Sherlock Holmes - Neue Fälle 52: Die Bruderschaft des Feuers - James Crawford - E-Book

Sherlock Holmes - Neue Fälle 52: Die Bruderschaft des Feuers E-Book

James Crawford

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Beschreibung

Wie kann ein Bankdirektor in einem von innen verschlossenen Raum getötet werden? Ein alter Freund bittet Holmes um Hilfe, auf seinem Schiff scheint ein Geist umzugehen. Als Holmes sich der Sache annehmen will, entdeckt er einen Toten. Im Museum taucht ein wertvoller unbekannter Sarkophag auf, darin befindet sich jedoch keine Mumie ... Fünf kniffelige Fälle für Holmes, der den Dingen sehr tief auf den Grund gehen muss, um herauszufinden, welches perfide Gehirn dahintersteckt.

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In dieser Reihe bisher erschienen:

3001 – Sherlock Holmes und die Zeitmaschine von Ralph E. Vaughan

3002 – Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge von J. J. Preyer

3003 – Sherlock Holmes und die geheimnisvolle Wand von Ronald M. Hahn

3004 – Sherlock Holmes und der Werwolf von Klaus-Peter Walter

3005 – Sherlock Holmes und der Teufel von St. James von J. J. Preyer

3006 – Dr. Watson von Michael Hardwick

3007 – Sherlock Holmes und die Drachenlady von Klaus-Peter Walter (Hrsg.)

3008 – Sherlock Holmes jagt Hieronymus Bosch von Martin Barkawitz

3009 – Sherlock Holmes und sein schwierigster Fall von Gary Lovisi

3010 – Sherlock Holmes und der Hund der Rache von Michael Hardwick

3011 – Sherlock Holmes und die indische Kette von Michael Buttler

3012 – Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic von J. J. Preyer

3013 – Sherlock Holmes und das Freimaurerkomplott von J. J. Preyer

3014 – Sherlock Holmes im Auftrag der Krone von G. G. Grandt

3015 – Sherlock Holmes und die Diamanten der Prinzessin von E. C. Watson

3016 – Sherlock Holmes und die Geheimnisse von Blackwood Castle von E. C. Watson

3017 – Sherlock Holmes und die Kaiserattentate von G. G. Grandt

3018 – Sherlock Holmes und der Wiedergänger von William Meikle

3019 – Sherlock Holmes und die Farben des Verbrechens von Rolf Krohn

3020 – Sherlock Holmes und das Geheimnis von Rosie‘s Hall von Michael Buttler

3021 – Sherlock Holmes und der stumme Klavierspieler von Klaus-Peter Walter

3022 – Sherlock Holmes und die Geheimwaffe von Andreas Zwengel

3023 – Sherlock Holmes und die Kombinationsmaschine von Klaus-Peter Walter (Hrsg.)

3024 – Sherlock Holmes und der Sohn des Falschmünzers von Michael Buttler

3025 – Sherlock Holmes und das Urumi-Schwert von Klaus-Peter Walter (Hrsg.)

