Sofie und ihr Fuchs Jocke - Kerstin Backman - E-Book

Sofie und ihr Fuchs Jocke E-Book

Kerstin Backman

0,0

Beschreibung

Im finalen Band geht für Sofie ein Traum in Erfüllung! Sie hat so große Fortschritte gemacht, dass sie gemeinsam mit ihrem Pferd Jocke an einem Springreiten-Kurs teilnehmen darf. Doch schnell muss sie einsehen, dass dieser sowohl sie als auch Jocke vor ungeahnte Herausforderungen stellt. Sofie ist mit der Entscheidung konfrontiert, wie weit sie gehen will: würde sie riskieren, für die Teilnahme an einem Springreit-Turnier das Wohl ihres geliebten Pferdes aufs Spiel zu setzen?Eine inspirierende Buchreihe nicht nur für Pferdefreunde! Die schüchterne Sofie ist in der Schule eine Außenseiterin. Als sie auf den Bauernhof der Familie Ström geschickt wird, ändert sich jedoch ihr Leben: Sofie entdeckt nicht nur ihre Liebe zu Pferden, sondern findet auch zu Mut und neuem Selbstbewusstsein.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 129

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kerstin Backman

Sofie und ihr Fuchs Jocke

Übersezt von Ursula Isbel

Saga

Sofie und ihr Fuchs Jocke

 

Übersezt von Ursula Isbel

 

Titel der Originalausgabe: Driv, Soffi!

 

Originalsprache: Schwedischen

 

Coverbild/Illustration:Shutterstock

Copyright © 1991, 2021 Kerstin Backman und SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726941708

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Winterstürme

„Könnt ihr euch vorstellen, daß es Menschen gibt, die jetzt irgendwo auf der anderen Seite der Erdkugel wie verrückt schwitzen?“ fragte Sofie und warf einen Blick aus dem Fenster.

Draußen stand kohlschwarz der Winterabend, ein paar Eisblumen wuchsen in einer Ecke der Fensterscheibe.

Döschen, ihre Mutter, und Einar, ihr Vater, machten nachdenkliche Gesichter; und schließlich schüttelte Sofies Mutter den Kopf. „Nein!“ sagte sie entschieden. „Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen!“

„Man liest in Büchern und Zeitungen, daß es so ist, und man weiß es auch“, fuhr Sofie nachdenklich fort, „aber es stimmt einfach nicht, daß man daran glauben kann. Stellt euch vor, jetzt – gerade in diesem Augenblick – vielleicht in ... in ... ist es Neuseeland, das auf der anderen Seite liegt? Ja, ich glaube schon. Vielleicht sitzt da irgend jemand im Schatten und stöhnt und kann’s nicht glauben, daß es Menschen gibt, die Winter haben!“

„Wir müssen übrigens mehr Feuerholz hereinholen“, sagte Döschen. „Du bist an der Reihe, Sofie.“

Sofie raffte sich auf, ohne zu antworten, und begann warme Kleidung anzuziehen: eine wattierte Hose, die dicke Stalljacke, eine mollige Strickmütze und Norwegerhandschuhe. Ihre Mutter bemerkte ihren Gesichtsausdruck und fragte: „Bereust du es schon, daß wir hierhergezogen sind?“

Sofie schnaubte entrüstet. „Nein, überhaupt nicht! Aber man braucht doch nicht gerade vor Begeisterung zu jubilieren, weil man in die Kälte hinaus muß, um Holz zu holen!“

Sie ging aus dem Haus und warf die Tür hinter sich zu; zumindest kam es ihren Eltern so vor. In Wirklichkeit hatte ihr der Schneesturm die Tür aus der Hand gerissen, ehe sie sie richtig festhalten konnte. Es war ein beißend kalter Wind, der winzige Schneekörner vor sich hertrieb. Sie stachen wie Nadelspitzen auf der Haut, und Sofie senkte den Kopf, so tief sie konnte, um sich zu schützen. Da sie im Wald wohnten, spürte man den Wind selten in seiner vollen Stärke, aber nun tosten die Sturmböen in den Fichten und Tannen. Sofie fürchtete sich fast ein bißchen – nicht vor der Dunkelheit, aber sie fragte sich, ob der Sturm ein paar von den Bäumen knicken könnte, die beim Haus standen.

