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So gelingt richtig guter Kundenservice Wir haben in Sachen Service aufgeholt, trotzdem funktioniert vieles noch immer nicht: Wir warten auf Taxis, auf Termine, auf Pakete, wir zahlen horrende Preise für wenig Zeitersparnis. Den Kunden fehlen die magischen Momente, die persönlichen und zwischenmenschlichen Begegnungen, die exzellenten Service unvergesslich machen. Wie kommt man dahin? Sabine Hübner zeigt mit vielen erhellenden, verblüffenden und amüsanten Beispielen aus dem Alltag und aus ihrer Praxis, dass Service nur dann exzellent sein kann, wenn Unternehmen ihr Kundenkontaktpunkt- Management von einem technischen zu einem emotionalen Tool weiterentwickeln - und sie erklärt, wie das funktioniert.
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Seitenzahl: 266
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Sabine Hübner
Serviceglück
Mit magischen Momenten mitten ins Kundenherz
Campus VerlagFrankfurt/New York
Über das Buch
Wir haben in Sachen Service aufgeholt, trotzdem funktioniert vieles noch immer nicht: Wir warten auf Taxis, auf Termine, auf Pakete, wir zahlen horrende Preise für wenig Zeitersparnis. Den Kunden fehlen die magischen Momente, die persönlichen und zwischenmenschlichen Begegnungen, die exzellenten Service unvergesslich machen. Wie kommt man dahin? Sabine Hübner zeigt mit vielen erhellenden, verblüffenden und amüsanten Beispielen aus dem Alltag und aus ihrer Praxis, dass Service nur dann exzellent sein kann, wenn Unternehmen ihr Kundenkontaktpunkt- Management von einem technischen zu einem emotionalen Tool weiterentwickeln - und sie erklärt, wie das funktioniert.
Vita
Sabine Hübner gilt als »Serviceexpertin Nummer 1« (Pro7). Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin der Managementberatung RichtigRichtig, Hochschuldozentin und gefragte Keynotespeakerin. Die mehrfache Buchautorin verbindet ihren reichen Erfahrungsschatz als Unternehmerin praxisnah mit ihrer Expertise in der Beratung und Strategieentwicklung.
www.sabinehuebner.de
SERVICEGLÜCK FÜR ALLE!
SCHÖN, DASS SIE DA SIND!
1_Service glückt. Oder fährt voll an die Wand …
KONTAKTPUNKTE: SCHÖNE IDEE. EIGENTLICH.
SERVICE HEISST: JEMAND KOMMT UND HILFT
Sag mir, wo die Mitarbeiter sind …
SERVICE HEISST: JEMAND WEISS, WIE’S GEHT
»Das geht doppelt nicht!«
Mitdenken hilft
SERVICE HEISST: KUNDEN GLÜCKLICH MACHEN
Empathie zwischen Kaffeemaschinen
Empathie wirkt Wunder
Einfühlen lernen
Sich verstanden fühlen
FAZIT_1
SERVICE IN ZAHLEN
2_Warum Serviceglück so selten ist
ZEITDRUCK FRISST SERVICEGLÜCK-MOMENTE
Übermäßiger Stress führt zu Fehlern
Warum macht der Zeitdruck dumm?
Mindlessness: wenn Stress den Geist raubt
Zynismus: Zeitdruck untergräbt die guten Sitten
Der Kunde: atemlos
Der Mitarbeiter: Slow Motion
Wo die ständige Hektik herkommt
Zeit ist Geld und Geld ist knapp
Menschenzeit und Maschinenzeit
Um Gottes willen keine Zeit vergeuden!
SYSTEMSTARRE ERSTICKT WOW-GEFÜHLE
Tücken der Technik
»Sorry, wir können nicht umbuchen«
Nur 349 Fragen
Viel hilft nicht viel
Skript am Kunden vorbeigeschrieben
Mit dem Skript nach Absurdistan
Gestorben? Macht doch nichts!
Telefonieren Sie doch mal mit Gerbien!
Mit System zum standard of excellence
Von der Kunst, für Serviceglück Regeln zu brechen
Starre Systeme untergraben Qualität
Eine Chance für den standard of excellence
AUF DER SUCHE NACH EMPATHIE
Serviceglück ist Resonanz
Es gibt sie noch, die Charmebolzen
Auch Roboter können Resonanz erzeugen
Worunter Empathie begraben liegt
DIE SERVICEGLÜCK- ROLLENMATRIX
FAZIT_2
SERVICE IN ZAHLEN
3_Serviceglück ist Happy End mit echten Helden
BÜHNE FREI
Vom Zauber der Atmosphäre
Genius Loci: Der Ort macht die Musik
Wo ist heute »backstage«?
So geht Qualität
Die Hauptrolle spielt immer der Kunde
Privatraum im Smartphone
DAS SERVICEGLÜCK IST EINE DRAMA-QUEEN
Wir lieben Geschichten
Geschichten geben dem Leben Sinn
Ein simpler Kaufanlass ist keine sinnvolle Story
Serviceglück-Momente sind Geschichten, die sich als Dienstleistung ausgeben
Vom schönen Auftakt zum Happy End
Tadaa! Auftakt gut, alles gut
Gelungener Spannungsbogen
Das Beste zum Schluss
Wow mit System
DAS GEHEIMNIS ECHTER SERVICEHELDEN
Was ist ein echter Held?
Helden schenken Zeit: Glücks-Talk statt Small Talk
Helden hebeln Systeme aus: Grenze der Technik durchbrochen
Wenn Servicehelden mit Empathie verblüffen
Der wahre Held ist der Kunde
Auch der Kunde bricht gerne Regeln
ENTSCHEIDEND IST DIE HALTUNG
Wo ist die »gute Seite der Macht«?