3026 – Sherlock Holmes und der gefallene Kamerad von Thomas Tippner

3027 – Sherlock Holmes und der Bengalische Tiger von Michael Buttler

3028 – Der Träumer von William Meikle

3029 – Die Dolche der Kali von Marc Freund

3030 – Das Rätsel des Diskos von Phaistos von Wolfgang Schüler

3031 – Die Leiche des Meisterdetektivs von Andreas Zwengel

3032 – Der Fall des Doktor Watson von Thomas Tippner

3033 – Der Fluch der Mandragora von Ian Carrington

3034 – Der stille Tod von Ian Carrington

3035 – Ein Fall aus der Vergangenheit von Thomas Tippner

3036 – Das Ungeheuer von Michael & Molly Hardwick

3037 – Winnetous Geist von Ian Carrington

3038 – Blutsbruder Sherlock Holmes von Ian Carrington

3039 – Der verschwundene Seemann von Michael Buttler

3040 – Der unheimliche Mönch von Thomas Tippner

3041 – Die Bande der Maskenfrösche von Ian Carrington

3042 – Auf falscher Fährte von James Crawford

3043 – Auf Ehre und Gewissen von James Crawford

3044 – Der Henkerkeller von Nils Noir

3045 – Die toten Augen des Königshauses von Ian Carrington

3046 – Der grausame Gasthof von Ralph E. Vaughn

3047 – Entfernte Verwandte von Jürgen Geyer

3048 – Verrat aus dem Dunkel von James Crawford

3049 – Die Dämonenburg von Nils Noir

3050 – Die Shakespeare-Verschwörung von J. J. Preyer

3051 – Das Monsterlabor von Nils Noir

3052 – Die Bruderschaft des Feuers von James Crawford

3053 – Der tote Landarzt von Uwe Niemann

3054 – Nebel in der Baker Street von Jürgen Geyer

Die Bruderschaft des Feuers

Sherlock Holmes - Neue Fälle

Buch 52

James Crawford

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt. Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.

Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier

Redaktion: Danny Winter

Titelbild: Mario Heyer unter Verwendung der KI Software Midjourney

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mark Freier

Vignette: iStock.com/neyro2008

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten.

www.blitz-verlag.de

3052 vom 04.08.2024

ISBN: 978-3-689-84049-5

Inhalt

Fauler Zauber

Seemann ahoi

Der verwickelte Fall

Fuchsjagd

Der Abgrund

Über den Autor

Fauler Zauber

„Sie bestehen darauf, mich in diese Varietéveranstaltung zu schleifen, wo sich ein paar mehr oder weniger talentierte Akrobaten zur Schau stellen oder minderbegabte sogenannte Magier den Leuten mit faulem Zauber echte Magie suggerieren wollen?“

Ich sah Sherlock Holmes an, dass er den Besuch im Varieté für reine Zeitverschwendung hielt. Allerdings verfolgte ich einen bestimmten Zweck damit.

„Tun Sie mir den Gefallen, alter Freund, ich möchte wirklich Ihre Meinung zu einer bestimmten Darbietung hören.“

„Für diese Art von Vergnügen bin ich der falsche Adressat, Watson“, belehrte er mich. „Doch es scheint Ihnen viel daran zu liegen, also werde ich Sie begleiten“, erklärte er versöhnlich.

Das Varieté war gut besucht und unterschied sich deutlich von anderen Orten dieser Art. Die Besucher saßen an festlich gedeckten Tischen, es wurden Getränke gereicht, und einige Kellner huschten lautlos umher. Es gab Experimente mit Strom, die Trapezdarbietung fand nicht auf der Bühne, sondern direkt über unseren Köpfen statt. Einige der Damen zeigten übertriebene Ängstlichkeit. Holmes verdrehte theatralisch die Augen zum Himmel, ich schmunzelte. Endlich aber begann die Darbietung, auf die ich gewartet hatte.

Holmes stieß mich an. „Sie interessieren sich wirklich für diesen faulen Zauber?“, raunte er.

„Warten Sie ab und schauen Sie genau hin.“

Es war ein sogenannter Magier, der auf der Bühne agierte, assistiert von einer ausnehmend hübschen jungen Frau, die allerdings für meinen Geschmack zu offenherzig bekleidet war. The great Arturo war in Wirklichkeit Arthur Paxton, der seit geraumer Zeit in dem Ruf stand, sein Metier sehr erfolgreich darzustellen. Sein größter Trick war selbst für seine erklärten Gegner nicht zu enträtseln. Er verschwand von der Bühne – nun, das taten andere auch. Aber es gab keine versteckten Türen oder Bodenklappen, keine Falltüren; jedenfalls hatte niemand etwas entdeckt, obwohl sehr genau danach gesucht worden war. Wohin verschwand Paxton, um nach etwa einer Minute am anderen Ende des Theaters aufzutauchen? Noch niemandem war es gelungen, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen, und nur deswegen hatte ich Holmes hierhergebracht. Ihm sollte es doch möglich sein, dieses Rätsel zu lösen.

