Stahlharte Fäuste - Frank Callahan - E-Book

Stahlharte Fäuste E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Das laute Krachen eines Gewehrschusses bricht sich an den engen Wänden des Canyons. Buck Winters springt aus dem Sattel. Seine Hand tastet nach dem Colt, dann zieht er die Waffe aus dem Halfter. Hinter einer Biegung sieht er einen Mann am Boden liegen. Blut quillt aus einer großen Wunde in der Nähe des Herzens. Er packt den Colt fester und kniet neben dem Mann nieder. Sofort erkennt er, daß diesem Mann nicht mehr zu helfen Ist. Buck Winters sieht in zwei gebrochene Augen. »Warum hast du den Cowboy erschossen, Buck Winters?« ruft plötzlich ein Mann hinter ihm. Stahlharte Fäuste packen ihn, sein lautes Protestieren nützt nichts. Große Wolken ziehen am nächtlichen Himmel entlang und werfen riesige Schatten auf die Ranch, die verborgen in einem kleinen Tal liegt. Bleiches Mondlicht spiegelt sich in den Fensterscheiben. Aus einer großen Scheune fällt gedämpftes Licht, und die schrille Stimme einer Frau durchdringt die laue Sommernacht. »Du verdammter Versager, du elender Säufer!« Die Frau packt den angetrunkenen Mann am offenstehenden Hemd und schüttelt ihn wild. »Hier treibst du dich herum, während man einige Meilen weiter deinen Sohn hängen will…« Ihre Stimme wird brüchig. Der ältere Mann reißt sich los, macht einige taumelnde Schritte und blickt dann unsicher auf seine Frau, die ihn mit angstverzerrtem Gesicht anstarrt. Brummend setzt er die fast leere Whiskyflasche an den Mund, und gurgelnd verschwindet der scharfe Alkohol in seiner Kehle.

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Die großen Western – 272 –

Stahlharte Fäuste

Frank Callahan

Das laute Krachen eines Gewehrschusses bricht sich an den engen Wänden des Canyons. Buck Winters springt aus dem Sattel. Seine Hand tastet nach dem Colt, dann zieht er die Waffe aus dem Halfter.

Hinter einer Biegung sieht er einen Mann am Boden liegen. Blut quillt aus einer großen Wunde in der Nähe des Herzens. Er packt den Colt fester und kniet neben dem Mann nieder. Sofort erkennt er, daß diesem Mann nicht mehr zu helfen Ist. Buck Winters sieht in zwei gebrochene Augen. »Warum hast du den Cowboy erschossen, Buck Winters?« ruft plötzlich ein Mann hinter ihm. Stahlharte Fäuste packen ihn, sein lautes Protestieren nützt nichts. Sie bringen ihn zum Sheriff…

Große Wolken ziehen am nächtlichen Himmel entlang und werfen riesige Schatten auf die Ranch, die verborgen in einem kleinen Tal liegt.

Bleiches Mondlicht spiegelt sich in den Fensterscheiben. Aus einer großen Scheune fällt gedämpftes Licht, und die schrille Stimme einer Frau durchdringt die laue Sommernacht.

»Du verdammter Versager, du elender Säufer!«

Die Frau packt den angetrunkenen Mann am offenstehenden Hemd und schüttelt ihn wild.

»Hier treibst du dich herum, während man einige Meilen weiter deinen Sohn hängen will…«

Ihre Stimme wird brüchig.

Der ältere Mann reißt sich los, macht einige taumelnde Schritte und blickt dann unsicher auf seine Frau, die ihn mit angstverzerrtem Gesicht anstarrt.

Brummend setzt er die fast leere Whiskyflasche an den Mund, und gurgelnd verschwindet der scharfe Alkohol in seiner Kehle.

»Richard…!«

Schrill und durchdringend gellt ihre Stimme. Mit einem verzweifelten Aufstöhnen greift sich die Frau an die Kehle und fällt dann langsam auf die Knie.

So verweilt sie lange Sekunden.

Ihr verhärmtes Gesicht mit den traurigen Augen wendet sich dem Manne zu. Wirr fallen ihr einige graue Strähnen in die Stirn. Mit einer fahrigen Geste streicht sie sich die Haare aus dem Gesicht.

»Richard!«

Verzweiflung und Angst beherrschen ihre Stimme. Tränen schimmern auf den Wangen, und in ihre Augen tritt ein unstetes Flackern. Von irgendwoher klingt der klagende Ruf eines Käuzchens. Fernes Geheul von Kojoten durchdringt die Stille.

