Star Wars: Jedi - Kampfnarben - Roman zum Videogame - Sam Maggs - E-Book
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Star Wars: Jedi - Kampfnarben - Roman zum Videogame E-Book

Sam Maggs

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Beschreibung

Der ehemalige Jedi-Padawan Cal Kestis hat sich zusammen mit der Crew der Stinger Mantis ein neues Leben aufgebaut. Sie haben Seite an Seite gegen Kopfgeldjäger gekämpft, Inquisitoren besiegt und sich sogar erfolgreich dem Zugriff Darth Vaders entzogen. Merrin, Cere, Greez und der treue Droide BD-1 sind für Cal nun zu so etwas wie einer Familie geworden. Während die Zukunft der Galaxie von Tag zu Tag unsicherer wird, wird die Mantis- Crew mit jedem Schlag gegen das Imperium mutiger. Bei einer Routine-Mission treffen sie auf eine abtrünnige Sturmtrupplerin. Sie will der Crew im Austausch für ihre Hilfe Informationen über ein mächtiges Werkzeug im Kampf gegen das Imperium liefern. Der einzige Haken dabei ist, dass sie dabei dem Inquisitor Fünfter Bruder in die Quere kommen – einem der gefährlichsten Diener des Imperiums. Cal und seine Freunde treten nicht zum ersten Mal gegen die Inquisitoren an. Die Frage ist nur, wie oft sie dem Imperium noch entkommen können, bevor ihr Glück sie endgültig verlässt.

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Seitenzahl: 474

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Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninibooks.de

ROMAN

Von SAM MAGGS

Ins Deutsche übertragen von Andreas Kasprzak & Tobias Toneguzzo

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: Jedi – Battle Scars“ by Sam Maggs, published by Lucasfilm Press, an imprint of Buena Vista Books Inc., 2023.

© & TM 2023 LUCASFILM LTD. All Rights Reserved.

Book Design by Elizabeth A. D. Eno

Deutsche Ausgabe 2023 by Panini Verlags GmbH, Schloßstr. 76,

70176 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Andreas Kasprzak

Lektorat: Peter Thannisch

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWJE001E

ISBN 978-3-7569-9988-0

Gedruckte Ausgabe:

1. Auflage, September2023, ISBN 978-3-8332-4413-1

Findet uns im Netz:

www.starwars.com

www.paninibooks.de

PaniniComicsDE

Für alle, die in die Welt hinausgingen und dort ihre eigene Familie fanden: Wir werden nie wieder verstecken, wer wir wirklich sind.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

1. KAPITEL

Heute würde ein guter Tag für die Jedi werden.

Dafür wollte Jedi-Ritter Cal Kestis sorgen.

Zugegeben, es war möglich, dass er einer von vielleicht nur noch zwei Jedi war. Aber diese beiden Jedi, die hatten einen guten Tag vor sich.

„He, Kumpel, ist alles klar?“, fragte Cal, und seine Stimme hallte in seinem Helm wider. Hinter seinem Rücken spürte Cal zwei leichte Klopfzeichen. Das war die Art, wie sein Droide BD-1 mit ihm kommunizierte, wenn sie auf einer Tarnmission waren. Cal konnte BD-1s Trillern zwar über das Kom hören, aber wenn man unbemerkt bleiben wollte, war jedes Geräusch riskant, darum zog der Droide es oft vor, mit dieser schnelleren, taktilen Methode zu kommunizieren. Außerdem wusste er, dass der Rest der Besatzung ihn ohnehin nicht verstehen konnte. „Danke, Beedee. Habe ich dir in letzter Zeit schon gesagt, dass du der Beste bist?“

Eine Pause, gefolgt von:

Klopf.

Cal lachte. „Nun, dann sage ich es dir jetzt. Nächstes Mal warte ich nicht so lange.“

Klopf, Klopf.

Ein verdammt guter Tag.

Was man normalerweise nicht behaupten konnte, wenn man auf einem dahinrasenden Brocken Weltraumgestein saß, das mitten im tiefen Raum um einen großen Asteroiden kreiste. Aber Cals Leben war nicht normal, und das war ihm auch ganz recht so. Er drehte sich in seinem Raumanzug, um seine Umgebung in Augenschein zu nehmen, während er die wiederaufbereitete Luft mit langsamen, gleichmäßigen Zügen einatmete, um sie nicht zu verschwenden. Das orbitale Trümmerfeld, das den Asteroiden umkreiste, war dicht. Cal musste von einem Felsbrocken zum nächsten springen, um sich einen Weg zu bahnen, und jeder Sprung trug ihn ein wenig näher an den Hauptasteroiden im Zentrum des Feldes heran – einen massiven ausgehöhlten Felsbrocken, der eine Basis der Haxion-Brut beherbergte. Genau diese Basis war es, die Cal und seine Crew gerade zu infiltrieren versuchten. Ironisch, wenn man bedachte, dass Cal bei seiner letzten Begegnung mit der Brut versucht hatte, aus einem ihrer Stützpunkte auszubrechen. Damals, auf Ordo Eris, war er gefangen genommen worden. Diesmal hatten sie entschieden, erst mal jemanden auf den Felsen zu schicken, um die Sicherheitssysteme zu deaktivieren, damit sich die StingerMantis, Cals Schiff, unbemerkt aus dem Orbit nähern konnte.

Und das ging am besten, indem man von einem kleinen Felsen zum nächsten hüpfte, bis hinunter auf die Oberfläche des großen Asteroiden. Von einem sich bewegenden Trümmerteil zum nächsten, ganz ungesichert durch den Raum segelnd …

Eine von Cals leichtesten Übungen.

Er atmete tief durch, kniff die Augen zusammen und beugte die Knie, bevor er sich von dem zerklüfteten Felsen unter seinen Stiefeln abstieß.

Hier draußen war das nicht weiter schwer. Ein Sprung, und Cal schwebte … durch die Luft war nicht die richtige Umschreibung, denn es gab hier keine Atmosphäre. Aber es war auch ganz anders als Fliegen. Wenn sich Cal mit der Macht tatsächlich in die Luft erhob, hatte er immer dieses Gefühl im Magen – ein Aufbäumen seines noch immer sehr menschlichen Körpers, das ihn darauf hinwies, dass er sich viel, viel zu hoch über dem Boden befand. Aber hier draußen im Weltraum fühlte es sich eher wie Schwimmen an, wie ein Vorwärtsgleiten. Sein Körper hatte kein Konzept von oben oder unten, zu hoch oder zu niedrig, richtig oder falsch. Er fühlte nur, dass er sich vorwärtsbewegte.

Cal vermisste das leichte Flattern in seinem Magen.

Er wandte sich dem nächsten Asteroidenfragment zu und näherte sich ihm zielstrebig. Langsam, aber sicher.

Als sein Meister Jaro Tapal ihn das erste Mal mit ins All genommen hatte, hatte er zu seinem Padawan gesagt: Wenn man etwas im Weltraum in Bewegung setzt, wird es sich genauso weiterbewegen – in dieselbe Richtung und mit derselben Geschwindigkeit –, es sei denn, eine andere Kraft wirkt darauf ein.

Jetzt war Cal diese andere Kraft.

Die Arme vor sich ausgestreckt, suchte Cal nach Halt, sobald seine Hände das nächste schwebende Trümmerstück berührten. Der Aufprall brachte den kleinen Asteroiden und Cal selbst ins Trudeln. Er ruderte verzweifelt mit den Armen, bis BD – gefühlt nach zehn Minuten, in Wirklichkeit aber nur nach ein paar Sekunden – Cals Magnetstiefel aktivierte, sodass sie nach vorn ruckten, auf den Felsen knallten und den Jedi stabilisierten.

Cal hatte diese Stiefel von einem Kopfgeldjäger der Haxion-Brut … in höflicher Gesellschaft würde er wohl sagen „gerettet“, aber genau genommen hatte er sie gestohlen. Nicht dass der Kopfgeldjäger sie noch brauchte, nachdem Cal und Merrin mit ihm fertig gewesen waren. Die Stiefel waren eines der besten Fundstücke, die Cal und seine Crew bislang erbeutet hatten.

Noch immer zitternd, ließ Cal den Felsen los, dann richtete er sich langsam wieder in eine stehende Position auf. Zum Glück musste er nur noch einen weiteren Sprung absolvieren. Eigentlich war er es gewohnt, sich von einem Halt zum nächsten zu schwingen und ins Ungewisse zu stürzen; so war es bereits während seiner Zeit als Schrottsammler auf Bracca gewesen, und danach hatte er im Laufe der Jahre die eine oder andere zwielichtige imperiale Einrichtung infiltriert. Aber aus irgendeinem Grund bewegte er sich in der Anziehungskraft eines Planeten viel selbstsicherer. Klar, wenn er dort danebensprang oder seine Kletterkrallen versagten, würde er in den – nahezu – sicheren Tod stürzen. Die Wahrscheinlichkeit war sogar ziemlich groß. Aber es bedeutete auch, dass er nicht dazu verdammt war, allein in der Leere dahinzutreiben, bis nur noch ein ausgetrockneter, aber erstaunlich gut erhaltener Jedi-Eiszapfen von ihm übrig war.

