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Am Rande der Galaxis ist der Außenposten Black Spire die beste Hoffnung der Rebellen auf eine sichere Zuflucht.
General Leia Organa Solo weiß, dass die Rebellen nach den schweren Verlusten gegen die Erste Ordnung dringend neue Rückzugspunkte benötigen. Daher entsendet sie ihre Vertrauten in alle Teile der Galaxie, um neue Verbündete zu finden. Und ihre Meisterspionin Vi Moradi scheint den perfekten Ort gefunden zu haben. Der Außenposten Black Spire auf Batuu wird von Schmugglern und Exilanten beherrscht, und auch wenn die Rebellen hier nicht viele Freunde haben, ist die Erste Ordnung noch weit weniger beliebt. Da trifft ein Shuttle voller Sturmtruppler ein mit nur einem Ziel: Vi Moradi! Umgeben von Feinden bleibt ihr nur eine Wahl, wenn sie überleben und ihre Mission erfolgreich beenden will. Sie muss sich mit dem Abschaum der Galaxis verbünden.
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Seitenzahl: 630
Buch
General Leia Organa Solo weiß, dass die Rebellen nach den schweren Verlusten gegen die Erste Ordnung dringend neue Rückzugspunkte benötigen. Daher entsendet sie ihre Vertrauten in alle Teile der Galaxie, um neue Verbündete zu finden. Und ihre Meisterspionin Vi Moradi scheint den perfekten Ort gefunden zu haben. Der Außenposten Black Spire auf Batuu wird von Schmugglern und Exilanten beherrscht, und auch wenn die Rebellen hier nicht viele Freunde haben, ist die Erste Ordnung noch weit weniger beliebt. Da trifft ein Shuttle voller Sturmtruppler ein mit nur einem Ziel: Vi Moradi! Umgeben von Feinden bleibt ihr nur eine Wahl, wenn sie überleben und ihre Mission erfolgreich beenden will. Sie muss sich mit dem Abschaum der Galaxis verbünden.
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Delilah S. Dawson
GALAXY’S EDGE – AUSSENPOSTEN BLACK SPIRE
Deutsch von Andreas Kasprzak
Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Star Wars™ Galaxy’s Edge: Black Spire« bei Century, New York.
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Copyright der Originalausgabe © 2019 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.
All rights reserved.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2021 by Blanvalet
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Redaktion: Rainer Michael Rahn
Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage © & TM 2019 Lucasfilm Ltd. All rights reserved.
Covermotiv: Darren Tan
Coverdesign: Scott Biel
HK · Herstellung: sam
Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-25854-2V001
www.blanvalet.de
Für Rhys, dem Waba seinen Namen verdankt, und für Rex, der die Sternenmarker erfunden hat.
Es freut mich, dass Star Wars ein Teil von euch ist und dass ihr jetzt offiziell ein Teil von Star Wars seid.
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Am galaktischen Rand,
weit von allem entfernt,
stehen schwarze Dornen,
von denen manch einer schwärmt.
Viele zieht’s dorthin;
die meisten verlor’n,
andere vergessen
oder in Armut gebor’n.
Zwar bleiben nicht alle,
doch ein jeder ihn spürt,
diesen Geist von Black Spire,
der hier jeden berührt.
– Alte batuuanische Ballade
GEHEIME BASIS DES WIDERSTANDS, D’QAR
Das Leben eines Agenten für den Widerstand war voller Aufregung. Oder zumindest war das der Grund, warum Vi Moradi sich gemeldet hatte. Aufregung – und die Chance, etwas Gutes zu tun und Tyrannei zu bekämpfen. Als Vi Moradi nun vor dem Büro von General Leia Organa stand, fragte sie sich gespannt, wie wohl ihr nächster Auftrag aussehen würde. Sie hatte wieder dieses vertraute Gefühl der Ruhelosigkeit, und sie sehnte sich danach, etwas zu tun, etwas Richtiges. Auf Major Kalonias Befehl hatte sie sich die letzten paar Wochen von ihrer vorigen Mission erholt, und es juckte sie in den Fingern, nicht mehr die Einsatzberichte von Piloten entgegenzunehmen und Daten über ihre Feuerkraft und Kampffähigkeiten aus den Speichern ihrer Droiden herunterzuladen. Sie wussten, dass die Erste Ordnung da draußen war, eine vermeintlich unbesiegbare Streitmacht; brauchten sie wirklich noch Daten, um das zu bestätigen? Vi gefiel es, Außenseiter zu sein, aber das hieß nicht, dass sie ihre Erfolgschancen kennen wollte.
»Kommen Sie rein, Elster.«
Vi lächelte, als Leia sie bei ihrem Codenamen rief, dann betrat sie das improvisierte Büro und setzte sich auf eine alte rote Kiste. »Tut gut, Sie zu sehen, General.«
Wann immer Vi sich in der Gegenwart von General Organa, vormals Prinzessin Leia Organa von Alderaan, wiederfand, hatte sie das Gefühl, nach Hause zurückzukehren. Leia war eine ruhige, ebenmäßige Präsenz, mütterlich, aber gleichzeitig auch knallhart, und ganz gleich wie ernst die Lage auch war, sie schaffte es stets, jedem einzelnen Mitglied des Widerstands das Gefühl zu geben, er wäre ein Held, der den Kampf gegen ihren Feind entscheiden könnte – gegen die gefürchtete Erste Ordnung, die aus der Asche des Imperiums emporgestiegen war. Leia erwiderte Vis Lächeln, und ihre Augen funkelten.
»Ich habe eine neue Mission für Sie«, erklärte sie, wobei ihr Blick von Vi zu mehreren Holos und dann wieder zurück huschte. Anschließend presste sie die Lippen zu einer grimmigen Linie zusammen, und Vi wusste, dass ihr der neue Auftrag nicht gefallen würde. Aber das war in Ordnung; ihre letzte Mission hatte ihr schließlich auch nicht gefallen. Sie musste nicht mögen, was sie tat – sie musste es nur tun.
»Wie Sie wissen, tappen wir im Moment im Dunkeln. Wir wissen nicht, was die Erste Ordnung plant, aber es muss etwas Großes sein. Ein Angriff. Ich werde nach Takodana aufbrechen, um Informationen zu sammeln, darum wollte ich persönlich mit Ihnen sprechen und die Bedeutung Ihrer Mission unterstreichen.«
»Sie müssen mich herbestellen, nur um zu betonen, dass es wichtig ist? Ich brauche keine weitere Motivation, General. Major Kalonia hat bestätigt, dass ich wieder in Topform bin.«
Leia musterte sie weiter. »Ich hätte Ihnen keinen Vorwurf gemacht, wären Sie nach den Geschehnissen auf der Absolution für ein paar Wochen verschwunden. Sie wurden vom Feind gefangen genommen, Vi. Gefoltert. Geschlagen. Mit Stromschlägen malträtiert. Ich habe den medizinischen Bericht gelesen. Sie können es herunterspielen, falls Sie möchten, aber so etwas verändert einen. Glauben Sie mir, ich spreche aus Erfahrung.«
Vi schüttelte den Kopf. »Ich bin immer noch dieselbe. Falls Sie also jemanden brauchen, um einen Sternzerstörer in die Luft zu jagen …«
»Nein«, unterbrach Leia sie, und Vi klappte den Mund wieder zu. »Dieser Auftrag klingt vielleicht nach einem Urlaub, aber ich versichere Ihnen, er ist von größter strategischer Bedeutung. Ich brauche Gewissheit, dass Sie dafür bereit sind.«
Vi verlagerte das Gewicht auf der Kiste; ihr Rücken tat weh. Leia hatte recht – sie hatte bei ihrer letzten Mission viel einstecken müssen. Zwar waren die meisten dieser Wunden inzwischen vollständig verheilt, aber sie wurde nicht gerade jünger. Man hatte sie auf einen Planeten namens Parnassos geschickt, um Informationen über Captain Phasma von der Ersten Ordnung zu sammeln, was an sich schon schwer genug gewesen war. Doch dann, auf dem Rückweg, war sie von einem anderen Captain der Ersten Ordnung – Captain Cardinal – gefangen genommen worden.
Anstatt sie durch offizielle Kanäle verhören zu lassen oder sie an Kylo Ren oder General Hux auszuliefern, hatte Cardinal sie in eine dunkle Kammer auf den unteren Decks seines Sternzerstörers gesperrt, um ihr die Geheimnisse unter Folter zu entlocken, die sie über Phasma in Erfahrung gebracht hatte. Letztlich hatte Vi ihn überreden können, sie freizulassen, bevor er davonmarschiert war, um sich Phasma im Kampf zu stellen. Sie hatte es von Bord des feindlichen Schiffes und zurück zu ihrer Flotte geschafft, und die letzten Wochen hatte sie damit verbracht, die Geschehnisse zu verarbeiten und ihren Geist und Körper heilen zu lassen. Sie hatte Kalonia und nun auch Leia versichert, dass sie wieder einsatzbereit war … aber stimmte das wirklich?
Andererseits, weiter zu warten würde ihr auch nicht schneller über dieses Trauma hinweghelfen.
So etwas ließ einen nie ganz los, und sie war nicht der geduldige Typ.
»Ich bin bereit«, erklärte sie voller Überzeugung.
