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Unterwegs zu einem Treffen mit der Untergrundbewegung von Circaporus, müssen Luke Skywalker und Prinzessin Leia auf Mimban notlanden - einer von ewigen Nebeln umhüllten Dschungelwelt, die voller Geheimnisse steckt. Dort kommt Luke auf die Spur des sagenumwobenen Kaiburr-Kristalls, der seinem Träger magische Kräfte verleihen soll. Doch er ist nicht der einzige, der dem legendären Kristall nachjagt. Und so sehen sich Luke und Leia plötzlich mit einer Bedrohung konfrontiert, die die Gefährlichkeit der imperialen Schergen bei weitem übersteigt - mit Darth Vader, dem Dunklen Lord selbst.
Ein Star-Wars-Roman angesiedelt in der Zeit nach der Zerstörung des 1. Todessterns.
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Seitenzahl: 294
Wie herrlich ist das Universum, dachte Luke. Wie wundersam fließend, prunkvoll und leuchtend wie die Robe einer Königin. Eisschwarz rein in seiner Leere und Einsamkeit, so unähnlich dem kunterbunten Wirrwarr rotierender Stäubchen, die die Menschen ihre Welten nannten, wo die Menschen-Bakterien gediehen und sich vermehrten und einander niedermetzelten. Und alles nur, damit einer behaupten konnte, er stehe ein wenig höher als seinesgleichen.
In Augenblicken der Bedrückung spürte er die Überzeugung, daß es auf keiner dieser Welten wahrhaft glücklich lebende Materie geben konnte. Nur ein Übermaß an zerstörerischen menschlichen Seuchen, die unaufhörlich gegeneinander kämpften und tobten, eine Folge krebsartiger Zivilisationen, die sich von ihrer eigenen Masse ernähren, nie geheilt werden, aber aus irgendeinem Grund auch nie ganz dem Tod anheimfallen.
Eine besonders giftige Art eines solchen Krebsgeschwürs hatte seine eigenen Eltern getötet, danach noch Tante Beru und Onkel Owen. Und sie hatte ihm den Mann genommen, den er mehr als jeden anderen zu achten gelernt hatte, den alten Jedi-Ritter Ben Kenobi.
Obwohl er selbst gesehen hatte, wie Kenobi auf dem jetzt vernichteten Todesstern vom Lichtschwert Darth Vaders getroffen worden war, gab es keine Gewißheit, daß der alte Jedi auch wirklich tot war. Vaders Säbel hatte zuletzt nur leere Luft hinterlassen. Daß Ben Kenobi diese Daseinsebene verlassen hatte, war unbestreitbar. Aber niemand konnte sagen, auf welche Ebene des Seins er übergetreten war. Vielleicht Tod und ...
Vielleicht auch nicht.
Manchmal hatte Luke eine angenehm kribblige Empfindung, so, als stehe jemand hinter ihm. Diese unsichtbare Anwesenheit schien manchmal für ihn Arme und Beine zu bewegen oder Vorschläge und Gedanken zu liefern, wenn sein eigenes Gehirn hilflos und leer war. Leer wie das des ehemaligen Farmerjungen von der Wüstenwelt Tatooine.
Unsichtbare Geister hin oder her, wenn es etwas gab, dessen er sicher war, dachte Luke grimmig, dann, daß der unreife Junge, der er gewesen, tot und verweht war wie Staub. In der Rebellen-Allianz der Welten, die sich gegen die verbrecherische Herrschaft des Imperiums wehrten, hatte er keinen offiziellen Titel, aber niemand machte sich über ihn lustig oder nannte ihn einen Bauernjungen — nicht, seitdem er mitgeholfen hatte, die von Moff Tarkin und Darth Vader, dem Schwarzen Lord, gebaute protzige Kampfstation zu zerstören.
Luke hatte keine Erfahrung mit Titeln, konnte mit ihnen also auch nichts anfangen. Als die Rebellenführer ihm jede Belohnung boten, die sie gewähren konnten, hatte er nur gebeten, weiterhin im Dienst der Allianz einen Raumjäger steuern zu dürfen. Manche empfanden diese Bitte als unangemessen bescheiden, aber ein weitsichtiger General vertrat die Meinung, daß Luke ohne Titel oder Rang für die Rebellion von größerem Wert sei, denn große Auszeichnungen würden den jungen Mann zu einem Hauptziel für imperiale Attentatsversuche machen. So blieb Luke der Pilot, der er immer hatte sein wollen, vervollkommnete sein fliegerisches Können und rang unaufhörlich mit der Macht, die im Ansatz zu begreifen Ben Kenobi ihm ermöglicht hatte.
Jetzt war aber nicht die Zeit zum Meditieren, ermahnte er sich, während er die Instrumente seines X-Flüglers überflog. Ein Blick nach vorn zeigte die grell pulsierende Sonnenkugel von Circarpous Major; ihr schrecklich blendendes Leuchten wurde durch das phototrope Material der durchsichtigen Kanzel auf ein erträgliches Maß reduziert.
»Dahinten alles in Ordnung, Erzwo?« rief er ins Mikrofon. Ein fröhliches Piepen des Roboters, der hinter dem Cockpit eingerastet war, versicherte Luke, daß das der Fall war.
Ihr Ziel war der vierte Planet dieses Sterns. Wie so viele andere waren auch die Circarpousier entsetzt über die Greuel, die das Imperium auf dem Gewissen hatte, aber von Angst zu sehr gelähmt, um sich der Rebellen-Allianz offen anzuschließen. Im Lauf der Jahre war auf Circarpous eine überaus aktive Untergrundbewegung entstanden, die nur genug Hilfe und Ermutigung von seiten der Allianz brauchte, um sich zu erheben und ihre Welt der Sache der Freiheit zuzuführen.