Das wäre viel, viel schlimmer.

„Lebst du noch?“, ertönte Merrins Stimme aus Cals Kom. Ihr Akzent und ihr oft trockener Tonfall ließen die Frage oberflächlich klingen, so als wäre ihr die Antwort so oder so egal.

„Hast du etwas gehört, Beedee?“, fragte Cal seinen Droiden scherzhaft. Er kannte Merrin gut genug, um zu wissen, dass der Klang seiner Stimme ausreichen würde, um ihre sarkastische, aber dennoch ernst gemeinte Frage zu beantworten. „Es klang fast wie … jemand, der sich Sorgen um uns macht?“, fügte er mit säuselnder Stimme hinzu.

„Das musst du dir wohl eingebildet haben“, antwortete Merrin nachdenklich. Kurz herrschte Schweigen, als ob sie tief in Gedanken versunken wäre. „Wenn wir das nächste Mal knapp bei Kasse sind, setzen wir dich einfach in einer Cantina ab. Das würdest du sicher auch überleben.“

„He“, unterbrach sie eine Stimme – es handelte sich um die von Greez. „Wenn einer von uns dicke Trinkgelder abkassieren würde, dann doch wohl ich. Ihr Zweibeiner wisst gar nicht zu schätzen, was für ein guter Fang ich für Leute mit echtem Geschmack wäre.“

Wie zur Antwort spürte Cal ein heftiges Klopfen an seinem Rücken. Er deaktivierte kurz sein Kom und stieß ein Lachen aus.

„Wenn wir uns dann wieder auf die Mission konzentrieren könnten, Crew.“ Ceres gefasste Stimme (das war das Wort, das Cal am meisten mit seiner Mentorin und Jedi-Meisterin assoziierte – gefasst) verlangte Aufmerksamkeit, sogar, wenn man sie nur aus dem Kom hörte. „Cal, wie lange noch, bis du da bist und uns den Weg frei machen kannst?“

Also gut, dann eben zurück zu den ernsten Themen.

Kurz bevor er die Brut-Basis erreichte, hielt Cal einen Moment inne, um die Situation in sich aufzunehmen. Dies war keine normale Mission – nicht dass die Crew der Mantis schon viele normale Missionen erledigt hätte. Aber selbst für sie war das hier ziemlich ausgefallen.

Er stand auf einem kleinen rotierenden Felsen inmitten des leeren Raums, umgeben von den Trümmern eines zerstörten Planeten. Was einst die grüne, helle Heimat von Millionen Wesen gewesen war – oder zumindest hatte man Cal das erzählt –, war von irgendeinem Imperium oder Konzern – bei all den Ausbeutern in der Galaxis war es schwer, den Überblick zu behalten – verschlungen und wieder ausgespuckt worden. Übrig geblieben waren nur noch Bruchstückte dessen, was einmal gewesen war: Scherben und Staub und Inseln in der Leere, die den massiven Eisenkern des ehemaligen Planeten umkreisten.

Dieser Kern war es, den Cal jetzt ins Visier nahm – der Kern und die darin eingegrabene Basis der Haxion-Brut, eingerahmt von einem eilig errichteten äußeren Ring aus Hütten und Marktständen, umgeben von einer vakuumfesten Blase aus Schilden, ausgestattet mit Sensoren, die Schiffe jeder Größe aufspüren konnten.

Was sie praktischerweise nicht aufspüren konnten, war etwas von menschlicher Größe, das zufällig mit einem Jetpack ausgestattet war.

Oder, in Cals Fall, mit genug tollkühnem Mut, um ohne ein solches Jetpack durchs All zu schwimmen.

Greez hatte ihm während der Einsatzbesprechung erklärt, wie die Sensorsysteme der Basis funktionierten: Das Sensorfeld des Schilds tastete den Asteroiden schnell genug ab, um alles zu entdecken, was größer als ein Mensch war, aber auch langsam genug, um Kopfgeldjägern individuellen Zugang zu ihrer Basis zu ermöglichen, ohne dass sie sich beobachtet fühlten.

Aber die Mantis-Crew verstand ihr Handwerk. Und das würde sie jetzt einmal mehr unter Beweis stellen.

Deshalb hatte Cal auch einen verdammt guten Tag.

„Ich sehe den Landeplatz“, meldete er. „Ich mache den Sprung in drei … zwei …“

Nachdem er gefühlt stundenlang im Asteroidengürtel von Felsen zu Felsen gesprungen war, spürte Cal, wie BD zum – glücklicherweise – letzten Mal seine Stiefel löste. Er stieß sich von dem Felsen ab, wobei er gerade nach oben flog. Einen kurzen Moment lang war er orientierungslos, als er sich der Basis kopfüber näherte: Oben war unten, und unten war oben, aber solche Dinge spielten im Weltraum nicht wirklich eine Rolle. Noch ein Grund, warum Cal die Schwerkraft vorzog.

„Greez, ich hoffe, du hast recht“, murmelte er, hauptsächlich zu sich selbst, aber ohne sein Kom auszuschalten, während er mit dem Kopf voran in schnellem Tempo auf den Magnetschild zuglitt.

Cal spürte, wie sein Helm die Schildblase berührte, und eine Sekunde lang war da ein Widerstand – so wie wenn man auf Greez’ berüchtigte Gelatine-Überraschung drückte (die Überraschung bestand übrigens darin, dass die Gelatinetaschen voller Salz waren) und sie sich auf seltsame Weise verformte. Aber einen Moment später war Cal durch den Schild.

Und plötzlich umarmte ihn sein alter Freund, die Schwerkraft.

Cal nahm alles zurück, was er gerade noch über die fehlende Gravitation gedacht hatte. Jetzt wäre er doch lieber wieder in der Leere des Vakuums, anstatt kopfüber dem Boden entgegenzustürzen, der rasend schnell auf sein Gesicht zusprang …

Konzentration.

Er hörte die Stimmen in seinem Kopf – eigentlich keine Stimmen, sondern eher ein Gefühl, eine Erinnerung, ein Geist, alles in einem.

Und seine eigene Stimme war auch dabei.

Cal hatte keine Ahnung, ob sich die Macht für jeden gleich anfühlte. Er hatte alle möglichen Beschreibungen gelesen und gehört, seit er ein Kind gewesen war. Von seinem ersten Lehrer Jaro Tapal. Von seiner aktuellen Meisterin Cere. Von den anderen jungen Leuten, mit denen er trainiert hatte, bevor …

Vorher eben.

Aber für Cal war es immer dasselbe. Es war wie ein tiefer See, der in seinen tiefsten Tiefen am schwärzesten war und ihn ganz und gar verschluckte, wenn er hinabtauchte. Dann umfing ihn eine Leere, in der alle Farben und Geräusche gedämpft und weit entfernt wirkten. Es war eine Erweiterung seines Bewusstseins, eine direkte Verbindung mit der Quelle aller Dinge. Das Ganze fühlte sich an, als würde er in der Meditation die Arme ausstrecken und sich durch die Leere vortasten, die alle Lebewesen miteinander verband. Dabei schlug sein Bewusstsein Wellen, die sich konzentrisch ausbreiteten wie ineinandergreifende Kreise und die Welt um ihn herum berührten. Früher war ihm das schwergefallen. Er hatte seine Fähigkeiten so lange unterdrücken müssen, dass sich die Leere leblos und hohl angefühlt hatte. Aber jetzt, Jahre später, mit viel Übung und Konzentration und Ruhe …

Jetzt streckte Cal die Hand nach der Macht aus, und die Macht umfing ihn.

Mit einer Geschwindigkeit und einer Sicherheit, die für die meisten Wesen unvorstellbar wäre – oder es zumindest sein sollte – landete Cal auf den Armen, dann krümmte er seinen Körper und rollte sich ab, alles in einer Bewegung. Einer Bewegung, die ihm unter anderen Umständen das Genick gebrochen hätte.

Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, sprang er auch schon wieder auf die Beine. „Ich bin da“, meldete er leise über sein Kom, anschließend husche er in die Schatten an der Ecke des nächstgelegenen Gebäudes.

Cal hatte es an den Sensoren vorbeigeschafft, indem er sich die Schwächen der Brut zunutze gemacht hatte: die Ungeduld ihrer Mitglieder, wenn sie mit ihren kleinen Jetpacks umhersausten, und ihre Abneigung dagegen, von irgendjemandem entdeckt zu werden, selbst hier draußen, weit weg von allen bewohnten Systemen.

Die Brut hatte eine seltsame Vorliebe dafür, zerbrochene Weltraumfelsen als Basen zu benutzen. Aber andererseits mordeten sie auch für Credits.

