Stolz und Vorurteil - Jane Austen - E-Book

Stolz und Vorurteil E-Book

Jane Austen.

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Beschreibung

Der beliebteste Roman von Jane Austen – keiner wurde öfter verfilmt. Seit vor 200 Jahren ›Stolz und Vorurteil‹ anonym erschien, wurde es gelesen und geliebt. Tausende Nächte vergingen über dieser Liebesgeschichte wie im Flug. Sie wurde verfilmt, zum Musical gemacht, und doch ist sie immer wieder neu: die Geschichte der stolzen Elizabeth und des Snobs Darcy, die schließlich ihren Standesdünkel überwinden. Famos gelingt es den beiden gefeierten Übersetzern Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié, den lebendigen und heiteren Ton und die geschliffenen Dialoge Austens wiederzugeben. Entstaubt ist ein Meisterwerk zu entdecken – und man versteht, warum Darcy in ›Schokolade zum Frühstück‹ wiederkehrt: Er ist einfach zu köstlich! Mit einem Nachwort von Felicitas von Lovenberg

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Seitenzahl: 639

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Jane Austen

Stolz und Vorurteil

Roman

 

Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié

 

Inhalt

Erstes Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

Zweites Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

Drittes Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

Zeittafel zum Leben Jane Austens

Zeittafel zum Leben Jane Austens

Felicitas von Lovenberg: Von dem sehr englischen Vergnügen, Austen zu lesen

Editorische Notiz

Biographische Notiz

Erstes Buch

1. Kapitel

Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass ein alleinstehender Mann im Besitz eines gewissen Vermögens auf der Suche nach einer Frau sein muss.

Sowenig man über die Gefühle oder Ansichten eines solchen Mannes auch wissen mag, wenn er sich neu in einer Gegend niederlässt, beherrscht die Tatsache doch das Denken und Trachten der benachbarten Familien dermaßen, dass es als ausgemacht gilt, dass er von Rechts wegen der einen oder anderen ihrer Töchter zufallen soll.

»Mein lieber Mr Bennet«, sagte seine Gattin eines Tages zu diesem, »hast du gehört, dass Netherfield Park endlich vermietet ist?«

Das, erwiderte Mr Bennet, habe er nicht.

»Aber so ist es«, sagte sie; »eben war nämlich Mrs Long hier, und die hat mir alles darüber erzählt.«

Mr Bennet gab keine Antwort.

»Ja willst du denn nicht wissen, wer der neue Mieter ist?«, rief seine Frau ungeduldig.

»Du hast dir in den Kopf gesetzt, es mir zu erzählen, und ich habe nichts dagegen, es mir anzuhören.«

Mehr Aufforderung brauchte sie nicht.

»Es ist nämlich so, mein Lieber; du musst wissen, Mrs Long sagt, Netherfield ist an einen jungen Mann aus dem Norden von England mit einem beträchtlichen Vermögen vermietet. Am Montag sei er mit einer vierspännigen Kutsche vorgefahren, um es sich anzusehen, und es habe ihm so gut gefallen, dass er sich auf der Stelle mit Mr Morris einig geworden sei; noch vor Michaeli will er einziehen, und ein paar erste Diener sollen schon Ende der nächsten Woche im Haus sein.«

»Und wie heißt er?«

»Bingley.«

»Verheiratet oder nicht?«

»Oh, unverheiratet, mein Lieber, das ist es ja! Ein lediger Mann von großem Vermögen; vier- oder fünftausend im Jahr. Was für ein Glücksfall für unsere Mädchen!«

»Wieso das? Was haben die damit zu tun?«

»Mein lieber Mr Bennet«, tadelte seine Gattin, »wie kannst du nur so schwerfällig sein! Es liegt doch auf der Hand – ich stelle mir natürlich vor, dass er eine von ihnen heiratet.«

»Deswegen zieht er her?«

»Nein, natürlich nicht deswegen! Was redest du für einen Unsinn! Aber es ist doch sehr gut denkbar, dass er sich in eine von ihnen verliebt, und deshalb musst du ihm einen Besuch abstatten, sobald er hier eintrifft.«

»Dazu sehe ich keine Notwendigkeit. Du und die Mädchen, ihr könnt gehen, oder du kannst sie alleine schicken, was vielleicht sogar noch besser ist, denn da du selbst so hübsch wie jede Einzelne von ihnen bist, wirst du Mr Bingley womöglich noch am besten von allen gefallen.«

»Mein Lieber, du schmeichelst mir. Ich mag einmal eine Schönheit gewesen sein, aber heute mache ich nicht mehr viel her. Wenn eine Frau fünf erwachsene Töchter hat, sollte sie von ihrer eigenen Schönheit nicht mehr reden.«

»Meistens gibt es in einem solchen Fall auch keine Schönheit mehr, von der man reden könnte.«

»Trotzdem, mein Lieber, du musst Mr Bingley besuchen, sobald er eingezogen ist.«

»Nichts worum ich mich reiße, das kannst du mir glauben.«

»Aber denk doch an deine Töchter. Denk nur daran, wie gut eine von ihnen versorgt sein könnte. Sir William und Lady Lucas wollen auch hingehen, und zwar nur aus diesem Grunde; du weißt ja, sie machen sonst nie Antrittsbesuche. Und überhaupt musst du hingehen, weil es ja sonst für uns unmöglich wäre, ihn zu besuchen.«

»Du machst dir zu viele Gedanken. Ich bin sicher, Mr Bingley wird hocherfreut sein, euch zu sehen; und ich schreibe ihm ein paar Zeilen und versichere ihm, dass ich von Herzen einverstanden bin, wenn er eine meiner Töchter heiratet, egal welche er sich aussucht; obwohl ich doch noch ein gutes Wort für meine kleine Lizzy einlegen muss.«

»Ich möchte dich bitten, nichts dergleichen zu tun. Lizzy ist nicht im mindesten besser als die anderen; und ich finde wirklich, sie sieht nicht halb so gut aus wie Jane und ist nicht halb so gesellig wie Lydia. Aber immer ziehst du sie vor.«

»Viel haben sie alle nicht, was sie empfiehlt«, entgegnete er; »sie sind allesamt genauso einfältig und unwissend wie andere junge Mädchen auch; aber Lizzy hat ein wenig mehr Verstand als ihre Schwestern.«

»Mr Bennet! Wie kannst du so schlecht von deinen eigenen Kindern reden? Du machst dir einen Spaß daraus, mich zu quälen. Du nimmst nicht die geringste Rücksicht auf meine armen Nerven.«

»Da missverstehst du mich, meine Liebe. Ich hege die größte Achtung vor deinen Nerven. Sie und ich, wir sind alte Freunde. Seit über zwanzig Jahren höre ich dich nun über sie klagen.«

»Du hast überhaupt keinen Begriff davon, wie ich leide.«

»Aber ich will hoffen, dass du es auch diesmal überstehst und noch erleben darfst, wie viele weitere junge Männer mit viertausend im Jahr in unsere Gegend ziehen.«

»Selbst wenn zwanzig kämen, wäre es uns keine Hilfe, weil du sie ja nicht besuchst.«

»Verlasse dich darauf, meine Liebe: sobald zwanzig beisammen sind, besuche ich sie alle.«

Mr Bennet war eine so eigentümliche Mischung aus geistreichen Bemerkungen, sarkastischem Humor, aus Verschlossenheit und Schrulligkeit, dass selbst die Erfahrung von dreiundzwanzig Jahren für seine Frau nicht ausgereicht hatte, sein Wesen zu begreifen. Was in ihrem Verstand vorging, war weitaus leichter zu erraten. Sie war eine Frau von durchschnittlicher Auffassungsgabe, wenig Bildung und sprunghaftem Wesen. Wenn sie unzufrieden war, glaubte sie, sie leide an angegriffenen Nerven. Ihre Lebensaufgabe war es, ihre Töchter unter die Haube zu bringen; ihr Trost waren Geselligkeiten und Klatsch.

2. Kapitel

Mr Bennet gehörte zu den Ersten, die Mr Bingley ihre Aufwartung machten. Er hatte von Anfang an vorgehabt, ihn zu besuchen, auch wenn er seiner Frau bis zuletzt immer wieder versichert hatte, dass er es nicht tun werde; und bis zum Abend des Tages, an dem er seinen Besuch gemacht hatte, wusste sie nichts davon. Die Enthüllung trug sich folgendermaßen zu. Als er sah, dass seine zweite Tochter damit beschäftigt war, einen Hut zu schmücken, sagte er ganz unvermittelt zu ihr:

»Ich hoffe, er wird Mr Bingley gefallen, Lizzy.«

»Wir werden nie erfahren, was Mr Bingley gefällt«, sagte ihre Mutter verdrießlich, »da wir ja nicht mit ihm verkehren.«

»Aber vergiss nicht, Mama«, sagte Elizabeth, »dass wir ihn bei den Gesellschaften sehen werden, und Mrs Long hat versprochen, ihn uns vorzustellen.«

»Ich glaube nicht, dass Mrs Long dergleichen tun wird. Sie hat selbst zwei Nichten. Sie ist eine selbstsüchtige, heuchlerische Frau, und ich halte nichts von ihr.«

»Ich ebenso wenig«, sagte Mr Bennet, »und umso mehr freut es mich, dass ihr auf ihre Dienste nicht angewiesen seid.«

Mrs Bennet zog es vor, darauf nicht zu antworten; doch da sie nicht an sich halten konnte, schimpfte sie stattdessen eine ihrer Töchter aus.

