Shane – und das Tal  der Gesetzlosen - Joe Juhnke - E-Book

Shane – und das Tal der Gesetzlosen E-Book

Joe Juhnke

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Shane sah den knochigen Burschen erst, als er fast die Bahntrasse erreicht hatte. Froh, einem Menschen in dieser Wildnis zu begegnen, schwenkte er in seine Richtung. Der Fremde stand halb im Schatten eines Schutzdaches, halb in der Sonne. Der Kleidung nach war er ein Cowboy, denn der trug ein verwa­schenes buntkariertes Hemd, eine verbeulte Cordhose und den Colt hoch am Gurt. Sein faltiges Gesicht erinnerte an die verwitterte Fassade eines Felsens. Doch seine Augen waren kühl und klar, wie die eines jungen Menschen. So war auch sein Gang, als er aus dem Schatten trat und sich zur Trasse be­wegte, ohne sich um den anderen zu kümmern. Er steckte eine Rauch­fac­kel in die lose Erde und wischte die Hände an der speckigen Hose ab. Dann rollte er sich eine Zigarette. Shane spürte, daß der Hagere ihn beobachtete. Er trieb lässig sein Pferd näher, saß ab und deutete auf die Fackel, die den Expreß anhalten sollte. »Willst du nach Osten oder We­sten, Cowboy?« Der Mann grinste und zeigte dabei sein starkes Gebiß. »Nach Norden.« Shanes Blick wanderte nordwärts. Er sah nur welliges, von verwilder­ten Büschen durchzogenes Land, das bis zu dem fernen mächtigen Gebir­-ge reichte, dessen schneebedeckte ­Peaks wie silberne Kronen in der Sonne leuchteten. »Zu Fuß?« Der andere zuckte die Achseln. Shanes Blick strich zur Hütte, die aus einem Blechdach und vier ver­rot­teten Holzpfeilern bestand. Er suchte das Pferd des seltsamen Alten.

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Die großen Western – 341 –

Shane – und das Tal der Gesetzlosen

Unveröffentlichter Roman

Joe Juhnke

Shane sah den knochigen Burschen erst, als er fast die Bahntrasse erreicht hatte. Froh, einem Menschen in dieser Wildnis zu begegnen, schwenkte er in seine Richtung.

Der Fremde stand halb im Schatten eines Schutzdaches, halb in der Sonne. Der Kleidung nach war er ein Cowboy, denn der trug ein verwa­schenes buntkariertes Hemd, eine verbeulte Cordhose und den Colt hoch am Gurt.

Sein faltiges Gesicht erinnerte an die verwitterte Fassade eines Felsens. Doch seine Augen waren kühl und klar, wie die eines jungen Menschen. So war auch sein Gang, als er aus dem Schatten trat und sich zur Trasse be­wegte, ohne sich um den anderen zu kümmern. Er steckte eine Rauch­fac­kel in die lose Erde und wischte die Hände an der speckigen Hose ab. Dann rollte er sich eine Zigarette.

Shane spürte, daß der Hagere ihn beobachtete.

Er trieb lässig sein Pferd näher, saß ab und deutete auf die Fackel, die den Expreß anhalten sollte.

»Willst du nach Osten oder We­sten, Cowboy?«

Der Mann grinste und zeigte dabei sein starkes Gebiß. »Nach Norden.«

Shanes Blick wanderte nordwärts.

Er sah nur welliges, von verwilder­ten Büschen durchzogenes Land, das bis zu dem fernen mächtigen Gebir­-ge reichte, dessen schneebedeckte ­Peaks wie silberne Kronen in der Sonne leuchteten.

»Zu Fuß?«

Der andere zuckte die Achseln.

Shanes Blick strich zur Hütte, die aus einem Blechdach und vier ver­rot­teten Holzpfeilern bestand. Er suchte das Pferd des seltsamen Alten. »Wo hast du deinen Gaul gelassen?« fragte er neugierig.

»Ich habe ihn vor Langeweile aufgefressen«, erwiderte der Cowboy bissig, »stell also keine weiteren Fragen. Klemm dich auf deine Mähre und such dir eine andere Haltestelle. Diese hier ist ausgebucht.«

Der Alte schien ein Witzbold zu sein. Shane reagierte auf seine Art.

»Das geht leider nicht, Cowboy«, erklärte er, »mein Gaul lahmt, und ich habe ihm eine Bahnfahrt zur nächsten Stadt versprochen. Nach Osten oder Westen, das ist ihm egal.«

Der Fremde fixierte ihn von Kopf bis Fuß. Nur einen Augenblick ruhten seine grauen Augen auf dem tiefhängenden Halfter, aus dem der abgegriffene Nußbaumgriff eines Peacemakers ragte. Er schätzte wohl die Gefährlichkeit des großen Mannes ein, nickte schließlich, ohne einen weiteren Kommentar von sich zu geben.

