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Gefahr in Fair Haven.
Megan Flannigan will eigentlich nur in Ruhe ihre kleine Bäckerei führen. Und sie möchte mit dem zwar gutaussehenden, aber unausstehlichen Police Officer Caleb Thornton nichts mehr zu tun haben. Caleb hatte ihr vor Jahren das Leben zur Hölle gemacht und sie verhaftet. Nun hofft sie, dass er sie in Frieden lässt, auch wenn sie eine gewisse Anziehung zwischen ihnen nicht leugnen kann. Als dann ihre Bäckerei ausgeraubt und Caleb mit dem Fall betraut wird, ändert sich alles. Ausgerechnet er soll nun für Megans Sicherheit sorgen ...
Caleb Thornton wurde Polizist, um einen tragischen Fehler in seiner Jugend wieder gutzumachen. Als Sohn der reichen und mächtigen Thornton-Familie war er sich immer bewusst, dass er den Erwartungen seiner Familie niemals gerecht werden kann. Und so hält er sich sowohl beruflich als auch im Privatleben an die Gesetze – außer, wenn es um die schöne und feurige Megan geht.
Als Caleb die Aufgabe erhält, Megan zu beschützen, bleibt den beiden nichts anderes übrig, als sich den Gefühlen, die sie seit Jahren haben, zu stellen …
Die Thorntons Family Reihe von Iris Morland für alle Fans von Lucy Score and Claire Kingsley. Die Titel können unabhängig voneinander gelesen werden.
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Seitenzahl: 291
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Gefahr in Fair Haven.
Megan Flannigan will eigentlich nur in Ruhe ihre kleine Bäckerei führen. Und sie möchte mit dem zwar gutaussehenden, aber unausstehlichen Police Officer Caleb Thornton nichts mehr zu tun haben. Caleb hatte ihr vor Jahren das Leben zur Hölle gemacht und sie verhaftet. Nun hofft sie, dass er sie in Frieden lässt, auch wenn sie eine gewisse Anziehung zwischen ihnen nicht leugnen kann. Als dann ihre Bäckerei ausgeraubt und Caleb mit dem Fall betraut wird, ändert sich alles. Ausgerechnet er soll nun für Megans Sicherheit sorgen ...
Caleb Thornton wurde Polizist, um einen tragischen Fehler in seiner Jugend wieder gutzumachen. Als Sohn der reichen und mächtigen Thornton-Familie war er sich immer bewusst, dass er den Erwartungen seiner Familie niemals gerecht werden kann. Und so hält er sich sowohl beruflich als auch im Privatleben an die Gesetze – außer, wenn es um die schöne und feurige Megan geht.
Als Caleb die Aufgabe erhält, Megan zu beschützen, bleibt den beiden nichts anderes übrig, als sich den Gefühlen, die sie seit Jahren haben, zu stellen …
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Iris Morland
Very thought of you
Aus dem Amerikanischen von Katia Liebig
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Inhaltsverzeichnis
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Epilog
Impressum
Lust auf more?
Für alle, denen Harrisons und Saras Geschichte gefallen hat und die noch mehr lesen wollen.
Ich danke euch!
»Wie lange willst du das Brot noch anstarren? Bis es in Flammen aufgeht?«
Megan Flannigan sah von dem verbrannten Bananenbrot auf, das vor ihr auf dem Backtresen lag, und blickte direkt in die Augen ihrer größten Nemesis, Caleb Thornton. Ihr Herz flatterte ihr bis in die Kehle, was ihre Verärgerung nur noch steigerte.
»Ich habe bloß nachgedacht«, erwiderte sie. »Bis du mich gestört hast.«
»Du machst mich neugierig. Worüber genau hast du denn so angestrengt nachgedacht?«
Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. Ihre verletzte Hand, an der sie sich vor einer Woche geschnitten hatte, kribbelte. Oder vielleicht schmerzte sie auch nur. Megan war sich schon seit einer Weile nicht mehr sicher, was ihre Gefühle anging.
Caleb Thornton gelang es jedes Mal, ihren Zorn und ihre Lust in gleichem Maße zu erregen. Mit seinem guten Aussehen, den grünen Augen, dem engelsgleichen Lächeln und seinem Charme hätte er den Teufel persönlich um den Finger wickeln können, und kombiniert mit seiner Polizeiuniform war er eine wahre Bombe an maskuliner Attraktivität.
Und genau deswegen hasste Megan ihn.
»Das geht dich nichts an«, sagte sie schnippisch und warf das verbrannte Bananenbrot seufzend in den Müll. Auf Calebs fragenden Blick hin erklärte sie: »Mein Timer ist kaputt, aber das ist mir erst aufgefallen, als das Brot schon verbrannt war.«
»So schlimm sah es gar nicht aus.«
»Glaub mir, du hättest es nicht mehr essen wollen. Und verkaufen kann ich es so schon gar nicht.«
Megan hatte die Bäckerei, das Rise and Shine, vor einem Jahr eröffnet, und obwohl sie keinerlei Erfahrung als Unternehmerin besaß, lief ihr Geschäft gut. Nach diversen anderen Jobs hatte sie zum Entsetzen ihrer Familie mit Anfang zwanzig beschlossen, ihren verhassten Bürojob an den Nagel zu hängen und eine Bäckerei zu eröffnen. Sie hatte zuvor schon ein paar Jahre in ihrer Freizeit gebacken und festgestellt, wie viel Freude es ihr bereitete.