Luke und die Prinzessin rasten von der winzigen, versteckten Rebellenstation auf dem äußersten Planeten des Systems zu einer entscheidenden Besprechung mit den Führern der Untergrundbewegung, um das notwendige Versprechen voller Unterstützung zu überbringen. Er warf einen Blick auf seinen Konsolen-Chronometer. Sie würden rechtzeitig zur Stelle sein, um die überaus nervösen Untergrundchefs zu beruhigen.
Als er sich ein wenig vorbeugte und nach Steuerbord blickte, konnte er den eleganten Y-Flügler bewundern, der neben ihm flog. Zwei Gestalten saßen im Cockpit, Silhouetten im Licht der Instrumente. Eine davon war die schimmernd-goldene Gestalt von Dreipeo, dem Dolmetscher-Droiden.
Die andere ... sooft er sie ansah, ließ sie andere Gefühle in ihm aufbrodeln wie Suppe, die zu lange auf dem Feuer steht, gleichgültig, ob sie, wie jetzt, durch das Beinahe-Vakuum von ihm getrennt war oder nur durch Armlänge in einem Konferenzraum. Wegen ihr, wegen Prinzessin und Senatorin Leia Organa, hatte Luke sich der Rebellion überhaupt angeschlossen. Zuerst ihr Bild und dann ihre Person hatten die unwiderrufliche Verwandlung vom Farmerjungen zum Kampfpiloten bewirkt. Nun waren sie beide die offiziellen Abgesandten des leitenden Rates der Rebellen-Allianz zum unentschlossenen Untergrund auf Circarpous.
Ihr einen so gefährlichen Auftrag zu erteilen, war, so hatte Luke von Anfang an gedacht, ein Risiko. Aber ein zweites Planetensystem stand im Begriff, sich der Allianz anzuschließen, wenn bekanntgegeben werden konnte, daß auch Circarpous beigetreten war. Gleichzeitig würde, wenn dieses zweite System erklärte, sich gegen das Imperium zu stellen, auch der Untergrund auf Circarpous sich der Rebellion anschließen. So wartete nicht nur eines, sondern zwei Systeme den Ausgang dieses Unternehmens ab. Und wenn es mißlang, da war sich Luke sicher, würden beide Systeme wahrscheinlich den Mut verlieren und ihre dringend notwendige Hilfe verweigern. Sie mußten Erfolg haben.
Für Luke gab es, während er lautlos die Fluglage des Raumjägers um einen Viertelgrad der Ebene der Solarekliptik anpaßte, keinen Zweifel daran, wie ihr Unternehmen ausgehen würde. Er konnte sich niemanden vorstellen, der von Prinzessin Leia nicht zu überreden gewesen wäre. Ihn vermochte sie von allem zu überzeugen. Luke genoß die Augenblicke, in denen sie Rang und Titel vergaß. Er träumte von einer Zeit, in der sie überhaupt nicht mehr an sie denken mochte.
Ein Pfeifton hinter Luke weckte ihn aus seinen Tagträumen und wischte das Lächeln von seinem Gesicht. Sie standen im Begriff, nah an Circarpous V vorbeizufliegen, und Erzwo machte ihn darauf aufmerksam. Der Planet, eine riesige, wolkenumhüllte Kugel, war in Lukes Datenspeicher als zum größten Teil unerforscht registriert, mit der einzigen Ausnahme einer frühen Erkundungsexpedition des Imperiums. Laut Auskunft des Computers kannten die Circarpousier den Planeten auch unter dem Namen Mimban, und ... Sein Sprechgerät machte sich mit einem Summton bemerkbar.
»Ich empfange Sie, Prinzessin.«
Ihre Antwort klang gereizt.
»Mein Backbordantrieb fängt an, unregelmäßige Strahlenimpulse abzugeben.«
»Ist es schlimm?« fragte er und runzelte sorgenvoll die Stirn.
»Schlimm genug, Luke.« Ihre Stimme klang gepreßt. »Ich verliere schon die Kontrolle, und die Unregelmäßigkeit nimmt weiter zu. Ich glaube nicht, daß ich werde ausgleichen können. Wir werden den ersten Stützpunkt auf Mimban ansteuern und den Schaden beheben lassen müssen.«
Luke zögerte kurz, bevor er antwortete.
»Sie schaffen es auf keinen Fall bis Circarpous IV?«
»Ich glaube nicht, Luke. Ich könnte es vielleicht fast bis zur Umlaufbahn schaffen, aber dann müßten wir uns an amtliche Reparatursysteme wenden und könnten nicht landen wie geplant. Wir würden das Treffen versäumen, und wir dürfen es nicht versäumen! Es werden Widerstandsgruppen aus dem ganzen System Circarpous da sein. Wenn ich nicht erscheine, gibt es eine Panik. Es wird ungeheuer schwer sein, sie wieder zum Auftauchen zu bewegen. Und die Welten von Circarpous sind für die Rebellion lebenswichtig, Luke!«
»Ich glaube trotzdem -«, begann er.
»Zwingen Sie mich nicht dazu, einen Befehl daraus zu machen, Luke!«
Er biß sich auf die Zunge und begann eilig, den Computer zu füttern. »Nach meinen Informationen gibt es auf Mimban keine Instandsetzungsstation, Leia. Es könnte sogar sein, daß Mimban nicht einmal eine Notstation hat«, fügte er mit einem Blick auf die dunstige, grün-weiße Kugel seitlich unter ihm hinzu.
»Das spielt keine Rolle, Luke. Ich muß um jeden Preis zur Konferenz, und ich lande, solange ich noch steuern kann. In einem so belebten System wie diesem wird sicher jede Welt mit atembarer Atmosphäre mit Anlagen für Notreparaturen ausgerüstet sein. Ihre Daten müssen veraltet sein, oder Sie haben die falschen abgefragt.« Nach einer Pause fuhr sie fort: »Das können Sie feststellen, wenn Sie Ihren Monitor auf Kanal viersechs-eins schalten.«
Luke drehte an den Knöpfen. Augenblicklich war die kleine Kabine von einem schrillen Heulton erfüllt.