Der Wind wehte das ferne Signal einer Dampfpfeife herüber, und aus dem welligen Hügelland kam das Stampfen einer Lokomotive.

Der Cowboy setzte die Rauchfackel in Brand und baute sich an der nördlichen Seite der Trasse auf. Er beobachtete gelassen die hochziehende Rauchfahne und wartete.

Shane beobachtete ihn mit einer gewissen Neugierde.

Der Zug näherte sich. Enttäuschend für Shane, weil er nur einen Personen- und einen Frachtwagen sah. Selbst der Tender war nicht für lange Strecken eingerichtet. Ohne Zweifel war er auf einer Nebenlinie gelandet, und dieses kümmerliche Feuerroß war nur ein Zubringer, oder ein Arbeitszug.

Der Zug rollte aus und hielt mit dem Tender in Höhe der rauchenden Fackel.

Shane sah, daß der Cowboy am Tender hochstieg und hart rief: »Laß die Hände auf der Hohnsonstange, Hoggen, und schiele nicht nach deiner Waffe, das ist für dich gesünder.«

Ein Schuß fiel, und irgendwer fluchte ordinär.

Gleich darauf tauchte das rußige Gesicht des Heizers auf. Mit erhobenen Händen blickte er wütend auf den Cowboy.

Ein Überfall, dachte Shane, und seine Rechte fiel schwer auf den Kolben des Colts. Der Cowboy war also ein Lobo, ein mieser Zugräuber. Wie man sich doch in einem Menschen täuschen konnte.

Doch dann zögert er, einzugreifen.

Der Schuß war wohl ein Signal, denn urplötzlich tauchten aus den Büschen Reiter auf.

Insgesamt zwölf Männer. Und dann noch zwei offene Buckboards.

Als sie heran waren, entdeckte Shane auf einem Wagen eine Gatling, ein verdammtes Monster, das eine ganze Abteilung Dragoner füsilieren konnte.

Zwei Reiter schwenkten zur Lokomotive, winkten mit ihren Revolvern, worauf der Lokomotivführer mit seiner Feuerbüchse die eiserne Leiter herunterkletterte.

Die übrigen Reiter bauten sich neben den Waggons auf, hielten ihre Karabiner in Feuerstellung und warteten, bis das Gefährt mit der Schnellfeuerkanone in Stellung ging.

»Ihr dort in dem Personenwagen, haltet die Nasen unten«, rief ein weißhaariger Recke aus ihrer Mitte, »wir wollen kein Gemetzel, und deshalb auch keine Toten sehen.«

Er hob den Arm, worauf die Gatling losratterte.

Fensterscheiben klirrten, heißes Blei schlug splitternd in die Fassade des Frachtwagens. Als das Ding seinen Atem verlor, trabte der Weißkopf zum geschlossenen Waggon und donnerte den Flintenlauf gegen die Tür.

»Mach schon auf, Swenner, wir wollen hier nicht übernachten!«

»Niemals, Duck Mason«, klang es dumpf hinter der Tür. »Die Lohngelder gehören der Cornfield Company. Ich habe die Verantwortung, daß sie ihren Bestimmungsort erreichen.«

Der Alte schwenkte seinen Gaul, hielt bei den Eisenbahnern an und rief lautstark: »Okay, Swenner, stecke deine Nase in die Dielenritzen. Es wird dir gleich heiß dort drinnen.«

Wieder spuckte die Gatling ihren heißen Atem aus, bis Swenner fürchterlich zu schreien begann.

»Ich gebe auf, Mason. Aber die Hölle soll dich und deine Desperados schlucken.«

Irgendwo fiel ein Riegel, und die zerschossene Tür wurde aufgeschoben. Ein dürrer Mann mit Ärmelschonern und Sonnenschirm über der Nase tauchte auf. Seine Augen funkelten giftig, aber er schwieg angesichts der Übermacht, der er sich gegenüber sah.

So, als wäre alles eingeübt, wurde der Wagen mit der Gatling geschwenkt und 30 Yards entfernt erneut in Feuerstellung gebracht. Die Rohre richteten sich drohend auf den Personenwagen, in dem sich nichts regte. Der zweite Buckboard wurde dicht zur offenen Tür gefahren. Drei Männer stießen Swenner beiseite, verschwanden im Innern und kehrten mit einem gepanzerten Geldschrank zurück. Sie hievten ihn auf die Plattform, sprangen auf ihre Pferde und trabten zur Gatling hinüber.

