Someone to watch over me - Iris Morland - E-Book
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Someone to watch over me E-Book

Iris Morland

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Beschreibung

Dunkle Zeiten in Fair Haven.

Nach seinem Dienst bei den Marines kehrt Seth Thornton nach Fair Haven zurück, doch seinen Platz in der Kleinstadt zu finden, fällt ihm schwer. Die Erinnerungen an den Krieg lasten auf ihm. Alles ändert sich an dem Tag, an dem er Rose DiMarco trifft und ihr spontan zur Hilfe eilt. Ihre Schönheit und ihre eigensinnige Art ziehen an. Und langsam beginnen die Mauern um Seths Herz zu bröckeln.

Rose DiMarco ist aus Seattle geflohen, um ihrem Ex-Freund zu entkommen, der ihr das Leben zur Hölle machte. Fair Haven soll ihr Zufluchtsort sein, doch ihr Ex lässt sie einfach nicht in Ruhe. Als er sie bedroht, wird sie von ihrem attraktiven Nachbarn Seth verteidigt. Doch es gibt so vieles, was Seth niemals erfahren darf, und Rose muss sich nun endgültig ihren eigenen Dämonen stellen ...

Die Thorntons Family Reihe von Iris Morland - für alle Fans von Lucy Score and Claire Kingsley. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden. 

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Dunkle Zeiten in Fair Haven.

Nach seinem Dienst bei den Marines kehrt Seth Thornton nach Fair Haven zurück, doch seinen Platz in der Kleinstadt zu finden, fällt ihm schwer. Die Erinnerungen an den Krieg lasten auf ihm. Alles ändert sich an dem Tag, an dem er Rose DiMarco trifft und ihr spontan zur Hilfe eilt. Ihre Schönheit und ihre eigensinnige Art ziehen an. Und langsam beginnen die Mauern um Seths Herz zu bröckeln.

Rose DiMarco ist aus Seattle geflohen, um ihrem Ex-Freund zu entkommen, der ihr das Leben zur Hölle machte. Fair Haven soll ihr Zufluchtsort sein, doch ihr Ex lässt sie einfach nicht in Ruhe. Als er sie bedroht, wird sie von ihrem attraktiven Nachbarn Seth verteidigt. Doch es gibt so vieles, was Seth niemals erfahren darf, und Rose muss sich nun endgültig ihren eigenen Dämonen stellen ...

Die Thorntons Family Reihe von Iris Morland für alle Fans von Lucy Score and Claire Kingsley. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden. 

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Iris Morland

Someone to watch over me

Aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Widmung

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

EPILOG

Impressum

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Für alle Kämpfer.

KAPITEL EINS

Blut, Sand, Hitze. Er hat einen metallischen Geruch in der Nase und kann vor sich nichts sehen. Er schreit und hofft, dass er nicht der einzige Überlebende ist. Dann hört er ein Stöhnen durch all den Lärm. Er fragt sich, ob sein Trommelfell bei dem Knall gerissen ist.

Er folgt dem Lärm. In diesem Moment geschieht alles instinktiv. Als er die Quelle des Geräuschs nicht finden kann, fragt er sich, ob er sich das Stöhnen eingebildet hat. Dann sieht er etwas. Er kniet sich neben seinen Kameraden und dreht ihn langsam um. Er weiß nicht, ob sein Freund tot ist. Als er ihn nach Luft schnappen hört, wird ihm klar, dass er noch lebt.

Aber in Anbetracht der Wunde in seinem Bauch wird er in ein paar Minuten tot sein.

Er versucht, seinen Freund aufzurichten, ihm zu helfen. Er kann hier doch nicht sterben, wo sie in einer Woche nach Hause gehen. Nicht so. Sein Freund hat gerade eine kleine Tochter bekommen, und seine Frau braucht ihn …

Eine weitere Explosion erschüttert seinen Körper. Er bricht im Sand zusammen, stößt mit dem Kopf schmerzhaft auf etwas Hartes, und dann wird alles schwarz.

Seth Thornton konnte den Schrei in seiner Kehle kaum unterdrücken, als er aufwachte. Unter der viel zu dicken Bettdecke strampelnd, setzte er sich auf und schnappte nach Luft. Er konnte den Sand und das Blut auf seiner Zunge noch schmecken, obwohl er jetzt schon seit einem Jahr wieder hier in Fair Haven, Washington, war. Nach seinem dritten Einsatz als Marinesoldat hatte er sich schließlich seinen inaktiven Dienst verdient.

Allerdings bedeutete dieser inaktive Dienst auch, dass Seth keine Ahnung hatte, was er jetzt mit seinem Leben tun sollte. Wer war er, wenn nicht ein Soldat? Er kannte den Krieg, er kannte Waffen, er kannte Tod und Sieg. Aber vor allem kannte er die Einsamkeit, und die lag wie ein Sargtuch über ihm. Auch wenn er seine Zwillingsschwester Lizzie hatte, die geheiratet und ein Baby bekommen hatte, auch wenn er wusste, dass er jetzt alles im Leben tun konnte, was er wollte – es war nicht genug.