Dann stieß sie gegen das Stallgebäude direkt neben der Tür zum Holzschuppen. Sie hob die Hand, um den Riegel zu öffnen, mit dem die Holzschuppentür verschlossen war, überlegte es sich jedoch anders und folgte dem Pfad in die entgegengesetzte Richtung. Sie fand das Stalltor, schob den Riegel zurück und versuchte das Tor zu öffnen. Das war nicht leicht, denn der Wind hatte schon einen kleinen Schneewall an der Stallwand aufgetürmt. Doch immerhin bekam sie das Tor so weit auf, daß sie sich durch den Spalt zwängen konnte. Als sie in den Stall taumelte, schlug der Sturm das Tor krachend hinter ihr zu, so daß die Pferde zu stampfen und zu wiehern begannen.

Sofies Miene hellte sich auf. Im Stall brannte noch Licht, denn die Pferde hatten ihr Abendheu noch nicht bekommen; es sah behaglich und wohnlich aus, wie die beiden da in der dichten Streu standen. Doch eigentlich war es gar nicht besonders warm, stellte Sofie fest, als sie aufs Barometer sah; es war nicht mehr als fünf Grad. Sie dachte jedoch, daß ja praktisch in allen Büchern stand, daß es nichts ausmacht, wenn es kalt im Stall ist; Hauptsache, es ist nicht feucht. Außerdem hatte Bessie schon ihr ganzes Leben in diesem Stall verbracht und war nie krank gewesen.

Sofie ging in Jockes Box. Jocke war ihr Pferd. Sein fuchsfarbenes Fell war dicht, fast zottig, seine Mähne lang und üppig. Er versetzte ihr einen eifrigen Puff mit der Nase, denn seiner Meinung nach war es höchste Zeit für sein Heu, und er tat, was er konnte, um Sofie darauf aufmerksam zu machen.

Sofie lehnte sich an ihn, die Arme um seinen Hals geschlungen, und atmete den würzigen Pferdegeruch ein.

„Morgen ist Samstag, Jocke!“ murmelte sie. „Endlich können wir wieder reiten! Du bist mein Allerbester, mein braver, schöner Jocke! So ein Mist, daß es jeden Nachmittag schon so dunkel ist, wenn ich heimkomme! Da kann man einfach nicht mehr reiten! Du drehst mir bestimmt bald durch, wenn du dauernd hier im Stall stehen mußt ...“

Jocke warf den Kopf zurück, und Sofie mußte den Griff um seinen Hals lösen. Sein Gewieher war durchdringend und laut.

Sofie hielt sich die Ohren zu. „Ja, schon gut, ist ja recht!“ rief sie und versuchte Jocke zu übertönen. „Du kriegst dein Heu! Ich weiß, daß es Zeit dafür ist!“

Aus der Nachbarbox war tiefes Gebrumm zu hören. Sofie ging hinüber, damit Bessie, die dicke alte Ardennenstute, nicht eifersüchtig wurde; Bessie, die beständig wie ein Fels war, stark und stets gleichbleibend freundlich. Ihr riesiger Kopf erschien neben Jockes elegantem Halbblutkopf überwältigend groß.

Sofie ließ die Hände über Bessies lange Nase gleiten, eine Hand an jeder Seite, bis sie die Ohren erreichte. Bessie liebte es, wenn Sofie sie um die Ohren herum kraulte; sie schloß die Augen genüßlich und ließ die Unterlippe hängen, so daß sie leicht zitterte. In diesem Augenblick mußte Sofie an Graf denken, das schwarze Pferd vom Birkenhof. Er hatte im vergangenen Jahr getötet werden müssen, und das war schrecklich gewesen.

Unwillkürlich legte Sofie die Arme um Bessies Hals und schmiegte sich fest an sie. Die Stute öffnete die Augen, schloß das Maul, spitzte die Ohren und sah Sofie mit ihren klaren Augen an. Plötzlich sah sie wieder munter und stark aus, und Sofie lachte vor Erleichterung.