»Kommt Ihnen das bekannt vor?« fragte sie.
»Das ist ein Peilfunkfeuer, richtig«, erwiderte er verwirrt. Mehrere zusätzliche Anfragen ergaben aber keinen Hinweis auf eine Station auf Mimban. »Aber es ist nichts registriert, weder in unseren Speichern noch in denen des Imperiums. Wenn wir ...« Er verstummte, als am Raumjäger der Prinzessin eine leuchtende Gaswolke aufblühte, sich grell ausdehnte und verschwand. »Leia! Prinzessin Leia!«
Das kleine Raumschiff kurvte bereits davon.
»Das Backbordsteuertriebwerk ist ganz ausgefallen, Luke. Ich muß hinunter!«
Luke beeilte sich, ihrem Kurs zu folgen.
»Ich bestreite ja nicht, daß es das Funkfeuer gibt. Vielleicht haben wir Glück! Versuchen Sie auf Steuerbord umzuschalten.«
»Ich tue, was ich kann.« Nach einer kurzen Pause: »Hör auf herumzuwackeln, Dreipeo, und paß auf deine Füße auf!«
Ein reumütiges, metallisches: »Verzeihung, Prinzessin« ihres Cockpitgenossen, des goldglänzenden Droiden Dreipeo, war die Antwort. »Aber wenn Master Luke nun recht hat und es unten keine Station gibt? Wir sitzen vielleicht für immer auf dieser leeren Welt, ohne Gesellschaft, ohne Wissensspeicher, ohne ... ohne Schmierstoffe!«
»Du hast doch das Funkfeuer gehört, oder?« Luke sah eine kleine Explosion, worauf der Y-Flügler in viel steilerem Winkel zur Oberfläche hinabraste. Eine Zeitlang hörte er auf seine verzweifelten Rufe nur ein Rauschen. Dann verschwand die Störung.
»Das war knapp, Luke! Ich habe mein oberes Steuerbordtriebwerk ganz verloren! Ich habe den oberen Backbordantrieb um neunzig Prozent gedrosselt, um die Lenksysteme auszubalancieren.«
»Ich weiß. Ich habe die Beschleunigung weggenommen, um auf gleicher Höhe zu bleiben.«
In der winzigen Kabine des Y-Flüglers seufzte Dreipeo und stemmte sich fester an den Wänden ein.
»Versuchen Sie, sanft aufzusetzen, Prinzessin, bitte. Bruchlandungen wirken sich auf meine Innenstabilisatoren schrecklich aus!«
»Auf meine auch«, fauchte die Prinzessin, die Lippen zusammengepreßt, während sie mit der trägen Steuerung rang. »Außerdem hast du keinen Grund zur Besorgnis. Droiden werden nicht raumkrank.«
Dreipeo hätte widersprechen können, blieb aber stumm, als der Y-Flügler ein Rolle abwärts vollführte, bei der sich einem der Magen hätte umdrehen können. Luke mußte schnell reagieren, um mitzukommen. Es gab nur ein winziges positives Zeichen: Das Funkfeuersignal war keine Einbildung - es war wirklich da und piepte regelmäßig, als er an den Knöpfen drehte. Vielleicht hatte Leia recht.
Aber Zuversicht empfand er immer noch nicht.
»Erzwo, gib mir Bescheid, wenn du unterwegs etwas Ungewöhnliches entdeckst. Laß alle Sensoren in Betrieb.«
Ein beruhigendes Pfeifen erfüllte die Kabine.
Sie waren in zweihundert Kilometer Höhe und weiter im Sinkflug, als Luke zusammenzuckte: Irgend etwas bedrängte sein Inneres - eine Regung der Macht. Er versuchte, sich zu entspannen, die Macht eindringen und durch sein ganzes Ich strömen zu lassen, wie der alte Ben es ihn gelehrt hatte.
Seine Empfindsamkeit dafür war bei weitem nicht voll entwickelt, und er bezweifelte ernsthaft, daß er je auch nur die Hälfte der Beherrschung der Macht erlangen würde, die Kenobi besessen hatte ... obschon der alte Mann großes Vertrauen in Lukes Möglichkeiten bekundet hatte. Immerhin, er verstand genug, um das schwache Prickeln richtig einzustufen. Es entzündete in ihm ein nahezu greifbares Gefühl des Unbehagens, und es kam von einer Quelle (oder mehreren Quellen) auf der Oberfläche des Planeten. Trotzdem hatte er keine Gewißheit. Nicht, daß er jetzt noch etwas dagegen hätte tun können. Die einzige Sorge im Augenblick galt Prinzessin Leia und der Frage, ob sie sicher aufzusetzen vermochte.
Aber je früher sie Mimban verließen, desto wohler würde er sich fühlen.
Die Prinzessin nahm sich trotz ihrer Probleme die Zeit, ihm Koordinaten zu übermitteln - so als wäre er nicht selbst in der Lage gewesen, den Kurs zu berechnen. Nun versuchte er, etwas auszumachen, das er unter sich entdeckt hatte, als sie in die oberen Schichten der Atmosphäre eindrangen. Etwas Merkwürdiges hier in den Wolken ... er konnte es einfach nicht genau feststellen.
Er teilte der Prinzessin seine neue Sorge mit.
»Luke, Sie grübeln zuviel. Sie grübeln sich noch zu Tode. Und das wäre schade um ...«
Er kam nie dahinter, worum es schade gewesen wäre, weil sie in diesem Augenblick in die Troposphäre eintraten und die Reaktion der Luft auf die Schiffe alles andere als normal war.
