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Emeran Schächtle, Kriminalhauptkommissar bei der Kripo Konstanz, besucht an Silvester 2011 ein Konzert im Konstanzer Konzil. Während der Aufführung wird der Dirigent des Münsterchors vergiftet, seine Witwe, eine ehemalige Prostituierte, wird kurz darauf entführt. An Neujahr 2012 geschieht ein zweiter Mord mit Zyankali. Bei Ermittlungen nachts im Bordell am Flughafen wird Schächtle zusammengeschlagen. Verletzt erkennt er seinen Intimfeind, den Mafiaboss Fabrizio Creola, der ein Bordell in Radolfzell gekauft hat. Als dieses von der Polizei gestürmt wird, ist der Mafiaboss verschwunden. Ein komplizierter Fall für die Konstanzer Ermittler, der eine verblüffende Lösung findet.
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Seitenzahl: 237
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Andreas E. Graf
wurde 1954 in Konstanz am Bodensee geboren. Er ist gelernter Maler, Lackierermeister und Betriebswirt im Handwerk. Von 2009 bis 2013 absolvierte er eine Ausbildung zum Autor im Fernstudium an der »Schule des Schreibens« in Hamburg. »Mord am Münsterplatz« erschien 2016 und war sein Krimidebüt.»Korruption am Bodensee« ist sein zweiter Krimi, er erschien 2017.
Andreas E. Graf
Silvester am Bodensee
Ein Bodenseekrimi
Oertel+Spörer
Dieser Kriminalroman spielt an realen Schauplätzen. Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden. Sollten sich dennoch Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen ergeben, so sind diese rein zufällig und nicht beabsichtigt.
© Oertel + Spörer Verlags-GmbH + Co. KG 2018Postfach 16 42 · 72706 ReutlingenAlle Rechte vorbehalten.Titelbild: fotolia © CRien ImagesGestaltung: PMP Agentur für Kommunikation, ReutlingenSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-96555-018-6
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Corleone Sizilien
Don Alfredo Creola saß auf dem schwarzen Sessel in seinem Wohnzimmer. Der große, korpulente Mann strich mit den Händen über seine Glatze. Er hatte noch einen dünnen, schwarz-grauen Haarkranz, auf den er stolz war.
Der Zweiundsiebzigjährige runzelte die Stirn, ging ans Fenster, schaute auf seine Stadt herunter und hing seinen Gedanken nach.
In diesem sizilianischen Ort war er in eine ärmliche Familie hineingeboren worden. Sein Vater, ein Tagelöhner, hatte keinen Beruf. Es waren schwierige Zeiten damals, denn eine Ausbildung konnte er nicht bekommen, da kein Geld da war. Ihm blühte das gleiche Schicksal, wie seinem Vater. Da rettete er Don Cico, dem damaligen Paten, das Leben, als dieser über die Straße lief und von einem Auto getötet werden sollte. Aus Dankbarkeit nahm dieser Alfredo unter seine Fittiche. Er finanzierte ihm das Gymnasium, wo er die Matura machte. Dann studierte er in Rom Betriebswirtschaft und Jura. Nach dem erfolgreichen Abschluss war er der Berater von Don Cico und übernahm seine Geschäfte, als dieser sich 1980 zurückzog.
Er sah auf die alten, typischen Häuser einer sizilianischen Stadt. In den ärmeren Gegenden waren es nur trostlose Backsteinbauten, von denen der Putz abbröckelte. Bei den Reichen befand sich alles in gutem Zustand und war mit warmen Erdfarben gestrichen. Er selbst hatte eine Villa oberhalb von Corleone, auf einer kleinen Anhöhe. Diese hatte ihm Don Cico geschenkt, als er Sizilien verließ und zu seinem Sohn in die USA auswanderte.
Die Sonne strahlte in das Fenster hinein.
Er setzte sich wieder auf seinen Sessel, da kam ein schlanker, sportlicher Mann herein. Er hatte schwarze Haare mit einigen grauen Strähnen und einen Dreitagebart.
»Du hast mich rufen lassen, Onkel?«
»Wieso bist du mir gegenüber so respektlos? Ja, ich bin dein Onkel, aber vor allen Dingen dein Pate. Warum beleidigst du mich?«
Der Fünfundvierzigjährige sagte ehrerbietig:
»Entschuldige bitte, mein Pate«, kniete nieder und küsste ihm die Hand.
Don Alfredo nickte zufrieden.
»Wir müssen reden, Fabrizio! Du bist der Sohn meiner Schwester, die bei deiner Geburt starb. Deshalb habe ich dich wie mein eigenes Kind aufwachsen lassen. Du hast eine gute Schulausbildung erhalten und in Rom studiert.«
Don Alfredo strengte das Reden an. Er stand auf und ging an den Raucherschrank, öffnete die oberste Schublade und holte sich eine Zigarre heraus. Dann setzte er sich und zündete diese mit einem langen Streichholz an.