»Liebe Güte, Kitty, jetzt huste doch nicht dauernd so! Hab doch mal ein bisschen Nachsicht mit meinen Nerven. Sie sind zum Zerreißen gespannt.«

»Kitty kennt keine Zurückhaltung mit ihrem Husten«, sagte ihr Vater; »immer hustet sie zur Unzeit.«

»Ich huste nicht zu meinem Vergnügen«, erwiderte Kitty ärgerlich.

»Wann habt ihr euren nächsten Ball, Lizzy?«

»Morgen in vierzehn Tagen.«

»Ja, so ist es«, rief ihre Mutter, »und Mrs Long kommt erst am Tag zuvor zurück; folglich wird sie ihn uns nicht vorstellen können, da sie ihn selbst noch nicht kennt.«

»Dann, meine Liebe, bist du womöglich gegenüber deiner Freundin im Vorteil und kannst Mr Bingley ihr vorstellen.«

»Unmöglich, Mr Bennet, unmöglich, wo ich ihn doch selbst nicht kenne; warum verspottest du mich auch noch?«

»Deine Umsicht ist lobenswert. Vierzehn Tage Bekanntschaft sind nicht viel, das steht fest. In vierzehn Tagen erfährt man nicht viel darüber, was für ein Mensch jemand in Wirklichkeit ist. Aber wenn wir es nicht wagen, dann wird jemand anderes es tun, und schließlich sollen doch Mrs Long und ihre Nichten auch ihre Chance bekommen; und da sie uns die gute Absicht hoch anrechnen wird, werde, wenn du diese Aufgabe nicht übernehmen willst, ich selbst es tun.«

Die Mädchen starrten ihren Vater an. Mrs Bennet sagte nur: »Was für ein Unsinn!«

»Wie soll man nun diesen Vorwurf wieder verstehen?«, fragte Mr Bennet. »Siehst du den Brauch des Vorstellens, den Wert, der darauf gelegt wird, als Unsinn an? Da kann ich dir nun doch nicht ganz zustimmen. Was meinst du dazu, Mary? Ich weiß, du bist eine gebildete junge Dame; du liest gewichtige Werke und machst dir Auszüge daraus.«

Mary hätte furchtbar gern etwas Kluges gesagt, aber ihr fiel nichts ein.

»Während Mary noch Ordnung in ihre Gedanken bringt«, fuhr ihr Vater fort, »lasst uns zu Mr Bingley zurückkehren.«

»Ich habe genug von Mr Bingley!«, rief seine Frau.

»Das höre ich mit Bedauern; warum hast du mir das nicht früher gesagt? Hätte ich das heute Morgen schon gewusst, dann hätte ich mir den Besuch bei ihm sparen können. So ein Pech; aber da ich nun einmal dort gewesen bin, können wir uns der Bekanntschaft mit ihm nicht mehr entziehen.«

Die Verblüffung der Damen war genau, was er sich erhofft hatte, wobei diejenige von Mrs Bennet die der anderen vielleicht gar noch übertraf, auch wenn sie, als der erste Jubel vorüber war, beteuerte, so etwas habe sie sich ja von Anfang an gedacht.

»Was für eine großherzige Tat, mein lieber Mr Bennet! Aber ich wusste ja, ich würde dich am Ende dazu bewegen. Ich war mir sicher, du liebst deine Mädchen zu sehr, um die Chance einer solchen Bekanntschaft auszuschlagen. Ach, was freue ich mich! Und wie gut dir dein Scherz gelungen ist – heute Morgen hinzugehen und bis jetzt kein Wort davon!«

»So, Kitty, jetzt darfst du husten, so viel du willst«, sagte Mr Bennet; und mit diesen Worten verließ er das Zimmer, denn er hatte genug von der Begeisterung seiner Frau.

»Was habt ihr für einen prachtvollen Vater, Mädels«, sagte sie, als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte. »Ich weiß gar nicht, wie ihr ihm seine Freundlichkeit je vergelten wollt; und ebenso mir, nebenbei gesagt. Glaubt mir, in unserem Alter ist es ja wirklich kein Vergnügen, Tag für Tag neue Bekanntschaften zu machen; aber für euch würden wir alles tun. Lydia, mein Schatz, du bist zwar die Jüngste, aber ich wage zu prophezeien, dass Mr Bingley auf dem nächsten Ball mit dir tanzen wird.«

»Oh!«, sagte Lydia keck, »da habe ich keine Zweifel; denn ich mag zwar die Jüngste sein, aber ich bin auch die Größte.«

Den Rest des Abends verbrachten sie mit Spekulationen darüber, wie schnell er wohl Mr Bennets Besuch erwidern würde, und legten schon einmal den Tag fest, an dem er zum Essen kommen sollte.

3. Kapitel

Aber sosehr sich Mrs Bennet gemeinsam mit ihren fünf Töchtern auch anstrengte, es war keine vernünftige Beschreibung von Mr Bingley aus ihrem Gatten herauszubekommen. Sie setzten ihm mit allen erdenklichen Mitteln zu – mit unverblümten Fragen, mit vorsichtigen Vermutungen und abgelegenen Annahmen; doch er ließ sich durch keine List etwas entlocken, und am Ende mussten sie sich doch mit dem zufriedengeben, was sie aus zweiter Hand von ihrer Nachbarin Lady Lucas erfuhren. Sie war des Lobes voll. Sir William sei äußerst angetan von ihm gewesen. Er sei noch sehr jung, ausgesprochen gutaussehend, sehr zuvorkommend, und, was das Schönste sei, er wolle mit einer großen Gesellschaft auf dem nächsten Ball erscheinen. Das waren prächtige Aussichten! Wer gern tanzte, der war schon halb verliebt, und binnen kurzem wurden die schönsten Hoffnungen auf Mr Bingleys Herz gehegt.

»Könnte ich doch nur eine meiner Töchter glücklich in Netherfield sehen«, sagte Mrs Bennet zu ihrem Gatten, »und alle anderen ebenso gut verheiratet, dann hätte ich keinen einzigen Wunsch auf Erden mehr.«

Wenige Tage darauf erwiderte Mr Bingley den Besuch von Mr Bennet und saß etwa zehn Minuten bei ihm in der Bibliothek. Er hatte gehofft, ihm würde ein Blick auf die jungen Damen vergönnt sein, über deren Schönheit er schon so viel gehört hatte, doch er sah nur den Vater. Die Damen hatten etwas mehr Glück, denn immerhin konnten sie von einem höher gelegenen Fenster ausmachen, dass sein Rock blau war und er auf einem schwarzen Pferd gekommen war.

Bald danach ging eine Einladung zum Essen hinaus, und Mrs Bennet hatte bereits ein Menü zusammengestellt, das ihrem Haushalt Ehre machen sollte, da traf eine Antwort ein, die alles erst einmal zum Stocken brachte. Am folgenden Tag sei Mr Bingleys Anwesenheit in der Stadt erforderlich, und so sehe er sich leider außerstande, die Ehre ihrer Einladung usw. Mrs Bennet war tief enttäuscht. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, was er so kurz nach seiner Ankunft in Hertfordshire schon wieder in London zu tun haben sollte; und schon fürchtete sie, dass er einer jener flatterhaften Menschen war, die nie zur Ruhe kamen, und sich nie in Netherfield niederlassen würde, wie es sich gehörte. Lady Lucas beschwichtigte diese Befürchtungen ein wenig mit der Vermutung, er sei nur deswegen nach London gefahren, um eine große Gesellschaft für den Ball zusammenzubringen; und tatsächlich hieß es bald, Mr Bingley werde mit zwölf Damen und sieben Herren erscheinen. Die Mädchen bekümmerte die große Anzahl weiblicher Gäste, doch am Tag vor dem Ball hörten sie zu ihrer Erleichterung, dass er nur sechs Damen aus London mitgebracht habe, seine fünf Schwestern und eine Cousine. Und als er mit seiner Begleitung den Saal betrat, waren sie alles in allem nur fünf: Mr Bingley, seine zwei Schwestern, der Ehemann der älteren sowie ein weiterer junger Mann.

Mr Bingley sah gut aus, ganz Gentleman; sein Gesicht war freundlich, sein Auftreten einfach und unbefangen. Die beiden Schwestern waren elegante Frauen, ganz nach der neuesten Mode gekleidet. Sein Schwager, Mr Hurst, wirkte vornehm, schien aber nicht weiter bemerkenswert; doch sein Freund Mr Darcy zog bald die Aufmerksamkeit des Saals auf sich, mit seiner stattlichen, großgewachsenen Erscheinung, den feinen Zügen, dem noblen Ausdruck; und das Gerücht, das binnen fünf Minuten in aller Munde war, nämlich dass er ein Einkommen von zehntausend im Jahr habe, trug auch seinen Teil bei. Die Herren befanden, dass er ein schneidiger Kerl sei, die Damen erklärten, er sehe weit besser als Mr Bingley aus, und bis etwa zur Mitte des Abends betrachteten ihn alle mit großer Bewunderung; doch dann erregte sein Benehmen Anstoß, und die Welle seiner Beliebtheit ebbte ab, denn man kam nicht umhin zu vermerken, dass er stolz war, sich besser als die übrige Gesellschaft dünkte und anscheinend an nichts Gefallen fand – auch das größte Gut in Derbyshire ließ nun nicht mehr darüber hinwegsehen, dass er abweisend und mürrisch wirkte und in nichts dem Vergleich mit seinem Freund standhielt.