»Kann ich irgendwas für dich tun? Oder schleichst du einfach nur so hier rum?«, fragte sie.
Caleb lachte auf. »Wie geht es deiner Hand?« Er war bei dem kleinen Küchenunfall dabei gewesen und hatte ihr die Hand verbunden.
Noch immer konnte Megan die Berührung seiner Finger auf ihrer Haut spüren, warm, rau und sanft.
Sie zeigte ihm ihre Hand, die bereits gut verheilt war. »Prächtig. Sie musste nicht genäht werden. Allerdings achte ich seitdem strikt darauf, keine Messer mehr in die Spüle zu legen. Ich möchte es nicht wiederholen.«
»Kann ich verstehen.«
Megan sog scharf die Luft ein, als ihr bewusst wurde, dass sie und Caleb allein im Geschäft waren. Mal wieder. Calebs jüngere Schwester und Megans einzige Angestellte Jubilee Thornton war unterwegs, um ein paar Besorgungen zu machen, und die Schule endete erst in einer Stunde, was bedeutete, dass Megans nachmittägliche Kundschaft, Eltern und Kinder, die für einen kleinen Nachmittagssnack vorbeikamen, noch nicht da waren.
Wieso nur fand sie sich ständig allein mit Caleb im Laden wieder?
»Ich empfehle den Möhrenkuchen«, sagte sie und beantwortete damit eine Frage, die er gar nicht gestellt hatte. Sie griff in die Vitrine und platzierte ein Stück davon auf einem Teller. »Der hier ist ohne Rosinen. Ich fürchte, die meisten Leute mögen keine.« Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie einfach nur vor sich hin plapperte, und sie kniff die Lippen zusammen, während sie zugleich versuchte, nicht rot zu werden.
Caleb nahm den Kuchen entgegen. »Sehe ich auch so. Rosinen sind eklig.« Er nahm eine Gabel und begann zu essen. Als er genüsslich aufstöhnte, lief Megan ein Schauer über den Rücken.
»Der ist aber nicht umsonst.«
Er griff in die Tasche und zog einen Fünf-Dollar-Schein heraus. »Reicht das?«
»Ja, das passt schon.« Sie kassierte und erklärte dann knapp: »Ich muss noch ein neues Bananenbrot auf den Weg bringen, bevor es gleich wieder voll wird. Brauchst du sonst noch was?«
»Nein, Ma’am. Ich bin mit meinem Kuchen bestens versorgt.«
Megan ging nach hinten, um einen neuen Teig anzusetzen. Falls Kundschaft kommen sollte, würde sie es am Läuten der Türglocke hören. Oder Caleb würde sie rufen. Sie rollte mit den Augen. Caleb war wie eine nervige Hautkrankheit – egal, wie sehr sie sich auch bemühte, sie wurde ihn einfach nicht los.
Die Vorstellung von ihm als Hautkrankheit zauberte ein Lächeln auf Megans Gesicht. Es würde ihm gefallen, das zu hören. Sie sammelte die Zutaten für ihr Bananenbrot zusammen und versank für eine Weile in der Zubereitung des Teigs und den Bewegungen ihrer Hände. Die Caleb Thorntons dieser Welt konnten ihr jetzt gar nichts.
Als sie gerade den Mixer anschalten wollte, hörte sie Schritte.
»Was machst du denn hier hinten?«, fragte sie Caleb. »Dir ist schon klar, dass du nicht hier arbeitest, oder?«
»Wieso bist du eigentlich immer so genervt, wenn du mich siehst?«
Megan hatte nicht vor, sich auf diese Unterhaltung einzulassen. Wenn er nicht wusste, warum sie ihn hasste, dann war das sein Problem, nicht ihrs. Sie schaltete den Mixer an und übertönte damit einfach Calebs Stimme.
Als er direkt neben ihr etwas sagte, konnte sie ihn dementsprechend nicht hören, also schüttelte sie den Kopf und brüllte: »Ich hör nichts!«
»Ich habe gesagt: Wir sollten einen Waffenstillstand vereinbaren!«, rief er.
Megan schaltete den Mixer aus. Die Stille zwischen ihnen dehnte sich. »Was?«
»Ich finde, wir sollten Waffenstillstand schließen. Nervt es dich nicht auch langsam?« Megan starrte ihn an. Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, dass du mich hasst oder so was, aber ich finde, es ist Zeit, unsere Feindseligkeiten zu begraben. Wie sagt man so schön? Seitdem ist viel Wasser unter der Brücke hindurchgeflossen.«
»Für dich vielleicht«, erwiderte sie kalt. »Es ist leicht zu behaupten, dass viel Wasser geflossen ist, wenn man selbst es war, der die Brücke abgerissen hat.«
»Ach, ist das der Sinn hinter dieser Redewendung?«
»Wechsle jetzt nicht das Thema. Du weißt genau, was ich meine.« Verwirrt und aufgewühlt schaltete Megan den Mixer wieder an. Caleb Thornton repräsentierte so viel für sie: Enttäuschung, Scham, Verachtung. Verlangen. Wahnsinn.
Als sie den Mixer ausschaltete und den Teig in die Form umfüllte, sagte Caleb: »Hör zu, ich habe dich das schon einmal gefragt: Liegt es an der Sache damals vor zehn Jahren? Als ich dich verhaftet habe?«
Megans Bewegungen wurden fahrig. Teig tropfte auf die Arbeitsfläche. Sie fluchte. »Ich werde nicht mit dir darüber reden.«
»Du willst nie über irgendwas reden, Megan.«
Sie weigerte sich, an diesen Abend vor zehn Jahren zu denken. Diesen verflixten, dämlichen Abend, an dem sie sich bis auf die Knochen blamiert hatte und Caleb auch noch Zeuge des Ganzen geworden war. Jedes Mal, wenn sie ihm in die Augen sah, fragte sie sich, ob er genauso oft an diesen Abend zurückdachte wie sie.
