Sherlock Holmes - Neue Fälle 46: Der grauenhafte Gasthof - Ralph E. Vaughan - E-Book

Sherlock Holmes - Neue Fälle 46: Der grauenhafte Gasthof E-Book

Ralph E. Vaughan

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Beschreibung

In diesen Fällen trifft Sherlock Holmes auf Wesen aus dem Reich von Cthulhu.Der Meisterdetektiv im Kampf gegen die uralten Götter.Der grauenhafte GasthofDie Abenteuer des NachtjägersLondon nach MitternachtDer Flüsterer in den HighlandsDie Wälder, der Beobachter und die Wächter

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Der grauenhafte Gasthof

Basierend auf den Charakteren von Sir Arthur Conan Doyle

Sherlock Holmes - Neue Fälle

Buch 46

Ralph E. Vaughn

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.

Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

Copyright © 2023 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

 Redaktion: Jörg Kaegelmann

Titelbild: Mario Heyer

Logo: Mark Freier

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-3-7579-5382-9

3046 vom 09.05.2024

Inhalt

Vorwort

Der Grauenhafte Gasthof

Die Abenteuer Des Nachtjägers

London Nach Mitternacht

Der Flüsterer In Den Highlands

Die Wälder, Der Beobachter Und Die Wächter

Anmerkungen

Über den Autor

Vorwort

Wem das Leben des größten Detektives vertraut ist, der weiß, dass er nach seiner Begegnung mit Professor Moriarty, bei dem er zusammen mit dem Napoleon des Verbrechens scheinbar verschwand, unter mehreren Verkleidungen in verschiedenen Ländern lebte. Einige Andeutungen hierauf gab es in Doktor Watsons Erzählung Im leeren Haus. (Was wirklich nach seiner Rückkehr nach London im Jahr 1893 geschah, lese man bitte in The Coils of Time nach.) Was jedoch seine Tätigkeiten während der großen Lücke betrifft, so bleiben sie größtenteils unbekannt. Hier ist die Geschichte, die wichtige Fragen beantwortet.

Der Grauenhafte Gasthof

Sherlock Holmes blickte von der feinen Schrift auf den in Kalbsleder gebundenen Pergamentseiten hoch, als der Zug langsamer wurde und ruckelnd zum Stehen kam. Sie befanden sich, etwa vier Stunden von Rom entfernt, tief auf dem italienischen Land, und bis Mailand war kein Halt vorgesehen. Natürlich hatte das nicht viel zu bedeuten, denn obwohl die Italiener über viele gute Eigenschaften verfügten, so befand sich der Betrieb eines effizienten Zugbetriebs nicht darunter.

„Oh, ich hoffe, es ist nichts Ernsthaftes“, murmelte der Domkapitular Fairpenny, zog das Abteilfenster herab und hielt den ergrauten Kopf hinaus in die frische Luft des Nachmittags. „Ich sehe den Zugbegleiter, oder wie immer sie ihn hier in Italien nennen. Er spricht mit zwei Männern.“

„Blockiert etwas die Gleise?“, fragte Mademoiselle Giscard, deren Akzent ebenso breit war wie sie selbst dünn.

„Nichts, was ich sehen könnte, meine Liebe“, erwiderte der Kapitular. „Ich sehe lediglich dichte Wälder. Und Berge, die sich dahinter erheben. Und vielleicht ... Ja, ich glaube, ich sehe den Anfang eines Dörfchens in der Kurve.“

„Werden wir lange hier stehen müssen?“, fragte die Französin.

„Oh, das kann ich nicht sagen“, erwiderte der ältliche Geistliche, nach wie vor aus dem Fenster schauend. „Was sagen Sie, Mister Sigurson?“

„Es ist stets töricht, ohne Fakten zu theoretisieren“, entgegnete Holmes. Ein schwaches Lächeln kräuselte kurz seine dünnen blassen Lippen. „Man könnte ebenso gut versuchen, Ziegel ohne Stroh herzustellen.“

Der kleine Geistliche sah ins Abteil zurück, runzelte die Stirn und gestattete sich ein wehmütiges Lächeln. „Ah, sehr gut, Mister Sigurson, aber die Kinder Israels taten es, nicht wahr?“ Ein letzter Blick aus dem Zug, dann ließ er sich erneut auf dem Sitz nieder. „Der Zugbegleiter kommt hier entlang, aber bestimmt nicht zu unserem Wagen. Warum auch.“

Sherlock Holmes hob die knochigen Schultern, schloss den kalbsledernen Band und steckte ihn in seine Aktentasche zurück. Sein Studium der Gifte, die die Mohammedaner favorisierten, musste warten.

