Storys mit Schwung - Phil Humor - E-Book

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Phil Humor

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Goethe, Napoleon, Alexander der Große und Märchenstars geben sich die Ehre - unterstützt von Vincent van Gogh, Turandot, dem Orakel von Delphi, Tannhäuser, Venus, Sisyphus, Tristan und Isolde, Salomon und der Königin von Saba, Osiris, Odysseus und Kirke, Morgana, Martin Luther, Zeus und Hera, König Saul, Jorinde und Joringel, Jules Verne, Herkules, Götz von Berlichingen, Charlotte von Stein, Baba Jaga, Faust, Blaubart, Yeti, Kleopatra, Ilsebill, Georges Bizet, Carmen, Petrus, Mephisto, Ludwig XIV. und Uriel, Sir Brixelot ... *** Vincent van Gogh malt Das Nachtcafé * Therapiestunde für den Wolf * Wotel, das Weltraum-Hotel * Das tapfere Schneiderlein und Pepetto, der Hahn * Autor im Schlaraffenland * Kalaf und Turandot * Timothy Time und Sue Zufall * Das Orakel von Delphi und die Schlacht von Salamis * Tannhäuser, Venus und Elisabeth * Spielverderber - Ernie Ernst und Emma Spiel * Sisyphus im Tartaros * Sehnsucht - Tristan und Isolde und Love Potion No. Seven * Salomon und die Königin von Saba * Osiris in den Katakomben von Paris * Odysseus und Kirke * Mein Vater und Neil Armstrong * Napoleon und Betsy * Napoleon und Morgana * Die dunkle Seite des Mondes * Der Sitcom Transverter * Der Meisterdieb und Fiona * Martin Luther im Gewitter * Lost in Time - Eskapaden eines Weihnachtsengels * Liebe Not mit Liebesbrief - Zeus und Hera * König Saul und die Hexe von Endor * Jorinde, Joringel und die Zauberin Victoria * Jules Verne auf dem Raumschiff 'Jules Verne' * Herkules und die Prinzessin Hesione * Goethe und Götz * Goethe und Charlotte von Stein - ein Traumpaar * Planet Gigantos * Die Prinzessin, Baba Jaga und der Frosch * Faust trifft Goethe * Die Qual der Wahl - Das Cosplay Speed-Dating * Der Taucher - Story zur Ballade von Friedrich Schiller * Avalon Leuchtturm * Das blaue Licht * Blaubart und Cécile * Die Bremer Stadtmusikanten im Wald * Fußball mit Yeti, Kondor und Ente * Aladin und Prinzessin Badroulbadour in der Höhle der Dschinns * Staatsstreich, Schnaps und Sklaven bei den Ameisen * Kleopatras Tagebuch * Alexander der Große in der Oase Siwa * Alexander der Große und die Massenhochzeit von Susa * Königsmord für Alexander den Großen * Alexander der Große - Memoiren seines Leibrosses Bukephalos - Hörspiel * Butt und Fee Ilsebill * Georges Bizet und Carmen * Abschieds-Kuss * Mein Archivar * Fabel vom Fuchs und dem Reiher * Napoleon, Petrus und Mephisto * Sonnenkönig und Uriel - Ludwig XIV. und das himmlische Versailles * Frieg und Krieden * Lebensreise * Sir Brixelot und Brixelda * Heimat * Heuchel-Ei * Liebste Omi * Tulp und Tulpe * Eifersucht * Treuer Freund * Mein Krafttier Panther * Die Macht des Sommers * Stadtgespräch * Wassertropfen auf dem Lotusblatt * Lebenslauf eines Kusses * Wald aus Kindertagen * Waldi * Von Welt * Drabbles * Aphorismen

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Phil Humor

Storys mit Schwung

Goethe, Napoleon, Alexander der Große und Märchenstars geben sich die Ehre

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Storys mit Schwung

Goethe, Napoleon, Alexander der Große und Märchenstars geben sich die Ehre - unterstützt von Vincent van Gogh, Turandot, dem Orakel von Delphi, Tannhäuser, Venus, Sisyphus, Tristan und Isolde, Salomon und der Königin von Saba, Osiris, Odysseus und Kirke, Morgana, Martin Luther, Zeus und Hera, König Saul, Jorinde und Joringel, Jules Verne, Herkules, Götz von Berlichingen, Charlotte von Stein, Baba Jaga, Faust, Blaubart, Yeti, Kleopatra, Ilsebill, Georges Bizet, Carmen, Petrus, Mephisto, Ludwig XIV. und Uriel, Sir Brixelot ...

 

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Vincent van Gogh malt Das Nachtcafé * Therapiestunde für den Wolf * Wotel, das Weltraum-Hotel * Das tapfere Schneiderlein und Pepetto, der Hahn * Autor im Schlaraffenland * Kalaf und Turandot * Timothy Time und Sue Zufall * Das Orakel von Delphi und die Schlacht von Salamis * Tannhäuser, Venus und Elisabeth * Spielverderber - Ernie Ernst und Emma Spiel * Sisyphus im Tartaros * Sehnsucht - Tristan und Isolde und Love Potion No. Seven * Salomon und die Königin von Saba * Osiris in den Katakomben von Paris * Odysseus und Kirke * Mein Vater und Neil Armstrong * Napoleon und Betsy * Napoleon und Morgana * Die dunkle Seite des Mondes * Der Sitcom Transverter * Der Meisterdieb und Fiona * Martin Luther im Gewitter * Lost in Time - Eskapaden eines Weihnachtsengels * Liebe Not mit Liebesbrief - Zeus und Hera * König Saul und die Hexe von Endor * Jorinde, Joringel und die Zauberin Victoria * Jules Verne auf dem Raumschiff 'Jules Verne' * Herkules und die Prinzessin Hesione * Goethe und Götz * Goethe und Charlotte von Stein - ein Traumpaar * Planet Gigantos * Die Prinzessin, Baba Jaga und der Frosch * Faust trifft Goethe * Die Qual der Wahl - Das Cosplay Speed-Dating * Der Taucher - Story zur Ballade von Friedrich Schiller * Avalon Leuchtturm * Das blaue Licht * Blaubart und Cécile * Die Bremer Stadtmusikanten im Wald * Fußball mit Yeti, Kondor und Ente * Aladin und Prinzessin Badroulbadour in der Höhle der Dschinns * Staatsstreich, Schnaps und Sklaven bei den Ameisen * Kleopatras Tagebuch * Alexander der Große in der Oase Siwa * Alexander der Große und die Massenhochzeit von Susa * Königsmord für Alexander den Großen * Alexander der Große - Memoiren seines Leibrosses Bukephalos - Hörspiel * Butt und Fee Ilsebill * Georges Bizet und Carmen * Abschieds-Kuss * Mein Archivar * Fabel vom Fuchs und dem Reiher * Napoleon, Petrus und Mephisto * Sonnenkönig und Uriel - Ludwig XIV. und das himmlische Versailles * Frieg und Krieden * Lebensreise * Sir Brixelot und Brixelda * Heimat * Heuchel-Ei * Liebste Omi * Tulp und Tulpe * Eifersucht * Treuer Freund * Mein Krafttier Panther * Die Macht des Sommers * Stadtgespräch * Wassertropfen auf dem Lotusblatt * Lebenslauf eines Kusses * Wald aus Kindertagen * Waldi * Von Welt * Drabbles * Aphorismen

 

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Ich verwende in meinen Texten und Büchern gerne Philosophie und Humor.

Deswegen: Phil Humor

 

Bücher, Texte, Leseproben, Videos und Hörbücher von mir im Internet:

 

http://www.phil-humor.de

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Vincent van Gogh malt Das Nachtcafé

 

Drei Nächte investiert in ein Gemälde. Das ist viel für mich. Vorarbeit, Planung, wohin soll es gehen? Wird es religiöse Aussage beinhalten, kann ich sie darin entdecken? Der Mann in Weiß - hinter dem Billardtisch - kann ich ihm Bedeutung andichten, zuschreiben? Ich schreibe mit dem Pinsel, brauche Realität als Modell, weiche davon ab, lasse mir doch nicht aufoktroyieren, welche Farbe ich zu verwenden habe; welche Freiheit. Da steuere ich mich hinein in Einsamkeit, male, porträtiere die Einsamkeit und schwärme von Freiheit. Wie gerne wäre ich Teil dieser Welt; ich stehe außen vor, bin ihr Maler; ich halte ihr einen Spiegel vor, damit sie was erkennen? Die Leute sehen mich als zerlumpten Gesellen, meiden meine Nähe, fliehen mich. Ha, ich bin nicht einfach - ich würde auch meine Gesellschaft vermeiden, wenn es möglich wäre, so aber bin ich mein Schatten, bin bei mir, warte darauf, was ich als Nächstes zu tun beabsichtige. Wer bestimmt? Ach, die Malerei bietet mir zu viel Zeit zum Grübeln. Konzentriere Dich auf Dein Meisterwerk. Nein! Es nicht denken! Damit nehme ich mir nur die Leichtigkeit; ach, ich täusche mich, ich trage zu dick auf, nehme das alles viel zu wichtig. Hätten meine Gemälde Leichtigkeit. Der Billardtisch hypnotisiert mich; ich will ihm eine Bedeutung zuspielen. Mein Pinsel als Queue? Über Bande trickreiche Kombination? Ich bin nicht der Trickser, ich bin der Träumer; bin wie die, die ich male: die Männer im Nachtcafé. Auf was warten sie? Froh darüber, dass sie einen Platz haben, wo sie verweilen können, während die Zeit vorübergeht; sie lassen sie passieren, ducken sich vor ihr. Ist sie eine Gebieterin? Eine strenge Herrin? Verlangt sie Rechenschaft, was man mit ihrer Gabe angestellt hat?