„Du altes Schaukelpferd!“ sagte sie. „Ach so, ja, jetzt müßt ihr aber euer Abendheu kriegen. Und morgen brauchst du auch ein bißchen Bewegung. Du hast sie genauso nötig wie Jocke!“

Nachdem jedes Pferd einen Eimer Wasser bekommen hatte, warf Sofie je einen Armvoll Heu in die beiden Futterkrippen, überlegte dann jedoch sekundenlang und nahm einen Teil des Heus wieder weg. „Es ist besser, wenn ich ihnen nicht so viel gebe“, murmelte sie vor sich hin. „Dicker dürfen sie wirklich nicht mehr werden ...“

Die Boxen waren noch ziemlich sauber, und Sofie beschloß rasch, daß es genügte, wenn sie den Mist in der Rinne dahinter ausräumte. Das ging schnell. Endlich sagte sie den Pferden gute Nacht, knipste das Licht aus und versuchte das Tor aufzustoßen. Es ging jedoch nicht, denn es blieb im Schneewall stecken, der gegen die Stallwand geweht worden war. Sofie mußte sich mehrmals gegen das Tor werfen, um es aufzubekommen, und als sie sich endlich zur Holzschuppentür vorgekämpft hatte, war der Holzkorb bereits halb eingeschneit.

Die Holzscheite im Schuppen waren schwer und unhandlich, doch Sofie stapelte sie trotzdem sorgsam: die dicksten zuunterst, dann etwas dünnere Scheite und ganz obenauf eine Menge Späne. Aus Erfahrung wußte sie, daß das Holz richtig im Korb liegen mußte, damit man am nächsten Morgen Feuer machen konnte; sonst war es doppelt mühsam, das Holz im Ofen aufzuschichten.

Die Lampe über der Tür des Wohnhauses schimmerte wie ein kleiner goldener Punkt im wirbelnden Schnee, und der Holzkorb war schwer, als Sofie gebückt durch Wind und Schneegestöber stapfte. Döschen hatte schon nach ihr Ausschau gehalten und öffnete die Tür, als Sofie auf den Vorplatz kam. Über dem Spültisch wischte sie den Schnee vom Holz, so daß eine kleine Schneewolke aufstob; und Sofie schüttelte ihre Jacke aus und hängte sie an den Haken.

Dann seufzte sie erleichtert und strich ihre nassen, weizenblonden Haare hinter die Ohren. „Gott sei Dank ist morgen keine Schule!“ sagte sie mit Nachdruck. „Ich werde nur essen und schlafen und faulenzen. Und ein bißchen reiten, wenn anständiges Wetter ist.“

Sie suchte nach einem ihrer Lieblingsbücher und nahm es mit in ihr Zimmer hinauf, nachdem sie ihren Eltern gute Nacht gesagt hatte. Der Vater hörte jedoch nichts davon, denn er lag auf dem Küchensofa und schlief. Sein Buch war auf den Boden geglitten, und der linke Arm hing über die Kante des Holzsofas herab.

Döschen lächelte und zuckte mit den Schultern.

„Schlafstörungen hat er jedenfalls noch nie gehabt“, stellte sie fest.

In die Kissen gekuschelt und mit einer Tasse heißer Schokolade auf dem Nachttisch, begann Sofie zu lesen. Es war richtig gemütlich in ihrem Zimmer. Sie hatte die Tür einen Spalt offengelassen, so daß sie die Stimmen und Schritte ihrer Eltern hören konnte, die noch in der Küche geblieben waren.

Der Sturm war nur noch ein Hintergrundgeräusch, und bald vergaß Sofie ihn ganz. Sie war weit weg in Narnia, dem Zauberland ihres Buches.

Nicht stören!

„Schnee, Schnee, Schnee!“ brummte Krissan und starrte düster aus dem Küchenfenster.

Sie kniete auf dem Sofa und trommelte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Rücklehne. Draußen wirbelten Schneeflocken wie ein dichter Vorhang durch die Luft. Die alten Apfelbäume sah man nur noch manchmal wie Schatten darin auftauchen. Die Schneewehen türmten sich im Garten auf, so daß keiner sich mehr vorstellen konnte, daß Krissan und Ingmar erst vor ein paar Stunden mit viel Schweiß und Mühe einen Weg zwischen Holzschuppen, Heuboden und Stall freigeschaufelt hatten.