Über Geschmack ließ sich eben nicht streiten.

Cal hatte es geschafft, unweit seines idealen Infiltrationspunktes zu landen. Die Brut-Basis auf dem zentralen Asteroiden war wie eine Zielscheibe aufgebaut. Der äußere Ring, wo Cal sich nun befand, war eine behelfsmäßige Siedlung, die entstanden war, um den Kopfgeldjägern zwischen ihren Aufträgen den Handel und die Versorgung zu erleichtern. In der Mitte der Zielscheibe befand sich die eigentliche Brut-Basis … obwohl Basis eigentlich zu viel des Guten war. Es war eher eine bessere Cantina auf Stelzen, eine Zwischenstation, wo die schlimmsten Individuen der Galaxis einen Bespin Fizz, ein Bett oder eine Ladestation für die Nacht finden konnten. Ein Ort, an dem sie ihre Schiffe betankten und, wie Cal annahm, Geschichten darüber austauschten, wie sehr sie ihren fantastischen Kopfgeldjäger-Anführer Sorc Tormo liebten, eine unausstehliche Blurrg-Ausgeburt, die Cal schon viele Male das Leben schwer gemacht hatte.

Aber egal.

Zwischen dem äußeren Ring und der Hauptbasis klaffte ein Abgrund, der fast bis zur anderen Seite des Asteroiden hinabreichte. Um ihn zu überqueren, musste man gut genug mit einem Jetpack umgehen können, um den Landeplatz auf der anderen Seite zu erreichen, ohne in den Tod zu stürzen.

Aber wie die Brut bald herausfinden würde, war es Cals Spezialität, Situationen zu meistern, in denen er normalerweise hätte sterben müssen.

In aller Eile nahm er seinen Helm ab und begann, sich von dem einengenden Raumanzug zu befreien. BD-1 sprang von seinem Rücken und schüttelte sich kurz, um sich an die Schwerkraft und den festen Boden zu gewöhnen, dann hüpfte er von einem Fuß auf den anderen und sah zu, wie Cal den Rest des Raumanzugs ablegte. Cal lächelte seinem Freund zu, und BD-1 verschwand um die Ecke, in Richtung der Wartungsluke, wo der Sensorstörsender installiert werden musste. Das war der nächste Teil des Plans, und BD-1 nahm ihn ohne Zögern in Angriff. Er war wirklich ein guter kleiner Droide.

Cal verstaute den Anzug und den Helm hinter einer Kiste, zog sein Hemd zurecht und tastete seine Taschen und seinen Gürtel ab, um sicherzustellen, dass er alles dabeihatte, was er brauchte – Lichtschwert, Komlink, Credits –, bevor er ebenfalls um die Ecke schlich und seinem Droiden folgte. BD befand sich bereits auf halber Höhe der Felswand, die eine Seite des Abgrunds zwischen dem äußeren und dem inneren Ring bildete, und summte vor sich hin, während er seinen kleinen Datenarm in etwas einklinkte, was wie ein Teil der steilen Felswand aussah, in Wirklichkeit aber eine clever getarnte Kontrolltafel war. Darunter befand sich die riesige Menge an Technologie, die nötig war, um diesen Ort sicher und funktionsfähig zu halten. Die Generatoren für den Schild, die Lebenserhaltungssysteme, sogar eine Destillerie – alles war im ausgehöhlten Fels unter der Basis verborgen.

Ein Mitglied der Brut, dem sie Anfang des Monats begegnet waren – der Kerl, dessen Stiefel Cal gerade trug –, hatte sowohl den Standort dieser Basis als auch Details über ihren Aufbau ausgeplaudert. Das war wirklich nett von ihm gewesen. Und die einzige Überzeugungshilfe, die er gebraucht hatte, war ein wenig ebenso furchterregende wie beeindruckende Weltraumhexenmagie von Merrin gewesen.

Cal und Merrin waren ein verdammt gutes Team.

Die Brut verfolgte ihre Crew schon seit Jahren unerbittlich. Wenn Cal ganz ehrlich zu sich selbst war, ging sie ihm allmählich ein wenig auf die Nerven, schließlich hatten sie größere Probleme als eine Bande von kybernetisch verbesserten Gangstern vom Äußeren Rand. Aber Greez schuldete der Bande Geld, und Cals Versuch, sie … nun ja, abzuschrecken, hatte damit geendet, dass er der Gladiatorenkampf- und Glücksspielhöhle ihres Anführers Sorc Tormo hatte entkommen müssen. Seitdem hatte es die Brut auch auf Cal abgesehen (und leider auch auf seine Crew). Die Brut hatte schon vor Jahren ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, und er hätte nur zu gern gewusst, wie viel er inzwischen wert war.

Das wäre sicher ein netter Ego-Schub gewesen.

BD-1 signalisierte mit einem Piepton, dass er seinen Part erfüllt hatte, und nachdem er wieder auf den Sims hochgeklettert war, kniete sich Cal neben ihn, damit der Droide auf seinen Rücken hüpfen konnte (BDs Füße fühlten sich wie kleine Krallen an, aber Cal störte sich nicht daran. Bei einem so guten Freund nahm er das gerne in Kauf).

Die halb durchsichtige Schildkuppel über ihnen flackerte einen Moment lang auf, was signalisierte, dass die Sensoren des Stützpunktes nun ausgeschaltet waren – genau wie sie es geplant hatten.

Einen Moment später war die Kuppel wieder da. Man hätte schon genau darauf achten müssen, um die Störung zu entdecken, und Cal hoffte, dass niemand so aufmerksam war. Eine Garantie gab es natürlich nicht.

Darum wollte er weiterhin vorsichtig sein.

„Das war’s, Mantis.“

„Wir sind schon durch, Junge“, sagte Greez, bevor Cal die Worte ganz aussprechen konnte. „Wir treffen uns am vereinbarten Landeplatz.“

BD mochte klein sein, aber er war ein verdammt cleverer Droide. Die Intervalle bei der Sensorabtastung des Schilds waren normalerweise so kurz, dass etwas Kleines hindurchschlüpfen konnte – etwas von Cals Größe. Aber dank der technologischen Weisheit, die in BDs winzigem Prozessor abgespeichert war, hatte er es geschafft, den Schild lange genug abzuschalten, damit etwas viel, viel Größeres unbemerkt durchkommen konnte.

So etwas wie … nun ja, wie eine S-161 XL-Luxusjacht wie die Mantis.

Nachdem BD wieder seine Lieblingsposition auf dem Rücken des Jedi eingenommen hatte, joggte Cal zu ihrem vereinbarten Treffpunkt am äußeren Ring los – einer schmalen Lücke zwischen zwei hohen Gebäuden, die auf diesem Felsen wohl als „Übernachtungsmöglichkeit“ durchgingen.

Mit einem schmalen Lächeln beobachtete er, wie die Mantis leise von oben in Position glitt. Sicher, technisch gesehen war es Greez’ Schiff, aber in den letzten Jahren war es Cals Zuhause geworden und ebenso ein Zuhause für die Leute, die er in dieser chaotischen Galaxie am meisten liebte.

Die StingerMantis war lang gezogen und schlank, geformt wie eine Messerklinge, und ihr Rumpf verjüngte sich nach vorn hin, wo der vierarmige Latero-Pilot Greez Dritus in seinem speziell angefertigten Cockpit-Sessel saß. Das auffälligste Merkmal der Mantis war jedoch die imposante Flosse, die vor dem Heck des Schiffes emporragte. Sie war höher, als das Schiff lang war, und befand sich auf einem rotierbaren Segment des Schiffsrumpfes, wo auch der Hauptantrieb des Auslegers untergebracht war. Die Flosse konnte sich komplett um das Schiff drehen, je nachdem, wie und wohin Greez fliegen wollte. Das Schiff, dessen schmuddelig weiße Hülle blaue und gelbe Markierungen zierten, war ursprünglich dazu gedacht gewesen, wohlhabende Industrielle von einem Ort zum nächsten zu befördern, während sie alles Gute in der Galaxie erstickten.

Cal betrachtete die Mantis gerne als ein weiteres Mitglied ihrer Crew. Einst hatte sie den Verkommensten der Verkommenen dienen müssen, aber nun war sie frei und half ihnen im Kampf gegen diejenigen, die sie sonst benutzt und weggeworfen hätten.

Sie war schlank, unauffällig und komfortabel ausgestattet, und sie fügte sich nahtlos in die Gebäude des äußeren Rings ein. Soweit Cal das beurteilen konnte, hatte niemand von der Brut ihre Landung bemerkt.

„Lasst ihr euch auch endlich mal blicken!“, stichelte er, als die Schiffsrampe mit keuchender Hydraulik herabsank.

