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Der Rancher John Slade wird im Auftrag des benachbarten Ranchers Bill Mahone in der Stadt Tascosa des Viehdiebstahls beschuldigt und erschossen, da Mahone Slades Land haben möchte. Als Slades Sohn Waco, der vor Jahren nach einem Streit mit seinem Vater das Land verlassen hatte, Wochen später von dem Mord erfährt, schwört er sich Rache und versammelt eine Mannschaft von Gunslingern um sich, um Tascosa in Angst und Schrecken zu versetzen und selber zum Gesetzlosen zu werden.
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Sterbelied für Desperados
Western von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172649
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Sterbelied für Desperados
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G. F. Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G. F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
»Tausend Dollar sind eine Menge Geld für eine Unze Blei«, sagte Bill Mahone gedehnt. Seine Stimme klang kühl. Aufmerksam beobachtete er den Hageren.
Der nickte.
»Sicher«, erwiderte er. »Es ist aber auch eine gefährliche Sache, auf die ich mich einlasse. Der Sheriff …«
Er verstummte, als Mahone ungeduldig abwinkte.
»Der Sheriff«, entgegnete er verächtlich, »ist die größte Pflaume im County. Er frisst mir aus der Hand, wenn ich will.«
Bill Mahone räusperte sich.
»Trotzdem verlange ich von Ihnen perfekte Arbeit. Es darf kein Makel an dem Namen Mahone haften, wenn Sie Ihren Job beendet haben, verstanden?«
In den Mundwinkeln des Hageren zuckte es, dann umspielte ein hämisches Lächeln seine Lippen. »Keine Bange, Rancher«, erklärte der hoch gewachsene Mann mit dem scharf geschnittenen Gesicht und den glitzernden Augen. »Ihr Name bleibt sauber, dafür garantiere ich.«
»Dann ist es ja in Ordnung. Brauchen Sie einen Vorschuss?«
»Fünfhundert, wenn's recht ist.«
Im Gesicht Bill Mahones traten scharf die Wangenknochen hervor. Dann gab der grauhaarige, wettergegerbte Boss der M im Kreis sich einen Ruck.
*
John Slade lehnte an der Theke im Trailman Saloon von Tascosa. Seine rechte Hand hielt das halbleere Bierglas umklammert. Ein dickleibiger Mann mit Glatze sprach auf ihn ein. John hörte kaum hin. Es interessierte ihn nicht besonders, was der Glatzköpfige zu erzählen hatte. So vernahm er nur mit halbem Ohr, als der Bursche sagte: »Regen täte verdammt Not. Wasserlöcher und Brunnen auf den Weiden trocknen aus. 1875 hatten wir auch so einen höllisch heißen Sommer. Reihenweise verendete damals das Vieh …«
»Dreh dich um, Slade!«
Die klirrende Stimme ließ den fetten Kerl neben John augenblicklich verstummen.
John Slade war zusammengezuckt. Er duckte sich unwillkürlich unter dem peitschenden Klang der Stimme. Sekundenlang hielt er die Luft an, dann stellte er das Bierglas auf den Schanktisch und drehte sich um.
Der Dicke neben ihm pfiff durch die Zähne, so, als wäre ihm ein Licht aufgegangen und er hätte die Situation schlagartig erfasst. Sein Blick hetzte zwischen John und dem hochgewachsenen Fremden bei der Pendeltür hin und her, dann beeilte er sich, aus Johns Nähe zu kommen.
Er hatte wohl tatsächlich begriffen.
Und nicht nur er.
Um John herum wurde es plötzlich lebendig, hastige Schritte dröhnten über die Fußbodendielen, ein rauer Fluch übertönte alles, ein Glas klirrte zu Boden.
Und dann war es still. Nur mehr gepresstes Atmen war zu vernehmen. John Slade stand allein am Tresen. Einsam, verlassen und — irgendwie verloren. Ein Mann von zweiundfünfzig Jahren, den ein Leben voller Entbehrungen und knochenbrechender Arbeit geformt, aber auch gebeugt hatte.
