Störungen der Harnausscheidung - Kerstin Gitschel - E-Book

Störungen der Harnausscheidung E-Book

Kerstin Gitschel

4,8

Beschreibung

Harnausscheidungsstörungen zählen zu den häufigsten urologischen Krankheitsbildern. Ihre Ursachen und entsprechenden pflegerischen Spezifika sind vielfältig. Aufbauend auf den einzelnen Krankheitsbildern und der spezifischen Diagnostik werden in diesem Buch Pflegefachkräften und angrenzenden Berufsgruppen im Bereich der Kontinenzförderung praktische Hilfestellungen aufgezeigt, die die Situation betroffener Menschen verbessern können.

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Harnausscheidungsstörungen zählen zu den häufigsten urologischen Krankheitsbildern. Ihre Ursachen und entsprechenden pflegerischen Spezifika sind vielfältig. Aufbauend auf den einzelnen Krankheitsbildern und der spezifischen Diagnostik werden in diesem Buch Pflegefachkräften und angrenzenden Berufsgruppen im Bereich der Kontinenzförderung praktische Hilfestellungen aufgezeigt, die die Situation betroffener Menschen verbessern können.

Kerstin Gitschel, Pflegewissenschaftlerin M.A., Krankenschwester, Urotherapeutin. Tätig in einer Kontinenzberatungsstelle in Wien. Christine Kaffer, Ausbilderin und Leitung BeBo® Deutschland, Urotherapeutin, Fitnessfachwirtin. Tätig in eigener Praxis für Beckenbodentraining in Augsburg. Ellen Janhsen-Podien, Urotherapeutin, Kontinenztrainerin, Kinderkrankenschwester. Tätig in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Links der Weser, Bremen. Thomas Engels, Fachkrankenpfleger, Urotherapeut, Kontinenztrainer. Pflegerische Leitung der urologischen Poliklinik, Universitätsklinik Bonn.

Christine Kaffer, Thomas Engels, Kerstin Gitschel, Ellen Janhsen-Podien (v. l.n. r.)

Gitschel, Kerstin: Studium Pflegewissenschaft M.A., Krankenschwester, Urotherapeutin und BeBo®-Trainerin. Tätig in der Kontinenzberatungsstelle, Wiener Pflege- und Betreuungsdienste GmbH, Fonds Soziales Wien, Wien

Kaffer, Christine: Ausbilderin und Leitung BeBo® Deutschland, Urotherapeutin, Fitnessfachwirtin. Tätig in eigener Praxis für Beckenbodentraining in Augsburg

Janhsen-Podien, Ellen: Urotherapeutin, Kontinenztrainerin, Kinderkrankenschwester. Fachliche Leitung der Weiterbildung zum/zur Urotherapeut/in in Bremen. Tätig in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Links der Weser, Bremen

Engels, Thomas: Fachkrankenpfleger, Urotherapeut, Kontinenztrainer. Pflegerische Leitung der urologischen Poliklinik Universitätsklinik Bonn

Kerstin Gitschel Christine Kaffer Ellen Janhsen-Podien Thomas Engels

Störungen der Harnausscheidung

Diagnostik und Therapie in der Pflege

Verlag W. Kohlhammer

Pharmakologische Daten verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autor haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Eine Gewährleistung können Verlag und Autor hierfür jedoch nicht übernehmen. Daher ist jeder Benutzer angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

1. Auflage 2013 Alle Rechte vorbehalten © 2013 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany ISBN 978-3-17-021126-1