»Es liegt an allem, was zwischen uns passiert ist. Etwas passiert, und du stößt mich weg.« Sie verstummte, denn sie würde niemals zugeben, wie sehr er sie verletzt hatte.
Doch Caleb war viel scharfsinniger, als sie ihm zugestehen wollte. »Megan …«, sagte er mit sanfter Stimme.
Sie hob die Hand. »Ich will nicht darüber reden. Ich werde nie dein größter Fan sein. Akzeptier’s einfach. Ich habe es schon akzeptiert.«
Lügner, dachte sie.
Sie sah, wie sein Kiefermuskel zuckte, und wusste, dass er sich über sie ärgerte. Wie jedes Mal.
»In Anbetracht deiner Unfähigkeit, eine Unterhaltung mit mir zu führen, ohne mich jedes Mal aus dem Hinterhalt anzugreifen …«
»Weil du mich jedes Mal beleidigst!«
»Wann habe ich dich beleidigt? Sag es mir, denn ich kann mich wirklich nicht erinnern.«
Megan schob das Bananenbrot in den Ofen und knallte die Tür zu. »Wenn du es nicht selbst merkst, kann ich dir auch nicht helfen.«
Er stöhnte. »Du machst mich ehrlich wahnsinnig!«
»Und du gehst mir auf die Nerven. Verschwinde! Ich muss arbeiten, falls du das schon vergessen hast.«
Caleb öffnete den Mund, um etwas zu erwidern. Zum Glück kam in diesem Augenblick Jubilee mit ihren Einkäufen in die Küche.
»Die Butter, die du immer nimmst, hab ich nicht bekommen … Oh, Caleb. Was machst du denn hier?«, fragte Jubilee.
Mit ihren dunklen Haaren und den grünen Augen ähnelte Jubilee ihrem großen Bruder dermaßen, dass ihre Gegenwart für Megan manchmal nur schwer zu ertragen war. Doch anders als Caleb war Jubilee fröhlich und hilfsbereit, und Megan mochte sie. Das Mädchen war die meiste Zeit ihres Lebens überbehütet aufgewachsen, nicht zuletzt wegen ihres wiederkehrenden Krebsleidens als Kind. Erst vor Kurzem war sie schließlich bei ihren Eltern ausgezogen und hatte angefangen, für sich selbst zu sorgen. Wobei ihre neu entdeckte Unabhängigkeit ihre fröhliche Art nur noch verstärkte.
»Tatsächlich wollte ich gerade gehen.« Caleb wandte sich zur Tür. »Wir sehen uns später, Jubi.«
Die beiden Frauen sahen Caleb schweigend nach. Dann begann Megan, ihre Backutensilien und anderes Geschirr abzuspülen, und hoffte, Jubilee würde nicht weiter nachfragen.
Doch wie so oft im Leben sollten Megans Hoffnungen enttäuscht werden.
»Was war das denn gerade? Er sah ziemlich wütend aus. Wieso ist mein Bruder jedes Mal wütend, wenn ihr beide euch seht, und du bist … genauso wütend?«
Megan schrubbte energisch über eine Pfanne. »Dein Bruder ist ein nerviges Arschloch, das ist alles. Hast du den braunen Zucker bekommen?«
»Versuch nicht, mir auszuweichen.« Jubilee zeigte mit einem Löffel auf Megan. »Sag mir lieber, was los ist, oder ich bearbeite meinen Bruder so lange, bis er es mir sagt.«
Megan kaute auf der Innenseite ihrer Wange. Nur zu gern würde sie sich einem anderen Menschen anvertrauen. Doch sie wusste genau, dass das nicht ausgerechnet Calebs kleine Schwester sein sollte. Megan hatte ja nicht mal mit ihrer eigenen Schwester Sara über die Sache gesprochen.
Sie zuckte mit den Schultern. »Nichts. Wir verstehen uns einfach nicht besonders.«
»Und ich bin von gestern.«
Jubilee fing an, die Einkäufe zu verstauen, während Megan weiter spülte. Eine Weile sagte Jubilee nichts, und Megan hätte schon fast vor Erleichterung geseufzt.
»Weißt du, es ist schon witzig«, bemerkte Jubilee. »Caleb ist wahrscheinlich der entspannteste von meinen Brüdern, abgesehen vielleicht von Harrison, aber der ist der älteste und trug ziemlich viel Verantwortung. Als Kind war Caleb immer mein Lieblingsbruder. Er hat mit mir gespielt und mir Malbücher ins Krankenhaus gebracht.« Jubilee stopfte die Einkaufstüten in den Eimer, in dem sie ihre Taschen und Tüten sammelten. »Was ich damit sagen will: Es ist überhaupt nicht typisch für ihn, sich so aufzuregen. Außer vielleicht, wenn die Leute ihre Tiere in Halloween-Kostüme packen. Das hasst er.«
Megan hielt inne. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an zwei Situationen, die fast zehn Jahre auseinanderlagen. Sie dachte an Berührungen und Küsse, an verstecktes und offenbartes Verlangen und fragte sich, ob sie diese Bilder, die sich in jeder Faser ihres Wesens eingenistet hatten, wohl jemals wieder loswerden würde.