»Ich habe dich vor drei Jahren nach Deutschland geschickt, damit du dort einen Bordellring aufbaust. Was machst du stattdessen: Kaufst Mädchen von den Russen und zwingst sie, sich zu prostituieren. Das war mit mir nicht abgesprochen. So etwas machen wir nicht, verstanden! Das gibt nur Ärger!«
»Mein Pate, ich bin da aus Versehen hineingeraten, entschuldige bitte.«
»Du wolltest schnell viel Geld verdienen, das war doch der Grund. Überlege dir in Zukunft, was du tust, dann musst du dich nicht immer entschuldigen. Aber ein großer Fehler war es, dass du diesen Polizisten Schächtle in deine Organisation aufgenommen hast.«
»Ja, aber ich habe es erst gemerkt, als die Bullen uns schnappen wollten. Da wusste ich, dass er ein Spitzel war, und habe ihn erschossen.«
»Nein, das hast du nicht! Er hat überlebt, nur seine Frau, die auch bei diesem Einsatz dabei war, wurde getötet.«
Fabrizio senkte den Kopf und sagte nichts.
»Das Schlimmste aber ist: Du hast deine Verlobte Lucia mit einer Maschinenpistole hingerichtet, nur weil sie Schächtle den Übergabeort verraten hat.«
»Hätte sie nichts gesagt, dann wäre es zu keinem Polizeieinsatz gekommen. Sie hat mich denunziert und musste deswegen sterben.«
»Ich wollte nach deiner Heirat mit Lucia, dass die Familien Rossi und Creola sich zusammentun, um das gesamte Gebiet in Sizilien zu beherrschen. Durch deine unüberlegte Hinrichtung sind wir nun Todfeinde. Du hast meine Zukunft zerstört. Die Rossifamilie hat von mir verlangt, dass ich dich töte. Das kann ich nicht!«
Fabrizio Creola wurde nervös und wühlte mit beiden Händen durch seine schwarzen Haare.
»Seit dieser Zeit versteckst du dich bei mir. Du wirst mit einem internationalen Haftbefehl gesucht.«
»Ich weiß, mein Pate. Was soll ich machen?«
Da stand Don Alfredo auf, zog Fabrizio zu sich her und legte seine Arme auf dessen Schultern. Sie schauten einander in die Augen.
»Ich will, dass du mein Nachfolger wirst. Du musst mir beweisen, dass du es auch verdienst. Nicht nur mit Brutalität, sondern auch mit Einsicht und Güte. Wir sind Geschäftsleute und keine Verbrecher, merk dir das.«
Das ist ja ganz was Neues. Früher hat er gerade das Gegenteil mir gepredigt, dachte Fabrizio und sagte:
»Ja, das werde ich. Wie soll ich es dir beweisen? Du gibst mir doch keine Chance. Seit über einem Jahr bin ich bei dir und langweile mich.«
»Du musst weg. Die Familie von Lucia, die in Palermo einflussreiche Kaufleute sind, haben dir Rache geschworen. Ihr Bruder Pedro will dich liquidieren.«
»Wo soll ich hin, mein Pate?«
»Ich habe in Deutschland, genauer gesagt in Konstanz am Bodensee, das Bordell am Flugplatz erworben. Konstanz ist eine Universitätsstadt mit etwa achtzigtausend Einwohnern. Sie grenzt direkt an die Schweiz. Vergiss nicht, gegen dich besteht immer noch ein Haftbefehl.«
»Ich weiß, mein Pate«, sagte er unterwürfig.
»Dein Ansprechpartner im Bordell ist ein gewisser Nikolas Papadopulos, ein Grieche. Er hat unter dem Vorbesitzer alles geleitet. Aber vorsichtig, unter ihm arbeiten noch drei Italiener, die alles tun, was er sagt. Wenn du gutes Personal brauchst, melde dich bei mir. Ich organisiere das dann.«
»Danke, mein Pate, für die Chance.«
»Ich bin noch nicht fertig. Wie ich höre, sind die Mädchen dort gezwungen worden, sich zu prostituieren. Ich möchte, dass du das änderst. In meinem Bordell gibt es keine Zwangsprostitution! Verstanden?«
»Ja, mein Pate!«
Du schreibst mir nichts vor, ich mache es so, wie ich es will, dachte Fabrizio.
»Ich wünsche, dass du mit allen Mitarbeiterinnen – so will ich sie jetzt nennen – wie es in Deutschland üblich ist, Arbeitsverträge machst. Deswegen reist mit dir unser Rechtsanwalt, Avvocato Dr. Paolo Canalodi, mit. Er wird überwachen, ob alles so gemacht wird, wie ich es will. Auch schaut er sich noch genauer die finanzielle Seite des Unternehmens an.«
»Muss das sein?«
»Ja, das muss sein! Nicht, dass wieder so etwas geschieht, wie bei deinem letzten Aufenthalt in Deutschland. Ich möchte keinen Ärger, verstanden?«, schrie Don Alfredo seinen Neffen an.