Print: 978-3-17-021126-1

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978-3-17-026473-1

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978-3-17-027954-4

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978-3-17-027955-1

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Danksagung

Einleitung

1 Anatomie und PhysiologieC. Kaffer und K. Gitschel

1.1 Der Beckenboden

1.2 Die Blase (Vesica urinaria)

Literatur

2 HarnauscheidungsstörungenT. Engels

2.1 BlasenentleerungsstörungenT. Engels

2.2 Die überaktive Blase/»overactive bladder«T. Engels

2.3 HarninkontinenzK. Gitschel

2.3.1 BelastungsinkontinenzC. Kaffer und K. Gitschel

2.3.2 DranginkontinenzC. Kaffer

2.3.3 MischinkontinenzC. Kaffer

2.3.4 Überlaufinkontinenz/Inkontinenz bei chronischer HarnretentionC. Kaffer

2.3.5 ReflexinkontinenzC. Kaffer

2.3.6 Extraurethrale InkontinenzC. Kaffer und T. Engels

2.4 Psychologische Bedeutung von HarnausscheidungsstörungenK. Gitschel

Literatur

3 Urologische NotfälleT. Engels

3.1 Veränderung der Harnausscheidung

3.2 Infektionen

3.2.1 Prostatitis

3.2.2 Zystitis

3.2.3 Epididymitis (Nebenhodenentzündung)

3.2.4 Pyelonephritis

3.2.5 Urethritis

3.3 Abflussstörung der Harnwege

3.3.1 Harnverhalt

3.3.2 Restharn

3.4 Urolithiasis (Harnsteinerkrankung)

3.5 Unfälle mit Beteiligung des Urogenitalsystems

3.5.1 Hodentorsion

3.5.2 Verletzungen der männlichen Harnröhre

Literatur

4 Urologische DiagnostikT. Engels

4.1 Sonografie

4.2 Röntgendiagnostik

4.2.1 Nativaufnahme des Harntrakts

4.2.2 Ausscheidungsurogramm (AUG, IV-Pyelogramm)

4.2.3 Antegrades Ureterogramm

4.2.4 Retrogrades Ureteropyelogramm

4.2.5 Zystogramm

4.2.6 Miktionszystourethrogramm (MCU)

4.2.7 Retrogrades Urethrogramm (RUG)

4.2.8 Pouchogramm

4.2.9 Computertomografie (CT)

4.2.10 Magnetresonanztomografie (MRT)

4.3 Zystomanometrie/Urodynamik

4.3.1 Geschichtlicher Rückblick der Urodynamik

4.3.2 Durchführung der Urodynamik

4.3.3 Die drei Phasen der Urodynamik

4.3.4 Besonderheiten bei urodynamischen Messungen

4.4 Zystoskopie

4.5 Ureterorenoskopie (URS)

4.6 Uroflowmetrie

4.7 Uroflow mit EMG

4.8 Psychosomatische Aspekte

Literatur

Internet

5 Pflegerische SpezifikaE. Janhsen-Podien und K. Gitschel

5.1 Patientenedukation

5.2 Urotherapie

5.3 Information und Aufklärung

5.4 Beratung

5.5 Anleitung und Schulung

5.6 Pflegerische Betreuung

Literatur

6 Maßnahmen zur Kontinenzförderung

6.1 Lebensqualitätsfördernde Maßnahmen/Lifestyle FaktorenK. Gitschel

6.2 HilfsmittelK. Gitschel

6.2.1 Verordnung von Hilfsmitteln

6.2.2 Aufsaugende Hilfsmittel

6.2.3 Ableitende Hilfsmittel

6.2.4 Sonstige Hilfsmittel

6.3 Umgang mit MedikamentenE. Janhsen-Podien

6.4 Spezifische Maßnahmen zur KontinenzförderungK. Gitschel und C. Kaffer

6.4.1 Das Beckenbodenkonzept

6.4.2 Präventives Beckenbodentraining

6.4.3 Inhalte des Beckenbodentrainings

6.4.4 Der Beckenboden im Alltag

6.4.5 Blasentraining bei einer Drangsymptomatik

6.4.6 Toilettentraining

6.4.7 Ziel des Beckenbodentrainings

6.5 Physikalische TherapieT. Engels

6.5.1 Biofeedback

6.5.2 Elektrostimulation

6.5.3 Anwendungsgebiete von Biofeedback und Elektrostimulation

Literatur

Internet

Glossar

Stichwortverzeichnis

Geleitwort

Hinter dem Begriff »Störungen der Harnausscheidung« verbergen sich auf der Seite der davon betroffenen Menschen jeglichen Lebensalters immer Gefühle von Verlusten. Unabhängig davon, ob es sich um akute oder chronische Störungen handelt, ist mit ihnen ein Verlust an körperlicher Funktion und an Möglichkeiten, diese intimen Vorgänge angemessen selbstständig zu regeln, gebunden.

Inkontinenz, als häufig aus Scham verschwiegenes Symptom, führt zu Zweifeln an der eigenen Rolle und Identität. Dies hat gravierende Folgen auf die Lebensqualität.

Wenn wir uns mit Störungen der Harnausscheidung befassen, so setzt dies deshalb eine innere Haltung voraus, die sich durch Wissen um diese Verluste, Respekt vor der Intimsphäre der betroffenen Menschen, Empathie und echtem Interesse an positiver Veränderung der Situation auszeichnet.

Diese innere Haltung liegt diesem Buch zugrunde und wird durchgehend deutlich – nicht nur in Kapiteln, wo dies erwartet werden muss, wie zum Beispiel »Patientenedukation«. Sie findet sich ebenso in der Art und Weise der Beschreibung der Anatomie und Physiologie, denn auch hier liegt der Fokus darauf, zu verstehen, was geschieht, um daraus später zu begründen, was diagnostisch oder therapeutisch möglich und notwendig ist. Sie findet sich in den Beschreibungen zum Beckenbodentraining ebenso wie in den Ausführungen zur physikalischen Therapie.