Er stieß die Luft aus. »Ich verwandle mich in einen totalen Jammerlappen«, murmelte er und stand auf. Nachdem er schnell geduscht und sich angezogen hatte, machte er sich eine Tasse schwarzen Kaffee – sein übliches Frühstück –, und nachdem er ihn getrunken hatte, beschloss er, dass er etwas frische Luft brauchte.

Das war besser, als in diesem Apartment zu sitzen und über den Tod seines besten Freundes zu grübeln.

Draußen war es ein außergewöhnlich schöner Tag. Der Juni läutete in Washington State das Ende der Regenzeit ein, und die Sonne schien so strahlend, dass Seth einen bösen Blick in den Himmel warf. Warum war die Sonne so verdammt glücklich?

Es half auch nichts, dass er nachts öfter Albträume hatte als keine. Wenn er schlafen konnte, nahmen die Erinnerungen seine Träume ein, bis er viel erschöpfter aufwachte, als er vor dem Einschlafen gewesen war. Lizzie hatte aufgehört, sich nach den dunklen Ringen unter seinen Augen zu erkundigen, weil er sie dann immer nur anfauchte. Aber er konnte die Sorge im Blick seiner Zwillingsschwester sehen.

Du kannst so nicht weitermachen, hatte sie erst letzte Woche gesagt. Niemand kann das.

Aber er würde so weitermachen, denn er hatte keine andere Wahl.

In diesem Moment hörte Seth eine Frau fluchen. Ausgiebig, wohlgemerkt. Neugierig ging er um die Ecke und sah einen dick gepolsterten Sessel scheinbar in der Luft hängen. Der einzige Beweis dafür, dass auch ein menschliches Wesen involviert war, waren zwei schlanke Knöchel und Füße auf dem Gehweg unter dem Möbelstück. Die Frau fluchte erneut, als der Sessel begann, Richtung Boden zu gleiten.

Seth konnte den Sessel gerade noch rechtzeitig fassen. Er war schwerer, als er aussah. Er wollte gerade brummend fragen, in welchem Apartment die Frau wohnte, als er in ein Gesicht blickte, das er nicht vergessen konnte.

Rose DiMarco. Die Frau, die er vor dem Fainting Goat, der beliebtesten Bar in der Stadt, getroffen hatte. Diese großen blauen Augen, diese kecke kleine Nase. Das braune Haar mit den blauen Spitzen.

Sie starrte ihn überrascht an. »Du.«

»Du«, sagte er gedehnt. »Wie ist es dir ergangen, Prinzessin?«

Sie rümpfte ihr Näschen und versuchte, ihm den Sessel abzunehmen, doch Seth war mindestens einen Kopf größer als sie und hatte wesentlich mehr Kraft.

»Wie wäre es, wenn du mir sagen würdest, in welchem Apartment du wohnst? Oder willst du hier den ganzen Tag draußen stehen?«

Rose zögerte, bevor sie seufzend sagte: »Nummer 115. Gleich hier um die Ecke.«

Seth riss die Augenbrauen nach oben, aber er biss sich rechtzeitig auf die Zunge. Zufällig wohnte er in Nummer 117 – direkt nebenan.

Was für ein faszinierender Zufall.

Sie manövrierten das Ding um die Ecke in ihr Apartment und ließen den Sessel mit einem lauten Knall in der Mitte ihres fast leeren Wohnzimmers nieder. Seth sah sich die Kartons an – die meisten waren mit BÜCHER beschriftet –, und dann betrachtete er Rose selbst.

Ihr langes Haar hing zu einem Zopf geflochten auf ihrem Rücken, und ihre Wangen waren gerötet. Er redete sich ein, dass sie vor Anstrengung so rot im Gesicht war und nicht seinetwegen, aber es amüsierte ihn schon, dass sie sich nicht nur an ihn erinnerte, sondern so eindeutig auf ihre Begegnung reagiert hatte.

Er hatte sie vor dem Fainting Goat gesehen, als sie versucht hatte, sich irgend so ein Arschloch vom Hals zu halten, und als besagtes Arschloch sie gepackt hatte, war Seth zu ihrer Rettung gekommen. Nur, dass Rose ein Problem mit seiner Einmischung gehabt hatte und Seth sich gewundert hatte, wo diese wunderschöne, temperamentvolle Frau so plötzlich hergekommen war. Er hatte sie einen ganzen Monat nicht mehr gesehen, obwohl er immer wieder ins Fainting Goat gegangen war. Er hatte schon fast begonnen, sich zu fragen, ob er nur von ihr geträumt hatte.

Aber hier war sie jetzt. Seine neue Nachbarin.

Ein Lächeln legte sich um seine Lippen, und als sie es sah, stemmte sie die Hände in die Hüften.

»Danke für deine Hilfe«, sagte sie in angepisstem Tonfall. »Aber das war mein größtes Möbelstück.«

»Willst du damit sagen, dass ich gehen soll?« Jetzt war er definitiv belustigt.

