Star Wars: Crimson Climb - Aufstieg bei Crimson Dawn - Sam Maggs - E-Book

Star Wars: Crimson Climb - Aufstieg bei Crimson Dawn E-Book

Sam Maggs

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Beschreibung

Nicht jeder kann ein Held sein. Einst ließ sich Qi'ra von den Träumen und Versprechungen eines Jungen mit betörendem Lächeln bezaubern, nur um ihm dann brutal entrissen und zu den Weißwürmern zurückgebracht zu werden, während Han Solo seinen Weg in die Freiheit fand. Jetzt ist Freiheit ein Luxus, den sie sich nicht leisten kann, während sie sich aufs Überleben konzentriert und verzweifelt versucht, Corellia zu verlassen. Doch ihr Schicksal scheint sich zu wenden, als ein Vertreter des Verbrechersyndikats Crimson Dawn Qi'ra aus der Gefangenschaft befreit und sie zum Anführer des Syndikats bringt - dem geheimnisvollen und wankelmütigen Dryden Vos. Vos bietet Qi 'ra eine Chance an, die sie noch nie zuvor hatte: die Möglichkeit, sich ein einigermaßen angenehmes Leben aufzubauen, wenn sie ihren Wert für seine Organisation unter Beweis stellen kann. Da ein Scheitern den sicheren Tod bedeutet, weiß Qi'ra, dass sie in die gnadenlose, mörderische Welt von Crimson Dawn eintauchen muss. Was sie noch nicht weiß, ist, wer sie sein wird, falls sie das alles überleben sollte ...

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Seitenzahl: 382

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CRIMSON CLIMB

AUFSTIEG BEI CRIMSON DAWN

ROMAN

VON E. K. JOHNSTON

Ins Deutsche übertragen

von Tobias Toneguzzo

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: Crimson Climb“ by E. K. Johnston, published by Lucasfilm Press, an imprint of Buena Vista Books Inc., October 2023.

© & TM 2024 LUCASFILM LTD. All Rights Reserved.

Deutsche Ausgabe 2024 by Panini Verlags GmbH, Schloßstr. 76,

70 176 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Andreas Kasprzak, Tobias Toneguzzo

Lektorat: Peter Thannisch

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWYA009E

ISBN 978-3-7569-9974-3

Gedruckte Ausgabe:

1. Auflage, Februar2024,ISBN 978-3-8332-4495-7

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PaniniComicsDE

Für den CSIS-Agenten, der meinen Internetverlauf überwacht. Das hier war für dich bestimmt genauso spaßig wie für mich, richtig?

Zehn schwindelerregende Sekunden lang gestattet sie sich, über das Leben nachzudenken, das sie hätte haben können, wären die Dinge nur ein klein wenig anders verlaufen.

Geld. Ein Schiff. Han. Ein Job, den sie irgendwo gefunden hätten. Die Vorstellung ringt ihr ein Lächeln ab – ein echtes Lächeln, nicht nur die Maske, die sie sich antrainiert hat, um zu überleben.

Aber sie müsste immer über die Schulter blicken, weil Han es nie tun würde. Der beste Weg, ihn zu beschützen, wäre zu gehen.

Der beste Weg, sie selbst zu beschützen, wäre zu bleiben.

Das Summen des Aufzugs beendet ihre Überlegungen, aber sie hat sich entschieden. Sie weiß nicht, wer sonst noch an Bord des Schiffes überlebt hat, aber egal, wer es auch sein mag – Qi’ra weiß, wie ihre nächsten Schritte aussehen werden.

AlssiediePersonsieht,dieausderKabinetritt,istsiemittelschwerüberrascht.Siehattegarnichtgewusst,dasssieanBordist.AndererseitshüteteVosseineGeheimnissegut,undsiehattenichtgeradevielZeitgehabt,sichumzusehen,alssieundHanmitdemCoaxiumanBordkamen.Vielleichthielteresauchfürunwichtig.DrydenVosschätztedieDingenurseltenfalschein,abereskamvor.Qi’raistderlebende –underselbstdertote –Beweisdafür.

Keiner von ihnen ist für einen Kampf gekleidet, aber sie sind beide bereit. Das Kleid des Neuankömmlings ist lang, besetzt mit silbernem Stoff, der schimmert, obwohl die Jalousien vor den Fenstern heruntergelassen sind. Qi’ra kennt diese Art Stoff. Rüstungen können vielerlei Form annehmen. Leichtfüßig schreitet die Frau durch das Chaos, in welches sich der Empfangsraum ihres ehemaligen Bosses durch den Kampf verwandelt hat.

„Nun“, sagt Qi’ra mit all der beifälligen Eleganz, die sie sich von Dryden Vos abgeschaut hat, „ich schätze, dann bist du jetzt meine rechte Hand.“

Ihre Besucherin lächelt, die Lippen über ihren zahlreichen Zähnen zurückgezogen. Keiner von ihnen ist naiv. Naivlinge halten sich bei Crimson Dawn nicht, und sie sind beide schon lange dabei.

„Du kannst mir genauso vertrauen, wie Vos dir vertrauen konnte“, sagt sie.

Qi’ra blickt zu der verkrümmten Leiche auf dem Boden hinab. Rings um Vos herum liegen die Trümmer der Dinge, die er im Leben so fanatisch sammelte – schon eine Handvoll davon würde ausreichen, um Qi’ra an einem fernen Ort ein neues Leben zu ermöglichen. Aber sie wäre nie frei. Nicht wirklich. Crimson Dawn mag auf ihre Haut tätowiert sein, doch diese Verbindung reicht noch viel tiefer, und in der Unterwelt gibt es weit schlimmere Dinge als Dryden Vos. In gewisser Weise war dies schon immer ihre einzige Wahl, getroffen von einer zugleitenden Tür aus durchsichtigem Glas und einem hoffnungslosen Versprechen. Qi’ra denkt an das vertraute Gesicht und lächelt.

„Na schön“, sagt sie, während sie auf ihrem Sessel Platz nimmt, die Hände auf ihren Schreibtisch legt und den Befehl zum Starten an die Brücke weiterleitet – wer immer dort gerade am Steuer sitzen mag. Sobald sie den Planeten hinter sich gelassen haben, wird sie eine bordweite Durchsage machen. „Aber lass uns erst mal starten, bevor du versuchst, mich umzubringen, in Ordnung?“

Und auf einem nahen Strand beginnt für einen Jungen, den sie einmal kannte, ebenfalls ein neues Leben.

1. KAPITEL

Nachdem Moloch Qi’ra vom corellianischen Raumhafen zurückgeschleift hatte, brauchte Lady Proxima nicht mal eine Stunde, um zu entscheiden, wie sie mit ihr verfahren würde. Vermutlich hatte sie einen Teil dieser Zeit bereits genutzt, um die Wachen zu bestrafen, die Han hatten entkommen lassen. Das Mädchen versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken – weder über ihre Strafe noch über Han. Beide Gedanken waren auf ihre eigene Weise schmerzhaft, und sie hatte schon immer versucht, Schmerzen zu vermeiden.

Diesmal würde es aber nicht funktionieren.