Neben dieser inneren Haltung wird Wissen benötigt, das einerseits befähigt, diagnostische und therapeutische Maßnahmen anderer Berufsgruppen im therapeutischen Team zu verstehen und die Durchführung der Diagnostik teilweise zu übernehmen. Andererseits entwickeln sich eigenständige, (pflegerisch-)therapeutische Maßnahmen, die sich wiederum in das Gesamtbehandlungskonzept integrieren.

Neues Wissen entsteht unter anderem dadurch, dass es gelingt, wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrung zusammen zu bringen. Dass dies den Autorinnen und Autoren gelungen ist, zeigt sich sowohl in der Auswahl der Themen, aber vor allem in der Qualität und Art und Weise der Bearbeitung. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auf die Beschreibung der Durchführung der Urodynamik hinweisen, die in dieser Form echtes Neuland ist, aber auch die Fallbeispiele im fünften Kapitel und die Informationen zum »Beckenboden im Alltag« nennen.

Dieses Buch wurde von vier Autoren mit unterschiedlichen Erfahrungs- und Wissenshorizonten geschrieben, deren Gemeinsamkeit die Weiterbildung zur/zum »Urotherapeutin/en« ist. Sie teilen ihr Wissen miteinander und führen es zusammen. Daraus ist ein Buch entstanden, das sich auf verschiedene Art und Weise nutzen lässt: als Nachschlagewerk, aber auch zum durchgängigen Lesen einzelner Kapitel.

Weil in diesem Buch innere Haltung, entwickeltes Wissen und Praxiserfahrung ineinanderfließen, können die Themen den Lesern zugänglich gemacht und komplexe Zusammenhänge anschaulich und verständlich vorgestellt werden.

Ich wünsche den Autoren, dass dieses Buch den breiten Kreis an Leserinnen findet, den es verdient hat.

Bremen, September 2012

Doris Scholt

Lehrerin für Pflegeberufe, MScN Universität Cardiff

Kursleitung »Palliative Care«, »Breast Nurse«,

päd. Kursleitung »Urotherapeutin«

Danksagung

Die Autoren danken allen, die sie bei der Erstellung dieses Buches motiviert, unterstützt und beraten haben. Ein besonderes Dankeschön geht an:

Ivonne Rammoser, Chefredakteurin Health&Care Management, die uns das Projekt zugetraut hat.

Doris Scholt, innerbetriebliche Fortbildung am Klinikum links der Weser, Bremen und pädagogische Leitung für die Weiterbildung zum/zur Urotherapeut/in in Bremen für das Geleitwort.

Judith Krucker, Inhaberin der BeBo® Verlag und Training GmbH, in Zürich für die zur Verfügung gestellten Bilder aus den Büchern »Entdeckungsreise zur weiblichen Mitte«, »Die versteckte Kraft im Mann« und »BeBo®-Training belebt den Alltag«.

Ingo Podien für die künstlerische Gestaltung unseres Achtung-Symbols.

Ute Engels, Krankenschwester an der Universitätsklinik Bonn.

Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Dipl. Min. Norbert Laube Deutsches Harnsteinzentrum Medizinisches Zentrum Bonn.

Dr. med. Andreas Meißner, University of Amsterdam, Department of Urology, Niederlanden.

Prof. Dr. Jürgen Pannek, Schweizer Paraplegiker-Zentrum Neuro-Urologie, Schweiz.

Einleitung

Die Urologie zeigt sich als ein breit gefächertes Fachgebiet mit operativen und konservativen Behandlungsmöglichkeiten zu Erkrankungen des Harntrakts und der Geschlechtsorgane. Für in der Urologie tätige Pflegefachkräfte erfordert dies ein spezifisches Wissen zu Ursachen, Diagnostik und Therapie. Aber auch in anderen Fachrichtungen, wie in der ambulanten und stationären Pflege, ist es wichtig, dass Pflegekräfte akute urologische Krankheitsbilder beziehungsweise Notfälle erkennen, um rechtzeitig reagieren und richtig handeln zu können. Ein weiteres großes Themengebiet in der Urologie ist die Harninkontinenz bei Erwachsenen. Die Therapie ist neben der Urologie auch in der Gynäkologie, Neurologie und Altenpflege zu verorten. Letztendlich werden Pflegefachkräfte verschiedener Institutionen in ihrem Alltag nahezu täglich mit dieser Problematik konfrontiert. Das vierköpfige Autorenteam möchte mit diesem Buch deshalb Pflegefachkräfte in der stationären wie auch ambulanten Pflege ansprechen. Das Buch eignet sich für Neueinsteiger in urologischen Tätigkeitsbereichen, für Pflegekräfte in der Altenpflege und auch für andere angrenzende Professionen wie der Physiotherapie oder dem Hebammenwesen.