»Gut.« Leias Lächeln kehrte zurück. »Sollte die Erste Ordnung mit ihrem Angriff Erfolg haben – oder sollte sie uns hier auf D’Qar finden –, dann brauchen wir Verbündete und ein Versteck. Darum suche ich nach einem Ort, an dem die Erste Ordnung nie nach uns suchen würde. Einem Ort, wo wir uns niederlassen können. Es muss ein bewohnter Planet mit einem aktiven Raumhafen sein, aber nichts Großes, nichts, was für die Erste Ordnung selbst von Interesse sein könnte.«
»Castilon ist nicht länger sicher«, dachte Vi laut nach. »Ebenso wenig wie Pantora. Der gesamte Kern und der Mittlere Rand kommen auch nicht in Frage. Ebenso wenig ein Planet, auf dem wir schon mal eine Basis hatten. Definitiv nicht Parnassos.«
»Richtig. Also?«
Vi zog eine Augenbraue hoch. Leia wirkte ungeduldig. »Batuu vielleicht? Ich war noch nie dort, aber ich habe davon gehört. Eine kleine Welt am Rand des Wilden Raums. Die größte Siedlung nennt sich Black Spire. Ziemlich primitiv und zwielichtig. Könnte ganz aufregend sein. Schmuggler benutzen den Planeten gern, um unterzutauchen oder auf ein Schiff zu wechseln, das nicht verfolgt werden kann.«
Bei diesen Worten nickte der General. »Ich wusste, dass ich auf Sie zählen kann. Batuu ist perfekt.« Sie lachte leise. »Han hat mir schon viel darüber erzählt.«
Vi beugte sich vor und bedachte Leia mit einem misstrauischen Blick. »Aber das ist doch sicher nicht der einzige Grund, warum Sie mich hergerufen haben – um nach einem Vorschlag für ein Versteck zu fragen, oder? Dafür haben Sie Ihre Strategen.«
»Aber ich brauche keine Strategen.« Leia beugte sich ebenfalls vor. »Ich brauche Sie, Elster. Ich vertraue Ihnen. Sie müssen nach Black Spire auf dem Planeten Batuu fliegen, dort einen Außenposten für den Widerstand einrichten und unter den Einheimischen und Besuchern möglichst viele Sympathisanten finden. Wir brauchen Leute. Wir brauchen Unterstützer. Wir brauchen Talente. Wir brauchen Schiffe und Nahrung und Treibstoff. Wir brauchen Augen und Ohren. Wir brauchen einen Ort, wo wir sicher sind, falls alle Stricke reißen. Einen Ort, der so abgelegen ist, dass die Erste Ordnung sich nicht mal mehr daran erinnert. Für sie ist Batuu strategisch wertlos. Aber für uns könnte es ein Funke der Hoffnung sein. Sie müssen diesen Funken entfachen, damit die Flamme weiterbrennen kann.«
Vi lehnte sich zurück und legte den Kopf schräg. »Warum habe ich das Gefühl, dass Sie mich einfach nur von jeglicher echten Gefahr fernhalten wollen? Ich muss nicht umsorgt werden.« Sie hielt Leias Blick stand, was gar nicht so einfach war. »Ich habe Talente, die kein anderer hier besitzt, General. Ich bin Ihre beste Agentin. Warum schicken Sie mich mitten ins galaktische Nirgendwo?«
»Weil wir dort Schutz finden können. Außerdem sind Sie längst nicht die einzige Person, die wir ins Nirgendwo schicken.« Leia bedachte sie mit einem vielsagenden Blick, anschließend atmete sie seufzend aus. Damit schien die Sache beendet. »Sie haben Ihre Mission. Sie können Sie annehmen oder sich weigern. Aber ich muss jetzt nach Takodana. Mein Schiff wartet bereits, und ich habe keine Zeit, hier noch weiter Überzeugungsarbeit zu leisten. Das ist das Schöne am Widerstand: Jeder darf seine eigene Meinung haben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Batuu Teil eines größeren Plans ist. Also … vertrauen Sie mir, Elster?«
Leia zog unter der Krone ihres ergrauenden Haares die Brauen hoch. Ja, Vi vertraute ihr. Und sie würde nicht ablehnen, auch wenn sie das Recht dazu hatte.
»Ich vertraue Ihnen, General«, sagte sie.
Leia nickte. »Gut. Dann dürfen Sie jetzt wegtreten. Melden Sie sich morgen früh im Hangar, dort erhalten Sie von Lieutenant Connix genauere Details und Ihr Frachtverzeichnis. Wir geben Ihnen alle Materialien mit, die Sie brauchen werden. Außerdem bekommen Sie für die schwereren Arbeiten und die logistischen Aspekte einen Droiden. Finden Sie einen geeigneten Ort, knüpfen Sie Verbindungen zur lokalen Bevölkerung, rekrutieren Sie Unterstützer für unsere Sache und stellen Sie anschließend Kontakt mit uns her, damit wir über Ihre weiteren Schritte sprechen können.«
Vi stand auf. »Ich werde mein Bestes geben, General.«
Sie lächelte Leia bei diesen Worten an, aber es war ein resignierendes Lächeln. Ja, sie würde ihre Pflicht erfüllen, auch wenn sie bezweifelte, dass es ihr Spaß machen würde. Doch sie war eine Soldatin, und sie würde tun, was immer nötig war, um die Erste Ordnung zu bekämpfen und die Galaxis zu schützen.
Sie hatte schon die Tür erreicht, da sagte der General: »Oh, Elster? Eine Sache noch.«
Vi konnte nicht anders, als zu grinsen, während sie sich herumdrehte. »Natürlich. Eine Sache gibt es immer.«
Leia erhob sich. Sie wirkte majestätisch und grimmig und ernst, und Vi machte sich auf schlechte Neuigkeiten gefasst.
»Ich stelle Ihnen für diese Mission einen Partner zur Seite.«
Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Oh, oh. Das klingt nicht gut. Sie wissen, ich arbeite lieber allein, und falls es jemand wäre, den ich mag, hätten Sie mir gleich gesagt, um wen es sich handelt.«
»Scharfsichtig wie immer.« Leia verdrehte die Augen, um anzuzeigen, dass Vi sie ertappt hatte. »Aber bevor Sie nach Batuu fliegen, werden Sie erst einen kleinen Abstecher nach Cerea machen, um jemanden an Bord zu nehmen. Archex.«
»Wer ist Archex?«
Der Blick des Generals wurde noch grimmiger und ernster. »Der Mann, den Sie als Captain Cardinal kennengelernt haben, hat wieder seinen Geburtsnamen angenommen.«
Cardinal.
Archex war Cardinal.
Vis Blut wurde zu Eiswasser, als eine Reihe von Bildern durch ihren Geist huschte – Bilder, die sie nicht sehen wollte. Cardinal, wie er sie aus ihrem Schiff zerrte, sie fesselte, sie auf einen Verhörstuhl schnallte, den er nicht mal richtig benutzen konnte. Sein Gesicht, als sie ihn dazu überredet hatte, seinen rot glänzenden Helm abzunehmen. Der Fanatismus in seinen Augen, die unumstößliche Überzeugung, dass er das Richtige tat. Die Art, wie sich die Welt vor ihren Augen rot eingefärbt hatte, wann immer er ihr Stromschläge verpasste. Die Verzweiflung, als sie kurz davorgestanden hatte, alles zu verraten, woran sie glaubte.
Letztlich hatte sie ihn dazu gebracht, sich gegen die Erste Ordnung zu stellen – aber es war knapp gewesen.
Cardinal war losgezogen, um seine Rivalin Phasma zu stellen, woraufhin diese ihn beinahe umgebracht hatte. Und dann hatte Vi etwas getan, was sie sich bis heute nicht ganz erklären konnte: Sie hatte Cardinal gerettet. Sie hatte seinen sterbenden Körper durch die Absolution geschleift, ein Schiff gestohlen und war gemeinsam mit dem Mann, der sie gefoltert hatte, nach D’Qar zurückgeflogen.
Sie hatte etwas in Captain Cardinal gesehen, was sie für unmöglich gehalten hatte: einen guten Mann, der mit ganzem Herzen an die Erste Ordnung glaubte. Nur durch diese Güte hatte sie ihn bekehren können; nicht dass sie ihn zu einem Anhänger des Widerstands gemacht hätte, nein, aber sie hatte ihm zumindest die Lügen der Ersten Ordnung aufgezeigt.
Das letzte Mal hatte sie Cardinal nach ihrer Landung auf D’Qar gesehen, als man ihn in Richtung Medistation davongetragen hatte. Sie hatte keinen Grund gesehen, ihn danach noch einmal aufzusuchen.
»Archex«, wiederholte sie nun wie benommen. Der Name schmeckte wie Blut in ihrem Mund, wie das metallische Brennen nach den Stromschlägen auf dem Verhörstuhl.
Leia sprach weiter, als würde ihr Vis Unbehagen überhaupt nicht auffallen. »Ich habe ihn nach Cerea geschickt, um … nun, sagen wir, um ihn zu überwachen und ihn von seiner Gehirnwäsche zu kurieren, während er sich erholt. Er ist jetzt wieder einsatzbereit. Natürlich hat er sich nicht vollends unserer Sache verschrieben, und er wird weiter einen Monitorchip tragen, aber er braucht eine Beschäftigung. Sie beide sind sich ähnlicher, als Sie vielleicht denken.«
Vi stieß ein bitteres Lachen aus. »Da bin ich sicher.«
»Hören Sie, ich brauche jemanden, der ihn im Auge behält. Jemanden, dem auch er vertrauen kann. Und haben Sie nicht selbst gesagt, dass er es wert wäre, gerettet zu werden?«
»Das habe ich wohl. Obwohl ich inzwischen anfange, es zu bereuen.«
Sie konnte noch immer nicht ganz begreifen, was sie da hörte oder warum Leia so etwas von ihr verlangte. »Soll ich für irgendetwas bestraft werden?«, fragte sie mit rauer Stimme.