Es schien, als wären sie plötzlich aus einem wolkenreichen, aber normal aussehenden Himmel in ein Meer flüssiger Elektrizität gestürzt. Gigantische, vielfarbige Energieblitze zuckten aus der leeren Luft, trafen die Rümpfe der beiden Schiffe und entfachten ein Chaos in den Instrumenten. Statt des blauen oder gelblich getönten Gewölbes, durch das zu fliegen sie erwartet hatten, war die Atmosphäre ringsum von bizarren wilden Energien durchzogen. Erzwo piepte nervös hinter Lukes Sitz.
Luke kämpfte mit seinen eigenen Instrumenten. Sie überschwemmten ihn mit einem Wirrwarr von elektronischem Unsinn. Der wild schwankende Raumjäger befand sich im Griff unergründeter Kräfte, die ihn wie Spielzeug umherschleuderten. Dann blieb der chromatische Sturm hinter ihm zurück, als sei er plötzlich einer Wasserhose entronnen, aber seine Steuerung verriet weiterhin, was mutmaßlich dauerhafte Erscheinungen elektronischen Wirrwarrs waren.
Eine schnelle Überprüfung bestätigte, was er am meisten gefürchtet hatte: Der Raumjäger der Prinzessin war nirgends zu sehen. Luke versuchte mit einer Hand sein torkelndes Schiff zu bändigen, während er mit der anderen den Kommunikator betätigte.
»Leia! Leia, sind Sie ...?«
»Keine ... Kontrolle, Luke«, kam die von Störungen zerhackte Antwort. Er konnte die Worte kaum verstehen. »Instrumente... wappgezuck. Ich versuche, noch ... ganz ... hinunterzukommen. Wenn wir ...«
Fort, so sehr er sich auch bemühte, noch etwas aus dem Gerät herauszuquetschen. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als über ihm etwas explodierte. Ein Regen von Funken und Metallsplittern sprühte durch die Kabine, dann breitete sich beißender Rauch aus.
Luke schaltete die Peilanlage des Raumjägers ein, gedrängt von einem verzweifelten Gedanken. Die Anlage gehörte zum Waffensystem des kleinen Raumschiffs und war einer der am sorgfältigsten gebauten und gesicherten Bestandteile. Trotzdem war sie durch die Heftigkeit der seltsamen Verzerrungsenergien überbeansprucht worden, Energien, mit deren Einwirken die Konstrukteure nie gerechnet hatten.
Aber sie verfügte doch noch über eine intakte automatische Aufzeichnung, die abgespielt werden konnte. Mehrere Augenblicke lang zeigte sie die Sturzspirale, die nur vom Schiff der Prinzessin stammen konnte. Luke lenkte den X-Flügler auf einem Verfolgungskurs hinab, so gut das ohne Automatik ging. Es bestand wenig bis keine Aussicht, den Kurs der Prinzessin genau zu verfolgen. Er betete darum, daß sie nicht gerade auf zwei verschiedenen Halbkugeln des Planeten landen würden. Er betete schließlich nur noch darum, daß sie überhaupt landen konnten.
Der Raumjäger stürzte weiter hinab und ruckte ein wenig zur Seite wie ein lahmes Kamel in einem Sandsturm. Als Luke die üppige Vegetation von Mimban entgegenfegte, sah er zuckende, vorbeirasende, sich drehende berglose, grüne Flächen, durchzogen von Venen und Arterien in schmutzigbrauner und blauer Farbe.
Obwohl er von der Topographie Mimbans nicht das Geringste wußte, schienen das Grün und Blaubraun der Flüsse und der Vegetation als Landeplätze doch unendlich besser als etwa das endlose Tiefblau des offenen Meeres oder die grauen Zacken junger Berge. Kein Gestein ist so weich wie Wasser, kein Wasser so weich wie Sumpf, dachte er, bemüht, sich aufzumuntern. Er fing an zu glauben, daß er die Landung doch überleben mochte, ebenso die Prinzessin.
Verzweifelt bemühte er sich, eine Schaltkombination zu finden, mit der die Peilanlage wieder funktionieren mochte. Einmal gelang es ihm teilweise. Der Bildschirm zeigte den Y-Flügler noch immer auf dem Kurs, den er gerade berechnet hatte. Die Aussicht, in der Nähe ihres Schiffes aufzusetzen, schien sich zu bessern.
Obwohl der Sturzflug des Raumjägers seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, kam er nicht umhin, über die Energieverzerrungen nachzudenken, die die Instrumentenanzeigen in ein Chaos gestürzt hatten. Die Tatsache, daß der regenbogenfarbene Mahlstrom auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt war - ein Gebiet ganz in der Nähe des Peilfunkfeuers –, warf Fragen auf, die so interessant wie beunruhigend waren.
Luke versuchte, die Auswirkungen seiner toll gewordenen Steuerung möglichst gering zu halten, schaltete den Antrieb ab und flog weiter hinab. Zu Hause auf Tatooine hatte er auf Spazierflügen mit seinem >Himmelshüpfer< genug Übung gehabt, aber es war ein großer Unterschied, praktisch das gleiche in einem so komplizierten Fluggerät wie seinem Raumjäger zu tun. Er wußte nicht, ob die Prinzessin auf denselben Gedanken kommen würde oder ob sie Erfahrung mit antriebslosem Flug besaß. Luke kaute sorgenvoll an seiner Unterlippe, denn er wußte, daß auch dann, wenn sie es mit Segelflug versuchte, sein Jäger für solche Manöver viel besser geeignet war als ihr Y-Flügler.
Wenn er sie wenigstens hätte sehen können, er hätte sich gleich wohler gefühlt; aber so sehr er seine Augen auch anstrengte, er entdeckte keine Spur von ihr. Er wußte, daß bald jede Möglichkeit für einen Sichtkontakt verschwunden sein würde. Sein Schiff stürzte unbekümmert in einen Riesenballon wie schmutzig-graue Baumwolle wirkender dichter Gewitterwolken.