Die Tür auf der Rückseite des Abteils öffnete sich klappernd und schlug dann wieder zu. Schwere Schritte polterten den Gang entlang. Der Zugbegleiter, ein breitschultriger Mann mit einem ebenso breiten Schnauzbart, zog die Tür des Erste-Klasse-Abteils auf und ließ seinen Blick kurz auf jedem der drei Fremden ruhen. „Ich sagen zum Bedauern, dass Halt nicht im Fahrplan muss gemacht werden“, verkündete er in gebrochenem Englisch mit Akzent.

„C’est très regrettable“, murmelte die junge Französin mit offensichtlicher Bestürzung. „Combien de temps nous allons être arrêtés?“

Der Italiener runzelte die Stirn, brachte dennoch ein ermutigendes Lächeln für das hübsche Mädchen zustande.

„Wie lange wird die Unterbrechung dauern, guter Mann?“, fragte Kapitular Fairpenny.

Wiederum runzelte der Zugbegleiter die Stirn, das Lächeln war verschwunden.

Der dünne, blasse Mann, der unter dem Namen Sigurson reiste, fragte leise: „Qual è il motivo per l’arresto non programmato, e quanto tempo sarà?“

Der Zugbegleiter gab einen Schwall von Worten in seiner Muttersprache von sich. Sherlock Holmes nickte hin und wieder und stellte gelegentlich eine kurze Frage.

„Mi scusi, Signore, ma devo informare tutti i passeggeri in prima classe che ci sarà arresto per la notte in questo villagio“, sagte der Zugbegleiter, als er sich in den Gang zurückzog. „Ha una locanda, piccolo e semplice, ma molto bello.“

„Also wirklich.“ Kapitular Fairpenny stieß Luft aus. „Welches Glück wir haben, dass Sie bei uns sind, Mister Sigurson. Was hat der Mann gesagt?“

„Wird es längere Zeit dauern?“, fragte Mademoiselle Giscard, wobei sie die englischen Worte langsam und sorgfältig bildete.

„Je suis désolé, mais la gardé dire qui’il y sera retardée jusg’au matin“, erwiderte Holmes ihr. „Il ya eu une avalanche sur la gine et les pistes sont bloqués.“

„Merci beaucoup, Monsieur.“

„Weiter vorn ist eine Lawine niedergegangen, Herr Kapitular“, sagte Holmes. „Sie wird weggeräumt, aber wir werden die Nacht über hier festgehalten.“

„Oh, was für ein Unglück.“ Kapitular Fairpenny seufzte. „Können wir ...“

Holmes schnitt ihm das Wort ab. „Es gibt einen sehr netten Gasthof, behauptet zumindest der Zugbegleiter. Dort dürfen wir bequem eine Nacht verbringen.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher“, warnte der Kapitular. „Dies ist nicht Rom; diese hübschen rustikalen Örtchen erweisen sich stets als rustikal denn als hübsch.“

Holmes lächelte dünn. „Nun ja, sei es, wie es sei, Herr Kapitular, wir werden es nicht ändern können. Ebenso wenig, wie es die Kinder Israels konnten, als sie Ziegel ohne Stroh herstellen sollten.“

Kapitular Fairpenny runzelte die Stirn, als seine eigenen Worte zu ihm zurückkehrten.

Mit einem jähen Ruck nahm der Zug seine Fahrt wieder auf und fuhr ruckelnd in das Dorf Inulati ein. Kapitular Fairpenny wäre beinahe gestolpert, als er aus dem Abteil stieg, nachdem der Zug zum Stehen gekommen war. Hätte Holmes den Arm des Klerikers nicht mit einem überraschend kräftigen Griff gepackt, wäre er gewiss mit dem Gesicht in den kalten Schlamm gefallen.