Leia trat hinter ihrem Schreibtisch hervor und griff nach Vis Schulter. »Nein, natürlich nicht. Ich tue nur, was ich immer schon getan habe: Ich wähle die Person aus, die am besten für die Aufgabe geeignet ist. Sie haben das nötige Talent, und Sie können improvisieren. Sie sind eine erstklassige Agentin, Vi, aber Sie sind auch eine Anführerin. Und wir brauchen Stützpunkte wie den, den Sie auf Batuu einrichten sollen. Ganz zu schweigen davon, dass Sie Cardinal bekehrt haben – Sie haben einen Draht zu ihm. Ich glaube, dass er uns von Nutzen sein kann, und auch wenn Sie das vielleicht nicht gerne hören, ich glaube, Archex braucht Sie.«
Und was ist mit mir?, wollte Vi fragen. Wen interessiert, was ich will?
Was sie brauchte, war eine Mission, die das alte, wohlige Prickeln der Aufregung zurückbrachte; den Nervenkitzel eines verdeckten Einsatzes hinter feindlichen Linien; den Stolz, wenn sie mit wichtigen Informationen zurückkehrte und dem Gegner einen Strich durch die Rechnung machte. Stattdessen schickte man sie mitten ins Nirgendwo, gemeinsam mit einem Feind, dessen Gesicht ihr Schweißausbrüche und Albträume bescherte.
»Vi?«
Leia hatte noch immer die Hand auf ihrer Schulter. Ein besorgter Ausdruck lag in ihren Augen. Vi verscheuchte ihre finsteren Gedanken, atmete aus und stellte sich dem Blick des Generals.
Es gab nichts, was sie nicht für Leia und den Widerstand tun würde. Also würde sie auch hier nicht kneifen.
»Ja, General«, bestätigte sie. »Ich werde mein Bestes geben.«
Leia setzte dieses Lächeln auf, das einem das Gefühl gab, nichts wäre unmöglich.
»Ich weiß«, sagte sie. »Darum habe ich Sie ja ausgewählt. Viel Glück auf Batuu, Elster. Und möge die Macht mit Ihnen sein.«
GEHEIME BASIS DES WIDERSTANDS, D’QAR
Am nächsten Morgen machte Vi einen Abstecher zur Medistation, um Major Kalonia zu konsultieren, bevor sie den Hangar aufsuchte. Kalonia hatte sich nach ihrer Rückkehr um sie gekümmert und dafür gesorgt, dass ihre Wunden – die inneren wie die äußeren – so weit verheilten, wie man es eben erwarten konnte. Heute gab es aber einen anderen Grund für Vis Besuch.
»Versuchst du, dich vor einer Mission zu drücken?«, fragte Kalonia mit ihrem üblichen trockenen Grinsen. Die ältere Menschenfrau hatte glattes, dunkles Haar, das von grauen Strähnen durchzogen war, und sie war in der ganzen Basis für ihr medizinisches Wissen und ihre umgängliche Art bekannt. »Tut mir leid, ich habe Leia schon gesagt, dass du in hervorragender Form bist und dich problemlos wieder deinen haarsträubenden Abenteuern widmen kannst.«
»Deswegen bin ich nicht hier«, erklärte Vi. »Sondern wegen Archex. Ich hörte, du hast dich um ihn gekümmert, als wir von der Absolution zurückkehrten. Und du wurdest auch über seine Fortschritte auf Cerea auf dem Laufenden gehalten.«
Kalonia legte wissend den Kopf schräg. »Details über meine Patienten weiterzugeben, verstößt eigentlich gegen das Protokoll …«
Vi öffnete den Mund, um sie zu unterbrechen, doch da hob Kalonia die Hand.
»Aber … Leia und ich dachten uns schon, dass du Antworten haben möchtest. Ich kann dir keinen Vorwurf machen; wenn du schon allein mit ihm zu einem Planeten reist, wo ihr keine Verstärkung haben werdet, dann solltest du wissen, mit wem du es zu tun hast. Und da er, technisch gesehen, ein politischer Gefangener ist, der sich dem Widerstand noch nicht offiziell angeschlossen hat, hielten wir es für angemessen, dich zumindest über die Aspekte zu informieren, die sich direkt auf eure Partnerschaft auswirken könnten.«
Partnerschaft. Vi schnaubte. »Das ist nicht der Begriff, den ich gewählt hätte.«
Kalonia zog die Schultern hoch. »Dann eben Zusammenarbeit. Komm mit.«
Die Ärztin führte Vi zu mehreren Bildschirmen hinüber und rief ein Hologramm auf. Es zeigte Cardinal, wie Vi ihn zuletzt gesehen hatte: noch immer in seiner hellroten Rüstung mit dem schwarzen Umhang eines Captains, umringt von Kalonia und mehreren Medidroiden; seinen Helm hatte man ihm abgenommen. Er lag bewusstlos auf einem Behandlungstisch, in grelles Licht getaucht, und eine beunruhigende Menge Blut befleckte seine Rüstung, vor allem an den beiden Stellen, wo Phasma ihm einen vergifteten Dolch von ihrer Heimatwelt in den Leib gerammt hatte.
»Als du ihn herbrachtest, war er in erbärmlichem Zustand. Er hatte viel Blut verloren, und das Gift in seinem Körper war von einer Art, wie wir es noch nie gesehen hatten. Es dauerte eine ganze Weile, um eine Lösung zu finden. Man kann es nicht wirklich ein Gegenmittel nennen; wir konnten das Gift einfach nicht neutralisieren. Aber wir konnten es bekämpfen. Außerdem hatte er eine perforierte Lunge, und die Wunde an seinem Bein war tief und entzündet. Wir haben alles getan, was uns möglich war, aber aller Technologie zum Trotz ist die Medizin keine perfekte Wissenschaft.«
Kalonia rief das nächste Holo auf, wieder von Cardinal – diesmal trug er den üblichen Patientenkittel des Medizentrums, und er saß in einem Krankenbett, durch mehrere Schläuche mit Maschinen verbunden. Ohne seine klobige Rüstung war er kaum wiederzuerkennen; er wirkte so viel kleiner und menschlicher, und Vi erkannte, dass dies nicht länger Captain Cardinal war, sondern der Mann, der sich Archex nannte. Sein schwarzes Haar war ein wenig länger, aber sein Gesicht war noch genauso, wie sie es im Gedächtnis hatte, mit der sommersprossigen, gelbgoldenen Haut, die von seiner Kindheit auf Jakku kündete, und den schmalen, besorgt wirkenden braunen Augen. Er lächelte nicht.
»Zunächst war er in sich gekehrt und … nun, es schien fast, als hätte er seinen Lebenswillen verloren.«
»Das hat er mir auch gesagt«, murmelte Vi. »Als ich ihn von der Absolution schleifte. Er sagte: Lass mich sterben, immer und immer wieder.«
Kalonias Oberlippe zuckte. »Tja, es ist nicht mein Job, Leute sterben zu lassen«, fuhr sie fort. »Also tat ich mein Bestes, um ihm zu helfen. So etwas gibt es oft im Krieg: desillusionierte Soldaten. Sie verlieren den Glauben, wissen nicht, wie sie weitermachen sollen. Und dennoch hat er etwas an sich, findest du nicht auch? Er ist ein Überlebenskünstler, aber das Feuer, in dem er geschmiedet wurde, hat ihn nicht grausam gemacht. Er schien nicht mehr leben zu wollen, und dennoch hat er die Rehabilitierungstherapie akzeptiert, als wäre dies seine nächste Mission. Er konnte wieder laufen, lange bevor einer von uns es für möglich gehalten hatte. Er machte allein Übungen, und er ließ sich durch nichts abhalten, nicht mal als wir ihn warnten, dass seine Lunge der Anstrengung noch nicht gewachsen wäre.«
Sie wischte das Holo beiseite, und nun erschien ein Video von Archex, wie er Liegestütze machte. Schweiß tropfte von seiner Stirn, und er quälte sich sichtlich: Seine Arme und Beine zitterten, aber er machte trotzdem weiter. Er schnappte nach Luft, als wäre er gerade mehrere Kilometer gerannt, und Vi sah die grimmige Entschlossenheit in seinen Augen.
»Er ist beharrlich«, bemerkte sie.
»Das kannst du laut sagen«, bestätigte Kalonia.
»Was ist mit seiner Psyche? Ist er … labil?«
Die Ärztin klackte mit der Zunge. »Nicht mehr und nicht weniger als du, ich oder Leia. So viele von uns sind durch eine Tragödie zum Widerstand gekommen. Er ist auf dem Pfad der Heilung, aber er hat noch einen langen Weg vor sich. Das Reha-Programm auf Cerea soll ihm die nötige Zeit und den nötigen Abstand geben. Wenn man mitten in einer Sache drinsteckt, zum Beispiel auf einem Stützpunkt wie diesem oder auf einem unserer Schiffe, dann lässt man sich schnell in eine Routine hineinziehen. Aber wenn man nachdenken und seinen Frieden mit sich machen soll, dann braucht man Ruhe.«
»Und er stellt keine Gefahr mehr dar?«
»Das weiß man nie, Moradi. Aber er ist nicht gewalttätig. Er ist intelligent, er denkt logisch, und auch wenn er sich uns nicht angeschlossen hat, fühlt er sich ganz sicher nicht mehr der Ersten Ordnung zugehörig. Er wird dich nicht im Schlaf erwürgen, falls du dir deswegen Sorgen machst. Aber genau wie du wird er den Rest seines Lebens Albträume haben.«
Vi seufzte. »Das wollte ich wissen.«
»Ich kann gebrochene Knochen heilen, nicht gebrochene Seelen. Darum muss er sich schon selbst kümmern – genau wie du.«
Vi senkte den Blick. Sie selbst hatte diese Art von Reflexion vernachlässigt und sich stattdessen ganz auf ihre Arbeit konzentriert. Aber vielleicht könnte sie ja auf Batuu Heilung finden. Falls das Leben dort so langsam voranging, wie sie es vermutete, könnte sie ja … Kontakt zur Natur finden oder so.