»Nicht mit so vielen Worten.«

»Bist du immer so freundlich zu Menschen, die dir helfen?«

Sie öffnete ihren Mund und schloss ihn wieder – fast machte es den Anschein, als wollte sie ihm die Zunge herausstrecken. Stattdessen drehte sie sich um und sagte nichts.

Seth folgte ihr zu einem Kombi nach draußen. Er fragte sich, wie sie diesen Sessel überhaupt in ihr Auto bekommen hatte. Er sah noch mehr Umzugskartons und verschiedene andere Dinge: Kissen, Decken, Bilderrahmen. Aber in den Rahmen steckten keine Bilder, und ihre Kissen und Decken und Lampen und alle anderen Dinge waren so nichtssagend, wie Rose aufregend war.

Er nahm zwei Kartons, und als sie ihn ansah, als würde sie ihn daran hindern wollen, zog er nur eine Augenbraue nach oben.

Nachdem er ihr geholfen hatte, alles aus dem Auto zu laden, sah ihr Apartment etwas weniger deprimierend aus. Er bemerkte, dass sie kein Bett hatte. Wollte sie auf dem Sessel schlafen? Oder auf dem Fußboden?

Plötzlich wollte er alles über sie wissen. Welche Art Frau bringt fünf Kartons mit Büchern, aber kein Bett in ihre neue Wohnung? Keine Bilder, kein Schnickschnack. Er hatte keine Kartons mit der Aufschrift Klamotten, Schuhe oder Schmuck gesehen wie bei seiner Schwester Lizzie, als sie damals einzogen.

»Kommt noch ein Umzugswagen?«, fragte er fasziniert.

Rose blickte von einem Karton auf, den sie begonnen hatte auszupacken. »Ein Lieferwagen? Nein. Das ist alles.«

»Bekommst du später noch ein Bett geliefert?«

Sie sah ihn nicht an, als sie begann, Bücher aufeinanderzustapeln. »Nein, bekomme ich nicht.«

Nun ja, das sagte viel. Aber bei ihrem warnenden Blick beschloss er, sein Glück nicht zu sehr herauszufordern. Er fing an, ihr zu helfen, die Bücher auszupacken, und warf immer wieder einen Blick auf die Bücherrücken, als sie sie in ein kleines Regal stellten, das nicht einmal die Hälfte ihrer Sammlung fassen konnte.

Jane Austen, Charlotte Brontë, Elizabeth Gaskell, John Keats, Shakespeare, Virginia Woolf, Charles Dickens – so viele Bücher, von denen die meisten eindeutig immer wieder gelesen worden waren. Manche fielen schon fast auseinander und waren sporadisch zusammengeklebt. Als er eine Ausgabe von Frankenstein in die Hand nahm, fiel das Cover ab.

»Armes Ding. Das musste definitiv schon viel durchmachen.« Rose nahm ihm das Buch lächelnd aus der Hand.

Dieses Lächeln erweckte etwas in ihm zum Leben. Etwas Heißes, Gefährliches. Etwas, das sich genauso anfühlte wie Verlangen. Er hielt den Atem an und zwang sich wegzusehen, bevor er sich verbrannte.

Nachdem sie so viele Bücher wie möglich in das Regal geräumt hatten, stand Rose auf und wischte sich die Hände an ihren Shorts ab. »Willst du etwas zu trinken?«

Ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie davon, kam mit zwei Gläsern Wasser zurück und reichte Seth eins davon, was er dankend annahm. Plötzlich wurde ihm klar, dass er darüber, Rose DiMarco beim Einzug zu helfen, seinen morgendlichen Albtraum vergessen hatte.

Bei der Erinnerung an ihren Nachnamen klingelte etwas bei ihm. Er kannte diesen Namen, oder? Er betrachtete sie eingehender und versuchte, einen Hinweis zu finden. Aber alles, was er sehen konnte, waren diese hellblauen Augen – wie der See an einem sonnigen Tag. Er hatte noch nie solche Augen gesehen. Als er sie anschaute, entging ihm nicht, dass ihre Wangen wieder erröteten.

Er war ihr also nicht so egal, wie sie vorgab. Das entfachte sein Interesse umso mehr. Das Blut schoss ihm in die Adern.

Aber dann blitzte etwas Ängstliches in ihren Augen auf, und sie sah weg. Er kannte diesen Blick nur allzu gut: Er hatte ihn in den Augen seiner Männer gesehen, als sie dem Tod ins Auge geschaut hatten. Er hatte ihn in seinem eigenen Gesicht gesehen.

Aber vor was hatte Rose Angst?

Rose DiMarco war noch nie in ihren siebenundzwanzig Lebensjahren so ein sturer Mann wie Seth Thornton begegnet.

Ja, das war erst das zweite Mal, dass sie ihm begegnet war. Nein, sie kannte ihn nicht wirklich. Ja, sie hatte öfter an ihn gedacht, als sie zugeben wollte, seit er sie vor Rich, einem der Kumpanen ihres Ex-Freundes Johnny Porter, gerettet hatte.