Während sie allein in ihrer Zelle saß – in der heruntergekommensten Ecke, die das Hauptquartier der Weißwürmer zu bieten hatte – blieb ihr viel zu viel Zeit, um nachzudenken. Sie konnte nicht aufhören, Pläne zu schmieden, nach Möglichkeiten zu suchen, nach einem Ausweg. Natürlich gab es keinen. Das war ihr bereits in dem Moment klar gewesen, als sich Molochs zangengleiche Hand um ihren Arm gelegt und sie von der Barriere des Raumhafens fortgezerrt hatte. Aber sie konnte einfach nicht anders, als danach zu suchen.

Sie hatte durchgehalten, indem sie sich einredete, dass sie eine Überlebenskünstlerin war, und bis zu einem gewissen Grad stimmte das sogar. Diese Zelle war nicht mal ansatzweise der schlimmste Ort, an dem sie sich in ihren Leben schon wiedergefunden hatte. Qi’ra hatte weniger als nichts gehabt – woran Proxima sie nur zu gern erinnerte –, und sie wollte glauben, dass es sie stärker gemacht hatte. Sie war immer hungrig gewesen, hatte immer Pläne geschmiedet, immer nach dem nächsten Ziel, der nächsten Beute gesucht. Und nun hatte sich der Kreis geschlossen, denn einmal mehr hatte sie weniger als nichts.

Es war Hans Schuld. Sie war unvorsichtig geworden, aber Han hatte sie dazu gebracht. Seit er ihr das erste Mal ins Auge gestochen war, hatte sie ihn ständig unterschätzt … Halt, nicht ihn. Seinen Effekt auf sie. Sein müheloser Charme und sein hartnäckiger Optimismus waren wie Sirenengesang – sie lullten Qi’ra in ein falsches Gefühl von Sicherheit ein. Es war während der Droiden-Zwischenfalls passiert, als er ihr beinahe den Posten der ersten Straßenratte unter der Nase weggeschnappt hätte. Da man aber letztlich doch sie ausgewählt hatte, hatte Qi’ra ihn weiter in ihrer Nähe geduldet. Er war nützlich. Er war loyal. Er würde ihr helfen.

Und dann hatte er sie zurückgelassen! Na schön, sie hatte ihn dazu aufgefordert – und sie hatte es auch ernst gemeint – aber das war in der Hitze des Moments passiert, als sie geglaubt hatte, sie könnte es sich leisten, an jemand anderen außer sich selbst zu denken. Inzwischen hatte die grimmige Realität sie eingeholt. Nun, einen kleinen Trost gab es zumindest: Sie hatte Hans Freiheit gesichert. Er war entkommen … und trotz alldem, was sie in den Abwasserkanälen von Coronet über die brutalen Fakten des Lebens gelernt hatten, hatte er versprochen, dass er eines Tages zurückkommen würde, um sie zu befreien. Das Schlimmste daran war, dass sie ihm glaubte. Ja, er würde eines Tages zurückkommen, sofern ihn vorher nicht irgendein Halunke mit einem Blaster durchlöcherte, weil er einen vorlauten Spruch zu viel gemacht hatte. Was keiner von ihnen in der schrecklichen Anspannung des Raumhafens bedacht hatte, war aber die Zeit, die zwischen heute und diesem Tag lag – und wie Qi’ra sie verbringen würde. Sie war nämlich sicher, dass es verdammt viel Zeit sein würde, und in ihrer aktuellen Situation standen ihr nicht gerade viele Optionen offen.

Sie könnte sich an der Hoffnung auf Hans triumphale Rückkehr festklammern, daran, dass er sie vor ihrer – zweifelsohne schrecklichen – Zukunft retten würde. Nicht einmal Proxima wäre in der Lage, ihr diese Hoffnung wegzunehmen. Es könnte ihr Licht am Ende des Tunnels sein. Qi’ra könnte auf ihn warten und Schmerz und Leid ertragen, indem sie sich das Leben ausmalte, das sie haben würden. Wären die Rollen vertauscht, hätte Han genau das getan, da war sie sich sicher.

Aber sie würde nicht warten. Hoffnung war etwas für Narren, und sie konnte ihre Vorstellungskraft nicht an Träume von einer hübschen Zukunft verschwenden, die womöglich niemals eintreten würde. Entweder sie würde hier sterben, weil Proxima es befahl, oder sie würde aus exakt demselben Grund leben. Sie hatte keinen Einfluss, keine Wahl. Für sie gab es nur die unausweichliche Gewissheit, dass diese Zellentür sich irgendwann öffnen würde und dass sie akzeptieren musste, was immer dahinter auf sie wartete.

Sie hielt noch immer Hans Würfel in ihrer Hand. Sie waren alles, was ihr geblieben war, und sie waren praktisch nutzlos – nicht wertvoll genug, um jemanden damit zu bestechen, und erst recht nicht wertvoll genug, um das gestohlene Coaxium abzubezahlen. Nur zwei kleine Würfel an einer Kette, die Han von seinem Vater bekommen hatte. Er hielt sie für eine Art Glücksbringer, aber Qi’ra wusste es besser. Trotzdem brachte sie es nicht übers Herz, sie wegzuwerfen. Mehr noch, der Gedanke, dass man sie ihr bald wegnehmen würde, machte sie wütend.

Das war es, die eine Sache, die sie durch diese Situation bringen könnte. Falls es ihr gelang, diesen Zorn zu nutzen, ihn in Entschlossenheit zu verwandeln, könnte es ihr vielleicht gelingen, den Kopf zu bewahren – im übertragenen ebenso wie im wörtlichen Sinn. Proxima war rachsüchtig, aber nicht dumm. Auch, wenn Qi’ra nicht länger ein vertrauenswürdiges Mitglied der Bande sein mochte, konnte sie den Weißwürmern noch immer von Nutzen sein. Sie zu töten, bedeutete, eine Investition wegzuwerfen. Das wusste Proxima sicher ebenfalls. Und falls nicht, würde Qi’ra sie daran erinnern. Nicht, weil sie auf Han wartete, sondern, weil sie verdammt noch mal überleben würde, mit ihm oder ohne ihn.

Als sich die Zellentür mit einem Quietschen öffnete, ließ das hereinfallende Licht sie unwillkürlich zusammenzucken, aber sie war bereit. So bereit, wie sie nur sein konnte. Sie hatte die Hunde bereits aus der Ferne gehört, darum stand sie nun hoch aufgerichtet da, ihre Jacke und ihren Rock halbwegs sauber geklopft, ihr zerzaustes Haar mit den Fingern glatt gestrichen. Egal, was sie sonst verloren haben mochte, ihr Würde wollte sie sich nicht nehmen lassen. Sie hatte sich ihren Platz hier hart erarbeitet, und sie würde dafür sorgen, dass die Weißwürmer das nicht vergaßen. Aus einem Impuls heraus steckte sie Hans Würfel im allerletzten Moment in ihren Mund. Es fühlte sich dumm an, und beinahe hätte sie sie wieder ausgespuckt, aber da hatte sich die Tür bereits vollends geöffnet und sie musste sich konzentrieren.