Warum nicht?
Andererseits hatte sie nie wirklich aufgehört wegzurennen, seit sie Chaaktil verlassen hatte. Irgendwo gab es immer einen Kampf, in den sie sich flüchten konnte.
»Erst die Arbeit, dann die Therapie«, sagte sie schließlich. »Ich werde mich um meine geschundene Seele kümmern, wenn die Erste Ordnung besiegt ist. Was ist mit …«
»Achtung, Achtung«, dröhnte Leias Stimme aus der Lautsprecheranlage. Sie klang müde und traurig, als wäre sie seit ihrer Unterhaltung mit Vi gestern um fünfzig Jahre gealtert. Der General musste inzwischen bereits auf halbem Weg nach Takodana sein. Das Kommsystem knisterte, und Vi wartete mit angehaltenem Atem. »Ich ordne höchste Alarmbereitschaft an. Eine unbekannte Waffe hat gerade … Ich weiß nicht einmal, wie ich es sagen soll. Wir glauben … wir überprüfen gerade noch die Fakten, aber es scheint, als wäre es zum Äußersten gekommen. Das Hosnian-System wurde zerstört. Ja, das gesamte System. Jeder Planet. Und wir müssen davon ausgehen, dass die Regierung der Neuen Republik in diesem Kataklysmus untergegangen ist.« Und dann, als wäre es ihr gerade erst eingefallen, fügte sie hinzu: »Möge die Macht mit all den Opfern sein. Und möge sie auch mit uns sein.«
Es war, als würde sich eine gewaltige Leere in Vis Brust ausbreiten. Sie war dort gewesen, auf Hosnian Prime und Cardota. Sie hatte auf diesen Planeten gelebt und geschlafen und gearbeitet, hatte die Wärme ihrer Sonnen auf der Haut gespürt, und jetzt war alles einfach … fort? Es fiel ihr schwer zu atmen, als sie an all die Wesen dachte, die sie dort kennengelernt hatte – all die Namen und Gesichter, die nun vermutlich einer endlos langen Opferliste hinzugefügt wurden. Wenigstens war ihr Bruder nicht auf Pantora gewesen, sagte sie sich; er hatte dort bis vor Kurzem ein Praktikum beim Senat gemacht. Doch das war ihr einziger Trost. Kurz wunderte sie sich, ob Leia wohl genauso empfunden hatte, als sie vor all den Jahren die Zerstörung von Alderaan beobachtet hatte, wohl wissend, wie viele Leben gerade ausgelöscht wurden.
»Ein gesamtes Sternsystem«, hauchte Kalonia. Es klang fast wie eine Frage, als könnte sie es nicht begreifen – und wie auch? »Milliarden Wesen …«
Vi legte ihr die Hand auf den Arm. »Konzentrier dich auf die Wesen hier, in Ordnung? Sie brauchen dich.«
Die Ärztin nickte, und Vi sah, wie ihre Miene einen Prozess durchlief, den sie schon oft bei ihren Mitstreitern gesehen hatte. Es war der gleiche Ablauf von Emotionen, den sie auch gerade selbst durchgemacht hatte. Welche Zweifel eine Person auch haben mochte, sie waren unbedeutend im Angesicht der Notwendigkeit. Falls die Erste Ordnung im Besitz einer so mächtigen Waffe war, dann konnten sie es sich nicht leisten, innezuhalten und im Stillen zu weinen. Nein, sie mussten entschlossen das Kinn vorrecken und sich auf die Zukunft konzentrieren und auf die kleinen, persönlichen Gründe, die sie alle hierhergeführt hatten. Und dann mussten sie dafür sorgen, dass sich ein solches Grauen nie wiederholte.
Ihr Komm summte. »Elster? Ihre Mission nach Batuu wurde verschoben. Kommen Sie in den Hangar.«
»Ich muss gehen«, erklärte sie Kalonia, und die Ärztin nickte.
Vi rannte los.
Vielleicht brauchte der Widerstand Batuu. Aber Batuu konnte warten.
CEREA, VIER MONATE SPÄTER
Nach dem Untergang von Hosnian wurde der Widerstand von einer Woge des Chaos erfasst. Und nach der Schlacht von Crait wurde er um ein Haar ausgelöscht. Ihre Schiffe und Offiziere waren verloren, und Leia wäre um ein Haar ebenfalls gestorben. Luke Skywalker hatte die letzten Überlebenden zwar gerettet, aber er war dabei in die Macht eingegangen, und nun war Rey, eine Schrottsammlerin von Jakku, zu ihrer einzigen Hoffnung geworden. Alles was noch von ihrer Flotte übrig war, war der Millennium Falke, und keiner ihrer angeblichen Verbündeten war ihnen zu Hilfe gekommen. Also kontaktierte Leia all ihre Agenten und gab ihnen neue Befehle.
Versteckt euch. Die Erste Ordnung hat es auf mich abgesehen, also haltet euch möglichst weit von mir fern. Findet neue Verbündete. Sammelt Treibstoff und Waffen. Baut den Widerstand neu auf. Helft uns, wieder auf die Beine zu kommen.
Für Vi bedeutete das, dass sie nun doch nach Batuu reisen würde.
Aber erst musste sie ihren neuen Partner abholen.
Nein. Das Wort gefiel ihr noch immer nicht.
Ihren Mitstreiter.
Und so saß sie nun in einem uralten, mit Schrott gefüllten Transporter und flog Cerea entgegen. Oder zumindest war es für sie Schrott. Für Leia waren es die Bausteine einer neuen Widerstandsbasis. Die Welt unter ihr erinnerte Vi daran, wie schön die Galaxis sein konnte, wenn man Wesen ihre Freiheit zugestand und sie nicht von einem grausamen Regime in die Luft gejagt oder in die Knie gezwungen wurden. Da gab es wunderschöne türkisfarbene Meere, uralte Wälder, Felder mit wogendem goldenem Getreide. Sie seufzte und richtete ihren alten, klobigen Transporter auf den dunklen Smogfleck von Asphodar 3 aus, einer der Fremdweltler-Zitadellen von Cerea. Die einheimischen Cereaner legten großen Wert darauf, ihren Planeten von Verschmutzung und Technologie frei zu halten, darum waren diese stadtgroßen Konstruktionen die einzigen Anlaufstellen für Einwanderer und Besucher. Vi landete in einem der Besucher-Hangars und sah sich um.
»Bist du bereit, Peka?«
Ihr modifizierter PK-Ultra-Arbeitsdroide stieß ein übertrieben lautes Stöhnen aus, während er hinten im Frachtraum einen verbeulten Energiedroiden reparierte. »Bereit wofür? Für einen weiteren Tag unvorstellbarer Qualen? Dafür, von einem weiteren zerbrechlichen Menschen herumkommandiert zu werden? Dafür, mich abzurackern, bis meine Gelenke brechen?«
Peka war doppelt so groß wie ein normaler PK-Droide, aber so angepasst, dass er genauso unauffällig und harmlos wirkte wie das Original, obwohl er selbst die schwersten Lasten transportieren konnte. Sein »Kopf« – wenn man es denn so nennen konnte – sah aus wie eine Lampe mit einer Schwarzlichtleuchte, sein Körper war bauchig, mit breiten Füßen und dreifingrigen Händen, alles von perlsilbernem Lack überzogen.
»Ich wünschte, ich hätte Zeit gehabt, deine Persönlichkeit anzupassen.«
»Und ich wünschte, man hätte mich in Ruhe auf Naboo verrosten lassen. Aber hier sind wir nun mal, beide Opfer eines großen, kosmischen Scherzes.«
Vi fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und murmelte: »Warum musste der FO Geegee nur in Stücke reißen?«
»Das habe ich gehört«, sagte Peka. »Und ich muss betonen, dass ich jeder Astromecheinheit haushoch überlegen bin. Ich besitze ein verbessertes JN-Verbo-Gehirn, und ich kann einen ausgewachsenen Ronto hochheben. Welchen Nutzen hätte einU5 bei dieser Mission? Unerträgliche, piepsende Schrotthaufen!«
Vi stand auf und strich sich die Fransen aus der Stirn. Während ihrer Genesungsphase hatte sie ihr Haar wachsen lassen, aber jetzt trug sie es dicht um ihren Kopf geflochten und darüber eine ihrer bevorzugten Perücken; eine lange, struppige Bobfrisur, schwarz, mit ein paar blau gefärbten Strähnen rings um ihr Gesicht. Zwei weitere Perücken befanden sich in einem versteckten Koffer im Frachtraum, nur für den Fall, dass der Modegeschmack in Black Spire ein wenig konservativer war.