Duck Mason musterte Shane, der zur Vorsicht die Hände in Brusthöhe hielt, ehe er sich an den knochigen Cowboy wandte. »Wer ist das, Scotch?«

Der Gefragte zuckte lässig die Achseln, während er vom Peron sprang. »Er will nach Westen oder nach Osten. Ihm scheint’s egal zu sein. Uns wohl auch.«

Noch einmal streifte der prüfende Blick des Weißkopfes Shane. Dann nickte er und wendete den Gaul. »Es wird Zeit, daß wir verschwinden, Scotch, hol dir aus der Remuda einen Gaul.«

Das ganze schien wie ein Spuk zu sein, der wenige Minuten dauerte, ehe er in der Lautlosigkeit versank.

Shane erwachte wie aus einem Traum, als die Banditen verschwunden waren. Was sich hier abgespielt hatte, war ein ausgewachsener Eisenbahnraub, wie er ihn schon einmal bei der Union Pacific erlebt hatte. Aber das lag schon einige Jahre zurück.

Er spürte, wie Schweiß über seine Nase rann und hörte die wütende Stimme des Heizers. »Laß die Hände oben, Fremder, bevor dich meine Waffe in Stücke reißt.«

Shane wandte den Kopf. Er sah den mächtigen Trichter eines Schießmonsters über dem das wütende Gesicht des Sprechers war.

»Nur langsam, Schmierkopf, du machst dich unglücklich«, rief Shane mahnend.

Vom Personenwagen eilten vier kräftige Männer heran, die Shane wortlos an den Schultern packten und niederwarfen. Noch ehe er begriff, was geschah, hatten sie ihn verschnürt wie ein Mailpaket, und die helle Fistelstimme Swenners rief: »Bringt den Bastard zu mir. Hier ist er am besten aufgehoben.«

*

Shane blickte in die finsteren Gesichter der Männer, die ihn mit ihren Kanonen bedrohten. Er lauschte dem Rattern der Räder auf den Schienen. Wenn er etwas sagen wollte, schob einer der Kerle ihm die Gewehrmündung zwischen die Zähne, und erklärte boshaft: »Du kannst Mr. Cornfield deine Unschuld beteuern. Bis dahin hältst du das Maul.«

Die Fahrt dauerte drei Stunden, dann hielt die Lokomotive.

Swenner quälte die zerschossene Tür auf, und die Männer stießen Shane aus dem Waggon.

Er schlug hart auf die Erde, verbiß den Schmerz und versuchte sich zu orientieren. Er sah verschwommen eine Anzahl Rindercattles, in dem herdenweise Longhorns untergebracht waren, ein langgestrecktes Gebäude und zwei Stallungen. Es war eine Gegend, die ihm fremd war.

Fäuste rissen ihn auf die Beine. Shane sah grimmige Gesichter.

»Bringt mich zu diesem verdammten Mr. Cornfield«, knurrte er wütend, »damit ich ihn über seine Armleuchter aufklären kann. Und gebt mir was zu trinken. Mir wird die Kehle trocken, wenn ich eure Galgenvogelgesichter sehe.«

Die Burschen begannen plötzlich zu grinsen. Einer nickte zustimmend. »Den Boß wirst du später sehen. Zu saufen kriegst du gleich.«

Sie trieben Shane wie ein Kalb vor sich her bis zur Rindertränke, ergriffen Arme und Beine und ließen ihn in die Muhle klatschen. Zwei derbe Fäuste faßten zu, und sein Besitzer erklärte zynisch: »Nun sauf und zeig, wie groß dein Durst ist.«

Die Fäuste drückten ihn unter Wasser, und es dauerte eine Ewigkeit, ehe sie ihn hochhoben.

»Genug getrunken, Freundchen? Nein? Dann noch einmal«, der Peiniger lachte.

Shanes Ohren sausten, als der Bastard ihn wieder aus dem Wasser zog. Er rülpste und spie dem Kerl eine volle Ladung ins Gesicht.

»Noch nicht genug?« fragte der Kerl, der eine Narbe im Gesicht hatte.

Da sagte ein anderer Mann: »Wir hatten unseren Spaß, Dick. Mr. Cornfield hat nichts von ihm, wenn du ihn hier ertränkst.«

Sie hoben ihn aus der Tränke. Einer trieb gesattelte Pferde heran. Als sie Shane in den Sattel hoben, suchte er das Narbengesicht.