Vor nahezu 30 Jahren war er mit seiner Frau in das Land zwischen Canadian River, Alamocito Creek und Middle Alamoso Creek gekommen. In der Nähe des Canadian, der die Slade-Weide nach Norden begrenzte, hatte er ein Haus gebaut. Seine beiden Kinder waren in diesem Haus zur Welt gekommen, seine Frau war in diesem Haus gestorben.
John hatte niemals aufgegeben. Das Land südlich des Canadian war ihm zum Schicksal geworden, ihm und seiner Familie. Nur noch er und Judith lebten auf der Ranch. Judith, seine Tochter. Was er aus der Ranch erwirtschaftete, reichte für Judith und ihn zum Leben. Mehr allerdings konnte er nicht erwarten und erwartete er auch gar nicht.
Die Worte des fremden Mannes klangen in John Slade nach. Er spürte, wie seine Kehle trocken wurde.
»Was — was wollen Sie von mir?«, fragte er heiser und stockend.
Der Fremde ließ sich Zeit mit der Antwort. Es hatte den Anschein, als bereitete es ihm Genuss, den anderen zappeln zu lassen. Er legte den Kopf ein wenig schief, schob sich mit den Fingerspitzen seiner Linken den breitrandigen Hut ein wenig aus der Stirn, dann sagte er: »Du bist ein Viehdieb, John Slade, ein niederträchtiger Rinderdieb. Wo Rustler hingehören, weißt du. Sie gehören an das Ende eines Stricks, ganz einfach.«
John zog scharf die Luft durch die Nase ein. Sein Gesicht lief dunkel an.
»Das ist eine gottverdammte Unterstellung, eine Verleumdung!«, rief er erregt. »Niemals habe ich auch nur ein Maverick von einer fremden Weide getrieben. Bei Gott … Sie kommen daher und bezeichnen mich als Rustler. Wer gibt Ihnen das Recht? Wer sind Sie überhaupt?«
»Mein Name ist O'Connor. Jim O'Connor. Und das Recht!« O'Connor lachte böse auf, klatschte mit den flachen Händen gegen die Holster an seinen beiden Oberschenkeln. »Die hier geben mir das Recht.«
Da wusste John Bescheid. Es war ein abgekartetes Spiel. Bill Mahones Viehbestand hatte sich in den letzten Jahren derart vermehrt, dass Mahones Weide zu klein geworden war. Nun streckte er seine Hände nach dem Land zwischen Alamocito Creek, Middle Alamoso und East Creek aus. Da gab es saftiges Weideland und Wasser in Hülle und Fülle.
Bereits drei Angebote Mahones hatte er ausgeschlagen. Zuletzt hatte er den Rancher und dessen raubeiniges Rudel mit der Winchester in den Fäusten von seinem Grund und Boden gejagt.
Doch nun schien es, als hätte Mahone den Spieß umgedreht, als wollte er es auf die raue, tödliche Art und Weise zu Ende bringen.
Die weiteren Worte Jim O'Connors brachten ihm die Gewissheit.
»Ich habe in deinem Stall unter einem Haufen alten Gerümpels ein Dutzend Häute mit dem Brand der M im Kreis gefunden, Slade«, erklärte der Gunman. »Deine eigenen Kühe waren dir wohl zum Schlachten zu schade, wie? Da hast du dir deine Steaks einfach von Mahones Weide geholt.«
»Eine feine Art, einem unbequemen Nachbarn etwas anzuhängen.« John hatte es beinahe leidenschaftslos ausgestoßen. Er wusste, dass er nie ein Rind mit dem M im Kreis-Brand geschlachtet und gehäutet hatte. Und vielleicht hätte er jedem anderen, der ihn dessen verdächtigt oder beschuldigt hätte, dies lautstark ins Gesicht geschrien, möglicherweise auch die Zähne in den Hals geschlagen. Diesem O'Connor gegenüber wäre dies sinnlos, wenn nicht gar unmöglich gewesen.
John Slade hatte erkannt, dass er sich in einer nahezu ausweglosen Situation befand, dass er gegen den Schießer Mahones keine Chance hatte, weder mit Worten noch mit der Waffe in der Faust.
Johns Magen krampfte sich zusammen. Er spürte plötzlich die Angst in sich aufsteigen, und mit der Angst kam die Verzweiflung. Sein Atem begann zu rasseln.