Es fühlte sich seltsam an, eine Mission als sie selbst zu beginnen, mit ihrer eigenen Kleidung, ihrem eigenen Namen, ganz ohne Tarnidentität oder einen wendigen, kleinen Sternhüpfer. Sie war einfach nur Vi Moradi und ganz offen im Auftrag des Widerstands hier, mit einem Schiff, das einst Erze und Treibstoff von einem staubigen Mond abtransportiert hatte und jetzt mit gänzlich anderer Fracht beladen war. Sie hatte eine Jacke gefunden, die ihr beinahe ebenso gut gefiel wie ihre letzte – die hatte sie verloren, als sie an Bord von Cardinals Sternzerstörer geschleift worden war. Sie bestand aus Synthleder, im typischen Orange des Widerstands, mit cremefarbenen Zierstreifen, jeder Menge Taschen und einem stolzen Phönix-Aufnäher. Die Seitentaschen ihrer Arbeitshosen und ihr Gürtel waren mit allerlei nützlichen Werkzeugen und Waffen bestückt, einschließlich ihres Lieblingsblasters, ihres zweitliebsten Blasters und eines speziellen Schlagstocks, der ihr schon so manches Mal das Leben gerettet hatte, wenn Blasterstrahlen zu laut oder zu auffällig gewesen waren. Ihre Stiefel waren abgetragen, ihre Handschuhe hingegen so neu, dass sie sich noch ganz steif anfühlten. Dies war eine ungewöhnliche Mission für Vi, und ja, sie hatte nicht wirklich Lust darauf. Aber da sich die letzten Überbleibsel des Widerstands auf der Flucht befanden, würde sie tun, was immer Leia von ihr verlangte. Nach der Apokalypse von Hosnian hatte sie keine Zweifel mehr, nur noch Ziele.
Was bedeutete, dass sie jetzt besser aufhörte, Zeit zu verschwenden, und sich an die Arbeit machte.
»Also dann«, murmelte sie, während sie von Bord stieg und in den sauberen Hangar hinaustrat. Eine Cereanerin mit lang gezogenem Schädel und grauer Robe kam ihr anmutig entgegen, in der Hand ein kleines Notepad.
»Haben Sie vor, länger hier anzudocken?«, fragte sie, den Kopf zur Begrüßung geneigt.
Vi erwiderte die Geste. »Nein, ich bleibe nur eine Stunde.«
»Und Ihre Fracht?« Die Frau zog die Augenbrauen hoch.
Vi warf einen Blick über die Schulter. Die Hafenbeamtin wollte vermutlich sichergehen, dass sie keine Schmuggelware auf den Planeten brachte. Die Cereaner hatten ihre liebe Mühe, Kriminelle von ihren Zitadellen fernzuhalten, aber Vi war nicht hier, um Waffen zu verkaufen oder die wertvolle cereanische Pflanze Guilea zu stehlen. Nur würde ihr das niemand glauben, jedenfalls nicht, ohne erst ihren Frachtraum durchsucht zu haben oder sie während ihres gesamten Aufenthalts unter Beobachtung zu stellen. Doch zum Glück …
»Ich bin nur aus einem Grund hier«, erklärte Vi. »Und da ist er auch schon.«
Eine Gestalt kam auf den Transporter zu. Sie sah gleichzeitig vertraut und vollkommen verändert aus. Das Haar war nicht länger militärisch kurz geschoren, sondern ein wenig lockig, und ein leichtes Humpeln behinderte die zackigen Schritte. Aber er war noch immer unverkennbar Cardinal …
Nein.
Er war Archex. Das durfte sie nicht vergessen.
Während sie sein schlichtes weißes Hemd, seine braune Jacke und seine schwarze Hose musterte, fiel ihr auf, dass sie ihn – abgesehen von dem Holo aus der Medistation – nie in Zivilkleidung gesehen hatte. Er wirkte kleiner ohne seine Rüstung, verwundbar und ziellos. Dennoch war er ein kräftig gebauter Mann, und wie Major Kalonia Vi gezeigt hatte, hatte er sich nicht geschont, um bei Kräften und fit zu bleiben. Es waren seine Augen, die ihn schutzlos erscheinen ließen. Es war, als würde er ständig einem fernen Sonnenuntergang entgegenblinzeln, voller Sorge über das, was kommen mochte. Vi konnte den Schmerz in seinem Gesicht erkennen, aber sie wusste aus Erfahrung, dass Rücksicht oder Zurückhaltung das Letzte waren, was er jetzt wollte.
»Tut mir leid, dass ich ein paar Monate zu spät dran bin. Du siehst gut aus, Notbremse«, rief sie quer über den geschäftigen Raumhafen.
Er zog die Mundwinkel nach unten; vermutlich hasste er sein Humpeln. Für jemanden wie ihn, der zwanzig Jahre lang jeden Tag eine Rüstung getragen hatte, musste es unerträglich sein, sich plötzlich so nackt und … nun ja, verwundbar zu fühlen.
»Er sieht nicht gut aus, nicht mal nach menschlichen Standards«, kommentierte Peka, der durch die offene Einstiegsluke des Transporters spähte. »Kein Wunder, dass bei meinem letzten Update medizinische Protokolle in meinen Speicher hochgeladen wurden. Diese Person wird jede Hilfe brauchen, die sie kriegen kann.«
»Behalt deine Gedanken für dich«, schnappte Vi.
Peka seufzte; es war, als wäre er speziell auf Seufzen programmiert worden. »Menschliche Körper sind schlimmer als Schrott«, murmelte er.
Cardinal … nein, Archex! Es fiel ihr schwer, etwas anderes in ihm zu sehen als den Mann, der sie in die tiefsten, dunkelsten Winkel ihres Geistes geführt hatte; einen Mann, der es trotzdem wert war, gerettet zu werden – und sei es nur, weil Leia an seine Rehabilitierung glaubte. Es bereitete ihm sichtlich Schmerzen, auf das Schiff zuzumarschieren, und er schaffte es nicht ganz, seinen schweren, keuchenden Atem zu überspielen. Vi streckte die Hand aus, bereit, ihm die kleine Stufe zur Einstiegsrampe hochzuhelfen, aber er ignorierte sie, griff stattdessen nach einer der Stützstreben und zog sich allein hoch. Seine Miene verriet, wie viel es ihm abverlangte, trotzdem zog Vi die Hand wieder zurück; jeder weitere Versuch zu helfen, würde ihn nur noch wütender machen.
»Darf ich vorstellen? Das schnellste Schiff der Galaxis«, sagte sie. »Das ist natürlich gelogen. Aber es klingt besser als: ein flügellahmer Transporter voll mit gebrauchtem Schrott und einem melancholischen Droiden, den sie mir vermutlich nur mitgegeben haben, um ihn endlich los zu sein.«
»Das habe ich gehört«, klagte Peka. »Und ich bin nicht melancholisch. Ich bin Realist.«
Archex trug eine kleine braune Ledertasche, die er nun zu Boden warf, als er auf einem der unbequemen Sitze Platz nahm, die für anspruchslose Frachtpiloten konzipiert waren.
»Können wir starten?«, fragte er.
Die cereanische Hafenbeamtin wartete noch immer am Fuß der Rampe.
»Muss ich irgendwas unterschreiben?«, fragte Vi.
»Besucher dürfen zwar ohne genauere Registrierung bis zu einer Stunde andocken, aber es ist dennoch wichtig, lückenlose Aufzeichnungen über alle Starts und Landungen zu …«
Archex drückte einen Knopf, und die Luke klappte vor dem verdutzten Gesicht der Cereanerin nach oben.
»Das ist überflüssig. Starten wir einfach.«
Vi bedachte ihn mit einem stechenden Blick, als wäre er ein unhöfliches Kind.
»Vertrau mir, es stimmt«, beharrte er. »Ich bin seit Monaten hier. Solange du nicht vier Tonnen Guilea an Bord schaffen willst oder einen toten Hutten ablädst, kann dich niemand zu etwas zwingen. Sie mögen einfach nur gutes Benehmen.« Als Vi ihn weiter anstarrte, deutete er mit einer Kopfbewegung auf das Instrumentenpult. »Worauf wartest du noch? Wir haben eine Mission zu erfüllen. Die Zukunft des Widerstands hängt von uns ab und so weiter.« Nach einem weiteren Moment fügte er hinzu: »Bitte, bring mich von dieser grässlichen Enklave der Höflichkeit fort.«
Vi seufzte. Archex’ Kooperation war wichtiger als der Respekt einer cereanischen Bürokratin. Also ließ sie sich auf den Pilotensessel fallen, vergewisserte sich, dass die Frau in sicherer Entfernung von den Düsen stand, und startete die Triebwerke. Sie würde sich wohl nie an das unheilvolle Ruckeln gewöhnen, mit dem der Transporter in die Atmosphäre hochstieg; sie bevorzugte wendigere Schiffe mit Eleganz oder zumindest ein wenig mehr Schubkraft. Dieser Schrotteimer war ebenso hässlich wie langsam und obendrein schrecklich schwerfällig.
Archex verfiel in tiefes, abfälliges Schweigen, und nach einer Weile fiel Vi in die Rolle zurück, die sie schon bei ihrem ersten Treffen gespielt hatte: Sie versuchte, ihm Informationen aus der Nase zu ziehen.