Mehrere weitverzweigte Blitze zischten durch die Luft, nur waren es diesmal natürliche. Luke befand sich aber inzwischen schon tief in den Wolken und konnte nichts sehen. Ein Gefühl der Panik packte ihn. Wenn die Sicht bis hinab zur Oberfläche so blieb, würde er den Boden ein bißchen zu spät entdecken - und auf harte Weise. Während er überlegte, ob er auf Automatik zurückschalten sollte, brach er durch die unterste Wolkenschicht. Es regnete heftig, aber er konnte das Gelände unter sich erkennen. Die Zeit raste dahin, während er immer schneller an Höhe verlor. Er besaß von beidem kaum genug, um den Knüppel der Atmosphärensteuerung zurückzureißen, bevor der Raumjäger von unten gerammt wurde. Schon folgte eine Reihe gleichartiger Stöße, als er die Wipfel der höchsten Bäume abrasierte.
Lukes Blick löste sich nicht vom Geschwindigkeitsanzeiger, während er die Bremstriebwerke zündete und den Bug der Maschine ganz sanft nach unten drückte. Wenigstens würde ihm die Sorge erspart bleiben, die Vegetation rund um den Landeplatz könnte in Brand geraten. Hier troff alles vor Nässe.
Noch einmal aktivierte er die Bremstriebwerke. Eine Reihe heftiger Stöße und Sprünge schüttelte ihn trotz seiner Gurte. Eine grüne Welle brach sich vor ihm und riß ihn in die Dunkelheit...
Er blinzelte. Vor ihm umrahmte die geborstene Frontscheibe des Raumjägers mit kristallener Geometrie den Dschungel. Alles war still. Als er sich vorzubeugen versuchte, rann Wasser über sein Gesicht. Das half ihm, klarer zu denken und den Blick zu schärfen. Selbst der Regen fiel bedachtsam, sann er, das hieß, wenn es wirklich leichter Regen war und nicht außerordentlich dichter Nebel.
Luke verrenkte den Hals und entdeckte, daß die Metalldecke über ihm wie von einem Riesen-Büchsenöffner aufgeschnitten und zurückgerollt worden war - von dem dicken, jetzt abgerissenen Ast eines gewaltigen Baumes. Wäre der Raumjäger durch Zufall dort noch ein wenig höher gewesen, hätte es Luke ebenso säuberlich den Schädel abgetrennt - eine leichte Neigung nach Backbord, und er wäre an dem breiten Stamm des Baumes zerquetscht worden. Er war der Enthauptung wie dem tödlichen Aufprall nur um jeweils einen Meter knapp entgangen.
Wasser tropfte unaufhörlich vom Holz in das geborstene, aufgerissene Cockpit. Luke entdeckte plötzlich, daß er völlig ausgetrocknet war, und öffnete den Mund, um mit dem Wasser seinen Durst zu stillen. Er bemerkte einen schwachen Salzgeschmack, der nicht richtig zu sein schien. Das Regen- (oder Nebel-) Wasser sah klar und sauber aus. Es war es auch. Er merkte gleich, daß der Salzgeschmack von dem Blut stammte, das aus einer Schnittwunde auf seiner Stirn rann. Es lief am linken Nasenflügel herab auf seine Lippen.
Luke löste den G-Verschluß und schlüpfte aus dem Gurtnetz. Selbst wenn er sich langsam und vorsichtig bewegte, kam es ihm vor, als sei jeder einzelne Muskel in seinem Körper an beiden Enden gepackt und bis fast zum Zerreißen gespannt worden. Er ignorierte die Schmerzen, so gut es ging, und nahm eine Bestandsaufnahme seiner Umgebung vor.
Mit den vom elektrischen Sturm erzeugten Verzerrungen und den prosaischeren Folgen der Bruchlandung waren seine Instrumente reif für den Schrotthändler geworden. Diesen Raumjäger würde niemand mehr steuern. Er drehte sich nach links und betätigte den Ausstieg, war aber nicht erstaunt, als der Schalter nicht funktionierte. Nachdem er den Doppelschalter am Handauslöser betätigt hatte, drückte er auf die Nottaste. Zwei von den Sprengbolzen explodierten. Der Ausstieg öffnete sich ein paar Zentimeter, dann klemmte er.
Luke preßte sich in den Pilotensitz, stemmte sich mit beiden Händen ab und trat mit den Füßen zu. Das erbrachte nichts als einen durch beide Beine zuckenden Schmerz. Es blieb nur noch der Normalausstieg, wenn dieser nicht zu stark klemmte. Er griff mit beiden Händen hinauf und stieß den Auslöser hinein, dann drückte er dagegen. Nichts. Er richtete sich keuchend auf und überlegte, was er noch tun könnte.
Das Kanzeldach begann sich von selbst zu heben.
Luke wand sich verzweifelt und suchte seine Pistole. Ein fragender Pfeifton beruhigte ihn.
»Erzwo Dezwo!«
Ein runder Metallhelm beugte sich zu ihm herunter, und das einzelne rote Elektronenauge betrachtete ihn sorgenvoll.
»Ja, alles in Ordnung ... glaube ich.«
Luke benutzte das Mittelbein von Erzwo als Hebel und zog sich hinauf und hinaus. Er stand auf und sah sich auf dem abgestürzten Raumjäger um. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wölbung des riesigen herabhängenden Astes.
Er hörte ein klagendes Pfeifhupen und schaute hinunter zu Erzwo, der fest am Metallrumpf des Jägers hing.
»Ich weiß nicht, was du sagst, wenn Dreipeo als Dolmetscher fehlt, Erzwo. Aber ich kann es mir denken.« Er richtete den Blick nach draußen. »Ich weiß nicht, wo er und die Prinzessin sind. Ich weiß nicht einmal genau, wo wir sind.«
Langsam ließ er den Blick über die Oberfläche von Mimban gleiten. Ringsum wucherte dichte Vegetation, aber sie ballte sich überall zu großen Klumpen zusammen, statt einen normalen, sich in alle Richtungen gleichmäßig erstreckenden Dschungel zu bilden. Es gab genug freien Raum. Mimban oder zumindest die Gegend, wo er heruntergekommen war, bestand zum Teil aus Sumpf, zum Teil aus Dschungel.