Sie war nach Fair Haven gezogen, um zu fliehen – um vor Männern zu fliehen, die sie für ihre eigenen Ziele und Vergnügen benutzen wollten.

Sie erkannte Verlangen in den Blicken der Männer. Diese lüsternen Blicke waren ihr nicht fremd, dieser Ausdruck von Begierde. Es war eher so, als würde ein gefährliches Raubtier dich erspähen und beschließen, dich zu jagen. Und wenn man rannte, dann wollten sie einen nur noch mehr jagen.

Rose hatte kein Interesse daran, für den Löwen in Seth die Gazelle zu sein.

Er sieht allerdings eher wie ein Panther aus, dachte sie, als sie ihn aus dem Augenwinkel betrachtete. Muskulös und dunkel. Und diese blaugrünen Augen. Fast türkis.

Hundebellen ertönte in ihrem Schlafzimmer. Rose sprang auf und kam sich sofort dumm vor. Sie hatte ihre Deutsche Schäferhündin Callie in ihrem Schlafzimmer eingeschlossen, während sie einzog, und sie total vergessen, als Seth Thornton aufgetaucht war. Schuldgefühle kamen in ihr hoch, als sie ging, um Callie aus ihrem winzigen Schlafzimmer zu lassen.

Callie war ganz schwarz und ziemlich klein für eine Deutsche Schäferhündin. Rose hatte sie vor drei Jahren aus dem Tierheim geholt, und Callie hatte sich als wertvolle Begleiterin erwiesen, die sie seitdem beschützte. Rose hatte einen großen Hund gebraucht, um sich unerwünschte Personen vom Leib zu halten. Callie war perfekt dafür, auch wenn sie sich lieber am Bauch kraulen ließ, als einen Schurken zu beißen.

Callie bellte und wedelte mit dem Schwanz. Sie folgte Rose ins Wohnzimmer und wurde sofort achtsam, als sie Seth roch. Sie schnüffelte an ihm. Rose entging nicht, dass Seth dem Hund erlaubte zu schnüffeln, ohne sich zu bewegen. Die meisten Menschen wollten die Hunde immer gleich streicheln, ohne an die Konsequenzen zu denken.

»Das ist Callie«, sagte Rose.

Seth wartete noch einen Moment, bis Callie ihn überall abgeschnüffelt hatte. Als sie entschieden hatte, dass Seth keine Bedrohung darstellte, setzte sie sich auf die Hinterläufe und schaute ihn aus ihren dunklen Augen an. Manchmal fragte sich Rose, wie viel Callie an Menschen witterte.

Seth kniete sich hin, und als Callie mit dem Schwanz wedelte, fing er an, ihren dunklen, seidigen Kopf zu streicheln. Callie bellte erfreut und wedelte noch schneller mit dem Schwanz. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht.

»Schöner Hund«, murmelte er. Er tätschelte sie ein letztes Mal, bevor er aufstand. »War es das?«

»Was war was?«

Sein Lächeln wurde breiter. »Ist das alles, was du aus deinem Auto brauchst?«

»Oh!« Rose wurde feuerrot. »Ja, danke. Du musst nicht bleiben.« Sie zuckte zusammen und kam sich blöd vor, also beschloss sie, sich darauf zu konzentrieren, die wenigen Dinge auszupacken, die sie hatte.

Aber was sollte sie mit Decken und Kissen ohne eine Matratze anfangen? Sie hatte nicht gelogen, als sie gesagt hatte, dass kein Bett mehr geliefert werden würde. Ihr Bruder Heath hatte angeboten, ihr alles zu kaufen, was sie brauchte, aber sie hatte abgelehnt. Sie hatte so lange für sich alleine gesorgt. Sie brauchte die Wohltätigkeit anderer nicht. Obwohl, wenn sie daran dachte, dass sie sich dieses Apartment kaum leisten konnte, wusste sie, dass ihr Stolz nicht mehr allzu lange anhalten dürfte. Sie hatte eingewilligt, sich sein Auto für den Umzug zu leihen, aber das war das Höchste, was sie annehmen würde.

Verärgert über sich selbst, warf sie eine Decke auf den Boden und hörte, wie Seth auflachte.

»Was hat diese Decke dir getan, Prinzessin?«

Sie funkelte ihn böse an. »Könntest du aufhören, mich so zu nennen?« Sie ging an ihm vorbei in die Küche, um … was zu holen? Mehr Wasser? Vielleicht werde ich mich einfach im Küchenschrank verstecken, bis er endlich geht.

Callie spürte ihre plötzliche Anspannung und drückte ihre feuchte Nase gegen ihre Handfläche. Rose streichelte gedankenverloren über Callies Rücken.