Thomas Engels beschreibt im ersten Teil des Buches typische urologische Notfälle aufgeteilt in Symptome, Diagnostik und Therapie. Zu den ausgewählten Krankheitsbildern zählen mögliche Veränderungen der Harnausscheidung, Harnsteinerkrankungen und Abflussstörungen der Harnwege. Zudem beinhalten die Ausarbeitungen Infektionen und Unfälle unter Beteiligung des Urogenitaltrakts. Einen weiteren Großteil bildet die urologische Diagnostik, bei der typische Untersuchungen in der Urologie erklärt werden und aufgezeigt wird, was aus pflegerischer Sicht bei der Untersuchung zu beachten ist. Ausführlich wird die wohl häufigste Untersuchung in der Urologie, die Urodynamik beziehungsweise Zystomanometrie zur Identifikation von Ausscheidungsstörungen, beschrieben.

Den zweiten inhaltlichen Schwerpunkt des Buches bilden Ausscheidungsstörungen. Laut Angaben der Deutschen Kontinenzgesellschaft e. V. sind in Deutschland vier bis sechs Millionen Menschen von Inkontinenz betroffen. Im Hinblick auf den demografischen Wandel ist mit einem weiteren Anstieg dieser Zahlen zu rechnen. Harnausscheidungsstörungen beruhen auf Speicher- oder Entleerungsstörungen. Diese Tatsache erfordert auch einen reflektierten Umgang in der Versorgung und Therapie von Betroffenen. Thomas Engels und Christine Kaffer unterscheiden auf Basis von Anatomie und Physiologie des Beckenbodens und der Blase nachvollziehbar die einzelnen Inkontinenzformen.

Mit Entwicklung des Expertenstandards zur Förderung der Harnkontinenz (DNQP 2007) wurde deutlich, welcher Stellenwert der Pflege bei der Kontinenzförderung zukommt. Während es vielen Betroffenen möglich ist, ihren Alltag weiter aufrecht zu erhalten, sind andere einem starken Leidensdruck ausgesetzt und ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben immer mehr zurück. Menschen mit Harnausscheidungsstörungen begegnen Pflegefachkräften in ihrem beruflichen Alltag beinahe täglich. Sie sind oftmals erste Ansprechpartner für Betroffene und durch die Unterstützung bei der Körperpflege oder Ausscheidung dem Patienten so nahe, dass sie eine Inkontinenz bei einem Betroffenen am ehesten bemerken. Doch welche konservativen Maßnahmen umfasst die Therapie der Inkontinenz? Die Maßnahmen zur Kontinenzförderung aus pflegerischer Sicht sind sehr vielfältig und stehen nicht unbedingt im Widerspruch zu Zeit- und Personalmangel. Im Gegenteil, es wird ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, welche Maßnahmen sich in der Praxis leicht umsetzen lassen. Kerstin Gitschel zeigt auf, welche verhaltensändernden Maßnahmen die Kontinenzsituation positiv beeinflussen können und welche Hilfsmittel zur Versorgung bei Harninkontinenz hinzugezogen werden können. Gemeinsam mit Christine Kaffer werden Elemente zum Beckenbodentraining aus dem BeBo®-Konzept vorgestellt. Ausgewählt wurden einzelne Maßnahmen, die sich problemlos in den pflegerischen Alltag ohne großen zeitlichen Aufwand integrieren lassen. Ziel ist es, auf jeder Stufe der Prävention von Inkontinenz zu handeln. Eine häufige Anwendung im Bereich der physikalischen Therapie bei Harninkontinenz ist die Elektrostimulation und das Biofeedback. Thomas Engels erklärt, wofür diese Begrifflichkeiten stehen und wann deren Anwendung sinnvoll und erfolgsversprechend ist. Im Bereich der medikamentösen Therapie gibt Ellen Janhsen-Podien einen Überblick über Indikation, Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten zur Behandlung von Blasenstörungen.

Die hier beschriebenen Maßnahmen zur Kontinenzförderung sollen den Pflegefachkräften mehr Handlungssicherheit geben und zur Anwendung ermutigen. Mit dem Ziel, die pflegerischen Spezifika im Zusammenhang von Ausscheidungsstörungen zu präzisieren und ein professionelles Vorgehen zu fördern, wurde von Ellen Janhsen-Podien und Kerstin Gitschel ein dritter Themenschwerpunkt erarbeitet. Im Rahmen der Kontinenzförderung müssen Pflegefachkräfte informieren, beraten, schulen und anleiten können. Auch gesetzlich sind diese Maßnahmen als pflegerische Aufgaben festgehalten. Oftmals fühlen sich Pflegekräfte aber überfordert, Patienten und deren Zugehörigen kompetent gegenüber zu treten. Die Urotherapie umfasst all diese Begrifflichkeiten. In diesem Kapitel stellen die Autorinnen die Inhalte der Urotherapie vor, definieren die einzelnen Tätigkeiten anhand der pflegewissenschaftlichen Literatur und leiten daraus zahlreiche Fallbeispiele ab, denen sie in der Praxis begegnet sind.