„Wir halten uns nur an den Plan“, ertönte Merrins tiefe, mit einem einzigarten Akzent behaftete Stimme, als sie als Erste aus der Mantis stieg. Cal war fast ein wenig neidisch, als sie die Rampe herunterkam; irgendwie schaffte sie es, an jedem Ort furchterregend und einschüchternd auszusehen, ob sie es nun wollte oder nicht. Die Haut der Dathomirianerin war kreidebleich, und das reflektierte Licht des Schildes tanzte über die grauen Markierungen auf ihrem Gesicht, die an Spinnenbeine erinnerten. Ihr langes, ebenfalls weißes Haar trug sie zu einem strengen Dutt zurückgesteckt – mit Ausnahme von ein paar Strähnen um ihr Gesicht herum. Cal hatte schon eine Million Mal gesehen, wie sie diese Strähnen zurückstrich, aber sie wollten sich einfach nicht bändigen lassen, ganz gleich, wie sehr Merrin sich bemühte. Und selbst Jahre, nachdem sie Dathomir verlassen hatte, trug sie immer noch Schwarz und Rot, die Lieblingsfarben ihres Volkes (auch wenn ihre Kleidung nicht mehr den traditionellen Gewändern der Nachtschwestern entsprach – sie hatte einen eigenen Stil gefunden, den sie auf und abseits von Missionen trug), aber Cal hätte schwören können, dass er auch einen leichten Grünstich sah: die Farbe ihrer Nachtschwestern-Magie.

Was Cal natürlich vollkommen verstand und was ihn auch ganz bestimmt nicht nervös machte, kein bisschen.

„Ein Scherz, Merrin“, stellte Cere klar, als sie der jüngeren Frau folgte. „Er hat einen Scherz gemacht.“ Cal nickte ihr zu – seiner Jedi-Meisterin. Es zeugte von ihrer Bescheidenheit, dass Cere so … normal aussah, obwohl sie womöglich die größte überlebende Machtnutzerin in der bekannten Galaxis war. Sie trug ihr gewelltes schwarzes Haar in einer zweckmäßigen Frisur, an den Seiten kurz geschnitten, oben hochgesteckt. Man konnte ihr ansehen, welchen Preis die letzten Jahre auf der Flucht von ihr gefordert hatten; die Tränensäcke unter ihren Augen waren einige Nuancen dunkler als der Rest ihrer rostbraunen Haut. Über ihrer Tunika und den engen Hosen trug sie eine Weste mit zahlreichen Taschen, ähnlich der von Cal, und ihre Stiefel verursachten auf der Rampe kaum einen Laut.

Das war eine Fähigkeit, die Cal noch nicht beherrschte. Aber er fand sie ziemlich beeindruckend.

„Das war nicht lustig“, sagte Merrin. Cal war ziemlich sicher, dass das ihre eigene Vorstellung von einem Witz war.

Oder zumindest hoffte er es.

„Wenn wir uns an den Plan halten, sollten wir uns frei bewegen können, ohne dass die Brut uns entdeckt“, sagte Cere, während sie ihre Ausrüstung überprüfte. „Und wir brauchen diese Freiheit, wenn wir die Basis eliminieren wollen. Die Brut startet von hier aus verheerende Angriffe auf die benachbarten Systeme. Sie verletzt unschuldige Wesen, und sie wird nur noch dreister, je länger man sie weiter gewähren lässt. Also erledigt eure Aufgabe und kommt in einem Stück wieder zurück. Verstanden?“

Cal nickte. „Verstanden.“

„Ja“, stimmte Merrin zu.

Bwee duup, verkündete BD.

„Gut“, sagte Cere. Sie vergewisserte sich, dass ihr Lichtschwert an ihrer Hüfte festgeschnallt war. „Dann lasst uns diesen Felsklumpen zur Hölle jagen.“

2. KAPITEL

Merrin konnte es kaum erwarten, dass dieser Tag endlich vorbei war.

Nach der Landung auf dem Asteroiden hatten sich alle an ihre individuellen Aufgaben gemacht: Cal arbeitete sich von unten zum Ziel vor, Merrin von oben, Cere kümmerte sich um die Technik, und Greez war auf dem Schiff geblieben, bereit, sie schnellstens von hier fortzubringen. Nun stand Merrin auf dem Dach der Brut-Basis … und knirschte mit den Zähnen.

Die Brut war ein Ärgernis, ein Ungeziefer, das sich weigerte, zu sterben oder zumindest sich andere Beute zu suchen. Missionen wie diese waren ein notwendiger Teil des Lebens auf der Mantis. Es war schwierig, sich auf ihre eigentlichen Ziele zu konzentrieren, wenn immer wieder ein Droiden-Kopfgeldjäger namens Blorp (Greez hatte gesagt, dass das sein Name wäre) aufkreuzte und versuchte, ihnen in einem unerwarteten Moment den Kopf wegzublasen.

Aber für Merrin waren sie eine Ablenkung von ihrer größeren, wichtigeren Mission: die Vernichtung derjenigen, die Merrins Herz zu Staub zermahlen hatten. Egal, um welchen Preis.

Doch die Blorps der Galaxis holten sie wieder einmal ein, und so kam es, dass sie hier auf einem toten Felsen am Äußeren Rand saßen und versuchten, ihr eigenes Kopfgeld von den Jägern einzufordern, die sie verfolgten. Was sollten sie sonst auch tun?

„Findet es sonst niemand seltsam, dass der äußere Ring verlassen ist?“, fragte Merrin per Kom.

„Die sind wahrscheinlich alle in der Cantina und blau wie Skeezumps.“ Merrin hörte Greez’ Stimme klar und deutlich. Sie stellte sich vor, wie er auf der Mantis saß, die Füße auf dem Armaturenbrett, während er darauf wartete, dass der Rest des Teams seine Arbeit erledigte.

„Was, in der Galaxis, ist ein Skeezump?“ Cal klang atemlos. Wahrscheinlich hing er in diesem Moment irgendwo an einer felsigen Klippe, mit nichts als Tausenden Metern leerer Luft unter sich.

„Na, ein Skeezump eben“, sagte Greez, als ob das alle ihre Fragen beantworten würde. „Gibt’s die etwa nicht da, wo ihr herkommt?“

Cere atmete unbeeindruckt aus. Sie steckte gerade bis zu den Ellbogen in den mechanischen Eingeweiden der Brut-Basis, irgendwo an der steilen Felswand, wo BD das Sensorsystem gehackt hatte. „Nein.“

„Auf Lateron sind sie überall“, erklärte Greez mit neuem Enthusiasmus. „Pelzige, kleine Dinger. Irgendetwas an ihrer Verdauung lässt alles, was sie essen, fermentieren. Sie sind Tag und Nacht wie von Sinnen. Keine guten Haustiere.“

Während Merrin dem Geplapper der Besatzung lauschte, ging sie über das Dach der Basis und suchte den Boden nach irgendetwas ab, das wie ein Eingang aussah. Nachdem sie gelandet waren und sich mit Cal getroffen hatten, war er über die spindeldürre Brücke losgerannt, die den äußeren Ring mit der zentralen Basis verband, und dann hatte er sich kopfüber vor der steilen Felswand hinuntergestürzt, die den Komplex stützte. Nun krabbelte er im unteren Teil der Basis herum und suchte nach einem anderen Weg ins Innere – einem Weg, der möglichst wenig Aufmerksamkeit und Blasterfeuer auf die Crew der Mantis lenken würde. Merrin hatte derweil ihre verbliebene Nachtschwesternmagie mobilisiert: Sie hatte sich unsichtbar gemacht, während sie auf das Dach der Basis geklettert war, um ebenfalls nach einem Weg zu suchen.

Es war immer von Vorteil, mehr als einen Ein- oder Ausgang zu haben. Wer sich bei einer Infiltrationsmission auf einen einzigen Fluchtweg beschränkte, forderte das Schicksal heraus. Zum Glück war Cere eine Technikspezialistin: Sie hatte ein Auge auf die Mechanismen, die die Basis am Laufen hielten, und sie konnte jeden Turbolift aktivieren, jede Tür blitzschnell öffnen … alles, worum BD-1 sich nicht kümmern konnte, weil er zu weit entfernt oder das System zu komplex war. Greez wartete unterdessen mit schnurrendem Antrieb auf dem Schiff – praktisch ihr Fluchtfahrer. Falls alles nach Plan lief, würden sie weit, weit weg von diesem Ort sein, wenn er vom Vakuum zerquetscht wurde.

Ihre kuriose Truppe hatte sich im Laufe der Jahre einen Rhythmus angewöhnt. Sie hatten nicht die Macht einer Armee hinter sich; sie waren eher – wie hatte Cere es doch genannt? – ein Stoßtrupp, der schnell und unauffällig zuschlagen und wieder verschwinden konnte und so viel Zerstörung wie nur möglich zurückließ. Greez war ihr eigentümlicher kleiner Pilot, der beste, den Merrin kannte (obwohl sie zugegebenermaßen nicht allzu vielen Piloten begegnet war, seit sie Dathomir verlassen hatte), allzeit bereit, sie in eine brenzlige Situation hinein- oder aus einer brenzligen Situation herauszufliegen. Es gab immer irgendetwas, worüber er sich beschwerte, aber das hielt ihn nicht davon ab, seine Arbeit zu machen.