»Stalkst du mich?«, rief sie plötzlich aus. Als er die Stirn runzelte, fügte sie hinzu: »Ist es nicht seltsam, dass du immer auftauchst, wenn ich Hilfe brauche? Was willst du überhaupt von mir?«

Seine Mundwinkel zuckten. »Das ist eine kleine Stadt.«

»So klein auch wieder nicht.«

»Stimmt. Ich habe dich einen Monat lang nicht gesehen. Normalerweise trifft man hier die Leute öfter.«

Das ist, weil ich dir aus dem Weg gegangen bin. Sie hatte ihn im Fainting Goat gesehen, wo sie als Kellnerin arbeitete. Jedes Mal, wenn sie ihn an einem Tisch oder an der Bar sitzen sehen hatte, hatte sie sich irgendwie verstecken können oder eine Mitarbeiterin gebeten, seine Bestellung zu übernehmen.

Sie hasste es, wenn Menschen ihr halfen. Sie wie eine Prinzessin behandelten. Prinzessinnen wurden in Türmen eingesperrt, versteckt und warteten darauf, gerettet zu werden. Rose weigerte sich, darauf zu warten, gerettet zu werden, weil sie nur allzu gut wusste, dass sie dann den Rest ihres Lebens warten würde.

»Hast du nach mir gesucht?« Sie wollte anschuldigend klingen, klang aber stattdessen atemlos.

»Ich wollte wissen, ob du deinen Stalker losgeworden bist. Bist du?« Seine dunklen Augen wurden noch etwas dunkler. »Hat dieses Arschloch dich in Ruhe gelassen?«

»Bis jetzt ja.«

Als er so aussah, als würde er noch mehr Fragen stellen wollen, schüttelte sie den Kopf. »Ich verstehe immer noch nicht, warum du überhaupt in meiner Apartmentanlage bist.« Sie spürte Angst in sich aufsteigen. Hatte ihr Instinkt sie im Stich gelassen? War Seth genauso wie Johnny?

Allein bei dem Gedanken wurde ihr eiskalt.

Aber Seth lachte nur. »Nichts dergleichen.« Er deutete über seine Schulter. »Ich wohne in Nummer 117.«

»Moment. Du wohnst hier?«

»Normalerweise lebt mehr als eine Person in einer Apartmentanlage, ja.«

»Du bist mein Nachbar.«

»Sieht so aus.«

Sie wurde feuerrot, und als er einen Schritt näher trat, brannten ihre Wangen wie Feuer.

»Ich denke, du bist diejenige, die mich stalkt«, sagte er mit einer dunklen Stimme, die ihr Blut in Wallung brachte. »Obwohl ich nicht sagen kann, dass mir dieser Gedanke nicht gefällt.«

Sie fragte sich, ob er sie küssen würde. Sie fragte sich, ob es sich so anfühlte, eine Gazelle zu sein, die gerade von einem Löwen erblickt worden war. Aber da kam auch noch die Frage auf – wollte sie dieses Mal gefangen werden?

Sie musste schlucken. Sie konnte ihren Blick nicht von seinem abwenden. Mit seiner Größe, seinem dunklen Haar, seinem markanten Kinn und diesen muskulösen Armen müsste sie taub und blind sein, um nicht zu sehen, wie attraktiv er war. Ein Hauch von einem Bart überdeckte sein Gesicht, aber wahrscheinlich hatte er jeden Tag um fünf Uhr nachmittags einen Dreitagebart, obwohl er sich am Morgen rasiert hatte. Ihr fiel das Grübchen in seinem Kinn auf – und die Rundung seiner Oberlippe. Alles an ihm erschien hart, unnachgiebig, eisern. Eine weiße Narbe verlief über seine linke Wange, und er hatte noch mehr kleinere Narben auf seinen Armen und Händen.

Callie bellte, und der Moment war vorüber. Rose sprang zurück und fasste an ihren Zopf. Sie kam sich ganz benommen vor. Sie wünschte, Seth würde gehen, damit sie ihre Fassung wiedererlangen konnte.

»Lass mich dich auf ein paar Drinks einladen«, sagte Seth plötzlich.

Sie hätte fast laut aufgelacht. Sie war schon seit Jahren nicht mehr auf ein Date gegangen. Das war eine Ewigkeit her. Rose war nicht der Typ für Dates. Das war etwas für Frauen, die nicht aufwachten und schreckliche Angst vor den Erinnerungen, der Vergangenheit und den Geistern, die sie nie wieder losließen, hatten. Dates waren etwas für Frauen, die nicht vor jedem Mann Angst hatten, dem sie begegneten.

Dates waren etwas für Frauen, die nicht hinter jeder Ecke Gefahr witterten.

»Ich kann nicht. Ich bin beschäftigt.« Das war eine lahme Ausrede, aber mehr fiel ihr im Moment nicht ein. Normalerweise fehlten ihr bei Kerlen nie die Worte, aber Seth war etwas komplett anderes.

Sie hätte erwartet, dass er verärgert wäre, aber Seth sagte nur: »Dann nur auf einen Drink. Es ist kein Heiratsantrag. Du musst nicht einmal dafür zahlen.«

Das brachte sie zum Lachen. »Ich hoffe doch. Sollte der Mann heutzutage nicht immer zahlen?«

»Jetzt bist du aber altmodisch.«

Sie lachte, und als sich Fältchen um seine Augen legten, machte ihr Herz einen Sprung – was sie nervte. Es lag ihr schon auf der Zunge, Ja zu sagen, als die Wohnungstür geöffnet wurde.