»Ja, mein Pate, wie du es befiehlst.«
»Dann noch etwas: Dein Feind Schächtle ist seit diesem Jahr der Leiter des Dezernats für Tötungsdelikte bei der Kripo Konstanz. Du lässt ihn in Ruhe! Du tust ihm nichts und nimmst auch keinen Kontakt auf.«
Fabrizio atmete laut und wollte etwas sagen.
»Ihr werdet am 1. Januar in Konstanz erwartet. Heute Abend fahrt ihr nach Rom, dort verbringt ihr Silvester. An Neujahr fliegt ihr um 10.15 Uhr nach Zürich. Von dort fahrt ihr mit einem Taxi nach Konstanz.«
Fabrizio stand eingeschüchtert da und nickte.
Don Alfredo flüsterte ihm ins Ohr:
»Wenn du diesen Auftrag zu meiner Zufriedenheit ausführst, wirst du in kurzer Zeit der neue Pate von Corleone sein. Wenn nicht, du weißt, was dann passiert!«
»Ja, mein Pate!«
»Lass uns jetzt zu unserem Avvocato gehen und alles noch mit ihm besprechen.«
19 Uhr Silvester
Emeran Schächtle war mit seinem Vater, seiner Tochter Franziska und seinem Sohn Thomas beim Essen in der »Patronentasche«, dem Speiselokal des Konzils.
»Des isch aber en schöne Johresabschluss, gell Bue. Sogar Franzi und de Themmes sind kumme.«
»Ja Vater, das finde ich auch. Dass die Kinder da sind, freut mich am meisten.«
»Leider muss ich morgen wieder nach Berlin«, sagte der zweiundzwanzigjährige Thomas, genannt Themmes, der Medizin studierte.
»Auch ich fahre: zur Polizeischule nach Biberach. Bin morgen Abend zur Wache eingeteilt«, meinte die zwanzigjährige Franziska, genannt Franzi.
»Sage mol Emeran, goht it glei s’Konzert los?«
»Ja, du hast recht. Geht ihr schon mal vor, ich zahle in der Zwischenzeit.«
Als sie wenig später über die große Treppe zu dem oberen Saal gingen, trafen sie im Vorraum bei der Sektbar Lisa Marie Kreiser.
»So Frau Kreiser, auch das Jahr mit einem schönen Konzert ausklingen lassen?«
»Ja, Herr Schächtle. Sie spielen den Messias von Georg Friedrich Händel. Es ist eine meiner liebsten Kompositionen des Meisters. Und dann wird sie noch vom Münsterchor mit dem Bodensee-Sinfonieorchester aufgeführt. Ein wahrlicher Genuss. Hoffentlich habe ich einen guten Platz und sitze nicht vor einem Pfosten. Ich möchte ungehindert auf die Bühne sehen können.«
Sie war mittlerer Größe, hatte schwarz gefärbte Haare, und ein knallgelbes, langes Kleid an.
»Ich staune Lisa, wie gut Sie aussehen. Nicht mehr die graue Maus, sondern ein farbiger Paradiesvogel.«
»Danke Emeran, Sie machen mich ganz verlegen.«
In der Zwischenzeit strömten die Besucher an ihnen vorbei in den Saal hinein. Einer rempelte Kreiser an und sie fiel in Emeran Schächtles Arme.
»Passen Sie gefälligst auf!«, schrie sie ihm nach.
»Übrigens, ich gratuliere Ihnen zur Ernennung als Oberstaatsanwältin. Sie haben es sich redlich verdient.«
»Das meine ich auch, es wurde langsam Zeit«, sagte ein älterer Mann, der daneben stand.
»Darf ich Ihnen meinen Vater vorstellen. Er begleitet mich heute zu diesem Konzert.«
»Emeran, kumm etzt, mir munt ufd Plätz«, drängte Franziska.
Sie setzten sich, und der achtundvierzigjährige, schlanke Kirchenchordirektor Ulf Kasulke betrat das Dirigentenpodium. Er gab den Einsatz für die Sinfonia, mit der das Oratorium beginnt.
Schächtle hatte sich auf das Konzert gefreut. Er war fast ein Jahr in Konstanz, dachte dabei an seine Fälle vom ermordeten Münstermessner und des korrupten Apfelbarons.
»Hoffentlich wird das Jahr 2012 besser«, sagte er leise zu sich.
In der Pause lud er alle an die Sektbar ein.
Danach begann der zweite Teil des Konzerts. Der Kirchenchordirektor Ulf Kasulke gab den Einsatz. Sie sangen »Kommt her und seht das Lamm«.
Es war ruhig im oberen Konzilsaal, alle sahen gespannt der Aufführung zu.
Als der Chor das »Halleluja« sang, sah Schächtle, dass der Dirigent torkelte.
Auf einmal drehte er sich zum Publikum, röchelte und brach zusammen.