Starke und schwache Wertungen
Und was, wenn der Kunde nicht mitspielt?
Es geht um das WARUM
FAZIT_3
4_Magische Momente zaubern. Kunden beglücken. Und Adieu Tristesse.
WAS IST »GUTE« ZEIT?
Kleines Glück und großer Moment
Von der Kunst, auf den richtigen Augenblick zu warten
Konzentration: Moment mal!
Wahrnehmung: zurück zum Jetzt
Drei Sekunden: Das Jetzt-Glück ist ein Quickie
Eine Frage des Respekts
Drei Dimensionen: Warum Glücks- momente mehr sind als ein Jetzt
Kreativität: Timing für kühne Ideen
Rettung bei Pleiten, Pech und Pannen
Zündende Reparatur-Idee
Empathie zur Geisterstunde
Biografisch bedeutsame Zeitpunkte
Just in Time: Überraschung auf den Punkt
Mut: aus Zeitmustern ausbrechen
Viel mehr als nur »Sichtblenden gegen verstreichende Zeit«
Das Dönerblick-Geheimnis
Der entscheidende Augenblick
Freiraum für Ereigniszeit
Die Eigenzeit wieder entdecken
Vorsicht: Zeit ist Macht
THE SHOW MUST GO ON
Das dauert …
Risiken und Nebenwirkungen von Systempannen
Es fliegt, es fliegt nicht …
Es fährt, es fährt nicht …
Adieu Tristesse!
Warten frisst den Verstand
Warten macht Angst
Das Warten positiv »umpolen«
Die Leere füllen
Warten nach eigenem Gusto
FAZIT_4
5_So geht Serviceglück
SCHAUEN UND ZEIGEN
Glück auf den ersten Blick
Gesicht zeigen
»Entschuldigen Sie bitte!«
Ein Kleid sagt mehr als 1 000 Worte
Schau mal!
Panorama 4.0
Blaue Augen zählen
REDEN UND ZUHÖREN
Schöne Grüße!
Serviceglück per Telefon
Aus dem Bett geschrien
Die Kunst der richtigen Wortwahl
Nein sagen
Gekonnt aus der Rolle fallen
Schöner streiten
Hallo, Echo!
LESEN UND SCHREIBEN
Lost in Translation
»Ihre Mail wurde ungelesen gelöscht!«
Glück per E-Mail
SCHENKEN UND VERZAUBERN
Extrameilen
Vertrauen
Schraube locker?
Mehr Tempo als gedacht
Und noch ein Absacker
FAZIT_5
ZUM GLÜCK!
QUELLEN
Literatur
Abbildungen
REGISTER
Seit fast zwei Dekaden setze ich mich leidenschaftlich für begeisternden, glücksbringenden, für wunderbaren Service ein. Ich liebe Serviceüberraschungen, die den Menschen ein WOW aufs Gesicht zaubern, die ihr Herz öffnen und ihnen einen unvergesslichen Moment bereiten. Zugegeben: Der Einsatz für solche Momente kann frustrierend sein. Wie oft begegnen wir schlecht gelaunten und noch schlechter geschulten Servicemitarbeitern? Wie oft werden Serviceprozesse in Unternehmen nicht konsequent durchdacht und erst recht nicht konsequent umgesetzt? Eben.
Umso mehr hat mich die Begegnung mit einer authentischen, leidenschaftlichen, einer im Wortsinne erstklassigen Servicekraft begeistert: Heike Dorsch, als Erste-Klasse-Stewardess im ICE unterwegs auf dem Weg zwischen Norden und Süden und zurück. Sie ist für mich mich eine echte Servicefee. Genau die richtige, um ein Vorwort für mein Buch zu zaubern, dachte ich mir.
»Ein Vorwort für ein Service-Buch? Das schreiben doch immer die Großkopferten, fragen Sie lieber die!«, konterte sie gleich, als wir uns bei einem Serviceprojekt der Deutschen Bahn kennenlernten. »Na gut, Sie dürfen mich interviewen«, versuchte sie, meinen Herzenswunsch doch zu erfüllen und erklärte gleich, was sie an ihrem Traumjob so traumhaft findet: »Ich reise leidenschaftlich gern. Und ich arbeite leidenschaftlich gern in direktem Kontakt mit Gästen. Jeder Tag an Bord ist ähnlich und doch wieder ganz anders: Morgens früh fahren viele Pendler. Gut gelaunt, fein parfümiert, meist ein wenig angespannt vor ihrem Arbeitstag. Da macht es mir Spaß, auf meine eigene Weise gute Laune zu verbreiten.«
»Was ist denn Ihre eigene Weise?«, möchte ich wissen. »Ich scherze mit den Gästen und lasse meiner schlagfertigen Art freien Lauf. Schon früh um 7 Uhr: ›Der Herr, ich würde Ihnen heute eine Cola empfehlen, unsere Kaffeemaschine hat’s gerade zerlegt!‹ Wenn ich so komme, sind die Gäste zur Not auch ohne Morgenkaffee glücklich.«
»Wie geht der Tag nach dem Morgenkaffee weiter?«, frage ich. »Dann ist entspanntes Reisen angesagt. Auch wenn gerade niemand etwas bestellen möchte, bleibe ich präsent. Immer ansprechbar. Das kommt gut an, und viele erkennen mich bei ihren Reisen wieder«, lacht Heike Dorsch. »Vielleicht liegt das an meiner ungewöhnlichen Stimme, an meinem fränkischen Dialekt und an meiner grenzenlos guten Laune! Ich lebe First-Class-Service auf meine Art: Ein bisschen weniger zugeknöpft, ein bisschen mehr Rock ’n’ Roll. Die Gäste lieben das.«