Das Interesse der Autoren war, ein Buch zu veröffentlichen, das neben dem Fachwissen zur Urologie vor allem die pflegerischen Spezifika transparent macht. Der theoretische Aufbau und Praxisbezug in Form von Fallbeispielen gibt Pflegekräften die Möglichkeit, vieles in ihrem Alltag umzusetzen. Die Auswahl bestimmter Erkrankungen, eine verständliche Ausdrucksweise und zahlreich ergänzende Abbildungen erleichtern dem Leser, die Inhalte besser aufzunehmen. Für einen ungehinderten Lesefluss wurde im gesamten Text die männliche Form gewählt. Jedoch sind gleichermaßen, männliche wie weibliche Personen angesprochen. Außerdem verwenden die Autoren den Begriff »Zugehörige« im Zusammenhang von Angehörigen. Dieser Begriff umfasst alle dem Patienten nahestehenden Personen, ohne dass ein verwandtschaftliches Verhältnis vorliegen muss.

1 Anatomie und Physiologie

C. Kaffer und K. Gitschel

1.1 Der Beckenboden

Lage

Das Becken (Pelvis) bildet einen knöchernen Rahmen. Äußerlich tastbar sind die Grenzpunkte Schambein (Os pubis), Steißbein (Os coccygis) und Kreuzbein (Os sacrum) sowie die beiden Sitzbeinhöcker (Tubera ischiadica). Der Beckenboden verschließt das knöcherne Becken nach unten hin beziehungsweise das Abdomen. Er besteht aus quer- und längsverlaufenden Schichten von quergestreifter Muskulatur, aus Bindegewebsplatten, die in zwei Ebenen, dem Diaphragma urogenitale und dem Diaphragma pelvis, eingeteilt werden und Faszien. Die Beckenbodenmuskulatur hat ihren Ursprung und Ansatz an den Beckenknochen und bildet somit ein fein abgestimmtes Geflecht.

Abb. 1.1: Knöchernes Becken Frau und Mann (BeBo®)

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Nicht nur die Form des Beckens unterscheidet sich zwischen Frau und Mann, sondern auch die Stabilität des Beckenbodens. Während das männliche Becken eng, hoch und schmal ist, ist das weibliche breit, niedrig und weit, da es auf Schwangerschaft und Geburt ausgerichtet ist. Der männliche Beckenboden ist durch zwei Körperöffnungen unterbrochen, Harnröhre (Urethra) und After (Anus), der weibliche hingegen durch eine zusätzliche große Öffnung, der Scheide (Vagina). Dies führt zu einer anatomisch bedingten Instabilität. Hinzu kommt, dass die Frau mit Beginn der Pubertät großen Hormonschwankungen ausgesetzt ist, was sich in der Schwangerschaft und Menopause weiter verstärkt. Die Hormonveränderungen beeinflussen den Spannungszustand des Gewebes, es wird sensibler, weicher und weniger belastbar. Die größte Herausforderung an den Beckenboden der Frau stellen jedoch Schwangerschaft und Geburt. Sie führen zu kleinsten bis auch großen Verletzungen der Beckenbodenmuskulatur, was eine Beckenbodenschwäche hervorrufen kann. Aber auch hohe Alltagsbelastungen und operative Eingriffe im Bereich des Beckens können bei Mann und Frau gleichermaßen zu einer funktionellen Störung der Beckenbodenmuskulatur führen.

Aufbau der Beckenbodenmuskulatur

Die einzelnen Schichten der Beckenbodenmuskulatur nehmen vielfältige Funktionen ein. In den ►Abbildungen 1.2 bis 1.5 ist das Diaphragma urogenitale skizziert. Es setzt sich aus der äußeren und mittleren Beckenbodenschicht zusammen. Neben den lateinischen Bezeichnungen der einzelnen Muskeln werden im Folgenden die Begrifflichkeiten aus dem BeBo®-Konzept verwendet.

Äußere Beckenbodenschicht

Die äußere Schicht umfasst den M. bulbocavernosus, M. ischiocavernosus und M. sphincter ani externus.

Bei der Frau bildet der M. bulbocavernosus, ein sogenanntes Muskelhaltekreuz, das zwischen dem Os pubis (Schambein) und dem Os coccygis (Steißbein) längs verläuft und sich wie eine Acht um After, Scheide und Harnröhre legt und den U-Muskel, der Urethra und Vagina u-förmig umschließt. Am Zentrum Tendineum (Damm) kreuzen sich die Fasern des M. bulbocavernosus. Seine weiteren Funktionen sind die Entleerung der Urethra, die Unterstützung beim Transport der Spermien und das Anschwellen bei sexueller Erregung.