„Vielen, vielen Dank, Mister Sigurson“, keuchte der Geistliche. „Man sollte annehmen, dass sie zumindest einen Bahnsteig haben, wenn schon keinen richtigen Bahnhof.“

„Aus dem, was ich dem Gespräch zwischen dem Bahnpersonal entnehmen konnte, ist dies kein regulärer Halt, Herr Kapitular“, sagte Holmes. „Er ist es auch nie gewesen, obwohl ein Halt aufgrund von Lawinen anscheinend ein regelmäßiges Vorkommnis ist. Vielleicht allzu regelmäßig.“

„Oh, verstehe“, entgegnete der Geistliche, obwohl er es nicht wirklich verstand. „Das erklärt vermutlich alles.“

„Die anderen machen sich zusammen mit dem Zugbegleiter auf den Weg zum Gasthof“, bemerkte Holmes. „Sie sollten sich den Leuten wahrscheinlich anschließen.“

„Schließlich Sie sich uns nicht an, Mister Sigurson?“, fragte Kapitular Fairpenny.

„Ich werde bald zu Ihnen stoßen“, erklärte Holmes. „Ich bin so etwas wie ein Antiquar, also dachte ich, ich könnte unseren erzwungenen Besuch dazu nutzen, um zu sehen, ob Inulati etwas Interessantes für mich bereithält.“

Kapitular Fairpenny ließ den Blick zweifelnd über den jämmerlichen kleinen Ort in dem schattigen Tal schweifen und schüttelte den Kopf. „Wohl kaum, aber ich wünsche Ihnen viel Glück, Mister Sigurson.“

Die beiden Männer entfernten sich voneinander. Kapitular Fairpenny, um die Gruppe einzuholen, die die schmale gepflasterte Straße zum versprochenen Komfort des Dorfgasthauses geführt wurde, und Holmes, der zu den Zugbegleitern hinüberschlenderte, die anscheinend nicht geneigt waren, sich weit von ihrem Zug zu entfernen. Als sie Holmes bemerkten, beendeten sie ihr Gemurmel und sahen sich nervös an.

Die Arbeiter beantworteten Holmes’ Fragen mit Kopfnicken und vagen Allgemeinplätzen. Schließlich wurden sie ein wenig warm mit ihm, wohl wegen der Kombination seiner Kenntnisse in ihrer eigenen Sprache und der Tatsache, dass er nicht die Art von englischem Reisenden war, die sie nur allzu gut kannten. Die, die immer bereit waren, ihnen Vorwürfe für Vorfälle zu machen, für die sie nichts konnten. Und dennoch blieb trotz ihrer scheinbaren Offenheit eine vage Anspannung an ihnen, ein nervöses Zögern, bevor sie auch nur die einfachsten Fragen beantworteten. Holmes lächelte, als er erfuhr, dass sie alle die Nacht in den Zugabteilen verbringen würden.

„Ist das eine Anweisung Ihrer Gesellschaft, oder ist es Ihre eigene Entscheidung?“, fragte Holmes.

„Es ist unsere Entscheidung“, erwiderte Mario, ein stellvertretender Zugbegleiter. „Natürlich müssen wir beim Zug bleibe, wir wollen aber auch nicht in den Gasthof.“

„Nicht hier“, warf Lorenzo ein, einer der untergeordneten Arbeiter im Gepäckwagen. „Nicht in diesem Gasthof.“

Holmes bemerkte die finsteren Blicke, die Lorenzo zugeworfen wurden, ließ sich jedoch nichts anmerken. „Warum nicht? Der Zugbegleiter hat doch, wenn ich ihn recht verstanden habe, gesagt, dass es hier sehr gemütlich sein soll, ein netter Ort zum Ruhen.“

„Die Art von Ruhe, aus der Sie nicht mehr erwachen, Signor“, platzte Lorenzo heraus.