 

Ich war fleißig. Hunderte von Gemälden, aber wird das jemals als Gemälde durchgehen? Zu schnell hingepfuscht, werden sie sagen; ein Meisterwerk, das benötige Monate. So, das sieht schon sehr schön aus. Ich bin zufrieden? Bin ich es je? Doch, es sieht gut aus. Es ist so, wie ich es mir gedacht hatte: Der honigfarbene Boden, die grüne Decke - gib es zu, Du bist im Farbenrausch, Du liebst Deine Farben, liebst es, sie zu kombinieren. Was ist meine Komplementärfarbe, wo ist mein Komplementär-Kompagnon? Einsamkeit. Ich habe zu viele Süchte. Tabak, Prostituierte, Absinth; schlechte Ernährung. Es wäre so einfach, gesund zu leben. In der Provence ... was bin ich düster, inmitten der Erleuchtung. Alles wird erfasst von Seinem Licht. Ich wollte es deutlich machen, habe mich bekehrt zu den hellen, freundlichen Farben: Und dennoch, da fehlt etwas; so sehr ich mich bemühe, so dick ich die Farbe aufwringe, es ist noch kein Predigen mittels der Farben, sie stehen im Raum, haben sich so wenig zu sagen. Farben, unterhaltet Euch! Sprecht mit mir. Rot, Blutrot, ja Du bist gemeint; Du zierst die Wand, was begrenzt Du? Ich habe die hintere Tür als Fluchtpunkt gedacht, dort wieder das Honiggelb; was mache ich mir vor? Will ich Menschheit solch einen Ausweg herbeimalen?! Ich wünsche es mir ja auch für mich selber. Noch kein einziges Gemälde an den Mann gebracht. Theo, mein Bruder, Du leihst mir, Du borgst mir. Ich bleibe auf immer in Deiner Schuld. Ich kann es Dir nicht mit Gold aufwiegen, würde es gerne; so schreibe ich viele Briefe an Dich, da selbst, wenn wir zusammen sind, mein Streit-Talent sich Bahn bricht; ja wider meinen Willen! Wieso bin ich so unleidlich? Wille allein genügt nicht; warte ich auf Gnade? Wie kann ein Nachtcafé-Bild alles das beinhalten? Ich überlade, überfrachte es damit; nimm Dich zurück, aber ich kann nicht! Wo wäre Abstellraum für meine Gaben? Wo soll ich damit hin? Dennoch muss äußerste Freiheit bei jedem Pinselstrich sein, er muss sich selber malen. Gebiete mir, ist es hier recht, willst Du woanders hin? Jetzt rede ich bereits mit meinem Werk; aber es soll ja mitteilsam sein; mehr sein, als die Summe meiner Bemühungen. Bislang ist es mir gelungen. In fast jedem meiner Gemälde - ich bin wohl der Einzige, dem es so erscheint. Werden jemals in Galerien, in Museen Neugierige meine Bilder befragen, wird dann nach Jahrhunderten über solch eine Zeitepoche Gespräch möglich sein? Es sind nur Farben, von mir platziert, gemäß etwas Realem - und über dieses Reale soll es hinausdeuten; wie greife ich in das Jenseitige? Wo ist die Komplementärwelt? Spiegelwelt. Ich male jetzt gerade den Spiegel. Wie Fenster. Bin ich froh, dass die Gäste dösen. Ich will nicht gestört werden. Die Gedanken jagen sich; wie beim Billard: Impuls-Weitergabe. Wo ist Freiheit in meinem Bild? Wie stelle ich sie dar? Die Lampen - die Sterne der Stube? Die Uhr mit grünem Zifferblatt; der grüne Schimmer - hier Symbol für übles Werk. Draußen - da ist Grün Leben, wenn auch Unbewusstes. Muss erhöht werden: Menschen - sie brauchen Blau des Himmels, Grün der Pflanzen, Gold der Sonne. Ich biete ihnen nun Honiggelb des Fußbodens, und Blau kommt nur vor als Grün-Blau; ich vergrüne die Szene; aber so erlebe ich es: Über mein Leben zog Grünschleier; lästig. Dass man doch einfach befehlen könnte, dass man sich andere Farbe wünsche: In meinen Sälen sei es ... Ja, wenn es dort so wäre wie in diesem Nachtcafé? Schrecklich. Aber ich male es mir gerade und geradewegs in meine Seele. Achte darauf, welche Farben Du zu Dir nimmst. Aber ich bin ja das Milieu - was beschwere ich mich, dass um mich herum die Mattigkeit? Dies Gemälde - ich setze es in die Welt, bin sein Erzeuger, sein Vater. Wird es sich verändern? Ist es bereit, dass es erwachsen werden kann mit Hilfe der Generationen, die in ihm immer neue Seiten ihm zeigen, es ist angewiesen auf die Zwiesprache mit den Menschen.

 

Es ist fast vollendet ... sage mir, wenn der Moment gekommen ist. Sollte man selber auch so ein Gemälde sein? Den Schöpfer malen lassen - oder aber selber sich größtmögliche Mühe geben? Wird so artifiziell. Macht Er vorher Kohlezeichnung? So, der Spiegel ist jetzt zweimal. Real und gespiegelt in einem bedeutenden Gemälde. Ich setze das mal voraus. Spaßeshalber. Tun, als ob, es Bedeutung hätte, was ich in meiner Verzweiflung kopiere. Ja, ich brauche die Realität; aber transformiere ich sie wirklich zu etwas Aussagekräftigem, zu Schönheit, etwas Immerwährendem? Habe ich diese Macht? Es wäre Magie. Dem Moment solche Dauer verleihen, dass er gebannt ist, und selber gespannt ist, wie lange er diesen Ton halten kann, Meistersang. Verdammt, meine Modelle bewegen sich; es wird Morgen; ich hätte überprüfen sollen, ob es stimmig ist. Später, da wird man alles arrangieren, vielleicht wird es bewegte Bilder geben, wo die Akteure eingeweiht sind in den Abbildungsprozess. Sie schauspielern dann für die Ewigkeit, man könnte solche Momente inszenieren - doch ich habe nur immer einen Moment, ein Standbild; sie stehen, sie sind unbewegt, sie verharren. Ich habe die Zeit angehalten. Es wäre wohl eine Zeitreise möglich an solchen Zeitpunkt, wie ich ihn markiert habe. Das Nachtcafé in Arles - es wird sein Original übertrumpfen - das Gemälde höherwertiger als die Realität. Ist das was Göttliches? Bislang war Realität das Maß aller Dinge. Was ist, wenn Künstler sich erdreistet und es komprimierter anbietet, in hochwertiger Manier? Veredelung des Moments; selbst die Stühle stehen über dem Zufall, ich habe sie dem Chaos entnommen und sie hineingestellt in Geordnetheit, sie haben Funktion; sind Symbol, Bedeutungsträger. Ach, wäre ich auch ein Bedeutungsträger; es würde mir mein Leben leichter machen. Man meidet mich. Ich baue im Inneren, es ist die Eigenart des Künstlers, dass er seine Kräfte fokussiert, abzieht von der äußeren Front auf die innere Front, dort wo Gedankenheere aufmarschieren, miteinander sich messen wollen ... Und der Sieger darf das nächste Bild-Sujet bestimmen und wie es zu gestalten sei. Freue mich auf Sonnenblumen, Felder, Brücken, ... Mal sehen, was an jenseitigem Material in ihnen steckt. Ich werde danach suchen, man muss schon genau hinsehen. Wie bei diesem Mann in Weiß. Ich habe drei Nächte hingeschaut - und immer deutlicher - wie ein Geist - malt er sich selber auf die Leinwand. Er bringt sich selber in das Bild. Ich lasse ihn gewähren. So ist es gedacht. Das war meine Einladung, die ich ausgesprochen habe.