Sie wusste nicht, was sie auf Jubilees Bemerkung antworten sollte. Doch zu ihrer Erleichterung läutete vorne die Türglocke.
»Kannst du das übernehmen?«, bat sie Jubilee. »Das Bananenbrot hier ist gleich fertig, und ich muss noch Inventur machen.«
»Okay. Aber glaub bloß nicht, dass wir fertig sind. Du hast ja keine Ahnung, wie stur ich sein kann.« Jubilee lächelte, und Megan musste grinsen. »Okay, vielleicht hast du doch Ahnung. Du kennst meine Familie schließlich lange genug.«
Als Jubilee gegangen war, um ihre Kunden zu bedienen, ließ Megan sich auf einen Hocker sinken und wartete auf das Bananenbrot. Ich weiß sehr gut, wie stur ihr Thorntons sein könnt, dachte sie. Genau das ist mein Fluch, länger, als man sich vorstellen kann.
***
In dieser Nacht fand Megan keinen Schlaf. Sie träumte von Caleb und bekam die Bilder einfach nicht aus dem Kopf, egal, wie sehr sie sich auch bemühte. Müde und schlecht gelaunt machte sie sich erst eine Stunde später als üblich auf den Weg in die Bäckerei. Sie gähnte, als sie sich dem Geschäft näherte. Doch dann blieb sie jäh stehen und starrte auf die Scherben, die auf dem Gehweg lagen.
Eilig lief sie zum Schaufenster ihres Ladens und musste zu ihrem Schrecken feststellen, dass eins der Fenster eingeschlagen worden war. Mit vorsichtigen Schritten balancierte sie über die Scherben hinweg zur Tür, wo sie das ganze Ausmaß des Schadens sah.
Stühle und Tische waren umgeworfen, die Kasse aufgebrochen worden. Ein paar Gebäckstücke, die über Nacht in der Vitrine gelegen hatten, waren zu Boden geschleudert worden, und Frosting und Zucker bedeckten Theke und Fußboden.
Mit klopfendem Herzen ging Megan nach hinten. In der Küche sah es noch schlimmer aus als vorne im Verkaufsraum: Mehl- und Zuckersäcke waren hinuntergeworfen, Paletten mit Eiern zertrampelt worden. Fassungslos stand sie da und starrte auf das Chaos.
Der Safe. Hatten sie den Safe gefunden?
Megan lief zu dem winzigen Büro neben der Küche und öffnete mit zitternden Fingern die Tür. Sie hatte Jubilee immer angewiesen, alles Bargeld in den Safe zu legen, wenn sie abends abschloss. Megan lief ins Zimmer und sah den Safe auf der Seite liegen. Hinten hatte er eine tiefe Beule. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, ihn zu öffnen – ihre Hände zitterten einfach zu sehr, um die korrekten Nummern einzutippen –, fand sie einen Stapel Bargeld, Schecks und Quittungen.
Ein tiefer Seufzer der Erleichterung entfuhr ihr. Auch wenn es nicht wahnsinnig viel Bargeld war, so wäre es doch ein schmerzhafter Verlust gewesen. Megan schloss die Tür des Safes wieder und stand auf, doch sie musste sich an der Kante des Schreibtischs festhalten, um nicht zu schwanken. Ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie nahm sich selbst wie durch einen leichten Nebel wahr und erkannte, dass sie offenbar unter Schock stand.
Später konnte sich Megan nur noch vage daran erinnern, die Polizei angerufen zu haben. Die Chancen standen gut, dass Caleb Dienst hatte und auftauchen würde, und während sie draußen saß und auf den Regenbogen aus zerbrochenem Glas auf dem Gehweg starrte, wünschte Megan sich fast, dass er käme. Er würde sie ablenken. Er würde sie so sehr nerven, dass sie nicht weiter darüber nachdachte, dass jemand gezielt in ihre Bäckerei eingebrochen war und wie ein menschlicher Tornado alles auseinandergenommen hatte.
Tränen sammelten sich in ihren Augen, heiß und beschämend. Megan unterdrückte ein Schluchzen. Sie musste sich zusammenreißen, jedenfalls so lange, bis sie zu Hause und mit ihrem Schmerz allein war.
Sie spielte mit dem Gedanken, Sara anzurufen, aber was konnte ihre Schwester schon tun? Außerdem hatte Sara bereits genug für Megan getan. Sie hatte sie mehr oder weniger großgezogen, während ihre gemeinsame Mutter Ruth dem Alkohol verfallen war. Seitdem versuchte Megan, sich nicht allzu sehr auf Sara zu stützen. Sie konnte sich schließlich gut um sich selbst kümmern.
Megan hörte Sirenen und dann eine leise Stimme fragen: »Megan? Alles in Ordnung?«
Sie blickte auf und direkt in die grünen Augen von Caleb Thornton. Zum ersten Mal empfand sie nichts als Erleichterung, ihn zu sehen.
Als Caleb die Meldung über den Einbruch im Rise and Shine von der Zentrale bekommen hatte, war er sofort wie ein Verrückter losgerast, ohne sich zu fragen, warum die Vorstellung, Megan könnte verletzt sein – war sie zu dem betreffenden Zeitpunkt dort gewesen? –, ihn beinahe um den Verstand brachte.
Er musste sich zwingen, wie ein Polizist zu denken, nicht wie ein besorgter Bürger, musste Ruhe und Professionalität ausstrahlen, selbst wenn alle anderen um ihn herum in Panik verfielen.