Es herrschte Stille. Ein großer, kräftiger Mann lief zur Bühne. Da stand Schächtle auf und ging nach vorne.
»Sie, Dr. Spaltinger?«
»Ja, ich bin auch im Konzert, wollte das Jahr ohne einen Toten abschließen«, antwortete der Rechtsmediziner der Polizeidirektion Konstanz.
Er beugte sich über Kasulke und entfernte sich sofort wieder.
»Der Mann ist mit Blausäure vergiftet worden.«
Schächtle beugte sich zu dem Toten runter, Spaltinger riss ihn zurück.
»Wollen Sie auch sterben?«
»Wieso? Ich wollte ihn mir nur genau anschauen.«
»Der Mann riecht nach Bittermandel, das ist ein Zeichen, dass er mit Blausäure vergiftet wurde. Wenn Sie das einatmen, ersticken Sie.«
»Ich habe nichts gerochen.«
»Das kann schon sein. Die Wenigsten nehmen das wahr.«
»Ich dachte, der Münsterchordirektor ist tot?«
»Das schon, aber das Giftgas strömt aus seinem Mund. Auch wenn Sie das nicht riechen. Ich vermute, dass es eine Zyankalivergiftung ist. Der Schaum um seinen Mund ist ein typisches Zeichen dafür.«
»Was ist passiert, Emeran?«, fragte Kreiser, als sie auf die Bühne kam.
»Wir haben einen neuen Mordfall! Bitte lösen Sie die Veranstaltung auf.«
»Meine Damen und Herren, ich bin Oberstaatsanwältin Dr. Kreiser von der Staatsanwaltschaft Konstanz. Der Kirchenchordirektor Ulf Kasulke ist tot. Die Kollegen von der Kriminalpolizei beginnen jetzt mit den Ermittlungen. Wer in diesem Bezug etwas mitzuteilen hat, wendet sich bitte an Kriminalhauptkommissar Emeran Schächtle, den Leiter des Dezernats für Tötungsdelikte. Ansonsten ist das Konzert beendet. Bitte verlassen Sie ruhig das Konzilgebäude. Den Münsterchor sowie das Bodensee-Sinfonieorchester bitte ich hierzubleiben. Wir haben einige Fragen an Sie. Danke für Ihr Verständnis.«
»Wir sind viel zu wenig, um hier alle zu befragen«, sagte Schächtle.
»Das dachte ich mir, deshalb habe ich noch die Kriminalbereitschaft und Angelika Fischer mitgebracht«, sagte Kriminaloberrat Schmitz, der auf einmal hinter Schächtle stand.
»Wer hat dich informiert?«, fragte der erstaunt.
»Ich war das«, sagte Kreiser.
»So jetzt aber der Reihe nach. Wir machen die Aufnahmen von dem Toten und dann ab in die Rechtsmedizin mit ihm. Ihr zerstört ja alle Spuren«, meinte Klaus Ringer der Leiter der KTU.
Auf einmal kam eine mittelgroße, schlanke Frau mit langen pechschwarzen Haaren auf sie zu. Sie beugte sich zu dem Toten runter und schrie:
»Nein Ulf, du darfst nicht sterben«, und warf sich auf ihn.
Sie weinte. Angelika Fischer zog sie von dem Toten weg.
Da brach die Frau zusammen.
»Weiß jemand, wer das ist?«, fragte die Kriminalbeamtin und hielt die Ohnmächtige in ihren Armen.
Eine junge Frau kam auf sie zu:
»Es ist Sigrid Kasulke, die Ehefrau des Toten.«
»Wer sind Sie?«, fragte Schächtle.
»Mein Name ist Janina Graf und ich singe im Münsterchor.«
»Angelika, befrage bitte Frau Graf, sie scheint den Toten gut gekannt zu haben.«
»Nicht besser als alle anderen hier«, meinte diese.
»Trotzdem Frau Graf fange ich mit Ihnen an. Hatte der Tote Feinde?«
»Nein, er war überall sehr beliebt. Ich kann mir nicht vorstellen, wer das getan hat.«
»Ist Ihnen irgendwas aufgefallen, bevor der Dirigent gestorben ist?«
»Ja, er hatte immer Beruhigungspillen dabei. Vor jedem Auftritt war er sehr nervös. Die nahm er mit einem Schluck Wasser, das am Dirigentenpult stand.«
»Halten Sie sich weiterhin zur Verfügung. Ich will erst noch die anderen Mitglieder des Münsterchors befragen.«
Da kam der Notarzt auf Schächtle zu:
»Herr Hauptkommissar, wir bringen Frau Kasulke ins Klinikum.«
»Ich wollte sie noch befragen.«
»Das ist unmöglich! Sie ist im zweiten Monat schwanger und wir können froh sein, wenn sie das Kind nicht verliert.«
»Wann ist sie vernehmungsfähig?«
»Kann ich nicht sagen. Rufen Sie morgen an, dann sehen wir weiter.«
Als er sich umdrehte, sah er wie Franziska verschiedene Personen befragte.