„Lorenzo!“, fauchte Mario. „Non parli studipdamente!“ Der dünne Zugbegleiter setzte ein gezwungenes Lächeln auf und sagte zu Holmes: „Sie sollten Lorenzo keine Beachtung schenken, Signor. Er fährt zu allen Städten Europas mit der Eisenbahn und bleibt dennoch der Junge vom Lande, der sich im Dunkeln fürchtet. Man darf nicht auf ihn hören, capsci.“ Er nickte wissend. „Wir, Sie und ich, Signor, als Männer von Welt, wir wissen, dass es keinen bösen Blick gibt, dass kein uomo nero aus den Schatten nach einem greift, dass die Welt, die wir sehen, alles ist, was es gibt. Dies ist ein rationales Zeitalter, eine Zeit von Dampf und Stahl.“

„Es gibt keinen Teufel?“, fragte Holmes bedächtig.

„Si Signor!“, pflichtete Mario rasch bei.

„Und keinen Gott?“, murmelte Holmes.

„Nun ja ... vielleicht ... Das kann niemand wirklich sagen“, stammelte Mario.

„Vielleicht“, stimmte Holmes zu. „Dennoch, als Ihr Onkel Ihnen diese Stelle verschaffte, als Sie die Universität in Deutschland besuchten, warum waren Sie sich damals nicht sicherer, dass es weder Himmel noch Hölle gab?“

„Sie, Signor, i professori ...“ Der junge Mann sah Holmes mit großen Augen an.

Alle, insbesondere Lorenzo, verbargen ihre Verwunderung über diese Aussage nicht.

„Woher konnten Sie wissen, dass ich die Universität besucht habe? Und wo.“

Holmes neigte leicht den Kopf und lächelte kurz. „Wie Sie gesagt haben‚ die Welt, die wir sehen ... Aber viele betrachten die Welt, ohne wirklich zu sehen, was es dort gibt. So zeigen zum Beispiel Ihre Färbung und die Schwäche Ihrer Augen einen Mann, der viele Stunden im Innern verbracht hat, fern von Fenstern, und viele Stunden beim Lampenschein über Büchern gebrütet hat. Teile von Tinte sind so tief in der Haut zwischen Ihrem Daumen und Zeigefinger eingebettet, dass sie sich niemals werden abwaschen lassen, gewiss ein Zeichen für ausgedehnte Schreibtätigkeit. Die Farbe der Tinte deutet auf einen hohen Anteil von Kobalt, was charakteristisch für deutsche Universitäten ist.“ Er hielt inne. „Heidelberg?“

Mario nickte.

„Ein Student der Philosophie?“, vermutete Holmes.

Wiederum nickte Mario.

Lorenzo vollführte ein Zeichen gegen den bösen Blick. Ein Mann, der so viel nur durch einen Blick erkennen konnte, war gewiss ein Mann, der von übernatürlichen Kräften besessen war. Seine Großmutter, die Rumänin gewesen war, hatte ihn gelehrt, wie er sich vor einem solchen stregoni schützen konnte.

Mario zeigte den Ausdruck eines Mannes, der sich wünschte, er hätte so viel Glauben haben können wie Lorenzo, auf den er stets herabgesehen hatte, weil er geistig minderbemittelt war.

„Ihre Professoren haben Ihnen die Kraft des Zweifels an dem einfachen Glauben Ihrer Vorfahren eingepflanzt“, fuhr Holmes fort. „Und dennoch haben sie Ihnen nie die schlichte Wahrheit gesagt, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und auf Erden gibt, als in allen Ihren Philosophien enthalten ist. An den Universitäten haben die Nihilisten anscheinend sämtliche Antworten besessen, dennoch wankt hier, an diesem Ort und inmitten Ihrer Kameraden, Ihr neuer Glaube.“ Holmes sah sich unter den anderen Bahnarbeitern um und fragte: „Er äußert oft den Wunsch, wieder zu seinen Studien zurückzukehren, stimmts?“

Die Männer nickten und beteuerten es, insbesondere Lorenzo. „Si, Signor, er sagt, wir sind töricht, weil wir bei unseren alten Gebräuchen bleiben, den Gebräuchen, die uns immer vor dem Bösen beschützt haben.“

Holmes stieß ein lautes Gelächter aus und legte dem geschlagenen Mario eine Hand auf die Schulter. Die Anspannung, die so plötzlich gestiegen war, schmolz in dem Gelächter dahin, das anscheinend stets im Herzen der italienischen Natur liegt. Sogar Marios finsterer Blick verschwand und wurde durch das dümmliche Grinsen eines Schuljungen ersetzt, der beim Abschreiben ertappt worden war.