Mr Bingley hatte sich bald mit allen Anwesenden von Rang bekannt gemacht; er war lebhaft und unbekümmert, ließ keinen Tanz aus, beklagte, dass der Ball so früh zu Ende war, und sprach davon, dass er bald selbst einen in Netherfield geben wolle. Eine solch liebenswerte Art sprach für sich. Was für ein Unterschied zwischen ihm und seinem Freund! Mr Darcy tanzte nur einmal mit Mrs Hurst und einmal mit Miss Bingley, lehnte es ab, sich noch weiteren Damen vorstellen zu lassen, und verbrachte den Rest des Abends damit, dass er durch den Saal spazierte und bisweilen mit dem einen oder anderen aus seiner eigenen Gesellschaft ein Wort wechselte. Alle waren sich einig. Er war der stolzeste, unhöflichste Mensch der Welt, und gemeinsam befanden sie, dass sie ihn nie wiedersehen wollten. Zu seinen schärfsten Kritikern gehörte Mrs Bennet, deren Empörung über sein gesamtes Betragen noch flammender wurde durch den Umstand, dass er eine ihrer Töchter gekränkt hatte.

Da so wenige Herren anwesend waren, war Elizabeth Bennet gezwungen gewesen, zwei Tänze lang zu pausieren, und währenddessen hatte Mr Darcy eine Zeitlang in ihrer Nähe gestanden; Mr Bingley hatte kurz im Tanzen innegehalten und wollte seinen Freund zum Mitmachen überreden, und sie hatte hören können, was die beiden sprachen.

»Komm, Darcy«, sagte er, »du musst tanzen. Ich kann es nicht mit ansehen, dass du so dumm und allein hier stehst. Es ist viel besser, wenn du tanzt.«

»Auf gar keinen Fall. Du weißt, wie ich das Tanzen verabscheue, wenn es nicht gerade eine Partnerin ist, die ich sehr gut kenne. Bei einer Gesellschaft wie der diesen wäre es mir unerträglich. Deine Schwestern sind vergeben, und es gibt keine andere Frau im Raum, mit der zu tanzen keine Strafe für mich wäre.«

»Um nichts in der Welt möchte ich so wählerisch sein wie du!«, rief Bingley. »Bei meiner Ehre, mein Lebtag habe ich noch nicht so viele reizende Mädchen kennengelernt wie am heutigen Abend; und einige von ihnen sind ausgesprochen hübsch.«

»Mit dem einzigen gutaussehenden Mädchen im Saal tanzt du«, sagte Mr Darcy und betrachtete dabei die älteste Miss Bennet.

»Oh! Sie ist das schönste Geschöpf, das ich je erblickt habe! Aber direkt hinter dir sitzt eine von ihren Schwestern, die auch sehr hübsch ist und bestimmt auch sehr nett. Komm, ich bitte meine Partnerin, dich ihr vorzustellen.«

»Welche meinst du?« Er drehte sich um und sah Elizabeth einen Augenblick lang an, bis ihre Blicke sich trafen und er den seinen abwandte und mit kühler Stimme sagte: »Sie ist passabel, aber nicht ansehnlich genug, um mich zu reizen. Mir steht nicht der Sinn danach, jungen Damen Aufmerksamkeit zu schenken, die von anderen verschmäht werden. Du kehrst jetzt besser zu deiner Partnerin zurück und freust dich an ihrem Lächeln, denn mit mir vergeudest du nur deine Zeit.«

Mr Bingley folgte seinem Rat. Mr Darcy schlenderte davon, und Elizabeth blieb sitzen und hegte alles andere als freundschaftliche Gefühle gegenüber ihm. Allerdings erzählte sie die Geschichte sehr beschwingt ihren Freundinnen, denn sie war von spielerischer, schalkhafter Natur und hatte an jeder Lächerlichkeit ihr Vergnügen.

Alles in allem war der Abend für die ganze Familie ein Erfolg. Mrs Bennet hatte erleben dürfen, wie ihre älteste Tochter von den Gästen aus Netherfield sehr bewundert wurde. Mr Bingley hatte zweimal mit ihr getanzt, seine Schwestern hatten ihr besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Jane konnte genauso zufrieden sein wie ihre Mutter; allerdings war sie es auf ihre stillere Art. Elizabeth freute sich mit ihrer Schwester. Mary hatte gehört, wie jemand sie gegenüber Miss Bingley als das gebildetste Mädchen der ganzen Gegend bezeichnet hatte; und Catherine und Lydia waren glücklich darüber, dass sie den ganzen Abend über nie ohne Tanzpartner gewesen waren, denn mehr als das erwarteten sie noch nicht von einem Ball. Alle kehrten somit guter Dinge nach Longbourn zurück, in das Dorf, in dem sie lebten und dessen vornehmste Bewohner sie waren. Sie fanden Mr Bennet noch wach. Mit einem Buch vergaß er die Zeit, und in diesem speziellen Fall war er auch durchaus gespannt, wie der Abend, der Anlass zu so großen Erwartungen gegeben hatte, verlaufen war. Insgeheim hatte er gehofft, dass alles, was seine Frau sich über den Neuankömmling zurechtgelegt hatte, sich als unwahr erweisen würde; doch bekam er sogleich zu hören, dass genau das Gegenteil der Fall war.

»Ach, mein lieber Mr Bennet!«, rief sie, sofort als sie ins Zimmer trat, »wir haben einen bezaubernden Abend verbracht, einen wirklich schönen Ball. Ich wünschte, du wärest dabei gewesen. Jane hat so viel Bewunderung geerntet, das kann man sich gar nicht vorstellen. Alle haben ihr Komplimente gemacht, wie gut sie aussah, und Mr Bingley sagte, sie sei eine Schönheit, und hat zweimal mit ihr getanzt. Stell dir das nur vor, mein Lieber; zweimal hat er mit ihr getanzt, und sie war die Einzige im Saal, die er ein zweites Mal gebeten hat. Zuerst forderte er Miss Lucas auf. Es war eine Qual für mich zu sehen, wie er sich an sie wandte; aber sie beeindruckte ihn nicht – sie beeindruckt niemanden, das weiß man; aber Jane schien ihm sehr zu gefallen, als sie vorübertanzte. Also erkundigte er sich nach ihr, wurde ihr vorgestellt und bat sie um die beiden nächsten Tänze. Dann tanzte er die beiden dritten mit Miss King und die beiden vierten mit Maria Lucas und die beiden fünften wiederum mit Jane, und die beiden sechsten mit Lizzy, und den Boulanger –«

»Wenn er auch nur einen Funken Mitleid mit mir hätte«, rief ihr Ehemann ungeduldig, »hätte er nicht halb so viel getanzt! Erzähle mir um Himmels willen nichts von seinen Partnerinnen. Hätte er sich doch nur beim ersten Tanz den Knöchel verstaucht!«

»Ach, mein Lieber«, fuhr Mrs Bennet fort, »ich bin hingerissen von ihm. Wie außerordentlich gut er aussieht! Und seine Schwestern sind bezaubernd. In meinem ganzen Leben habe ich nichts Eleganteres gesehen als ihre Kleider. Die Spitze an Mrs Hursts Kleid hat mit Sicherheit ihre –«

Hier wurde sie von neuem unterbrochen. Mr Bennet verbat sich jede Beschreibung der Garderobe. Sie musste Zuflucht zu einem anderen Aspekt des Abends nehmen und berichtete mit bitterer Heftigkeit und einiger Übertreibung von der schockierend ungehobelten Art des Mr Darcy.

»Aber glaube mir«, fügte sie hinzu, »es ist kein großer Verlust für Lizzy, wenn sie nicht nach seinem Geschmack ist, denn er ist ein höchst unangenehmer, abscheulicher Mann, nicht wert, dass man ihm gefallen will. So hochmütig und herablassend, dass es nicht auszuhalten war! Er stolzierte hierhin, stolzierte dahin und hielt sich für einen großen Helden! Nicht hübsch genug, um mit ihm zu tanzen! Ich wünschte, du wärest da gewesen, mein Lieber, und hättest ihm etwas Passendes zu hören gegeben. Wirklich, ich verabscheue diesen Mann.«

4. Kapitel

Als sie schließlich allein waren, gestand Jane, die zuvor in ihren Kommentaren zu Mr Bingley Zurückhaltung geübt hatte, ihrer Schwester, wie sehr er sie beeindruckt hatte.