Flüssiger Schlamm füllte fast den ganzen trägen Fluß in der Nähe des Raumjägers. Er mäanderte im Zeitlupentempo dahin. Auf der anderen, linken Seite ragte der riesige Baum, an den er beinahe geprallt war, in den Nebel hinauf. Dahinter lag ein Gewirr anderer hoher Gewächse, eingerahmt von Gebüsch und schlaff hängendem Farnkraut, alles umgeben von graubraunem Boden. Aus der Entfernung konnte man nicht beurteilen, wie fest der Boden sein mochte. Luke hielt sich mit einer Hand an einem kleinen Ast fest, beugte sich seitlich hinaus und tastete mit einem Bein den Boden ab. Er sank nicht ein. Das hieß, daß er auf dem Boden vielleicht würde gehen können. Immerhin ein Trost für ihn, denn ohne Raumjäger war er ein miserabler Flieger. Der Raumjäger schien auf ähnlichem Terrain zu liegen.
Er lächelte schwach, duckte sich und schaute unter dem Ast hindurch. Der Doppelflügel auf der Backbordseite des Jägers war irgendwo im Wald glatt abgerissen worden und hatte nur zwei Metallstummel hinterlassen. Auf dieser Seite fehlten natürlich auch beide Triebwerke. Der letzte Zweifel war beseitigt: Er saß fest.
Vorsichtig kroch er in das zerstörte Cockpit zurück, entriegelte den Sitz und schob ihn auf die Seite, dann begann er in dem Fach dahinter nach den Dingen zu kramen, die er würde mitnehmen müssen. Notrationen, das Lichtschwert seines Vaters, einen Thermoanzug; letzteren, weil es - trotz des tropischen Aussehens eines Teils der Vegetation - draußen ausgesprochen kühl war.
Luke wußte nicht, daß es nicht nur in den Tropen, sondern auch in gemäßigten Zonen Regenwälder gab. Die Temperatur mochte zwar nicht gefährlich tief absinken, konnte aber in Verbindung mit der allgegenwärtigen Feuchtigkeit vielleicht dafür sorgen, daß er elend frieren würde. Er packte also vorsichtshalber den dünnen Anzug ein. Von der Rückseite des Pilotensitzes nahm er den Notrucksack ab und begann das geräumige Innere mit der Ausrüstung aus dem Fach zu füllen.
Als der reißfeste Sack vollgestopft war, dichtete er die Kanzel ab, so gut es eben ging, dann setzte er sich auf die Kante des Pilotensitzes und dachte nach.
Seine vorherigen Beobachtungen hatten keine Spur vom Y-Flügler der Prinzessin erbracht. In der feuchten, nebligen Luft konnte er aber nur zehn Meter entfernt aufgesetzt haben und trotzdem praktisch unsichtbar sein. Wahrscheinlich war sie ein Stück vor ihm gelandet oder abgestürzt. Da ihm jede Information fehlte, blieb ihm nichts anderes übrig, als den zuletzt für sie berechneten Kurs zu Fuß fortzusetzen.
Zuerst wollte er sich auf den Bug des Raumjägers stellen und schreien, aber er hatte entschieden, daß es besser wäre, das Schiff zuerst optisch auszumachen. Die Kakophonie von Schreien, Heulen, Brüllen, Pfeifen und Summen im Sumpf ermutigte ihn nicht, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Seine Rufe mochten Neugierige herbeilocken, zu denen vielleicht Fleischfresser gehörten.
Es wäre besser, zuerst den Jäger der Prinzessin zu finden. Mit etwas Glück saß sie vernünftig in der Kanzel, unversehrt und wütend vor Ungeduld, während sie auf ihn wartete.
Luke zog sich wieder nach oben aus der Kanzel und hielt sich an Ästen fest, während er zum Stummel des abgebrochenen Backbordflügels hinunterkletterte. Er hangelte sich vorsichtig auf den Boden hinunter, der weich, beinahe federnd war. Er hob einen Fuß und sah, daß seine Stiefelsohle schon mit klebrigem, grauem Schlamm überzogen war, der nassem Modellierlehm glich. Aber der Boden trug ihn. Erzwo kam Augenblicke später nach.
Nach einem Stock brauchte er nicht lange zu suchen. Hinter dem Raumjäger lagen zerbrochene, zersplitterte Äste in Hülle und Fülle. Er suchte sich einen aus, der sowohl als Stütze wie als Tastsonde für den Boden dienen konnte.
Den Bug des Jägers als primitiven Richtungsweiser nutzend, stellte er seinen Marschkompaß ein, und sie machten sich auf den Weg, in einem Winkel von einigen Grad steuerbords.
Es mochte eine Bewegung des Gebüsches im Wald, es mochte die Macht oder es mochte eine altmodische Ahnung gewesen sein, aber selbst Ben Kenobi hätte eingeräumt, daß Luke nur eine Chance hatte, das Schiff der Prinzessin zu finden. Wenn es nicht in unmittelbarer Nähe des Weges lag, den er nahm, wenn er es verfehlte und daran vorbeiging, konnte er jahrelang auf der Oberfläche von Mimban dahinstapfen, ohne sie jemals wiederzusehen.
Wenn seine erste Kursberechnung richtig war und sie nicht aus irgendeinem Grund im letzten Augenblick die Richtung ihres Gleitflugs geändert hatte, sollte er sie innerhalb einer Woche finden. Natürlich konnte es ihr nicht möglich gewesen sein, ihren Raumjäger daran zu hindern, daß er seinen Fallwinkel veränderte. Er schob jeden Gedanken daran beseite. Die Lage war schlimm genug, auch ohne solche Spekulationen.
Der Anzug schützte seinen Körper vor dem Nebel-Dunst-Regen, aber er verbrauchte noch immer einige Energie dafür, das Wasser von Kopf und Gesicht zu wischen.