Holmes schaute aufmerksam zu, verzog bei einigen Tricks missbilligend das Gesicht, und bemühte sich, die Assistentin Nora geflissentlich zu übersehen. Dann kam der rätselhafte Vorgang.

Arturo wurde gefesselt in einen Kasten eingeschlossen, Nora vollführte ein paar anmutige Posen und öffnete dann den Kasten, der natürlich leer war. Wenig später rief der Zauberer und befand sich hinter uns Zuschauern und war sogar komplett neu eingekleidet.

Unter dem Beifall der Gäste ging er auf die Bühne.

„Zum Abschluss noch ein kleines Wunder für den Heimweg“, erklärte der etwa vierzigjährige Mann. Er holte ein Messer aus einem Umschlag aus schwarzem Samt, ein recht großes Messer. „Diese Klinge ist aus Feuerstein, ein faszinierendes Material“, erklärte der große Arturo. Unter den verblüfften Blicken der Zuschauer schnitt er sich quer über die ausgestreckte Handinnenfläche, sofort tropfte Blut aus der langen Wunde. Einige Personen schrien auf, eine Frau fiel in Ohnmacht.

„Aber bitte, Herrschaften, keine Sorge. Sehen Sie ...“ Paxton fuhr vor aller Augen erneut über die Handfläche, und das Wunder geschah. Die Wunde schloss sich wieder. Mit einem Tuch tupfte der Zauberer das Blut weg und präsentierte beide unversehrten Hände. Rauschender Beifall klang auf, bis Paxton und Nora abgingen.

Holmes stand auf. „Sie enttäuschen mich, Watson. Dieser infantile Zauber ist es nicht wert, seine Zeit damit zu verschwenden.“

„Interessiert es Sie gar nicht, wie Arthur dieses Verschwinden vollbringt?“, fragte ich enttäuscht.

„Nein, eigentlich nicht.“

Draußen auf der Straße rief ein Junge gerade neue Schlagzeilen der Abendzeitung aus. Rätselhafter Mord in der Crafton Street. Schrecklich zugerichtete Leiche in verschlossenem Zimmer aufgefunden.

Holmes nahm ein Exemplar und überflog den Artikel. „Das, mein lieber Watson, ist ein Rätsel, das eine Untersuchung wert ist. Wie konnte der Mörder entkommen?“

Eine wirklich gute Frage.

Holmes hatte vor, am nächsten Tag Inspector Lestrade aufzusuchen, um ihn über den rätselhaften Mord auszufragen. Der Tote war ein angesehener Bankier, und der Mord hatte in einem hermetisch verschlossenen Raum stattgefunden, der normalerweise als Büro diente, aber auch für vertrauliche Gespräche genutzt wurde. Der Schlüssel steckte von innen im Schloss, vor dem Fenster befanden sich Gitter. Daniel Moore, das Opfer, war mit einem relativ großen Dolch mit mehr als zwanzig Stichen erstochen worden. Augenblicklich schoss mir der Gedanke an das große Messer von Paxton durch den Kopf.

„Es ist völlig absurd, in dieser Hinsicht auch nur gedanklich einen Vergleich zu ziehen, Watson“, mahnte Holmes.

„Ich ... woher wissen Sie ... sind Sie jetzt unter die Gedankenleser gegangen? Dann sollten Sie sich im Varieté melden“, knurrte ich missmutig.

Holmes lachte leise auf. „Warum so mürrisch? Sie sind noch immer beeindruckt von diesem sogenannten Magier, die Verbindung zum Messer war ganz offensichtlich.“

„Ja, schon gut, ich habe verstanden. Wie gedenken Sie, morgen vorzugehen? Inspector Lestrade wird sich hüten, Ihnen gegenüber seine Unwissenheit einzugestehen.“ Ich war schon wieder versöhnt, es war Holmes’ Art, Dinge zu benennen, ohne Rücksicht auf möglicherweise verletzte Gefühle. Die Einzelheiten über den Tatort hatten wir der Zeitung entnommen. Ob das alles stimmte, konnten wir jetzt noch gar nicht sagen.