Beim Mann ist dies der V-Muskel oder auch Harnröhrenschwellkörpermuskel. Er unterstützt die Erektion und fördert die Entleerung der Urethra bei der Miktion und Ejakulation.

Abb. 1.2: Äußere Beckenbodenschicht der Frau (BeBo®)

Der M. ischiocavernosus, oder auch Sitzbeinschwellkörpermuskel genannt, bewirkt bei der Frau eine Erektion der Klitoris und die Tonussteigerung des Scheideneinganges während des Koitus. Beim Mann zieht er bei Anspannung den schlaffen Penis nach innen und den erigierten Penis Richtung Bauchnabel. Er unterstützt auch die Erektion.

Der M. sphincter ani externus erzeugt den äußeren Afterschließmuskel. Die Funktion ist beim Mann wie bei der Frau gleich. Unter ständiger Kontraktion verschließt er den Anus und entspannt nur während der Defäkation.

Abb. 1.3: Äußere Beckenbodenschicht des Mannes (BeBo®)

Mittlere Beckenbodenschicht

Die mittlere Schicht der Beckenbodenmuskulatur besteht aus zwei Muskeln, deren Funktion geschlechtsunabhängig ist. Der M. transversus perinei profundus, querverlaufende Muskelplatte beziehungsweise auch tiefer querer Dammmuskel genannt, hat die Aufgabe, reflektorisch gegen zu halten, die Levatorpforte (= der Ausschnitt des Levator ani) und Urethra zu verschließen sowie die Spannung des Zentrum Tendineums aufrecht zu halten. Der M. transversus perinei superficialis besteht aus querverlaufenden Muskelsträngen und wird auch als oberflächlicher querer Dammmuskel bezeichnet. Er hat eine fixierende Funktion im Bereich des Zentrum Tendineums (Damm) und spannt das Diaphragma urogenitale.

Abb. 1.4: Mittlere Beckenbodenschicht der Frau (BeBo®)

Abb. 1.5: Mittlere Beckenbodenschicht des Mannes (BeBo®)

Innerste Beckenbodenschicht

Das Diaphragma pelvis bildet die innerste Schicht der Beckenbodenmuskulatur (►Abb. 1.6 und 1.7). Diese besteht aus dem inneren Hauptmuskel (M. levator ani) der hauptsächlich längs zwischen dem Schambein (Os pubis), den Schambeinästen (R. inferior ossis pubis), den Sitzbeinhöckern (Tuber ischiadicum) und dem Steißbeinmuskel (M. coccygeus) verläuft. Der innere Hauptmuskel (M. levator ani) stützt bei Mann und Frau die Becken- und Bauchorgane, sichert die Kontinenz und hat über die Synergisten eine Bewegungsfunktion. Dies sind jeweils der rechte und der linke Hüftlochmuskel (M. obturatorius internus) und birnenförmige Muskel (M. piriformis), die zum großen Rollbügel (Trochanter major) des Oberschenkels (Os femoris) führen und somit eine Verbindung zwischen dem Becken und den unteren Extremitäten herstellen (Seleger et al. 2007, S. 16 ff; Seleger et al. 2008, S. 15 ff).

Abb. 1.6: Innerste Beckenbodenschicht der Frau (BeBo®)

Abb. 1.7: Innerste Beckenbodenschicht des Mannes (BeBo®)

1.2 Die Blase (Vesica urinaria)

Funktion

Die Blase ist ein soziales Organ – sie gibt uns das Bedürfnis auf das WC zu gehen, so sind wir sozial akzeptabel. Sie ist aber auch ein Gewöhnungsorgan (BeBo®-Konzept). Ein Gewöhnungsorgan bedeutet, dass die Blase daran gewöhnt werden kann, sich häufig mit einem Drang zu melden oder lernen kann, die Harnspeichermenge zu erhöhen.

Einfluss des Verhaltens

Dem geht voraus, dass die Blase aus Gewohnheit bei jeder Möglichkeit entleert wurde und sich somit langfristig die Speicherkapazität der Blase verringert hat. Deshalb sollte der WC-Gang nur auf Drang ausgeführt werden. Wissen über die Blase, ihre Speicherkapazität und die Häufigkeit der Entleerung führen zu einem gesunden Speicher- und Entleerungsverhalten.

Abb. 1.8: Querschnitt Frau (BeBo®, T. Engels)

Abb. 1.9: Querschnitt Mann (BeBo®, T. Engels)

Lage

Die Harnblase der Frau liegt im Becken zwischen dem Schambein (Os pubis) und der Scheide (Vagina) und wird von der Beckenbodenmuskulatur aktiv und von den Bändern passiv fixiert. Das bedeutet, dass die Lage der Blase von diesen Strukturen abhängig ist. Die vordere Scheidenwand ist für die Lage ebenso wichtig. Die Kraft der Beckenbodenmuskulatur, die für uns trainierbar ist, kann eine Senkung, aber auch eine Hyperaktivität der Blase entscheidend beeinflussen.