»Und, hattest du einen netten Urlaub auf Cerea?«
»Es war kein Urlaub«, schnappte er. »Es war ein … wie nannten sie es? Ein friedliches, naturbetontes Aussteigerprogramm in den uralten, wunderschönen Wäldern von Cerea. Ich habe täglich meditiert, grässliche Entspannungsübungen über mich ergehen lassen und den Tanz der Drei Sonnen geübt. Oh, und man hat mich auf eine gänzlich pflanzenbasierte Diät gesetzt und mich von den Übeln der Technologie kuriert.«
Vi konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Ja, du klingst wirklich erholt und ausgeglichen. Was hat Leia sich nur dabei gedacht?«
Archex seufzte, aber er hatte zumindest so viel Anstand, ein wenig betroffen dreinzublicken. »Sie wollte mich an einen Ort schicken, wo ich nichts über die Aktivitäten der Ersten Ordnung erfahre. Und wer weiß, vielleicht glaubte sie ja wirklich, dass mir das hier guttun würde. Leider hat sie mein Interesse am Flechten von Porlash-Körben überschätzt.«
»Ich würde mich in so einem Programm auch schwertun, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Wenn man sich zu sehr an seine Arbeit gewöhnt hat, ist es schwierig, plötzlich stillzustehen.«
Er nickte. »Und da ich bei meiner Arbeit ständig von Technologie umgeben war, war Cerea eine denkbar schlechte Wahl.«
»Auf dieser Mission kümmere ich mich um alles Technische«, warf Peka ein. »Ich bin nicht sicher, welche Aufgaben da noch für ihn übrig bleiben.«
»Ignorier ihn einfach«, sagte Vi an Archex gewandt, dann hob sie die Stimme. »Peka vergisst gerne mal, dass ich hier das Sagen habe. Die Aufgabenverteilung ist folgende: Ich gebe die Befehle, Peka erledigt die körperliche Arbeit, und du bist für die klugen Vorschläge zuständig.«
Beinahe hätte Archex gelacht. Beinahe.
»Falls das meine Rolle ist, stecken wir in Schwierigkeiten.«
Vi wollte ihn korrigieren; laut den Scans und Tests, die sie mit ihm auf D’Qar durchgeführt hatten, war er überaus intelligent, aber die Gehirnwäsche der Ersten Ordnung hatte ihn schon vor langer Zeit davon überzeugt, dass er nur die Hand war, die die Waffe schwang, nicht das Gehirn, dass die Waffe bauen konnte und entschied, wie sie eingesetzt wurde. Die Erste Ordnung wollte keine denkenden Soldaten; niemand sollte ihre Kriegsmaschinerie hinterfragen. Der arme Archex hatte keine Ahnung von seiner eigenen Intelligenz, aber falls sie jetzt versuchte, ihm das zu erklären, würde es sicher nach hinten losgehen.
»Also gut, dann bist du eben der Mann im Hintergrund. Du bleibst am Komm, während ich nach neuen Rekruten suche. Strategie, Koordination, Organisation, das ist deine Aufgabe. Und du darfst sogar Peka herumkommandieren – oder es zumindest versuchen. Vergiss nur nicht, dass du für diese Mission ausgewählt wurdest. Leia glaubt an dich.« Sie drehte den Kopf zu ihm, und der Anblick seines Gesichts jagte ein unwillkürliches Prickeln durch ihr Nervensystem. »Und ich auch.«
Archex lehnte sich zurück, als sie die Atmosphäre hinter sich ließen, aber er schien sich in dem harten Kontursessel nicht so recht entspannen zu können. Andererseits waren sie dafür auch nicht gedacht; warum sollten Arbeiter es gemütlich haben, wenn sie Rohmaterialien transportierten, die ihre Arbeitgeber reich machten? Niemand dachte je an das Wohl von Dienern. Vi für ihren Teil konnte es kaum erwarten, wieder zu landen.
»Wohin geht die Reise denn?«, fragte Archex. »Mir hat man nur gesagt, dass ich dich bei einer geheimen Aufklärungsmission unterstützen soll. Um ehrlich zu sein, es wundert mich, dass man mir auch nur das verraten hat.«
»Nun, wir … besuchen einen abgelegenen Planeten namens Batuu, der sich weit von der Ersten Ordnung entfernt befindet. Unsere Mission lautet, dort eine Basis für den Widerstand aufzubauen und Unterstützer für unsere Sache zu rekrutieren. Ich habe als unseren Zielort einen Außenposten namens Black Spire gewählt – der letzte Stopp diesseits des Wilden Raums. Es ist die Art Planet, wo jeder zu sehr mit seinen eigenen Geschäften und Geheimnissen beschäftigt ist, um uns hinterherzuschnüffeln.«
Archex verzog das Gesicht, als würde es ihm Schmerzen bereiten, angestrengt nachzudenken. Vielleicht stimmte das sogar; Phasma hatte ihn ziemlich übel zugerichtet, und Major Kalonia hatte erklärt, dass er fortwährend unter Migräneanfällen litt. Vi gab ihm ein wenig Zeit, um die Informationen zu verarbeiten, und überprüfte derweil die Koordinaten. Peka hatte ihren Kurs leicht abgeändert, und sie löschte seine Korrekturen, bevor sie den Hyperantrieb aktivierte. Sie würde dieses Schiff so fliegen, wie es ihr gefiel.
»Noch nie von Batuu gehört, hm?«, fragte sie schließlich, nachdem der Transporter den Sprung in den Hyperraum gemacht hatte. »Genau deswegen fliegen wir dorthin. Es gibt nichts in dieser Gegend, was für die Erste Ordnung von strategischer Bedeutung ist. Keine seltenen Bodenschätze, die sie abbauen, keine Industriezentren, die sie übernehmen, keine Regierung, die sie kaufen könnten. Batuu hat seine besten Tage weit hinter sich. Und vergiss nicht: Der Großteil der Galaxis weiß noch gar nicht, dass die Starkiller-Basis zerstört ist. Sie glauben weiterhin an die Propaganda des Obersten Anführers Snoke und seiner Lakaien, und die Erste Ordnung wird alles tun, damit es so bleibt. Sie werden sich also wenig um Orte kümmern, die sie ohnehin als unwichtig erachten.« Sie beobachtete Archex während dieser Worte und wartete auf eine Reaktion. Als er keine Regung zeigte, murmelte sie: »Sie scheinen dich wirklich von deiner Gehirnwäsche befreit zu haben.«
Er zuckte nur mit den Schultern. »Es ist schwer, Interesse an etwas zu zeigen, wenn es so unwichtig ist. Das hier klingt nicht nach einer streng geheimen Mission, sondern eher danach, als wollte Leia uns einfach aus dem Weg haben … und dafür sorgen, dass ich nicht in Schwierigkeiten gerate.«
Vi hob mahnend einen Finger und ignorierte geflissentlich, dass sie vor der Hosnian-Katastrophe ganz genauso gedacht hatte. »Nur weil etwas für die Erste Ordnung uninteressant ist, muss es nicht wirklich uninteressant sein. Der Widerstand ist auf Hoffnung aufgebaut. Die Leute brauchen etwas, woran sie glauben können. Ein Symbol. Also suchen wir Orte, an denen die Erste Ordnung keine Macht hat, überzeugen die Einheimischen von unserer Sache und bauen eine Basis auf, in der unsere Leute sich sicher fühlen können – oder zumindest eine, wo sie ihren X-Flügler abstellen können, während sie auf neue Befehle warten. Wir haben den Großteil unserer Flotte und die meisten unserer Verbündeten verloren. Jedes Loch, wo wir uns und unsere Schiffe verstecken können, ist eine neue Hoffnung. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.«
Sie griff nach ihrer Tasche und zog ihre neueste Strickerei hervor. Das war eines von Vis kleinen Geheimnissen – sie liebte das Klacken der Nadeln vor dem Hintergrund des blau wirbelnden Hyperraums, diese Kombination aus Primitivem und Futuristischem. Es war entspannend, und es half ihr, vor einer komplizierten Mission ihren Kopf freizubekommen. Die Mütze war auf einen runden Rahmen gespannt, und die schön fasrige Bantha-Wolle täuschte über die ein oder andere unschöne Masche hinweg.
Archex starrte sie an, als wäre sie verrückt. »Du … strickst?«
Vi zog die Augenbrauen hoch. »Ja, wieso? Möchtest du es auch lernen?«
Er schnitt eine Grimasse. »Warum kaufst du nicht einfach eine … was immer das sein soll?«
»Es ist eine Mütze, und ja, ich könnte eine kaufen. Aber etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, auf die altmodische Art, und dann am Ende einen sichtbaren Beweis für seine Arbeit zu haben … das hat was Befriedigendes. Hast du noch nie selbst etwas erschaffen?« Abgesehen von den Tausenden und Abertausenden Kindern, die er zu skrupellosen Soldaten für die Erste Ordnung ausgebildet hatte … Aber das ließ sie lieber unerwähnt.
Archex seufzte traurig. Seine Miene verriet, dass seine Gedanken an einem weit entfernten Ort weilten. »Doch. Früher mal. Aber nicht in letzter Zeit. Auf einem Sternzerstörer hat man nur selten Gelegenheit, Spielzeuge zu schnitzen.«
»Nun, die gute Nachricht ist, beim Widerstand kannst du schnitzen, wo immer du willst. Und wenn wir Batuu erreichen, werden wir beide etwas Gutes erschaffen.«
»Korrektur«, warf Peka aus dem Frachtraum ein. »Sie sind beide beschädigte Exemplare Ihrer Spezies, weshalb ich den Großteil der körperlichen Arbeit übernehmen werde. Falls wir also etwas Gutes erschaffen, dann durch meine überlegene Kraft und räumliche Wahrnehmung, während ich Ihre abfälligen Bemerkungen über mich ergehen lasse.«
»Ich sollte einen Knebel stricken«, murmelte Vi.
Zu ihrer Überraschung sah sie ein Schmunzeln über Archex’ Lippen huschen. Vielleicht besaß er doch so etwas wie einen Sinn für Humor. Nun, da sie diesen Riss in seiner Fassade entdeckt hatte, beschloss sie, die Gelegenheit auszunutzen.