»Wenn ich noch einmal meine Hände freibekommen sollte, kannst du dir ein paar neue Zähne kaufen. Ich werde dich nicht vergessen.«

Der Bastard grinste nur und griff nach den Zügeln. Einer schlug dem Praint auf die Hinterhand und brachte ihn in Gang.

Es dämmerte bereits, als hinter dem Hügel eine Town auftauchte.

Doch sie mieden das Nest und ritten den Fahrweg entlang, der an ihm vorbei zu einem bewaldeten Hang führte, in dessen Schatten ein langgestrecktes Gebäude stand, das eine hohe Adobemauer umgab.

*

Der hochgewachsene Mann, der Shane gegenüber in einem breiten Ledersessel saß, schien intelligent und nicht so verkommen, wie seine Leute zu sein.

Während das Narbengesicht auf Mr. Cornfield einsprach, ruhten dessen Augen unverwandt auf den gefesselten Händen des Fremden. Er nickte mehrmals und wartete auf das Ende des Berichtes.

Nun wandte er sich an Shane. »Es ist scharfer Tabak, den Forster gegen dich vorbringt. Ich hoffe, du kannst dich verteidigen.«

Shane spürte, daß er der Hölle näher war, als seiner vertrauen Erde. Er erklärte mit hastigen Worten, wie er zu diesem einsamen Posten gekommen war, und welche Absichten er hatte.

Als er von seinem Pferd sprach, warf Rush Bleed, der ihn vor weiteren Übergriffen Forsters geschützt hatte, ein: »Es stimmt, Mr. Cornfield, sein Gaul lahmt tatsächlich.«

Shane erklärte: »Ich schätze Sie als einen intelligenten Mann, Mr. Cornfield. Deshalb frage ich, weshalb ließen mich die Banditen an der Bahnstrecke zurück, als sie mit ihrer Beute verschwanden? Das muß doch seinen Grund haben.«

Cornfield hatte sich erhoben. Er wanderte über die dicken Teppiche, füllte schließlich ein Glas Brandy aus einer Kristallkaraffe und trank bedächtig. Dann ging ein Ruck durch seine schlanke Gestalt. Er schnippte fordernd mit den Fingern und deutete auf den Gefangenen. »Ich glaube ihm, Bleed. Also bindet ihn los und entschuldigt euch.«

Bleed löste die Knoten des Lassos und rollte es über die Schulter. Er reichte Shane die Hand und zuckte bedauernd die Achseln.

Dick Forster grinste. »Tut mir leid«, sagte er widerstrebend, und zog Shanes Eisen aus dem Gurt.

Shane nickte. »Mir tut es genauso leid, Dick«, erwiderte er und rieb die Armgelenke, bis er Blut in den Fingern spürte. »Damit du siehst, daß ich es vergessen habe, nimm das hier als Dank.«

Er nahm den Lauf der Waffe und schlug Forster mit dem Kolben nieder. Forster ging hart zu Boden.

Shane nahm es zufrieden hin, dann stieg er über den Niedergeschlagenen und ging zur offenstehenden Tür.

»Mr. Shane!« stoppte ihn der Ruf Cornfields.

Shane verharrte und drehte sich zögernd um. Ein waches Lauern stand in seinen Augen, und der Finger lag auf dem Abzug seines Friedensstifters.

»Ja, Mr. Cornfield?«

Cornfields Blick ruhte auf Forster. Seine Mundwinkel zuckten belustigt, als er hochblickte. »Sie sind aus hartem Holz, Shane. Wenn Sie einen Job suchen, hätte ich etwas für einen Mann, der seinen Revolver tief auf dem Schenkel trägt.«

Shane winkte verächtlich ab. »Ich bin kein käuflicher Scharfschütze, Mr. Cornfield. Bei mir sind Sie da an der falschen Adresse«, sagte er ruhig und ging die breiten Marmorstufen hinunter.

Sein Gaul lahmte noch immer, als er ihn am Zügel durch das offene Mauertor führte. Doch in der Nähe lag eine Town. Dort konnte er das Pferd neu beschlagen lassen.

Es war bereits dunkel, als er vom Fahrweg abwich und den Grashang hinunter zur Town ritt. Hier und dort brannte ein Licht über einem Haus-eingang. An der Main Street stieß er auf den Blacksmith, der noch an seiner Esse hantierte. Shane bat ihn, den Gaul am nächsten Tag zu beschlagen und da zur Schmiede ein Mietstall gehörte, löste sich auch das Schlafproblem.

Shane suchte einen Saloon, fand einen verräucherten Schuppen, in dem ein paar alte Männer saßen, bestellte ein großes Steak und ein kühles Bier.