»Und was lieben Sie im Kontakt mit den Gästen?«, möchte ich wissen. »Wenn sie mir zum Dank auf die Schulter klopfen. Und noch mehr, wenn sie sich am Abend auch mal ausschütten vor Lachen. Manchmal halte ich inne und staune, dass ich den ganzen Tag mit so vielen spannenden Gästen plaudern, durch schöne Landschaften reisen, abends manchmal sogar in Amsterdam ausgehen kann – und dafür auch noch ein Gehalt bekomme.«
Wir hatten Heike Dorsch im Rahmen der Deutsche-Bahn-Initiative »Arbeitswelten 4.0« für das Projekt »Gastgeber der Zukunft« ausgewählt. Sie möchte sich als einzelne Service-Mitarbeiterin aber keinesfalls im Vordergrund sehen: »Wirklich zufrieden bin ich aber nur dann mit einem Servicetag, wenn wir als Team gut zusammengearbeitet haben: Immer präsent im richtigen Moment, nie festgefahren. Das spiegelt sich direkt in der guten Stimmung an Bord wider.«
»Und wenn Sie einen Wunsch bei der Servicefee frei hätten? Was würden Sie sich wünschen?« Heike Dorsch überlegt eine Sekunde. »Dass sich immer mehr Kolleginnen und Kollegen von einem frischen Service-Spirit begeistern lassen. Nicht nur bei der Deutschen Bahn. Überall! Letztendlich tun wir damit etwas für uns selbst: Es trägt zu einem wundervollen Leben bei, wenn man jeden Tag genau das tut, was man gerne tut.«
Das ist der springende Punkt. Gelungene Servicemomente machen alle glücklich – Kunden und Mitarbeiter. Genau deshalb gibt es dieses Buch. Es ist gedacht für Sie und für alle, die auf der Suche sind nach Serviceglück.
Ich wünsche Ihnen eine beglückende Lektüre!
Ihre und mit den allerbesten Grüßen von Heike Dorsch
Es gibt da diesen Unterschied. Sie kennen ihn und Sie spüren ihn. Er ist da, sobald Sie einen Kaffee bestellen. Er ist da, sobald Sie den Technikexperten an der Strippe haben, der Ihre Maschine wieder flott machen soll. Und er ist da, wenn Sie die neue Zahnarztpraxis das erste Mal betreten. Sie rechnen mit diesem Unterschied, und doch denken Sie über ihn höchstens dann nach, wenn Sie gerade sehr viel Humor aufbringen. Es ist dieser:
Entweder Sie werden als Mensch empfangen mit einem freundlichen, warmen, herzlichen Blick. Ein Mitarbeiter hört Ihnen aufmerksam zu, versteht Ihr Anliegen, berät Sie kompetent, macht etwas Schwieriges für Sie möglich, geht für Sie gerne eine Extrameile oder hat vielleicht sogar eine kleine Serviceüberraschung vorbereitet – zaubert einen magischen Moment und trifft damit direkt in Ihr Kundenherz.
Oder Sie werden als Vorgang erkannt und professionell, kühl, vor allem aber effektiv abgefertigt. Ohne nur einmal gespürt zu haben, dass Sie es bei Ihrem Gegenüber mit einem Menschen zu tun haben.
Es hätte auch ein Roboter sein können. Jeder von Ihnen hat so etwas schon einmal erlebt. Ich auch:
Mein Flugzeug steht auf einer Außenposition. Ich steige mit vielen anderen Reisenden und noch mehr Gepäck in einen Bus ein, um mich über das Rollfeld kutschieren zu lassen. Drinnen stehe ich mit meinem Köfferchen recht warm und gemütlich, um nicht zu sagen, eingequetscht. »Du kannst schon mal mit der ersten Fuhre losfahren«, sagt der Mitarbeiter der Bodencrew zum Busfahrer. »Gute Idee«, denke ich erlöst. »Och, da passen schon noch ein paar rein«, höre ich von vorne. »Du meinst, wir sollen sie alle reinstopfen?«, versichert sich der Mitarbeiter der Bodencrew. »Ja!«, tönt der Fahrer. »Okay«, so der Mitarbeiter, »dann stopfen wir sie alle rein.«
Was soll ich dazu noch sagen? Ich werde effektiv verfrachtet. In diesem Moment bin ich selbst so etwas wie ein Koffer. Kein wirklich schönes Gefühl. Und kein Einzelfall. Ich habe auch schon andere Varianten erlebt:
Ich übernachte in einem gehobenen Vier-Sterne-Hotel, der vom Kunden bereits gezahlte Zimmerpreis (240 Euro) versteht sich inklusive Frühstück. Nun frühstücke ich grundsätzlich auf dem Zimmer, und zwar einen Cappuccino und einen Fruchtsalat. Ganz einfach, eigentlich. Als ich den Beleg (17,50 Euro) unterschreibe, merke ich an, dass mein Frühstück bereits gezahlt sei, ich aber selbstverständlich die Roomservicegebühr (5,50 Euro) übernehme. »Das geht nicht, weil das in zwei verschiedenen Systemen gebucht wird«, erklärt mir die Mitarbeiterin. »Könnten Sie dann bitte das Zimmer auf Übernachtung ohne Frühstück umbuchen?« frage ich. So müsste mein Kunde das von mir gar nicht beanspruchte Frühstück (27 Euro) nicht bezahlen. »Das geht nicht wegen der zwei Systeme«, kommt die knappe Antwort. Ergebnis: Mein kleiner Cappuccino und der einfache Fruchtsalat summieren sich auf 44,50 Euro.