Doch leichter gesagt als getan, dachte er, als er auf Megan zutrat, die auf einer Bank vor der Bäckerei saß und genauso verloren aussah wie an dem Abend, als er sie verhaftet hatte.
»Megan? Alles in Ordnung?«
Er hockte sich vor sie und hätte beinahe ihre Hände genommen, doch er war gerade nicht Caleb Thornton – er war Officer Thornton und musste professionelle Distanz zu dieser Frau wahren, auch wenn es ihn innerlich zerreißen mochte.
Sie hob den Kopf und schaute ihn mit ihren großen, strahlend blauen Augen an. Er war überrascht, zu sehen, dass sie nicht weinte. Sie wirkte einfach nur geschockt.
»Caleb …« Sie blinzelte. »Was …? Oh. Ja. In der Bäckerei ist eingebrochen worden.«
Er blickte auf die funkelnden Scherben und das verwüstete Ladengeschäft, das man hinter der zerstörten Scheibe erahnen konnte. »Bist du verletzt?«, fragte er mit fester Stimme. »Wo warst du, als es passiert ist? Soll ich dich ins Krankenhaus fahren?«
Sie antwortete nicht. Er berührte sie sanft an der Schulter. »Megan.«
Ihre Augen weiteten sich. »Nein, nein, ich war gar nicht hier. Ich bin heute Morgen hergekommen, und da sah es so aus.« Sie blickte auf seine Hand, die auf ihrem Arm lag.
Er zog sie zurück und stand auf.
»Officer Gonzalez wird gleich hier sein und mir bei der Aufnahme des Falls helfen. Möchtest du, dass ich jemanden für dich anrufe? Deine Schwester?«
»Nein. Noch nicht.« Sie beugte sich vor und wollte anfangen, die Scherben aufzusammeln, doch Caleb hielt sie zurück.
»Wir müssen zuerst ein paar Fotos vom Tatort machen«, erklärte er sanft. »Und außerdem würdest du dich nur schneiden. Warum gehst du nicht rüber ins Fainting Goat und isst eine Kleinigkeit? Ich weiß, sie haben noch geschlossen, aber Trent wird uns reinlassen …«
Sie starrte zu Boden, doch dann schüttelte sie sich und stand auf. Caleb war froh zu sehen, dass ein wenig Farbe in ihr Gesicht zurückgekehrt war. »Ich bin nicht hungrig. Was kann ich tun, um euch zu helfen?«
Da gab es nicht viel, außer aufzuschreiben, was fehlte, denn schließlich war Megan nicht Zeugin des Einbruchs geworden, doch das sagte Caleb ihr nicht.
Officer Juan Gonzalez, ein Mann mittleren Alters, der seit zwanzig Jahren Dienst schob, stieg aus seinem Wagen und pfiff, als er den Schaden sah. Sein gigantischer Schnurbart und seine etwas schmächtige Statur führten häufig dazu, dass die Leute ihn unterschätzten – bis sie sahen, wie schnell er rennen konnte und dass er locker das Doppelte an Gewichten stemmte als jeder andere Mann seiner Größe.
»Ms. Flannigan«, sagte Gonzalez. »Tut mir leid, was passiert ist. Officer Thornton und ich werden jetzt Fotos vom Tatort machen. Können Sie uns alle Schäden zeigen, die Ihnen aufgefallen sind? Und alles aufschreiben, was fehlt?«
Die konkrete Aufgabe schien Megan wieder zu sich selbst zurückfinden zu lassen. Gonzalez, dessen väterliche Art auf die meisten Menschen einen beruhigenden Effekt hatte, begleitete sie hinein, und Caleb folgte ihnen.
Sein Hirn schaltete in den »Officer-Modus«, wie er es gern nannte. In der Gegend hatte es in letzter Zeit bereits zwei weitere Einbrüche gegeben, wobei es Megan leider am härtesten getroffen hatte. Caleb verzog das Gesicht, als er das Ausmaß des Schadens sah: die Lebensmittel überall verstreut, die Möbel umgeworfen und zerbrochen und die ganze Küche unter einer Decke aus Mehl und Zucker und Gott weiß was sonst. Glasscherben knirschten unter seinen Stiefeln, und er war froh zu sehen, dass Megan ebenfalls feste Schuhe trug. In ihren üblichen Sandalen hätte er sie gar nicht erst hier reingelassen.
Als wenn sie sich von mir davon hätte abhalten lassen, dachte er trocken. Megan Flannigan hatte noch nie auf das gehört, was er sagte.
»Ist irgendetwas gestohlen worden?«, fragte Gonzalez. »Geld? Irgendwelche Gegenstände?«
Megan runzelte die Stirn. »Bisher ist mir nichts aufgefallen, aber ich bin die Küche noch nicht komplett durchgegangen. Sie haben versucht, den Tresor zu öffnen.«
»Was ist mit der Kasse?«, fragte Caleb.