»Es ist halt doch deine Tochter, Emeran«, meinte Schmitz lächelnd.
Schächtle nickte und ging zu seinem Vater, der an einer Holzsäule lehnte:
»Geh mit Themmes heim. Das geht noch länger hier. Franzi und ich kommen später nach.«
»Isch recht Bue. I möcht onmol erlebe, dass es kon Mordfall gibt, wenn mir furt gont.«
9.30 Uhr Neujahr
Hans Karl Greiner betrat die Stephankirche. Er blieb stehen, schaute sich um und betrachtete diese gotische Kirche, die in direkter Nachbarschaft des Münsters stand. Es freute ihn, in dieser ehrwürdigen katholischen Basilika beim Neujahrsgottesdienst mit seinem Kolpingchor zu singen.
Der Siebenundvierzigjährige kam von der Probe, die im Kolpinghaus stattgefunden hatte. Seit einem Jahr war er nun der Dirigent des Kolpingchors. Er hatte lange gebraucht, bis diese Männer so sangen, wie er sich das vorstellte. Heute war es so weit, und er konnte einen hervorragenden Musikgenuss präsentieren. Die Kirche war voll besetzt, kaum ein Platz war noch zu bekommen.
Ja, hier am Bodensee gehen die Menschen noch gern in den Gottesdienst, dachte er, und stieg die Holztreppe zur Empore hoch.
Der mittelgroße, leicht untersetzte Mann mit seinen braun-rötlichen Haaren betrat das Dirigentenpodium. Die Sänger standen durcheinander herum und Greiner schrie:
»Verdammt noch mal, könnt ihr euch endlich nach den Stimmen ordnen. Zuerst Tenor eins, dann Tenor zwei, daneben Bass eins und Bass zwei. Es geht gleich los, aber dalli jetzt.«
Er galt als unbeherrscht und war ein Egozentriker. Seinen Chor hatte er deswegen auch im Griff.
»Also Männer, wie ihr wisst, gehen wir heute mit Franz Schuberts ›Deutscher Messe‹ für vierstimmigen Männerchor ein großes Werk an. Daraufhin haben wir auch monatelang geprobt. Strengt euch an, wenn es so klappt wie bei den Proben, bin ich zufrieden.«
Dann begann der Gottesdienst mit dem Einzug des Priesters und der Ministranten.
Greiner war glücklich, alle Sänger gaben ihr Bestes und kein falscher Ton kam heraus.
Ja, ich habe schon eine gute Sängergruppe daraus gemacht, dachte er zufrieden.
Nun sangen sie feierlich das Sanctus: »Heilig, heilig, heilig! Heilig ist der Herr!« Plötzlich sah man, wie der Dirigent torkelte. Greiner griff sich an den Hals, atmete schwer, fiel am Schutzgitter der Empore vorbei ins Gotteshaus hinunter und landete auf dem harten Steinboden zwischen den Kirchenbänken. Die Leute schrien und rannten zu ihm hin. Der Dirigent des Kolpingchors war tot.
Zur gleichen Zeit befand sich Emeran Schächtle im Dezernat und stand an der Kaffeemaschine.
»Kann ich auch einen haben?«, fragte Angelika Fischer, als sie das Büro betrat. Hinter ihr kamen Karin Reissner und Dirk Steiner.
»Was macht ihr den hier? Der Dienst beginnt doch erst morgen.«
»Angelika hat uns über den Mord an dem Münsterchordirektor im Konzil informiert. Deshalb sind wir da«, meinte Karin Reissner.
»Ich wäre heute sowieso gekommen. Daniela hat Bereitschaft im Krankenhaus«, bemerkte Dirk Steiner.
Schächtle bat alle in sein Büro und berichtete vom Mord im Konzil in der Silvesternacht.
»Was machen wir jetzt Emeran?«, fragte Fischer.
»Wir müssen das Ergebnis der Rechtsmedizin abwarten. So wie ich Spaltinger kenne, ist er da. Angelika, wir gehen zu ihm, vielleicht gibt es was Neues.«
Da klingelte das Telefon:
»Schächtle! … Auch das noch! Wir sind schon unterwegs.«
»Was ist los, Emeran?«, fragte Karin Reissner.
»In der Stephankirche ist der Dirigent des Kolpingchors getötet worden.«
Als Schächtle mit seinen Mitarbeitern auf dem Stephanplatz mit Blaulicht und Martinshorn ankam, sahen sie vor dem Haupteingang der Kirche eine Ansammlung von Neugierigen. Auch standen blau-weiße Polizeifahrzeuge, ein gelber Krankenwagen und ein schwarzer Leichenwagen davor. Reissner parkte den Dienstmercedes direkt neben den Polizeifahrzeugen. Als sie die kleine Treppe hochgingen, mussten sie sich durchkämpfen.