 

Museumsbesucher, werden sie unterscheiden können, was jenseitig ist und was profan? Habe ich es hineinmalen können, habe ich es genügend deutlich gemacht, dass das Jenseitige erwünscht ist, sich hinzugesellen darf zu den übrigen Leinwand-Dingen? Was, wenn ihm das zu wenig ist? Welche andere Fläche hätte ich anzubieten, welche Bühne? Ich befürchte, dass ich meine Exkursionen teuer bezahle: Mein Verstand flackert - hatte doch eigentlich gehofft, es würde verträglich sein; aber als Grenzgänger ... Ich wage mich zu oft aus der Realität, will das alles in meine Bilder retten, finde dort Schätze, als sei es Ali Babas Höhle. Ich habe das Sesam-öffne-Dich gehört, kenne es, die Losung ist mir bekannt ... ach, die Schätze, die ich mitbringe, sind für die Welt gedacht. Vincent, sei ein Held und ertrage die Mehrdimensionalität, die plötzliche Weite, ... Wieso weine ich dann? Ich bin erschöpft. Das Gemälde ist fertig. Ich werde noch zuhören, was der Mann in Weiß mir anvertraut, das tun sie immer, wie in einem Traum sprechen meine Figuren zu mir, wenn ich sie darum bitte. Ich könnte ihm eine Sonnenblume schenken. Oder ich spiele Billard - mein Verstand als Queue - und die Impuls-Erhaltung ist mittels meiner Fantasie neuen Gesetzen unterworfen. Ich gebe den Anstoß, ich bin die Bande - nur leider bin ich auch das grüne Tuch. In meinem Seelensaal vermisse ich das Blau des Himmels. Wird der große Maler mir diese Farbe leihen - wahrscheinlich muss ich mir dafür einen Vorrat aus dem Himmel holen. Die grüne Fee, der Absinth, zieht in die andere Richtung.

 

 

ENDE

 

Therapiestunde für den Wolf

Gewissen, pah! Am besten, ich stelle mich erst mal vor, bevor ich mit meiner Wut so richtig loslege; man will ja schließlich wissen, wer sich echauffiert, oder ist allein die Tatsache amüsant, dass da jemandem Unrecht geschah und man kann es genießen als Unbeteiligter? Ich bin der 'böse' Wolf. Standard-Besetzung in diversen Märchen. Gerade gestern machte ich einen meiner Höflichkeitsbesuche bei den sieben Geißlein. Immer noch die Pfote voller Teig und Mehl - und die Kreide im Rachen kratzt! Ja, was ich auf mich nehme - ohne Bösewicht bricht hier doch alles zusammen! Eine Marotte der Menschen und der Leser: Sie wollen Spannung. Aber wehe, es betrifft sie. Abenteuer bitte nur aus der Ferne. Bequemlichkeits-Fanatiker. Weil ihr Leben stocklangweilig ist, sind Akteure wie ich ständig ausgebucht. Ihr wollt mich auf den Distrikt Märchenwald eingrenzen - mich bannen?! Der Jäger hat vorgeschlagen, dass wir Gruppentherapie machen. Im Haus der Geiß. Sitze also brav mit einer Tasse Tee vorm Kamin. Wie peinlich, wenn das mein Rudel wüsste. Wie er mir gegenübersitzt; beständig zu seiner Flinte greift; sich versichernd, dass sie ihm eine Hilfe wäre, falls es mich gelüsten würde, mit elegantem Satz ihn zu bespringen - oh, Pardon, war dubios formuliert. Aber die Geiß verklage ich noch. Sie ist doch keine zugelassene Ärztin. Wie unhygienisch ist das denn: Mit verrosteter Schere schneidet sie mir mein schönes Fell kaputt - gut, sie hat es wieder zugenäht; aber die Wackersteine müssen demnächst mal raus. Lieber nicht durch den Darm. Gallensteine wären ein Klacks dagegen. Wieso setzt sich Rotkäppchen auf meinen Schoß! Sehe ich aus wie ein Kuscheltier? Ist das Provokation - oder mag sie mich? Wahrscheinlich Mitleid. Sehe erbärmlich aus. Gerade aus dem Brunnen gezogen. Tropfnass. Wackersteine sind geschmacksneutral - haben aber wohl Ballaststoffe. Habe von der Therapiestunde noch gar nicht so viel mitbekommen. Hänge meinen eigenen Gedanken nach. Na, das merkt Ihr ja. Wichtig ist mir, dass Ihr meinen Standpunkt versteht - deswegen lasse ich vorerst keine andere Sichtweise zu. Ja, Kennzeichen des Bösewichtes: Er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Oder gelte ich dann nur als antiautoritär erzogen? Habe Hunger.

"Nein, Wolf! Falle nicht zurück in archaische Verhaltensweisen." Ich finde, der Jäger sieht aus wie ein Jägerschnitzel. "Dies ist eine Broschüre für Veganer." Er drückt mir das tatsächlich in die Pfote. Die Geiß stellt eine große Salatschüssel auf den Tisch. "Nun haut mal kräftig rein." Ich gehe in die Offensive: "Ich würde gerne bei der Hexe in die Lehre gehen. Dazulernen. Mich weiterbilden." Farbe bekennen; zeigen, dass man willens ist, sein Optimum zu leisten auf dem von der Natur zugedachten Gebiet. Aber ich lasse mich nicht festlegen auf die Rolle des Bösewichts. Ja, ich habe ein paar Tiere auf dem Gewissen - aber plagt mich das? Das ist meine Art zu leben. Rotkäppchen füttert mich mit Salatblättern. Wird das hier 'ne fiese Gehirnwäsche?

"Wir könnten eine Aversions-Therapie versuchen", meint der Jäger, "ich hypnotisiere Dich." Er lässt seine Taschenuhr vor mir hin- und herpendeln. Ich beiße ihm ins Handgelenk. Danach balgen wir uns auf dem Teppich. Rotkäppchen feuert mich an. Ich versuche, eines der Geißlein an den Hinterhufen zu erwischen. Die Geiß tritt mir in den Bauch, trifft aber die Wackersteine. Ihr Wehgeschrei nervt uns alle. Ich setze mich wieder in den Sessel. Habe den Verdacht, im Tee ist ein Beruhigungsmittel. Sehe alles doppelt. Vierzehn Geißlein.

***

Ab hier erzähle ich mal. Ich heiße Gesine Geiß; und ich fand die Idee des Jägers zunächst fantastisch. Hej, lass uns den Wolf therapieren; appellieren an sein Gewissen. Ich bin sehr für Diplomatie; manchmal wünschte ich, ich wäre ebenfalls ein Raubtier und könnte mir meinen Teil an der Welt mit Prankenschlag und Fauchen sichern. Das Dilemma ist: Fressen oder gefressen werden - das ist die Losung der Welt. Aber wir hier im Märchenland sind nicht so festgelegt auf das Übliche - da könnte der Wolf sich doch auch anpassen und seinen Ernährungsplan den Gegebenheiten anpassen. "Es ist mir nicht gegeben, mich von Blattsalat zu ernähren; wir sollten das mit einbeziehen in die Vorwurfs-Debatte." Der Wolf nun wieder.

"Warum müssen wir uns immer in den Haaren liegen?", fragt Rotkäppchen und flechtet dem Wolf Dreadlocks ins Fell. "Haben wir jetzt nicht schon genug Filz?", wehrt sich der Wolf. "Machst jetzt einen auf politisch korrekt?", fragt kiebig das älteste Geißlein. Die Standuhr schlägt zur vollen Stunde. Mein Jüngstes hatte sich darin versteckt; als ich daran denke, werde ich so wütend, dass ich die Bratpfanne hole und den Wolf versohle. Das gelingt deshalb problemlos, weil er vom Beruhigungsmittel im Tee high ist. Ist nicht nur Baldrian - auch zwei illegale Drogen. "Man könnte jetzt mit der Hypnose beginnen - oder mehr Tempo, einen Gang zulegen: Gehirnwäsche. Ist aber keine saubere Sache, das Gewissen bekommt einen Grauschleier." Jetzt fachsimpelt der Jäger über Moral; Moral ist Luxus. Keinen Schongang für den Wolf.

Rotkäppchen: "Darf ich Plan T vorschlagen? Schaut, dieser Tisch, das ist ein Cousin vom Tischlein-Deck-Dich." "Tische haben keine Verwandtschaft." "Gesine, sei doch nicht so unmärchenhaft. Lass Deine Angst nicht stärker sein als die Magie. - Ich präsentiere: Tischlein-Deck-Dich, Version 2.0. Damit sind einige der fundamentalsten Probleme im Märchenland vom Tisch." Es ist ein sehr kleiner Tisch. "Wächst der noch?" Der Tisch tritt mich mit zwei seiner vier Beine - abwechselnd und sehr resolut. Ich bin in Versuchung, die Axt reinzuholen. "Na warte, ich mache Brennholz aus Dir!" Er verwandelt sich; bekommt eine verspiegelte Oberfläche. "Spieglein, Spieglein, an das man sich wandt', es hat unendlichen Bestand: Die Gaumenfreuden teile ich mit Freunden." Ich bin mir nicht sicher, ob ich dem Tisch glauben soll. Der Bauch des Wolfes grummelt. Zicken-Kräfte aktivieren! Den Tisch nehme ich mir jetzt vor. Kreuzverhör. "Nenne uns Deine Zulieferer. Von woher stammt Deine Ware?" Mein Gewissen meldet sich zu Wort. Wollte ich das? Anonymisierung. Nicht wissen, woher die Tiere stammen, der Tisch als Vermittler? Wessen Geißlein wären betroffen? Ist der Tisch mein Agent - wir in der Rolle des Wolfes? Tricksen, Beute anschleppen, die Zähne hineinhauen. Mich schaudert's. Oder ist das Verstellung - habe ich die Moral schon längst ad acta gelegt? Wolf oder wir - Kooperation ist wider die Natur. Der Wolf steht doch morgen wieder auf der Matte. Ersatz für meine Geißlein - der Tisch soll Opferlämmer besorgen! Plan T: Die Hilfe des Tisches annehmen? Oder aber, die Gesprächs-Therapie macht Fortschritte. Der Wolf kommt wieder zu sich. Ich schnappe mir die Flinte. Aber im Märchenreich kommen sie alle wieder - Wiederholung, Feiern des Symbols; überleben, weil man Symbol ist, anderen etwas bedeutet.