»Wie viel – wie viel bezahlt Ihnen Mahone für diese Schmutzarbeit?«
Irgendwie versuchte er O'Connor hinzuhalten, wollte er Zeit gewinnen. Hinter seiner Stirn wirbelten die Gedanken. John suchte einen Ausweg. Er war kein Lamm, das sich als willenloses Opfer zur Schlachtbank führen ließ.
Über O'Connors Lippen drang ein schepperndes Lachen.
»Mahone hat mich sozusagen als Weidedetektiv auf seine Lohnliste gesetzt. Mein Auftrag lautet, Burschen deines Schlages das dreckige Handwerk zu legen. Habe ich Glück, erhalte ich ein Honorar …«
»Und haben Sie kein Glück, dann helfen Sie nach, indem Sie irgendjemand einen Viehdiebstahl in die Schuhe schieben.«
John Slade hatte es laut und verbittert ausgestoßen. Er hatte seine alte Verfassung zurückgewonnen und klammerte sich an die Hoffnung, dass jemand den Sheriff verständigen würde. Chris Holyman konnte ihn aus dieser tödlichen Klemme befreien, sonst niemand.
»Jetzt wirst du auch noch frech, wie?«, keifte O'Connor. Ein bösartiges Flackern war einen Sekundenbruchteil in seinen Augen. »Nur zu, Slade. Du darfst das. Ein Mann in deiner Lage darf fast alles. Ein Mann, der …«
»… gleich tot sein wird. Das meinen Sie doch?« So schnitt ihm John das Wort ab. »Sie sollten eines nicht vergessen: Wir leben in einem halbwegs zivilisierten Land. Und wir haben ein Gesetz. Mörder hängt man in Texas, O'Connor. So verlangt es das Gesetz.«
»Auch Viehdiebe landen hier am Galgen, Slade.«
»So ist es. Warum gehen Sie denn nicht zum Sheriff und zeigen mich an? Er wird Ihren Anschuldigungen auf den Grund gehen. Und sollte er mich des Viehdiebstahls überführen, dann wird er mich vor Gericht bringen und man wird mich verurteilen, nach Recht und Gesetz. Sie, O'Connor, wissen, dass ich kein Viehdieb bin. Mahone weiß es, jeder hier. Und der Sheriff würde es auch feststellen. Darum versuchen Sie mich herauszufordern, denn Mahone will mich loswerden, für immer und ewig. Das ist der Grund, weshalb Sie es selbst in die Hand nehmen – in die Hand nehmen müssen. Erst wenn ich tot bin, ist für Bill Mahone der Weg frei.«
»Was soll ich darauf antworten?«
Die Schultern O'Connors strafften sich nach diesen Worten, von den Zügen des Gunman war kein Zeichen der Regung abzulesen. Sie wirkten wie zu Stein erstarrt.
»Wir brauchen keinen Sheriff, um klare Verhältnisse zu schaffen«, schnappte der Schießer. »Diese Sache geht nur Mahone etwas an, dich, Slade, und mich natürlich. Jeder andere wäre zu viel in diesem Reigen.«
»Bilden Sie sich nur nicht ein, dass ich verrückt genug bin, nach dem Colt zu greifen.« John schüttelte den Kopf. »Ich werde Ihnen keinen Grund geben.«
»Dann nimmst du dir selber die letzte Chance, du Narr. Ich werde kurzen Prozess mit dir machen.«
Ruckartig setzte O'Connor sich in Bewegung. Er glitt wie ein Raubtier auf John zu. Bei jedem seiner Schritte streiften seine Handgelenke die Revolverkolben.
Jim O'Connor war entschlossen, den Smallrancher zu töten. Der Gunman war ohne Skrupel und gnadenlos.
John Slade hatte plötzlich das Gefühl, als streifte ihn der Eishauch des Todes. Er erbebte innerlich.
Da handelte O'Connor.
Seine linke Hand zuckte schattenhaft schnell in die Höhe, traf klatschend Johns Wange.
Das war die Art Jim O'Connors einen Mann herauszufordern.