„Taramm-taramm ...“, trommelten ihre Finger eintönig.

„Hör endlich auf damit!“ sagte Ingmar, Krissans Bruder, gereizt vom Küchentisch her. „Ich versuche zu lesen!“

„Oh, Verzeihung!“ zischte Krissan. Sie stützte das Kinn in die Hände und ließ die Ellbogen auf der Rücklehne des Sofas ruhen, während sie weiter ins Schneegestöber starrte. Ihre langen Ponyfransen hingen bis zu der fleckigen Brille herab, und ihre feingliedrige Gestalt in den geflickten Jeans und dem Pullover mit den viel zu kurzen Ärmeln sank in sich zusammen.

Wenn bloß irgend etwas passieren würde, dachte sie. Einfach irgend etwas Schönes, Ungewöhnliches. Etwas ... Ach, Mist, es passiert jadoch nie etwas, dachte sie.

Aus einem entfernten Zimmer hörte man das unregelmäßige Klappern einer Schreibmaschine. Wenn Mama bloß aufhören würde zu schreiben, dachte Krissan. Wenn sie statt dessen zu uns herüberkommen und sich etwas einfallen lassen würde, was wir tun könnten ...

Ihre Hände sanken erneut nach unten, und die Finger begannen wieder zu trommeln, ohne daß Krissan es überhaupt wahrnahm: Taramm-taramm ...

„Kannst du nicht endlich aufhören!“ schrie Ingmar.

„Wie soll man denn da lesen können, wenn du so einen verdammten Krach machst?“

Krissan rutschte vom Sofa und ging zur Tür, die ins Wohnzimmer führte. In der Türöffnung drehte sie sich um. „Alter Miesepeter!“ sagte sie mit Nachdruck. Dann setzte sie sich auf den Stuhl neben das Telefon. Vielleicht konnte sie Sofie überreden, für ein paar Stunden herüberzukommen?

Sie wählte Sofies Nummer und wartete. Niemand ging ans Telefon, obwohl sie es lange läuten ließ, ehe sie den Hörer wieder auflegte. Düster setzte sich Krissan nun an die alte Orgel, die die Familie in einem Anfall von Verschwendungssucht bei einer Versteigerung von Einrichtungsgegenständen einer alten Schule gekauft hatte. Fünfundsiebzig Kronen hatte sie gekostet, und das war nicht mehr, als viele von Krissans Schulfreunden in einem Monat für Kinobesuche ausgaben. Doch die Familie Ström mußte mit dem Geld haushalten. Für sie waren fünfundsiebzig Kronen nicht gleich drei Kinokarten, denn sie gingen sehr selten ins Kino, sondern das gleiche wie acht Hufeisen oder vielleicht Stollen für zwei Pferde. Die alte Orgel war mit anderen Worten eine typische „Unnötigkeit“, wie Krissans Mutter Sachen nannte, die man gern gehabt hätte, die aber nicht lebensnotwendig waren.

Krissan zog an allen Knöpfen, trat auf die Pedale und begann Für Elise zu spielen. Besonders schön klang es nicht, und es dauerte nicht lange, bis Ingmar gereizt schrie: „Hör auf, die Katze am Schwanz zu ziehen! Das klingt ja jämmerlich!“

Gerade da flog die Haustür auf, und eine verschneite Gestalt taumelte zusammen mit einer Wolke von Schnee in den Flur. Dann fiel die Tür mit einem Knall zu, die Gestalt hob das Gesicht, in dem die Nase wie ein rotes Stoplicht leuchtete, und schüttelte sich, daß der Schnee nur so herumwirbelte.

„Sofie!“ schrie Krissan entzückt. „Ist das ein Glück, daß du endlich kommst!“

„Scheußliches Wetter“, keuchte Sofie, noch immer atemlos, nachdem sie teilweise knietief vom Asenhof herüber durch den Schnee gestapft war. „Was macht ihr denn?“

„Nichts – absolut gar nichts!“ seufzte Krissan.