„Viele Menschen sehen“, sagte Holmes, „aber nur wenige sehen wahrhaftig, und noch weniger verstehen. Das Leben, das wir führen, wurde uns eingeprägt. Das ist der einzige Grund, weshalb ich so viel von Ihnen wusste, das verborgen war. Es ist wirklich sehr einfach, fast elementar.“ Er lächelte.

„Aber die von meinem Onkel arrangierte Stelle?“, fragte Mario.

„Sobald ich einmal abgeleitet hatte, dass Sie ein Italiener waren, der Studien in Philosophie an einer prestigeträchtigen deutschen Universität absolvierte, traten andere Zusammenhänge in die Sphäre der Wahrscheinlichkeit“, erklärte Holmes. „Ihre Eltern sind nicht wohlhabend, bewiesen durch die Leichtigkeit, mit der Sie in einer Arbeiterwelt mit anderen zurechtkommen, die gleichermaßen bescheiden angefangen haben.“

„Si, meine Eltern waren nicht wohlhabend“, sagte Mario. „Die Verwandten meiner Mutter sind es, die Geld haben. Aber sie hat gegen deren Wünsche und Willen geheiratet.“

„Also wurde Ihre Ausbildung wahrscheinlich von einem wohlhabenden Verwandten finanziert, zweifelsohne von einem in Sie vernarrten Onkel“, sagte Holmes.

„Der Bruder meiner Mutter, Onkel Caesario, ist ihr sehr zugetan. Aber er wird ihr nicht helfen, weil es meinem Vater helfen würde“, erklärte Mario. „Mir wird er jedoch helfen.“

Holmes nickte. „Das Philosophiestudium macht Sie kaum geeignet für eine Stelle im Handel. Demnach hat er Ihren Studien ein Ende gesetzt?“

„Si, aber er hat mir diese Stelle verschafft“, erwiderte Mario. „Er ist ein sehr praktisch veranlagter Mann, mein Onkel Caesario.“

„Daher eine Stelle, die keine Handarbeit erfordert und keine mit allzu viel Verantwortung. Ein Bemühen, Ihnen etwas Erfahrung abseits Ihrer anspruchsvollen Studien zu verschaffen.“ Holmes hielt inne. „Und ich wage zu sagen, dass Ihr Onkel jetzt einige Zweifel hinsichtlich dieser Stelle hegt und vielleicht in Betracht zieht, Sie zurück zu Ihren akademischen Zielen zu schicken. Aber auf eine gute italienische Universität, wo Sie etwas Praktischeres erlernen, als dass es weder Gutes noch Böses in der Welt gibt? Ingenieurwesen?“

Mario stand wie einem gestrandeten Fisch der Mund offen.

„Wie Sie sagen, Ihr Onkel ist ein äußerst praktisch veranlagter Mann.“

„Alles, was Sie gesagt haben, trifft zu, Signor“, sagte Mario. „Anfangs erschien es wie Zauberei, aber Ihre Erklärungen ...“ Da ihm die Worte fehlten, kam ihm seine italienische Natur zur Hilfe, er gestikulierte wild. „Logisch!“

Holmes lächelte wehmütig, als er an das Leben zurückdachte, das er hinter sich gelassen hatte, vielleicht für immer. Er vermisste es mehr, als er sich eingestehen wollte. Die kleinen Spiele, die er gewöhnlich mit seinem fröhlichen Gefährten John Watson gespielt hatte, ebenso wie seine Gegenspieler bei Scotland Yard, insbesondere dieses hartnäckige Frettchen Lestrade und dem gelegentlich brillanten Gregson. Er hegte keine sentimentalen Gefühle wegen dem, was er jetzt verloren hatte, war jedoch auch nicht so kühl und apathisch, wie er es gern gewesen wäre.

