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Ödön von Horváth's 'Sportmärchen' ist eine faszinierende Sammlung von Erzählungen über Sport und Wettkampf, die tiefere Einblicke in die menschliche Natur bieten. Die Geschichten, die in einem einfachen und klaren Stil geschrieben sind, spiegeln die Gesellschaft der Zwischenkriegszeit wider und thematisieren Themen wie Leistung, Ehrgeiz und Rivalität. Von Horváth gelingt es, die psychologischen Facetten der Charaktere subtil zu erforschen und sie in realistischen Situationen zum Leben zu erwecken. 'Sportmärchen' ist ein literarisches Werk von zeitloser Relevanz, das sowohl Unterhaltung als auch tiefgründige Einsichten bietet.
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Seitenzahl: 34
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Books
Der sichere Stand
Legende vom Fußballplatz
Regatta
Der Faustkampf, das Harfenkonzert und die Meinung des lieben Gottes
Start und Ziel
Vom artigen Ringkämpfer
Vom unartigen Ringkämpfer
Der große und der kleine Berg
Was ist das?
Stafetten
Wintersportlegendchen
Vom wunderlichen Herrn von Bindunghausen
Über das Meer
Aus einem Rennradfahrerfamilienleben
Begegnung in der Wand
Die Mauerhakenzwerge
Die Eispickelhexe
Die Beratung
Aus Leichtathletikland
Persönlichkeiten
Das Sprungbrett
»Nur auf die Bindung kommt es an!«
Der Fallschirm
Sommer und Winter
Die drei Gesellen
Die Regel
Die beiden Magenschwinger
Inhaltsverzeichnis
Einst kletterte ein Kletterer über einen berüchtigten ungemein brüchigen Grat empor – – – und fürwahr! er war ein kühner Bursche: denn selbst von Zacken mit Zipperlein (die nur noch den erlösenden Rülps ersehnten um die Fahrt nach dem Friedhof tief unten im Kar antreten zu können) rief er denen, die hinter ihm herkletterten, zu:
»Kommt immer nur nach! Habe sicheren Stand!«
Und einmal hielt er sich gar nur mit zwei Fingerspitzen der linken Hand an einem kaum sichtbaren Griff, doch schon rollte er rasch mit der Rechten das Seil ein und schrie:
»Sicherer Stand!«
– – – da seufzte sein Griff und brach ab: kopfüber flog er aus der Mutterwand und mit ihm unser Kletterer, während ein scharfer Stein schmunzelnd das Seil durchbiß – – – – – – und erst nach gut fünfhundert Metern klatschte er wie eine reife Pflaume auf eine breite Geröllterrasse. Aber sterbend schrie er noch seinen Gefährten zu:
»Nachkommen! Sicherer Stand!«
War das ein Optimist!!
Inhaltsverzeichnis
Es war einmal ein armer kleiner Bub, der war kaum sieben Jahre alt, aber schon loderte in ihm eine Leidenschaft: er liebte den Fußball über alles.
Bei jedem Wettspiel mußt er dabei gewesen sein: ob Liberia gegen Haidhausen, ob Belutschistan gegen Neukölln – – – immer lag er hinter einem der Tore im Grase (meistens bereits lange vor Beginn) und verfolgte mit aufgerissenen runden Kinderaugen den mehr oder minder spannenden Kampf. Und wenn ein Spieler grob rempelte, ballten sich seine Händchen erregt zu Fäusten und mit gerunzelter Stirne fixierte er finster den Übeltäter. Doch wenn dann vielleicht gar gleich darauf des Schicksals Laune (quasi als Racheakt) ein Goal schoß, so tanzte er begeistert und suchte strahlend all den Anderen, die um ihn herum applaudierten, ins Antlitz zu schauen. Diese Anderen, die neben ihm lagen, waren ja meistens schon um ein oder zwei Jahre älter und andächtig horchte er, wenn sie sich in den ungeheuerlichsten hochdeutschen Fachausdrücken, die sie weiß Gott wo zusammengehört hatten, über die einzelnen Spieler und Clubs ergingen; ergriffen lauschte er trüben Weissagungen, bis ihn wieder ein wunderbar vollendet geköpfter Ball mit sich riß, daß sein Herz noch höher flog wie der Ball.
So saß er oft im nassen Grase. Stundenlang. Der Novemberwind schmiegte sich an seinen schmalen Rücken, als wollt er sich wärmen und hoch über dem Spielplatz zog die Fieberhexe ihre Raubvogelkreise.
Und als der Schlußpfiff verklungen war, da dämmerte es bereits; der kleine Bub lief noch einmal quer über das Feld und ging dann allein nach Hause. In den leeren Sonntagsstraßen war es ihm einigemale als hörte er Schritte hinter sich: als schliche ihm jemand nach, der spionieren wolle, wo er wohne. Doch er wagte nicht umzuschauen und beneidete den Schutzmann, der solch große Schritte machen konnte. Erst zuhause, vor dem hohen grauen Gebäude, in dem seine Eltern den Gemüseladen hatten, sah er sich endlich um: ob es vielleicht der dicke Karl ist mit dem er die Schulbank teilt und der ihn nie in Ruhe läßt – – – aber es war nur ein dürres Blatt, das sich mühsam die Straße dahinschleppte und sich einen Winkel suchte zum Sterben.
Und am Abend in seinem Bette fror er trotz tiefroter Backen; und dann hustete er auch und es hob ihn vornüber, als haute ihm der dicke Karl mit der Faust in den Rücken.