Rotkäppchen: "Zuflucht zu Magie: als Ausweg aus unserer Unversöhnlichkeit." Der Wolf beugt sich über den Tisch. Er sieht sein Spiegelbild. "Ich spüre Seelenverwandtschaft. Aus welchem Holz man geschnitzt ist - man erkennt sich." Er schnüffelt am Tisch. "Noch riecht es nicht nach Leckereien, aber die Vorfreude und die K.-o.-Tropfen benebeln mich. - Wo ist denn hier die Essensausgabe? Muss ich unsichtbare Schubladen ziehen?" Er macht pantomimische Bewegungen. Der Tisch lacht. Wenn er jetzt sagt 'Reingelegt', dann kippt die Stimmung vollends ins Anarchische. Der Wolf geht in die Küche und holt Eiswasser. Er bespritzt sein Fell damit. "Muss wieder richtig wach werden. Ich finde das gut, dass Ihr Euch Gedanken macht; wie wäre es mit Brainstorming?" Da legt der Tisch los; er spuckt Lebensmittel aus, als sei er ein Warenautomat, der mit zu viel Münzen gefüttert wurde. "Er beschießt meine Möbel!" Wir hechten hinter das Sofa. Das jüngste Geißlein versteckt sich im Uhrenkasten. Ich werde von einer Konservendose getroffen. "Ich bin so satt, ich mag kein Blatt", sage ich als Reflex. Was man für einen Unsinn redet. Bin doch eine gänzlich andere Ziege als die aus dem Tischlein-Deck-Dich-Märchen. Ich liege neben dem Wolf. Er meint: "Ich bin ja kein Innenarchitekt, aber dieses Plüschsofa - Du hast einen Geschmack wie eine Kuh." Rotkäppchen stimmt ihm zu: "Wahrscheinlich ist der Tisch gereizt durch das scheußliche Ambiente. Das Biedermeierliche ist zu dominant." "Aber hätten wir eine Digitaluhr, statt der riesigen Standuhr, dann wärest Du mit Deiner Freveltat ungesühnt davongekommen." Der Wolf sagt zu mir: "Machst auf harmlos - dabei bist Du eine wackere Kriegerin, die sich mit Wackersteinen sehr gut auskennt. Wieso bin ich eigentlich nicht aufgewacht, als Du die Chirurgen-Nummer durchgezogen hast?" Ich zeige ihm die K.-o.-Tropfen. Der Tisch beendet sein Bombardement; sagt: "Ich bin hier auf Friedensmission." Der Tisch schießt dem Wolf eine Leberwurst zu. "Ich will ja keine beleidigte Leberwurst sein - und zum Zeichen meines guten Willens, genieße ich jetzt in aller Ruhe diese köstliche Leberwurst." Der Wolf übergibt sich. Er schaut auf das Verfallsdatum. "Seit drei Jahren abgelaufen!"

Der Tisch: "Was meinst Du wohl, woher ich meine Ware beziehe? Zum Teil alte Militär-Bestände. Muss da günstig rankommen. Ihr erwartet kostenlose, sofortige Lieferung. So etwas gibt es im gesamten Online-Handel nicht. Na ja, mit Drohnen vielleicht. Mein Job bringt überhaupt keinen Spaß! Tischlein deck Dich! Geht Ihr doch in Deckung!" Der Jäger wirft sich auf den Tisch. "Ich werde unterdrückt!" Der Tisch versucht, den Jäger abzuwerfen. "Ein Tisch-Rodeo!" Meine Geißlein sind begeistert. "Na ja, besser als ein Schaukelpferd. Aber mit der Essensproblematik sind wir noch keinen Schritt weiter." Ich schnauze den Tisch an. Hoppla, kenne ich gar nicht von mir. Ich gebe mit der Flinte des Jägers einen Warnschuss ab. "Haben wir jetzt einen Deal, sonst heißt es: Tischlein versteck Dich und leck mich!"

Der Tisch: "Für Freunde hätte ich natürlich auch einwandfreie Köstlichkeiten anzubieten. Pralinen, Bonbons, Kuchen …" Bei diesen Worten produziert das Tischlein-Deck-Dich Geschenkpackungen. Der Wolf überreicht mir eine davon. "Ich brauche Vorkoster." War ja klar. Ich nehme mir eine Praline und hoffe, es ist die Geschmacksrichtung Hafer. Da befrage ich mein Gewissen, wie ich mit dem Wolf verfahren soll in dieser verfahrenen Situation … Männer geben ja nie zu, dass sie sich verfahren haben. Der Wolf schnappt sich das Tischlein-Deck-Dich. "Mal sehen, wie wir beide miteinander auskommen. Friede, Freude, Eierkuchen. Aber nicht jeden Tag. Manchmal bitte auch ein Steak."

ENDE

Wotel, das Weltraum-Hotel

Willkommen im Wotel, dem ersten Weltraum-Hotel. Ich hatte mich breitschlagen lassen, das Wotel auf Tauglichkeit zu prüfen - nicht so sehr auf Familientauglichkeit, sondern das, was dem vorausgeht: Die Flitterwochen-Tauglichkeit, geht es bumsfidel da her oder stapeln sich die Probleme? Frisch getraut, so traut man sich ... Von wegen, schon der Flug ins Wotel ist für jemanden, der Achterbahnen als größte Herausforderung seines Lebens ansah, ein ganz besonderes Erlebnis: Mir schwinden die Sinne, wie soll ich da an Sinnlichkeit denken ... und Veronika schaut mich erwartungsvoll an, als ob ich ihr Weltraumritter sei. Wotel - klingt ein bisschen zu monströs - es sind vier Suiten. In jeder könnten vier Personen sich aufhalten; hätte ich doch meine Ex-Freundinnen mitnehmen sollen? Mit derlei Gedanken versuche ich mein Lächeln nicht verschwinden zu lassen, auch wenn mir Alfred einiges an Unannehmlichen anvertraut hat ... vermutlich hat er die gräulichsten Sachen beiseitegelassen, so wie man einem Besucher eines englischen Schlosses nicht die ganz Wahrheit in puncto Hausgeister offenbaren wird. Meine Schreckgespenster, meine Geister, das sind: die rasante Technik und ihre Kinder. Nun gut, ich bin Programmierer, aber da habe ich immer das Gefühl, ich könnte den Computern diktieren, wo es langzugehen hat. Aber wie debugge ich mich selber? Mein Angst-Programm feiert Feste. Alfred ist mein Schwager, der Bruder meiner Frau Veronika. Tja, wozu Vetternwirtschaft gut sein kann, sie schleudert einen in höchste Positionen. Ich hasse diesen Schleudersitz. Ich will hier raus! Andererseits die Aussicht. In zweifacher Hinsicht. Aussicht auf die Erde aus 400 Kilometer Höhe, wem bietet sich so etwas schon? Andere zahlen dafür Millionen. Mir wird es in den Schoß gelegt. Aber ich muss mit meinem Schoß einiges leisten. Sex im Weltraum - was ist möglich, und wie oft, und geht es auch andersrum? Vom Stellungskrieg und anderen Peinlichkeiten. Die Öffentlichkeit wird davon erfahren, ich soll einen detaillierten Bericht verfassen. Wir wären offiziell die Ersten, die es im Weltraum treiben. Treiben in einem Wotel; es treibt auf blauer Sphäre, um sich das Dunkle. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, packt mich die Abenteuerlust und außerdem sieht Veronika sehr sexy aus, trotz Raumanzug. Den dürfen wir erst ablegen im Wotel. Ich klammere mich an meinen Raumanzug wie an eine Kuscheldecke. Gebe ich nie wieder her. Schutz und Sicherheit - da sind doch die bösen Strahlen – andererseits, es ist ein Schritt näher zu Gott. Aber was sind 400 km schon im Verhältnis zu ... Wo wohnt er eigentlich ... Milchstraße, welche Hausnummer? Ich steigere mich absichtlich in wirre Gedanken, das mache ich immer, wenn mir mulmig ist. Lenkt gut ab, drängt die Gefahr beiseite; und vielleicht gestatte ich ja der Vorfreude, sich bemerkbar zu machen, wie ein kleines Gewächs, das aus dem Erdreich hervorsprießen darf. Apropos hervorsprießen - gemäß Alfreds Bericht müssen wir zwei bis drei Tage warten, bis an Erektion zu denken ist, denn die Schwerelosigkeit redet da ein Wörtchen mit. Da versackt das Blut nicht in den wichtigen Bereichen, sondern auch der Kopf wird genügend durchblutet - völlig unnötig bei den Tätigkeiten, die ich plane. Ich blicke zu Veronika und mache Thumbs Up. Ja, die Aussicht auf Weltraum-Sex. Wah, das weckt den Tiger in mir; wozu Sex alles gut sein kann - man wird mutiger, es zieht einen ins Weltall; ich, im Höhenrausch; ich werde Menschheit voranbringen mit Ejakulations-Power. Wie komme ich jetzt auf Rückstoßprinzip? Wir haben angedockt. Die großen Solarpanelen des Wotels winken mir zu, oder ich bilde es mir ein, aber mir scheint, es freut sich auf unseren Besuch, es wird durch uns entjungfert. Hihi.