Ein paar Männer stöhnten auf, es kam wie aus einem Mund. Auf eine solche Beleidigung gab es nur eine Antwort.
Seltsame Unruhe entstand ringsum. Aber niemand krümmte auch nur einen Finger, um John Slade zu helfen. Hier war sich ein jeder selber der Nächste. Der andere musste eben zusehen, wie er zurechtkam.
Über Johns Lippen war ein abgrundtiefes Ächzen gedrungen, als er auf diese hundsgemeine Art gedemütigt wurde. Seine verarbeiteten Hände zuckten vor, so, als wollte er dem Gunman an die Kehle fahren. Mitten in der Bewegung aber erstarrte John.
Er durfte O'Connor keinen Grund geben.
Dessen Hände lagen bereits auf den Revolverkolben, bereit, die Eisen aus den Holstern zu reißen und heißes Blei aus den Läufen zu jagen.
John nahm dies mit seltener Klarheit auf. Langsam löste sich in ihm die Verkrampfung. Seine Wange brannte von dem Schlag. Das Bewusstsein, vor der ganzen Stadt gedemütigt worden zu sein, drang in sein Denken wie ein glühender Stachel. Mit eiserner Hand zwang er sich zur Ruhe.
O'Connor gegenüber den Helden spielen zu wollen, wäre einem Selbstmord gleichgekommen.
Langsam drehte John sich um und zeigte dem Revolverschwinger den Rücken.
Mit dieser Reaktion hatte O'Connor nicht gerechnet. Er schnappte nach Luft, dann blaffte er: »Lieber feige als tot, wie?«
John schenkte ihm keine Beachtung. Er nahm vielmehr sein Bierglas, setzte es an den Mund und trank. Er gab sich Mühe, das Zittern seiner Hand zu verbergen, es gelang ihm jedoch nicht so richtig. Seine Gedanken arbeiteten sprunghaft.
Wo blieb nur Chris Holyman, der Sheriff? Irgendjemand musste ihn doch verständigt haben. Diese Stadt konnte doch nicht zusehen, wie …
O'Connor löste die Hände von den Knäufen. Wie die Klauen eines Adlers legten sie sich auf Johns knochige Schultern, wirbelten den Smallrancher herum.
Bier schwappte über den Glasrand, John taumelte. Er kam nicht richtig zum Denken, da traf ihn O'Connors Faust eisenhart auf den Mund. Johns Lippen platzten augenblicklich auf, dunkles Blut rann sein Kinn hinunter und tropfte auf den Boden, vermischte sich mit dem verschütteten Bier.
Ein unbeherrschter Aufschrei brach sich Bahn aus John Slades Mund. Achtlos ließ der Rancher das Glas fallen, seine Rechte schnappte nach dem alten schweren Armeecolt an seiner rechten Hüfte.
Jim O'Connor lachte scheppernd. Und als John sein Eisen halb aus dem Holster hatte, zuckten seine Hände zu den abstehenden Kolben. Der Gunman zog traumhaft schnell. Seinen Bewegungen war mit den Augen kaum zu folgen.
Feuer und Blei rasten aus den Mündungen auf John Slade zu, die Wucht der Geschosse warf ihn gegen den Schanktisch. Entsetzen, Verzweiflung und Todesangst verzerrten das lederhäutige Gesicht Johns, seine Lippen formten tonlose Worte.
Er rutschte langsam am Tresen hinunter, fiel zur Seite, schlug hart mit dem Gesicht auf die abgetretenen Dielen.
Sein letzter Gedanke galt seiner Tochter Judith.
Dann war John Slade tot.
Ein eiskalter Mörder hatte einen blutigen Schlussstrich unter ein hartes Leben voller Entbehrungen und Nöte gezogen — sinnlos, grausam, unvorbereitet.