»Kriminalpolizei, machen Sie Platz und verschwinden Sie hier«, schrie Schächtle.
»Des ka jo jeder sage«, antwortete ein älterer, kleiner Mann.
Die Kriminalbeamten kämpften sich mit dem ganzen Körper und ihren Ellenbogen durch. Da entdeckte der Kriminalhauptkommissar im Eingangsbereich Frank Schiele, der Mühe hatte, das neugierige Volk zu bändigen. Schächtle, der bereits in der Kirche war, stellte sich vor die Passanten.
»Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Verlassen Sie sofort den Kirchenbereich. Sie behindern unsere Ermittlungsarbeit.«
»Mir lond uns it verdränge«, hörte er eine Frauenstimme.
Da sah er, wie Oberstaatsanwältin Kreiser sich kreischend durch die Menge kämpfte.
»Verlassen Sie sofort den Tatort. Herr Schiele, sorgen Sie dafür, dass die Leute hier verschwinden. Wenn es nicht anders geht, in Haft nehmen wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen«, rief sie.
Auf einmal löste sich die Ansammlung auf und der Eingang war frei.
»Danke Lisa, Sie können überzeugen.«
»Ja, es wird jeden Tag besser«, sagte Kreiser mit einem leichten Lächeln.
Sie gingen zu dem Toten, der immer noch unterhalb der Empore auf dem Steinboden lag. Dr. Spaltinger untersuchte die Leiche. Daneben standen Angelika Fischer, Karin Reissner und Dirk Steiner.
»Kommt, geht etwas beiseite, bei dem Gedränge kann ich nicht arbeiten«, sagte der Rechtsmediziner.
»Wo sind die Leute vom Kolpingchor und die anderen Zeugen?«, fragte Emeran Schächtle.
»Im Altarraum, dort habe ich sie hingeschickt«, antwortete Frank Schiele.
»Also ihr vernehmt die jetzt. Ich komme nach, sobald ich mit Dr. Spaltinger gesprochen habe. Wie sieht es aus Doc? Können Sie schon was sagen?«
»Dasselbe wie bei dem Mordfall im Konzil. Er hat Schaum vor dem Mund und riecht nach Bittermandel. Deswegen wollte ich Sie bei mir in der Rechtsmedizin sprechen.«
»Ich frage mich, wie kommt man an das Gift heran?«
»Besorgen kann man jedes Gift heute, wenn man die richtigen Kontakte hat. Man bekommt es in Apotheken und über das Internet. Auch wird es zur Goldherstellung benutzt.«
»Also Schmuckgeschäfte?«
»Nein, nur in der Industrie zur Goldgewinnung.«
Emeran Schächtle lief zum Altarraum und sah, dass seine Mitarbeiter mit der Befragung mehrerer Personen beschäftigt waren.
»Angelika, was sind das für Zeugen?«
»Das sind die Männer des Kolpingchors. Aber viel kommt da nicht heraus. Die meisten haben nur den Sturz des Dirigenten gesehen.«
Da sah Schächtle seinen alten Freund Dieter Rau und ging auf ihn zu.
»Du singst auch im Kolpingchor?«
»Ja, seit ich Wirt im Kolpinghaus bin.«
»Kannst du mir sagen, was passiert ist?«
»Viel gesehen habe ich nicht. Plötzlich ist der Dirigent getorkelt, hat nach Luft gerungen, sich um hundertachtzig Grad gedreht, das Gleichgewicht verloren und ist von der Empore gestürzt. Das ging so schnell, dass wir nicht reagieren konnten.«
»Was war Greiner für ein Mensch?«
»Er war unbeherrscht, brüllte gleich rum. Aber er hatte unseren Chor nach vorne gebracht. So ein Schubertkonzert in a cappella konnten wir früher nicht aufführen.«
»Hast du gesehen, ob Greiner kurz bevor er starb, eine Pille genommen hat?«
»Ja, er nahm doch laufend Beruhigungstabletten. Am Pult hatte er deswegen auch immer ein Glas Wasser stehen.«
»Danke Dieter, wenn noch was ist, melde ich mich bei dir.«
»Wir haben in beiden Tötungsdelikten vermutlich die gleiche Mordart: Vergiftung mit Zyankali. Was schließen wir daraus?«
»In beiden Mordfällen ist anzunehmen, dass es derselbe Täter ist«, sagte Reissner.
»Es wird schwierig sein, den zu finden«, meinte Schächtle.
Da kam ein älterer Mann mit einem grauen Vollbart auf sie zu:
»Herr Kommissar, ich bin Robert Maier, der Vorsitzende des Kolpingchors. Haben Sie noch Fragen an uns? Wir würden gerne gehen, der Tod unseres Dirigenten hat uns sehr getroffen.«
»Haben wir die Personalien der Zeugen?«
»Ja, wir haben alles aufgenommen«, sagte Dirk Steiner.