Hier!“ sagte Sofie und reichte ihr eine Handvoll Briefe und Reklamesendungen, die vom geschmolzenen Schnee naß und wellig geworden waren. „Ich hab die Post mitgebracht. Das Postauto hat gerade beim Briefkasten angehalten, als ich kam.“

Krissan nahm das Bündel entgegen und sortierte rasch zuerst die Fensterkuverts und die Reklamesendungen aus.

„Da ist was vom Reiterverein!“ rief sie. „Endlich! Das ist sicher das Programm fürs Frühjahr!“

Sofie warf Jacke, Schal, Mütze und Handschuhe aufs Küchensofa, wo der Schnee schnell zu schmelzen begann und auf den Boden tropfte. Keine der beiden merkte es. Sie waren damit beschäftigt, den Zettel durchzulesen, den Krissan aus dem Kuvert gezogen hatte. Ihre Augen wurden beim Lesen immer größer.

„He!“ sagte sie verdutzt. „Ein Springkurs! Und mit Dag Nätterkvist! Wie hat’s der Club bloß geschafft, ihn dazu zu bringen, daß er in unseren kleinen Verein kommt und einen Springkurs abhält?“

Ingmar, der noch draußen in der Küche saß, spitzte die Ohren und rief: „Was für ein Springkurs? Wovon redest du?“

„Dag Nätterkvist kommt in unseren Verein und hält einen Springkurs ab, wenn sich genügend Teilnehmer melden!“ schrie Krissan zurück.

„Dag Nätterkvist? Wer ist das?“ fragte Sofie neugierig. „Was ist so Besonderes an ihm? Ist er berühmt?“

„Berühmt?“ schnaubte Krissan. „Hast du nie von ihm gehört?“

„Er ist einer der alten Spitzenreiter, hat an internationalen Wettkämpfen teilgenommen und früher viele Preise gewonnen“, warf Ingmar ein. Er war aus der Küche herübergekommen, schnappte sich den Zettel und las ihn durch. „Mann!“ murmelte er sehnsüchtig.

„Wenn man da mitmachen könnte! Das klingt ja phantastisch!“

Krissan kicherte. „Ich kenne einen von einem anderen Club, der mal bei Dag in einem Kurs gewesen ist“, sagte sie, „und der fand ihn furchtbar. Er hat gebrüllt und kommandiert wie ein alter Feldwebel. Aber gelernt hat man eine Menge, sagte er.“

„Pah!“ sagte Ingmar ungeduldig. „Er kann brüllen soviel er will, wenn ich bloß in den Kurs gehen dürfte. Übrigens scheint er prima mit Pferden umzugehen, und das ist schließlich die Hauptsache. Aber die Schüler faßt er wohl knallhart an ... Ich glaube, er ist ein alter Offizier oder so was.“

„Heiliger Strohsack!“ sagte Sofie. „Ein knallharter alter Offizier, der mit einem umspringt, als wenn man sein Rekrut wäre – das klingt nicht gerade wie mein Traumtyp von einem Reitlehrer. Aber andererseits hat man schließlich nicht jeden Tag Gelegenheit, in einen Springkurs zu gehen. Wo soll denn der Kurs stattfinden?“

Sie sah Krissan über die Schulter. „Narvgarden“, las sie vor. „Das ist wohl die Reitschule in Kopparberg?“

„Gib mir den Zettel!“ sagte Ingmar ungeduldig. „Mal sehen ... Oh, verdammt! Dreihundertfünfzig Kronen für drei Tage! Das kriegen wir nie!“

Ihr Eifer verflog, und alle drei starrten sich enttäuscht an. Dann gingen sie in die Küche und setzten sich wortlos um den Tisch. Dort grübelten sie gemeinsam darüber nach, wie sie das Geld für den Springkurs zusammenbekommen sollten.

Sofie war fast sicher, daß ihre Eltern die dreihundertfünfzig Kronen aufbringen würden, aber für Ingmar und Krissan standen die Chancen gleich Null. Sie wußten alle nur zu gut, wie schlecht es um die Finanzen der Familie Ström stand.

„Wenn wir bloß Lotto gespielt hätten! Dann könnten wir wenigstens auf einen Gewinn hoffen“, murmelte Ingmar schließlich.