Star Trek - Typhon Pact 1: Nullsummenspiel - David Mack - E-Book

Star Trek - Typhon Pact 1: Nullsummenspiel E-Book

David Mack

4,6

Beschreibung

Ein Spion des Typhon-Paktes - eines politischen Rivalen der Föderation - stiehlt die Pläne für die neueste technologische Entwicklung der Sternenflotte: den Slipstream-Antrieb. Um den Typhon-Pakt davon abzuhalten, das Geheimnis des Antriebs zu entschlüsseln, rekrutiert der Sternenflottengeheimdienst zwei genetisch aufgewertete Agenten: Dr. Julian Bashir von der Raumstation Deep Space 9 sowie Sarina Douglas. Die beiden werden ausgesandt, eine als Breen bekannte mysteriöse Spezies zu infiltrieren, das Versteck des Slipstream-Projektes zu finden und es zu zerstören. Lichtjahre entfernt spielen Captain Ezri Dax und ihre Besatzung auf der U.S.S. Aventine währenddessen ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel mit einer Flotte des Typhon-Paktes, die ihnen und Bashirs und Douglas' sicherer Rettung aus feindlichem Territorium im Weg steht.

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STAR TREK™

TYPHON PACT

NULLSUMMENSPIEL

DAVID MACK

Based uponStar Trekcreated by Gene Roddenberry

Star Trek: Deep Space Ninecreated by Rick Berman & Michael Piller

Ins Deutsche übertragen vonKerstin Fricke

Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – TYPHON PACT: NULLSUMMENSPIEL wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Kerstin Fricke; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Andrea Bottlinger und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Martin Frei; Print-Ausgabe gedruckt von CPI Morvia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.

Titel der Originalausgabe:STAR TREK – TYPHON PACT: ZERO SUM GAME

German translation copyright © 2013 by Amigo Grafik GbR.

Original English language edition copyright © 2010 by CBS Studios Inc. All rights reserved.

™ & © 2013 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are marks of CBS Studios Inc.All rights reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-86425-280-8 (Juni 2013) · E-Book ISBN 978-3-86425-315-7 (Juni 2013)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM

Für Marco und Margaret:Danke für alles.

HISTORISCHE ANMERKUNG

Diese Geschichte spielt Mitte 2382, über ein Jahr nach den Ereignissen der STAR TREK – DESTINY-Trilogie und etwa drei Jahre nach den Geschehnissen aus dem Film STAR TREK – NEMESIS.

Im Krieg gibt es keine Gewinner.– Neville Chamberlain, 1938

APRIL 2382

1

»Eindringlingsalarm! Alle Decks abriegeln! Dies ist keine Übung!«

Die Warnung hallte mehrmals durch die Gänge des Kommandobereichs der Utopia-Planitia-Flottenwerft. Rote Lampen flackerten an den Wänden, und Drucktüren begannen zuzugehen, um die Raumstation abzuriegeln.

Ensign Fyyl versuchte, die Kakofonie aus tiefen, summenden Alarmen auszublenden, während er mit dem Phaser in der Hand zu seinem Posten sprintete. Wurden sie angegriffen? Fyyl hatte keine Ahnung, was los war. Der dünne junge Bolianer war vor weniger als einem Jahr von der Sternenflottenakademie abgegangen und hatte sich bis zu diesem Moment glücklich geschätzt, bei der Sicherheitsabteilung auf einer Plattform im Orbit des Mars stationiert zu sein. Dies stellte eine der sichersten Positionen in der Föderation dar. Doch jetzt schien es so, als würde er sich mitten im Geschehen befinden – dort, wo er am wenigsten sein wollte.

Taumelnd kam er vor einer Komm-Einheit zum Stehen, gab mit zitternden Fingern seinen Sicherheitscode ein, bestätigte, dass sein Abschnitt sicher war, und forderte neue Befehle an. Ein Plan mehrerer Ebenen erschien auf dem Bildschirm. In Echtzeit wechselte die Farbe der Abschnitte von Gelb auf Grün, als sich die Deckoffiziere und das patrouillierende Sicherheitspersonal wie Fyyl meldeten. Dann wurden einige rot, und der Sicherheitschef wies all seine Teams an, den Eindringling zu umzingeln.