»Ich lasse nie Bargeld über Nacht in der Kasse. Obwohl, Jubilee hat gestern Abend abgeschlossen. Ich muss sie anrufen …« Ihre Stimme verebbte, und ihr Blick glitt über einen dicken Schmierstreifen aus Frosting auf der Vitrine im Verkaufsraum. »Was für einen Grund könnte jemand haben, so mit Lebensmitteln um sich zu schmeißen?«
»Megan – Ms. Flannigan«, sagte Caleb leise, »gibt es irgendjemanden, der möglicherweise wütend auf Sie ist? Haben Sie irgendwelche Feinde, denen Sie so etwas zutrauen würden?«
Sie lachte überrascht auf. »Feinde? Nein, nicht wirklich. Wobei …«, sagte sie trocken, »einen vielleicht, aber ich bin mir nicht sicher, ob er darauf steht, eine Bäckerei auszurauben.«
Caleb musste grinsen. Als Gonzalez ihn neugierig ansah, brachte er seine Lippen jedoch sofort wieder in eine neutrale Position. »Ich verstehe. Dann wäre es wohl gut, wenn Sie Jubi anrufen und sie bitten könnten herzukommen, damit wir mit ihr sprechen können. Und auch mit allen anderen, von denen Sie denken, dass sie etwas wissen könnten. Gonzalez, du hast deine Kamera dabei, oder?«
»Ich gehe und hole sie.« Gonzalez betrachtete die beiden, sagte aber nichts.
Und als Caleb und Megan da so mitten in der verwüsteten Bäckerei standen, dachte Caleb, wie klein Megan in all diesem Chaos wirkte. Zerbrechlich beinahe. Bisher wäre er niemals auf die Idee gekommen, die Wörter zerbrechlich und Megan in einem Satz zu denken, aber es gab für alles ein erstes Mal.
»Hey, immer noch alles in Ordnung?«
Sie rieb sich über die Arme, bevor sie mit den Schultern zuckte und antwortete: »Ja. Ich meine, nein. Ich stehe immer noch unter Schock, aber langsam werde ich wütend. Das ist gut, oder?«
»Ich muss zugeben, ich sehe lieber eine wütende Megan als eine stille.«
Ihre rosenfarbenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich auch. Ich mag dieses Gefühl nicht – die Kontrolle zu verlieren …« Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Schon irgendwie ironisch, wenn man genauer darüber nachdenkt.«
Caleb wollte sie in seine Arme nehmen. Es war ein lächerliches Verlangen – sie hatte ihm gegenüber nie etwas anderes als Ablehnung gezeigt, und doch hatte er das Gefühl, als beschützten ihre Dornen bloß ein sanftes, verletzliches Herz. In diesem Augenblick sah er mehr von dieser Verletzlichkeit als in all den Jahren zuvor. Er spürte den Drang, sie zu beschützen. Sie in seine Arme zu schließen und ihr zu versichern, dass sie keine Angst zu haben brauchte, weil er dafür sorgen würde, dass ihr nichts geschah.
Sie blinzelte. Ihre Wimpern waren sündhaft lang und dunkel. Caleb beobachtete, wie eine leichte Röte sich auf ihre Wangen legte. Doch als er gerade den Mund öffnete, um etwas – irgendetwas – zu sagen, kehrte Gonzalez zurück.
»Tut mir leid. Die Kamera lag ganz unten unter dem Fußballzeug meines Sohnes im Kofferraum. Können wir loslegen, Caleb?«
Widerstrebend löste Caleb seinen Blick von Megan und begann gemeinsam mit Gonzalez, den Schaden in der Bäckerei zu dokumentieren. Je mehr er sah, desto stärker ballte sich eine finstere Wut in seinen Eingeweiden. Nur das allermieseste Arschloch würde einer Frau, die so hart gearbeitet hatte, um diesen Laden hier aufzubauen und erfolgreich zu machen, so etwas antun. Er wollte den Kerl finden und ihm den Hals umdrehen. Ihn zwingen, sich bei Megan zu entschuldigen und jedes Körnchen Mehl und jedes kaputte Ei und jede kleinste Scherbe aufzuräumen, bis das Rise and Shine wieder glänzte.
»Denkst du, es waren dieselben Täter, die auch die anderen Einbrüche begangen haben?«, fragte er Gonzalez leise. Das ergäbe Sinn, wobei die anderen Einbrüche nicht annähernd so zerstörerisch gewesen waren.
Gonzalez machte ein Foto von einem umgeworfenen Korb mit Küchenutensilien. »Wahrscheinlich. Wie viele Einbrecher gibt es in Fair Haven? Wobei es nicht so aussieht, als hätte er irgendetwas Wertvolles gestohlen, eher als wollte er einfach nur alles kurz und klein schlagen.« Er runzelte die Stirn. »Was mir ehrlich gesagt mehr Sorgen bereitet als jemand, der Geld klaut.«
Caleb sah es genauso. Das alles hier sah nach viel Wut aus. Megan hatte zwar gesagt, dass sie keine Feinde habe, aber Caleb war sich da nicht so sicher. Vielleicht war es jemand, der in irgendeiner Verbindung zu den Flannigans stand und ihnen wehtun wollte? Er musste unbedingt mit Harrison sprechen. Vielleicht war er aber auch nur paranoid. Der Einbrecher hatte offensichtlich versucht, den Safe zu öffnen. Möglicherweise hatte er seine Wut, als ihm das nicht gelungen war, einfach an den Räumlichkeiten ausgelassen.