Die auf dem Boden stehende Petroleumlampe wirft ihren flackernden Lichtschein durch die alte Scheune. Gespenstisch geistern die Schatten über alte Pferdesättel und verstaubte Wagenräder.

»Hilf ihm, Richard. Er ist dein Sohn. Sie werden ihn aufhängen! Sie geben ihm keine Chance…«

Wieder klingt ihre herbe Stimme. Die Lippen beben und ihre abgearbeiteten Hände strecken sich dem Mann flehend entgegen.

Der Mann steht wie erstarrt.

In seinem wettergegerbten Gesicht zuckt es. Mit dem Handrücken fährt er sich über den breitlippigen Mund, und mit einem unwilligen Brummen schleudert er die leere Whiskyflasche hinter sich.

Eine blutrote Narbe auf der Stirn beginnt unruhig zu pulsieren. Die grauen Augen blicken leicht glasig, und der übelriechende Whiskyatem trifft die Frau, die dicht an ihren Mann herangetreten ist.

»Hilf ihm, Richard. Stehe deinem Sohn zur Seite. Er hat doch nur uns auf dieser erbärmlichen Welt. Und ich – ich bin zu schwach, um ihm zu helfen…!«

Im Gesicht des Mannes arbeitet es. Erneut fährt er sich über die zuckenden Mundwinkel.

Er starrt auf seine kräftigen Hände, die sich zu Fäusten ballen. Das Gesicht wird plötzlich regungslos und grau wie Holzasche. Die Halsschlagader ist angeschwollen und dann lächelt er leer und ausdruckslos.

»Wie spät ist es, Mary…?«

Er gibt sich große Mühe, verständlich zu sprechen, und doch färbt der zuviel getrunkene Whisky seine Worte.

Voll panischer Angst klingt ihre Stimme: »In spätestens zwei Stunden wollen sie Buck hängen. Ich komme gerade aus Tonson-City und habe vor dem Saloon unbemerkt gelauscht.«

Mary legte ihrem Mann eine Hand auf die Schulter. Sekundenlang sehen sich die beiden an. Dann senkt Richard Winters den Blick.

»Bruce Hermitts hetzt die Männer auf«, fährt Mary Winters fort. »Er spendiert eine Freirunde nach der anderen. In spätestens zwei Stunden wird er mit der betrunkenen Meute leichtes Spiel haben…«

Richard Winters schüttelt brummend den Kopf. Er läßt seine Frau stehen, beginnt schwankend hin und her zu gehen. Als er an der leeren Flasche vorbeikommt, gibt er ihr einen festen Tritt. Klirrend zerschellt sie an der Scheunenwand.

Richard macht kehrt, bleibt vor seiner Frau stehen.

»Und was macht der Sheriff…?«

Seine Stimme bekommt etwas Gehetztes. Anklagend streckt er die Hand vor, berührt leicht ihre Schulter.

Sie schiebt das Kinn vor. Der flackernde Schein der Lampe läßt ihr graues Haar wie Eis schimmern.

»Sheriff Bill Tucker ahnt zwar einiges«, antwortet sie heiser. »Doch er glaubt, Herr der Lage zu sein.« Ihre Stimme verliert sich.

»Sie haben Buck eine faire Gerichtsverhandlung versprochen«, knurrt Richard Winters zornig. »Well, vielleicht hat er diesen James Martens erschossen…«

Er zuckt hilflos mit den Achseln. Sein knochiges Gesicht ist maskenhaft erstarrt.

»Ich weiß es nicht, Mary«, fährt er dann fort und lehnt sich gegen ein zerbrochenes Wagenrad. »Doch Buck hat ein Anrecht auf eine ordentliche Gerichtsverhandlung, auch wenn er der Sohn eines Versag…«

Richard Winters bricht abrupt ab. Schmatzend fährt er sich über die Lippen. Sein Blick wird flackernd, und die sehnigen Hände ballen sich schon wieder zu Fäusten.

Dann blickt er auf seine Frau, die müde auf den Ballen Stroh gesunken ist. Er kommt auf sie zu und bleibt mit hängenden Armen vor ihr stehen.

»Was soll ich tun, Mary…?«

Fest erwidert sie seinen Blick. Erst jetzt merkt man, daß die schmächtige Frau über erstaunliche Energiereserven verfügt.

Ihre Augen beginnen plötzlich zu funkeln, und ihre Stimme bekommt einen härteren und drängenden Unterton.