Er sollte jedoch anders kommen als geplant, denn noch spät am Abend klingelte es an der Haustür. Da Mrs. Hudson schon schlafen gegangen war, öffnete Holmes selbst. Ich hörte ihn reden, eine weibliche Stimme antwortete, gleich darauf kamen zwei Personen die Treppe herauf.

„Watson, das hier ist Mistress ...“

„Miss“, unterbrach sie ihn rasch.

Er neigte kurz den Kopf. „Miss Doreen Moore, die Schwester des bedauernswerten Opfers in der Bank.“

Ich war mehr als nur etwas erstaunt, als ich ihr zur Begrüßung die Hand reichte.

„Miss Moore möchte neben der polizeilichen Ermittlungsarbeit eine zusätzliche Untersuchung.“

„Es ist nicht so, dass ich die Polizei für unfähig halte“, wandte sie rasch ein. „Aber die Sache erscheint sehr rätselhaft, und meine Schwägerin wirkt entsetzlich gleichgültig, so als wollte sie den Täter gar nicht finden lassen.“

„Sie urteilen aber sehr rasch und hart, Madam“, sagte ich. „Der Mord ist erst vor ein paar Stunden geschehen, die Polizei wertet sicher noch die Spuren aus, und Ihre Schwägerin ist sicher von Trauer überwältigt.“

„Nein“, erklärte sie entschieden. „Jane hat die Nachricht von Daniels Tod ohne Regung hingenommen, aber gleich darauf gejammert, dass sie nichts anzuziehen habe. Die Fragen des Inspectors hat sie so nachlässig beantwortet, als ginge das Ganze sie nichts an.“

„Sie kämpfen sehr energisch für Ihren Bruder und tätigen harte Aussagen über Mistress Moore. Sie mögen Ihre Schwägerin nicht?“, erkundigte ich mich.

Sie schüttelte entschieden den Kopf.

„Wo waren Sie, als die Todesnachricht überbracht wurde? Im Haus Ihres Bruders?“

„Natürlich, ich wohne dort, es gehört Daniel und mir gemeinsam. Jane hat immer wieder gedrängt, dass ich meinem Bruder meine Hälfte verkaufe, aber das will ich nicht.“

„Dann wird es auch in Zukunft eine angespannte Atmosphäre geben, wenn Mistress Moore als Erbin die Hälfte Ihres Bruders übernimmt. Haben Sie selbst die Absicht, das Anwesen zu übernehmen?“

„Das wird sie nicht können, Watson“, mischte sich jetzt Holmes ein. Er hatte die Frau – sie mochte etwa Mitte dreißig sein – aufmerksam gemustert und sich bestimmt schon ein recht zutreffendes Urteil gebildet.

„Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie ein geringes Einkommen aus einer fest angelegten Summe erhalten und über keine weiteren finanziellen Mittel verfügen?“

Doreen war verblüfft. „Das ist richtig, Mister Holmes, aber woher wissen Sie – und was hat das mit dem Mord an meinem Bruder zu tun?“

„Sie tragen durchaus elegante Kleidung und Schuhe, doch der Schnitt hat sich in den vergangenen zwei Jahren sehr geändert. Das heißt, Sie gehen sorgsam mit Ihrem Besitz um und müssen lange sparen, um etwas Neues zu kaufen. Ihre Schuhe wurden bereits mehrmals neu besohlt, und Ihre Handschuhe wurden geflickt. Sehr gute Arbeit übrigens, Sie haben eine sehr geschickte Zofe. Und diese Fragen haben sehr viel mit dem Mord zu tun. Bei all diesen Details könnte Inspector Lestrade auf die naheliegende Idee kommen, dass Ihnen der Tod Ihres Bruders – nun ja, zumindest nicht ungelegen kommt.“

Sie wurde blass und sprang aus dem Sessel auf. „Wollen Sie mir unterstellen, ich hätte etwas mit dem Mord zu tun? Ihn womöglich selbst getötet?“, schnaubte sie empört.