»Rose, hey, ich dachte, du willst vielleicht einen Kaffee«, sagte ihr Bruder Heath. Als er Seth Thornton in ihrem Wohnzimmer stehen sah, hielt er wie erstarrt inne.

Das Trio starrte sich gegenseitig an. Rose hatte plötzlich das Gefühl, bei etwas erwischt worden zu sein, und nach Heaths Gesichtsausdruck zu urteilen, würde sie erklären müssen, dass nichts passiert war.

Wenn mein Bruder mich nur nicht immer wie ein kleines Kind behandeln würde.

Seth riss die Augen auf. Dann: »Du bist seine Schwester.«

»Ja. War dir das nicht klar?« Jetzt war sie verwirrt.

Seth schüttelte den Kopf. »DiMarco. Natürlich. Ich hätte es wissen müssen.«

Heath drückte ihr einen Kaffeebecher in die Hand, bevor er betont lässig fragte: »Also, woher kennt ihr zwei euch?«

KAPITEL ZWEI

Seth begutachtete Heath DiMarco, der ein Gesicht machte, als würde er Seth am liebsten in den Arsch treten und zur Tür hinausbefördern. Seth erinnerte sich daran, dass bei Rose’ Nachnamen etwas in seinem Hinterkopf geklingelt hatte, aber er war so auf sie konzentriert gewesen, dass er nie auf die Idee gekommen wäre, dass sie einen älteren Bruder hatte.

Einen älteren Bruder, bei dem im Moment der Beschützerinstinkt einsetzte.

Heath war kleiner als Seth, aber Seth hatte das Gefühl, dass der Grundschullehrer mehr auf dem Kasten hatte, als er zeigte. Trotz der Brille und seiner ruhigen Ausstrahlung versteckte sich noch etwas unter dieser stillen Fassade. Seth war schon zu vielen Männern begegnet, die versucht hatten, ihre dunkelsten Teile zu verbergen, um das nicht zu erkennen.

Seth hatte Heath ein paarmal getroffen, wenn Heath mit den Thornton-Brüdern etwas trinken gegangen war. Heath war vor allem ein guter Freund von Harrison – und von dessen Frau Sara, seit sie in der Grundschule von Fair Haven unterrichtete. Trotzdem wusste Seth nur wenig von Heath, und da er so lange aus Fair Haven weg gewesen war, war ihm jetzt nicht ganz klar, wie er auf Heaths automatische Antipathie ihm gegenüber reagieren sollte.

»Kennt ihr zwei euch?«, fragte Rose fröhlich – zu fröhlich. »Heath, das ist Seth Thornton. Oh, du musst Harrisons Bruder sein«, sagte sie eher zu sich selbst.

Seth lächelte verbissen. »Ich habe sogar drei Brüder. Und zwei Schwestern.«

»Zu viele verdammte Thorntons in der Gegend«, murmelte Heath.

Seth bemerkte, dass Rose überrascht war. Er hatte das Gefühl, ihr normalerweise ruhiger, älterer Bruder verhielt sich sonst nie so in Gesellschaft.

Schließlich streckte Heath seine Hand aus, die Seth nahm und schüttelte. Heaths Griff war eindeutig eine Warnung, was Seth nur dazu brachte, seine Hand noch fester zu drücken.

Sei angepisst, wenn du willst. Aber deine Schwester ist eine erwachsene Frau, dachte er sich.

Natürlich könnte er zugeben, dass er ähnlich reagiert hatte, als sich Trent Younger letztes Jahr an seine Schwester Lizzie heranmachte, nachdem er ihr vor einer Ewigkeit das Herz gebrochen hatte. Seth hatte damals kein gutes Haar an ihrem Ex gelassen – der jetzt ihr Ehemann und Vater ihres Kindes war –, und Seth und Trent waren erst zu einem Einvernehmen gekommen, nachdem sie sich geprügelt hatten.

»Wohnst du hier in der Gegend?«, bohrte Heath nach.

»Ich lebe sogar direkt nebenan. Lustig, nicht?«

»Was für ein Zufall.« Heath richtete seine Aufmerksamkeit auf seine Schwester. »Bei was brauchst du noch Hilfe? Sorry, dass ich nicht früher kommen konnte.«

Seth wusste, wann der Zeitpunkt zum Gehen gekommen war. Nachdem er sich von Rose verabschiedet hatte, ging er, und ihm war nur allzu bewusst, dass Heath DiMarco ihm Löcher in den Rücken starrte.

Zu Hause ließ sich Seth auf die Couch fallen und trommelte mit den Fingern gegen ein Kissen. Zu sehen, wie sich Heath wie ein beschützender Neandertaler über seine Schwester stellte, hätte für Seth eigentlich Grund genug sein sollen, sie in Ruhe zu lassen.

Aber er fühlte das Gegenteil – jetzt wollte er sie umso mehr.