Einmal sah er etwas, das einer vier Meter langen, bleichen Schlange ähnelte, bei seinem Herankommen ins Dickicht gleiten. Sie hatte eine mit glänzendem Schleim gefüllte Furche im weichen Boden hinterlassen. Luke war aber nicht beeindruckt. Er hatte zoologischen Studien wenig Zeit gewidmet. Selbst auf Tatooine, wo es eigene protoplasmische Mißgeburten gab, hatten solche Wesen ihn nicht besonders interessiert. Wenn eine Kreatur nicht versuchte, einen zu zerfleischen oder sonstwie zu verschlingen, gab es anderes, für das man sich interessieren konnte.
So galt jetzt seine ganze Aufmerksamkeit der Aufgabe, sich an seinen festgelegten Weg zu halten. Trotz des im Ärmel eingebauten Marschkompasses wußte er, daß er sich sehr leicht verirren konnte. Eine Abweichung von einem Zehntelgrad konnte schon kritisch werden.
Während einer der seltenen fast regenlosen Perioden erstieg er eine kleine Anhöhe. Durch Dunst und Nebel sah er in der Ferne monolithische graue Bastionen, die wohl kaum von menschlichen Händen errichtet worden waren. Ihre eintönige stahlgraue Farbe verlieh ihnen das Aussehen von Bauklötzen für Kinder. Luke vermochte aus dieser Entfernung nicht zu beurteilen, ob das ihre echte Farbe war, oder ob sie vom wabernden Nebel beeinflußt wurde. Es waren hochragende graue Türme, eingelegt mit schwarzem Gestein oder Metall, und gekrönt von mißgeformten Kuppeln.
Er blieb stehen, zum erstenmal verlockt, die Richtung zu einem Erkundungsgang zu ändern. Hier konnte man Entdeckungen machen. Die Prinzessin wartete aber nicht in dieser geisterhaften Stadt, sondern irgendwo vor ihm, in einer Umgebung, die sich jeden Augenblick als feindselig erweisen mochte.
Wie aufs Stichwort bemerkte er in rostgrünem Gebüsch vor sich eine Bewegung. Er spannte alle Sinne an, ließ sich auf ein Knie nieder und zog das Lichtschwert aus dem Gürtel. Die Vegetation begann heftig zu rascheln. Sein Daumen schob sich auf den Kontakt. Erzwo tutete nervös neben ihm.
Was sich in dem Gesträuch auch verbergen mochte, es bewegte sich auf ihn zu. Und ganz plötzlich teilte sich das Laub vor ihm. Heraus trat ein Mimbaner - eine große, dunkelbraune pelzige Kugel von ungefähr einem Meter Durchmesser mit grünen Flecken und Streifen am ganzen Leib. Vier kurze, pelzige Beine liefen in dicken Doppelzehen aus; vier Arme ragten aus der Oberseite. Der bescheidene Schwanz war nackt wie der einer Ratte.
Zwei große Augen, die aus dem zottigen Fell glotzten, waren alles, was man von einem Gesicht wahrnehmen konnte. Sie wurden größer, als sie Luke und Erzwo erfaßten.
Luke wartete gespannt, das noch nicht aktivierte Lichtschwert in der Hand.
Das Wesen griff nicht an. Es stieß nur ein verblüfftes, gepreßtes Quietschen aus, fuhr herum und hetzte auf allen acht Gliedmaßen in das schützende Gebüsch zurück.
Nach einigen Minuten der Stille stand Luke auf. Sein Finger löste sich vom Kontakt des Lichtschwerts, er steckte die Waffe wieder in den Gürtel und lächelte, ein wenig hysterisch.
Seine erste Begegnung mit einem Bewohner dieser Welt hatte diesen veranlaßt, entsetzt die Flucht zu ergreifen. Vielleicht waren die wild lebenden Geschöpfe hier wenn nicht unbedingt gutmütig, so doch auch kaum gefährlich. Mit diesem Gedanken ging er weiter, die Schritte etwas länger, etwas sicherer. Seine Haltung war aufrechter, seine Stimmung wesentlich gehobener, gestützt von der kräftigsten aller Säulen: der falschen Hoffnung...
Leia Organa unternahm einen weiteren halbherzigen Versuch, ihr regennasses Haar zu ordnen, dann gab sie es verärgert auf und starrte hinaus in die üppige Vegetation ringsum.
Nachdem sie die Verbindung zu Luke verloren hatte, war es ihr gelungen, in dieser nassen Hölle hart aufzusetzen. Sie gewann ein wenig Trost aus der Gewißheit, daß Luke, sollte er die Landung überstanden haben, versuchen würde, sie zu erreichen. Schließlich war es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß sie Circarpous IV sicher erreichte.
Zornig bedachte sie, daß sie nun mehr als nur ein bißchen zu spät zur Konferenz kommen würden. Eine schnelle Überprüfung hatte ergeben, daß sie sich keine Gedanken mehr um den schadhaften Backbordantrieb zu machen brauchte, der nur noch ein längliches, stark verformtes Gebilde war, unfähig, sich selbst oder irgend etwas anderes auch nur über eine Lichtsekunde hinwegzubefördern. Der Rest des Y-Flüglers war kaum in besserer Verfassung.
Sie überlegte, ob sie Luke suchen sollte, aber es erschien vernünftiger, wenn einer von ihnen auf das Eintreffen des anderen wartete, und sie wußte, daß Luke sie holen würde, sobald er dazu in der Lage war.