„Setzen Sie sich wieder, Miss Moore. Ich sagte, dass die Polizei möglicherweise auf diese Idee kommen könnte.“

„Oder haben Sie Angst, ich könnte Ihr Honorar nicht aufbringen?“, erkundigte sie sich sarkastisch.

„Das, verehrte Miss Moore, ist im Augenblick so unwichtig, dass ich keinen Gedanken daran verschwende. Ich sprach eine realistische Möglichkeit an. Nun wollen wir aber ins Detail gehen. Beantworten Sie mir bitte ein paar Fragen. Anschließend sorge ich dafür, dass Sie heil nach Hause ...“

„Mein Kutscher wartet draußen“, fiel sie ihm ins Wort. „Sie müssen sich darüber keine Sorgen machen.“

Holmes ging nicht weiter darauf ein.

Beim Frühstück am nächsten Morgen ging mir immer noch der Magier Paxton mit seinem Verschwinde-Trick durch den Kopf. Für mich gab es klare Parallelen zum Mord an dem Bankier. In beiden Fällen schien das Verschwinden unmöglich zu sein. Ich sah, dass Holmes mich lächelnd musterte.

„Wenn Ihnen so viel daran liegt, werden wir Mister Paxton fragen, aber es würde mich nicht wundern, wenn er seinen Trick für sich behielte.“

„Wie kommen Sie darauf ...“, begann ich, winkte dann aber ab. „Sagen Sie es mir lieber nicht.“

Als Erstes fuhren wir zu Scotland Yard, wo uns ein mies gelaunter Lestrade mürrisch entgegenblickte. „Sie haben mir heute noch gefehlt“, knurrte er. „Ja, ich habe es bereits gehört, die Schwester des Toten hält die Polizei für unfähig.“

„Das hat sie ausdrücklich verneint“, rief ich.

Lestrade winkte ab. „Da Mister Moore mit dem Commissioner bekannt war, wurde mir aufgetragen, Sie zu unterstützen. Wollen Sie erst die Akte lesen oder sich gleich zum Tatort begeben?“

Nun, ich hätte an seiner Stelle vermutlich auch schlechte Laune.

„Ich werde Sie selbstverständlich über meine Erkenntnisse auf dem Laufenden halten, Inspector“, versprach Holmes höflich.

„Es sollte mich wundern, wenn Sie zu neuen Erkenntnissen kommen sollten. Aber nur zu, verehrter Detektiv, stellen Sie die Polizei in den Schatten.“

„Mir war nicht bewusst, dass wir in einem Wettbewerb stehen“, murmelte Holmes und überflog die wenigen Zeilen auf dem einzelnen Blatt Papier, dann hob er den Kopf. „Ich würde nun gerne den Tatort aufsuchen. Sie haben doch alles verschlossen?“

„Ich gebe Ihnen Constable Armstrong mit, er wird die Türen öffnen und wieder verschließen.“

„Dann bedanke ich mich aufrichtig für Ihre Mühe, Lestrade. Dieses Entgegenkommen rechne ich Ihnen hoch an.“

„Verbiegen Sie sich nur nicht. – Armstrong!“, brüllte er dann, augenblicklich kam ein junger Constable angerannt. Lestrade erklärte ihm, was zu tun war, und wandte sich dann an uns. „Sie werden mich entschuldigen, Gent-leman, ich habe zu tun.“ Er wollte offenbar noch mehr sagen, angesichts des jungen unbedarften Polizisten ließ er es.

Der Weg zur Bank in der Crafton Street, wo Moore gearbeitet hatte und gestorben war, konnte zu Fuß in wenigen Minuten zurückgelegt werden, und Holmes erkundigte sich interessiert nach den persönlichen Lebensumständen des jungen Polizisten, der etwas scheu das imposante Gebäude anstarrte.