Dann war da BD-1, der kleine Droide, der so abstoßend niedlich war, dass Merrin ihn am liebsten umarmt hätte, bis er vollständig zerquetscht wäre (bislang begnügte sie sich aber damit, ihn regelmäßig zu beleidigen). Cere, die eine eindrucksvolle Verbindung mit der Macht hatte, war die Ausgeglichenste der Gruppe – diejenige, die das große Ganze im Auge behielt. In diesem Universum kam sie für Merrin einer älteren Schwester am nächsten.

Und dann war da natürlich Cal, ein weiterer überlebender Jedi, der sich mit einer Nachtschwester verbündet hatte. Zusammen waren sie das Licht und die Dunkelheit. Cal war der Stern, der Merrins Schatten erhellte. Sein ernstes Gesicht war blass für einen Menschen und mit dunkleren Flecken übersät. Die Narben auf seiner Nase und seiner Augenbraue zeugten von einem harten Leben. Sein Haar wirkte wie poliertes Kupfer, und er hatte es so perfekt nach oben gestrichen, dass es der Schwerkraft zu trotzen schien. Ein Lächeln fiel ihm ebenso leicht wie seine Verbindung zur Macht.

Das musste schön sein.

In den letzten Jahren hatte Merrin fast jedes Mal, wenn sie ihn anblickte, etwas anderes in Cal gesehen. Manchmal war er der abgebrühte, auf Rache sinnende Krieger und Anführer ihrer Crew, dann wieder der verängstigte und einsame Jedi auf der Flucht, auch wenn er sein Bestes tat, Letzteres zu verbergen. Er war hingebungsvoll, aber seine Loyalität galt ebenso seiner Mannschaft wie seiner Sache. Er war … süß.

Und das machte ihn irgendwie auch nervig.

Merrin hatte die meiste Zeit ihres Lebens unter Dathomirianern gelebt, bis ihr Clan während jener Periode, die Cal die Klonkriege nannte, brutal dezimiert worden war. Davor hatte sie hauptsächlich andere Nachtschwestern und auch den ein oder anderen Nachtbruder gekannt. Danach war sie lange allein gewesen, ehe der gefallene Jedi Taron Malicos und seine Sekte der Nachtbrüder Merrin mit ihren Versprechungen in den Bann geschlagen hatten.

Nach ihrer weitgehend homogenen Erziehung und einem Leben, in dem sie hauptsächlich mit anderen Dathomirianern zu tun gehabt hatte, war ihr die Crew der Mantis wie ein bunt zusammengewürfelter Haufen erschienen – und diesen Eindruck hatte sie noch immer. Aber ihre Unterschiede machten sie zu einer fast unschlagbaren Kraft. Sie waren in ihrem Ziel vereint, und jeder brachte seine eigenen Stärken in den Kampf ein.

Oder zumindest nahm Merrin an, dass sie vereint waren. Es war nicht so, als würden sie oft darüber sprechen. Vielmehr schien jeder davon auszugehen, dass sie alle dasselbe wollten. Sie waren nicht gut darin, ihre Herzen auszuschütten. Merrin hatte nicht mal gewusst, dass man sein Herz ausschütten konnte, bis Cal ihr erklärt hatte, was damit gemeint war. Das war ganz am Anfang gewesen, als er sie unbeholfen nach ihren Schwestern gefragt hatte, um ein emotionales Band zu knüpfen.

Merrin seufzte, als sie den Rest des Daches absuchte; nicht mal hier schien sie Glück zu haben.

„Kein Zugang aus diesem Bereich“, unterbrach sie das Geplapper ihrer Crew. Auf diesem Teil des Daches gab es keine Lüftungsschächte oder anderen Zugangspunkte. Sie würde die Suche also anderswo fortsetzen müssen. „Ich rücke zur nächsten Position vor.“

Merrin spähte über den Dachrand auf die darunterliegende Ebene des Stützpunkts hinab. Die Basis war im Laufe der Zeit eindeutig erweitert worden. Sie entdeckte neue Anbauten in verschiedenen Höhen. Das Dach direkt unter ihr war nicht begehbar. Zu viele Gitter, die heißen Dampf ausstießen, zu viele messerscharfe Kanten und Lücken, die selbst für Cal zu groß wären.

Aber Merrin hatte ihre eigenen Mittel und Wege.

Obwohl sie während der letzten Jahre mit ihren Kräften … gehadert hatte, gab es doch eine Fähigkeit, die kein bisschen schwächer geworden war, nämlich die, zu verschwinden und unbemerkt über das Schlachtfeld zu schleichen. Ein Teil von ihr fragte sich, ob es daran lag, dass sie sich aus der Welt ausblendete. War es deswegen das Einzige, was ihr wirklich leichtfiel? Und falls ja, war dies vielleicht der Weg, auf dem sie bleiben sollte?

Aber dieser Gedanke war gefährlich. Außerdem hatte Merrin noch eine Mission zu erledigen. Und ihre Mission war wichtig.

Ihre Magie zu benutzen war nicht mehr so einfach wie zuvor. Das Beschwören, das Manipulieren von Dingen außerhalb ihrer selbst, das Projizieren ihrer Macht … Es wurde immer schwieriger, das Feuer in ihren Handflächen zu entfachen, so wie sie es früher getan hatte. Aber zu verschwinden und umherzuschleichen, das war eine Gabe, die sie nie im Stich gelassen hatte. Wenn ihr physischer Körper beteiligt war, schien Merrin leichter auf ihre Verbindung zurückgreifen zu können.

Und so schloss sie nun die Augen. Sie zwang sich, unsichtbar zu werden. In der Dunkelheit leuchtete alles im glühenden Grün von Dathomirs Kern – im Grün der Magie, die durch Merrins Adern floss.

Sie spürte, dass sich die sichtbaren Teile ihrer selbst auflösten wie Pergament, das ins Feuer geworfen wurde.

Einen Moment lang brannte sie, verzehrten sie die Flammen von innen heraus. Es war einer der wenigen Augenblicke, in denen Merrin sich wirklich mit sich selbst verbunden fühlte. Jeder Nerv pulsierte unter dem Eindruck, ins Nichts zu versinken. Sie spürte alles.

Und dann … spürte sie nichts mehr.

Aber dieser Moment währte nie lange genug, um es wirklich zu genießen. Und selbst wenn doch, würde sie sich später nicht mehr daran erinnern. Merrin war immer der Meinung gewesen, dass das Unsichtbarwerden vergleichbar war mit Einschlafen. Wenn man einschlief, hatte man später keine Erinnerung mehr daran, weggedöst zu sein. Ihre Kräfte erlaubten es ihr, schneller zu rennen, höher zu springen, instinktiver zu reagieren, aber wenn sie unsichtbar war, fühlte es sich an, als würde sie nichts davon wirklich erleben. Wenn man keine sichtbare physische Form hatte, gab es eben auch weniger, was die Eindrücke der Welt um einen herum für das Gehirn festhalten konnte. Man … existierte einfach nicht.

Bis man wieder aufwachte.

Die Realität kehrte schlagartig zurück, als sich Merrins Körper in Asche und Flammen materialisierte. Es war immer wieder verwirrend, egal, wie oft Merrin verschwand und nach einem übermenschlichen Sprung wiederauftauchte. Das Gehirn brauchte eine Sekunde, um sich anzupassen – selbst das Gehirn einer Hexe.

Sie befand sich jetzt am anderen Ende des Dachs, und rings um sie stob Dampf aus mehreren Lüftungsgittern. Der Saum ihrer langen roten Tunika wurde sofort von den Luftstößen erfasst und flatterte nach oben in Richtung ihrer Brust. Merrin legte einen Arm über ihre Augen, um sie vor den Splittern zu schützen, die ebenfalls mit nach oben geblasen wurden.

„Ich habe die zentrale Wärmeverteilung gefunden“, meldete sie. „Cere?“

„Schon dabei“, kam die Antwort in Sekundenschnelle.

Cal atmete schwer in sein Kom. Merrin stellte sich vor, wie er seitwärts über eine vertikale Wand rannte, auf die nächste zusprang und sich festklammerte. „Ich wünschte, du könntest mir das beibringen“, sagte er, seinem Tonfall nach nur halb im Scherz.

„Deine Haare würden jedes Mal in Flammen aufgehen“, erwiderte Merrin, während sie darauf wartete, dass Cere eines der Entlüftungssysteme abschaltete. „Du würdest von oben nach unten verschwinden, einfach verzehrt von …“

„Wo, zum Teufel, kommst du denn her?“, unterbrach sie eine Stimme hinter ihr.