Seine Knochen schmerzten noch von Forsters Prozedur. Darum suchte er bald den Mietstall auf. Sein Pferd war schon versorgt worden. Er nahm seine Decke, legte sie in eine leerstehende Box und schlief bald ein.

*

Am Morgen weckte ihn der Schmied, als er sein Pferd ins Freie führte. Er grinste, als Shane sich gähnend den Schlaf aus den Augen wischte und deutete zum offenen Tor.

»Da will dich jemand sprechen, Mister«, erklärte er, »und es muß verdammt wichtig sein, wenn Mr. Cornfield so früh aus den Federn steigt.«

Er führte das Pferd aus dem Stall.

Shane reckte sich und stand auf.
Er zog sein Hemd über den Kopf
und suchte in der Satteltasche nach Waschutensilien.

Goffrey Cornfield saß lässig auf dem Brunnenrand, als Shane nähertrat. Er studierte den Mann, der selbst beim Waschen noch einen Revolver am Schenkel trug.

»Sie haben eine Menge Narben an ihrem Körper, Shane«, bemerkte er, als Shane den Ledereimer in den Brunnenschaft warf.

»Jede Narbe war ein Feind, Mr. Cornfield«, erwiderte Shane gelassen. Er kippte den Inhalt des Eimers in die Mole. »Und Feinde hat man immer. Ich nehme nicht an, daß sie in die Town gekommen sind, um sich meinen Körper anzusehen.«

»Nein, Shane.« Cornfield rutschte vom Brunnenrand, als Shane den Spiegel aufstellte, um sich einzuseifen. »Ich möchte mit Ihnen reden. Ganz einfach und zwanglos. Von Mann zu Mann.«

Shane lächelte, während er an den Bartstoppeln herumkratzte. Er wußte, was dieser vornehme und reiche Amigo ihm anbieten würde. Und er wußte auch, wie die Antwort hieß.

»Es hat wenig Sinn, Mr. Cornfield«, sagte er deshalb ruhig, und deutete mit dem Rasiermesser zur Schmiede, »ich bleibe vielleicht noch heute hier, weil mein Gaul beschlagen werden muß. Morgen habe ich dieses Nest längst vergessen. Ich weiß nicht einmal, wie es heißt. Daraus ersehen Sie, was mich an dieser Town interessiert.«

Der andere lächelte. »Es heißt Cornfield, Mr. Shane, und ist meine Stadt.« Er trat zu seinem Pferd und kam mit einem zusammengerollten Gurt zurück. »Ihre Brieftasche, Shane«, sagte er, das Ding auf den Brunnenrand legend. »Dick Forster hat vergessen, sie Ihnen zurückzugeben. Trinken wir gemeinsam eine Tasse Kaffee?«

Shane nickte lächelnd. »Ich hoffe, daß Forster keine Kopfschmerzen hat«, erwiderte er grinsend. Er tauchte den Kopf in den Trog, wusch den Körper mit kaltem Wasser und schlüpfte in sein Hemd. Erst dann nahm er den Gurt, der sein gesamtes Vermögen enthielt. Zehntausend Dollar, die er für einen gefährlichen Job in Mexiko erhalten hatte.

»Ihren Kaffee nehme ich dankend an«, erwiderte Shane, »ich hoffe, er ist besser als das Bier, das ich gestern im Saloon getrunken habe.«

Er wandte sich ab und betrat den Stall. Hier verstaute er die Utensi-lien, schnallte den Geldgurt um und zog das Hemd darüber. Er wischte Strohreste von Hose und Hemd und verließ den Stall.

Der Blacksmith formte mit kräftigen Schlägen ein glühendes Eisen. Als Shane an ihm vorüberging, deutete er über die Straße.

»Mr. Cornfield ist ein mächtiger Mann, Shane«, sagte er beim Hämmern. »Ohne ihn geht hier gar nichts. Und dennoch hat er Sorgen. In den letzten Monaten häufen sich die Überfälle auf seine Unternehmen. Er ist dabei, gute Schützen gegen die Banditen anzuwerben. Ich wette, er will auch dich.«

»Ich fürchte, die Wette würdest du gewinnen«, Shane lachte, »aber wollen und können sind zwei verschiedene Begriffe.«

Goffrey Cornfield saß am Ecktisch, als Shane den Schankraum betrat. Er winkte und füllte eine Schale mit schwarzem Kaffee, ehe er zu sprechen begann. »Damit Sie über meine Person informiert sind, Shane: ich besitze ein Dutzend kleiner und mittlerer Ranches weit verstreut im County, handle und vertreibe Vieh und habe am Fuße der Berge eine Silbermiene, die Monat für Monat ein Vermögen abwirft.«