„Kommen Sie, Constable, die da drinnen sind auch nur Menschen.“

Eine große Privatbank wie diese wirkt auf normale Menschen ohne großen finanziellen Hintergrund niederdrückend, ja, sogar Angst einflößend. Seit ich mit Holmes unterwegs war, aber auch bei meinen Hausbesuchen hochgestellter Persönlichkeiten, hatte ich längst festgestellt, dass manche Gebäude eine bestimmte Atmosphäre verströmen, die allerdings durch die darin tätigen und lebenden Menschen verstärkt wurden. In einer Kirche hat kaum jemand Angst, vor manch einem Priester aber schon. Eine feudale Bank erweckt in jemandem vielleicht ein mulmiges Gefühl, ein Bankmitarbeiter, der über einen Kredit entscheidet, kann einen Menschen jedoch ins Unglück stürzen.

An der Seite meines Freundes hatte ich entdeckt, dass selbst hochgestellte Persönlichkeiten zu abgrundtiefer Bösartigkeit fähig sind, während ein Bettler auf der Straße Menschlichkeit zeigen kann. Geld ist also kein entscheidender Faktor, kann den Charakter allerdings zum Guten wie zum Schlechten verstärken. Wie immer und überall kommt es auf die Herzensbildung an.

Das Gebäude von Jefferson, Moore und Parks war nicht besonders groß, wirkte aber durch die riesige Kuppelhalle dennoch beeindruckend. Etwa die Hälfte des Raumes, der mindestens dreißig Yard in der Länge und zwanzig in der Breite messen mochte, wurde durch einen halbrunden Tresen gefüllt, hinter dem in vergitterten Boxen die Angestellten Geld auszahlten oder entgegennahmen, halblaute Gespräche führten, oder eifrig Geldscheine und Münzen zählten. Rechts und links des Eingangs gab es mehrere Schreibtische, an denen Sekretäre ihrer Arbeit nachgingen. Einer schaute nun auf, bemerkte uns und sprang auf.

„Mister Holmes, wie schön, Sie wieder einmal begrüßen zu dürfen. Wie können wir Ihnen heute dienlich sein?“ Der kleine dickliche Mann im korrekten Anzug strahlte.

„Man kennt Sie hier?“, fragte ich Holmes verblüfft.

„Einer unserer angenehmen Kunden“, verkündete der Sekretär. Ich hatte Holmes nie gefragt, wie seine finanzielle Situation war; um hier Kunde zu sein, musste allerdings ein gewisses Vermögen vorhanden sein. Das ging mich aber wirklich nichts an.

Holmes wandte sich mir zu, zuckte die Schultern und lächelte. „Bereits meine Eltern waren hier Kunden, und ich habe hier mal einen Fall ... Ach, kommen Sie, Watson, später mehr dazu. – Ist Mister Jefferson zu sprechen? Es geht um den ermordeten Mister Moore“, wandte er sich an den Sekretär.

Augenblicklich legte sich das Gesicht in so etwas wie Trauerfalten. „Ich werde Sie sofort anmelden, Sir. Dieser Uniformierte hier ist in Ihrer Begleitung?“

Die Geringschätzigkeit in diesen Worten brachte mein Blut in Wallung, aber Holmes griff ein.

„Das ist Constable Armstrong, der auf seine Weise vermutlich mehr für die Menschen in dieser Stadt tut als Sie, Mister Whiteshell. Er sorgt dafür, dass Sie nicht überfallen werden, Diebe und andere Verbrecher gefangen werden, und er tut das alles für ein relativ geringes Gehalt. Wann, sagten Sie, waren Sie zuletzt zum Wohle der Allgemeinheit unterwegs?“

Während Holmes sprach, wurde der dickliche Mister Whiteshell immer kleiner und wieselte schließlich ohne weitere Worte davon.

„Ich wusste gar nicht, dass Sie derart überheblich und arrogant sein können“, murmelte ich Holmes zu.