»Sie und Ihre Männer können gehen. Wir werden uns bei Ihnen melden, falls es noch Fragen gibt. Herr Maier, hatte Greiner Feinde?«
»Er war sehr unbeliebt und sehr streng. Ich könnte mir schon vorstellen, dass ihn deswegen einer umgebracht hat.«
»Darf ich das so verstehen, dass der Mörder auch aus dem Kolpingchor kommen könnte?«
»Nein, Herr Schächtle, auf keinen Fall. Schauen Sie sich doch mal die Sänger an. Die meisten sind Rentner und waren trotz der cholerischen Anfälle unseres Dirigenten mit ihm zufrieden. Wir konnten Konzerte singen, was wir unter dem alten Leiter des Chors nicht fertigbrachten.«
Als die Kriminalbeamten den Altarraum verließen, kam ein großer Mann mit einem gepflegten, braunen Vollbart auf sie zu.
»Kriminalhauptkommissar Schächtle, ich bin Johann Freyhofer. Hans Karl Greiner war bei mir als Sicherheitsmann beschäftigt.«
»Wo hat er gearbeitet?«, fragte Angelika Fischer.
»Sie müssen wissen, ich bin der Direktor des Bodan-Einkaufszentrums in der Altstadt. Seit der Eröffnung des Hauses im Jahre 2004 bin ich als Direktor dort beschäftigt.«
»Wann haben Sie Greiner eingestellt?«, fragte Schächtle.
»Hans Karl fing mit mir zusammen an.«
»Wie kamen Sie mit ihm aus?«
»Gut, er war sehr verlässlich. Auch seine Frau arbeitet seit dieser Zeit in der Metzgerei, im Untergeschoss.«
»Das reicht für heute. Wenn wir noch Fragen an Sie haben, erreichen wir Sie im Bodan?«
»Ja, ab sieben Uhr morgens. Hier haben Sie noch meine Visitenkarte mit der Durchwahl zu meinem Büro.«
»Was machen wir jetzt Emeran?«, fragte Steiner.
»Karin und ich gehen zur Witwe des ermordeten Dirigenten. Wir müssen sie über den Tod ihres Mannes unterrichten. Die anderen können heimgehen. Schließlich ist heute Feiertag.«
»Herr Freyhofer, wo wohnte Hans Karl Greiner?«, fragte Karin Reissner.
»Er hat eine Dienstwohnung im Bodan. Dort erreichen Sie auch seine Frau.«
Emeran Schächtle und Karin Reissner fuhren von der Laube stadteinwärts zur Bodanstraße. Da stand auf der rechten Seite in der Nähe des Hauptbahnhofs das Bodan-Einkaufszentrum. Auf dem Vorplatz beim Haupteingang parkte Reissner das Fahrzeug. Es war genügend Platz da, wegen des Feiertags. Da kam ihnen bereits Johann Freyhofer entgegen:
»Ich dachte, ich zeige Ihnen den Weg, wo die Familie Greiner wohnt.«
Sie gingen um das große Gebäude herum, bis sie an einen anderen Eingang kamen.
»Da geht es mit dem Aufzug in das zweite Geschoss. Auf der rechten Seite befindet sich die Wohnung.«
Sie betraten den Aufzug, auch Freyhofer wollte mit.
»Danke, dass Sie uns den Weg zeigten, aber Sie bleiben hier. Wir gehen zu Frau Greiner ohne Sie«, sagte Schächtle.
Freyhofer murmelte etwas Unverständliches und ging.
»Wieso müssen die immer nerven? Jeder will uns bei der Arbeit über die Schulter schauen.«
»Du musst das verstehen, Emeran. Sonst sehen die das nur im Fernsehen. Das ist nun die Wirklichkeit, und man kann vor seinen Freunden damit angeben.«
In der Zwischenzeit waren sie vor der Wohnung der Greiners.
Schächtle klingelte und eine schlanke Frau mit halblangen, braunen Haaren öffnete ihnen.
»Kriminalpolizei, Frau Greiner? Können wir reinkommen?«, stellte sich Schächtle vor.
Sie gingen ins Wohnzimmer, wo ihnen auf der Kunstledersitzecke Platz angeboten wurde.
»Wir stehen lieber«, meinte Reissner.
»Sie müssen jetzt tapfer sein, Frau Greiner«, sagte Schächtle.
»Wieso? Geht es um Hans Karl?«
»Ja, Ihr Mann wurde heute Morgen beim Gottesdienst in der Stephankirche mit Zyankali vergiftet. Er stürzte von der Empore, wo er den Kolpingchor dirigierte, auf den Steinboden der Kirche. Er war sofort tot.«
Carola Greiner stand da, schaute die Kriminalbeamten an und lachte. Schächtle verstand die Welt nicht mehr.
Sie ging an die Türe und rief:
»Kommt ihr mal.«
Da sahen sie einen achtzehnjährigen Jungen und ein fünfzehnjähriges Mädchen.