Die corellianischen Hunde scharrten mit ihren langen Krallen über den Boden und zerrten winselnd an ihren Ketten, während sie warteten. Moloch war der Einzige, der keine Leine in der Hand hielt, dafür trug er einen Schockstab, bei dessen Anblick Qi’ra aller Selbstbeherrschung zum Trotz zurückschreckte. Sie wusste, dass sie nicht der einzige Weißwurm war, der Albträume wegen dieser Waffen hatte, und es sah ganz so aus, als würden diese Albträume nun Realität werden. Wäre Moloch in der Lage gewesen, grausam zu lächeln, hätte er es sicher getan. So trat er nur zur Seite und ließ die Hunde in die Zelle.

Rebolt und Syke konnten die Tiere zurückhalten, wenn sie wollten – Qi’ra wusste, dass sie kräftig genug waren. Die beiden Jungen waren ungefähr im selben Alter wie sie, aber groß und breitschultrig, zumindest für die Verhältnisse von Straßenratten, die ihr ganzes Leben nur weggeworfenen Krümeln hinterherjagten. Ein verächtliches Grinsen teilte Rebolts krumme Lippen, und seine Wangen waren vor Freude über einen Triumph gerötet, den er nicht errungen hatte und von dem er auch nicht profitieren würde. Skye sah zumindest so aus, als würde er versuchen, seinen Hund unter Kontrolle zu halten. Er blickte Qi’ra nicht an, sondern hielt die Augen fest auf den Boden gerichtet und die Kette fest mit beiden Händen umschlossen. Rebolt war weniger gnädig: Er ließ seinen Hund nahe genug heran, dass er sie beißen könnte, falls er wollte.

„Genug“, sagte Moloch. Rebolt und Skye übersetzten den Befehl instinktiv in Basic und zerrten an ihren Leinen. „Wir sind nicht zum Spaß hier, sondern, um sie zu Lady Proxima zu bringen.“

Anschließend packte Moloch sie, genauso, wie er es am Raumhafen getan hatte. Damals hatte Qi’ra Widerstand geleistet – gerade lange genug, um Han zuzurufen, dass er fliehen sollte. Seitdem war die Erkenntnis eingesickert, dass sie verloren war und es keinen Grund mehr gab zu kämpfen. Diesmal wehrte sie sich also nicht. Sie gab ihm keinen Vorwand, grausam zu sein, aber er fand trotzdem einen. Am Raumhafen hatte er nur grob ihren Arm gepackt und sie zu Boden geschleudert, bevor er sie fortgetragen hatte; jetzt waren sie nicht in der Öffentlichkeit, und er konnte ein wenig kreativer sein.

Der Schockstab berührte sie ganz leicht und jagte eine schmerzhafte Entladung durch ihren Körper. Qi’ra wollte schreien, aber sie hatte die Würfel im Mund, und so drang nur ein schrilles Wimmern zwischen ihren geschlossenen Lippen hervor. Moloch lachte sein gurgelndes Lachen, das mehr wie ein Knurren klang.

„Das ist die niedrigste Einstellung“, erklärte er. Qi’ra konzentrierte sich darauf, die Worte zu verstehen. Sie im Kopf zu übersetzen, war eine kurze Ablenkung von den Schmerzen. „Mal sehen, wie hoch ich die Spannung stellen muss, damit du schreist.“

Qi’ra wusste, dass das keine leere Drohung war.

Moloch zerrte sie durch die Tunnel, zu schnell, als dass sie mit seinen Bewegungen mithalten konnte. Sie stolperte, stieß sich das Knie, und er riss ihr um ein Haar den Arm aus dem Gelenk, ehe es ihr gelang, sich wieder auf die Füße hochzustemmen. Die Hunde schnappten nach ihren Fersen und gaben ihr einen weiteren Grund vorwärtszuhasten. Die Mischung aus Furcht und Adrenalin ließ sie ganz schwindelig werden, aber damit hatte sie inzwischen Erfahrung; es dauerte ein paar Sekunden, dann hatte sie das Gefühl unter Kontrolle.

Das Fenster war repariert worden, sodass kein Tageslicht mehr in den Raum fiel, und die Scherben rings um Proximas Becken hatte man ebenfalls fortgekehrt. Alle Weißwürmer waren versammelt, von den jüngsten Taschendieben bis hin zu Karsot, einem alten Grindaliden, der sich nahe dem Wasser auf seinen Schockstab stützte. Näher würde Proxima diesmal offenbar niemanden an sich heranlassen.

Moloch schleifte seine Gefangene in den vorderen Teil des Raums, und das Rauschen wispernder Stimmen schwappte wie eine Welle über die Versammelten hinweg. Qi’ra ignorierte das Getuschel und konzentrierte sich voll und ganz auf die Gestalt, die gerade aus ihrem feuchten Nest emporstieg, wo sie ihre Jungen ausbrütete.

Obwohl Proxima nur kurz dem Sonnenlicht ausgesetzt gewesen war, war ihre fahle graue Haut über und über mit grellroten Verbrennungen übersät. Sie hatte ihren kostbaren Schmuck abgelegt, aber Qi’ra konnte noch immer die Umrisse sehen, wo das Fleisch rings um das Metall verbrannt worden war. Es war erstaunlich, dass niemand diese Schwäche der Grindalidin schon vorher ausgenutzt hatte. Ihr langer, lichtempfindlicher Leib war so schlecht für ein Leben an der Oberfläche von Corellia geeignet. In den Abwasserkanälen war sie so gut wie unantastbar, aber auf den Straßen von Coronet war sie auf andere angewiesen, die sie manipulierte und zu ihren Werkzeugen machte. Vielleicht benutzte sie deswegen größtenteils Kinder. Kinder würden nicht auf den Gedanken kommen, Löcher in Scheiben zu werfen – jedenfalls nicht, wenn man ihnen von klein auf jegliche Unabhängigkeit aus dem Leib prügelte. Es war ein Wunder, dass Han etwas so Dreistes gewagt hatte, und Proxima würde sicher dafür sorgen, dass es sich niemals wiederholte. Trotzdem … Ein Schwachpunkt war ein Schwachpunkt. Qi’ra würde das nicht vergessen.

„Qi’ra.“ Proximas Stimme erfüllte jeden Winkel des großen Raums, durchdringend und kratzend und gleichzeitig auch seltsam melodisch. „Du hättest alles haben können. Ich habe dir eine großzügige Chance gegeben. Und doch hast du mich hintergangen.“

Jemand anders würde jetzt um Gnade flehen und behaupten, dass Han sie im Durcheinander gegen ihren Willen zum Raumhafen gezerrt hatte. Aber dieser Jemand würde postwendend an die Hunde verfüttert werden. Qi’ra war keine Närrin. Alle hatten gesehen, was passiert war. Alle wussten, was sie getan hatte.

Die anderen Weißwürmer rückten um sie zusammen, einen gierigen Ausdruck auf ihren Gesichtern. Ein paar versuchten sogar, sich an Proximas Leutnants vorbeizuschieben. Qi’ras Blick fiel auf Rebolt, der selbst ohne seinen Hund noch gemeingefährlich aussah, dann auf Skye und Jagleo. Zu ihrer Überraschung trug keiner von ihnen das Abzeichen des Ersten. Zugegeben, als sie diesen Titel erlangt hatte, hatte Proxima erst ein großes Turnier abgehalten, aber da war es dem alten Wurm auch darum gegangen, die Loyalität seiner Straßenratten zu stärken. Jetzt hingegen musste es eine klare Befehlskette geben, um die Ordnung zu sichern.

„Ema, tritt vor“, verlangte die Anführerin der Weißwürmer, und Qi’ra beobachtete, wie das angesprochene Mädchen gehorchte.

Proxima hatte keine der älteren Straßenratten ausgewählt. Das verhieß nichts Gutes für Rebolt und die anderen. Niemand fragte je, was mit den älteren Kindern geschah. Sie verschwanden irgendwann einfach, und das war Antwort genug.

„Wie soll sie bestraft werden? Durch die Hunde oder den Stab?“, fragte Proxima das Mädchen.

Qi’ra blickte Ema nicht an, hielt die Augen starr auf die Kreatur gerichtet, die vor ihr aus dem Becken aufragte. Sie alle hassten die Hunde – ausgenommen natürlich diejenigen, die ausgewählt wurden, um die Bestien zu führen – doch Ema hasste sie ganz besonders. Qi’ra befürchtete aber, dass sich das Mädchen angesichts dieser Furcht gerade erst recht für die Hunde entscheiden würde. Der Stab wäre langfristig vermutlich die gnädigere Wahl; er würde keine Narben hinterlassen und auch keinen Geschmack an ihrem Blut finden. Die Schmerzen wären natürlich größer, aber zumindest würden sie nicht so lange anhalten. Leider verstand Ema die Drohung bleibender Spuren noch nicht.

Das stämmige vierzehnjährige Mädchen war noch nicht allzu lange bei den Würmern; es war nach dem Tod seiner Eltern hier gelandet und hatte im Gegensatz zu den meisten anderen den Luxus einer wohlgenährten Kindheit genossen. Selbst nach zwei Jahren in der Kanalisation wirkte sie weder klein noch dürr. Sie trug die Narben der Hunde, weil sie auf einen Speeder der Weißwürmer geklettert war und versucht hatte, eine Vorratskiste aufzubrechen. Nach ihrer Bestrafung hatte Proxima das Straßenmädchen rekrutiert, aber Ema machte immer noch einen großen Bogen um die Tiere, obwohl die Arbeit mit den Bestien der schnellste und sicherste Weg war, innerhalb der Gruppe aufzusteigen.

„Den Stab“, sagte Ema.

Qi’ra riskierte einen Blick und sah eine unheilvolle Aufregung auf dem Gesicht des Mädchens; sie hatte zum ersten Mal Macht gekostet, und es gefiel ihr.

Moloch stieß Qi’ra zu Boden, und ihre Zähne klackten schmerzhaft zusammen, weil er ihr die Hände lange genug hinter dem Rücken festhielt, damit sie sich nicht mehr abfangen konnte. Aber einen Moment später war das bereits egal, denn nun war Karsot mit dem Schockstab über ihr, und die Welt verfärbte sich zu einem grässlichen, schmerzerfüllten Weiß.

Die Spannung, die durch ihre Adern brannte, war stark genug, um ihr höllische Qualen zu bereiten, aber nicht so stark, dass ihr Herz stehen bleiben könnte. Folter brachte schließlich nichts, wenn das Opfer starb, und die Würmer waren allesamt Experten darin. Mehrere Straßenratten versuchten zurückzuweichen, während Qi’ra sich vor Schmerzen auf dem Boden krümmte, aber die Grindaliden schoben sie wieder nach vorne; alle sollten die Bestrafung mit ansehen, damit niemand je wieder einen Fluchtversuch wagte.

Wegen der Würfel in ihrem Mund konnte Qi’ra nicht schreien, aber sie gab jede Menge andere Schmerzenslaute von sich; die Grindaliden, die sie leiden sehen wollten, kamen also trotzdem voll auf ihre Kosten. Nur Moloch wirkte zunehmend frustriert, weil sie ihm nicht gab, was er hören wollte. Er wies Karsot an, die Ladung zu erhöhen, und Qi’ra spürte, wie sich ihre Knochen in unnatürliche Winkel verkrümmten. Ihre Gelenke und Muskeln erstarrten und verkrampften, überwältigt von den höllischen Qualen.

„Genug!“, sagte Proxima.

Das Weiß vor ihren Augen verblasste zu einem dumpfen Grau, der Schmerz hingegen wollte nicht abebben, und Qi’ra blieb keuchend auf dem Boden liegen. Falls sie aufstehen sollte, würde sie jemand auf die Beine zerren müssen. Und selbst dann würde sie vermutlich sofort wieder zusammenbrechen.

„Lasst euch das eine Lektion sein, ihr alle“, fuhr Proxima fort. „Das erwartet jeden, der mich hintergeht. Das ist euer Schicksal.“

Sie verlor kein Wort über Han, wie Qi’ra auffiel. Natürlich nicht. Er hatte es schließlich geschafft; er war entkommen. Daran wollte Proxima die anderen verständlicherweise nicht erinnern.

Der alte Wurm sank in das Becken zurück, woraufhin sich die anderen Grindaliden durch die Menge zum Ausgang schoben. Qi’ra lag noch immer auf dem Boden. Niemand hatte einen Befehl gegeben, aber die Botschaft war klar: Sie war nun der Gnade derer ausgeliefert, die sie bis vor Kurzem noch angeführt hatte. Und Qi’ra war eine gute Erste gewesen. Beinahe empfand sie so etwas wie Erleichterung.

Beinahe. Zur Hölle mit diesem Wort. Hans Plan hatte auch beinahe funktioniert. Er hatte Coaxium gegen ihre Freiheit eintauschen wollen, aber letztlich hatte es nur für ein Ticket gereicht. Dummerweise hatte er nie auch nur einen Moment darüber nachgedacht, dass sein Plan scheitern könnte, und nun würde Qi’ra den Preis dafür zahlen müssen. Nicht, dass sie schuldlos war. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass es funktionierte. Sie hatte an Han glauben wollen, daran, dass sie es zu zweit schaffen könnten. Schließlich waren sie gemeinsam groß geworden und hatten es gemeinsam durch das Turnier um die Position der ersten Straßenratte geschafft. Doch es hatte nicht gereicht. Qi’ra hatte den anderen zeigen wollen, dass eine Flucht möglich war, aber die Wahrheit war so kalt wie der Boden unter ihr. Sie war jetzt allein, und das einzige Ziel, das sie noch hatte, war, zu überleben. Es würde keine riskanten Pläne mehr geben, und sie würde niemals wieder jemandem vertrauen. Nein, sie würde einen anderen Weg finden, den Kopf über Wasser zu halten – und sie fand ihn besser, bevor es zu spät war.

Während die Straßenratten auf sie zukamen, schwor Qi’ra, dass sie sich nie wieder mit Beinahe zufriedengeben würde.

2. KAPITEL

Die erste Straßenratte zu sein, hatte bedeutet, dass sie zur Essenszeit als Erste ihre Portion bekam. Es hatte auch bedeutet, dass sie entscheiden durfte, wie viel die anderen bekamen und in welcher Reihenfolge. Qi’ra hatte dabei stets versucht, gerecht zu sein. Wenn die anderen glaubten, dass sie die einzige Person in der Galaxis war, die sich um ihr Wohlergehen sorgte, dann würden sie ihr gegenüber loyal sein. Es war ein guter Plan gewesen, und im Großen und Ganzen hatte er funktioniert. Aber … jetzt war sie nicht mehr die Erste.

All die Sympathien, die sie aufgebaut hatte, lösten sich in nichts auf, und das Einzige, was Qi’ra tun konnte, als die anderen Kinder über sie herfielen, war, ihr Gesicht zu schützen. Straßenratten hatten vor so vielem Angst, und wenn sie etwas fanden, wovor sie keine Angst haben mussten, konnten sie gemein und grausam sein. Qi’ra wusste das, weil sie selbst eine von ihnen war.

Hände zerrten sie in alle Richtungen gleichzeitig, zogen an ihren Haaren und ihren Kleidern. Kleine Finger fädelten die Schnürsenkel aus ihren Stiefeln, während größere Hände sie herumrollten, um ihre Jacke zu erbeuten. Instinktiv trat Qi’ra um sich – sie war es gewöhnt zu beschützen, was sie hatte –, doch die Hände packten nur umso fester zu, und Fingernägel bohrten sich in ihre Haut.

Die älteren Kinder schafften es, ihr die Jacke vom Leib zu reißen, und sofort brach ein Kampf darum aus. Rebolt zeigte dabei mehr Intelligenz, als Qi’ra ihm zugetraut hätte, denn er stieß die anderen beiseite, um Ema Platz zu machen. Er kämpfte nicht wirklich für Proximas neue Favoritin – würde er ihr die Jacke einfach geben, wäre es kein Erfolg für sie, sondern ein Risiko für ihn, ein Zeichen von zu viel Unterwürfigkeit, bevor ihre Allianz überhaupt Form angenommen hatte. Aber er stellte sicher, dass sie die Jacke letztlich erbeuten würde. So wäre es ihr Sieg, und sie würde wissen, dass er ihr geholfen hatte. Nicht, dass das Mädchen Hilfe zu brauchen schien. Sie bahnte sich mit fliegenden Fäusten und scharfen Fingernägeln einen Weg durch die Straßenratten, schnurstracks und gnadenlos auf das Objekt ihrer Begierde zu.

Während die Älteren mit ihrer Jacke beschäftigt waren, spürte Qi’ra, wie die kleineren Kinder ihr die Stiefel von den Füßen zogen. Unter ihnen brach aber kein Kampf um die Beute aus, stattdessen widmeten sie sich sofort dem Rock, den Qi’ra über ihren Leggins trug. Er war wasserdicht und hatte mehrere Taschen – allesamt leer, nachdem Moloch sie bei ihrer Rückkehr durchsucht hatte –, und auch wenn er zu groß für die Kinder war, würde er den glücklichen Gewinner doch ein wenig wärmer halten.

Der Kampf um die Jacke neigte sich inzwischen dem Ende zu. Ema verteilte noch ein paar Kopfstöße, um die letzten Straßenratten zu verscheuchen, dann erkannte der Rest ihren Sieg an. Qi’ras Jacke war hübsch, aber sie war es nicht wert, sich die Person zum Feind zu machen, die darüber entschied, wann und wie viel man zu essen bekam. Der Widerstand ebbte ab, und als Ema die Jacke aufhob – sie hatte nur ein paar kleine Risse und Flecken davongetragen –, wahrten alle respektvollen Abstand. Das Mädchen schlüpfte in die Ärmel und strich über das weiche Fell am Kragen, dann schob sie zwei Finger in ihren Mund und stieß einen lauten, schrillen Pfiff aus. Der Kampf um den Rest von Qi’ras Kleidung kam schlagartig zum Erliegen.

„Zeit fürs Abendessen“, verkündete die neue Erste. Sie klang so beifällig, als würde sie übers Wetter sprechen. Als wäre überhaupt nichts geschehen.

Die kleinen Kinder rollten Qi’ras Rock zusammen und trugen ihn gemeinsam mit ihren Stiefeln davon; später würden sie das Bündel bei jemandem von der richtigen Größe eintauschen oder versuchen, es zu verkaufen. Offensichtlich hatte Qi’ra keine Loyalität mehr von ihnen zu erwarten. Sie blieb auf dem Boden liegen, dankbar, dass keine Hände mehr an ihr zerrten. Der bittere Aurodium-Geschmack von Hans Würfeln erfüllte ihren Mund, und sie konnte bereits spüren, wie sich die Kälte durch ihre nunmehr ungeschützten Leggins fraß.

Die Straßenratten verließen den Raum so geordnet, wie es ihnen möglich war, mit Ema und Rebolt an der Spitze. Qi’ra sah, dass Skye und Jagleo im hinteren Teil der Kolonne davonstapften, aber das hatte nichts weiter zu bedeuten; ihr Platz in der Hierarchie war schon immer gesichert gewesen. Bevor sie durch die Tür verschwand, blickte Ema noch einmal verächtlich zu Qi’ra zurück.

„Du brauchst gar nicht erst mitzukommen“, sagte sie. „Für dich gibt es nämlich ohnehin nichts.“

Qi’ra hatte nicht vorgehabt, den anderen zum Speisesaal zu folgen. Nein, sie hatte ein anderes Ziel im Sinn. Sobald die anderen gegangen waren, kämpfte sie sich auf die Füße hoch. Ihr Schädel dröhnte fürchterlich, aber zumindest knickten ihre Beine nicht ein. Der Boden unter ihren Strümpfen fühlte sich widerlich an, doch daran ließ sich nichts ändern, während sie sich durch die Korridore zu ihrem Schlafloch schleppte.

Sie hatte nicht viele Habseligkeiten – das hatte hier niemand. Alles, was man an seinem Schlafplatz aufbewahrte, wurde am Ende doch nur geklaut. Besitz war hier unten eine Frage der Muskelkraft. Es war offensichtlich, dass Ema bereits Anspruch auf das Loch erhoben hatte: Das zerfranste Kissen und die dünne Decke waren auf die andere Seite der kleinen Einbuchtung verschoben worden, welche sich gegenüber der großen Tür befand – der Tür, durch welche die Hunde kamen, wenn man sie in diesen Teil der Kanäle führte. Qi’ra spuckte die Würfel in ihre Hand und schob sie in die kleine Tasche ihrer Leggins, anschließend kroch sie zu dem Platz, wo Han geschlafen hatte.

Wenn jemand arrogant genug war, etwas Wertvolles in seinem Schlafloch zu verstecken, dann er. Auch hier war auf den ersten Blick erkennbar, dass sich bereits jemand Neues in dem Loch eingerichtet hatte, aber Decke und Kissen waren noch an ihrem ursprünglichen Platz. Qi’ra klopfte beides ab, dann schob sie die Decke beiseite und suchte nach ungewöhnlichen Ausbuchtungen an der erbärmlichen, dünnen Matratze. Sie strich über die Nähte, sah darunter nach … Ohne Erfolg. Vielleicht war Han doch klüger, als sie ihm zugetraut hätte.

„Es waren Socken.“ Sie wirbelte herum und sah Rebolt am Eingang stehen, noch immer mit diesem verächtlichen Grinsen auf dem Gesicht. „Er hatte Socken unter der Matratze versteckt. Aber jetzt gehören sie mir.“

Während er auf sie herabblickte, wurde sein Grinsen noch breiter. „Zu schade“, sagte er. „Socken sind nicht viel wert. Aber immerhin besser als das, was du jetzt noch hast.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zu den Hundezwingern. Qi’ra wartete, bis er durch die Tür verschwunden war, dann klappte sie auch die vierte Ecke der Matratze hoch … und entdeckte eine kleine Einbuchtung im Boden. Rebolt hatte seine Suche beendet, nachdem er auf die Socken gestoßen war, aber da war noch mehr unter dem Bett versteckt. Die Hundekekse waren alt und körnig; Han hatte sie gesammelt, um bei ihrer Flucht falls nötig eines der Tiere zu bestechen, aber das war nicht, was Qi’ra damit vorhatte. Sie hatte keine Ahnung, wann Ema ihr beim Essen wieder eine Portion zugestehen würde, also schob sie die Hundekekse zu den Würfeln in ihre Tasche.

Anschließend nahm sie sich einen Moment, um über ihre Situation nachzudenken. Erst mal das Positive: Sie war nicht eingesperrt, und ihre öffentliche Bestrafung schien fürs Erste beendet zu sein. Aber – und das brachte sie zu den schlechten Neuigkeiten – inoffiziell würde sich die Bestrafung fortsetzen, wann immer Proximas Würmer gerade ein leichtes Ziel brauchten … oder jemanden, an dem sie ein Exempel statuieren konnten. So würde es weitergehen, bis Proxima ihr endgültiges Urteil verkündete. Qi’ra hatte keine Jacke und keine Stiefel mehr, und ihre Leggins würden sie nicht warm halten. Wenn sie daran etwas ändern wollte, würde sie selbst stehlen müssen, und angesichts ihrer Position am unteren Ende der Hackordnung wäre dabei größte Vorsicht geboten.

Einen Moment lang überlegte sie, ob sie wegrennen sollte. Sie könnte sich zum Silo schleichen, während die anderen aßen. Seit Jahren hatte sie dort ein kleines Versteck, nur für alle Fälle, und jetzt wäre vielleicht der richtige Zeitpunkt, um es zu benutzen. Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass sie freiwillig dorthin zurückgegangen sei, und die beiden einzigen Personen, die von ihrer kleinen Zuflucht wussten – Tsuulo und Han – waren entweder tot oder für immer fort. Es gab keine Abwasserkanäle unter dem Silo, die Grindaliden würden ihr also auch nicht folgen können. Ja, sie wäre dort sicher … aber sie hätte trotzdem nichts. Und ganz abgesehen davon war das Silo das verrottende Herz der Unterstadt, der unangefochten schlimmste Ort auf dem gesamten Planeten. Dort gab es keine Zukunft.

Qi’ra fand ein leeres Schlafloch hoch oben an der Wand. Niemand wollte es, weil es kalt und windig war, aber jeder, der es auf sie abgesehen hätte, müsste erst hinaufklettern. Sie legte sich mit den Füßen zur Leiter, sodass sie einem Störenfried sofort ins Gesicht treten könnte; ohne ihre Stiefel würde das zwar weniger wehtun, aber es war besser als nichts. Qi’ra hatte nicht vor, zu schlafen – zum einen, weil sie es sich heute Abend nicht leisten konnte, so schutzlos zu sein, zum anderen, weil es dafür viel zu kalt war. Stattdessen lauschte sie, während die Straßenratten vom Essen zurückkehrten. Ein paar von ihnen stritten miteinander, weil sie nichts Besseres zu tun hatten, dann brachen die Älteren zu ihrem nächtlichen Beutezug in die Stadt auf. Die Jüngeren zogen sich allmählich zum Schlafen zurück. Sie wussten, dass Qi’ra hier oben war, ignorierten sie aber, weil sie sie nicht als Bedrohung betrachteten.

Plötzlich wackelte die Leiter, und Qi’ra machte sich schon auf das Schlimmste gefasst, aber dann fiel ihr auf, dass nicht das leiseste Geräusch zu hören war, und da wusste sie, wer zu ihr hochkletterte. Es gab nur eine Straßenratte, die früher mal eine Tänzerin gewesen war. Sie hatte sogar einen ganz eigenen Kampfstil entwickelt, basierend auf den Bewegungsabläufen, an die ihr Körper bereits gewöhnt war. Als Jagleos Gesicht über dem Rand des Schlaflochs auftauchte, entspannte Qi’ra sich, zumindest ein kleines bisschen.

„Du wurdest herabgestuft“, sagte das Mädchen. „Aber ich nehme an, das hast du bereits gemerkt.“

Qi’ra schwieg. Falls Jagleo reden wollte, würde sie sie nicht davon abhalten, aber sie hatte nicht vor, freiwillig Informationen preiszugeben – nie wieder in ihrem ganzen Leben.

„Ema ist ein kleiner Tyrann, das hier ist also so was wie ein Traum für sie“, fuhr die Diebin fort. „Die jüngeren Kinder haben zu viel Angst, um sie zu stürzen, und die Älteren nehmen sie nicht ernst. Was dumm ist, denn Proxima hat sie nicht grundlos alle übergangen.“

Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass Proxima sich nur für die Kinder interessierte. Sie waren klein und beeinflussbar, was es leichter machte, sie zu rekrutieren. Sie aßen nicht viel und ließen sich durch das Versprechen einer Belohnung kontrollieren, was es wiederum leichter machte, sie zu erziehen. Nicht zu vergessen, dass sie bei Tag in die Stadt hochgehen konnten – der Hauptgrund, warum Proxima überhaupt Nicht-Grindaliden in ihrer Bande brauchte. Dank ihrer kleinen Größe und ihrer Gewandtheit gab es fast keinen Ort, den sie nicht erreichten, und sie konnten sich besser verstecken als die Älteren.

„Skye glaubt, dass sie die älteren Straßenratten aussortieren will. Insbesondere uns vier“, fuhr Jagleo fort. Strähnen schmutzig blonden Haares fielen ihr ins Gesicht, und sie wischte sie beiseite, während sie ihrer Theorie nachhing. „Jetzt, wo du und Han keinen Einfluss mehr habt, wäre es leicht, Skye, Rebolt und mich verschwinden zu lassen. Aber ich glaube, Skye irrt sich. Proxima wird uns nicht gleich umbringen. Nicht, solange wir noch einen Nutzen haben.“

Qi’ra schwieg weiterhin. Jede andere wäre inzwischen wütend geworden oder hätte aufgegeben, aber Jagleo war selbst unter normalen Umständen an Stille gewöhnt.

„Sie wird warten, bis eine große Nummer ansteht, ein Einbruch oder so was“, überlegte das Mädchen. „Proxima wird uns darauf einschwören, uns üben lassen, das ganze Pipapo. Aber wenn sich der Staub legt, werden nicht alle zurückkommen. Und die, die es doch tun, werden eins gemeinsam haben: Sie werden alle jung sein.“

Jagleo griff in ihre Jackentasche und zog ein Bündel schwarzen, gazeartigen Stoffes hervor. Als sie ihn ausschüttelte, stellte Qi’ra fest, dass es eine dünne Jacke war. Sie machte nicht viel her, aber vermutlich war sie wärmer, als sie aussah, und davon abgesehen war im Augenblick alles besser als nichts.

„Rebolt glaubt, die Hunde werden ihn retten“, sagte Jagleo. „Und Skye glaubt, wenn er Taomat trainiert, damit er Rebolt zerfleischt, wird Moloch ihn befördern. Sie werden immer jemanden brauchen, der mit den Hunden rausgeht. Aber dir und mir, uns wird das nicht helfen.“

Als das Mädchen Qi’ra die Jacke hinhielt, setzte sie sich langsam auf und schlüpfte hinein. Verglichen mit dem Fellbesatz ihrer alten Jacke war der Stoff kratzig, und es gab keine Taschen, in denen man etwas verstecken konnte, aber es war trotzdem eine Jacke.

„Im Moment kann ich nicht viel für dich tun“, erklärte Jagleo. „Und es würde niemandem helfen, wenn sie anfangen, mich genauso zu behandeln wie dich. Aber wenn der Tag kommt, kannst du auf mich zählen. Wir werden überleben, und dann sehen wir ja, wie es weitergeht. Dir fällt bestimmt was ein. Dir fällt immer was ein, und ich werde dafür sorgen, dass du lange genug am Leben bleibst, um einen Plan auszuhecken.“

Mit diesen Worten stellte Jagleo ein kleines Rationspäckchen am Rand des Schlaflochs ab. Sie hatte es bereits aufgerissen und den Großteil des Inhalts gegessen, aber Qi’ra konnte sehen, dass noch ungefähr ein Viertel übrig war. Keine vollwertige Mahlzeit, aber definitiv besser als die Hundekekse.

„In Ordnung“, sagte sie, während sie nach dem Päckchen griff. Sie schüttelte die Krümel in ihren Mund, dann drehte sie das Päckchen um und klopfte auf die Unterseite, damit ihr auch ja nichts entging.

Jagleo war eine unerwartete Verbündete. Natürlich würde die kleine Diebin nicht viel ausrichten können, trotzdem war Qi’ra dankbar für jede Hilfe. Die Frage war nur, inwiefern sie sich revanchieren konnte – oder wollte. Qi’ra hatte gerade erst einen gescheiterten Plan hinter sich, und sie verspürte keine Lust, je wieder in so eine Position zu geraten. Sollte sie auch nur den kleinsten Zweifel haben, würde sie Jagleo zurücklassen, ohne zu zögern.

Sie rollte sich auf ihrer Matratze zusammen, die neue Jacke um ihre Schultern geschlungen, die gähnende Leere in ihrem Magen teilweise gefüllt. Das war immerhin ein Anfang.

3. KAPITEL

Es wurde schlimmer. Viel schlimmer.

Am Morgen nach ihrem gescheiterten Fluchtversuch wurde Qi’ras endgültiges Schicksal enthüllt. Proxima hatte einen Käufer für sie gefunden, einen corellianischen Sklavenhändler namens Sarkin Enneb, der gerade neue Ware suchte und sich auch nicht daran störte, wenn diese Ware ein wenig widerspenstig war. Qi’ra hatte auf eine schnelle Entscheidung gehofft, aber angesichts der extrem unangenehmen Konsequenzen wünschte sie nun fast, Proxima hätte sich mehr Zeit gelassen.

„Ich habe nicht viel Geld für dich bekommen; Ungehorsam ist keine attraktive Eigenschaft für eine Sklavin“, sagte der alte Wurm, als Qi’ra nun zitternd vor ihm stand. „Aber deine anderen Qualitäten waren ausreichend, um sein Interesse zu wecken. Ich habe vollstes Vertrauen, dass er dir deinen Eigensinn austreiben wird.“

Sarkin vergeudete keine Zeit und implantierte einen Peilsender in Qi’ras Handgelenk, kaum dass der Vertrag unterzeichnet war. Aufgrund der jüngsten Fortschritte in der Scanner-Technologie war es ganz einfach, solche Datenchips zu finden, deswegen machte Sarkin sich nicht die Mühe, sie seinen Opfern ohne deren Wissen einzupflanzen. Ihm genügte das Wissen, dass der Träger sterben würde, sollte er versuchen, den Sender zu entfernen. Während er den Chip implantierte, blickte Qi’ra in seine hellgrünen Augen und versuchte abzuschätzen, was für eine Art von Mann er war. Das Beste, worauf sie hoffen konnte, waren Desinteresse und Vernachlässigung, aber bereits jetzt konnte sie einen brutalen Zug in seinem kantigen Gesicht erkennen. Desinteressierte Leute kauften keine widerspenstigen Mädchen.

„Mir gefällt nicht, wie du aussiehst“, sagte Sarkin. Er stand unangenehm dicht vor ihr – so dicht, dass sie beinahe die borstigen Haare spüren konnte, die auf seinem Gesicht und seinem Kopf sprossen. Aber sie war klug genug, nicht vor ihm zurückzuweichen. „Versteh mich nicht falsch, du bist hübsch, aber da ist zu viel Feuer in deinen Augen. Das werden wir löschen müssen. Du bringst einen besseren Preis, wenn du gefügig bist.“

Seine Finger – sie endeten in scharfen Nägeln, die mühelos Qi’ras Haut durchbohren und aufreißen könnten, falls er entschied, ihr wehzutun – gruben sich fest in ihren Arm. Sie war sich sicher, dass sie blaue Flecke davontragen würde. Aber ebenso sicher war sie sich in einem anderen Punkt: Sarkin wollte, dass sie sich wehrte. Er wollte einen Grund, um ihren Kopf an den Haaren nach hinten zu reißen und ihr den Mund blutig zu schlagen. Da nahm Qi’ra lieber die blauen Flecken in Kauf. Er wusste schließlich bereits, dass sie aufsässig war. Als Sarkin erkannte, dass sie ihm keinen Vorwand liefern würde, entgleiste sein verächtliches Lächeln zu einem bösartigen Zähnefletschen, und einer seiner Fingernägel schnitt in ihren Arm, direkt neben der pochenden Stelle, wo er den Chip implantiert hatte.

Proxima richtete sich in ihrem Becken auf, scheinbar frustriert, weil sie nicht alles hören konnte, was die beiden sagten – obwohl ziemlich offensichtlich sein musste, worum es ging.

„Wir haben eine Abmachung, Sarkin Enneb“, grollte sie. „Noch dürfen Sie sie nicht brechen.“

„Ich habe den Vertrag gelesen“, erwiderte Sarkin, ohne die Augen von Qi’ra zu nehmen. Seine spitzen Ohren zuckten, ungehalten über Proximas Einmischung. Qi’ra zweifelte nicht daran, dass sie später auch dafür würde zahlen müssen. „Sie bleibt hier, bis der Job über die Bühne gegangen ist. Aber danach … gehört sie mir.“

Der gezackte Schnitt an ihrem Handgelenk blutete leicht; er würde ganz sicher eine Narbe hinterlassen. Qi’ra blieb bewegungslos stehen, während das Blut zu ihren Fingerspitzen hinabrann und auf den Boden tropfte. Sie würde sich erst um die Wunde kümmern, wenn niemand in der Nähe war, der sie dabei beobachten konnte.

Sarkin drehte sich zu Proxima herum, und obwohl sie hoch über ihm aufragte, wirkte er völlig unbeeindruckt. Qi’ra wusste, warum sie verkauft worden war, aber sie hatte keine Ahnung, warum der Sklavenhändler sie nicht gleich mitnehmen durfte. Nicht, dass sie es eilig hatte; sie bezweifelte, dass es ihr bei ihm besser ergehen würde als bei Proxima. Sie wollte nur die Details dieser Abmachung erfahren. Was war das für ein Job, den er über die Bühne bringen sollte?

„Ich komme wieder, sobald die Sache erledigt ist“, erklärte Sarkin. „Oder ich schicke einen meiner Leute. Wenn sie in der Zwischenzeit stirbt, erwarte ich meine Credits zurück, ist das klar?“

Proxima erwiderte nichts darauf, aber Sarkin schien auch nicht mit einer Antwort gerechnet zu haben, denn er drehte sich prompt um und marschierte aus dem Raum.

„Raus mit dir“, zischte Proxima. „Geh und genieß dieses letzte bisschen Freiheit, solange du noch kannst.“

Es war ein unangenehmer Gedanke, aber das Leben als Erste hatte sie weich gemacht. Qi’ra hatte hart um ihre Position kämpfen müssen, aber danach hatte sie den Großteil ihrer Zeit damit verbracht, unter den Straßenratten für Disziplin zu sorgen – in der Regel durch die Verteilung der Essensrationen. Darüber hinaus hatte sie als persönliche Botin von Lady Proxima gedient. Einige der Leute, die sie in dieser Funktion aufgesucht hatte, hatten ihr neben den Schutzzahlungen für die Weißwürmer auch ein kleines Trinkgeld zugesteckt, in der Hoffnung, dass Qi’ra ein gutes Wort für sie einlegen würde. Es war nicht viel gewesen, aber diese zusätzlichen Credits hatten trotzdem ihr gehört. Hinzu kam noch das Privileg, dass sie sich als Erste ihre Ration nehmen durfte. Ja, es war Qi’ra in ihrem ganzen Leben nie besser gegangen.

Doch jetzt war das alles Vergangenheit, und sie wurde auf schmerzhafte Weise daran erinnert, was es hieß, ganz hinten in der Essensschlange zu stehen und auf die Gnade der Straßenratte angewiesen zu sein, die gerade die Portionen verteilte. Ema genoss es, ihr das Leben auf tausend unterschiedliche Arten zur Hölle zu machen, sei es nun, indem sie ihr nur ein paar Krümel hinwarf oder in ihrer pelzbesetzten Jacke auf und ab stolzierte, während Qi’ra in der nassen Kälte von Coronets Abwassersystem fror. Im Lauf der folgenden Wochen wurde sie immer magerer und apathischer, ihre Haut immer blasser und trockener, ihr Haar immer spröder. Jagleo versuchte weiter, ihr zu helfen, aber nichts, was sie tat, konnte den Symptomen der Unterernährung entgegenwirken. Die Würfel zeichneten sich schon bald deutlich in ihrer Tasche ab – eine kleine Ausbuchtung an ihrer Hüfte, wo sonst nur noch Haut und Knochen übrig waren.

Die Hundekekse hatte sie längst aufgebraucht, sie war also ganz der Gnade der Essensschlange ausgeliefert. Dann begann Proxima, sie in Sarkins Auftrag in die Stadt hochzuschicken. Qi’ra hatte während der vergangenen Wochen versucht, in den Tunneln des Weißwurm-Lagers Informationen zu sammeln, denn auch, wenn sie rein technisch keine von Proximas Straßenratten mehr war, lebte sie doch immer noch unter ihnen. Es war offensichtlich, dass der alte Wurm etwas Großes plante, und Qi’ra wollte nicht kalt erwischt werden, wenn die Sache in die heiße Phase eintrat. Eine Zeit lang interessierte es niemanden, was sie tat. Es fühlte sich an, als wäre sie ein Geist, durch den die anderen geradewegs hindurchblickten.

Tatsächlich drangsalierten die Straßenratten sie nicht mal mehr. Sie hatten sich inzwischen unterhaltsameren Opfern zugewandt, denn Qi’ra zu quälen war langweilig. Sie wehrte sich nicht, und ebenso wenig flehte sie die Kinder an aufzuhören. Natürlich kratzte es an Qi’ras Ego, aber sie sparte jede Menge Energie, indem sie sich nicht auf Kämpfe einließ, die sie nicht gewinnen konnte. Dass ihre Peiniger nach ein paar Wochen einfach aufgaben, war ein unerwarteter Bonus. Sie schienen zu der Ansicht gelangt zu sein, dass Qi’ras Geist völlig gebrochen war und sie keinen Deut Widerstandskraft mehr in sich trug.

Lady Proxima ließ sich leider nicht so leicht täuschen.

Die Grindalidin war alt – älter, als die meisten Straßenratten auch nur ahnten –, und sie hatte schon viele Generationen von Menschen in den Fängen ihrer Bande aufwachsen sehen. Sie hatte ein Gespür dafür, wenn jemand wirklich in Hoffnungslosigkeit versank, und Qi’ra wusste, dass sie ihr nichts vormachen konnte. Darum gehorchte sie auch unterwürfig, als Proxima ihr befahl, sich an einem Beutezug in der Stadt zu beteiligen. Sarkin hatte offenbar verlangt, dass sie ein paar Credits für ihn verdiente, während sie auf seine Rückkehr wartete. Die anderen Mitglieder der Gruppe stöhnten und murrten, weil sie glaubten, dass Qi’ra sie nur aufhalten würde, aber ein Knurren von Molochs Lieblingshund brachte sie rasch zum Verstummen.

Das Treiben auf den Straßen von Coronet war so geschäftig wie eh und je. In den Werften herrschte Hochbetrieb, denn mit jedem Tag trudelten neue Aufträge des Imperiums ein. Jeder, der wusste, wie man Schiffe baute, oder die nötigen Verbindungen hatte, um sie zu verkaufen, verdiente sich gerade eine goldene Nase. Und alle anderen? Nun, die versuchten, irgendwie auch ein paar Krümel zu ergattern. Die Straßenratten blieben bei ihren bewährten Methoden, sprich Einbrüche und Taschendiebstahl. Die älteren Jugendlichen hatten auch ein paar komplexere Betrügereien im Repertoire, aber Qi’ra wusste nur wenig über diese Tricks, denn sie hatte all ihre Zeit mit Han verbracht. Ein weiterer Fehler – sie hatte sich zu sehr auf ihn verlassen. Es gab in der ganzen Galaxis nur eine Person, der sie wirklich vertrauen konnte, und das war sie selbst.