Tja: Ich werde optimal abgerechnet. In diesem Moment bin ich eine gefüllte Geldbörse. Auch kein schönes Gefühl.
Wenn Mitarbeiter ihren Kunden von einem menschlichen Wesen zu einem bürokratischen Vorgang degradieren, ist dies nicht einmal zwingend »böse« gemeint. Die Ursache liegt oft im System: Tatsächlich sind viele Mitarbeiter eingekeilt in bürokratische Abläufe, die nicht nur unflexibel sind, sondern kompliziert und im schlimmsten Fall vollkommen dämlich. Das gilt für den Kontakt zum Geschäftskunden genauso wie im Kontakt zum Endkunden. Wobei ich mich ohnehin frage, warum wir von »End«-Kunde sprechen. Weil er nach unserem Service »am Ende« ist?
Jedenfalls müssen viele Mitarbeiter in der Regel unter Zeitdruck an tausend Dinge gleichzeitig denken und sind froh, wenn sich Kunden überhaupt durch die Prozesse schieben lassen. Für herzliche Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand bleibt da kein Platz. Dabei kommt es genau darauf an. Ich sage:
Emotionen sind die wahren Entscheider.
Zum Glück gibt es sie, die Perlen, die Auswege aus dem täglichen Ritt durch Absurdistan finden. Die noch in der größten Hektik ein freundliches Lächeln auf die Lippen zaubern können. Die Blicke fangen, wo immer es geht. Es sind diese Blicke, die die Atmosphäre eines Hauses prägen. Nicht die Abläufe. Nicht die Inneneinrichtung. Nicht die Corporate-Kleidung. Es ist die Kunst dieser Mitarbeiter, menschliche Momente zu zaubern, die letztendlich zu Hunderten von »likes« auf Social-Media-Plattformen führen. Mich machen solche Serviceperlen glücklich:
Die freundliche Dame bei der Stadtverwaltung, die mir spontan 10 Cent aus der Kaffeekasse schenkt, als ich nur 5,90 Euro Kleingeld für den Passbildautomaten bei mir habe, der Automat aber partout abgezählte 6 Euro von mir will.
Der nette, junge Mann am Servicecounter eines großen SelbstbauMöbelhauses, der meiner Mitarbeiterin und mir spontan seinen geheimen Vorrat Süßigkeiten schenkt, als wir nach gefühlten 17 Stunden Aussuchen, Abwägen und Nachmessen kurz vor der Unterzucker-Ohnmacht stehen. Wer meinen Blog liest, erinnert sich an das Stichwort »Giotto«.1
Der Fahrer eines öffentlichen Verkehrsmittels, der bei einer Durchsage von seinen vorgestanzten Phrasen abweicht, formal in breitesten Dialekt und inhaltlich in völligen Unfug wechselt, um seine genervten Pendler zum Lachen zu bringen: »Und jetzt wünschen wir Ihnen eine angenehme Weiterreise, nein, eine ganze Weltreise.«
Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind meine ganz persönlichen Helden. Es gibt Tausende von ihnen in diesem Land. Sie reiben sich jeden Tag auf, weil ihnen ihre Kunden am Herzen liegen. Sie sind offen, achtsam, einfühlsam. Dafür werden sie geliebt, und darum kommen die Kunden wieder.
Leider bleibt das, was sie leisten, oft verborgen. Es wird vom Management nicht erkannt und nicht honoriert. Im Extremfall gilt es sogar als unprofessionell. Warum? Die Arbeit in definierten Abläufen ist kontrollierbar, messbar. Die Arbeit mit der Magie des Moments aber lässt sich mit herkömmlichen Management-Tools schwer abbilden. Dabei führt nur sie zu echter Kundenbindung und damit zu besseren Ergebnissen.
Service: klingt nach soft und nice to have. Ist aber einer der stärksten hard facts in Sachen Umsatz. Ein absolutes must have. Verschiedene Studien zeigen:
65 Prozent der Kunden wechseln aufgrund miesen Services.
Etwa 50 Prozent ihres Gewinns erzielen Fertigungsunternehmen durch Servicegeschäfte.
Investitionen in die Kundenzufriedenheit bringen bis zu viermal mehr Ertrag zurück.
Service ist beides: Herzensthema UND knallharter Erfolgsfaktor.
Die gelebte Servicekultur ist die Summe der Geschichten, die sich Menschen – Mitarbeiter genauso wie Kunden – über ein Unternehmen erzählen. Jede Begegnung, jeder Prozess schreibt am Ende immer eine Geschichte. Und jede Geschichte, jedes Erlebnis zahlt auf den Markenwert eines Unternehmens ein. Entscheidend nach jedem Kontakt mit einem Unternehmen sind deshalb folgende Fragen:
Haben wir jetzt überhaupt etwas zu erzählen?
Wenn ja: Welche Geschichte genau wollen wir erzählen?
Und wem erzählen wir diese Geschichte?
Dieses Buch erzählt Serviceglück-Geschichten und auch etliche Servicekatastrophen-Geschichten, weil wir aus ihnen sehr viel lernen. Geschichten bringen uns zum Schmunzeln und Ärgern. Sie regen uns zum Nachdenken an und erweitern unseren Horizont. Vielleicht stoßen sie auch positive Veränderungen an. Und genau darum geht es mir:
Dieses Buch ist ein Plädoyer für mehr echte, für mehr herzliche Augenblicke im Service. Öffnen wir die engstirnigen Prozesse für mehr Menschlichkeit. Feiern wir das Momentum, den magischen Augenblick im Umgang mit dem wichtigsten, was Unternehmen überhaupt haben können: Kunden. Wenn das gelingt, kommen sie gerne wieder. Und es passiert noch mehr: Wenn sie endlich dürfen, können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Job auch in die Rollen schlüpfen, die sie am liebsten einnehmen:
Lieblingskunden-Überrascher
Serviceglücksfee
Magic-Moment-Master
Superservice-Heldin
Lösungstüftel-Profi
Apropos … Was sind Sie denn am liebsten?