„Nun ja, ich schätze, alles klingt einfach, wenn es erklärt wird“, gab Holmes zu. „Zumindest hat man mir das oft genug gesagt.“

Die anderen Arbeiter, die spürten, dass die Konfrontation vorüber war, kehrten zu ihren jeweiligen Aufgaben zurück und bereiteten den Zug auf den ungeplanten Zwischenhalt vor. Auch Mario kehrte nach einem kurzen, funkelnden Blick in die Runde an seine Aufgaben zurück. Nur Lorenzo blieb. Er sah den englischen Reisenden immer noch so an, als ob er in gewisser Weise mit dem Teufel paktieren würde.

„Darf ich kurz ein Wort mit Ihnen wechseln, Lorenzo?“, fragte Holmes.

Lorenzo zuckte zusammen, als ob er mit einem heißen Schürhaken gestoßen worden wäre. Er drehte sich um und wollte gehen, zögerte aber. Er sah Holmes winken, er solle zu ihm kommen. Also ging er los und überwand schließlich seine Beklemmung, mit dem Bösen zu verkehren. Seine Neugier und auch sein Pflichtgefühl einem Fahrgast gegenüber waren stärker. „Si, Signor, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte Lorenzo.

„Sie haben vorhin gesagt, Sie würden nicht im Dorfgasthof bleiben“, sagte Holmes. „Trotz der Meinung Ihres Freundes Mario wurden Ihre Gefühle von vielen der anderen geteilt.“

„Signor, Sie dürfen das, was ich gesagt habe, nicht zu ernst nehmen“, protestierte der junge Mann. Und zwar sehr vorsichtig, als fürchte er, dass seine Worte von seinen Arbeitgebern gehört werden konnten. „Es ist nur ... Die Lawinen, sie sollten nicht ... äh ...“

„Sollten nicht so regelmäßig auftreten“, half Holmes ihm.

Lorenzos Augen weiteten sich, er stand anscheinend kurz davor, zu flüchten. In diesem Augenblick hätte Holmes die Wechsel erwähnen können, die Lorenzo aus der Hand seiner Großmutter erhalten hatte, oder dass sein inzwischen verschwundenes Muttermal nicht dem Teufel zu verdanken war, oder dass die großzügige Blumenfrau im römischen Hauptbahnhof wahrscheinlich die Mutter war, die er stets für tot gehalten hatte. Aber er hielt sich zurück.

Jetzt war keine Zeit für solche Spiele, denn obwohl der Kalender diese Zeit als das letzte Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts markierte, gab es immer noch Orte, wo der Geist der Menschen nicht weit entfernt vom Zeitalter des unpolierten Steins lag. Holmes verspürte den Wunsch, dass Lorenzo bleiben und ihm Informationen geben sollte, genau das Gegenteil dessen, was er mit Mario beabsichtigte, der weggeschoben werden musste, damit er Lorenzo ungehindert befragen konnte.

„Ich habe den Lokomotivführer darüber sprechen hören“, erklärte Holmes. „Es ist eine seltsame Sache, nicht wahr, dass irgendein zufälliges Ereignis so regelmäßig auftreten sollte, nicht? Und dann besteht eine gewisse ...“ Er hielt inne. „Eine gewisse Merkwürdigkeit um diesen Ort. Aus dem, was Sie zuvor gesagt haben, dachte ich, dass Sie mir vielleicht helfen könnten, alles besser zu verstehen.“

Lorenzo entspannte sich sichtlich. „Si, Signor, es ist eine sehr seltsame Sache. Dieser Ort ist ein dunkler Ort auf Erden, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Holmes nickte knapp.

Lorenzo suchte in Holmes’ Gesicht nach einer Spur von Spott. Er war eine solche Behandlung von den eher kosmopolitischen und städtischen Mitgliedern der Mannschaft gewohnt, wie zum Beispiel vom eitlen Mario, aus dem dieser englische Reisende einen solchen Narren gemacht hatte, aber er fand bloß ein scharfes Interesse im Blick des Mannes. Lorenzo spürte, wie ihn eine Woge der Zuversicht durchlief. Er wusste, dass er diesem Fremden vertrauen konnte.

„Die anderen lachen über mich, wie Sie sich vielleicht vorstellen können“, erklärte Lorenzo.