»Richard Winters«, beginnt sie. »Wir sind seit über zwanzig Jahren verheiratet. Ich habe niemals geklagt, obwohl ich in den langen Jahren öfters Anlaß dazu gehabt hätte…!«

Sie fährt sich über die weit geöffneten Augen und erhebt sich langsam.

»Bruce Hermitts und seine Leute wollen eine Lynchpartie mit unserem Sohn veranstalten, obwohl nicht bewiesen ist, daß er James Martens erschossen hat. Buck hat keine Chance! Richard, du warst früher einmal ein richtiger Mann, ehe man dich zerbrach. Jetzt tröstet dich nur der Alkohol. Hole Buck aus dem Jail, kämpfe um unseren Sohn, höre endlich auf, dich selbst zu bemitleiden! Werde endlich wieder der Mann, zu dem ich früher so oft mit Respekt, Liebe und Achtung aufschaute…!«

Richard Winters Augen werden vor Staunen ganz groß. Er räuspert sich mehrmals, und um seine Mundwinkel zuckt es.

Dann macht er auf dem Absatz kehrt und verläßt mit hängenden Schultern die Scheune.

»Richard…!«

Ihre Stimme geht in ein hilfloses Schluchzen über.

*

Das bleiche Gesicht von Buck Winters ist gegen die zolldicken Gitterstäbe gepreßt.

Seine sehnigen Hände umklammern die Eisenstäbe so fest, daß die Knöchel weiß hervortreten. Seine Brust hebt und senkt sich schwer.

Er starrt in das hagere Gesicht von Bill Tucker, sieht den Sheriffstern auf der grauen Weste blitzen.

»Keine Bange, Junge«, dröhnte die tiefe Stimme des Sheriffs. »Der Lärm aus dem Saloon braucht dich nicht verrückt zu machen. Die Fellows dort drüben bekommen wieder einmal die Kehle nicht voll. Es hat nichts mit dir zu tun…!«

Bucks Hände gleiten von den Stäben. Er geht einige Yards zurück und wirft sich auf die harte Pritsche.

Dann richtete er seine blauen Augen erneut auf Bill Tucker, und man erkennt deutlich die gespannte Aufmerksamkeit, die den ungefähr zwanzig Jahre alten Mann beherrscht.

»Sagen Sie mir die Wahrheit, Sheriff! Noch ist es Zeit, Tonson-City zu verlassen und mich an einen sicheren Ort zu bringen. Doch in einigen Stunden kann es zu spät sein…!«

Der Sheriff winkt ab.

»Keine unnötigen Sorgen, Buck. Wir haben uns doch schon immer verstanden. Ich stehe auf deiner Seite. Es wird sich bestimmt alles aufklären. Du bist einfach nicht der Typ, der einen unschuldigen Menschen brutal aus dem Sattel knallt. Du kommst vor Gericht, und deine Unschuld wird sich bestimmt herausstellen. Also Kopf hoch, Junge!«

Er geht schlüsselrasselnd zur Tür. Dort wendet er sich nochmals um. »Ich lasse dir im Saloon ein großes Steak braten. Du wirst bestimmt Hunger haben.«

Er wartet eine Antwort nicht ab, sondern verläßt den Zellenraum. Klirrend dreht sich der Schlüssel.

Buck Winters ist allein.

Verdammt denkt er. Nun sitze ich in diesem Käfig, und wenn ich Pech habe, wird man mir in einigen Stunden ein rauhes Lasso um den Hals legen und mich am nächsten Baum aufknüpfen. Und das wegen einer Sache, mit der ich nicht das geringste zu tun habe…!

Yeah, es sind bittere Gedanken, die den jungen Mann bewegen. Das braungebrannte Gesicht wird verkniffen, hart und kantig.

Ich habe diesen James Martens nicht erschossen, denkt Buck. Warum sollte ich auch…? Well, ich kam zufällig vorbei und fand ihn neben seinem Pferd liegen.

Erregt springt Buck Winters von der Pritsche auf. Nervös läuft er in der engen Zelle auf und ab.

Dann tritt er an das kleine vergitterte Fenster, hält sein Gesicht dem Mondlicht entgegen, das bleich hereinsickert, und preßt seine heiße Stirn gegen das kühle Gitter.

Er starrt zu den fernen Sternen empor, doch der Friede, den er sonst bei ihrem Anblick empfindet, will sich nicht einstellen.

Nerventötend dringt der ungestüme Lärm aus dem Saloon zu ihm herüber. Seine kräftigen Hände lösen sich von den Gitterstäben, und aufschreiend preßt er sie gegen die Ohren.