Was hatte sie an sich? Aus irgendeinem Grund erinnerte sie ihn an einen Kolibri: flatterhaft und bunt, von Blume zu Blume schwirrend. Zerbrechlich und klein, aber trotzdem in der Lage dazu, mehr Stürme zu überstehen, als man denken würde.

Er verdrehte die Augen über sich selbst. Bald würde er Gedichte über sie schreiben. Ein Kolibri – im Ernst?

Als Nächstes würde er ihr noch Blumen kaufen und sie in schicke Restaurants ausführen. Bei dem Gedanken daran, was nach dem Dinner passieren würde, rieb er sich die Schläfen.

Würde sie genauso erröten, wenn er sie auszog? Stöhnend stellte er sich vor, dass ihre Nippel wahrscheinlich dieselbe Röte hatten wie ihre Wangen.

Seth hatte schon zuvor schöne Frauen gehabt, obwohl er seit seinen drei Einsätzen in keiner richtigen Beziehung mehr gewesen war. Als er in die Staaten zurückgekehrt war, hatte er die Gesellschaft seiner Mit-Soldatinnen genossen oder vielleicht die von einer oder zwei Schwestern, die ihre Brüder in der Kaserne besucht hatten. Die längste Beziehung hatte er während seines ersten Einsatzes gehabt, aber als Seth zurückgekommen war, hatte er feststellen müssen, dass sie sich mit einem Anwalt verlobt hatte.

Ich brauche jemanden, der hier ist, hatte sie gesagt, als sie ihren Bruder in der Kaserne besucht hatte. Das verstehst du doch, oder?

Das tat er. Aber jetzt, da er zurückgekehrt war – wer war er da wirklich? Er musste zugeben, dass er das oft selbst nicht wusste.

Er warf einen Blick auf die Uhr. Er hatte noch Stunden, bevor er in die Arbeit gehen musste. Nach viel Überzeugungsarbeit von Lizzie hatte Seth beschlossen, wieder mit der Holzschnitzerei anzufangen. Als Teenager hatte er das sehr gerne gemacht, es aber aufgegeben, als er zum Militär gegangen war. Er wusste, er musste etwas Produktives tun, auch wenn er immer noch ein kleines Gehalt von der Marine bekam.

Er wollte auf keinen Fall ein Faulenzer sein. Er hatte nur das Gefühl, dass jeder Job – Buchhalter, Barista, Bauarbeiter – im Gegensatz zum Militär so blass war. Es fühlte sich so … sinnlos an.

Manchmal war sich Seth nicht sicher, ob er überhaupt für etwas anderes bestimmt war, als Soldat zu sein.

Er nahm eine Holzfigur in die Hand, mit der er vor Tagen begonnen hatte. Er begann zu schnitzen, ohne sich sicher zu sein, was aus dieser Figur eigentlich werden sollte. Ein Pferd? Ein Hund? Mit einem Lächeln im Gesicht fing er an, die zarten Flügel eines Vogels zu schnitzen – eines kleinen fliegenden Kolibris, um ehrlich zu sein.

Callie spürte Heaths Unruhe, und sie folgte ihm durch Rose’ ganze Wohnung, während er umherging. Rose hatte ihren Bruder schon aufgebracht erlebt – um es milde auszudrücken –, aber noch nie wegen so etwas Belanglosem wie eines anderen Manns in ihrer Wohnung. Er benahm sich, als hätte er sie nackt beim Rummachen auf dem Fußboden erwischt.

Bei der Vorstellung wurde Rose rot. Sie kam sich überaus dämlich und durcheinander vor, also begann sie, noch mehr Kartons auszupacken. Sie musste etwas Produktives tun. Sie musste aufhören, an Seth Thornton zu denken – und daran, mit ihm rumzumachen.

»Weißt du, was du tust?«, fragte Heath. Er setzte sich neben sie auf den Boden. »Rose, hör auf. Sieh mich an.«

Sie funkelte ihn an. »Wie oft willst du mir diese Frage noch stellen?«

»Bis du mir eine andere Antwort gibst als ›Ich weiß nicht‹.«

Sie seufzte. »Ich bin für dich hierhergezogen. Ich war zufrieden in Seattle, aber du wolltest mich in deiner Nähe haben. Ich habe einen Monat bei dir gewohnt, bevor ich mein eigenes Apartment gefunden habe. Ich habe einen Job, eine Wohnung, ein Leben. Was willst du denn noch?«

»Du hast eine Wohnung ohne Möbel, kein Bett und fast keine Sachen. Du bist eine Kellnerin, obwohl du so viel mehr sein könntest.« Sein Tonfall wurde sanfter. »Ich habe dich jahrelang nicht gesehen. Du hast mich dich nicht sehen lassen.«

Sie blickte zur Seite. Sie hatte sich vor Heath versteckt. Nicht, weil er ihr etwas angetan hatte – ganz im Gegenteil. Sie hatte sich geschämt, und sie wollte ihre Wunden lecken, ohne dass jemand sie dabei beobachtete. Eigentlich wollte sie sich vor allem und jedem verstecken, bis all das Schlimme verschwand wie dichter Nebel.