„Ich stelle mir nie etwas vor“, sagte Holmes. „Aber ich studiere ihr Wesen.“

„Und die Fahrgäste sind ebenso schlimm.“ Er machte eine entschuldigende Geste. „Für gewöhnlich.“

„Sie glauben nicht an die Existenz des Bösen.“

„Si, Signor!“ Er hielt inne. „Sie schon?“

Holmes nickte. „Ich habe es gesehen.“

Lorenzo seufzte auf, als ob ihm eine Last von den Schultern genommen worden wäre. „Wie ich Ihnen gesagt habe, wir bleiben nicht im Dorfgasthaus. Das gilt für alle, auch für Mario“, sagte Lorenzo. „Die anderen werden sagen, damit wir unsere Arbeit tun und den Zug beschützen können.“ Er sah höhnisch zu seinen Kollegen hinüber, die gegangen waren. „Sie lügen! Sie schlafen nicht gut in Inulati, weil es ein böser Ort ist.“

„Böse in welcher Hinsicht?“

„Meine Großmutter hat mir Geschichten von diesem Ort erzählt. Geschichten von bösen Ritualen und Praktiken, die unter einem Dreiviertelmond abgehalten werden, von menschlichen Opfern, die Wesen dargebracht werden, die sogar il diavolo als maunzendes Kleinkind erscheinen lassen“, sagte Lorenzo. „Ich weiß, was Sie denken müssen, Signor, dass Lorenzo ein Dummkopf ist, dass er kein wahres Kind dieser Welt aus Dampf und Stahl ist, dieser Welt, die kleinen Platz für Gott hat, noch weniger für Satan.“

„Wissenschaft und Technologie haben die Menschheit zynisch und eitel werden lassen“, sagte Holmes. „Und manchmal blind.“

„Meine Großmutter ist eine gute Katholikin, sie achtete darauf, dass ich täglich in der Kirche war.“ Er dachte an die Züchtigungen in seiner Jugend. „Sie hat mich zu einem sehr guten Katholiken gemacht. Aber sie hat mir auch gesagt, dass das Böse älter als der Teufel ist, dass es eine geheime Geschichte gab, bevor Gott sagte: Es werde Licht! Es war eine Zeit der Dunkelheit, eine Zeit der Ungeheuer, eine Zeit des schauerlichen Entsetzens. Die Ungeheuer kamen zu uns herab als Shub-Niggurath, Dagon und ...“ Er hielt inne, blickte sich um und beugte sich näher an Holmes heran. Als er sprach, war seine Stimme kaum ein Flüstern. „Und der Gefürchtetste von allen, der große Cthulhu, der in seinem versunkenen Palast träumt.“

„Du hast das Gefühl, dass es solch Böses in Inulati gibt?“

Schweiß bildete sich auf der Stirn des jungen Mannes. „Si. Das glaube ich.“

„Ein Böses, das fortbesteht?“

Lorenzo nickte. „Es besteht fort. Und es hungert.“ Er blickte auf und sah den Vorarbeiter des Gepäckwagens, der ihn finster anblickte. „Ich muss los, Signor.“

„Wie viele Mal habt ihr wegen einer Lawine in Inulati angehalten?“, fragte Holmes.

„Mindestens einmal im Jahr ...“ Lorenzo versagte die Stimme.

„Wie viele Male?“

Lorenzo zuckte mit den Schultern. „Zweimal, vielleicht dreimal. Ich arbeite nicht immer auf dieser Linie, und es gibt nicht immer Probleme, wenn ich es tue, aber ich höre die Geschichten der anderen, tu sai cosa voglio dire? Sie setzen vielleicht ein tapferes Gesicht auf, sagen, dass sie alle modern sind, aber tief im Innern wissen sie, was ich weiß, dass c’è un grande male sulla terra, dass das, was uralt und verborgen ist, nicht immer verborgen bleibt. Dass das Böse sich erhebt, wenn die Sterne richtig stehen. Was man von der Welt sieht, ist bloß eine dünne Haut.“

Sherlock Holmes hatte selten einen Mann gekannt, den die Furcht so fest im Griff hatte. Es war offensichtlich, dass auch er der Selbsttäuschung schuldig war. Wenn die anderen ihre Ängste mit einem Mantel der Pflicht und Verantwortung bedeckt hatten, dann benutzte Lorenzo das wehende Tuch der Unwissenheit und des Aberglaubens und formte seine Furcht mit einer unbesonnenen Mischung aus Heidentum und Katholizismus. Derselben Art von Hysterie, der Holmes begegnet war, wenn er mit den Verehrern und Opfer von Voodoo und Obeah zu tun gehabt hatte.