„Armstrong, zucken Sie niemals vor solch subalternen Subjekten zurück, die kuschen vor jedem harten Wort. Stellen Sie sich den Mann in einer langen Unterhose vor ...“

„Holmes!“, entfuhr es mir, aber der junge Polizist lächelte. „Danke, Sir, ich werde bestimmt daran denken.“

Der Sekretär kehrte zurück und verbeugte sich. „Folgen Sie mir bitte, meine Herren.“

Cecil Jefferson sah man den Bankier auf den ersten Blick an; distinguiert, abschätzig, teuer gekleidet, im Ganzen beherrscht. Er erhob sich höflich hinter seinem Schreibtisch und kam auf uns zu. Er zuckte mit keiner Wimper, als Holmes mich und Armstrong vorstellte, reichte uns allen mit kräftigem Druck die Hand.

„Sie sind vermutlich wegen des armen Moore hier, aber ich habe Scotland Yard schon alles gesagt, was ich weiß – ebenso wie Horace Parker, Moores Sekretär. Selbstverständlich können Sie sich gerne weiter umsehen, Hauptsache, Sie lösen den Fall rasch. Es macht keinen guten Eindruck, wenn die Bank so sicher ist, dass nicht einmal Tote herauskommen – Verzeihung, ein schlechter Scherz, aber wir sind dafür bekannt, dass unsere Tresore einbruchssicher sind. Leider scheinen unsere Büros ausbruchsicher zu sein. Es beruhigt mich sehr, Mister Holmes, dass Sie sich der Sache annehmen – womit ich nichts gegen die Polizei gesagt haben will.“ Er schaute Armstrong dabei entschuldigend an, der schien die Lektion von Holmes verstanden zu haben, denn er gab den Blick mit einem Lächeln zurück.

Holmes wollte dann das Büro sehen. Armstrong schloss das Vorzimmer auf und machte große Augen, als Holmes eine Lupe aus der Tasche holte und das Schloss der Tür genauestens untersuchte.

„Sir, die Tür wurde aufgebrochen, das war nötig, weil sie von innen verschlossen war“, wandte er zögerlich ein. „Die Spuren werden Sie sicherlich finden.“

„Ja“, erwiderte Holmes, was alles und nichts bedeuten konnte.

Das Vorzimmer, in dem wir uns befanden, war leer, auf dem Stehpult des Sekretärs lagen jedoch einige Schriftstücke. Holmes beendete seine Untersuchung.

„Armstrong, holen Sie mir den Sekretär. Parker hieß er doch?“

„Sofort!“

Ich betrat das großzügige Büro von Daniel Moore. Im Gegensatz zu seinem Sekretär musste er nicht an einem Stehpult arbeiten. Die Einrichtung bestand aus einem teuren Aubusson-Teppich, Einbauschränken, einer Sitzecke aus Leder vor einem Kamin und einem eindrucksvollen Schreibtisch aus Mahagoni mit hochwertigen Schnitzereien. Ein gewaltiges Stück, das vermutlich vom Vater oder Großvater stammte, die ebenfalls Mitinhaber der Bank gewesen waren.

„Watson, setzen Sie sich doch mal hinter den Schreibtisch, ich will ein Gefühl für den allgemeinen Eindruck bekommen.“

Ich tat wie geheißen und kam mir ziemlich verloren vor. Wie, zum Teufel, sollte jemand an einer Tischplatte von der Größe eines halben Tennisplatzes vernünftig arbeiten? Nun ja, vielleicht übertrieb ich etwas, aber behaglich fühlte ich mich nicht.

Holmes stand noch immer an der Tür und ließ seine Blicke schweifen.

„Wonach suchen Sie? Einen zweiten Eingang?“

Die Fenster bestanden aus Buntglas mit eisernen Gittern davor.

„Laut der Lagepläne gibt es keinen zweiten Eingang“, erwiderte er unkonzentriert.

„Holmes, wann und wie haben Sie die Lagepläne gesehen?“

Keine Antwort.

„Holmes! Die Pläne?“

„Ach so, wer hier ein Depot mieten will oder eine große Summe einlegt, bekommt die zu sehen.“

„Glauben Sie, dass das stimmt? Dann könnte ja selbst ein Dieb oder Betrüger ...“