Jetzt geht’s los, dachte Fyyl und lief von der Komm-Einheit zur nächsten Abzweigung. Das aktive Sensornetzwerk der Station erfasste seine Bewegung, sodass sich die luftdichte Luke direkt vor ihm öffnete und sich wieder schloss, sobald er sie passiert hatte. Durch die Fenster in den röhrenförmigen Gängen sah er andere Mitglieder des Sicherheitsdienstes in Richtung des vor ihm liegenden Kernrings rennen.

Er zuckte zusammen, als er das Geräusch abgefeuerter Phaser hörte. Während er sich durch die nächste Luke und ins Feuergefecht stürzte, machte er sich auf das Schlimmste gefasst. Mit dem Rücken an einem Schott gab er einige schnelle Schüsse in die Richtung ab, in die auch die anderen Sternenflottenangehörigen feuerten. Aufgrund des Rauchs und der blendenden Einschläge konnte er nicht erkennen, ob er etwas getroffen hatte.

Fyyl duckte sich, als eine elektrisch-blaue Salve auf ihn zuzischte. Zwei Sternenflottenangehörige brachen mit aufgerissenen, leblosen Augen und verdrehten Gliedmaßen auf dem Deck zusammen. Mit klopfendem Herzen erwiderte Fyyl das Feuer und schoss in die verrauchte Dunkelheit, wobei er seinem Training mehr vertraute als seinen Instinkten, die ihm rieten, wegzulaufen und sich zu verstecken. Einige Meter vor Fyyl war durch den dichten grauen Nebel noch ein blinkendes rotes Warnlicht zu erkennen.

»Zurück!«, rief jemand hinter ihm.

Verängstigt hastete Fyyl von der Gefahr weg, wobei er fast über seine eigenen Füße gefallen wäre.

Der Gang erstrahlte wie eine Sonne, die Fyyl und alles um ihn herum in einem Feuerball aus Helligkeit und unermesslicher Hitze vergehen ließ.

»Es hat eine Explosion in der Station gegeben«, erklärte Lieutenant Vixia, der halbdeltanische Ops-Offizier der U.S.S. Sparrow. »Aus einem Hüllenbruch tritt Luft aus.«

Commander Evan Granger beugte sich auf seinem Sessel vor und beäugte den Dunst, der durch einen gezackten Riss in der Hülle der Basis entwich. »Gehen Sie auf Roten Alarm. Bereiten Sie sich darauf vor, ihn mit einem Kraftfeld aus unserem Schildgenerator zu verschließen, wenn sie den Riss in zwanzig Sekunden nicht versiegelt haben.«

Auf der anderen Seite der mehrere Jahrzehnte alten Station waren fast zwei Dutzend halb fertige Raumschiffe im Raumdock verankert, die momentan nichts als leere Hüllen dessen darstellten, was sie mal werden sollten. Darunter erstreckte sich die flache, umwölkte Kurve der Marsoberfläche, deren von Kratern übersätes Antlitz an vielen Punkten vom strahlenden Licht der Städte erhellt wurde.

»Jex, gibt es Neuigkeiten von der Station?«, fragte Granger seinen taktischen Offizier.

»Noch nicht, Sir«, erwiderte der klein gewachsene junge Bajoraner und tippte auf seine Konsole. »Ich empfange noch immer viele Komm-Gespräche aus dem Inneren der Station. Offenbar ist der Eindringling noch am Leben und bewegt sich.«

»Bereiten Sie einen Traktorstrahl vor, um alle Schiffe und Fluchtkapseln abzufangen, die ohne Freigabe die Station verlassen.«

»Aye, Sir.« Jex gab neue Befehle in seine Konsole ein, hielt dann inne und riss die Augen auf. »Noch eine Explosion im Inneren der Station.«

Granger sah auf den Hauptschirm der Sparrow. Bevor der junge kommandierende Offizier Jex nach weiteren Details fragen konnte, sah er alles, was er wissen musste: Eine gewaltige Feuersbrunst hatte den unteren Kern der Station zerrissen, und ein purpurfarbener Feuerball raste jetzt auf das kleine Patrouillenschiff zu.

»Ausweichen!«, brüllte Granger und hielt sich vorsichtshalber an den Armlehnen seines Stuhls fest. »Alle Energie auf die Schilde!« Er hatte den Befehl kaum ausgesprochen, da wurde die Sparrow auch schon von dem Feuerstoß erschüttert. Einige Sekunden, die ihm aufgrund von Furcht und ausgeschüttetem Adrenalin deutlich länger erschienen, sah Granger auf dem Hauptschirm nichts außer statischem Rauschen und einer höllischen Feuerwolke. Abgesehen von dem lauten Tosen an der Hülle war nichts zu hören.