»Er ist ganz, wie ein junger Mann sein soll«, sagte sie, »aufmerksam, liebenswürdig, munter; und nie habe ich angenehmere Umgangsformen gesehen! – so ungezwungen und doch so durch und durch wohlerzogen!«

»Und er sieht gut aus«, entgegnete Elizabeth, »was ein junger Mann, wenn er es irgend einrichten kann, ja auch noch soll. Seine Persönlichkeit wäre damit vollkommen.«

»Es hat mir sehr geschmeichelt, dass er mich ein zweites Mal zum Tanz aufforderte. Ein solches Kompliment hätte ich nicht erwartet.«

»Nicht? Ich schon. Für dich kommen Komplimente immer unerwartet, für mich nie. Es war doch ganz natürlich, dass er dich noch ein zweites Mal gebeten hat. Es kann ihm ja nicht entgangen sein, dass du ungefähr fünfmal hübscher warst als alle andern Frauen im Saal. Das hat nichts mit Galanterie zu tun. Na, er ist ein angenehmer Mensch, das steht fest, und ich will dir gestatten, ihn zu mögen. Du hast schon viele Dümmere gemocht.«

»Also wirklich, Lizzy!«

»Doch! Du bist immer viel zu schnell bereit, die Menschen zu mögen. Du siehst nie ihre Fehler. Die ganze Welt kommt dir freundlich und gut vor. Nie im Leben habe ich dich von einem anderen schlecht reden gehört.«

»Ich möchte nicht vorschnell über jemanden urteilen; aber ich sage immer, was ich denke.«

»Das weiß ich; und genau deswegen wundere ich mich. Ein vernünftiges Mädchen wie du – und trotzdem siehst du niemals die Dummheit und Albernheit der anderen! Oft genug hört man, wie jemand seine Aufrichtigkeit beteuert – das begegnet einem überall. Aber dass jemand aufrichtig ist, ohne damit zu prahlen, ganz ohne Hintergedanken – in jedem Menschen das Gute sieht, es noch herausstreicht, und über das Schlechte kein Wort verliert –, das kenne ich nur von dir. Dann magst du die Schwestern des Mannes wohl auch, nicht wahr? Deren Betragen kann sich ja mit dem seinen nicht messen.«

»Mit Sicherheit nicht; nicht auf den ersten Blick. Aber es sind sehr angenehme Frauen, wenn man erst einmal ins Gespräch kommt. Miss Bingley soll hier wohnen und ihrem Bruder den Haushalt führen, und es würde mich sehr wundern, wenn wir nicht eine äußerst charmante Nachbarin in ihr fänden.«

Elizabeth hörte schweigend zu, doch überzeugt war sie nicht. Die beiden hatten auf dem Ball keinerlei Zuvorkommen gezeigt, und Elizabeth, mit besserer Auffassungsgabe und einem weniger sanftmütigen Temperament gesegnet als ihre Schwester, mit einer Urteilskraft, die nicht durch eigene Interessen getrübt war, war ganz und gar nicht geneigt, Bingleys Schwestern angenehm zu finden. Zugegeben, es waren äußerst elegante Frauen, wohlwollend genug, wenn man ihnen schmeichelte, freundlich, wenn ihnen der Sinn danach stand; doch stolz und eingebildet. Sie sahen recht gut aus, waren auf einer der angesehensten Privatschulen Londons gewesen, verfügten über ein Vermögen von zwanzigtausend Pfund, neigten dazu, mehr auszugeben, als gut war, verkehrten in höheren Kreisen und hatten deshalb in jeder Hinsicht guten Grund, viel von sich selbst zu halten und wenig von anderen. Sie kamen aus einer angesehenen Familie im Norden Englands – ein Umstand, der sich ihrem Gedächtnis tiefer eingeprägt hatte als derjenige, dass das Vermögen ihres Bruders und ihr eigenes durch Handel erworben war.

Mr Bingley hatte annähernd einhunderttausend Pfund geerbt, das Vermögen seines Vaters, der davon einen Landsitz hatte kaufen wollen, jedoch gestorben war, bevor es dazu gekommen war. – Auch Mr Bingley verfolgte diesen Plan und überlegte bisweilen, in welcher Gegend er sich niederlassen sollte; aber da er nun ein gutes Haus mitsamt Jagdrecht gefunden hatte, vermuteten viele, die sein unbekümmertes Wesen kannten, dass er wohl eher den Rest seiner Tage in Netherfield verbringen und den Kauf eines Familiensitzes der nächsten Generation überlassen würde.

Seine Schwestern hätten es gern gesehen, wenn er ein eigenes Anwesen besessen hätte; doch auch wenn er nun in Netherfield nur Mieter war, war Miss Bingley keineswegs abgeneigt, an der dortigen Tafel den Vorsitz zu führen, und ebenso wenig ließ Mrs Hurst, die einen Mann von mehr Eleganz als Vermögen geheiratet hatte, sich davon abhalten, sein Heim als ihr Zuhause anzusehen, wenn es ihr gerade zupass kam. Mr Bingley war erst seit knapp zwei Jahren volljährig, als er auf eine zufällige Empfehlung nach Netherfield kam und sich das Haus ansah. Eine halbe Stunde lang musterte er Haus und Einrichtung; die Lage und die Räumlichkeiten gefielen ihm, er war zufrieden mit dem, was der Eigentümer ihm an Vorzügen schilderte, und nahm es auf der Stelle.

Ihn und Darcy verband eine beständige Freundschaft, so grundverschieden die beiden in ihrem Wesen auch waren. Darcy mochte an Bingley dessen Unbekümmertheit und Offenheit und seine geduldige Art, obwohl nichts davon seinem eigenen Temperament entgegengesetzter hätte sein können und er mit diesem allem Anschein nach nicht unzufrieden war. Bingley hegte nie einen Zweifel an Darcys Freundschaft und hielt große Stücke auf dessen Urteilskraft. Im Verstand war Darcy der Überlegene. Bingley war zwar keineswegs dumm, doch Darcy war klug. Er war hochmütig, verschlossen und anspruchsvoll, ein Mann von guter Erziehung, doch nicht von gewinnendem Wesen. In dieser Hinsicht war sein Freund bei weitem im Vorteil. Bingley wurde gemocht, wo immer er auftauchte, Darcy erregte überall Anstoß.

Die Art, wie sie über den Ball in Meryton sprachen, war typisch für sie beide. Bingley hatte sein Lebtag keine freundlicheren Leute und keine hübscheren Mädchen gesehen; alle waren außerordentlich zuvorkommend und aufmerksam ihm gegenüber gewesen, es war nicht förmlich und nicht steif zugegangen, binnen kurzem war er mit allen im Saal bekannt gewesen; und was Miss Bennet anging, hätte selbst ein Engel nicht schöner sein können. Darcy hingegen hatte eine Ansammlung von Leuten gesehen, bei denen er wenig Schönheit und keinerlei Eleganz entdeckte, von denen kein Einziger ihn auch nur im mindesten interessierte und die ihm weder Aufmerksamkeit gezollt noch Vergnügen bereitet hatten. Er gab zu, dass Miss Bennet hübsch sei, aber sie lächle zu viel.

Mrs Hurst und ihre Schwester stimmten ihm zu – mochten und bewunderten sie aber doch, befanden, dass sie ein liebes Mädchen sei, eines, das sie durchaus gern näher kennenlernen wollten. Somit war beschlossen, dass Miss Bennet ein liebes Mädchen war, und ihr Bruder nahm dieses Lob als Erlaubnis, sie zu schätzen, wie es ihm gefiel.

5. Kapitel

Nur einen kurzen Spaziergang von Longbourn entfernt lebte eine Familie, mit der die Bennets besonders freundschaftlichen Umgang pflegten. Sir William Lucas war früher Kaufmann in Meryton gewesen und hatte damit einiges an Vermögen angehäuft, und eine Eingabe an den König in seiner Amtszeit als Bürgermeister hatte ihm den Adelstitel eingebracht. Diese Auszeichnung war ihm vielleicht ein wenig zu Kopf gestiegen. Von da an hatte er seinen Laden und seine Wohnung in der kleinen Marktstadt verabscheut, hatte beides aufgegeben und war mit seiner Familie in ein Haus etwa eine Meile außerhalb von Meryton gezogen, das fortan den Namen Lucas Lodge trug; dort konnte er stillvergnügt dem Gedanken an seine eigene Größe frönen und sich unbehelligt von Geschäften ganz seiner Freundlichkeit gegenüber aller Welt widmen. Denn auch wenn sein Rang ihn beflügelte, hatte er ihn doch nicht hochmütig gemacht; im Gegenteil, er war aufmerksam gegenüber jedermann. Von Natur aus milde, freundlich und gefällig, hatte ihn seine Vorstellung bei Hofe nun auch noch galant gemacht.

Lady Lucas war eine äußerst gutherzige Frau und nicht zu klug, um für Mrs Bennet eine gute Nachbarin abzugeben. Sie hatten mehrere Kinder, und die Älteste von ihnen, eine vernünftige, intelligente junge Frau von etwa siebenundzwanzig, war Elizabeths beste Freundin.

Dass die jungen Damen der Familien Lucas und Bennet sich nach einem Ball trafen, um darüber zu reden, war eine absolute Notwendigkeit, und so stellten sich am Morgen nach dem Tanz die Vertreterinnen der Ersteren zum Plausch in Longbourn ein.