Die männliche Blase befindet sich zwischen Schambein (Os pubis) und dem Enddarm (Rektum), deren Fixierungen gleich der Frau sind. Zwischen der Harnblase und dem Beckenboden befindet sich beim Mann die Prostata, durch die die Harnröhre des Mannes läuft. Ein kraftvoller, elastischer Beckenboden sorgt beim Mann für eine gute Durchblutung der Prostata.

Abb. 1.10: Blase der Frau (BeBo®)

Abb. 1.11: Blase des Mannes (BeBo®)

Aufbau Blasenkapazität und Entleerungsfrequenz

Die Harnblase besteht aus Blasenkörper, Blasenboden und Blasenhals.

Der in der Niere stetig gebildete Harn gelangt über die beiden Ureter in die Blase. Der Blasenkörper (M. detrusor) ist der Speicher für den Harn. Er ändert seine Form und Lage je nach Füllungszustand. Die Blasenfüllung beim gesunden Erwachsenen beträgt 300 bis 400 ml bis er einen Harndrang verspürt, die Blasenkapazität umfasst bis zu 600 ml.

Bei einer Ausscheidung von 1,5 bis 2 l sind fünf bis sieben Miktionsfrequenzen am Tag normal (Versprille-Fischer 1997, S. 63).

Blasenkörper

Die Wand des Blasenkörpers besteht aus drei Schichten, die zusammengefasst den M. detrusor bilden: Von innen wird die Blase von einer Schleimhaut ausgekleidet, welche sich bei gefüllter Blase glättet und sich bei entleerter Blase in Falten legt. Die mittlere Schicht besteht aus einem Geflecht von glatten Muskelfasern, die zirkulär, längs und spiralförmig verlaufen und dadurch ein gitterartiges, kollagenes Gerüst bilden. So bleibt das Muskelgewebe elastisch und kann sich bei gleichbleibend intravesicalem Druck gleichmäßig ausdehnen. Bei der Miktion kontrahiert das Gewebe gleichmäßig und die Blase entleert sich dadurch restharnfrei. Nach außen hin ist die Blase von Bindegewebe umgeben.

Blasenboden

Im Bereich des Blasenbodens befindet sich das Trigonum vesicae. In diese dreieckige Fläche münden die beiden Harnleiter (Ureter) in die Blase. Um einen Reflux des Urins in die Nieren zu verhindern, münden die Ureter schräg von hinten in die Blase, so dass sie bei zunehmender Detrusorkontraktion verschlossen werden. Im Trigonum vesicae befinden sich außerdem die sensorischen Rezeptoren (Dehnungsrezeptoren), die über das Rückenmark eine Meldung über den Dehnungszustand der Blasenwand ans Gehirn geben, der wiederum von der Gewöhnung (siehe oben) abhängig ist. Befindet sich die Blasenwand in einer entsprechenden Dünne beziehungsweise Dicke, so wird entweder ein hemmender Impuls oder ein Drangimpuls an die Blase zurückgesandt. Während der Eröffnungsphase öffnet das Trigonum vesicae den Blasenhals und bildet einen Trichter, um entleeren zu können.

Blasenhals

Den untersten Abschnitt der Blase bildet der Blasenhals. Er ist der am besten fixierte Teil der Blase und ändert seine Lage bei Füllung und Entleerung kaum. Der Blasenhals ist der Übergang der Blase (Vesica urinaria) in die Harnröhre (Urethra) bis hierhin reicht das Trigonum vesicae.

Die Blase wird mit Bändern fixiert, die sie in Richtung Nabel und Schambein nach vorne und nach oben hin aufhängen. Für eine weitere Fixation der Blase und der Harnröhre (Urethra) sorgt auch aktiv der M. levator ani als Teil des Beckenbodens (siehe auch Lage der Blase). Nach hinten stützt der Damm (Zentrum Tendineum) die Urethra ab.

Schließmuskelfunktion

Der Harnröhrenverschlussmuskel (M. sphincter urethra) besteht aus einem inneren Schließmuskel (M. sphincter urethra internus), der nichtwillentlich (autonom) gesteuert ist und aus einem äußeren Schließmuskel (M. sphincter urethra externus), der willentlich (somatisch) gesteuert ist. Diese spannen permanent an und relaxieren nur bei der Miktion. Um eine Kontinenz zu gewährleisten, muss der Druck in der Urethra größer sein als der intravesicale Druck (Jost 2004, S. 34f). Die Blase (Vesica urinaria) ist ein Niederdruckbehälter, der Druck in ihr ist also immer gleich, unabhängig vom Füllvolumen. Der Druck in der Harnröhre (Urethra) wird gesichert durch ein Drittel glatten Sphincter, ein Drittel quergestreiften Sphincter und einem Drittel Gewebetrophizität der Schleimhaut und Gefäße (vasculärer und hormoneller Faktor).