Dieses Buch ist ein Experiment. Ich möchte darin mit Ihnen zusammen zum ersten Mal erleben, was passiert, wenn man Service mit Glück zusammenbringt. Nicht nur »zusammendenkt«, wie es die Wissenschaftler immer sagen, sondern ganz konkret: in der Praxis unter einen Hut bringt. Damit Serviceglück herausspringt!
Dazu schauen wir uns an, warum Service so oft ungebremst an die Wand fährt (Kapitel 1), warum Serviceglück insgesamt so selten ist (Kapitel 2) und was Serviceglück eigentlich mit Drama und mit Helden zu tun hat (Kapitel 3). Darauf aufbauend verrate ich Ihnen gern, wie Sie im Service und mit Service magische Momente zaubern können (Kapitel 4) und mit welchen einfachen und sehr wirksamen Mitteln jeder Mitarbeiter zum Serviceglücksbringer werden kann (Kapitel 5).
Ich wünsche Ihnen eine ermutigende, inspirierende, überraschende und hilfreiche Lektüre! Und ich freue mich auf Ihr Feedback! Schreiben Sie mir gerne persönlich an [email protected], ich freue mich auf Sie!
Ja!
Es war wirklich eine gute Idee. Eine Idee, die vielen Unternehmen zu viel besserem Service verholfen hat: die Idee, die Berührungspunkte zwischen Kunde und Unternehmen systematisch zu analysieren, zu optimieren, festzuzurren. Es gibt tatsächlich viele Unternehmen, die die Sache mit den Kundenkontaktpunkten – auch bekannt als »Touchpoint-Management« – richtig gut gemacht haben. Es war ein Schritt in die richtige Richtung.
Mit dem Begriff »Touchpoints« haben ursprünglich Theologen und Pädagogen gearbeitet: Erstere erklärten damit die Berührungspunkte zwischen Mensch und Gott, letztere die Berührungspunkte zwischen Eltern und Kind. Da ging es um Erleuchtung, um Entwicklung – die ganz großen Fragen des Lebens. Dann tauchte das Wort als Titel eines Fachmagazins für Servicedesign auf, kurz darauf als Buchtitel in den Bestsellerlisten und als Werkzeug für Unternehmenslenker.
Heute zählt Touchpoint-Management – auch etwas sperrig Kundenkontaktpunkt-Management genannt – zur etablierten Liste der Werkzeuge, mit denen Unternehmer ihre Firmen führen. Ziel ist, dass dem »Kunden an jedem Kontaktpunkt eine mindestens zufriedenstellende Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozesseffizienz aus dem Auge zu verlieren.« So erklärt es Wikipedia. Kundenkontaktpunkt-Management sei als »multidisziplinärer strategischer Ansatz zu verstehen, der in allen internen und marktorientierten Managementbereichen die Optimierung der Performance verfolgt.« Immer mit dem Blick darauf, dass die Marke vom Kunden – ganz gleich, aus welchem Winkel und durch welches Medium er ein Produkt zu Gesicht bekommt – als konsistent erlebt wird.
Einverstanden: Natürlich müssen wir wissen, wo wir mit dem Kunden in Kontakt kommen und wie wir diesen Kontakt gestalten wollen, um eine sinnvolle Effizienz und ein bleibendes Erlebnis zu schaffen.
Aber, und das klingt durch die sperrigen Wikipedia-Formulierungen auch schon deutlich durch: Gerade hier in Deutschland stelle ich einen gewissen Hang zur Bürokratie fest, wenn es um Serviceprozesse geht. Als Österreicherin darf ich das sagen, und ich sage auch gleich, dass es in Österreich keinen Deut besser aussieht. Was wird da nicht alles festgeschrieben: penibel zugeteilte Zuständigkeiten, kleinliche Minuten- und Centbudgets für Selbstverständlichkeiten.
Eigentlich soll so Chaos und Verschwendung vermieden werden, tatsächlich aber entsteht gerade dadurch oft eine Absurdität, die beim Kunden vor allem zu Verschwendung von Zeit, Kraft, Nerven führt und gelegentlich auch zum Verlust von Kopfbedeckungen, wie das folgende Beispiel zeigt:
Eine Freundin hatte ihre Kappe in der Umkleidekabine eines großen Sportstudios liegen lassen. Kann ja passieren. Sie ruft dort an, um zu fragen, ob sie zurückgelegt werden könnte. Es meldet sich die gut eingearbeitete Mitarbeiterin: »Ich sitze hier am Empfang und kann vom Telefon nicht weg und Kappen suchen. In einer Stunde kommt das Housekeeping, die sehen nach. Ruf dann bitte wieder an.«
Prozessrichtlinie erfüllt – Kundin enttäuscht. Wir leben doch nicht mehr im Zeitalter der wandmontierten Fernsprechapparate mit knapp bemessenem Ringelkabel! Man könnte doch mal eben, mit dem Hörer am Ohr, fünf Meter um die Ecke laufen, eine Tür öffnen und einen Blick in die Kabine werfen, oder?