»Für dich hat der Abend ja gut angefangen, Charlotte«, meinte Mrs Bennet höflich und so gefasst es ging zu Miss Lucas. »Du warst Mr Bingleys erste Wahl.«

»Ja, schon; aber anscheinend gefiel seine zweite ihm besser.«

»Oh! – du meinst Jane – weil er zweimal mit ihr getanzt hat. Ja, da könnte man schon auf den Gedanken kommen, dass sie ihm gefiel – ich glaube, das hat sie tatsächlich – ich meine, ich hätte so etwas gehört – ich kann mich nicht mehr entsinnen – etwas über Mr Robinson.«

»Sie meinen sicher das, was ich zufällig mit anhörte, als er mit Mr Robinson sprach; ich war es, die Ihnen das erzählt hat. Mr Robinson hatte sich erkundigt, wie ihm der Ball in Meryton gefalle und ob er nicht auch finde, dass eine große Anzahl schöner Mädchen im Saal sei – und welche davon er für die schönste halte? Oh!, antwortete er sogleich auf diese letzte Frage, die älteste Miss Bennet, da komme keine andere in Betracht.«

»Was du nicht sagst! – Na, das war ja ziemlich eindeutig – da könnte man denken – aber man muss sich vorsehen, am Ende wird vielleicht doch nichts daraus.«

»Ich war beim Lauschen besser beraten als du, Eliza«, sagte Charlotte. »Mr Darcy hört man nicht ganz so gern zu wie seinem Freund, nicht wahr? – Arme Eliza! – gerade einmal passabel.«

»Ich bitte dich, rede Lizzy nicht ein, dass diese Unhöflichkeit ihr etwas ausmachen muss; es wäre ja geradezu ein Unglück, wenn sie einem so unerfreulichen Mann gefiele. Mrs Long erzählte mir gestern Abend, er habe eine halbe Stunde praktisch neben ihr gesessen und nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht.«

»Bist du dir da ganz sicher, Mama? Das muss ein Irrtum sein«, sagte Jane. »Ich habe nämlich deutlich gesehen, wie Mr Darcy mit ihr sprach.«

»Ja, aber nur weil sie ihn schließlich gefragt hat, wie ihm Netherfield gefällt, und da konnte er ja nicht anders und musste ihr antworten; aber sie sagt, er sei sehr ärgerlich gewesen, weil sie ihn angesprochen hatte.«

»Ich weiß von Miss Bingley«, sagte Jane, »dass er nie viel spricht, außer mit Leuten, die er gut kennt. Dann ist er sehr umgänglich.«

»Davon glaube ich kein Wort, meine Liebe. Wenn er wirklich so umgänglich wäre, dann hätte er mit Mrs Long geredet. Aber ich kann mir schon vorstellen, wie es war. Es sagen ja alle, dass er vor Stolz vergeht, und ich würde vermuten, irgendwie hat er erfahren, dass Mrs Long keine eigene Kutsche hält und per Mietdroschke zum Ball gekommen war.«

»Dass er nicht mit Mrs Long gesprochen hat, würde mich nicht stören«, meinte Miss Lucas, »aber ich wünschte, er hätte mit Eliza getanzt.«

»Ich an deiner Stelle, Lizzy«, sagte ihre Mutter, »würde nicht mit ihm tanzen, wenn er dich ein andermal auffordert.«

»Ich glaube, Mama, ich kann dir guten Gewissens versprechen, dass ich nie mit ihm tanzen werde.«

»Sein Stolz kränkt mich nicht so sehr, wie es Stolz sonst tut«, meinte Miss Lucas, »weil es in diesem Falle ja einen Grund dafür gibt. Es ist doch nicht verwunderlich, dass ein so vornehmer junger Mann, in Familie, Vermögen, in allem begünstigt, viel von sich hält. Ja, ich möchte fast sagen, er hat ein Recht, stolz zu sein.«

»Zugegeben«, antwortete Elizabeth, »und ich hätte ihm wohl seinen Stolz gern vergeben, hätte er meinen nicht gekränkt.«

»Stolz«, meldete sich Mary zu Wort, die sich viel auf die Tiefgründigkeit ihrer Betrachtungen zugutehielt, »ist, soweit ich weiß, ein weit verbreitetes Übel. Durch meine Lektüre bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er allgegenwärtig ist, dass die menschliche Natur sehr anfällig dagegen ist und dass es nur sehr wenige unter uns gibt, die nicht der einen oder anderen Fähigkeit, echt oder eingebildet, wegen ein Gefühl der Selbstgefälligkeit empfinden. Stolz und Eitelkeit sind zwei verschiedene Dinge, doch die beiden Wörter werden oft gleichbedeutend gebraucht. Ein Mensch kann stolz sein, ohne eitel zu sein. Stolz bezieht sich eher auf die Meinung, die wir von uns selbst hegen, Eitelkeit auf das, wovon wir uns wünschen, dass andere es über uns denken.«

»Wenn ich so reich wäre wie Mr Darcy«, rief ein Lucas-Junge, der mit seinen Schwestern mitgekommen war, »wäre mir egal, wie stolz ich bin. Ich würde mir eine Jagdhundmeute halten und tränke jeden Tag eine Flasche Wein.«

»Dann tränkest du eine Menge mehr, als gut für dich ist«, sagte Mrs Bennet, »und wenn ich dich dabei erwischte, würde ich dir die Flasche auf der Stelle wegnehmen.«

Das würde sie nicht, entgegnete der Junge; doch, das würde sie, beharrte Mrs Bennet, und dieser Wortwechsel ging weiter, bis der Besuch selbst zu Ende war.

6. Kapitel

Die Damen von Longbourn machten denen in Netherfield bald ihre Aufwartung. Der Besuch wurde in aller Form erwidert. Miss Bennets angenehmes Wesen gewann das Wohlwollen von Mrs Hurst und Miss Bingley, und auch wenn die Mutter für unerträglich und die jüngeren Schwestern für keines Wortes wert befunden wurden, äußerten sie doch gegenüber den beiden ältesten den Wunsch, besser mit ihnen bekannt zu sein. Jane nahm diese Aufmerksamkeit mit größter Freude auf, doch Elizabeth sah nach wie vor Herablassung in der Art, wie die beiden mit allen anderen umgingen und dabei ihre Schwester kaum ausnahmen, und konnte sich nicht für sie erwärmen; obwohl ihre Freundlichkeit gegenüber Jane, so weit sie ging, ihren Wert hatte, denn Ursache war ja aller Wahrscheinlichkeit nach die Bewunderung, die der Bruder der beiden für sie hegte. Diese Bewunderung war ihm, wenn er und Jane sich begegneten, meist deutlich anzumerken; und ihr, Elizabeth, war genauso offensichtlich, dass Jane sich der Neigung, die sie vom ersten Augenblick an zu ihm gefasst hatte, immer mehr hingab und im Begriff war, sich über beide Ohren in ihn zu verlieben; allerdings sah sie mit Vergnügen, dass die Welt im Allgemeinen es wohl kaum bemerken würde, denn Jane vereinte mit der Tiefe ihrer Gefühle eine Gelassenheit und stille Heiterkeit des Temperamentes, die sie vor dem Argwohn der Vorwitzigen beschützten. So stellte sie es gegenüber ihrer Freundin Miss Lucas dar.

»Es mag«, erwiderte Charlotte, »angenehm sein, sich in einem solchen Falle der Öffentlichkeit zu entziehen, aber die Verschwiegenheit hat auch ihre Gefahren. Wenn eine Frau ihre Zuneigung mit dem gleichen Geschick auch vor dem Gegenstand dieser Zuneigung verbirgt, verspielt sie vielleicht die Chance, ihn für sich zu gewinnen, und dann ist die Überzeugung, dass alle anderen ebenso im Dunkeln tappen, kein großer Trost. Es steckt so viel Dankbarkeit und Eitelkeit in fast jeder Liebesgeschichte, da ist es nicht ratsam, auch nur eine davon sich selbst zu überlassen. Der Anfang fällt keinem von uns schwer – eine kleine Schwärmerei ist ja nur natürlich; aber nur die wenigsten von uns haben den Mut, sich wirklich zu verlieben, wenn uns niemand dazu ermuntert. In neun von zehn Fällen ist es besser, wenn eine Frau mehr Zuneigung zeigt, als sie empfindet. Bingley mag deine Schwester, das steht fest; aber vielleicht wird er nie mehr als das für sie empfinden, wenn sie ihm nicht einen kleinen Anstoß gibt.«

»Aber sie stößt ihn an, so gut wie ihre Natur ihr erlaubt. Wenn ich sehen kann, wie viel er ihr bedeutet, dann müsste er doch ein Einfaltspinsel sein, wenn er es selbst nicht auch sähe.«

»Vergiss nicht, Eliza, dass er Janes Wesen nicht so gut kennt wie du.«

»Aber wenn eine Frau einem Mann zugetan ist und es nicht absichtlich verbirgt, muss er es doch merken.«

»Vielleicht ist es so, wenn er sie oft genug sieht. Bingley und Jane sehen sich zwar recht häufig, aber sie sind nie über längere Zeit zusammen; und sie begegnen sich immer nur in großen Gesellschaften, wo sie ja nicht die ganze Zeit nur miteinander reden können. Deshalb sollte Jane das Beste aus jeder halben Stunde machen, in der sie seine Aufmerksamkeit erringen kann. Wenn sie ihn erst einmal an der Angel hat, kann sie sich in Ruhe in ihn verlieben, so viel sie will.«

»Das ist gewiss ein guter Plan«, entgegnete Elizabeth, »wenn es um nichts anderes geht als darum, vorteilhaft zu heiraten, und wenn ich darauf aus wäre, einen reichen Ehemann zu bekommen oder überhaupt einen Ehemann, würde ich ihn bestimmt beherzigen. Aber das sind nicht die Gefühle, die Jane bewegen – sie geht nicht planvoll vor. Bisher kann sie sich ja nicht einmal der Empfindungen sicher sein, die sie für ihn hegt; auch nicht, wie vernünftig solche Gefühle sind. Sie kennt ihn erst seit vierzehn Tagen. In Meryton hat sie vier Tänze mit ihm getanzt; einen Vormittag lang war sie in seinem Hause zu Besuch und hat seither viermal mit ihm zusammen gespeist. Das reicht nicht, um sich wirklich ein Bild von seinem Charakter zu machen.«