»Also, sollen wir darüber sprechen?«
Er wandte den Blick ab. »Worüber?«
Vi lachte. »Ich hätte dich nie für einen Feigling gehalten, Archex.«
»Ich bin kein Feigling. Ich finde nur, dass Taten mehr sagen als Worte. Ich bin hier. Das sollte genügen.«
Sie zog eine Braue nach oben. »Nun, ich halte große Stücke auf Ehrlichkeit. Keiner von uns ist unversehrt von diesem Sternzerstörer entkommen. Ich für meinen Teil habe mich noch immer nicht ganz von dem erholt, was du mir angetan hast. Allein dein Anblick reicht, und meine Muskeln zucken wieder, als würde man mir einen Stromschlag verpassen. Aber ich habe eine Mission, und die werde ich erfüllen. Darum hoffe ich, dass wir von vorne anfangen können. Du hast deinen Job gemacht, ich meinen. Und ich habe ernst gemeint, was ich damals auf dem Schiff zu dir gesagt habe: Ich glaube, da verbirgt sich ein guter Mensch unter deiner roten Rüstung.«
Er blickte auf seine Hände hinab und spreizte die Finger. »Ich habe keine Rüstung mehr.«
»Dann können wir ja vielleicht deine harte Schale knacken. Mal sehen, was für eine Person du ohne deine Gehirnwäsche, deine Protokolle und deine Propaganda bist. Vielleicht kann ich dich ja sogar ganz gut leiden, wenn du mich nicht gerade folterst.«
Er seufzte, lauter diesmal. Es klang, als wäre jeder Atemzug eine selbstauferlegte Strafe für ihn. »Hör zu, ich weiß, was ihr alle wollt. Aber falls ihr glaubt, dass ich mich dem Widerstand anschließe und ein wahrer Gläubiger werde, irrt ihr euch. Ich folge vielleicht nicht mehr der Ersten Ordnung, aber das heißt nicht, dass ich mich sofort einer anderen Sache anschließen werden. Im Moment …«
Seine Stimme verhallte, und er starrte durch das Cockpitfenster in das entspannende Blau des Hyperraums hinaus, aber es schien ihm keine Ruhe zu schenken. Vi rutschte eine Masche von der Nadel.
»Im Moment – was?«, hakte sie nach.
»Ich weiß nicht, woran ich glauben soll. Nicht dass es wichtig wäre. Sie haben mich hergeschickt. Ich hatte keine Wahl bei der Sache, aber ich habe jetzt eine Mission, und ganz egal, ob es eine Bestrafung oder ein Test ist, ich werde sie erfüllen.« Seine Finger trommelten auf die Armlehnen seines Sessels. »Obwohl ich sagen muss, dass ich die Schiffe der Ersten Ordnung vermisse. Dieser Sessel ist wie ein …«
»Ein Folterstuhl?«, fragte Vi schneidend. »Dann weißt du jetzt wenigstens, wie sich so was anfühlt.«
Archex senkte leicht betreten den Kopf. »Das war eine schlechte Metapher.«
»Es war ein Vergleich.«
»Bist du immer so unausstehlich.«
»Immer.«
»Das kann ich bestätigen«, meldete sich Peka aus dem hinteren Teil des Transporters zu Wort. »Sie sind beide unausstehlich. So wie fast alle Humanoiden. Es ist eine regelrechte Plage.«
Beinahe hätte Vi gelächelt. Sie und Archex zankten sich wie Geschwister. Es war nicht viel, aber es war ein Anfang.
»Ich weiß, dass es schwer ist. Du … nun, du hast alles verloren, was du je kanntest. Aber ich gehe jede Wette ein, dass du dich noch dem Widerstand anschließen wirst. Vertrau mir – etwas Gutes zu tun, fühlt sich gut an. Man wird regelrecht süchtig danach.«
Er schüttelte den Kopf, und jede Spur von Humor verschwand aus seinem Gesicht. »Etwas Gutes? Du glaubst, ihr seid die Guten? Warum trage ich dann das hier?« Er zog sein rechtes Hosenbein hoch, sodass sie die Fußfessel mit dem Peilsender sehen konnte.
Vi hatte solche Fesseln schon früher gesehen. Der kleine, metallene Reif überwachte jeder seiner Bewegungen, jeden Schlag seines Herzens, selbst im Schlaf. Er zeichnete alles auf, was Archex sagte, und leitete es an den Widerstand weiter, bis der Überläufer sich als vertrauenswürdig erwiesen hätte – oder eben nicht.
»Wir sind vielleicht altruistisch, aber wir sind nicht dumm«, erinnerte sie ihn.
Ihre Blicke kreuzten sich, und es überraschte Vi, wie viel Mitleid sie in diesem Moment mit ihrem einstigen Feind empfand; dem Mann, der sie in einen dunklen, blutbefleckten Raum in den Eingeweiden eines Sternzerstörers gesperrt und sie bis an die Belastungsgrenze ihres Körpers, ihres Geistes und ihrer Loyalität getrieben hatte.
»Du musst es doch inzwischen einsehen, Archex. Du hast die Holos von Hosnian gesehen. Die Zerstörung. Milliarden Wesen – Familien, Kinder … alle tot. Du hast mir gesagt, bei der Ersten Ordnung ginge es genau darum: um Ordnung. Aber du musst doch wohl zugeben, dass das hier nichts mit Ordnung zu tun hat. Sie ermorden einfach jeden, der sich ihnen widersetzt. Ich weiß, damals auf deinem Sternzerstörer hast du erkannt, dass die Erste Ordnung den falschen Weg beschreitet. Phasma und Hux sind nur zwei Symptome dieser Krankheit. Aber du hast die Krankheit rechtzeitig entdeckt, und es gibt ein Heilmittel.«
Er verdrehte die Augen, aber Vi konnte seinen inneren Konflikt sehen. »Und was ist das für ein Heilmittel?«
»Mitgefühl.« Sie streckte die Hand aus, wie um seinen Arm zu berühren, und er zuckte vor ihr zurück. Also griff sie wieder nach ihren Stricknadeln. »Verständnis. Wir sehen die Schönheit in unseren Unterschieden. Wir schätzen die Freiheit und das Recht, Fehler zu machen und sich zu bessern. Wir stehen gemeinsam gegen Unterdrückung und Grausamkeit.«
»Bei dir klingt das so einfach.«
»Es ist einfach.«
Mit einem ächzenden Atemzug drehte er sich zu ihr herum und beugte sich vor. »Du kannst die Leute nicht zwingen, an etwas zu glauben, Moradi. Genau darum geht es doch bei eurem Widerstand, oder? Es ist der Widerstand gegen Kontrolle. Ihr glaubt, wenn ihr die Erste Ordnung zerstört, kann jeder seinen eigenen Weg wählen, auch wenn es vielleicht der falsche ist.« Vi nickte. »Dann treffe ich die Wahl, dass ich nicht Teil des Widerstands sein will.« Einen kurzen Moment lang lächelte er trocken, dann kehrte die vertraute Grimmigkeit auf seine Züge zurück.
Vi zog die Schultern hoch, während sie weiterstrickte. Auf der Absolution war es irgendwie leichter gewesen, mit ihm zu reden; vielleicht weil sie einander dabei nicht direkt in die Augen geblickt hatten. »Du kannst wählen, was du willst, Notbremse. Aber Leia und ich glauben an dich. Du wirst deine Meinung ändern. Irgendwann kommt für jeden der Moment, in dem man seine Prinzipien nicht länger ignorieren kann. Eine Erkenntnis, eine Erleuchtung, eine Linie, die man nicht überschreiten will. Wir müssen nur noch rausfinden, welche Linie das bei dir ist.«
»Du hättest mich einfach sterben lassen sollen«, sagte er leise.
»Wir werden sehen«, war alles, was sie darauf erwidern konnte.
Er wandte sich dem Hyperraum zu und verstummte. Sich in seine eigene Gedankenwelt zurückzuziehen, war in dem engen Transporter die einzige Fluchtmöglichkeit. Vi kannte diese Methode nur zu gut; sie hatte sie während ihres Verhörs auf der Absolution angewandt.
Einen Moment lang beobachtete sie Archex noch, dann widmete sie sich wieder ihren Stricknadeln. Ein gebrochenes Wesen brauchte Zeit, um zu heilen. Es musste sein gesamtes Leben neu aufbauen, angefangen mit seinem Herzen. Es musste seine eigene Motivation finden, um weiterzumachen, seinen eigenen Weg hinaus aus diesem dunklen Tal. Und Schmerz, Bedauern und vermutlich auch Scham würden auf diesem Weg seine ständigen Begleiter sein.
Genauso, wie sie Vis Begleiter waren.
Denn auch vor ihr lag noch ein langer Weg.
Einige Zeit später humpelte Archex zu den Kojen, die hinten an der Wand des Frachtraums festgeschweißt waren, und legte sich schlafen. Dr. Kalonia hatte ja gesagt, dass er noch nicht wieder genesen war und sich weiterhin erholen müsse, genauso wie Vi. In ihrem Fall hatte Archex’ übermäßiger Einsatz des Folterstuhls permanente Nervenschäden verursacht, und sie vermutete, dass zwei ihrer Finger dauerhaft taub bleiben würden. Aber sie tröstete sich damit, dass zumindest ihr Abzugfinger noch funktionierte. Der blaue Wirbel des Hyperraums wirkte friedlich, Archex war fort und sogar Peka hielt den Mund. Doch aus irgendeinem Grund machte die Stille sie nun nervös.