Die beiden Officers hörten die Türglocke läuten und gleich darauf jemanden hinter ihnen erschrocken nach Luft schnappen. »O mein Gott! Als Megan gesagt hat, jemand wäre hier eingebrochen, dachte ich, er hätte ein bisschen Geld aus der Kasse geklaut …«
Caleb drehte sich um und sah seine jüngere Schwester im Türrahmen stehen. Er lächelte grimmig. »Hey, Jubi.«
»Das ist ja schrecklich.« Sie sah Caleb nicht einmal an. »Arme Megan.« Mit dem Finger strich sie durch das Mehl, das die gesamte Arbeitsplatte bedeckte. »Wie sollen wir das alles nur wieder sauber kriegen?«
»Ihr müsst das nicht alles allein machen«, sagte Caleb, und als Jubilee ihn mit großen Augen ansah, fügte er mürrisch hinzu: »Sieh mich nicht so an.«
»Wieso? Wie sehe ich dich denn an? Oh, hey, Juan. Wie geht’s? Wie geht es Gretchen und den Kindern?«
Gonzalez lächelte. »Gut. Danke der Nachfrage. Aber Joaquin hat sich nach dem letzten Spiel den Knöchel verstaucht und fällt für die gesamte Saison aus. Er ist todunglücklich.«
»Wie blöd. Das tut mir leid.« Jubilee bombardierte Gonzalez mit Fragen, und Caleb war ihr dankbar dafür. Seine kleine Schwester war im Umgang mit anderen Menschen viel besser als er. Vielleicht hätte sie Polizistin werden sollen, nicht er.
»Denkst du, wer auch immer das hier war, hat sich die Bäckerei ganz bewusst ausgesucht?«, hörte er Jubilee fragen. »Oder meinst du, es war Zufall?«
»Wir haben noch nicht viele Anhaltspunkte, aber in Anbetracht des Schadens, der hier angerichtet wurde, kann ich mir nicht vorstellen, dass es Zufall war«, gestand Gonzalez. »Hast du eine Idee, wer es gewesen sein könnte? Vielleicht jemand, der im Laden war und sich über irgendetwas geärgert hat?«
Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Abgesehen von Mrs. Patterson, die sich aufgeregt hat, weil ich aus Versehen Sahne in ihren Kaffee geschüttet habe? Nicht dass ich wüsste. Mrs. Patterson ist ein bisschen empfindlich, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie aus Rache ein Fenster einschlagen würde.«
Gonzalez lachte. »Ich werde ihr nicht verraten, dass du das gesagt hast.«
Die Türglocke läutete erneut, und als Caleb, Gonzalez und Jubilee nach vorne in den Verkaufsraum gingen, sahen sie Harrison und Sara hereinkommen. Die beiden wirkten geschockt. Harrison, Calebs älterer Bruder, hatte sich vor wenigen Wochen mit Megans älterer Schwester Sara verlobt. Caleb sah, wie Harrison seine Hand auf Saras unteren Rücken legte, als könne er sie auf diese Weise vor dem Anblick der Zerstörung um sie herum schützen. Harrison und Caleb sahen sich sehr ähnlich, wobei Harrison kräftiger als sein Bruder war, Caleb dafür ein Stück größer. Beide hatten die grünen Augen der Thorntons und dunkles Haar. Sara und Megan hingegen sahen sich überhaupt nicht ähnlich, obwohl Caleb nicht entgangen war, dass sie die gleiche Mimik und Gestik besaßen, die ihre Verwandtschaft verrieten, wenn man nur aufmerksam genug hinsah. Sara war von ihrer Statur her weicher als Megan, die ihre Schwester ein gutes Stück überragte und tiefrotes Haar hatte.
»Oh, Megan, wie furchtbar.« Sara blickte sich um. »Es tut mir so leid. Ist mit dir alles in Ordnung? Bitte sag mir, dass du nicht hier warst, als all das passiert ist. Warum hast du nicht früher angerufen?«
Megan ergriff die Hände ihrer Schwester. »Weil ich noch mit der Polizei beschäftigt war. Und außerdem hättest du ohnehin nichts tun können.«
»Ich hätte einfach bei dir sein können!«
Megan sah aus, als wollte sie etwas erwidern, doch Harrison ging geschickt dazwischen und fragte: »Caleb, seid ihr fertig, so dass wir anfangen können, hier aufzuräumen? Oder braucht ihr noch mehr Fotos?«
Gonzalez antwortete: »Mit den Fotos sind wir fertig. Wir werden jetzt die Aussagen aufnehmen. Caleb, geh du doch mal rüber nach nebenan und frag, ob die Nachbarn etwas bemerkt haben. Megan und Jubilee, ich würde eure Aussagen aufnehmen, wenn das okay ist.«
Caleb wollte widersprechen – er wollte Megan nicht von der Seite weichen –, aber ihre Schwester und seine eigenen Geschwister waren jetzt da, um sie zu unterstützen. Bevor er jedoch ging, berührte er Megan am Ellbogen und nahm sie beiseite.
»Ich bin nebenan, falls du mich brauchst.«
Als sie statt einer üblichen bissigen Bemerkung bloß stumm nickte, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Noch einmal berührte er ihren Arm und trat dann hinaus ins grelle Sonnenlicht.
***
Als Megan ihre Schwester und Harrison in die Bäckerei kommen sah, wünschte sie fast, die beiden würden wieder gehen. Auch wenn es nur ihr Stolz war, der nicht wollte, dass sie sahen, wie sehr sie versagt hatte – vor allem Sara, wo Megan mit der Bäckerei doch nicht zuletzt versucht hatte, ihrer Schwester zu beweisen, dass sie für sich selbst sorgen konnte.
Und nun das. Jemand war in ihr Geschäft eingebrochen und hatte alles verwüstet, und Megan hatte keine Ahnung, was sie sagen oder denken sollte. Sie fühlte sich seltsam taub. Sollte sie weinen? Vor Wut toben? Irgendwas anderes?