»Nicht so, wie du es darstellst. Hätte sie nur mit ihm gespeist, dann hätte sie allenfalls herausfinden können, ob er einen gesunden Appetit hat. Aber du darfst nicht vergessen, dass sie ja auch die vier Abende zusammen verbracht haben – und vier Abende machen schon viel aus.«

»Stimmt; an diesen vier Abenden konnten sie feststellen, dass sie beide Siebzehn und Vier lieber spielen als Commerce; aber ich würde vermuten, was es sonst noch an wichtigen Fragen geben mag, bleibt weiterhin unbesprochen.«

»Tja«, sagte Charlotte, »ich wünsche Jane von ganzem Herzen Erfolg, und wenn sie ihn morgen heiratete, dann wären ihre Aussichten auf Glück nicht anders, als wenn sie seinen Charakter noch ein ganzes Jahr lang erforschte. Glück in der Ehe ist eine reine Frage des Zufalls. So gut sich beide Beteiligten auch kennen, so ähnlich sie sich am Anfang sein mögen, es bessert ihre Aussichten auf Glück nicht im mindesten. Sie bringen es immer fertig, sich später genügend unähnlich zu werden, und haben dann noch genug Ärger; und es ist besser, man weiß so wenig wie möglich über die Schattenseiten des Menschen, mit dem man sein Leben verbringen soll.«

»Du bringst mich zum Lachen, Charlotte, aber es ist nicht vernünftig. Du weißt, dass es nicht vernünftig ist und dass du dich nie selbst daran halten würdest.«

Ganz mit der Beobachtung von Mr Bingleys Aufmerksamkeiten gegenüber ihrer Schwester beschäftigt, bemerkte Elizabeth nicht, dass sie selbst immer mehr zum Gegenstand des Interesses wurde, und zwar in den Augen seines Freundes Mr Darcy. Anfangs hatte dieser kaum zugestehen wollen, dass sie hübsch sei; auf dem Ball hatte er sie angesehen und keinerlei Bewunderung für sie empfunden; und als er sie das nächste Mal sah, hielt er nur nach Dingen Ausschau, die er an ihr kritisieren konnte. Doch kaum hatte er sich selbst und seine Freunde davon überzeugt, dass nicht ein einziger Zug an ihrem Gesicht angenehm sei, da fand er plötzlich, dass genau dieses Gesicht durch den wunderschönen Ausdruck ihrer dunklen Augen ungewöhnlich intelligent wirkte. Der Entdeckung gesellten sich weitere hinzu, und er geriet zusehends in Verlegenheit. Zwar fand er mit kritischem Blick mehr als nur einen Mangel an klassischer Symmetrie in ihrer Figur, aber mit einem Mal konnte er nicht mehr leugnen, dass dieselbe Figur doch auch schlank und gefällig war; und kaum hatte er beteuert, dass ihr die Umgangsformen der gebildeten Welt fehlten, da faszinierte ihn das Unbekümmerte und Spielerische daran. Von alldem wusste sie nicht das Geringste – für sie war er nur der Mann, der sich überall unbeliebt machte und der sie nicht für hübsch genug befunden hatte, um mit ihr zu tanzen.

Nun wünschte er sich, mehr über sie zu erfahren, und als ersten Schritt, um mit ihr ins Gespräch zu kommen, gesellte er sich ihren Unterhaltungen mit anderen bei. Dies entging ihrer Aufmerksamkeit nicht. Es war im Haus von Sir William Lucas, wo eine große Gesellschaft zusammengekommen war.

»Was denkt Mr Darcy sich dabei«, fragte sie Charlotte, »sich dazuzustellen, wenn ich mich mit Colonel Forster unterhalte?«

»Das ist eine Frage, die nur Mr Darcy selbst dir beantworten kann.«

»Aber wenn er es weiterhin tut, werde ich ihm bald zu verstehen geben, dass ich weiß, was er im Schilde führt. Dauernd sieht er mich so herausfordernd an, und wenn ich nicht bald anfange, selbst impertinent zu werden, dann fürchte ich mich am Ende noch vor ihm.«

Bald darauf näherte er sich ihnen, wenn auch anscheinend ohne die Absicht, etwas zu sagen; Miss Lucas forderte ihre Freundin heraus – sie werde es nicht wagen, ein solches Thema anzusprechen –, und das genügte für Elizabeth, es auf der Stelle zu tun. Sie wandte sich zu ihm hin und sagte:

»Fanden Sie nicht auch, Mr Darcy, dass ich es ungewöhnlich geschickt angestellt habe, als ich vorhin Colonel Forster bedrängte, für uns einen Ball in Meryton zu veranstalten?«

»Äußerst beschwingt – aber es ist ein Thema, das den Damen stets Schwung verleiht.«

»Sie sind streng mit uns.«

»Gleich ist es an ihr, bedrängt zu werden«, sagte Miss Lucas. Ich werde jetzt das Instrument aufklappen, Eliza, und du weißt, was dann kommt.«

»Du bist mir schon eine seltsame Freundin – immer willst du, dass ich singe und spiele, und das vor aller Welt! Hätte ich Ehrgeiz auf dem Felde der Musik, wärst du mir eine große Hilfe, aber so wie die Dinge stehen, würde ich mich lieber nicht vor Leuten ans Klavier setzen, die gewiss die größten Künstler gewohnt sind.« Doch als Miss Lucas nicht lockerließ, sagte sie schließlich: »Nun gut, wenn es sein muss, muss es sein.« Und mit einem mahnenden Blick an Mr Darcy: »Es gibt ein schönes altes Sprichwort, das natürlich allen hier im Raum bekannt ist – ›Spar dir deine Puste für den Porridge‹ –, und ich werde mir meine Puste zum Singen aufheben.«

Ihr Gesang war angenehm, wenn auch keineswegs vollkommen. Nach ein oder zwei Liedern und noch bevor sie auf die Bitten einiger Zuhörer um Zugaben eingehen konnte, nahm eifrig ihre Schwester Mary den Platz am Instrument ein, die, da sie als Einzige in der Familie nicht hübsch war, hart an ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten arbeitete und immer ungeduldig darauf wartete zu zeigen, was sie konnte.

Mary hatte weder Geschick noch Geschmack, und die Eitelkeit hatte ihr zwar Beharrlichkeit verliehen, aber auch eine pedantische und gekünstelte Art, was zusammen auch größerem Talent schlecht bekommen wäre. Elizabeth, leicht und unbekümmert, hatte ihren Zuhörern viel mehr Vergnügen bereitet, obwohl sie nicht halb so gut spielte; Mary hingegen konnte froh sein, dass sie am Ende eines langen Konzertes Lob und Dankbarkeit mit schottischen und irischen Weisen erringen konnte, gespielt auf Bitten ihrer beiden jüngeren Schwestern, die sich zusammen mit einigen Vertretern der Familie Lucas und zwei oder drei Offizieren in einer Ecke des Raums beim Tanze vergnügten.

Mr Darcy stand nicht weit ab, wortlos empört über eine solche Art, den Abend zu verbringen, ohne alle Konversation, und war so in seine Gedanken vertieft, dass er gar nicht bemerkte, wie Sir William Lucas sich hinzugesellte, bis Sir William ihn ansprach.

»Was für eine bezaubernde Zerstreuung für die jungen Leute, Mr Darcy! Nichts kann es mit dem Tanz aufnehmen. Für mich ist er eine der schönsten Zierden der gehobenen Gesellschaft.«

»Da haben Sie recht, Sir; und ein weiterer Vorzug ist, dass es sich auch bei den weniger gehobenen Gesellschaften überall auf der Welt großer Beliebtheit erfreut. Jeder Wilde kann tanzen.«

Sir William nahm es mit einem Lächeln auf. »Ihr Freund tanzt hervorragend«, fuhr er nach einer Pause fort, als er sah, dass Bingley sich der Gruppe anschloss; »und ich zweifle nicht, dass auch Sie in die Geheimnisse dieser Kunst eingeweiht sind, Mr Darcy.«

»Sie haben mich, glaube ich, in Meryton tanzen sehen, Sir.«

»Ja, das habe ich, und der Anblick war mir ein nicht unbeträchtliches Vergnügen. Tanzen Sie oft bei Hofe?«

»Niemals, Sir.«

»Wäre es denn nicht die angemessene Reverenz an diesen Ort?«

»Es ist eine Reverenz, die ich keinem Ort erweise, wenn ich es vermeiden kann.«

»Sie haben ein Stadthaus, schließe ich?«

Mr Darcy bestätigte es mit einer Verneigung.