Alfred ist da eine tolle Erfindung gelungen: Zunächst hatte keiner an sein Projekt geglaubt; das Unfinanzierbare war das geringste Argument. Man sah nur die Risiken. Und es sei doch unnötig, da im Orbit zu kreisen - aber wie Touristen nun mal sind, sie wollen überall hin. Wie die Viren. "Ich bin ein Touri, bin ein Pionier." Das singe ich - ja das Wotel soll wissen, dass ich guten Mutes bin; und Veronika demnächst guter Hoffnung? Aber nein, Alfred meint, das mit der Schwangerschaft, das würde im Weltraum ohne Gravitationskraft nicht funktionieren. Ach, alles mal testen. Ich fühle mich wie eine Laborratte. Aber mit Elan. Auf zum Experiment. Ich ziehe Veronika hinter mir her. Juhu, wir haben alle vier Suiten für uns allein. Tja, der Anblick der ersten Suite ist ein wenig ernüchternd: Fühle mich wie in einem Wohnwagen; super-steril, aber schöne große Bullaugen; na ja, eher wie ein Unterseeboot; die See ist ja auch unter uns. Ich habe weiter hier nichts zu tun, brauche das Wotel nicht zu steuern, nicht zu programmieren; Lustobjekt im Dienste der Wissenschaft zu sein - ich gewöhne mich an meine neue Tätigkeit. Die NASA hatte immer jegliches Interesse daran geleugnet: Sie seien doch kein intergalaktisches Bordell - die ISS top-seriös - der Steuerzahler weiß, wofür er zahlt, nur für Wissenschaft pur. Nun ja, und wenn es zum Mars geht - 520 Tage hin und zurück, wie bewältigt man das ohne Sex? Wir leisten Pionier-Arbeit, gar nicht lange Rumfackeln - vielleicht klappt es ja doch trotz aller Unkenrufe. Allerdings haben wir beide mit plötzlicher Übelkeit zu kämpfen. Ja, die Schwerelosigkeit - unser Gleichgewichtsorgan ist schockiert, dass da unser Gegenüber auf dem Kopf schwebt; es revoltiert. Mmmh - über Kopf - wäre eigentlich eine gute Sex-Position. Ich spreche Veronika darauf an. Und sie nickt zustimmend. Ich schicke Alfred raus. Wir wollen uns akklimatisieren. Akkommodieren. Und uns elektrisieren aneinander, Körper verlangen nach Reibung. Hoppla gar nicht so einfach, wenn man wie ein Gummiball voneinander abprallt. Könnte aber Spaß machen. Ganz neue Positionen gilt es einzubringen in das Weltraum-Feeling. I feel so good. Good vibrations. Der Programmierer in mir erwacht: Austüfteln, was an Neuem möglich ist; es gibt mehrere Wege nach Rom. Überall Haltegriffe und Klettverschlüsse. Riemen. Hmm, man könnte ein Sado-Maso Studio hier errichten - wäre den Wotel-Betreibern aber gewiss nicht recht. Es geht um Liebesnest und Liebesglück-Idylle. So soll es vermarktet werden. Und so soll es von uns getestet werden. Auf zum Härtetest. Ohw, Alfred hatte recht, das könnte dauern. Veronika sieht schuldbewusst aus. Liegt es an ihr? Ich könnte ja so tun, als ob. Mal sehen, was sie sich ausdenkt, um diesen Zustand zu beheben. Sie ist sehr einfallsreich. Ich liebe es, wenn Frauen kreativ sind. Ja, es liegt an uns, was wir so erfinden, wir sind Pioniere. Wenn wir mit dem Althergebrachten hantieren wollen - das können wir hier vergessen. Neue Wege sind gefragt. Aneinander vorbeischweben, sich behutsam nähern, vorübergleiten wie zwei Fischlein, sich umschlängeln - Akrobatik pur, alles das, was zu Hause zu Bänderdehnungen und Rückenverschleiß führen würde, ist hier Akrobat schööön! Ich juble, und verfasse schon in Gedanken meinen Lobeshymnen-Bericht.

"Schatz, das sind die ultimativ besten Flitterwochen." Veronika scheint zufrieden, auch wenn noch nicht alles so nach Plan verläuft, hier läuft noch gar nix; tatsächlich schwer in Schwung zu kommen trotz mentaler Begeisterung. Es ist der Körper, der Widerpart bietet. Ihm ist das alles zu ungewohnt. Er will seine Schwerkraft, beharrt darauf, wie ein störrisches Kind seine Lieblingspuppe wiederhaben will. "Du bist meine Lieblingspuppe", raune ich Veronika ins Ohr; mir fällt ein, dass das bedeuten könnte, ich übe Kritik an ihr, sie sei zu inaktiv. Wie das wieder gutmachen? Ich mache sie auf die tolle Aussicht auf unseren Planeten aufmerksam. "Schön blau. - Du, ich glaube, ich melde mich für die Mars-Mission. Ich bin so was von Pionier-mäßig gut drauf, ich werde alles entdecken, neue Sinnlichkeits-Ländereien. Lass mich Dich erkunden." Hui, sie nimmt es mir ab. Ich, der Schwerenöter, hier ganz unschwer. Die erträgliche Leichtigkeit des Seins. Ich stupse Veronika und sie saust zum andern Ende der Suite. Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein. Frei von Zwängen - und das von Finanziers unterstützt. Ich bin im Himmel.

ENDE

Das tapfere Schneiderlein und Pepetto, der Hahn

Ihr kennt mich als das tapfere Schneiderlein; es gibt da einiges zu korrigieren in meiner märchenhaften Biografie - sie ist erstunken und erlogen. Es waren nicht sieben Fliegen, denen ich mein Glück verdanke. "Streicht das aus dem Protokoll!", hatte ich den Gebrüdern Grimm zugerufen, aber haben sie jemals auf Figuren aus dem Märchenland gehört? Was das Volk sagt, was kolportiert wird, das sei das Ursprüngliche?! Irrtum! Ich weiß es aus erster Hand. Mit dieser Hand habe ich die Lüge auf meinen Gürtel genäht: "Sieben auf einen Streich". Ich war verzweifelt. Ich kannte die Prinzessin. Und da saß ich nun in meinem Schneider-Loft - verflixt und zugenäht! - und war verdammt dazu, mein Leben weitab von ihr zu fristen unterm Dachfirst. Hochfliegende Träume - ja, ein Held müsste man sein; einer, der es nicht so genau nimmt mit der Zahl seiner Gegner - ob er drei, vier oder gleich sieben stellt ... Und ich schwang meinen Maßstock, als sei ich verwegen genug, sie mit einem Streich umzuhauen. "Sieben auf einen Streich", es durchzuckte mich, ich war erregt, aufgewühlt bei dem Gedanken, solch ein Held sein zu können. Ich fuchtelte wie wild mit meinem Maßstock umher - mein Hahn Pepetto duckte sich, zog seine Flügel ein. Ich war mir dieses Überdruckes bewusst gewesen, hatte den Deckel drauf gehalten, hatte mich ermahnt, dass ich an meinen Stand denken müsse ... Und da sah ich sie vorüberreiten - Stockwerke unter mir auf einem Rappen - natürlich mit Hofgefolge, Beschützern. Es war Koinzidenz - ich hatte es ja nicht ahnen können; spielte Amor mir in die Hände? Meinte es jemand da oben gut mit einem Schneidermeister? Ich wollte dieser Held sein! Wo beginnen? Nähen. Ich konnte zumindest mir meine Glücks-Formel auf Stoff nähen - beim Nähen es memorieren, als Mantra, als Losung verwenden, um mich zu lösen von einem Dasein, was mir zuwider war. Denn innerhalb dieses Daseins, wo wäre da Platz für sie, die Schöne, Begehrenswerte, mein Ansporn, mein Glück? Ich schaute ihr nach, sie ritt zum Markt. Was könnte ich ihr schenken? Ich hatte ein Tuch für sie gefertigt, mit Sepia gefärbt - sollte es Symbol sein, dass ich mich wie ein Tintenfisch verbergen wollte in meinem Tinten-Dunst? Ich legte das große Sepia-Tuch auf meinen Kopf: Grauschwarz schimmerte Welt hindurch. Das ist meine Welt; auf, flieh! Hinaus ins weite Land. Und dies geheimnisvolle Buch, ist es Dir nicht Geleit genug? Ich rief die Verse aus dem Faust, rezitierte mir noch weitere Passagen, um meiner Erregung dichterisches Fundament zu geben, es zu stützen durch Anklänge von Belesenheit. Womit sollte ich ihr imponieren? Die Helden turnten vor meinem geistigen Auge und die Größen der intellektuellen Welt. Es sind Riesen. Giganten. Am besten, ich mache mich auf, suche mir Riesen und bitte sie höflich zum Kampf. Mal sehen, wer sich darauf einlässt. Solche Gedanken jagten sich und es war ein Wunder, dass ich vor Liebeskummer nicht sogleich den Verstand verlor; das ging schrittweise. Ich sagte Pepetto, meinem Hahn, dass es losginge - und er krähte begeistert. Irgendwo wären sicherlich auch Hühner für ihn - er drängte mich zum Aufbruch. Er redete unaufhörlich auf mich ein - er beendete leider jeden Satz mit einem enthusiastischen Krähen, als wolle er damit die Wichtigkeit des soeben Gesagten der Welt kundtun. Aber er hatte ja recht! Die ganze Welt sollte es erfahren. Hier ist die Geburtsstunde eines Helden, und auch wenn wir Federn lassen müssen, eines Tages wird es heißen: Prinzessin, ab in die Federn - von mir aus auch ab ins Heu. Scharfe Braut. Dass Männer solchen Ansporn brauchen - ich würde doch ohne sie nicht nach der Krone greifen. Hermelin gilt es zu tragen - Purpur-Mantel, ich träumte schon wieder, statt den Kampf mit den Riesen vorzubereiten. Erst mal aufs Gelächter vorbereiten. Wie verarbeitet man so etwas mental? Riesen-Gelächter. Damit muss man fertig werden. Nerven behalten. Sie wollen dich provozieren - gehört zum Business. Wenn du ins Helden-Gewerbe eintreten willst, musst du auch mit den Gepflogenheiten klarkommen. - Ich hatte Glück, am nächsten Tag traf ich auf einem Berg einen übel gelaunten Riesen. Wenn man eine Lüge als Mantra hat, dann sollte man sehen, dass die sich so schnell wie möglich bewahrheitet. Ich drehte mich bewusst so, dass mein breiter Ledergürtel, den ich als Bauchbinde trug, wohl zu erkennen war. "Sieben auf einen Streich", buchstabierte der Riese.

"Ich möchte Dir einen Handel unterbreiten", hub ich an und versetzte mich in Helden-Duktus. Das würde ein Kinderspiel, wenn ich mich an meine Vorbilder hielte, einfach ihnen im Geiste nacheifern - nun ja, Achill und Herkules sind Halbgötter, aber ich hatte ja noch Pepetto meinen Hahn. Der würde mir gewiss die entscheidenden Moves zuflüstern. "Lass uns abhauen!", krähte er. Wie inspirierend. Ich war nahe daran, ihm meine Socke in den Schnabel zu stopfen - ähnliche Gedanken mussten den Riesen beschäftigen. Er zog seine Socke aus und bewarf mich damit. "Hier, kannst du nähen. Sind Golfsocken." Haha; uralter Witz. Sah man mir etwa an der Nasenspitze an, dass ich ein Schneider war? "Das sind höchstens 17 Löcher"; ich begutachte seinen Strumpf. Hmm, als Schneider für Riesen hätte ich mein Auskommen. "Ich könnte dir ein feines Wams nähen; Haute Couture; Gamaschen, was der Herr begehrt. Du müsstest allerdings dafür im Gegenzug bei Hofe behaupten, dass wir miteinander gerungen hätten und dass ich ein paar Mal gewonnen hätte. Na wie klingt das? "Er warf mir einen Baum zu. Ich fing den nicht auf; wo steht geschrieben, dass Helden Eichen mit der Brust abschmettern müssen - wäre zwar imponierender Anfang ... "Hast du keine anderen umwerfenden Argumente?"

Ha! Schlagfertigkeit, das kommt bei Riesen gewiss gut an, das imponiert ihm, da er selber ein wenig bräsig. Verdammt! Den letzten Satz hatte ich laut gesagt. Muss lernen, zu unterscheiden zwischen innerem Monolog und dem, was anderen zugedacht. Der Riese holte aus - und ich kam noch einmal zurück auf mein Angebot mit den tollen Kleidern. "Exklusives Outfit. So wie du, da läuft doch jeder Riese rum. Ich werde da gleich mal Maß nehmen." Ich hatte meinen Maßstock bei mir - überhaupt eine blöde Idee - na klar, daran hatte er mich erkannt. Requisiten sind wichtig! Wieso hatte Pepetto mich nicht daran erinnert? "Habe ich doch", krähte er, "du hörst mir ja nie zu! Und wo sind die Hühner? Weit und breit keine Chicks!"

"Dein Hahn kann sprechen?", fragte mich der Riese. Am liebsten hätte ich ihm eine saublöde Antwort gegeben, aber dann wäre der Tag schweinemäßig ausgeklungen - ich suhlte mich dann sicherlich im Dreck - und das war gar nicht vorgesehn. Auf zur Prinzessin; bleibe auf der Helden-Spur. Aber von Held bislang keine Spur. Ich versuchte es ja unentwegt mit Diplomatie. Suche den Konfrontations-Kurs! Wenn du eines Tages würdig sein willst, dass du Aufnahme findest in einem Märchenbuch, dann mache das so wie beim Fallschirmsprung. Feinste Fallschirmseide trägt den kühnen Helden. Und was trägt der Riese? Richtig. "Hey du, wie wäre es mit Kaschmir oder luftigem Ensemble aus Fallschirmseide - das trägt der Herr. Jedenfalls ist das très chic."

Der Riese sah mich mit großen Augen an. Wahrscheinlich hielt er mich für verrückt, oder aber ich hatte ihm den Mund wässrig gemacht mit meinem Angebot oder mit meinem Anblick. "Mjam, mjam", meinte er. Na ja, es gibt auch noch andere Riesen - oder Wildschweine - ja die sind bestimmt einfacher. Oder ein Einhorn. "Wie beschwichtigt man Einhörner?", fragte ich Pepetto. Doch der war dem Riesen auf den Kopf geflogen und hackte ihm die Schuppen aus den Haaren. "Kopfpflege, jetzt?"

"Ich bin in Kampfeshandlungen verstrickt!", rief Pepetto und rupfte tatsächlich dem Riesen büschelweise die Haare aus. Oh weia. Oh my God! Zum Glück hatte ich mein Schwert dabei, aber das sah in Anbetracht des Riesen - wie ich es ihm so entgegenhielt - aus wie ein Zahnstocher. "Möchtest du dir die Zähne reinigen?"; ja, wieder meine bewährte Schlagfertigkeit. "Ich finde dein Vorschlag mit den Klamotten - das ist der Bringer. Wir könnten ins Geschäft kommen. Dir hat's die Prinzessin angetan - nicht wahr? Die ist sehr schön. Ich wäre froh, wenn es die im Riesen-Format gäbe. Hat sie eine größere Schwester? So zehn Meter groß?"

"Ich müsste mal nachschauen. - Schau mal, diesen Stein kann ich so zusammenpressen."

Ich nahm einen Käse aus meinem Rucksack und hoffte, dass ich rüberkäme wie ein Zauberer. Ich machte elegante Bewegungen - aber der Riese verdrehte nur die Augen. "Ständig kommt hier jemand vorbei und will die alte Käse-Stein-Nummer mit mir abziehen. Für wie blöd haltet Ihr Menschen uns Riesen? Dir zum Gefallen habe ich mich verstellt, einen auf tumb gemacht; ja, ich kann fließend lesen, und ich weiß, dass wir auftauchen in Märchenbüchern, dass unsere Abenteuer umgemodelt werden, dass ich zurechtgerückt werde - mir selber nicht mehr ähnlich - nur eine Karikatur - aber lass uns nicht lamentieren - wir erfüllen unsere Symbol-Funktion."

Hmmm, ein philosophischer Riese - so was ist Herkules nie passiert. Ob ich der Prinzessin die Äpfel der Hesperiden mitbringe? So als Hochzeitsgeschenk? Ewiges Leben, ewiges Jungsein, das haut sie sicherlich um, und macht sie willig, mir einen Kuss nach dem anderen aufzudrängen ... Verdammt, ich driftete schon wieder ab in Tagträumereien ... Ich küsste den Riesen. "Ach so einer bist du"; er stupste mich in die Seite. Ich flog in den Bach bei der Pferde-Weide. Mt Schmackes; gut, dass ich noch auf dem diplomatischem Parkett verweilte - man kann mit Fehde-Aufforderungen gar nicht vorsichtig genug sein. Ich rappelte mich auf, nahm einige Pferdeäpfel mit und beschmiss damit einen Rappen. "Komm wir spielen Dart. Statt mit Pfeilen mit Pferdeäpfeln. Das kann ich wenigstens gut. Es muss doch etwas geben, was ich gut kann und was mich zum Helden qualifiziert!"

Pepetto meinte: "Pferdeäpfel? Kräht der Hahn auf dem Mist ... aber ich bin eben nicht so ein Hahn, ich mag die gute Stube; schätze die geistreichen Gespräche mit dir. Wir hatten doch 'ne gute Zeit in der Schneider-Werkstatt."

Ich sagte zum Riesen: "Ich glaub, ich geh in die nächste Wirtschaft. Kommst du mit? Ich lade dich auf einen Hektoliter Bier ein."

Ich weiß nicht, wie viele wir getrunken haben, jedenfalls wachte ich am nächsten Morgen in dem Bett der Prinzessin auf - nicht ganz, zumindest unter ihrem Fenster. Ich lag auf Strohballen im Schlosshof. Sah ein wenig derangiert aus - also drehte ich erst einmal meinen Gürtel mit dem Sieben-Spruch so, dass man das lesen konnte. War aber keiner da. Wie war ich durch das Schlosstor gekommen? Wahrscheinlich hatte mich der Riese ins Schloss hineingeworfen. Als Freundschaftsdienst. Die paar Schrammen - ach, das machte mich nur noch heldenmäßiger; dazu mein Spruch-Band. Na ja, wenn ich's bedachte, war das alles ein wenig mau. Und Pepetto fehlten einige Federn. Oben ging das Fenster auf - die Prinzessin schüttelte ihre Betten aus; das machte sie selber? Nein, sie warf mir ein Kissen herab; rief: "Kann ja gar nicht mit ansehen, wie du auf dem Stroh lagerst; mach's dir gemütlich." 'Soll ich herunterkommen' - das hätte sie noch hinzufügen sollen - make my day. Ich strahlte. "Wir essen Linsen; möchtest du dich zu uns an den Tisch setzen?"

Ich war mir sicher, dass das irgendwelche Engels-Chöre aufsagten. Glorien-Schein ums ganze Schloss. Was war hieran noch zweideutig? Ich war im Elysium. Wieso tropfte mir Kerzenwachs aufs Handgelenk? Ach ja, ich war dabei, Euch meine Geschichte aufzuschreiben. Das, was passieren soll. Wenn ich das tapfere Schneiderlein wäre. Vorerst nur das toughe Schneiderlein. Man muss schon tough sein, wenn man sich seinem Ideal mit jeder Version weiter angleichen will; Geduld haben; Beharrlichkeit. Irgendwann erzähle ich Euch die perfekte Version. Wartet's nur ab. Die Lüge wird zur Wahrheit - durch Wiederholung und Glauben. Ich schneidere mir mein Geschick.

ENDE

Autor im Schlaraffenland

Mache Urlaub im Schlaraffenland; oder ist es ein Arbeitsaufenthalt? Schwer zu sagen. Schreiben sich meine Bücher wirklich von alleine? Ich träume die Worte. Schlaraffenland selber bietet absurdeste Kulisse, zumindest für jemanden, der die Realität bisher für bare Münze nahm und nicht ahnte, dass da andere Währungen existieren: Ich bin reich an Fantasie - diese Fülle; mag sein, man gewöhnt sich an diese skurrile Kulisse. Wäre schade, ich liebe den Zusammenprall meiner Überraschung mit der Ernsthaftigkeit, mit der mir Schlaraffenland entgegentritt. Mein Sinn für Nützlichkeit, Pflichtgefühl kollidiert hier mit dem Easy-Sein, der Abwesenheit von Stringenz. Es gibt hier nicht die allseits anerkannte Logik, sie ist hier nicht vorhanden, ersetzt durch Chillen, Relaxen - aber die Umgebung kommt dieser Grundstimmung entgegen, erwartet sie, belohnt sie. Und dennoch habe ich hier einen Bestseller geschrieben - schneller als je zuvor. Widerspricht sich das? Mir war, als läse ich ein träumendes Buch und als ob da Millionen andere darauf warten würden, dass ich meine Versionen einfach öffne, sie lese, mit ihnen träume. Alles schon vorhanden - so tun, als sei die Aufgabe schon absolviert, mit Bravour bestanden. Ich liebe dieses Schlaraffenland - fürchte aber, dass es so bequem ist, wie ein bequemer Massagesessel; man lässt sich berieseln mit Abenteuern, die andere erlebt haben - aber Scharaffenland ist anders: Es sind meine Abenteuer, hier ist eine Stadt nur mit meinen Büchern, ich wecke sie - erwecke sie und werde durch sie erweckt.

Am besten, ich schildere Euch Schlaraffenland - keine Sorge, ich mache es nicht so wie in den Reisebroschüren, wo die Worte einen anderen Sinn haben, als man auf Anhieb vermutet. Die Kleidung wächst an Büschen, Bäumen; stört manchmal, wenn man gegen Seidenstrümpfe läuft oder Rüschenkleider sich aufdrängen. "Trage mich!" Komme mir vor wie bei Frau Holle. Wenn es wenigstens Cowboy-Kostüme wären - es ist antiquierte Mode - als hätte jemand den Schlaraffenland-Bäumen nicht Bescheid gesagt, dass sie mit der Zeit gehen sollten; macht man doch. Okay, schauen wir dem geschenkten Gaul ins Maul: Es hapert an manchem hier im Schlaraffenland, aber Verbesserungen durchzuführen, widerspräche dem Credo. Ich habe dann einfach mit den Bäumen gesprochen. Man kann dafür auch die Visions-Telepathie nutzen; anfangs dachte ich, das wären Baumnymphen, aber im Schlaraffenland ist alles belebt mit göttlichem Geist. Daher auch so wandelbar. Schlaraffenland will eigentlich nur, dass Du es zulässt, dass Du ihm gestattest, dass es mitwirken darf: Dann hilft es Dir bei Deinen Büchern, freut sich, wenn es als Inspiration dabei ist. "Come, let's make it together!" Als sei das sein Schlachtruf - so erzeugt es diese Verbundenheit; man fühlt sich wohl. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob es Sinn macht, Häuser aus Süßigkeiten anzubieten - aber es wohnt sich gut darin. Die Berge kann man verrücken, sie sind aus Brot. Melonen tun so, als seien sie Fische und fragen höflich, ob Du Appetit hast, sie seien köstlich. Ganz schön von sich eingenommen. Nun gut, das alles bewirkt noch nicht die betörende Stimmung. Zugang zu haben zu der Stadt, die man ansonsten nur als Traumwanderer kennt, dort sich heimisch zu fühlen, weil man mitgebaut hat - als Architekt, Innenarchitekt, als Bauingenieur; gänzlich ohne Mathematik, ohne Statik - und dennoch von wundersamer Magie-Statik: Mit Magie bauen - wann, wo ist einem das möglich in dieser Ausgiebigkeit? Fühle mich wie Kind, das Sandburgen bauen darf in Hülle und Fülle. Übrigens sind die Burgen hier zum größten Teil aus Käse. Welche Sorte es ist - das bestimmt man, wenn man hineinbeißt. Paprikas als Lampions - und die Wolken sind Sahnetorten und Baisers. Wo die Gesetze der Logik so ignoriert werden, da fühlt sich der Künstler frei. Den Träumen gestatten, sich in die Realität zu mengen, sie zu bereichern mit Raffiniertheit. Ich lasse es zu.

Mag sein, man empfindet nur innerhalb des Schlaraffenlandes die Kombination von Fantasie und Vorgegebenem als gelungen. Was ist, wenn meine goldenen Worte außerhalb vom Schlaraffenland nur Blattgold sind oder Talmi? Im Rausch glaubt man, man sei witzig; und die Worte triefen von Weisheit. Entrauscht. Wenn es aber doch Bestand hätte? Ich will es darauf ankommen lassen.

Musste mich durch Hirsebrei hindurchfuttern - die könnten auch mal 'ne andere Grenze bauen - nein, ist Tradition im Schlaraffenland. Im Grunde beginnt damit schon das Ärgernis. Je näher man zur City vom Schlaraffenland kommt, um so variabler wird es: Die eigenen Wünsche finden Berücksichtigung. Aber da ist Widerstand; der geht von einem selbst aus. Schon das Schlaraffenland zu finden - man will es gar nicht; das wäre ja noch schöner, die Welt hat unbequem zu sein. Drangsal - die Leistung muss doch gegen einen Widerstand erbracht werden; ein Errungen-Werden. Ich glaube, in dem Moment, als mir das egal war, wo ich die Einheit zuließ, da betrat ich Schlaraffenland; noch nicht wirklich, aber im Geiste riss ich die Barriere herunter, wie ein Bauzaun, der mir die ganze Zeit die Sicht verstellt hatte, auf das wunderbare Bauwerk, an dem ich mitwirke - bisher sporadisch, intuitiv, träumerisch - doch als Schlaraffe kann ich unentwegt daran beteiligt sein. Tun durch Nichttun. Wu wei.