Merrin wirbelte herum und sah sich der Mündung eines Flammenwerfers gegenüber. Die Kopfgeldjägerin dahinter trug einen dieser hässlichen Eimerhelme und hatte ein schweres Jetpack auf dem Rücken. Merrin hätte nicht zu sagen vermocht, wie viel von ihr noch aus Fleisch und Blut bestand und wie viel aus Schaltkreisen.

Deremo. Verdammt. Ein dummer Fehler. Cere …

Den Göttern von Dathomir sei Dank, dass Cere so in die Macht eingebunden war. Es war, als wüsste sie genau, was Merrin wollte, bevor sie die Worte überhaupt aussprechen konnte. Ein überhitzter Dampfstrahl explodierte aus dem Lüftungsschacht direkt zwischen Merrin und der Söldnerin. Das verschaffte ihr gerade genug Zeit, um sich in Flammen aufzulösen.

Sie rannte los und tauchte hinter der Jägerin wieder auf, während diese noch von dem Lüftungsgitter zurücktaumelte. Merrin warf einen Blick auf den Rücken der Jägerin. Sie trug dort einen Treibstoffkanister, der sowohl mit ihrem Jetpack als auch mit ihrer Waffe verbunden war.

Apropos dumme Fehler …

Mit einem blitzschnellen Sprung stürzte Merrin nach vorn, dann riss sie das Verbindungskabel von der Brennstoffzelle ab. Der flüssige Brandbeschleuniger spritzte auf die Beine der Kopfgeldjägerin und den Boden, während die Frau den Finger auf den Abzug des Flammenwerfers legte. Merrin verschwand und tauchte gerade rechtzeitig auf einem erhöhten Sims auf, um zu sehen, wie sich die Chemikalien an den Füßen der Jägerin entzündeten.

Sie wandte den Blick nicht ab, als die Jägerin von den Flammen verschlungen wurde, die sie eigentlich hatten schützen sollen.

Als ihre Schreie verstummt waren, hüpfte Merrin wieder vom Sims. Die verkohlten Überreste rochen … nun ja, sie erinnerten Merrin an zu Hause.

Sie lächelte.

„Danke“, sagte sie in ihr Kom. Sie wusste, dass Cere zuhörte. „Ich gehe jetzt rein.“

Das Metall des Lüftungsschachts fühlte sich noch immer warm unter Merrins Handflächen an, als sie sich durch das Belüftungssystem zum zentralen Kern des Hauptquartiers der Brut hinunterschlängelte. Es war nicht der engste oder schmutzigste Schacht, durch den sie in ihrer Zeit als Mitglied der Mantis-Crew hatte kriechen müssen, aber trotzdem … Durch Lüftungsschächte zu robben, war nie angenehm.

Aber das Motto dieser Mission lautete: schnell, leise und simpel. Es wäre dumm gewesen, sich durch Horden von Kopfgeldjägern zu kämpfen, wenn es auch anders ging. Dieser Stützpunkt hatte die nahe gelegenen Systeme des Äußeren Randes über Zyklen hinweg terrorisiert, ganz zu schweigen davon, dass unzählige Mitglieder der Haxion-Brut von hier aus Jagd auf die Mantis gemacht hatten. Cere hatte es als „sehr tugendhaft“ bezeichnet, würden sie diese Basis zerstören, aber Merrin wäre schon zufrieden, wenn sie nicht mehr ständig den Atem der Brut im Nacken spüren würden.

Die meisten Mitglieder der Bande sollten hier sein, schließlich hatten sie gerade erst einen Raubzug beendet. Je eher sie diesen Ort zurück in die Hölle schickten, wo er hingehörte, desto besser. Und der einfachste Weg, das zu tun – und um zu verhindern, dass irgendwelche Idioten auf die glorreiche Idee kamen, den zerstörten Planeten neu zu besiedeln –, war, Sprengladungen im Inneren der Basis zu platzieren, dort, wo sie maximale Zerstörung anrichten würden, sie zu zünden und zu fliehen.

Effizient. Genauso, wie es Merrin gefiel. Besonders an Tagen, die sie schnellstmöglich hinter sich bringen wollte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der sie sich auf dem Bauch vorwärtsschob – es würde eine weitere gefühlte Ewigkeit dauern, die Fettflecken aus ihrer Tunika zu kriegen –, entdeckte sie endlich das Ende des Lüftungssystems, genau dort, wo Greez es während der Besprechung vor der Mission verortet hatte. Perfekt.

„Ich bin fast in Position“, sagte sie.

„Dito“, meldete sich Cals Stimme nur einen Moment später. „Wir kommen von unten rein. Lass uns die besten Stellen für die Sprengladungen auskundschaften und …“

Cal verstummte.

Merrin runzelte die Stirn. Sonst war es doch fast unmöglich, Cal zum Schweigen zu bringen.

„Und …?“, fragte sie in der Hoffnung, dass der Empfang ihres Koms nur kurz unterbrochen gewesen war.

Noch immer Stille. Merrin robbte weiter nach vorn, in Richtung des Lüftungsgitters.

Cals Stimme meldete sich wieder, diesmal leiser. „Ich glaube, ich weiß, warum der äußere Ring so verlassen war.“

Mit einem Ächzen schob sich Merrin unter das Gitter. „Ach ja?“ Sie griff nach den Maschen und zog sich hoch, um in den Raum über ihr zu spähen. „Und warum ist …“

Sie brauchte ihren Satz nicht zu beenden.

Der mittlere Teil der Brut-Basis – die Cantina – platzte förmlich aus den Nähten. Merrin sah zwei Gruppen, durch ihre Kleidung in Dunkel und Hell getrennt wie die beiden Seiten einer Münze. Auf einer Seite der Bar saßen alle Mitglieder der Brut, die sich derzeit in der Basis aufhielten. Kopfgeldjäger, Kommandosoldaten, Kopfgelddroiden, dunkel und ölverschmiert und schmutzig und … genauso, wie man sich die Brut eben vorstellte. Vorsichtig nippten sie an ihren Getränken.

Und auf der anderen Seite der Bar, strahlend wie die Sonne an diesem düsteren Ort: eine Legion heller, weiß glänzender Sturmtruppler. Sie standen einfach nur da, so als ob sie ein nettes Gespräch führen würden. Einer von ihnen trank sogar, auch wenn er dafür einen Strohhalm durch eine kleine Öffnung an der Vorderseite seines Helms schieben musste.

Sturmtruppler. Mitten in der Bar der Haxion-Brut.

„Oh“, machte Merrin. Sie klang wie das reinste Genie. „Das ist neu.“

Es gab eigentlich nicht mehr viel, was Cal Kestis aus dem Konzept bringen konnte.

Nach so vielen Jahren auf der Flucht vor dem Imperium, der Brut und wen Greez sonst noch gegen sich aufgebracht hatte, hatte Cal das Gefühl, dass ihn praktisch nichts mehr überraschen konnte. Nicht zu vergessen, dass ihn seine Verbindung mit der Macht für gewöhnlich warnte, wenn etwas Übles im Verzug war. Einen Jedi überrumpelte man eben nicht so einfach. Da dieser mit der Energie von allem anderen verbunden war, reichte es eben nicht, sich auf Zehenspitzen anzuschleichen.

So funktionierte das nicht.

Daher fühlte es sich fast wie eine willkommene Abwechslung an, wenn Cal doch mal unvorbereitet war. So wie jetzt, als er all die Sturmtruppler in dem Stützpunkt der Brut entdeckte. Es war irgendwie … erfrischend.

Ein Wort, das man normalerweise nicht mit Sturmtrupplern in Zusammenhang brachte.

Cal ließ den Blick kurz durch die Cantina schweifen und spürte, wie sich BD-1 dabei über seine Schulter beugte, um bessere Sicht zu haben. Nach einer gefährlichen und unsicheren Kletterpartie über den Felsturm, auf dem die innere Basis thronte, hatte Cal eine Art Dienstboteneingang gefunden, der weit unter dem Stützpunkt im Gestein des Asteroiden verborgen lag. Bewacht hatte ihn ein Brut-Kommandokämpfer mit grünem Helm. Nachdem Cal ihn ausgeschaltet hatte, war es ein Leichtes gewesen, sich in den unteren Versorgungsraum zu schleichen, wo eine Leiter zu einer Luke unter der Bar hochführte.

Cal hatte die Falltür gerade so weit angehoben, dass er hindurchspähen konnte, ohne unerwünschte Aufmerksamkeit zu erregen. Von seinem niedrigen Aussichtspunkt aus sah er vor allem eines, nämlich eine Menge Füße. Auf der einen Seite der Bar, der Seite mit den Flaschen, war es eine bunte Mischung aus Stiefeln, kybernetischen Füßen und Droidenbeinen, auf der anderen Seite ein Wald aus weiß glänzenden Stiefelüberzügen aus diesem schönen Plastoid, das zuckersüß roch, wenn es mit der Spitze eines Lichtschwerts in Berührung kam – ein Geruch, den Cal bereits viel zu oft in der Nase gehabt hatte. Er zählte hastig: vielleicht zehn Kopfgeldjäger, also in etwa so viele, wie sie erwartet hatten, und mindestens doppelt so viele Soldaten. Definitiv zu wenig, um es mit einem Jedi und einer Hexe aufzunehmen.