So verweilt er lange Sekunden, ehe er mit mutlosem Gesicht zur Pritsche hinübergeht. Schwer läßt er sich auf die zerschlissene Decke fallen, legt sich auf den Rücken und starrt an die Zimmerdecke.

Er sieht eine zappelnde Fliege, die sich in einem halb zerrissenen Spinnennetz verfangen hat und nun verzweifelt um die verlorene Freiheit kämpft.

Buck Winters verschränkt die Arme hinter dem Kopf.

Damned, denkt er. Ich verstehe das alles nicht! Well, man hat mich zwar hier in Tonson-City noch nie leiden mögen, und bestimmt hängt es mit Dad zusammen…!

Seine bitteren Gedanken sind bei seinem Vater, düster starrt der junge Mann vor sich hin.

Yeah, vielleicht hängt es wirklich mit Daddy zusammen, denkt Buck. Irgendwann muß mit ihm etwas gewesen sein. Er und Mutter haben nie darüber gesprochen. Es muß schon viele Jahre zurückliegen. Und seit jener Zeit trinkt Dad und macht sich zum Gespött der Leute…

Buck Winters wälzt noch viele Gedanken, doch wie schon so oft findet er keine Lösung.

Buck zuckt erschrocken zusammen, als sich die Tür öffnet und Bill Tucker mit einem dampfenden Teller hereinkommt. Klirrend schiebt er ihn durch das unterste Gitter. Essensgeruch steigt Buck in die Nase, läßt ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen.

»Laß es dir schmecken, Junge«, sagt der Sheriff freundlich. »Ich bringe dir später auch noch eine gute Tasse Kaffee.«

Buck starrt den Sheriff durchdringend an. Dieser wird unter dem forschenden Blick verlegen.

»Das soll wohl die Henkersmahlzeit sein, Sheriff…? He, so ist es doch…?«

Buck Winters’ Stimme klingt böse. Er erhebt sich und schiebt den dampfenden Teller mit einer verächtlichen Geste zur Seite. Erregt starrt er den Sheriff an.

»Vielleicht stecken sie mit dieser Meute unter einer Decke und…«

Die scharfe Stimme von Bill Tucker unterbricht ihn. Das Gesicht des Sheriffs wird um einige Nuancen bleicher. Er tritt einen Schritt vor und hakt beide Daumen in den Revolvergürtel. Sein rechtes Augenlid zuckt einige Male unkontrolliert.

»Hör mir gut zu, Junge«, zischt er. »Ich vertrete seit über zehn Jahren das Gesetz in Tonson-City. Und in dieser Zeit ist noch niemand gelyncht worden.«

Hart prallen ihre Blicke aufeinander. Bill Tucker spuckt auf den staubigen Fußboden und wippt auf den Zehenspitzen.

»Und hier wird auch niemand gelyncht werden…!«

In den Mundwinkeln des Sheriffs liegt ein humorloses Lächeln. Buck senkt den Blick, starrt auf die tanzenden Schatten, die das flackernde Licht der Lampe auf die Wände zaubert.

»Nun iß schon, Junge«, knurrt Bill Tucker und zieht seinen Tabaksbeutel aus der Jackentasche. Geschickt dreht er sich eine Zigarette. »Mach dir nicht zu viele Sorgen. Es wird schon alles gut werden…«

Der Gefangene wird merklich ruhiger. Stumm setzt er sich auf die Pritsche, zieht den Teller näher und beginnt zu essen. Sheriff Tucker sieht ihm lächelnd zu.

»Na also, Junge«, brummt er leise.

*

Richard Winters verhält sein Pferd und blickt über das weite Land, das Mond und Sterne in bleiches Licht tauchen.

Gewaltige und bizarre Felsbrocken liegen vor ihm, so, als habe eine Riesenfaust sie wahllos verstreut.

Richard Winters spürt die lähmende Übelkeit, die seinen Körper in den Krallen hält. Ein heftiges Schwindelgefühl läßt ihn im Sattel schwanken.

Unruhig beginnt sein Pferd zu tänzeln, lautes Wiehern durchbricht die nächtliche Stille.

Der Mann muß aus dem Sattel, keuchend übergibt er sich, stößt einige derbe Flüche aus. Er schließt verzweifelt die Augen, glaubt, daß sein Kopf jeden Moment explodieren wird. Seine zitternde Hand krallt sich um das Sattelhorn.

Sekunden werden zu Minuten. Immer noch kämpft der angetrunkene Mann gegen die schreckliche Übelkeit. Dann wird ihm langsam besser.