*
Waco Slade stapfte beinahe gelangweilt den Bohlensteig hinunter. Das ausgetrocknete Holz ächzte unter seinen Schritten. Er blieb stehen, als Paul Henderson aus seinem Drugstore trat, grüßte und geschäftig sagte: »Eben ist mit der Postkutsche die Winchestermunition angekommen, Sheriff. Ich habe Ihre fünfundzwanzig Packungen zur Seite gelegt. Nehmen Sie das Zeug gleich mit, oder soll ich es in Ihr Office schaffen lassen?«
»Ihr Boy soll die Munition in mein Büro bringen, Mr. Henderson. Besten Dank übrigens für die Einladung zum Abendessen am Sonnabend. Ihre Frau ist als ausgezeichnete Köchin in der Stadt bekannt. Ich freue mich schon darauf, ihre Kochkunst am eigenen Leib zu erproben.«
Paul Henderson grinste.
»Noch mehr freut sich Betsy, wenn auch bei ihr die Freude in eine andere Richtung geht, in eine ganz andere. Sie wissen ja selbst, Sheriff, wie sehr das Mädchen in Sie verknallt ist.«
Waco lächelte. »Ich weiß schon, Mr. Henderson. Betsy schwärmt für mich, wie das Mädchen in ihrem Alter eben tun. Wenn ich nur daran denke, wie ich als Zwölfjähriger in meine Lehrerin verschossen war …« Er lachte auf. »Johnny Brennan, der Sohn unseres Schmieds, macht Ihrer Tochter verliebte Augen. Vielleicht können Sie sich ein wenig für den Boy erwärmen. Er würde schon vom Alter her prächtig zu ihr passen.«
Paul Henderson verdrehte die Augen, erwiderte dann aber Wacos Lächeln.
Waco Slade marschierte weiter.
Die Stadt war ruhig. Um diese Zeit war sie immer ruhig. Lauter wurde sie erst abends und an den Wochenenden. Sie wurde aber niemals zu laut.
Dafür sorgte Waco Slade.
Vor zwei Jahren hatte er den Stern in Casper, Wyoming, genommen. Bis zu diesem Zeitpunkt war Casper eine wilde Stadt voll böser Tücken und übler Lasterhaftigkeit gewesen.
Waco kehrte mit eisernem Besen, fegte mit Pulverdampf und heißem Blei jede Art von Gesindel aus der Town und ließ weder Unruhe noch Gesetzlosigkeit in Casper Fuß fassen.
Eine harte Zeit lag hinter Waco.
Nun aber war er Sheriff in einer ruhigen, friedlichen Stadt. Er kam an der Futtermittelhandlung vorbei, passierte die City Hall, warf einen Blick in Buck Cogans Schnapsbude, betrat die Posthalterei.
Tom Bixby, der Lenker der Overland Stagecoach, die zweimal in der Woche durch Casper kam, rief grinsend: »Hallo, alter Feuerfresser! Lange nicht mehr gesehen. Wie ich feststelle, steht dieses lausige Nest noch, und sein Sheriff erfreut sich bester Gesundheit. James Miller und seine Raureiter haben also ihre Drohung, Casper an allen vier Ecken anzuzünden und dem Erdboden gleichzumachen, nicht wahrgemacht, nachdem du sie ganz übel hast auflaufen lassen, als sie hier den Teufel loslassen wollten.«
»Nicht eine Nasenspitze war von ihm und seiner Höllenmannschaft in den vergangenen vier Wochen zu sehen. Sie werden sich ihre Wunden lecken und überlegen, wie sie mich am sichersten zu meinen Vorfahren schicken. — Wie war der Weg, Tom? Besondere Vorfälle?«
»Kein Bandit dieser Welt ist scharf auf irgendwelche Liebesbriefe, die wir durch das Land kutschieren. Wir müssten schon Gold oder gemünztes Silber durch die Gegend fahren, damit das zwielichtige Gesindel Wyomings auf uns aufmerksam würde. Du bist doch meiner Meinung, George, altes Ross?«
George war Toms Begleitmann. Das Gehalt für ihn hätte sich die Overland Company sparen können, denn auf dieser Linie wurde tatsächlich nichts anderes befördert als Briefe und Päckchen, für die sich kein Outlaw interessierte. Einmal hatte George bereits die Kündigung in der Tasche. Da ergriff der alte Tom Bixby für ihn Partei.
»Entweder George fährt weiterhin neben mir auf dem Kutschbock dieser Linie«, hatte er wütend getönt, »oder es fährt überhaupt keiner mehr von uns beiden. Sie sollten gut darüber nachdenken.«