Mit uns.

Während er sich einen Weg zu dieser Anlage gebahnt hatte, war da ein Prickeln an den Rändern seiner Wahrnehmung gewesen. Es hatte sich angefühlt, als würde etwas mit der Luft nicht stimmen, als hätte sich die Atmosphäre des Asteroiden auf eine Weise verdichtet, die Cals Sinne überforderte. Das Gefühl erinnerte an die Vorboten einer Migräne oder eine Reizüberflutung. Er hatte zum Glück schon früh gelernt, dieses Prickeln in seinen Hinterkopf zu verbannen, damit er sich weiter auf seine Aufgabe konzentrieren konnte, selbst wenn in der Galaxie nicht alles in Ordnung war.

Denn wie sich herausgestellt hatte, gab es praktisch immer etwas, was in der Galaxis nicht stimmte.

Darum hatte Cal sich auch nichts dabei gedacht, als sich dieser Schatten über seine Verbindung mit der Macht gelegt hatte. Immerhin befand er sich in einem Stützpunkt der Haxion-Brut, auf einem toten Felsen mitten im Nichts. Es wäre seltsam gewesen, wenn sich in der Macht alles richtig angefühlt hätte.

Jetzt erkannte er, dass sie ihn vor einer ganzen Einheit von Sturmtrupplern im Innern der Cantina hatte warnen wollen.

Ups.

Trotzdem war es schön, ab und zu überrascht zu werden.

„Was machen die denn hier?“, fragte Merrin.

„Ist etwas passiert?“, fragte Greez fast im selben Moment.

„Sturmtruppler.“ Cal antwortete zuerst.

„Das ändert nichts, wir halten uns an den Plan“, entschied Cere per Kom.

Greez blies die Luft zwischen seinen Lippen hervor und ließ einen Seufzer folgen. „Warum nicht? Ich meine, was könnte schon schiefgehen?“

„Was tun sie?“ Merrin klang eher neugierig als beunruhigt.

„Das spielt keine Rolle.“ Offensichtlich teilte Cere ihre Neugier nicht. „Bringt die Ladungen an und zieht euch zur Mantis zurück.“

„Du willst wirklich nicht wissen, was sie hier machen?“, fragte Cal, während er über seine nächsten Schritte nachdachte. Er hatte Pläne schon so oft im Handumdrehen ändern müssen, dass es ihm zur Gewohnheit geworden war. „Es waren keine imperialen Schiffe in Reichweite. Wir hätten sie mit den Sensoren erfasst.“

„Ähem“, schaltete sich Greez ein. „Hier gibt es eine Menge herumtrudelnder Felsen, hinter denen man sich verstecken kann. Ich hab auch nur zwei Augen.“

„Natürlich will ich es wissen.“ Ceres Stimme war angesichts der Umstände bemerkenswert ruhig, als sie Cals Frage beantwortete. „Aber was sollen wir denn tun? Sie fragen? Bringt einfach die Ladungen an und haut ab. Wir sind nicht wegen ihnen hier.“

Cal seufzte. Wie immer hatte Cere recht. Er neigte dazu, sich von seinem eigentlichen Ziel ablenken zu lassen. Aber warum sollte er Energie auf einen Kampf verschwenden, den er nicht führen musste?

„In Ordnung“, stimmte er zu. „Lasst uns …“

In diesem Moment wurde die Luke aufgerissen. Ein Mitglied der Haxion-Brut stand über der Öffnung und rief jemandem an der Bar zu: „Keine Sorge, wir haben noch mehr Bantha-Schinken in der Tiefkühltruhe …“

Der Kopfgeldjäger blickte nach unten, erstarrte und blinzelte zu dem Jedi und dem Droiden hinab, die sich an der Leiter zum Vorratsraum festhielten.

Cal starrte zurück

Muss das wirklich sein?

Er grinste. „Hallo, du.“

Die Bar explodierte förmlich vor Aktivität – nicht die Art Explosion, die Cal und die Crew geplant hatten.

Der Kopfgeldjäger brüllte „Jedi!“, gefolgt vom Geräusch zahlloser Waffen, die entsichert wurden, dann stampfende Schritte auf Cals Augenhöhe. Befehle, verzerrt durch die Sprachfiltereinheiten der Sturmtruppler. Das Surren von Droidenrädern. Das Klirren von Gläsern, die auf dem Boden zerschellten.

Lauter als der zunehmende Lärm über ihm war aber Merrins Stimme aus dem Kom: „Perfekt!“

Ausnahmsweise klang sie nicht sarkastisch.

Cal katapultierte sich von der Leiter hoch und stieß sich auf dem höchsten Punkt seines Sprungs mit der Macht ab, sodass er noch höher flog, über den Kopf des verwirrten Kopfgeldjägers hinweg, bevor der Söldner auch nur nach seiner Waffe greifen konnte. Mit einem Salto landete Cal hinter dem Kerl, sein Lichtschwert bereits in der Hand.

Als die blaue Klinge zum Leben erwachte, spürte Cal die Hitze, die auf sein Gesicht strahlte. Die einzige Wärme, die dieser Ort je erfahren hatte.

Cal hieb seine Klinge schräg nach vorn, zog sie dann wieder zurück und nutzte den Schwung, um sich zu drehen und eine zweite rauchende Linie über den Rücken des Jägers zu ziehen, während er sich mit der anderen Hand auf dem Boden abstützte. Der Kopfgeldjäger kippte durch die offene Luke wie ein Sack Ziegelsteine – kybernetisch verbesserte Ziegelsteine, aber trotzdem –, während Cal wieder auf die Füße sprang und sein Lichtschwert in Angriffshaltung drehte, um sich dem nächsten Gegner zu stellen.

Dabei konnte er aus einem ganzen Raum voller verblüffter Sturmtruppler wählen, die nicht damit gerechnet hatten, dass sie in einer Basis der Haxion-Brut auf einem toten Felsen am Äußeren Rand auf einen Jedi treffen würden – und das inmitten eines Haufens Kopfgeldjäger, die alle darauf brannten, die Belohnung für Cals Kopf einzustreichen.

Ein Kampf gegen die Brut und die Sturmtruppler? Zur gleichen Zeit? Die Chance, echten Nervenkitzel zu erleben und mehr zu tun, als nur herumzuschleichen und Anschläge zu verüben? Dem Imperium einen Nasenstüber verpassen und gleichzeitig seine Mission erfüllen?

Okay, heute war wirklich ein guter Tag.

Cal verschwendete keine Zeit. Er spürte, wie sich sein Geist ausstreckte und der Macht öffnete, wie die Energie durch ihn hindurch und um ihn herum strömte, und er fühlte sich vollkommen unaufhaltsam. Er versuchte, nicht zu übermütig zu werden, aber he, er war noch keinem Sturmtruppler begegnet, den er nicht besiegen konnte.

Cal duckte sich, um mehreren Blasterschüssen zu entgehen, dann streckte er eine Hand aus und konzentrierte sich gerade lange genug auf die Macht, um sie zusammenzuziehen. Als er die Energie dann von sich fortstieß, wurde eine ganze Gruppe von Soldaten nach hinten gegen die Wand geschleudert. Ein Blitz in seinem Kopf, eine Warnung: Cal wirbelte herum und wehrte den Blasterstrahl eines Kopfgeldjägers mit dem Lichtschwert ab. Seine Sinne waren noch immer teilweise auf den Wall aus Sturmtrupplern gerichtet, darum spürte er, dass Merrin aus ihrem Lüftungsschacht hochgesprungen war, um die Imperialen auf ihre eigene Art zu erledigen.

Die Hexe wurde manchmal sogar ihm unheimlich, daher wollte sich Cal gar nicht vorstellen, wie sich die Sturmtruppler fühlten, die Merrin in ihren letzten Momenten vor sich sahen.

Der Jäger, der auf Cal geschossen hatte, griff nach der Düse seines Flammenwerfers, aber Cal gab ihm keine Gelegenheit, die Waffe einzusetzen. Er stürzte sich mit einem kräftigen Hieb nach vorn, um den Kerl endgültig zu erledigen.

Ihm blieb leider keine Zeit, sich zu freuen, denn von rechts pflügte einer der Lastendroiden der Brut auf ihn zu. Die Maschine hatte einen kantigen und unglaublich schweren Mittelteil – im Grunde war sie nur ein riesiger Ziegelstein mit zwei Armen und Beinen –, und sie prallte so hart gegen Cal, dass er durch die Wand der Cantina ins Freie geschleudert wurde. Er landete hart auf dem Rücken. Kurz hoffte er, dass BD es geschafft hatte, rechtzeitig abzuspringen. Nachdem er die Orientierung wiedergefunden hatte, blickte er nach links.