Bürokratisches Denken lässt sich mit Kundenorientierung schlicht und ergreifend nicht vereinbaren. Besonders absurd wird es, wenn derartige Prozesse penibel aufgesetzt, dann aber nicht zu Ende gedacht werden. So etwas kommt gerne ausgerechnet bei den Banken vor, die sich eine größere Kundennähe auf die Fahnen geschrieben haben.
Da ruft zum Beispiel Ihre Beraterin an und bittet um Rückruf unter einer bestimmten Nummer. Sie sind so freundlich und rufen zurück: »Sie haben um meinen Anruf gebeten? Worum geht es denn?« Ein Kollege antwortet: »Oh, das weiß ich auch nicht. Ich frage nach.« Pause. »Ich habe es herausgefunden, wir wollten einen Termin mit Ihnen vereinbaren.« »Ach so. Und worum soll es in diesem Termin gehen?« »Das tut mir leid, das weiß ich nicht. Meine Kollegin spricht gerade, ich kann sie nicht fragen.« »Dann rufen Sie mich gerne an, wenn Sie es wieder wissen.« Es ruft aber nie mehr jemand an.
Wie gesagt: Kundenkontaktpunkt-Management ist ein guter Anfang. Es lässt sich aber nur dann in Serviceglück übersetzen, wenn Empathie schon im Prozess des Servicedesigns eine Rolle spielen darf. Was sind die Bedürfnisse und Träume, die Antreiber und Probleme der Kunden? Nur wer sich da einfühlen kann, der kann überhaupt einen ersten, sinnvollen Schritt im Servicedesign gehen, Konzepte ableiten, Servicedesign-Prototypen entwickeln und schließlich funktionierende Services am Markt positionieren.
Das Servicedesign definiert das WAS. Wirklich magische Augenblicke zaubern Mitarbeiter immer auf der Grundlage eines exzellenten Servicedesigns. Im nächsten Schritt kommt das WIE. Wie genau gelingt es den Mitarbeitern, Resonanz zum Kunden herzustellen? Seine Bedürfnisse zu erkennen? Ihn zu überraschen? Mehr noch: ihn zu verzaubern? Es ist das WIE, das das WAS veredelt. Leider ist es häufig auch das WIE – ein miserables Serviceverhalten –, das ein eigentlich gut durchdachtes WAS – ein smartes Servicedesign – komplett zunichtemachen kann. Deshalb möchte ich in diesem Buch an dieser Stelle in die Tiefe gehen und weiter fragen:
Was genau passiert in einem Servicemoment?
Welchem Skript folgt der Mitarbeiter? Passt das überhaupt? Lässt es ihm Luft für eigene Akzente? Oder engt es ihn komplett ein?
Wie viel Zeit steht ihm für jeden Servicemoment zur Verfügung? Steht er permanent unter Zeitdruck? Oder hat er die Freiheit, seinem Kunden auch einmal richtig viel Zeit zu schenken, wenn es darauf ankommt?
Wir schauen uns jetzt diese drei typischen Momente an, in denen Service an die Wand fährt. Voll an die Wand,
weil es vorne und hinten an Zeit für den Kunden mangelt, niemand »zeitnah« auf den Kunden reagiert und schlimmstenfalls gar keiner kommt,
weil das Servicesystem des Unternehmens entweder nicht funktioniert oder den eigenen Mitarbeitern rätselhaft bleibt,
weil jeder Kundenkontaktpunkt mechanisch gedacht und dabei das Wichtigste vergessen wird: Empathie. Begegnungsqualität!
Die Kapauku auf Papua sind davon überzeugt, dass es nicht gut ist, an zwei aufeinander folgenden Tagen zu arbeiten. Also tun sie an einem Tag etwas, am nächsten Tag setzen sie sich lieber mal hin. Die perfekte Work-Life-Balance! Nur ärgerlich, wenn Mitarbeiter dieses Modell auch hierzulande in ihren Unternehmen lustig ausleben, ohne das dem Kunden mitzuteilen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht – aber ich habe es schon mehr als einmal erlebt, dass ein angekündigter Servicetechniker einfach so NICHT kommt. Ohne Absage.
Vor einiger Zeit wollte ich meinen Internetanschluss zu Hause erweitern. Ich vereinbare also einen Termin für eine persönliche Identifizierung. Prompt ereilt mich eine E-Mail-Bestätigung: »… herzlichen Dank, dass Sie die DE-Mail beauftragt haben. Gerne geben wir Ihnen ausführliche Informationen, wie es weitergeht. (…) Ein autorisierter Mitarbeiter wird Sie am 19.5.2015 zwischen 18 und 21 Uhr an der vereinbarten Adresse persönlich aufsuchen. Damit die Identifizierung erfolgreich verläuft, halten Sie bitte zu diesem Termin Folgendes bereit: Ihren gültigen Personalausweis in Verbindung mit einer aktuellen Meldebestätigung (nicht älter als drei Monate).«
Ich liebe es durchaus nicht, wenn ich meine Zeit investieren soll, um irgendwelche Bescheinigungen von Ämtern in Städten zu besorgen. Aber es hilft ja nichts … Und so dackele ich zum Düsseldorfer Bürgeramt, das Gott sei Dank zu den sehr gut organisierten Bürgerämtern des Landes gehört. 45 Minuten mit An- und Abfahrt dauert es trotzdem. Ich liebe es auch nicht, wenn ich meinen wöchentlichen Fitnesstermin für einen bürokratischen Termin opfern muss, von dessen Notwendigkeit ich nicht überzeugt bin. Hier beiße ich in den sauren Apfel in der Vermutung, mit einer »besseren« E-Mail-Adresse für meine Kunden auch besseren Service leisten zu können.