»Es gab eine Zeit, da habe ich selbst überlegt, ob ich mich in London niederlasse, denn ich bewege mich gern in gehobener Gesellschaft; aber ich war mir nicht sicher, ob die Stadtluft Lady Lucas zuträglich gewesen wäre.«

Er hielt inne, in der Hoffnung auf eine Antwort, doch sein Gesprächspartner war nicht geneigt, eine solche zu geben; und da im selben Moment Elizabeth einige Schritte in ihre Richtung tat, rief er gewohnt galant:

»Meine liebe Miss Eliza, warum tanzen Sie nicht? Mr Darcy, Sie müssen mir erlauben, Ihnen diese junge Dame als äußerst attraktive Partnerin ans Herz zu legen. Sie können doch gewiss einen Tanz nicht ablehnen, wenn so viel Schönheit vor Ihnen steht.« Und er ergriff ihre Hand und hätte sie Mr Darcy gereicht, der, wenn auch höchst überrascht, nicht abgeneigt gewesen wäre, sie zu nehmen; doch sie zog sie sogleich zurück und sagte recht ärgerlich zu Sir William:

»Ich versichere Ihnen, ich habe nicht die geringste Absicht zu tanzen, Sir – ich will hoffen, Sie waren nicht im Glauben, ich sei herübergekommen, weil ich einen Tanzpartner suchte.«

Mr Darcy bat ernst und formvollendet um die Ehre ihrer Hand; doch vergebens. Elizabeth hatte ihren Entschluss gefasst und ließ sich auch von Sir Williams Versuch, sie zu überreden, davon nicht abbringen.

»Sie tanzen so vorzüglich, Miss Eliza, da ist es grausam, wenn Sie mir das Vergnügen verwehren, Sie dabei zu betrachten; und der Herr hier hat zwar im Allgemeinen für diese Art der Zerstreuung nicht viel übrig, aber er hat doch gewiss nichts dagegen, uns für eine halbe Stunde gefällig zu sein.«

»Mr Darcy ist die Gefälligkeit in Person«, sagte Elizabeth und lächelte.

»Das ist er – aber betrachtet man die Verlockung, meine liebe Miss Eliza, braucht man sich über diese Gefälligkeit nicht zu wundern; denn wer würde eine solche Partnerin ablehnen?«

Elizabeth betrachtete die beiden mit schalkhaftem Blick und wandte sich dann ab. Ihre Standhaftigkeit hatte ihr bei dem Gentleman nicht geschadet, und er war mit durchaus wohlgefälligen Gedanken an sie beschäftigt, als Miss Bingley ihn ansprach.

»Ich glaube, ich errate den Gegenstand Ihrer Gedanken.«

»Das kann ich mir nicht vorstellen.«

»Ihnen geht durch den Kopf, wie unerträglich es wäre, wenn man viele Abende in dieser Art verbringen müsste – in solcher Gesellschaft; und glauben Sie mir, ich bin ganz Ihrer Meinung. Nie habe ich mich dermaßen gelangweilt! Die Geistlosigkeit und noch dazu der Lärm; wie bedeutungslos all diese Leute sind, und trotzdem ihre Wichtigtuerei! – Mit Freuden würde ich hören, was Sie Lästerliches über sie zu sagen haben!«

»Ihre Vermutung ist vollkommen falsch, das versichere ich Ihnen. Ich war mit angenehmeren Betrachtungen beschäftigt. Ich habe darüber nachgedacht, was für eine Freude doch ein hübsches Augenpaar im Antlitz einer schönen Frau ist.«

Miss Bingley fixierte ihn sogleich mit ihrem Blick und wollte wissen, welche Dame es sich zur Ehre anrechnen dürfe, solche Gedanken in ihm zu inspirieren. Mr Darcy antwortete mit großer Unerschrockenheit:

»Miss Elizabeth Bennet.«

»Miss Elizabeth Bennet!«, rief Miss Bingley. »Da staune ich allerdings. Wie lange genießt sie solche Gunst schon? – und bitte sagen Sie es mir, wann darf ich Ihnen Glück wünschen?«

»Das ist genau die Frage, die ich von Ihnen erwartet hatte. Die Phantasie einer Frau ist von größter Schnelligkeit; binnen eines Augenblicks schließt sie von Bewunderung auf Liebe und von Liebe auf Ehe. Ich wusste, dass Sie mich beglückwünschen würden.«

»Nun, wenn Sie mir so ernsthaft darauf antworten, dann betrachte ich die Sache als abgemacht. Sie bekommen eine wirklich bezaubernde Schwiegermutter, und natürlich wird sie immer bei Ihnen auf Pemberley wohnen.«

Er hörte ihr vollkommen ungerührt zu, während sie sich solcherart vergnügte, und da seine Gelassenheit sie davon überzeugte, dass keine Gefahr bestand, dauerte es lange, bis sie genug davon hatte.

7. Kapitel

Mr Bennets Vermögen bestand fast ausschließlich aus einem Besitz, der ihm zweitausend im Jahr einbrachte, aber nur in männlicher Linie vermacht werden konnte und der deshalb nach seinem Tod nicht an seine Töchter, sondern an einen entfernten Verwandten fallen würde; und dasjenige ihrer Mutter, wenn auch reichlich für eine Frau ihres Standes, konnte den Verlust des väterlichen nicht ausgleichen. Der Vater von Mrs Bennet war Anwalt in Meryton gewesen und hatte ihr viertausend Pfund hinterlassen.

Sie hatte eine Schwester, die mit einem Mr Philips verheiratet war – einst Angestellter ihres Vaters, nun dessen Nachfolger –, sowie einen Bruder, der als ehrbarer Kaufmann in London lebte.

Das Dorf Longbourn lag nur eine Meile von Meryton, eine sehr angenehme Entfernung für die jungen Damen, die es meist drei- oder viermal die Woche dorthin lockte, um ihren Verpflichtungen bei ihrer Tante und bei dem Putzmacherladen gleich gegenüber nachzukommen. Die beiden jüngsten, Catherine und Lydia, versahen diese Aufgabe besonders gewissenhaft; sie hatten weniger, womit sie ihren Verstand beschäftigen konnten, als ihre Schwestern, und wenn sich nichts Besseres bot, musste eben ein Spaziergang nach Meryton als Beschäftigung für die Vormittagsstunden und als Gesprächsstoff für den Abend herhalten; und sowenig an Neuigkeiten das Landleben im Allgemeinen auch bieten mochte, bei ihrer Tante erfuhren sie immer etwas. Derzeit waren sie mit Geschichten und guter Stimmung sogar besonders wohlversorgt, denn vor kurzem war ein Regiment der Miliz eingetroffen; es sollte den ganzen Winter bleiben, und Meryton war das Hauptquartier.

Ihre Besuche bei Mrs Philips lieferten nun die interessantesten Aufschlüsse. Jeden Tag erfuhren sie etwas Neues über Namen und Herkunft der Offiziere. Wo sie einquartiert waren, blieb nicht lange ein Geheimnis, und binnen kurzem machten sie auch die Bekanntschaft der Offiziere selbst. Mr Philips besuchte sie alle, und für seine Nichten wurde daraus ein Quell ungekannter Glückseligkeit. Sie sprachen von überhaupt nichts anderem als den Offizieren mehr, und Mr Bingleys großes Vermögen, ein Thema, das ihre Mutter immer wieder von neuem beflügeln konnte, schien unbedeutend gegenüber dem Glanz einer Fähnrichsuniform.

Eines Morgens, als er wieder einmal ihre Auslassungen zu dem Thema mit angehört hatte, meinte Mr Bennet in schönster Ruhe:

»Wenn ich euch so reden höre, dann denke ich mir, ihr zwei gehört zu den albernsten Gänsen im ganzen Land. Den Verdacht hege ich schon lange, aber jetzt habe ich den Beweis.«

Catherine war gekränkt und sagte nichts, doch Lydia plapperte munter weiter von ihrer Begeisterung für Captain Carter und der Hoffnung, ihn im Laufe des Tages noch zu sehen, denn am folgenden Morgen wolle er nach London reisen.

»Also ich muss sagen, das wundert mich, mein Lieber«, sagte Mrs Bennet, »dass du deine eigenen Kinder für albern erklärst. So etwas kann man über anderer Leute Kinder sagen, aber doch nicht über die eigenen.«

»Wenn meine Kinder alberne Gänse sind, dann will ich hoffen, dass ich in der Lage bin, das zu erkennen.«

»Gewiss – aber sie sind ja nun einmal allesamt äußerst gescheit.«

»Das ist, schmeichle ich mir, der eine Punkt, in dem wir nicht einer Meinung sind. Ich hatte gehofft, wir könnten in allem ein Herz und eine Seele sein, aber in dieser einen Frage muss ich dir doch widersprechen, denn mir kommen unsere beiden jüngsten Töchter ganz außerordentlich einfältig vor.«

»Mein lieber Mr Bennet, du kannst doch nicht erwarten, dass solche Kinder ebenso viel Verstand haben wie ihr Vater oder ihre Mutter. Wenn sie erst einmal in unserem Alter sind, werden sie gewiss ebenso wenig an Offiziere denken wie wir heute. Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich selbst einem roten Rock nicht abgeneigt war – im Grunde meines Herzens bin ich es bis heute nicht; und wenn ein eleganter junger Colonel mit fünf- oder sechstausend im Jahr eins meiner Mädchen wollte, würde ich nicht nein sagen. Ich fand, Colonel Foster sah neulich abends bei Sir William in seiner Uniform sehr vorteilhaft aus.«

»Mama«, rief Lydia, »die Tante sagt, Colonel Foster und Captain Carter gehen nicht mehr so oft wie zu Anfang zu Miss Watson; sie sieht sie jetzt sehr oft in Clarkes Bücherei.«

Das Eintreten eines Dieners mit einem Brief für ihre älteste Tochter hielt Mrs Bennet von einer Entgegnung ab. Der Brief kam aus Netherfield, und der Bote wartete auf Antwort. Die Augen der Mutter strahlten vor Freude, und noch während die Tochter las, fragte sie eifrig:

»Und, Jane, von wem ist er? Um was geht es? Was schreibt er? Spann uns nicht auf die Folter, Kind, erzähl es uns, schnell.«

»Er ist von Miss Bingley«, sagte Jane, und las den Brief laut vor.