»Das sind meine Kinder. Jonathan ist Schüler auf dem Suso-Gymnasium, und Gisela geht in die Realschule Zoffingen. Jonathan zieh mal dein Hemd aus.«
Da sahen die Kriminalbeamten, dass sein ganzer Rücken voller roter Striemen war. Überall befanden sich blaue Flecken. Frau Greiner ging zu ihrer Tochter und zog ihr das Hemd hoch. Voll Entsetzen sahen die Kriminalbeamten, dass auch sie überall rote Striemen und blaue Flecken hatte.
»Mein Mann war der Meinung, die Kinder müssten durch Prügel erzogen werden. Regelmäßig hat er sie deswegen mit einer Lederpeitsche geschlagen. Als ich vor Kurzem dazwischen ging, schlug er auch mich. Meine ganze Bluse war kaputt. Ich wollte ihn verlassen, habe mich aber nicht getraut. Er wurde immer sehr jähzornig, zudem wusste ich nicht, wohin wir gehen sollten.«
»Das Problem hat sich ja jetzt von selber erledigt«, sagte Karin Reissner.
»Frau Greiner, haben Sie ihren Mann heute Morgen getötet?«
»Nein, Herr Kommissar.«
»Wo waren Sie zwischen zehn und vierzehn Uhr?
»Wir waren alle Drei hier in unserer Wohnung.«
»Sie können sich also alle gegenseitig ein Alibi geben«, meinte Karin Reissner.
»Gut, lassen wir das so stehen. Ich melde mich bei Ihnen, falls noch irgendwelche Fragen auftauchen«, sagte Emeran Schächtle.
Als sie im Aufzug waren, fragte Karin Reissner:
»Meinst du, Greiner wurde von seiner Familie ermordet?«
»Vorstellen könnte ich es mir. Es spricht allerdings dagegen, dass Kasulke auf dieselbe Weise getötet wurde.«
9 Uhr
»Emeran Schächtle und Angelika Fischer von der Kriminalpolizei!«
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte der kleine, schmächtige Pförtner.
»Wir wollen zur Patientin Sigrid Kasulke«, antwortete Schächtle.
Der Mann schaute in den Computer:
»Sie liegt auf der Inneren Medizin im zweiten Stock, Zimmer 62. Halt, da können Sie nicht hin!«
»Wieso?«
»Es wurde ein absolutes Besuchsverbot erteilt.«
»Wer hat das angeordnet?«, fragte Fischer aufgebracht.
»Das war der Chefarzt, Professor Dr. Trimmel.«
»Dr. Trimmel? Der ist jetzt Chefarzt und Professor?«
»Ja, nach dem Tod von Professor Funkel hat er seine Nachfolge angetreten.«
»Ist er im Haus?«, fragte Schächtle.
»Komm Emeran, wir gehen auf die Station. Irgendeinen Arzt werden wir schon finden.«
»Aber Sie dürfen auf keinen Fall zu Frau Kasulke«, rief der Pförtner ihnen noch nach.
Als die beiden Kriminalbeamten den Aufzug im zweiten Stock verließen, war ein reges Treiben.
»Was hat der gesagt, Zimmer 62, oder?«, fragte Schächtle.
»Ja, ich glaube.«
Sie liefen den Flur entlang, bis sie vor dem Zimmer standen. Dort war ein Schild an der Türe angebracht:
»Besuch nur nach Absprache mit dem Arzt«
Schächtle wollte gerade eintreten, da hörte er:
»Können Sie nicht lesen?«
Sie drehten sich um, da stand die blonde Ärztin Dr. Daniela Renz. Die Kriminalbeamten kannten sie, da sie die Freundin ihres Kollegen Dirk Steiner war.
»Daniela, wir müssen Sigrid Kasulke sprechen«, sagte Angelika Fischer.
»Unmöglich! Sie ist nicht vernehmungsfähig. Der Tod ihres Mannes macht ihr sehr zu schaffen, zudem hat sie ihr Kind verloren.«
»Würdest du uns Bescheid geben, wenn wir sie befragen können?«
»Ja, aber es wird noch einige Zeit dauern.«
»Und Trimmel ist dein direkter Chef?«, fragte Fischer.
»Ja leider! Mit dem kann ich nicht auskommen. Mal schauen, vielleicht bewerbe ich mich an einer anderen Klinik.«
»Wo ist Trimmel? Wir müssen mit ihm sprechen«, sagte Schächtle.
»Keine Ahnung. Ich habe ihn auch gesucht. Vielleicht in seinem Büro?«
Nachdem sie mehrmals geklopft hatten und keiner sich meldete, öffnete Emeran Schächtle vorsichtig die Türe.
Er sah im Bürostuhl zwei Personen die heftig stöhnten. Sie bekamen nicht mit, dass sie beobachtet wurden. Diskret zogen die drei sich zurück.
»Trimmel steht seinem Vorgänger Funkel in nichts nach. Zumindest, was den Sex betrifft«, meinte Fischer.