Am Dienstag sitze ich also pünktlich um 18 Uhr an meinem Schreibtisch zu Hause. In meinen Fitnessklamotten. Die Unterlagen fein säuberlich vor mir aufgestapelt. Und warte. Warte auf den autorisierten Mitarbeiter. Bis 19 Uhr. Bis 20 Uhr. Bis 21 Uhr. Zur Sicherheit bis 22 Uhr. Aber er kommt nicht. Er ruft auch nicht an. Er schreibt auch keine SMS und auch keine E-Mail. Es war wie Warten auf Godot. Nur, dass ich nicht einmal jemanden zum Plaudern hatte.
Mancher Vorgang erfordert die Anwesenheit des Kunden. Einverstanden. Es müsste Unternehmen dann auch klar sein, dass in einem solchen Fall auch die Anwesenheit des Mitarbeiters erforderlich ist. Selbst dann, wenn der am Tag zuvor auch schon gearbeitet hat!
Nicht falsch verstehen: Ich unterstelle niemandem Faulheit. Aber wenn der Zeitdruck bekanntermaßen so hoch ist, dass Termine regelmäßig NICHT gehalten werden können, dann sollte das Serviceskript bitteschön eine Information des Kunden darüber vorsehen, dass keiner kommt. Oder, besser noch: Das Skript sollte komplett neu geschrieben werden.
Jeder abwesende Mitarbeiter ist eine verpasste Serviceglück-Gelegenheit: Im persönlichen Kontakt hätte so eine große Chance für Sympathie gesteckt – umso wichtiger für Unternehmen einer Branche, die immer weniger persönlich und zunehmend beliebig wird. Service ist Kommunikation und Kommunikation ist Service. Vor allem und ganz besonders für ein Kommunikationsunternehmen. Wie wichtig das Thema Kommunikation im Service ist, habe ich ausführlich dargestellt in meinem Buch Tue dem Kunden Gutes und rede darüber! Mehr Erfolg durch die richtige Servicekommunikation (2012), das in den vergangenen Jahren noch an Aktualität gewonnen hat.
Bei einem Anbieter von Haushaltsgeräten sieht es nicht viel besser aus: Ein für defekte Wäschetrockner zuständiges Serviceunternehmen – Kooperationspartner eines durchaus bekannten Markenherstellers – teilt zum Beispiel gleich beim ersten Telefongespräch mit, was zu tun ist, wenn der Servicetechniker nicht kommt. Erstens: überhaupt nicht kommt. Oder, zweitens: nach dem ersten Termin mit dem versprochenen Ersatzteil nicht wiederkommt. »Nach vier Wochen Nicht-Kommen«, so der freundliche Mitarbeiter an der Hotline, »hat der Kunde Anspruch auf ein neues Gerät.« Schön! Aber: nach vier (!) Wochen?
Vor allem in der Gastronomie kommt es darauf an, dass schnell jemand kommt. Für 93 Prozent aller Gäste ist schneller Service entscheidend, zeigt eine aktuelle Studie von Orderbird, einem Anbieter von Kassensystemen für Cafés und Restaurants. 30 Minuten Warten auf die Bestellung sind das Maximum, das 54 Prozent aller Befragten akzeptieren – ausgenommen sind Essen in der Mittagspause. Die müssen schneller auf dem Tisch stehen. Alles in allem empfinde ich das schon als sehr geduldig.
Dass schnell jemand kommt, heißt im digitalen Zeitalter: Ein Mitarbeiter wird via Nachricht auf meinem Smartphone präsent. Jetzt schon verschicken Kunden über eine Milliarde Nachrichten pro Monat (!) über den Facebook Messenger direkt an Unternehmen, um Fragen zu stellen (35 Prozent), um Feedback zu geben (30 Prozent) und vor allem um Produktfotos zu teilen (39 Prozent).
Abbildung 1: Der Facebook Messenger als Kundenkontaktpunkt
Dieser hohe Bedarf an persönlichem Kontakt mit Unternehmen kann in vielen Fällen von den Mitarbeitern gar nicht bewältigt werden – ein Grund, warum automatisch und sofort antwortende Programme – Messenger Bots – immer weiter entwickelt werden. Bei eBay erklärt ein solcher Bot zum Beispiel ganz freundlich, wie er selbst funktioniert und sendet personalisierte Produktempfehlungen. Und beim US-Wetterdienst Hi Poncho schickt eine Katze im Regenmantel witzig kommentierte Wetternachrichten: »Hair Forecast: In this weather, you don’t need a perm. But then again, no one ever needs a perm.« Neben einer kostenlosen Dauerwellenberatung (»perm«) bietet Poncho auch Antworten auf persönliche Anfragen – alles über Facebook Messenger. Und alles sofort.
Halten wir an dieser Stelle fest:
Serviceglücksbringer Nummer 1 ist
Zeit.
Nach dem Faktor Zeit steht die Qualität der internen Prozesse – sprich: das Serviceskript eines Unternehmens – als nächster Punkt auf der Liste der Auslöser von Serviceglück oder Servicekatastrophen.