Wo nichts zu sehen war. Er lag am Rand des Abgrunds, der die innere Basis umgab. Der Wind zupfte an ihm. Cal schluckte.

Der Lastendroide griff wieder an. Cal wich im allerletzten Moment aus und sah zu, wie der Droide abzubremsen versuchte … kurz bevor er den Rand der Klippe erreichte.

Einen Moment lang wankte er balancierend über dem Abgrund. Dann streckte Cal einen Arm aus und schickte den Droiden mit einem kleinen Schubs in die Tiefe.

Er war sich ziemlich sicher, dass er ein langsam verklingendes „Kaaaaaaaark …!“ aus dem Vocoder der Maschine hörte, als sie in ihr Verderben stürzte.

Cal hielt den Atem an und blickte durch das Loch, das er in die Wand der Cantina gerissen hatte. Merrin behauptete sich gegen die Soldaten, aber er hatte nichts anderes erwartet. Sie verschwand hier und tauchte dort wieder auf, so schnell, dass die Soldaten nur einander trafen und nicht die Hexe. So dezimierten sie sich auf ebenso leichtsinnige wie methodische Weise selbst.

Cal hatte nur sehr selten erlebt, dass Sturmtruppler präzise zielten, und selbst dann nur, wenn sie versehentlich aufeinander schossen.

Ein Piepton und ein Trillern neben ihm. Es war BD-1, der tatsächlich in letzter Sekunde von seinem Rücken gesprungen war. Der kleine Droide hob den Kopf, und ein grün leuchtender Kanister flog aus einem seiner vielen Ausrüstungsfächer. Cal fischte den Stim-Injektor aus der Luft und stach ihn in seinen anderen Arm, ohne lange darüber nachzudenken (niemand mochte Nadeln, aber seit einer schlechten Erfahrung mit einem tollwütigen Dianoga hasste Cal sie ganz besonders). Er spürte, wie sich das Stim kühl und wohltuend in seinen Adern ausbreitete, als würde er nach einem harten Training in ein Eisbad sinken. Die blauen Flecken auf seinem Rücken begannen zu verblassen, seine müden und verletzten Muskeln gewannen neue Kraft, und sein Herz schlug schneller. Die Kombination aus Stimulanzien und heilenden Flüssigkeiten war genau das, was Cal gebraucht hatte, um wieder auf die Beine zu kommen.

„Was würde ich nur ohne dich tun, Kumpel?“, fragte er seinen Droiden.

Bwii biep, stimmte BD zu. Er kletterte wieder auf Cals Schulter, wobei seine kleinen Krallenfüße auf vertraute und beruhigende Weise über Cals Rücken kratzten, bis der Droide die richtige Position gefunden hatte.

„Ich will nicht die Spaßverderberin sein, aber es wird langsam eng.“ Ceres Stimme hallte laut aus dem Kom. „Lasst die Ladungen zurück und raus da!“ Sie musste schreien, um die Kampfgeräusche zu übertönen. „Zurück zur Mantis, jetzt sofort!“

Cal kam wieder auf die Beine, bereit, die Anweisung zu befolgen.

Aber auf dem Weg könnte er doch sicher noch ein paar weitere Schwerthiebe austeilen, oder?

„Die Sturmtruppler gehören mir!“, erklärte Merrin. Von seiner Position auf dem schmalen Felsvorsprung vor der zertrümmerten Außenwand der Cantina aus konnte Cal sie bei ihrem blutigen Werk beobachten. Sie hatte bereits einen beträchtlichen Teil ihrer Gegner ausgeschaltet. Das war verdammt beeindruckend.

Andererseits war fast alles, was Merrin tat, beeindruckend. Sie war regelrecht inspirierend.

Inspirierend und manchmal ein bisschen unheimlich. Cal wusste, dass Merrin ihre Wut auf die Separatisten, die Dathomir verwüstet hatten, an den Soldaten ausließ, und er verstand das Bedürfnis, Emotionen ein Ventil zu geben. Er wusste aber auch oder ahnte es zumindest, dass Merrins Magie irgendwie mit der Dunklen Seite verbunden war. Und er wusste, wohin ein rachsüchtiges Herz einen Menschen führen konnte. So beeindruckend Merrin auch war, er konnte nur hoffen, dass ihre seelischen Wunden allmählich verheilten.

Während Cal die Sprengladungen von seinem Gürtel löste und sie in die Luke warf, durch die er hochgeklettert war, sah er Merrin durch ein Loch an der hinteren Wand verschwinden – vermutlich war es entstanden, als Cal vorhin die Sturmtruppler zurückgeschleudert hatte. Die verbliebenen Imperialen nahmen postwendend die Verfolgung auf. Cal wusste, dass Cere der Dathomirianerin helfen würde, falls die Soldaten ihr echte Probleme machten, aber er bezweifelte, dass es so weit kommen würde. Es waren ja nicht einmal Auslöschungstruppler – jene Elitesoldaten, die die Inquisitoren des Imperiums begleiteten.

Somit waren nur noch Cal und die Kämpfer der Haxion-Brut übrig.

Er wischte sich den Staub von den Händen und ging zurück in die Cantina, um den Kopfgeldjägern gegenüberzutreten. Da waren Jäger, aufgerüstet mit Droidenimplantaten, Jetpacks und Flammenwerfern. Da waren Elitekrieger mit ihren massiven Schilden und Blendgranaten. Und da waren Kopfgelddroiden, brutal stark und für den Angriff gebaut. Sie alle warteten nur darauf, dass Cal sich zu einem fairen Kampf stellte.

Das konnten sie haben.

Cal zwinkerte den Jägern zu.

Dann hielt er sein Lichtschwert vor sich und zündete die zweite Klinge.

3. KAPITEL

Die Kopfgeldjäger zu besiegen, war schwieriger gewesen, als Cal zugeben wollte. Nicht wirklich schwierig, aber schwieriger. Mit der Brut war nicht zu scherzen, und deswegen war es umso wichtiger, diese Basis zu zerstören.

Sie griffen nie einzeln an. Man konnte sich kein sauberes Duell mit einem Gegner liefern, dann kurz durchatmen und sich dem nächsten Kerl zuwenden, der einen umbringen wollte. Nein, natürlich wurde man immer von mehr Gegnern bedrängt, als man Arme hatte – oder überhaupt Gliedmaßen. Sekunde um Sekunde hieß es, töten oder sterben.

Tatsächlich war Cal jedes Mal aufs Neue beeindruckt, wenn er Gegner sah, die auch ohne die Macht gut kämpfen konnten. Er wusste wirklich nicht, wie sie das anstellten.

Als er in die Cantina zurückgekehrt war, sein Lichtschwert nunmehr auf beiden Seiten glühend, hatte er kaum Gelegenheit gehabt, über die Schwelle zu treten, bevor einer der Kopfgeldjäger auch schon eine Blendgranate warf und ein Kommandokämpfer losstürmte. Cal schaffte es mit knapper Not, sich zur Seite zu werfen, bevor ihn der Kerl mit einem Schulterstoß nach hinten über den Klippenrand befördert hätte. Er wehrte noch auf dem Boden zwei Blasterstrahlen ab, dann sprang er auf die Füße und tänzelte nach vorn, die glühende Klinge über dem Kopf erhoben – zumindest, bis sie herabsauste und in einem Wirbelwind aus Hieben die Rüstung des Kommandokämpfers zerfetzte.

Als der richtige Moment gekommen war, ließ Cal den Schwertgriff los, und die Waffe wirbelte einmal im Kreis um ihn herum, wobei sie jeden Kopfgeldjäger in Reichweite traf und die anderen auf Distanz hielt. Sobald das Schwert wieder in seiner Hand landete, zog Cal mit seinen Sinnen an der Macht, und mehrere Gegner taumelten auf ihn zu, direkt in die Flugbahn seines Lichtschwerts, als er es ein zweites Mal im Kreis schwang. Die Gegner gingen zu Boden, und nur ein paar standen wieder auf.

Cal konnte hören, dass ihn einige seiner Widersacher während des Kampfes verhöhnten – die Brut war für ihre Respektlosigkeit und ihre Prahlerei bekannt –, und fast klang es, als erwarteten sie ernsthaft eine Antwort von ihm. Natürlich war das nur ein Trick, um seine Konzentration zu brechen. Außerdem fand Cal, dass Schweigen eine stärkere Waffe war als Beleidigungen. Tatsächlich brachte sein Schweigen ein paar Kopfgeldjäger aus dem Konzept, weil sie sich offenbar fragten, ob der Jedi vor ihnen taub oder einfach nur dämlich war.

Cal hatte kein Problem damit. Es hatte seine Vorteile, unterschätzt zu werden.

Er war daran gewöhnt.