»Verzeihen Sie, Prinzessin«, sagte die metallene Gestalt hinter ihr, »aber glauben Sie, daß Erzwo und Master Luke auf dieser gräßlichen Welt sicher gelandet sind?«
»Gewiß doch. Luke ist der beste Pilot, den wir haben. Wenn ich es geschafft habe, wird er erst recht ohne Schwierigkeiten heruntergekommen sein.« Das war eine kleine Lüge. Wie, wenn Luke irgendwo verletzt lag, ohne sich bewegen zu können, und sie saß hier und wartete auf ihn? Lieber nicht daran denken! Die Vision von einem verkrümmten, blutenden Luke, der in der Kanzel seines X-Flüglers vor sich hindämmerte, krampfte ihr Inneres zusammen.
Sie schob wieder das Dach der Kanzel zurück und rümpfte die Nase vor dem Gestank des triefenden Morastes. Lärm genug von verborgenen Wesen, die durch das Unterholz schlichen, bedrängte ihre Ohren, aber bisher hatte sich nichts Größeres gezeigt als ein paar glänzende, bunte Quasi-Insekten. Ihre Pistole lag bequem auf ihrem Schoß. Nicht, daß sie die Waffe brauchte, gesichert im Cockpit wie sie war, dessen Schiebedach sie in Sekundenschnelle schließen und verriegeln konnte. Sie hatte nicht das mindeste zu befürchten.
Dreipeo war anderer Ansicht.
»Mir gefällt es hier nicht, Prinzessin. Ganz und gar nicht!«
»Keine Aufregung. Da draußen kann nichts sein, was dich als schmackhaft empfinden würde.«
Ein schriller, tutender Laut schreckte sie auf. Sie fuhr herum und hielt den Atem an, aber da war nichts.
Sie versuchte, mit sorgenvollem Blick die grünbraune Mauer der Vegetation zu durchdringen. Als der Laut sich nicht wiederholte, zwang sie sich dazu, ihre Muskeln zu entspannen.
»Siehst du etwas, Dreipeo?«
»Nein, Prinzessin. Nichts Größeres als einige Gliederfüßer, und ich decke auch den Infrarotbereich ab. Das heißt nicht, daß dort draußen nicht etwas Großes, Feindseliges lauern könnte.«
»Aber sehen tust du nichts?«
»Nein.«
Sie war wütend auf sich selbst. Ein einfacher Laut hatte sie erschreckt. Wahrscheinlich nur der einsame Ruf irgendeines harmlosen Pflanzenfressers, und sie war in Panik geraten wie ein kleines Kind. Das würde nicht wieder vorkommen.
Sie war zornig, weil sich durch den Absturz - was auch immer ihn verursacht haben mochte - ihre geplante demonstrative Ankunft verzögern würde; das mochte die zu ihrer Begrüßung entsandten Regierungsvertreter verärgern. Doppelt zornig war sie auf Luke. Einmal, weil er kein Navigationswunder bewirkt hatte und ihr ohne Instrumente oder Steuerung sicher gefolgt war, und zum anderen, weil er recht gehabt hatte, darauf zu beharren, daß sie hier nicht landen sollten.
So saß sie da und ärgerte sich stumm, beschwor die Flüche herauf, mit denen sie Luke empfangen wollte, wenn er endlich eintraf, und zerbrach sich den Kopf darüber, was sie tun sollte, wenn er ausblieb.
Aahhh-hup!
Wieder ein Trompetenstoß. Diesmal schien er aus größerer Nähe zu kommen. Fest umklammerte ihre Hand die Pistole. Erneut suchte sie die Umgebung ab und entdeckte wieder nichts.
Während sie in den Dschungel starrte, dachte sie nach. Wenn sie nun das Landefeuer falsch gedeutet hatte? Wenn es sich dabei um das Primitivste an automatischer Anlage handelte und diese Welt nicht nur über keine Mechaniker, sondern auch nicht über Einrichtungen für organische Reisende verfügte?
Wenn Luke tot war, saß sie hier fest, ohne jede Vorstellung davon, wie ... Sie hörte ein lautes Krachen, diesmal auf der rechten Seite. Sie drehte sich um und lenkte instinktiv einen Feuerstoß durch das geborstene Fenster, der von dem Geruch verbrannter, nasser Vegetation belohnt wurde. Die Mündung der Pistole blieb auf die verkohlte Stelle gerichtet. Sie hoffte, das Ding getroffen zu haben. Zum Glück war das nicht der Fall.
»Ich bin es!« schrie eine schwankende Stimme. Sie hatte ihn knapp verfehlt. »Ich mit Erzwo.«
»Erzwo Dezwo!« Dreipeo kletterte aus dem Cockpit, um sein gedrungenes Gegenstück zu begrüßen. »Erzwo, gut, daß du ...« Dreipeo verstummte und fuhr in einem anderen Tonfall fort: »Was denkst du dir eigentlich, mich so lange warten zu lassen? Wenn ich bedenke, was für Qualen du mir bereitet hast ...«
»Luke, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
Er kletterte an dem beschädigten Raumjäger hoch und setzte sich am offenen Cockpit hin.
»Ja. Ich bin hinter Ihnen gelandet. Ich fürchtete schon, Erzwo und ich würden Sie verfehlen.«
»Ich hatte befürchtet, daß Sie ...« Sie verstummte und senkte den Blick. »Ich muß mich entschuldigen, Luke. Ich habe einen Fehler gemacht, als ich hier landen wollte.«
Luke blickte verlegen an ihr vorbei.
»Niemand konnte die atmosphärische Störung vorhersehen, die uns gezwungen hat, niederzugehen, Leia.«
Sie blickte in den Dschungel.
»Ich habe die Position des Peilfeuers ermitteln können, bevor meine Instrumente ganz ausgefallen sind.« Sie deutete nach hinten. »Diese Richtung. Sobald wir die Station erreichen, können wir uns an die maßgebliche Person wenden und für die Weiterreise sorgen.«
»Falls es eine Station und eine maßgebliche Person gibt«, sagte Luke ruhig.
»Mir ist auch der Gedanke gekommen, daß es sich um eine vollautomatische Station handeln könnte«, gestand sie, »aber ich weiß nicht, was uns sonst übrigbleibt.«