Anfangs hatte sie Leias Mission als Beleidung betrachtet. Dann, nach Crait, hatte sie einfach nur schnellstmöglich aufs Feld zurückkehren wollen. Immerhin war sie eine Agentin – Leias beste Agentin, wie sie wusste –, eine absolute Expertin, wenn es darum ging, sich zu verkleiden, Informationen aufzuspüren und sich wie ein Geist durch feindliches Territorium zu schleichen. Sie hatte von einer Mission gehört, einen Sternzerstörer zu infiltrieren, aber letztlich war eine andere Einheit, Codename Team Grün, mit dieser Aufgabe betraut worden. Vi hatte sich ins System gehackt und herausgefunden, dass Major Kalonia sich persönlich dagegen ausgesprochen hatte, Vi auf diese Mission zu schicken, angeblich weil dies ein anhaltendes psychisches Trauma verschlimmern könnte.
Was immer das bedeuten sollte.
Und nun war sie hier, auf dem Weg zu einem entlegenen Außenposten auf einem entlegenen Planeten mitten im Nichts, um Stockbetten aufzubauen, naive Farmer und zwielichtige Schmuggler für einen Kampf zu rekrutieren, der noch nicht bis zu ihnen vorgedrungen war. Und ganz gleich, wie sehr sie Archex gegenüber auch auf die Bedeutung dieser Mission pochte, empfand sie das Ganze doch immer noch wie eine Vergeudung ihrer Talente. Es war zu simpel. Sie hatte Archex gesagt, er solle Leia und dem Widerstand vertrauen, aber in Momenten wie diesem fühlte sich das Band der Verpflichtung für sie selbst ein wenig wie eine Fessel an.
Vi atmete tief durch, als sie das unangenehme, dumpfe Gefühl in ihrer Magengrube erkannte: Nervosität. Sorge. Stress. Ihre Schultern waren verspannt, ihre Finger taub. Sie lehnte sich auf dem harten Sessel nach hinten und zwang sich, ihren Körper zu entspannen. Sie musste sich der unangenehmen Wahrheit stellen, dass Kalonia vielleicht recht gehabt hatte. Vielleicht brauchte sie tatsächlich Zeit, um zu heilen. Vielleicht hatte sie ihr Trauma wirklich noch nicht verarbeitet. Vielleicht brauchte sie eine Mission wie diese, quasi einen Urlaub auf einem entlegenen Planeten. Und vielleicht brauchte der Widerstand neue Rekruten und Verstecke genauso dringend wie neue Informationen über die Pläne der Ersten Ordnung.
Während der mehrtägigen Reise teilten sich Vi und Archex den knappen Innenraum des Transporters, so gut es eben ging. Sie aßen, sie schliefen, sie langweilten sich und sie versuchten, einander die meiste Zeit über zu ignorieren. Als sie schließlich aus dem Hyperraum zurückfielen, hatte Vi ihre Mütze fertig gestrickt und sich beinahe an das kratzige Tragegefühl gewöhnt. Während des Strickens hatte sich die Bantha-Wolle weich angefühlt, aber sie war kein Vergleich zu der hippoglacierten Wolle, die sie auf der Absolution verloren hatte; sie hatte daraus einen Pullover für ihren Bruder gestrickt, und dann hatten Cardinals Leute ihn zerstört. Allein die Erinnerung an das nervöse Piepsen ihres Droiden und die metallenen Fesseln um ihre Handgelenke machte sie wütend, und es bedurfte einer großen Willensanstrengung, um ihre zusammengepressten Kiefer zu entspannen. Sie mochte inzwischen in der Lage sein, zwischen Archex und Cardinal zu unterscheiden, aber die kleinsten Details konnten noch immer unkontrollierte physische Reaktionen in ihr auslösen. Vermutlich war sie wirklich nicht die richtige Person, um in ihrem gegenwärtigen Zustand einen Sternzerstörer zu infiltrieren.
Die Sterne zogen sich wieder zu Punkten zusammen, und in ihrer Mitte schimmerte Batuu, ein Juwel vor dem indigoblauen Vorhang der Unendlichkeit. Der Planet wirkte ebenso schön und natürlich und langweilig wie Cerea. Jenseits davon lag der Wilde Raum mit all seinen unerforschten Welten und mysteriösen Sternen.
»Das ist dann wohl unser neues Zuhause«, murmelte sie.
»Ich werde hier nur bleiben, bis General Organa eine neue Aufgabe für mich hat«, erklärte Peka. »Die natürliche Luftfeuchtigkeit ist nicht gut für meine Sensoren.«
Archex schlurfte ins Cockpit und setzte sich steif auf seinen Sessel. Auf der Suche nach einer erträglichen Position drehte er sein verletztes Bein hierhin und dorthin. »Sind wir da?«
Mit einem Lächeln wies Vi nach vorne zum Cockpitfenster. »Willkommen auf Batuu. Nächster Halt, Black Spire.«
Als wäre dies das Stichwort gewesen, piepsten die Sensoren des Schiffes, und zwei rote Punkte erschienen auf dem Schirm. Vi beförderte ihre Stricktasche mit dem Stiefel unter ihren Sessel und beugte sich vor.
»Ein Angriff der Ersten Ordnung?«, fragte Archex, während er seine Schmerzen ignorierte und sich ebenfalls vorbeugte.
Sie schüttelte den Kopf. »Das sind keine TIEs. Nur …«
»Schmugglerschiffe«, sagte Peka. »Wie auf einer so primitiven Welt nicht anders zu erwarten.«
Laserfeuer blitzte auf, als die beiden näher kommenden Schiffe von Punkten auf dem Scannerschirm zu realen Objekten im Weltall wurden. Ein kleineres Schiff mit gewaltigen Kanonen feuerte auf ein größeres Schiff; es sah ein wenig aus, als würde eine Maus eine Katze jagen.
»Sie haben es nicht auf uns abgesehen«, erklärte Vi, ohne sich aber zu entspannen. Ihr Transporter war groß, auffällig und definitiv wehrlos. Sie versuchte, das Schiff von den beiden Schmugglern fortzudirigieren, und verfluchte innerlich die trägen Kontrollen.
»Dieser Transporter hat keine Deflektoren«, erinnerte Peka sie aus dem Frachtraum. »Vielleicht sollten Sie besser ein Ausweichmanöver einleiten. Nicht dass es irgendjemanden hier interessiert, was ich sage, aber …«
»Sie haben uns bestimmt schon gesehen«, brummte Vi.
Doch die beiden Schiffe beharkten einander weiter, als wären sie allein im All, und keines schenkte dem klobigen Neuankömmling irgendwelche Beachtung. Vi zog am Steuerbügel und lenkte den Transporter gerade rechtzeitig aus dem Weg, ehe das vordere, größere Schiff gefährlich nahe an ihnen vorbeipflügte.
»Will er uns als Deckung benutzen?«, entfuhr es Archex. »Das ist …«
»Gar nicht dumm«, unterbrach ihn Peka.
Vi riss das Steuer zur Seite, als das kleinere Schiff heranbrauste und grelles Laserfeuer aus seinen Kanonen stob. Der Schmuggler hielt mit selbstmörderischer Entschlossenheit an seinem Kurs fest und schien bereit, den Transporter in die Luft zu jagen, falls er weiter das Schussfeld auf sein Ziel blockierte.
Die Nase des Transporters neigte sich nach unten, aber Vi war zu langsam und ihr Schiff zu schwergängig. Das kleinere Schiff erwischte sie mit einem ungeduldigen, unpersönlichen Laserstrahl, und Vi spürte den Treffer in jedem Knochen ihres Körpers. Der Transporter bäumte sich auf und jaulte anklagend, während rote Lichter das Cockpit erfüllten und Alarme losschrillten. Archex fiel aus seinem Sitz und richtete sich ächzend wieder auf.
»Ich bevorzuge den Autopiloten«, beschwerte sich Peka. »Ihr Flugstil bringt meine Verkabelung durcheinander.«
Vi hatte keine Zeit für eine Entgegnung. Sie waren allein am Rand der Galaxis, der Widerstand war schwer angeschlagen, und dieser Transporter war das Beste, was man ihr hatte bieten können. Es gab keine Staffel X-Flügler, die sie eskortieren würde, niemanden, den sie um Hilfe rufen könnte. Nicht dass sie noch dazu in der Lage gewesen wäre; die Kommsysteme waren ausgefallen. Vi musste den Planeten erreichen, vorzugsweise solange sie noch am Leben und in einem Stück waren.
»Festhalten!«, rief sie. »Das wird eine raue Landung!«
»Lieutenant Moradi gilt laut ihrer Akte als hervorragende Pilotin«, kommentierte Peka. »Heute muss wohl eine Ausnahme sein.«
»Halt die Klappe, oder du fliegst aus der Luftschleuse«, schnappte Vi. »Ich muss mich konzentrieren!«
Sie musste ihr ganzes Können aufwenden, aber es gelang ihr, den Transporter in die Atmosphäre zu navigieren, und auch wenn sie viel zu schnell waren, flogen sie doch zumindest in die richtige Richtung. Obwohl das Navsystem beharrlich versuchte, sie direkt zum Raumhafen von Black Spire zu lotsen, hielt Vi stattdessen auf einen alten Wald westlich des Außenpostens zu, wo ihre Sensoren die geringste Dichte von Lebenszeichen anzeigten. Hoch aufragende Felsnadeln stachen aus der grünen Landschaft unter ihr empor, hoch genug, dass sie die Wolken kitzelten. Immerhin war das Wetter schön. Falls Vi schon in einem Feuerball auf einem Planeten mitten im Nirgendwo zerschellen sollte, dann wollte sie es zumindest unter einem fröhlich blauen Himmel tun.