn man davon absieht, dass ich immer noch nicht zu sprechen vermag. Kapitän Vadorís vermutet, dass das den schlimmen Erlebnissen geschuldet sein könnte, die hinter mir liegen.

Unwillkürlich blitzt in meinem Geist das Bild meines schneeweißen Greifs auf, der auf solch grausame Art starb. Der Schmerz über seinen Tod kehrt mit voller Wucht zurück, sodass ich leise aufkeuche und im Gehen innehalte, um mir ans Herz zu fassen. Dort verspüre ich beim Gedanken an Schneeflocke einen heftigen Stich. Meine ganze Brust wird von einem unaushaltbaren Druck erfasst und ein Kloß bildet sich in meiner Kehle.

Ich habe keine Ahnung, wie und ob ich diesen Verlust überhaupt jemals verkraften kann, aber dies ist nicht die richtige Zeit, um zu trauern. Ich habe getrauert, sehr sogar. Und mir ist bewusst, dass ich noch lange nicht an dem Punkt bin, ab welchem ich nach vorne schauen kann. Trotzdem muss ich jetzt genau das tun, denn ich möchte vor allem eines: Cilian finden.

Also setze ich mich wieder in Bewegung, in Richtung Kapitänskajüte, die sich am Bug der Sternenflut befindet.

Doch gerade als ich an die Tür klopfen will, wird diese vor meiner Nase aufgerissen und ich wäre beinahe mit dem breitschultrigen Elfen zusammengestoßen, der vor mir steht. Seine goldenen Augen flammen wutentbrannt. Wenngleich ich nicht der Grund für seine Verstimmung bin, ziehe ich reflexartig den Kopf ein und trete zur Seite, sodass er an mir vorbeistapfen kann.

»Bei allen verfluchten Seeschlangen!«, knurrt er und macht seinem Zorn mit einer ausschweifenden Handbewegung Luft. Ich meine sogar, seine Magie knistern zu hören. »Diese beschissenen Kultisten haben mein Schiff geschrottet – jetzt ist es persönlich!«

»Vielleicht waren es gar nicht die Kultisten, sondern …«, wendet Kapitän Sturm ein, der ihm folgt, doch Maryo unterbricht den jungen Mann mit einer unwirschen Geste.

»Aye, als ob Dämonenwesen einfach mal so in der Gegend herumspazieren!«, donnert er. »Natürlich war es dieser Abschaum, wer denn sonst?! Es ist kein Zufall, dass erst das Mädchen auf mein Schiff gelangt und wir kurz darauf von einer Kreatur der Unterwelt attackiert werden. Ich lass mir von diesen Schweinehunden doch nicht auf der Nase herumtanzen! Da haben sie sich definitiv den Falschen zum Feind gemacht! Meine Mannschaft arbeitet mit Hochdruck daran, die Cyrona wieder seetauglich zu kriegen, dann geht’s nach Chakas!« Ich zucke zusammen, als seine Augen mich fixieren. Wenigstens hört er auf zu brüllen und lässt seine Stimme etwas ruhiger klingen, während er weiterspricht. »Wir haben da noch was zu besprechen, komm mit, Damaris.«

Als würde das Schiff ihm gehören, wendet er sich um und geht zurück in die Kapitänskajüte. Ich wechsle einen fragenden Blick mit Kapitän Sturm.

»Geh ruhig, ich vertraue ihm«, sagt dieser und fährt sich durch die schwarzen Locken. »Wenn er dich zu sehr nervt, ruf nach mir.«

Er lächelt mir kurz zu, daraufhin eilt er über das Deck davon, um seinen Männern Befehle zu erteilen. Eine Handvoll wird dazu abkommandiert, Maryos Mannschaft bei der Beseitigung der Schäden zu helfen.

Zögernd schaue ich in die Richtung, in welche der dunkelhaarige Elf gegangen ist, und straffe die Schultern.

Vielleicht will er mir die Schuld an dem Schaden an seinem Schiff in die Schuhe schieben? Schließlich gebe ich Maryo recht und das Dämonenwesen ist ziemlich sicher auf die Kultisten zurückzuführen, weil sie erfahren haben, dass ich an Bord der Cyrona bin. Maryo hat Cilian eine Botschaft nach Chakas geschickt, die den Ordensleiter darüber benachrichtigen sollte, dass es mir gut gehe und er mich zu ihm bringe.

Der Elf verfasste sogar zwei Briefe, nachdem er in meinen Gedanken gelesen hatte, dass die Zirkelmagier sich offenkundig gegen Cilian verschworen haben. Der zweite sollte zu einem Briefposten in der Stadt gelangen. Ob Cilian ihn jemals erhalten wird, ist allerdings fraglich. Wir wissen noch nicht mal mit Sicherheit, ob er überhaupt schon wieder in der Stadt ist.

Beim Gedanken daran, dass ihm in der Goharwüste etwas zugestoßen sein könnte, meldet sich der Kloß in meinem Hals zurück und ich muss gegen die Tränen anblinzeln, die sich in meinen Augen sammeln wollen.

Nein. Ich darf Cilian nicht auch noch verlieren. Das würde ich nicht überstehen … daher muss ich mich jetzt zusammenreißen und all meine Stärke sammeln, um zu ihm zu gelangen. Erst wenn ich bei ihm bin und er mich in seine Arme nimmt, werde ich mich wieder einigermaßen besser fühlen, das weiß ich. Denn ich liebe ihn von ganzem Herzen.

Seufzend setze ich mich in Bewegung und gehe auf die Kabinentür zu, die Maryo offen gelassen hat, damit ich ihm folge.

Als ich in den Raum trete, sehe ich mich staunend um. Er ist zwar nicht gerade groß, aber gemütlich eingerichtet. Ein roter Läufer am Boden dämpft meine Schritte, an den Wänden hängen drei Gemälde, die Meeresszenen darstellen, und ein breiter Schreibtisch, der mit vielen Karten bedeckt ist, steht in der Mitte des Raumes.

Links von mir kann ich hinter einem rot-goldenen Vorhang, der den Raum teilt, ein aus Holz gezimmertes Bett erhaschen, in dem genug Platz für zwei Personen ist. Darauf liegt eine Steppdecke, die mit goldenen Stickereien verziert ist.

Es wirkt behaglich hier drin, ebenso wie in der Kabine, die mir zugeteilt wurde. Und auch hier riecht es nach getrockneten Kräutern und Gewürzen, die ich nicht ganz zuordnen kann.

Ein geräumiger Kleiderschrank verrät mir, dass die Gemahlin des Kapitäns wohl tatsächlich an Bord ist – ich kann mir nicht vorstellen, dass der sympathische junge Mann so viele Kleider benötigt, um diesen Schrank zu füllen.

Mein Blick fällt auf den Elfenkapitän, der mir den breiten Rücken zugewandt hat und aus einem der Bullaugen schaut, durch welches das Meer zu erkennen ist, das in der Mittagssonne glitzert.

Die Hände hat er hinter sich in Höhe des Kreuzes verschränkt und seine Haltung wirkt angespannt. Wie meistens trägt er eine leichte dunkle Leinenhose und darüber ein kurzärmliges schwarzes Hemd, das vorn ein wenig offen steht und seine muskulöse Brust entblößt, wie ich vorhin sah, als er mir gegenüberstand. Das lange dunkelbraune Haar fällt ihm weit über den Rücken. Auf den Kapitänshut mit der breiten Krempe, den er manchmal trägt, hat er heute verzichtet.

Als ich die Tür schließe, dreht er sich zu mir um und sieht mich mit schmalen Augen an. »Du kannst also immer noch nicht sprechen«, stellt er mit seiner Stimme fest, die stets ein bisschen heiser klingt. Fast so, als hätte er zu viel rumgebrüllt, was ich mir bei diesem Elfen gut vorstellen könnte.

Ich zucke mit den Schultern und lege den Kopf schief. Sollte ihm als Antwort genügen.

»Hör zu«, murmelt er und stützt sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch ab, ohne darauf zu achten, dass er dabei einer Seekarte ein kleines Eselsohr beschert. »Ich muss mich bei dir bedanken.«

Meine Augenbrauen hüpfen in die Höhe. Mit Dank hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Schließlich wurde sein Schiff in Mitleidenschaft gezogen und das nur, weil er mir half.

»Sieh mich nicht so erstaunt an«, meint er und sein Blick wird eindringlicher, sodass das Gold seiner Iriden zu glitzern beginnt. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass du mir während des Kampfes gegen diese Dämonenbrut den Arsch gerettet hast. Obwohl du dabei meinen Befehl missachtet hast und nicht unter Deck geblieben bist. Zudem war es alles andere als klug, die Kräfte des Rings anzuwenden, dennoch bin ich dir dafür dankbar. Womöglich hätte ich sonst den heutigen Sonnenaufgang nicht mehr erlebt.«

Ich nicke und schenke ihm ein schwaches Lächeln zum Zeichen, dass ich seinen Dank annehme.

Hätte der Totengott mich nicht höchstpersönlich an Deck geschickt, wäre ich wohl in meiner Kabine geblieben und weiter in Trauer versunken. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm das preisgeben soll – eine leise Stimme in mir rät, es vorerst für mich zu behalten und ihn nicht nochmals meine Gedanken lesen zu lassen. Schließlich habe ich keine Ahnung, wie Maryo reagiert, wenn er erfährt, dass ich mit dem Totengott sprach. Womöglich hält er mich für übergeschnappt und überlegt es sich noch einmal, ob er mich wirklich zu Cilian bringen will.

Also verschränke ich die Finger ineinander und warte ab, was der Elf mir sonst noch zu sagen hat.

Der Kapitän fährt sich mit beiden Händen durch das lange Haar und streicht es hinter seine spitzen Ohren. »Faím weiß nichts von dem Ring, oder?«, fragt er mit forschendem Blick.

Mein Gesichtsausdruck muss ein einziges Fragezeichen sein, denn seine Augen funkeln amüsiert.

»So heißt der Kapitän: Faím Sturm. Er ist der Bruder von Mica, die du aus dem Magierzirkel von Chakas wohl kennst. Sie ist auch eine Greifenreiterin.«

Da fällt bei mir endlich der Groschen. Mir kam der junge Kapitän gleich irgendwie bekannt vor und jetzt erkenne ich auch direkt die Ähnlichkeit mit seiner Schwester. Obgleich Mica aus einem mir unbekannten Grund trotz ihres Alters silbernes Haar besitzt, so haben beide dieselben ebenmäßigen Gesichtszüge und da ist dieser unbändige Wille in ihren dunklen Augen, der mir verrät, dass ihr Leben bisher alles andere als einfach war.

Mica hat mir im Zirkel gegen die Hänseleien der Mitschüler beigestanden und ich fühlte mich ihr auf eine schwesterliche Art verbunden.

»Also, du hast ihm nichts von dem Ring verraten?«, hakt Maryo nach.

Ich schüttle den Kopf. Wie auch? Kapitän Sturm kann keine Gedanken lesen und ich nicht sprechen. Zudem bin ich erst seit heute Morgen wach und habe mich nur kurz mit ihm unterhalten können. Danach hat er mir seinen Quartiermeister Bertran als Aufpasser zur Seite gestellt.