Aber so läuft es im Leben nun einmal nicht. Sie konnte rennen, sich verstecken, meiden und leugnen bis ans Ende der Welt, aber alles würde sie immer wieder einholen.

Sie hatte Heath nicht von ihrer Begegnung mit Rich erzählt oder davon, dass Johnny ungeduldig wurde.

Im zarten Alter von zwanzig hatte Rose Johnny Porter in einer Bar kennengelernt und sich innerhalb von zwei Stunden in ihn verliebt. Johnny war gut aussehend und selbstbewusst gewesen, und er hatte sie gewollt – sie, die kleine, unscheinbare, langweilige Rose DiMarco.

Nach dem Tod ihrer Eltern waren Rose und Heath auf sich allein gestellt gewesen. Heath hatte sein Bestes getan, um für sie beide zu sorgen. Er hatte das College beendet und angefangen, als Lehrer zu arbeiten. Sie würden nie reich sein, aber es war ein festes Einkommen. Rose konnte mit einem Stipendium aufs College gehen, und dann hatte sie Johnny kennengelernt.

Aber dann war Heath wegen Drogenhandels verhaftet worden, was ein abgekartetes Spiel gewesen war. So etwas hätte Heath nie getan. Und Johnny war zu ihrer Rettung geeilt. Er hatte versprochen, die Anklagepunkte verschwinden zu lassen und die Kaution zu zahlen. Rose müsste nur bei ihm bleiben.

Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, was das wirklich bedeutete. Dass es bedeuten würde, in diesem Turm gefangen zu sein, den sie so hasste.

Heath hatte nichts von dem Deal gewusst, den sie mit dem sprichwörtlichen Teufel eingegangen war. Er dachte, sie wäre irgendwie anders an das Geld gekommen. Sie würde es ihm auch nie sagen. Heath sollte niemals Schuldgefühle wegen einer Entscheidung bekommen, die sie getroffen hatte.

Seit Rose aus Johnnys Klauen entkommen war, hatte sie gearbeitet und das Geld gespart, um es Johnny zurückzuzahlen. Sie nahm an, dass er sie in Ruhe lassen würde, wenn sie es ihm zurückzahlte – mit Zinsen.

Sie war kurz davor, die nötige Summe zusammenzuhaben. Dann konnte sie ihr Leben zurückbekommen.

»Es tut mir leid, dass ich dir so lange aus dem Weg gegangen bin«, sagte sie leise. »Meine Trennung hat mich wirklich fertiggemacht.«

»Sieben Jahre sind eine lange Zeit, um über ein gebrochenes Herz hinwegzukommen.«

»Sechs«, murmelte sie. »Wir waren nur ein Jahr zusammen.«

Sie hatte die lahme Ausrede erfunden, dass Johnny sie betrogen und ihr das Herz gebrochen hatte. Sie hatte nicht gewollt, dass Heath sie an ihrem Tiefpunkt sah. Sie hatte verschiedene Jobs angenommen, in heruntergekommenen Apartments gewohnt und nur mit Mühe überlebt. Aber sie hatte sich ihren Weg aus den Schrecken der Vergangenheit heraus gebahnt, und sie würde nicht zulassen, dass sie jemals wieder von jemandem benutzt werden würde.

Wenn das bedeutete, den Rest des Lebens alleine zu verbringen, dann sollte es so sein.

»Ich bin mir nicht sicher, ob ein Jahr einen Unterschied macht.« Heath lächelte traurig. »Ich bin froh, dass du hier bist, Rose. Ich habe dich vermisst.«

Da hätte sie am liebsten geweint, aber sie schluckte die Tränen hinunter. »Ich weiß. Auch wenn ich nicht genau weiß, wie du es aushältst, in einer kleinen Stadt wie dieser zu leben. Jeder kennt einen hier.«

»Das ist noch schlimmer, wenn du Lehrer bist. Die Kinder lassen dich nie in Ruhe.«

»Armer Heath. Du hättest auch etwas anderes werden können, das weißt du, oder? Feuerwehrmann. Parkranger. Baumchirurg.«

Er runzelte die Stirn. »Ein Baumchirurg? Das hast du dir jetzt ausgedacht.«

Rose, die es noch nie gemocht hatte, wenn die Leute dachten, dass sie unrecht habe, zog ihr Handy hervor, um ihrem Bruder zu beweisen, dass Baumchirurg ein echter Beruf war. Danach packten sie ihre Sachen fertig aus, während Callie in ihrem Hundekorb in einer Ecke lag.

»Ich würde dich ja fragen, ob du zum Abendessen bleiben willst, aber es wird in nächster Zeit nur Instantnudeln geben, bis ich mein Gehalt bekomme«, musste Rose zugeben. Bei Heaths besorgtem Blick fügte sie hinzu: »Es geht mir gut. Mach dir keine Sorgen um mich.«

»Das sagst du immer, aber es funktioniert nicht wirklich.«