„Was geschieht in dem Gasthof, Lorenzo?“, fragte Holmes in der Hoffnung, dass der gefasste Tonfall seiner Stimme dem jungen Mann dabei helfen würde, die Ruhe wiederzufinden. „Versuch bitte, genau zu sein und nichts auszulassen.“

Lorenzo nickte, strich sich mit beiden Händen das Haar zurück und holte tief Luft. „Si, Signor. Ich werde es versuchen, aber ich muss rasch machen. Es war vor drei Jahren, etwa um diese Zeit, eine weitere Lawine auf den Gleisen, meine erste Fahrt auf dieser Linie. Mir war nicht klar, dass dies der Ort war, von dem Großmutter gesprochen hatte. Als ich begriff, wo wir waren, musste ich nicht von meinen Kameraden dazu gedrängt werden, im Zug zu bleiben. Und ich lachte mit ihnen über die Geschichten eines alten Gepäckträgers, obwohl ich wusste, dass sie wahr waren.“

„Was ist geschehen?“

„Ein französischer Priester kehrte von einer Pilgerfahrt zum Heiligen Vater zurück.“ Lorenzo bekreuzigte sich. „Ich sah den alten Priester in den Gasthof gehen. Ich spüre immer noch den Schmerz darüber, dass ich ihn nicht gewarnt habe. Als der Mond sich verdunkelte, vernahmen wir Schreie des Entsetzens vom Gasthof her. Der Priester sei tot, sagte ein Arzt, der ebenfalls von Rom mitgefahren war. Am Morgen legten sie den Leichnam in einen Sarg und stellten ihn in den Gepäckwagen. Mir gefiel eine solche Fracht nicht, aber sie ist üblich, wenn Leute nach Hause geschickt werden, um in der Erde ihrer Geburt zu ruhen.“

Holmes nickte.

„Während der Fahrt nach Norden wurde ich neugierig, was den Tod des Priesters betraf“, sagte Lorenzo. „Ich weiß, dass der Arzt von einem Herzschlag sprach, aber ich glaube auch an die Geschichten meiner Großmutter, an das Böse, das hungert. Als ich allein war, öffnete ich den Sarg und schaute nach.“

Wiederum schlug er schaudernd das Zeichen des Kreuzes.

„Lorenzo, was hast du gesehen?“

„Ich sah ...“ Er schwankte.

Holmes packte ihn beim Arm. „Was hast du gesehen?“

„Den Leichnam, er war bedeckt von Löchern.“

„Löcher?“

„Hunderte davon, also ob die Würmer des Verfalls sich in ihn gebohrt hätten“, erwiderte Lorenzo. „Aber das Schlimmste von allem ... Sein Gesicht, der Ausdruck auf seinem Gesicht, als ob er bei lebendigem Leib gefressen worden wäre. Es war das Gesicht eines Mannes, der das Böse gesehen hatte. Das wahre, echte Böse.“

„Lorenzo!“

„Ich muss los.“ Lorenzo wollte loslaufen, blieb dann aber stehen und wandte sich um. „Bleiben Sie nicht im Gasthaus, Signor. Verbringen Sie die Nacht bei uns.“

Holmes wandte sich vom Zug ab und blickte die verlassene Straße hinauf, in die tiefen Schatten zwischen bedenklich geneigten Bauten, auf zerbrochene Fensterscheiben und Gebäudereparaturen, um die sich schon lange nicht mehr gekümmert worden war. Ob an Lorenzos Geschichte etwas Wahres war, daran bestand kein Zweifel. Inulati steckte sehr tief in Dunkelheit und Verfall.