»Meine liebe Freundin!

Wenn Sie nicht Mitleid haben und heute mit Louisa und mir dinieren, laufen wir Gefahr, einander für den Rest unseres Lebens zu hassen, denn wenn zwei Frauen einen ganzen Tag lang zusammengesperrt sind, geht es nicht ohne Streit ab. Kommen Sie, sobald Sie diese Nachricht erhalten. Mein Bruder und die Herren essen mit den Offizieren. Stets die Ihre –

Caroline Bingley.«

»Mit den Offizieren!«, rief Lydia. »Wieso hat die Tante uns das nicht erzählt?«

»Essen auswärts«, meditierte Mrs Bennet. »Das ist unglücklich.«

»Kann ich die Kutsche nehmen?«, fragte Jane.

»Nein, meine Liebe, du solltest reiten; es sieht nach Regen aus, und dann müssen sie dich die Nacht über dortbehalten.«

»Das wäre ein schöner Plan«, wandte Elizabeth ein, »wenn nicht zu erwarten wäre, dass sie sie nach Hause fahren.«

»Oh! Die Herren werden mit Mr Bingleys Kutsche nach Meryton gefahren sein, und die Hursts haben für ihre keine Pferde.«

»Ich würde lieber die Kutsche nehmen.«

»Aber meine Liebe, dein Vater kann die Pferde bestimmt nicht entbehren. Sie werden für die Feldarbeit gebraucht, nicht wahr, Mr Bennet?«

»Sie werden häufiger für die Feldarbeit gebraucht, als ich sie haben kann.«

»Aber wenn du sie heute brauchst«, sagte Elizabeth, »dann bekommt Mama, was sie sich wünscht.«

Schließlich entlockte sie ihrem Vater die Zusicherung, dass die Kutschpferde gebraucht würden, und folglich sah Jane sich gezwungen zu reiten; ihre Mutter begleitete sie an die Tür mit den fröhlichsten Prophezeiungen schlechten Wetters. Ihre Hoffnungen erfüllten sich; Jane war noch nicht lange fort, da begann es heftig zu regnen. Ihre Schwestern machten sich Sorgen um sie, ihre Mutter war bester Dinge. Der Regen hielt den ganzen Abend ohne Unterbrechung an; Jane konnte mit Sicherheit nicht zurückkommen.

»Was für ein glücklicher Einfall von mir!«, sagte Mrs Bennet mehr als einmal, als habe sie aus eigener Kraft dafür gesorgt, dass es regnete. Aber erst am nächsten Morgen zeigte sich das ganze Maß des Erfolgs dieser List. Das Frühstück war kaum vorüber, da brachte ein Diener aus Netherfield die folgende Nachricht für Elizabeth:

»Meine liebste Lizzy!

Heute Morgen geht es mir gar nicht gut, was sicher daran liegt, dass ich gestern bis auf die Haut nass geworden bin. Meine lieben Freundinnen hier wollen kein Wort von einer Rückkehr nach Hause hören, bevor es mir nicht wieder bessergeht. Sie bestehen auch darauf, dass Mr Jones nach mir sieht – macht Euch also keine Sorgen, wenn Euch zu Ohren kommt, dass er bei mir gewesen ist –, aber abgesehen von Kopf- und Halsschmerzen geht es mir nicht weiter schlecht.

Deine usw.«

»Nun, meine Liebe«, sagte Mr Bennet, nachdem Elizabeth den Brief laut vorgelesen hatte, »wenn deine Tochter ernsthaft krank werden sollte, wenn sie stirbt, dann wird es ein schöner Trost sein zu wissen, dass es geschah, um Mr Bingley zu erobern, und auf deine Anordnung.«

»Oh, ich mache mir keine Sorgen, dass sie sterben könnte. Man stirbt nicht an einer kleinen Erkältung. Sie wird gut versorgt. Solange sie dort bleibt, ist alles in Ordnung. Ich würde hinfahren und sie besuchen, aber die Kutsche steht ja nicht zur Verfügung.«

Elizabeth, die sich wirklich Sorgen machte, war entschlossen, nach Jane zu sehen, auch ohne Kutsche; und da sie keine große Reiterin war, blieb ein Fußmarsch als einzige Alternative. Sie verkündete ihren Entschluss.

»Wie kannst du nur auf so eine Idee kommen«, rief ihre Mutter, »bei dem ganzen Matsch! Bis du ankommst, kannst du dich nirgends mehr sehen lassen.«

»Ich kann mich bei Jane sehen lassen – und mehr will ich nicht.«

»Ist das ein Fingerzeig, Lizzy«, fragte ihr Vater, »dass ich die Pferde kommen lassen soll?«

»Nein, gar nicht. Der Weg macht mir nichts aus. Es ist ja nicht weit, wenn man ein Ziel hat; gerade einmal drei Meilen. Bis zum Essen bin ich wieder zurück.«

»Ich bewundere dich für deine tätige Nächstenliebe«, meinte Mary, »aber jede Gefühlsregung sollte durch die Vernunft gemäßigt sein, und für meine Begriffe muss Anstrengung stets im Verhältnis zu den Erfordernissen stehen.«

»Wir begleiten dich bis Meryton«, verkündeten Catherine und Lydia. Elizabeth ließ sich ihre Gesellschaft gefallen, und die drei jungen Damen machten sich gemeinsam auf den Weg.

»Wenn wir uns beeilen«, sagte Lydia unterwegs, »läuft uns vielleicht sogar noch Captain Carter über den Weg, bevor er aufbricht.«

In Meryton trennten sie sich; die beiden Jüngsten begaben sich zur Wohnung einer der Offiziersgattinnen, und Elizabeth setzte ihren Weg allein fort, überquerte Feld um Feld mit schnellen Schritten, kletterte über Zaunstiege, sprang über Pfützen, alles mit der Hast der Ungeduld, und fand sich schließlich in Sichtweite des Hauses, mit wehen Füßen, schmutzigen Strümpfen und einem Gesicht, das von der Anstrengung glühte.

Man ließ sie ins Frühstückszimmer ein, wo alle mit Ausnahme von Jane versammelt waren und wo ihr Erscheinen für beträchtliches Aufsehen sorgte. – Dass sie drei Meilen zu Fuß gegangen war, so früh am Tage, bei solchem Schmutzwetter und noch dazu allein, war Mrs Hurst und Miss Bingley schier unbegreiflich; und Elizabeth war überzeugt, dass sie sie dafür verachteten. Sie wurde jedoch von den beiden sehr höflich aufgenommen; und im Betragen ihres Bruders spürte sie sogar noch etwas Besseres als Höflichkeit; es lag Wohlwollen und Freundlichkeit darin. – Mr Darcy sagte sehr wenig und Mr Hurst überhaupt nichts. Ersterer war hin- und hergerissen zwischen Bewunderung für das Strahlen, das die frische Luft ihrer Haut verliehen hatte, und Zweifel daran, ob der Anlass wirklich rechtfertigte, dass sie ohne Begleitung einen so weiten Weg gegangen war. Letzterer dachte nur an sein Frühstück.

Auf die Frage nach ihrer Schwester bekam sie keine allzu erfreuliche Antwort. Miss Bennet habe schlecht geschlafen und sei zwar aufgestanden, habe aber hohes Fieber und fühle sich nicht wohl genug, ihr Zimmer zu verlassen. Elizabeth war froh, dass man sie gleich zu ihr führte; und Jane, die nur die Furcht, Besorgnis oder Unbequemlichkeit heraufzubeschwören, davon abgehalten hatte, ihr in ihrer Nachricht zu schreiben, wie sehr sie sich einen solchen Besuch ersehnte, war glücklich, als sie sie sah. Zu großer Unterhaltung war sie allerdings nicht imstande, und als Miss Bingley die beiden sich selbst überließ, brachte sie kaum mehr hervor als Dankesworte über die große Freundlichkeit, mit der man sie behandelte. Elizabeth umsorgte sie schweigend.

Nach dem Frühstück gesellten die Schwestern sich zu ihnen, und Elizabeth entwickelte allmählich selbst eine Sympathie für sie, als sie sah, welche Sorge und Zuneigung sie gegenüber Jane an den Tag legten. Der Arzt kam, und nach Untersuchung der Patientin befand er, wie nicht anders zu erwarten, dass sie sich eine schwere Erkältung zugezogen habe und dass sie versuchen müssten, sie zurückzudrängen; er riet ihr, sich wieder ins Bett zu legen, und versprach, Arznei zu schicken. Dem Rat leistete sie gern Folge, denn das Fieber stieg zusehends höher, und ihr Kopf schmerzte sehr. Keinen Augenblick lang verließ Elizabeth ihr Zimmer, und auch die anderen Damen blieben die meiste Zeit dort; da die Herren ausgegangen waren, gab es auch nichts anderes für sie zu tun.