Kluge Prozesse machen traumhaften Service erst möglich. Ein Paradebeispiel im Großformat stellt hier sicherlich das Vielfliegerprogramm »Miles & More« dar, das mehr als 19 Millionen Teilnehmer permanent im Blick hat. Hier gibt es ein einheitliches und durchdachtes Prozessmanagement für alle Servicevorgänge, das geringe Durchlaufzeiten bei hoher Qualität garantiert. Und das alle Dokumente und Vorgänge sauber dokumentiert, sodass selten ein Kunde auf der Strecke bleibt. Dass einige Vielflieger den Eindruck haben, das gut organisierte Programm laufe durch ein zu geringes Kontingent an »Meilenflügen« häufig ins Leere, steht auf einem anderen Blatt …
Ein zweites Vorführunternehmen in Sachen Service ist die Autovermietung Avis, die mehrfach für ihre exzellente Servicequalität ausgezeichnet wurde. Die ServiceRating GmbH, eine Agentur zur Bewertung von Servicequalität in Deutschland, lobte die Qualität des persönlichen Kontakts zu Kunden und Mitarbeitern. Außerdem die zahlreichen Servicewege zum gewünschten Auto über Apps und Webseiten, über Selbstbedienungsautomaten und Lieferservices und nicht zuletzt die Erfüllung von Kundenwünschen in Sachen Kommunikation (ja: mit Social Media) und in Sachen Kreativität: Avis-Kunden durften sogar ihren Lieblingsmietwagen mitgestalten.
Man muss aber nicht Lufthansa oder Avis heißen und man braucht auch keine millionenschwere IT-Lösung, um mit klugen Prozessen Kunden glücklich zu machen. Es geht auch ganz einfach. Zum Beispiel mit einem Zimmernummer-Anstecker auf dem Bademantel. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Ein solcher Anstecker kann einige Peinlichkeit ersparen:
In einem Urlaub im Kempinski Hotel in Belek schlummere ich nach der Sauna ganz entspannt im Ruheraum, als ich plötzlich bemerke, dass mein guter Freund Hansel mit seiner Frau in hellster Aufregung durch den weitläufigen Wellnessbereich huscht. Offenbar vermissen die beiden etwas Wichtiges. Sie durchsuchen alle Ecken. Und alle Gäste. Hansel vermisst seinen Bademantel und seine Uhr, und noch viel existenzieller: seine Brille! Schnell biete ich an, bei der Suche zu helfen, da zeigt Hansel mit dem nackten Finger auf mich. Genauer: auf die Stelle auf meinem Bademantel, an der anders als sonst in diesem Hotel üblich KEINE ZIMMERNUMMER angesteckt war. Und siehe da: Ich selbst hatte die ganze Zeit seelenruhig in Hansels Bademantel geschlummert, während mein eigener verlassen am Haken hängengeblieben war.
Die Tücke der Serviceprozesse steckt im Detail! Und die Zimmernummer auf dem Bademantel ist ein relevantes Detail.
Intelligente Serviceprozesse zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass sie zu Ende gedacht und getestet sind – und dass sie gleichzeitig offen bleiben für »Unschärfen«. Bei allzu durchgestylten Serviceprozessen bleiben nämlich allzu viele Kunden in den Untiefen der Servicebürokratie hängen. Haben Sie schon einmal versucht, »außer der Reihe« zu antworten? Kürzlich erhielt ich eine pro-aktive E-Mail mit einem passendenden Angebot von meinem Systemhaus: »Sehr geehrte Frau Hübner, Ihr Virenschutz läuft aus. Dürfen wir Ihnen eine Verlängerung anbieten …« Ich antworte direttissimo: »Sehr gerne nehme ich das Angebot an. Was aber noch wichtiger wäre …« und beschreibe ein PC-Problem, das ich gerne gelöst hätte. Was folgte war: NICHTS. Keine Reaktion. Die Antwort passte nicht in das Schema »Virenschutz«.
Das gleiche in meinem Fitnessstudio: Ich erhielt eine Einladung zu einem Infoabend über eine Stoffwechselkur per E-Mail. Meine Antwort: »Danke, ich kann zu dem Abend leider nicht kommen, kenne mich aber schon ein wenig aus. Können Sie mir bitte Infos zu Ihrer Variante von Stoffwechselkur zumailen, ich interessiere mich dafür?« Was folgte war: NICHTS. Keine Reaktion. Die Antwort passte nicht in das Schema »Einladung«.
Das ist es, was passiert, wenn sich Kundenkontaktpunkt-Management in ein automatisiertes Bürokratiemonster verwandelt. Dieses Monster mag zwar wirklich schnell Standard-Mails beantworten können. Es zermalmt dabei nur leider viel Zusatzgeschäft. Und das Serviceglück der Kunden gleich mit.
Wenn Kunden erfolglos auf Mitarbeiter oder auch nur auf eine schnöde Antwort warten, ist die Enttäuschung groß. Zeitmanagement: ungenügend. In Zorn schlagen die Emotionen dann um, wenn endlich jemand kommt, der aber keine Ahnung hat. Der also die Prozesse im eigenen Unternehmen nicht kennt, der sein eigenes Serviceskript nie gesehen oder nicht verstanden hat.
Gut: Dass Kunden heute besser Bescheid wissen als je zuvor, ist eine Folge der zahlreich im Internet kursierenden Informationen. Ärzte wissen ein Lied davon zu singen: Sie haben täglich mit Patienten zu tun, die sich ihre komplette Diagnose schon im Vorfeld auf Wikipedia zusammengesucht haben. Aber auch Verkäufer in Technikmärkten: Sie haben praktisch keine Chance gegen einen passionierten Käufer, der die Produktblätter der Objekte seiner Begierde auswendig weiß. Doch ist es nicht zu viel verlangt, wenn Mitarbeiter sich zumindest mit den basics richtig auskennen und wissen, wo sie alles weitere finden. Zum Beispiel: als Postmitarbeiter mit den Kosten für Postsendungen. Folgende Geschichte hat Tina Holtz auf Facebook gepostet. Sie ist unfreiwillig so komisch, dass ich dafür kein lachendes »Sabinemoticon« vergebe und meine erste »Goldene Servicehimbeere« gleich dazu: