Shumba - Anja Martens - E-Book

Shumba E-Book

Anja Martens

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Beschreibung

Man sagt, dass jeder Mensch eine Geschichte zu erzählen hat. Aber nicht jede Biografie geht so unter die Haut wie das Leben von Shumba, der als Alasdair auf einer Farm britischer Einwanderer in Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, geboren wird. Es ist eine glückliche Kindheit in der grandiosen Natur Afrikas, die schlagartig überschattet wird von der Gewalt des Bürgerkrieges in Rhodesien Ende der 1970er Jahre. Es sind Erlebnisse, die Shumba prägen werden. Was ein Leben in Frieden bedeuten kann, erlebt Shumba, als er zum Tanzstudium nach London geht. Aber auch dort gibt es Licht und Schatten. Seine spätere Karriere als Balletttänzer führt ihn auf die großen Bühnen der Welt. Es sind der Schmerz und die Trauer über das Erlebte, die seinen Tanzstil zu etwas Außergewöhnlichem machen. Doch es vergehen Jahre, bevor sich Shumba, inzwischen Physiotherapeut in Schleswig-Holstein, im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung erstmals bewusst mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt.

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Zur Erinnerung an Caroline Townsend ‚

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Prolog

Deutschland 2015

Süd-Rhodesien 1979

Deutschland 2015

Süd-Rhodesien 1979

Monate später

Deutschland 1995

Süd-Rhodesien, Ende 1979

Drei Jahre später, Oktober 1982

Alasdair

Wochen später

Dezember 1982

Süd-Rhodesien 1976/77

Caroline

London 1983

Süd-Rhodesien 1978

London 1984

Süd-Rhodesien 1978

London 1984

Süd-Rhodesien 1973, Spirits Farm

Norwick, United Kingdom, viele Jahre zuvor

Monate später

Jahre später

Süd-Rhodesien 1973

London, 1984

Caroline, Januar 1979

Irland, Cork, 1984/85

September 1986

Januar 1979, Spirits Farm

Kiel 2015

Sankt Peter Ording, Wochen später

5. Mai 1979, Süd-Rhodesien

Sankt Peter Ording, 2015

Eine Woche später

5. Mai 1979, Süd-Rhodesien

Sankt Peter Ording, 2015

5. Mai 1979, Süd-Rhodesien

Epilog

Simbabwe 2016

Nachwort

Anhang

Der Aufstieg des Robert Gabriel Mugabe

Quellen

Simbabwe

Danksagung

Vorwort

Dies ist die persönliche Geschichte von Shumba und maßt sich nicht an, alle Zusammenhänge historisch korrekt wiederzugeben.

Die Erlebnisse des 5. Mai 1979 sind so detailgetreu, wie nach dieser langen Zeit möglich, berichtet worden. Sie haben darauf gewartet, erzählt zu werden.

Anja Martens

Schleswig-Holstein, November 2022

Prolog

Deutschland 2015

Ein herzzerreißendes Miauen weckte ihn aus seinem Schlaf. Noch immer, auch nach so vielen Jahren, waren seine Sinne geschärft, genügte das kleinste Geräusch, eine winzige Bewegung, um ihn in Alarmbereitschaft zu versetzen. Von einer Sekunde auf die andere lag er hellwach in der Dunkelheit und verfolgte mit seinen Augen die sanften Bewegungen der Gardinen, als er erneut ein vertrautes Miauen vernahm. Leise zog er sich an und weckte dennoch unbeabsichtigt seine sich noch im Halbschlaf befindende Frau: "Was ist passiert?", fragte sie und setzte sich senkrecht im Bett auf. "Nichts Schlimmes, schlaf ruhig weiter", antwortete er, so dass sie sich müde zurück auf ihr Kissen fallen ließ und kurz darauf erneut in einen tiefen Schlaf fiel.

Mit klopfendem Herzen folgte er dem Maunzen und hielt kurz darauf seinen seit Wochen verschwundenen Kater im Arm. Er erkannte ihn kaum wieder, sein Fell war zerrissen und Pfoten und Hals des abgemagerten Tieres zeigten rote Striemen. Sein Herz zog sich beim Anblick dieser schweren Verletzungen zusammen. Behutsam streichelte er dem Kater über das Fell und redete flüsternd, in einer fremden Sprache, auf ihn ein. „Wer tut so etwas? Wer verspürt Freude daran, ein hilfloses Tier zu quälen?“ Empörung und ein Gefühl von Ohnmacht breiteten sich in ihm aus.

Gedankenverloren kramte er im Schrank nach dem Katzenfutter und füllte schließlich den Napf auf. Der zu neuem Leben erwachte Kater sprang heißhungrig zum Fressnapf, verschlang gierig die letzten Krümel und kuschelte sich anschließend in sein behagliches Körbchen. Für einen Moment verharrte der Mann still in der Dunkelheit und beobachtete das regelmäßige Heben des Brustkorbes seines Schützlings. Erleichtert öffnete er die Tür zum Schlafzimmer und schlüpfte unter die inzwischen abgekühlte Bettdecke. Noch immer vor Kälte bibbernd, zog er sich die Decke bis zum Kinn, schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Doch die Gedanken kreisten, und längst vergessen geglaubte Bilder seiner Kindheit kehrten mit aller Macht zurück.

Süd-Rhodesien 1979

Shumba wachte in der Dämmerung auf, zog sich halb im Gehen an und schlich auf leisen Sohlen hinaus zu den muhenden Kühen, die er wie jeden Morgen noch vor der Schule zu versorgen hatte. Barfuß marschierte er hinüber zu den Stallungen der Farm, sich der möglichen Anwesenheit von Boomslangs, Kobras oder Puffottern stets bewusst. Erleichtert nahm er Vogelzwitschern wahr, denn zu gut kannte er die unheilvolle Stille der Tiere, wenn ein Angriff einer Raubkatze drohte.

Warme Luft und die Geräusche der im Stroh scharrenden Kühe umfingen ihn. Routiniert schnappte er sich Eimer und Schemel, klopfte dem ersten Tier auf den Rücken und machte sich, noch leicht mit der Müdigkeit kämpfend, ans Werk.

Die Stalltür öffnete sich erneut und Shumbas Brüder taten es ihm gleich, verteilten sich und melkten um die Wette.

„Hej Arran, wirf nicht wieder den Eimer um! Das war ja letztes Mal die reinste Milchsuppe auf dem Fußboden!", rief Shumba aus der einen Ecke des Stalls hinüber zu seinem jüngeren Bruder. Verächtlich schnaubend erwiderte dieser: "Haha, sehr witzig!"

Stunden darauf saß Shumba im Unterricht der britischen Schule in Salisbury, den Kopf in die Hände gestützt folgte er den Ausführungen des Lehrers, fieberte innerlich aber dem Nachmittag entgegen, an dem er für das neue Schwimmbad an einem Spendenlauf teilnehmen würde. Überhaupt liebte er den Nachmittagsunterricht tausendmal mehr als die theoretischen Vormittags-Lektionen. Am Nachmittag durfte er Kind sein, toben, rennen, Rugby und Kricket spielen und sich mit Lucas und Michael, seinen besten Freunden, ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Die Vorfreude darauf ließ ihn lächeln und er grinste seinen Bruder Ross verschwörerisch von der Seite an: "Heute werden wir es den anderen zeigen, dass wir noch immer die Terrible Tigers sind!" Ross grinste zurück, er wusste, dass der Weg zu diesem „Spitznamen“ steinig gewesen war, dass sie sich diesen „Titel“ ausschließlich mit eisernem Willen, Schnelligkeit, geschmeidigen Bewegungen und Zähigkeit erkämpft hatten. Inzwischen waren sie ernstzunehmende Gegner für alle aus dem Leichtathletik-Team. Jeder für sich allein stellte einen Konkurrenten dar, gemeinsam waren sie unschlagbar.

Stunden darauf, als die Nachmittagssonne den Zenit überschritten hatte, kam der Schul-Konvoi, bestehend aus zwei sogenannten „Krokodilen“ und mehreren Kleintransportern, unweit von Shumbas Farm zum Stehen. „Was für ein Aufwand, um ein paar Kinder zur Schule hin- und zurückzubringen!“, dachte Shumba und wusste im selben Moment, dass dies im krisengeschüttelten Süd-Rhodesien notwendig war, wenn sie als Kinder weißer Einwanderer das Erwachsenenalter erreichen wollten, denn Momente der Unbeschwertheit waren selten in seinem Leben und dem seiner Mitschüler. Nicht selten fragte sich Shumba, ob er am nächsten Schultag mit seinen Schulkameraden im Unterricht sitzen oder zu ihrer Beerdigung gehen würde. Bürgerkrieg und Terror hatten tiefe Spuren hinterlassen, Spuren aus Angst, Schmerzen und Traurigkeit. Sein angeborenes kindliches Urvertrauen hatte sich in Luft aufgelöst, existierte nicht mehr. Dieses verborgene Phänomen entdeckte er ebenfalls bei seinen Mitschülern, wenn sich während eines Gesprächs ein Schatten auf ihr Gesicht schlich oder wenn sie mitten im Spiel innehielten und die Umgebung nach Gefahren abscannten. Dennoch war er ein normaler Teenager, dessen Lebensfreude bei allen Beeinträchtigungen überwog.

Ohne weiter darüber nachzudenken, dass die „Krokodile“ dazu dienten, Landminen von ihnen abzuhalten, hüpften Arran und er aus dem Rumpf des Fahrzeuges. Shumbas bester Freund Marcus fuhr weiter und zog hinter dem Fenster eine Grimasse, so dass die Mc Duncan-Brüder losprusteten. Langsam nahm die lange Karawane des Schulkonvois Fahrt auf, bog um die Ecke und hinterließ eine Wolke aus Benzingasen. Die beiden Brüder griffen zu ihren an einen Baum gelehnten Fahrrädern, schwangen sich auf den Sattel und radelten energiegeladen zur „Spirits Farm". Die letzten hundert Meter beschleunigten sie und Shumba rief: „Die Mc Duncan-Brüder bieten sich heute ein Kopf-an-Kopfrennen! Längst sind die beiden Sportler in Rhodesien eine Legende. Wer wird heute den Sieg davontragen?“

Keuchend erreichten sie das Tor der heimatlichen Farm, wo ihnen Kossack freudig entgegensprang, bellte und schließlich zufrieden mit dem Schwanz wedelte. Minuten darauf stürmten sie ihr Kinderzimmer und pfefferten die lästige Schuluniform in die Ecke. Ein appetitanregender Geruch von Mittagessen lag in der Luft und waberte durch alle Räume. Shumba lief immer der Nase nach und begrüßte seine Mutter, die sich gerade am Herd zu schaffen machte, mit einem Kuss. Von der liebevollen Unterbrechung abgelenkt, streifte ihr Finger für eine Milli-Sekunde die heiße Herdplatte, so dass sie laut: „Mist!“, wetterte und mit ihrer nun leicht lädierten Hand zum Waschbecken wechselte. Erleichtert atmete sie auf, als das kalte Wasser auf ihre gerötete Hand floss. Shumba lachte innerlich auf, Kochen und Backen waren noch nie die Leidenschaft seiner Mutter gewesen. Die Familie bestärkte sie nicht ganz uneigennützig, sich vorrangig der Labradorzucht zu widmen und dem Kinder- und Hausmädchen, Sophie, das wie Samson, das Faktotum der Mc Duncans, zu dem Stamm der Matabele gehörte, das Kommando in der Küche zu überlassen. Sophies Essen schmeckte einfach besser, auch wenn das offen niemand zu sagen wagte.

Shumba stieß die Fliegengittertür mit einem lauten Knall auf und rannte in Begleitung von Kossack zum Pferdestall. Bevor er die Stalltür öffnete, hielt er inne und betrat lautlos die Pferde-Box, was Apache dennoch nicht verborgen blieb. Schon aus dieser Entfernung beobachtete Shumba, wie Apache die Ohren spitzte, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er seine Gegenwart witterte. Shumba streichelte den Kopf des Ponys, flüsterte ihm: „Na, alter Junge!“, ins Ohr und verwöhnte es schließlich mit einer Möhre.

Aus der Ferne vernahm er aufgeregtes Hühnergegacker, was ihn an seine täglichen Pflichten erinnerte. Mit einem letzten kameradschaftlichen Klopfen auf das Hinterteil verabschiedete er sich von Apache und schlurfte mit dem alten Korb aus geflochtenem Schilf Richtung Hühnerstall.

Er öffnete die quietschende Stalltür, hinter der es aufgeregt flatterte und gackerte und ihm beißender Hühnergeruch entgegenschlug. Einige von dem Federvieh verfolgten jede seiner Bewegungen von den Hühnerstangen aus, auf denen sie thronten. Sie wirkten wie Aufseherinnen eines Frauengefängnisses. Fehlte nur noch der furchteinflößende Knüppel. Andere brüteten in aller Seelenruhe in ihren Nestern und gackerten empört, als Shumba mit einem Stock in ihrem Allerheiligsten herumstocherte. „Bodenlose Frechheit!“, schienen sie zu denken.

Auf dem Weg zurück zum Haupthaus umkreiste ihn schnatternd das Gänse-Quartett, bestehend aus Matthew, Marcus, Luke und John. Die Namensgebungen der Tiere erfolgten im Hause Mc Duncan stets etwas unkonventionell. So wurden die Labradore der Hundezucht in den ersten Jahren nach alkoholischen Getränken und später nach Gewürzen benannt und die Gänse nach den vier Evangelisten der Bibel, obwohl lediglich ein Ganter auf der Farm lebte.

„Na, was wollt ihr von mir? Ich habe keine Zeit für euch, los, verschwindet, ich muss Hausaufgaben machen!“ Doch die vier weißen Evangelisten watschelten Shumba unablässig hinterher. Sophie beobachtete, an ihrem Waschzuber innehaltend, die aufdringliche Gänseschar und prustete los. „Ihr albernes Gänsevolk. Nun aber weg von hier! Lasst ihn in Ruhe!“, schimpfte sie gebieterisch. Matthew, Marcus, Luke und John zogen sich beleidigt zurück und Sophie erhaschte gerade noch einen Blick auf die schwingende Tür. „Wie groß Shumba geworden ist. Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass er mir Löcher in den Bauch gefragt hat. „Sophie?! Wie sagt man „Freund“ auf Shona? Sophie?! Erzählst du mir eine Geschichte? Sophie?! Zeigst du mir nochmal, wie das Trinken von Blättern geht?“ Wehmut erfasste Sophie, als sie an den heranwachsenden Teenager dachte, der manchmal sehr still und in sich gekehrt über die Farm lief. Nach wie vor empfand sie den Namen SHUMBA passend für ihn. Der Stamm der Matabele gab jedem Menschen einen Tiernamen, um seinen Charakter zu unterstreichen und „Shumba“ hieß in ihrer Stammessprache Shona „Löwe“. Er symbolisierte ein hohes Verantwortungsbewusstsein, gepaart mit einem ausgeprägten Beschützerinstinkt. Shumbas Eltern hatten ihrem Sohn, sich den einheimischen Ritualen beugend, diesen Namen gegeben. „Ja, Shumba ist ein richtiger kleiner Löwe, der immer sein Bestes geben und sich schützend vor geliebte Menschen stellen wird“, dachte die Nanny und strich sich die widerspenstigen Haare aus dem Gesicht. Gedankenverloren widmete sie sich erneut dem langsam schrumpfenden Wäscheberg.

Am Ende des Tages hingen Shumbas Sachen fein säuberlich über dem Stuhl. Mit hinter dem Nacken verschränkten Händen lag er hellwach in seinem Bett, hörte das leise Zirpen der Grillen vor seinem Fenster sowie den wehmütigen Gesang einer Nachtigall, während der betörende Duft der Flame Lily, die durch ihre spektakulären Flammenblüten Jahre später zur Nationalblume Simbabwes ernannt werden würde, hereinwehte. Das Bett knarzte, als Ross sich auf die Seite wälzte und schnarchte. Seufzend drehte sich auch Shumba um und fiel schließlich in einen traumlosen Schlaf.

Tage darauf durfte er bei Marcus schlafen. Nachdem er alle Pflichten in Windeseile erledigt hatte, packte er seine Siebensachen, da er von der Schule aus mit nach Hause zu Marcus fahren wollte, um dort das Wochenende zu verbringen. Die Stunden des Unterrichts flossen zäh dahin, wie eine klebrige Masse. Endlich war es soweit, seine Mitschüler und er stopften ihre Bücher in die Schultasche und stürmten aus dem Schulgebäude.

Ein ganzes wunderbares Wochenende lag vor ihnen, alle unangenehmen Gedanken an Schule und Unterricht wurden ebenso wie die Schulrucksäcke und Turnbeutel in die Ecke gefeuert.

Die Jungs tobten wie eh und je in den riesigen Stallungen, schlichen auf leisen Sohlen, wie richtige Fährtenleser, und begaben sich auf Spurensuche. Ihre Mahlzeiten im Freien bestanden aus dem, was ihnen die Natur bot, und was Samson, der Koch aus dem Stamm der Matabele, Shumba gelehrt hatte. Sie naschten Beeren, kauten Gras und schlürften auf rhodesische Weise Wasser von den Blättern. Dennoch hatte sich ihr Spiel in den letzten zwei Jahren verändert. So, wie ihre Körper in die Höhe schossen und sich ihre Stimmlage vertiefte, empfanden sie nun manche Beschäftigungen als kindisch und ihres Alters unwürdig. An die Stelle der phantasievollen Rollenspiele war das Reden getreten. Sie führten Gespräche über die Schule, Tiere und Familie und setzten sich zunehmend mit ernsteren Themen wie Politik und dem Mysterium Liebe auseinander. Shumba dachte lächelnd an ihr einstiges Herumtoben. In jenen Tagen kämpften sie Seite an Seite gegen das Böse auf der Welt und ritten als Winnetou und Old Shatterhand über das riesige Farmgelände. Manchmal fühlte sich Shumba erwachsen und belächelte seine jüngeren Brüder und sein altes Ich. Ein anderes Mal schob er jedoch alle Bedenken beiseite. „Hey Marcus, wer zuerst am Zaun ist, hat gewonnen.“

Das gemeinsame Wochenende verging wie im Fluge und so packte Shumba Sonntagnachmittag, dieses Mal deutlich langsam und etwas widerwillig, seinen Rucksack mit Schlaf- und Wechselsachen, Zahnbürste und, für einheimische Teenager im Alter von vierzehn Jahren völlig selbstverständlich, eine geladene Pistole ein. Der Nachmittag war fortgeschritten und die Dunkelheit würde bald hereinbrechen.

"Los Shumba, beeil dich, es wird bald dunkel! Ich will nicht so spät zurück sein", trieb Marcus seinen Freund an. Kurz darauf fuhren sie, obwohl minderjährig, mit einem Motorrad die immer leerer werdenden Sandstraßen entlang. Noch immer war es drückend heiß, so dass sie den kühlen Fahrtwind genossen, der durch ihre Kleidung zog.

In der einen Hand hielt Shumba die geladene Pistole, mit der anderen krallte er sich an den nach vorn gebeugten, lenkenden Marcus fest, dessen Konzentration darauf gerichtet war, vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause zu sein. Shumba rief vom Rücksitz etwas zu seinem Freund nach vorn, doch der Wind verschluckte seine Worte.

Plötzlich, ohne Vorwarnung, ohne eine düstere Vorahnung tauchten Terroristen, die gefürchteten "Terros", aus den Straßengräben auf und eröffneten auf die beiden überrumpelten Jungs einen Kugelhagel.

Doch so schnell wie alles begann, endete es wieder und Shumba fand sich Minuten darauf im Graben wieder. Um ihn gespenstische Stille und ein Gefühl der Unwirklichkeit haftete der Situation an. Er spürte den Körper seines Freundes auf sich und flüsterte seinen Namen. Doch Marcus reagierte nicht, lag still und bewegungslos auf ihm, während eisige Kälte durch seinen Körper kroch. Trotz dieser bizarren Situation erwachte Shumbas Überlebensinstinkt und seine Gedanken jagten. „Sind die Terros noch in der Nähe? Beobachten sie mich?“ Er bot alle Kraft auf, um nicht an Marcus zu denken, und versuchte mit aller Macht, einen klaren Gedanken zu fassen.