Die Erschütterung ließ nach, und in der darauf folgenden Stille hörte Granger all die Geräusche auf der Brücke überdeutlich: das leise Piepen der Konsolen, das sanfte Dröhnen des Impulsantriebs unter seinen Stiefeln, das Säuseln der Ventilatoren.

»Schadensbericht«, sagte er. »Jex, gibt es Verletzte?«

»Negativ, Sir. Alle Decks sind sicher.«

»Schilde halten, Sir«, meldete Vixia von der Ops-Station über ihre Schulter.

»Jex, rufen Sie die Raumstation und fragen Sie, ob sie medizinisches Personal oder Schadenskontrollteams brauchen. Und finden Sie heraus, was zum Henker da drüben passiert ist.«

Granger lehnte sich zurück. Er bezweifelte, dass irgendjemand ihm oder seiner Mannschaft wahrheitsgemäß berichten konnte, was gerade geschehen war, und als er mit ansah, wie es auf der Station weiterbrannte, war er sich auch nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte.

»Möchte ich überhaupt erfahren, was gerade auf Utopia Planitia passiert ist?«

Admiral Leonard James Akaars rhetorische Frage hallte von den Wänden seines Büros im obersten Stockwerk des Sternenflottenhauptquartiers wider und machte schließlich einer bleiernen Stille Platz, die keiner seiner sechs versammelten Untergebenen brechen mochte.

Ein leises Räuspern erregte Akaars Aufmerksamkeit. Er richtete den Blick auf Admiral Alynna Nechayev, eine Menschenfrau mittleren Alters, deren blondes Haar in den Monaten nach der Borg-Invasion im vergangenen Jahr erste graue Strähnen bekommen hatte. »Ersten Berichten zufolge«, sagte sie mit der geübten Ruhe einer erfahrenen Politikerin, »wurde die Kommandostation der Flottenwerft sabotiert, um den Diebstahl geheimer Daten aus einem der Hauptcomputer zu verschleiern.«

Die anderen im Raum anwesenden Admirals sahen sich bestürzt an. Akaar kam langsam hinter seinem Schreibtisch hervor. Er überragte die meisten leitenden Offiziere der Sternenflotte, und dank seiner breiten Brust und den kräftigen Schultern fiel es ihm nicht schwer, sich den Weg zwischen ihnen hindurch zu bahnen und sich vor Nechayev aufzubauen. Die schlanke Frau blieb unerschütterlich stehen und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, als er sie überragte und fragte: »Was wurde gestohlen?«

»Die Pläne für den Slipstream-Antrieb.«

Akaars Kiefer verspannte sich, und er seufzte. »Alle anderen raus.«

Nechayev stand mit hinter dem Rücken gefalteten Händen da, während die anderen Admirals den Raum verließen. Als sich die Tür hinter dem Letzten schloss, fuhr Akaar fort. »Was wissen wir mit Sicherheit?«

»Nicht so viel, wie wir gern wissen würden«, erwiderte Nechayev. »Wir sind uns ziemlich sicher, dass der Spion ein ziviler Ingenieur namens Kazren war. Sein Dossier führt seine Spezies als ‚Dessev‘ auf, aber er scheint der Erste seiner Art zu sein, der uns je begegnet ist. Er hat sich um 1431 mithilfe von falschen Zugangsdaten und Spezialwerkzeug zum Täuschen der biometrischen Sensoren Zugriff auf den Hauptcomputer auf der Kommandostation von Utopia Planitia verschafft.« Sie ging zu einer Komm-Einheit an der Wand und rief eine Reihe geheimer Berichte von Utopia Planitia auf. »Die erste Explosion löste er aus, um der Gefangennahme zu entrinnen, gleichzeitig übermittelte er ein Ortungssignal. Die zweite Explosion scheint geplant gewesen zu sein, um die Schilde der Station zu deaktivieren und sein Herausbeamen zu verschleiern.«

Akaar ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. »Wohin ist er gebeamt?«

Nechayev rief eine neue Anzeige mit Diagrammen und Daten auf. »Den Sensoranzeigen von der Station und dem Patrouillenschiff, der Sparrow, zufolge, hat in der Nähe ein getarntes romulanisches Schiff gewartet, um Kazren abzuholen.«