Fast kraftlos zieht er sich in den Sattel. Das Pferd wiehert schrill, setzte dann vorsichtig Huf vor Huf, als ahne es die Schwäche seines Herrn.

Weiter… vorwärts… hämmern sei­ne Gedanken. Ich darf nicht zu spät kommen! Buck braucht meine Hilfe. Ich werde ihn aus dem Jail holen. Mary hat recht, ich habe viel gutzumachen…

Wirr schießen viele Gedanken durch Richard Winters’ Gehirn. Immer noch hält ihn der zuviel getrunkene Alkohol im Bann. Sein Blick ist ohne Glanz, und er murmelt unverständliches Zeug.

Er treibt sein Pferd schneller an, hofft nicht zu spät zu kommen…

*

Im Saloon herrscht lärmendes Treiben.

Dicke blaue Rauchwolken wälzen sich durch den Raum. Es riecht nach Schweiß, Tabak und Alkohol.

Der mächtige Tresen ist dicht umlagert, und der scharfe Whisky fließt in Strömen.

Wirr reden die vielen Männer durcheinander. Einer schwingt sich jetzt auf den Tisch und fordert brüllend Ruhe.

Doch seine Stimme kann den Lärm nicht übertönen. Der Mann sieht keine andere Möglichkeit, als seinen Colt aus dem Halfter zu ziehen und einige Schüsse gegen die Decke des Saloons zu jagen.

Für Sekundenbruchteile verstummt der Lärm. Diesen Moment nützt der Mann aus. Seine harte Stimme schallt klar und deutlich durch den Raum.

»Herhören, Gentleman. Ich glaube, daß wir lange genug geredet haben. Es wird Zeit, den vielen Worten nun auch Taten folgen zu lassen. Ich bin dafür, daß wir uns den Fellow jetzt schnappen und dort drüben an der mächtigen Eiche aufhängen. Und zwar so lange, bis kein Funken Leben mehr in ihm ist.«

Seine letzten Worte gehen im wilden Aufschrei der angetrunkenen Meute unter. Harte Fäuste recken sich in die Luft. Einige Cowboys setzen die fast leeren Whiskyflaschen an die weitaufgerissenen Münder und hören nicht eher auf, bis der letzte Tropfen in den durstigen Kehlen verschwunden ist.

Schlagartig setzt der Lärm wieder ein. Der hagere, hohlwangige Mann, der noch immer auf dem Tisch steht, wirft einen befriedigten Blick auf die angetrunkenen Männer.

Yeah, denkt er. Noch eine halbe Stunde, dann werden sie Wachs in meinen Händen sein. Und dann…!

In seinen Augen ist ein hungriger Ausdruck. Das Gesicht ist schweißnaß, sein Lächeln farblos.

Mit der Hand fährt er sich über die nikotinbraunen Lippen.

*

Die rhythmischen Bewegungen des Pferdes strapazieren Richard Winters angegriffenen Magen aufs neue. Keuchend schnappt er nach Luft und greift sich dann mit einer verzweifelten Geste an den Hals.

Er wischt sich mit dem Halstuch über das schweißbedeckte Gesicht, fühlte seine Hände zittern, als er später seinen abgewetzten Revolvergürtel zurechtrückt und die alte Waffe überprüft.

Endlich sieht er die gleißenden Lichter von Tonson-City. Für einige Minuten verhält der einsame Reiter sein Pferd.

Unruhig leckt sich Richard Winters über die rauhen Lippen. Er fühlt ein Kratzen im Hals. In seine Augen tritt ein fiebriger Ausdruck.

Fast barsch schlägt er seinem Pferd auf die Hinterhand, das erschrocken aufwiehert und sich dann schnell in Bewegung setzt. Rasch kommen die Lichter der Town näher.

Hundert Yards vor den ersten Häusern springt Richard Winters aus dem Sattel. Er bindet sein Pferd an einer alten Eiche fest.

Dann wendet er sich den Häusern zu. Für Sekundenbruchteile stockt sein Schritt. Bleiches Mondlicht fällt auf sein erstarrtes Gesicht. Dann geht ein Ruck durch seinen Körper.

Alle Schwere scheint von dem älteren Mann abgefallen zu sein. Gleitend setzt er sich in Bewegung, ähnelt einem Schatten, der leise die Nacht durcheilt. Die Geräusche der Stadt dringen an sein Ohr. Gellende Stimmen und wilde Schreie klingen durch die Nacht.

Richard Winters’ Herz beginnt plötzlich schneller gegen die Rippen zu pochen. Fahrig streicht er sich eine Strähne des ergrauten Haares aus der Stirn.