Innervation der Harnblase
Nervale Steuerung

Das Nervensystem ist ein übergeordnetes Schalt- und Kommunikationssystem, das der Koordination und Integration von Informationen dient. Die Regelkreise unterschiedlicher Innervationssysteme mit ihren spezifischen Rezeptoren und Neurotransmittern steuern die Blasenfunktion. Das vegetative Nervensystem arbeitet autonom und steuert alle Organfunktionen durch den Sympathikus (Wirbelsäule im Bereich Th 10–L2) und Parasympathikus (Wirbelsäule im Bereich S2–S4) unter anderem die Blase, das Rektum und die Geschlechtsorgane. Das somatische Nervensystem funktioniert willkürlich und wird durch den N. Pudendus innerviert (Wirbelsäule im Bereich S2–S4). Dies ermöglicht es uns, den WC-Gang so lange zu unterdrücken, bis wir die geeigneten äußeren Bedingungen finden (Jost 2004, S. 44). Der ►Abbildung 1.12 ist Funktion von Sympathikus und Parasympathikus zu entnehmen.

Abb. 1.12: Symphatikus – Parasymphatikus

Speicher- und Entleerungsvorgang

Die ►Abbildung 1.13 stellt die vier Phasen des Miktionszyklus dar.

Speicherphase

Die Füllung der Blase wird von Dehnungsrezeptoren der Blase über sensible Nerven an das sakrale Miktionszentrum gemeldet und zum Miktionszentrum im Gehirn weitergeleitet. Letzteres macht den Harndrang bewusstund hemmt willkürlich die automatische Blasenentleerung.

Eröffnungsphase

Wenn das WC erreicht und die Blasenentleerung nicht mehr bewusst gehemmt wird, lässt der Parasympathikus den inneren Sphinkter erschlaffen, die Entleerung wird eingeleitet.

Abb. 1.13: Miktionszyklus (BeBo®-Konzept)

Entleerungsphase

Der Parasympathicus öffnet beziehungsweise erschlafft den inneren Sphinkter und kontrahiert gleichzeitig den M. detrusor (►Abb. 1.12). Den äußeren Schließmuskel können wir willkürlich öffnen und schließen, das heißt, die Harnentleerung unterbrechen. Der Harnstrahl entleert 20 bis 40 ml Harn pro Sekunde.

Verschlussphase

Der Sympathikus verschließt den inneren Schließmuskel und erschlafft den M. detrusor. Der Verschlussdruck ist normal größer als der Blasendruck, das heißt, wir bleiben kontinent, auch bei Belastungen (Seleger et al. 2008, S. 31).

Literatur

Jost, W. (Hrsg.) (2004): Neurologie des Beckenbodens. Neurourologie. Bremen: Uni-Med.

Seleger, M., Keller, Y. & Krucker, J. (2007): Entdeckungsreise zur weiblichen Mitte. 6. Aufl. Zürich: BeBo® Verlag.

Seleger, M., Krucker, J., Keller, Y. & Trinkler, F. (2008): Die versteckte Kraft im Mann. 2. Aufl. Zürich: Bebo® Verlag.

Versprille-Fischer, E. S. (1997): Inkontinenz und Beckenbodendysfunktion. Berlin, Wiesbaden: Ullstein Mosby.

2 Harnauscheidungsstörungen

T. Engels

Auslöser

Eine Störung der Harnausscheidung ist genau genommen eine Störung der Blasenfunktion, bei der es zu Behinderungen in der Harnspeicherung oder der Blasenentleerung kommen kann, wobei diese auch kombiniert auftreten können. Die Harninkontinenz ist ein Symptom dieser Störungen, auch wenn es häufig vorkommt, muss es nicht zwingend vorhanden sein. Ursächlich werden neurogene Blasenstörungen, funktionelle und mechanische Blasenstörungen unterschieden, wobei auch hier die Ursachen wegen der Vielzahl an zusätzlichen Erkrankungen nicht immer klar voneinander zu trennen sind.

Zusammenhang Darmstörungen

Da die Funktion und Kontrolle der Darmentleerung die der Blasenfunktion ähnlich sind, treten Störungen in diesen Bereichen häufig kombiniert auf. In der Anamneseerhebung bei Verdacht auf Harnausscheidungsstörung sollte deshalb auch grundsätzlich die Frage zur Darmkontrolle gestellt werden.

Blasenfunktion
Innervation