»Wie konnte ein getarntes Schiff unsere Perimeterverteidigung überwinden?«

»Uns war nicht bewusst, dass die Romulaner bereits über so gute Tarntechnologie verfügen.« Nechayev deutete auf den abgetrennten Teil eines Diagramms. »Aufgrund dieser Anzeigen würde ich vermuten, dass die Romulaner jetzt eine alternierende Tarnvorrichtung nutzen.«

Akaar runzelte die Stirn. »Wenn das stimmt, dann könnten sie nach Lust und Laune durch das Territorium der Föderation fliegen.«

»Ich weiß«, entgegnete Nechayev, »aber im Moment haben wir ein größeres Problem. Wenn der Typhon-Pakt eine eigene Slipstream-Version entwickelt, dann verlieren wir unseren einzigen taktischen Vorteil – und damit auch die einzige Hoffnung darauf, dass aus diesem Kalten Krieg kein echter wird.«

Auf einmal verstand Akaar, warum Edward Jellico, sein unmittelbarer Vorgänger als Oberkommandierender der Sternenflotte, immer kurz vor einer Migräne gestanden hatte. Er massierte sich die Schläfen, hinter denen es heftig pochte, und sagte in ernstem Tonfall: »Würden Sie mich bitte allein lassen, Alynna? … Ich muss mit der Präsidentin sprechen.«

2

Präsidentin Nanietta Bacco rieb sich den Schlaf aus den Augen und fragte ihre Verteidigungsministerin: »Ist es so schlimm, wie die Sternenflotte behauptet, oder reagieren sie über?«

»Ich glaube nicht, dass sie die Gefahr aufgebauscht haben, Frau Präsidentin«, sagte Raisa Shostakova, eine kleine, robust gebaute Menschenfrau von einer Heimatwelt mit hoher Gravitation. »Ansonsten würde ich nicht um drei Uhr früh in Ihrem Schlafzimmer stehen und Sie aus dem Tiefschlaf reißen.«

»Seien Sie nicht albern, Raisa«, erwiderte Bacco. »Seit meiner Amtseinführung weiß ich nicht mehr, was Tiefschlaf ist.« Sie stand auf und schlang sich den Gürtel ihres Bademantels um die Taille. Ein weiterer Besucher betätigte den Summer an ihrer Tür. »Herein.«

Die Tür glitt auf, und Baccos Stabschefin Esperanza Piñiero eilte ins Zimmer, gefolgt vom Leiter des Föderations-Sicherheitsdienstes, einem schlaksigen, aber würdevoll aussehenden Zakdorn namens Rujat Suwadi. Unter Piñieros braunen Augen lagen dicke dunkle Ringe, doch der weißhaarige Suwadi legte ein forsches, wachsames Benehmen an den Tag, das der an Schlafentzug leidenden Staatschefin der Föderation nicht ganz geheuer war. »Entschuldigen Sie unsere Verspätung«, sagte Piñiero kurzatmig. Sie wischte sich eine verschwitzte Locke aus der Stirn und fügte hinzu: »Das Transporternetzwerk ist aufgrund des erhöhten Sicherheitsstatus überlastet.«

»Ich weiß«, meinte Bacco. »Raisa hat mich über den Einbruch auf dem Mars in Kenntnis gesetzt. Wissen wir mit Sicherheit, wer der Schuldige ist?«

Piñiero warf Suwadi einen Blick zu, und dieser erwiderte: »Nicht mit absoluter Sicherheit, Frau Präsidentin. Doch der Großteil der Beweise deutete darauf hin, dass der Spion mithilfe eines romulanischen Schiffes fliehen konnte.«

»Ich habe angeordnet, dass die Sternenflotte die Patrouillen entlang unserer Grenze zum Romulanischen Sternenimperium verschärft. Wenn sie darin verwickelt sind …«, setzte Shostakova an.

»Dann könnte dieses Schiff zu jedem der etwa ein Dutzend Welten in der Nähe unterwegs sein, die zum Typhon-Pakt gehören«, unterbrach sie Suwadi.

Piñiero bemerkte einen interessierten Blick von Bacco angesichts dieser Aussage und fragte Suwadi: »Wie wahrscheinlich ist es, dass der Typhon-Pakt darin verwickelt ist?«

»Sehr wahrscheinlich«, antwortete Suwadi überzeugt. »Er ist die einzige Macht in Reichweite mit den Ressourcen und Motiven, die für eine derartige Tat erforderlich sind.«

»Soweit wir wissen«, fügte Shostakova hinzu, die in Bezug auf das Unbekannte anscheinend auf Nummer sicher gehen wollte. Ihr Kommentar schien Suwadi zu irritieren.