Als Sara sie in den Arm nahm, blieb Megan steif wie ein Brett und erwiderte die Umarmung nur, weil sie wusste, dass Sara es von ihr erwartete. Harrison legte ihr eine Hand auf die Schulter, doch er ähnelte Caleb so sehr, dass Megan den Blick abwenden musste.
Caleb. Natürlich war er es, den man hergeschickt hatte. Das war mal wieder typisch. Doch obwohl sie sich darüber ärgern wollte, so war sie doch erleichtert gewesen, ihn zu sehen. Seine Anwesenheit hatte eine überraschende Ruhe auf sie ausgestrahlt, was sie allerdings mehr seiner Ausbildung als Police Officer denn ihrer Reaktion auf ihn als Person zuschrieb. Jedenfalls redete sie sich das ein, während eine leise Stimme in ihrem Kopf flüsterte, dass es allein mit ihm als Person zu tun gehabt hatte. Und mit ihm als Mann.
»Megan, was sollen wir machen?«, fragte Sara. »Möchtest du, dass wir anfangen aufzuräumen? Oder sollen wir jemanden anrufen? Ich bin mir nicht sicher, ob wir das alles alleine schaffen, vor allem mit den ganzen Scherben überall.«
Megan blinzelte. Aufräumen. Glas. »Ich muss meine Versicherung anrufen.«
»Ich gehe mit dir ins Büro. Harrison, kennst du jemanden, der uns helfen könnte?«
Er lächelte. »Wieso nur bin ich immer derjenige, der andere Leute anruft?«
»Weil du alles und jeden hier in der Stadt kennst und vermutlich auch schon ein Bier mit ihnen getrunken hast.« Sara gab ihm einen Kuss auf die Wange, dann nahm sie Megan am Arm und führte sie nach hinten.
Sara sagte nichts, und Megan war ihr dankbar. Sie wollte kein Mitleid. Sie wollte … sie wusste nicht, was sie wollte. Den Menschen finden, der ihr das angetan hatte, und ihn zusammenschlagen? Weit, weit weglaufen, ohne sich noch einmal umzusehen?
Die Aufgabe, ihre Versicherung anzurufen, gab ihr etwas zu tun, und dafür war sie dankbar. Sie brauchte etwas Konkretes, das sie davon abhielt, zu grübeln und sich Sorgen zu machen. Das Gefühl der Taubheit legte sich ein wenig, und als sie den Anruf beendete, fühlte sie sich zwar nicht wie neu, aber wenigstens nicht länger so taub wie vorhin.
Sara rieb Megan sanft über den Arm, bevor sie das Büro verließen. »Hey, sieh mich an«, sagte sie leise. »Wir kriegen das wieder hin. Wir bringen die Bäckerei in Ordnung, und sie werden den Kerl finden, der das getan hat.«
Megan wollte ihrer Schwester sagen, dass es kein Wir gab. Sie musste das hier allein schaffen. Doch als sie Saras Gesicht sah, nickte sie nur stumm.
Gonzalez nahm Megans Aussage zu Protokoll, und sie erzählte ihm alles, was ihr dazu in den Sinn kam, was jedoch nicht sehr viel war. Megan hatte keine Ahnung, wer es gewesen sein könnte. Sie hatte keine Feinde – nicht wirklich. Klar, ihre Nachbarin war vermutlich nicht sehr glücklich darüber gewesen, dass sie einmal vergessen hatte, den Schlauch abzustellen, und so ihren gesamten Garten geflutet hatte, aber Megan konnte sich nicht vorstellen, dass Nora Blakely deshalb hingehen und ihre Bäckerei verwüsten würde.
»Eine Putztruppe ist unterwegs und wird in der nächsten Stunde hier aufschlagen, und Officer Gonzalez ist zur Wache zurückgefahren«, verkündete Harrison wenig später. »Aber wir können schon mal anfangen. Megan, wo finden wir Müllbeutel und Putzzeug?«
Megan zeigte es ihm, und sie, Sara, Harrison und Jubilee machten sich an die Arbeit. Während Megan ihre Habseligkeiten wieder in Ordnung brachte, breitete sich langsam die Wut, auf die sie gewartet hatte, in ihr aus. Eine heiße Röte kroch ihr von der Brust bis in die Wangen, und sie biss die Zähne so fest aufeinander, dass sie später sicher Kopfschmerzen davon haben würde.
Ich werde diesen Scheißkerlen, die das getan haben, die Kniescheiben brechen.
Als sie eine Glasscherbe aufhob und sich daran schnitt – es war nur ein winziger Kratzer –, fluchte sie laut. »Die Scheiß-Mistkerle«, brüllte sie. »Wie kann man nur so ein Arschloch sein?«
Ihre Frage war nicht wirklich an jemanden gerichtet, doch sie sah, wie Sara den Mund öffnete, um ihr zu antworten. Aber Jubilee war schneller: »Eindeutig jemand mit einem sehr traurigen Leben. Wahrscheinlich hockt er zu Hause, glotzt Soaps und verliert ständig irgendwelche Auktionen bei eBay, weil er nämlich Schlümpfe sammelt und ein ganzes Zimmer voll davon hat. Und als er letzte Woche eine Auktion für einen ganz seltenen Schlumpf verloren hat, hat er beschlossen, loszuziehen und irgendwas kurz und klein zu schlagen.«
Die anderen drei starrten Jubilee an. Dann fing Harrison an zu lachen, was Megan und Sara dazu brachte, ebenfalls laut loszulachen.