»Nun, ja.« Er verdrehte die Augen. »Es ist allerdings nicht möglich, über die Fähigkeiten irgendwelcher Parteien nachzudenken, von denen wir nicht einmal wissen, finden Sie nicht auch?«

Um einer unproduktiven Auseinandersetzung zwischen dem Sicherheitschef und der Verteidigungsministerin vorzubeugen, mischte sich Bacco ein. »Es sieht aber ganz danach aus, als wäre eine unbekannte Partei an dieser Aktion beteiligt gewesen. Welcher Spezies gehört der Dieb an?«

Piñiero holte ein dünnes Padd aus ihrer Manteltasche und warf einen Blick auf den Bildschirm. »Admiral Akaar sagt, der Dieb hätte sich als ‚Dessev‘ bezeichnet. Was auch immer das sein mag.« Sie sah Suwadi mit verengten Augen an und fügte hinzu: »Haben Sie schon einmal von diesen Leuten gehört?«

Suwadi verzog den Mund zu einer Grimasse. »Nein. Meines Wissens könnte es durchaus sein, dass es eine derartige Spezies gar nicht gibt. Es ist wahrscheinlich, dass sich der Eindringling als jemand völlig anderes ausgegeben hat, sowohl was seinen Namen als auch seine Heimatwelt betrifft.« Er seufzte. »Offenbar sollten wir stringentere Kontrollen in Bezug auf das Einstellen von Zivilpersonen in Hochsicherheitsanlagen einführen.«

Bacco fragte sich, ob es unhöflich wäre, dem Zakdorn einen Schlag auf den Hinterkopf zu versetzen. »Ach, wirklich? Sind Sie sicher?« Sie warf ihrer Stabschefin einen eindeutigen Blick zu. »Esperanza, leiten Sie eine vollständige Sicherheitsüberprüfung aller Mitarbeiter in Einrichtungen ein, für die eine Sicherheitsfreigabe von mindestens Stufe sechs erforderlich ist, und zwar von Sternenflottenangehörigen und Zivilisten.«

»Ja, Frau Präsidentin.«

»Suwadi, ich möchte wissen, was zum Teufel Sie jetzt unternehmen, wo die Scheune in Flammen steht und die Pferde weg sind. Suchen wir nach den gestohlenen Plänen? Hören wir uns im Untergrund nach dem Spion um? Sagen Sie mir, dass Sie nicht einfach nur dastehen und ein kluges Gesicht machen.«

Der Sicherheitschef verlagerte unruhig sein Gewicht, als er antwortete. »Nun ja, ich habe Kontakt zu meinem Kollegen bei der Sternenflottensicherheit aufgenommen, und dort scheint man den Hintergrund des als Kazren bekannten Spions zu durchleuchten. Was das Aufspüren der Pläne betrifft …«

»Lassen Sie mich raten«, fiel ihm Bacco ins Wort. »Die Sternenflotte kümmert sich auch darum bereits?« Sie stieß wütend die Luft aus und schüttelte den Kopf. »Wieder einmal werde ich daran erinnert, warum wir das Militär brauchen. Sie können gehen, Mister Suwadi. Ich werde Sie rufen lassen, wenn ich Sie brauche.« Suwadi stand einige Sekunden lang überrascht da und blinzelte, während er den Mund bewegte, ohne irgendetwas zu sagen. »Ich sagte, Sie können gehen«, wiederholte Bacco.

Verbal zum Rückzug geprügelt, nickte Suwadi der Präsidentin zu, machte drei Schritte nach hinten, drehte sich um und verließ rasch den Raum. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, wandte sich Bacco an Piñiero. »Wie stellen wir die Sache für die Medien dar?«

»Als Unfall. Es ist eine Schiffswerft, ein industrieller Komplex. Fehler passieren, und manchmal versagen die besten Sicherheitsvorrichtungen.«

Bacco nickte zustimmend. »Gut. Vergessen Sie nicht zu sagen: ‚Unser Mitgefühl gilt den Familien der Opfer, die bei der Explosion ihr Leben verloren haben, und wir werden alles tun, um die Verwundeten zu unterstützen bla bla bla.‘ Das sollte die Geier von der Presse für eine Weile bei Laune halten.«

»Gut, wir werfen dem FND einen Knochen hin«, sagte Piñiero. »Doch wir müssen noch über die politischen Nachwirkungen sprechen. Falls der Typhon-Pakt tatsächlich dahinter steckt, wird seine Botschafterin große Töne schwingen, sobald sie glaubt, wir seien im Nachteil.«

»Dann müssen wir sie in die Defensive zwingen«, meinte Bacco. »Aber wie können wir Tezrene davon abhalten, der Presse die wahre Geschichte zu erzählen?«

Piñiero zuckte mit den Achseln. »Wir stellen uns dumm und schwingen den Rohrstock.«

»Ich bin ganz Ohr«, erklärte Bacco.

Shostakova nickte. »Ich auch.«

»Wir können zwar nicht zugeben, dass der Datendiebstahl wirklich geschehen ist, aber der Typhon-Pakt weiß, dass es für uns tragisch wäre, das Monopol auf den Slipstream zu verlieren. Sie wissen auch, wie groß unsere Verluste aufgrund der Borg-Invasion waren. Wir müssen sie jetzt in dem Glauben lassen, dass wir noch ein Ass im Ärmel haben – ein derart verheerendes, dass sie nicht einmal wissen wollen, was es ist, und es erst recht nicht in Aktion sehen wollen – und dass wir bereit sind, es gegen denjenigen einzusetzen, der die Utopia-Planitia-Schiffswerft bombardiert hat.«

Kopfschüttelnd ging Bacco zur Tür. »Und wenn wir den Typhon-Pakt dadurch provozieren, einen Krieg anzufangen?«

»Ich glaube nicht, dass es schon so weit ist«, erwiderte Piñiero, während sie und Shostakova Bacco auf den Flur folgten. »Wenn sie bereit wären, sich mit uns anzulegen, würden sie auf ihre hinterhältigen Taktiken verzichten.«

Bacco warf Shostakova über die Schulter einen fragenden Blick zu. »Sind Sie auch dieser Meinung?«

»Ja, Ma’am«, bestätigte Shostakova. »Zumindest im Augenblick.«

»Was hat das zu bedeuten?«, erkundigte sich Bacco, die auf dem Weg in die Küche war.

»Es bedeutet, dass ich glaube, wir haben eine sehr kurze Gnadenfrist, in der wir handeln können. Der Typhon-Pakt mag auf technologischer Ebene mit uns Fangen spielen, aber wenn sie die Pläne haben, ist das bald vorbei. Im besten Fall haben wir einige Monate, bevor die Sache von einer peinlichen Angelegenheit zu einem Desaster wird.«

»Dann sollten wir uns über Notfallpläne unterhalten.« Bacco ging durch die Küche auf den Replikator zu. »Wenn die Uhr tickt, wie sieht dann unser Plan aus? Diplomatie? Ein direkter militärischer Angriff?«

Piñiero und Shostakova warfen sich einen kurzen besorgten Blick zu, dann meinte die Verteidigungsministerin: »Weder noch. Ich denke, wir sollten es mit verdeckten Operationen versuchen.«

Dieser Vorschlag kam unerwartet, aber er bewirkte, dass Bacco einen Augenblick darüber nachdachte. Sie aktivierte den Replikator mit einer Berührung. »Entkoffeinierter Kaffee, französische Röstung, schwarz und heiß.«

Als das Getränk in einem Wirbel aus Licht und mit angenehmem Duft Gestalt annahm, zog Piñiero eine Augenbraue hoch. »Entkoffeiniert?«, fragte sie Bacco.

»Das habe ich meinem Arzt zu verdanken«, knurrte diese. »Er sagt, mein Blutdruck sei wieder zu hoch. Sie wissen ja, wie das ist.« Dann warf sie der jüngeren brünetten Frau einen Blick zu. »Ach, was rede ich denn da? Natürlich wissen Sie das nicht – Sie sind ja noch nicht mal fünfzig.« Sie nahm die Kaffeetasse in die Hand und nippte daran, um dann die Hände um das weiße Gefäß zu legen und sich die kalten Finger zu wärmen. Sie lehnte sich gegen den Küchentresen und wandte sich an Shostakova. »Wenn Sie von ‚verdeckten Operationen‘ sprechen, reden Sie dann über den Geheimdienst der Sternenflotte oder die Sicherheitsabteilung der Föderation?«

»Ich rede von der Sternenflotte. Wäre dies eine rein interne Angelegenheit, würde ich versuchen, nur die zivile Seite mit einzubeziehen, doch wir haben es mit dem Typhon-Pakt zu tun und werden auf fremdem Territorium aktiv werden müssen, und dafür ist die Sternenflotte eindeutig besser ausgerüstet.«

»Das mag sein, aber sie ist auch anfälliger. Wenn wir Zivilisten auf einen feindlichen Planeten schicken, können wir die Zusammenarbeit immer noch leugnen, falls sie erwischt oder getötet werden. Schicken wir jedoch Sternenflottenangehörige, dann ist es ein kriegerischer Akt. Warum sollten wir eine militärische Operation riskieren?«

»Weil nur die Sternenflotte die Ressourcen hat, um derart kurzfristig eine geheime Mission dieses Ausmaßes zu organisieren«, stellte Shostakova fest. »Ich versichere Ihnen, Frau Präsidentin, dass ich Ihnen eine bessere Option empfehlen würde, wenn ich eine wüsste.«

Bacco trank noch einen Schluck Kaffee und genoss das Gefühl, wie der warme Dampf in ihre Nase drang und ihre Nebenhöhlen zu erweitern schien. »Gut, Raisa, geben Sie dem Sternenflottengeheimdienst grünes Licht. Wenn der Typhon-Pakt versucht, ein Raumschiff mit Slipstream-Antrieb zu bauen, ist die Sternenflotte autorisiert, alles Erforderliche zu unternehmen, um das zu verhindern.«

»Ma’am, ich weiß nicht, ob wir das so umfassend for…«, setzte Piñiero an.

»Alles Erforderliche, Esperanza«, wiederholte Bacco und brachte ihre Stabschefin so zum Schweigen. »Sie haben uns auf unserem eigenen Boden angegriffen, unsere Leute getötet und unser Eigentum gestohlen. Wenn sie versuchen, es gegen uns einzusetzen, dann möchte ich, dass das gründlich verhindert wird. Der Sternenflottengeheimdienst hat die Freigabe zu einer komplett sanktionierten verdeckten Operation, verstanden?«

»Ja, Ma’am.«

»Gut. Und jetzt verschwinden Sie. Ich muss dem Föderationsrat in vierzig Minuten irgendeinen Blödsinn diesbezüglich erzählen und würde vorher gern noch duschen.«

AUGUST 2382

3

Julian Bashir saß allein an einem kleinen Tisch im oberen Bereich von Quarks Bar. Seit fast einer Stunde hielt er sich jetzt schon an seinem Raktajino fest, der längst kalt war, sodass sein letzter Schluck einen bitteren Nachgeschmack gehabt hatte. Seine abweisende Körpersprache – nach vorn über sein Getränk gebeugt, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt, den äußeren Arm angewinkelt, um nicht zur Seite sehen und versehentlich Blickkontakt herstellen zu können – war beabsichtigt. Aus Gründen, die er selbst nicht begriff, hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, den sozialen Treffpunkt der Raumstation Deep Space 9 aufzusuchen, wann immer er seine Ruhe wollte.

Miles O’Brien hatte DS9 schon Jahre zuvor zusammen mit seiner Familie verlassen, um nach dem Ende des Dominion-Krieges beim Wiederaufbau von Cardassia Prime zu helfen. Ausgerechnet Garak war als Botschafter Cardassias zur Föderation entsandt worden. Benjamin Sisko hatte sich nach seinem kurzen Abstecher zu den Propheten – den Wesen, die in nichtlinearer Zeit leben und das bajoranische Wurmloch zum Gamma-Quadranten erschaffen hatten, in dem sie nun lebten – auf Bajor angesiedelt und war nie in den aktiven Dienst auf der Station zurückgekehrt. Odos Rückkehr von seiner Pilgerreise zu den Gründern auf einer entlegenen Welt im Gamma-Quadranten stand auch noch aus, ebenso war der Jem’Hadar-Beobachter Taran’atar nie wieder aufgetaucht. Dieser war nach seinem Angriff auf Captain Kira und Ro Laren, die dabei fast ums Leben gekommen wären, von der Sternenflotte zur Persona non grata erklärt worden und danach selbst von seinem eigenen Volk verstoßen worden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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