ENDE

Kalaf und Turandot

Turandot: "Wo ist sie hin, unsere Einigkeit? Du hast Affären mit Adelma und wem weiß noch; meine Sorge war berechtigt: Dir ging es immer nur um Chinas Thron - und sieh, mein Vater dankt nun ab, wir könnten als Ehepaar regieren, doch das Funkeln in Deinen Augen verkündet mir, dass es Dich gelüstet, alleine von der Macht zu kosten. Wünsche ich Dir guten Appetit? Ich hab's mir selber eingebrockt! Misstrauen war mir eine gute Ratgeberin. Ich habe sie hinausgeschickt, ließ Liebe sie ersetzen; wie steh ich nun da - wir haben zwei Kinder, was lehre ich sie? Dass Liebe Schwäche sei, man sich am Thron festhalten solle? Ich könnte alleine regieren - unüblich für eine Frau, aber durchführbar. Stattdessen angle ich mir einen unbekannten Prinzen, fordere ihn heraus mit drei Rätselfragen. Und er löst sie - zu meinem Erstaunen. Und zu meiner Freude - aber ich durfte es ja nicht gestehen, doch meine Augen verrieten mich; ich war Dir von Anfang an zugetan. Du hast mich erobert - was gedenkst Du nun im Scheitelpunkt zu tun - das Scheitern ist hier mit einem falschen Ratschluss schnell herbeigeführt. Für uns steht viel auf dem Spiel - wir werden getrieben von mehr als nur der Liebe und dem Verstand. Da ist Dunkleres am Werk. Und Chinas Schicksal hängt daran. Wir sollten's gut bedenken. Doch wir eilen voran, lassen Gefühle voreilig für uns alles entscheiden. Alles schon entschieden? Mein Vater Altum, der Kaiser, vertraut uns - doch Macht ist so wenig teilbar wie die Sonne. Wir stehen davor und müssen klarkommen. Wem soll sie gehören, die Sonne, für wen soll sie aufgehen? - Kalaf, Du sagtest einst: 'Wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzen.' Wie viele sind wir nun? Komme mir vor wie zerbrochener Kristall - tausend Stücke und noch mehr - in jedem bricht sich das Licht und spiegelt meine Welt ein klein wenig anders - Nuancen - mal neige ich diesem Funkeln zu, mal jenem - es ist ein Gleißen - es ist verwirrend, die Überfülle an Licht im Serail - wir haben zu viel Beleuchtung. Damals war es dunkler, man macht sich mehr vor, wenn man in die Dunkelheit späht. Man kann sich einbilden, man sähe glänzende Zukunft, fügt sie sich zusammen, ganz nach Fantasie-Plan. Hätte meine Grausamkeit triumphieren sollen? Ich, die Tigerin - Beherrscherin der Gefühlswelt - ich habe mit den Männern gespielt ... meine Schönheit, meine Macht hat mir's gestattet. Verführerisches Spiel. Zehn Prinzen hat sie das Leben gekostet. Es belastet mich unglaublich wenig. Ich fühle mich dem Bösen so nah. Hatte gehofft, Du zögest mich zum Guten. Aber Deine Affären - sie rechtfertigen ja meine Lebensdevise - wieso sollte ich mich bekehren? Kalaf, schweige nicht, bleibe ... Ich dränge Dich mit Fragen - bald schlimmer als ein Krieger mit dem Schwert Dich in Bedrängnis bringen will. Ja, manchmal wünschte ich, in mir wäre stärkere Grausamkeit - ich habe sie an die Leine gelegt, bin nicht gezähmt. Duldsam. Bereit zum Sprung. Soll ich die Kette sprengen?! Mein Schatz, der Schatz, er lockt uns beide: Wird China mir oder Dir gehören? Bevor Du mir antwortest - sieh mir in die Augen - und dann lüge mich an. Du kannst nicht die Wahrheit aussprechen. Sie würde Dich vernichten - also lüg', so gut Du es vermagst - überzeuge mich, dass Liebe im Verbund mit Lüge mich bezaubern kann. Denn starken Zauber wirst Du nötig haben - ich bin entzaubert. Ich bin enttäuscht. Die Einigkeit zwischen uns - sie ist dahin. - Und dennoch - meine Worte, mein Bitten, es will reparieren, was zerstört ist. Wie kindisch von mir. Da stehe ich vor Scherben - und will es rückgängig machen, in der Zeit rückwärts wandern; vermag ich es?"

Kalaf weint; er sagt: "Ja, das wirkt sehr überzeugend, oder? Ich bin im Ungewissen über die Echtheit dieser Tränen - selber nicht zu wissen, was man empfindet. Verstörend. Wir stehen im Zentrum der Macht - sie wirbelt um uns, wir könnten standhalten - wir könnten ihnen ein Vorzeige-Kaiserpaar sein - doch ich bezweifle es. Schon, dass Du mir die drei Rätselaufgaben stellen mochtest - Dir Dein Frauen-Ruhm wichtiger war als der, der dich angebetet hat; Du Göttin auf dem Thron, ja, damals war ich Bettler; man bettelt um die Gunst der Göttin - und hat man sie, was fängt man damit an? Verwahrt man sie in sicherem Behältnis - wäre das Herz geeignet - oder in einer Gedankenkammer, versiegelt mit Passwort? Rate Du doch, wie das Passwort zu meinen innersten Seelenkammern lautet - willst mich ganz besitzen, beherrschen, Du Megäre. Ach, dass man doch die verflucht, die man am meisten zu beeindrucken bestrebt ist. Von ihr hängt Seelenheil ab - wie schmächtig fühlt man sich vor ihr, dass sie einem zunickt, Gunstbeweis - und dann der kalte Blick ... das Geschäftige, sich zu verschanzen hinter einem Vertrag, dem sie den Kaiser, ihrem Vater, abgetrotzt hat: Ihre Freier nach Lust und Laune schmählichst behandeln zu können. Und den Prinzen zieht es zu der Schönheit, ihr will er dienen; wie missbrauchen wir unser Dasein. In diesem Kräftespiel zappeln wir - Gefangene unserer Begierden, unserer Launen, unserer Gelüste. Wir müssten's überwinden - dort läge Absolution; wie sie erreichen?"

Er küsst ihre Hände. Turandot: "Eins sein - es scheitert am Vertrauen - man müsste über sich verfügen können, wir können's nicht. Von Anfang an war Stolz im Weg - so wie ein Maultier, was sich nicht beiseite drängen lassen will, es hält stand, es fühlt sich am rechten Platz. Störrisch, Eigensinn - damit China regieren - was ist mit Diplomatie? Dafür sind wir beide nicht gemacht. Es muss sich entscheiden - nur einem von uns ist der Sieg vergönnt. Besiege ich Dich - dann stehe ich wieder am Anfang - bin die Rätselmacherin, habe Gnade nicht bei mir. Schönes Vorbild unseren Kindern - es sind zu viele Akteure im Spiel: Gnade, Grausamkeit, Rachsucht, Liebe, Ratlosigkeit ..."

Sie sinkt in seine Arme. Sie setzen sich gemeinsam auf den Thron. Kalaf: "Platz wäre für uns beide auf dem Thron - wir könnten sogar noch mehr involvieren - nein, ich denke da nicht an meine Gespielinnen, aber das chinesische Volk hat Anrecht hier sich zu uns auf den Thron zu setzen - stellen wir es uns doch so vor: Wir gestatten ihnen Mitspracherecht, beziehen sie ein, dann sind wir nicht über-wichtig, sondern in einer Gedanken-Figuration Mitspieler, mal auch Komparsen."

Turandot: "Die Macht nicht auf unseren beiden Schultern - sondern sie verteilen - zumindest im Geiste - gefällt mir. Du klingst heute so weise - macht das die Aussicht auf den Kaiserthron - fühlt man sich berufen, fähig, weil die Stunde es von einem erwartet? - Es gibt viel zu verzeihen; aber wollen wir das - wollen wir es stehen lassen - unsere Eigenarten als Begleiter dulden? Nur manchmal schwirrt verwirrend viel Rat um mich - wäre schön, wenn man dann eine Stütze hätte, jemanden mit dem man sich bereden kann; und aus der Summe unserer Ratlosigkeit folgert Weisheit? Ich habe das Gefühl, wir ergänzen uns gut - noch immer Liebe - obwohl ich da Einspruch höre von befreundeten Gefühlen, die sich mit der Liebe gar nicht anfreunden möchten, sie wollen sie beiseite drängen. Eins sein - man erfreut sich an dieser Illusion - eine Einheit die Person, man will ja gar nicht hinter die Kulissen schauen, oder nur für eine Weile, dann wird es einem zu anstrengend - ist, als ob da ganzer Hofstaat wuselt, man will Herrscher sein, die Zuarbeit nicht mitbekommen. Gleichermaßen müssten wir neue Einheit bilden - doch es gelingt nur so, wie zwei Adler ihren Flug synchronisieren, ein Schweben Flügelspitze an Flügelspitze - dann kommt Windstoß … und um die Balance zu halten, agiert man, wie es nötig ist - letztlich ist jede Einheit Illusion, wird aufgehoben durch den Windhauch des Seins. - Das ist poetisch. Und mir ist gar nicht nach Poesie - doch Du verführst mich zur Milde. Was wollen wir meinem Vater, dem Kaiser, sagen?"

Ihr Vater erscheint. "Ich habe ein wenig gelauscht; der Vorteil, wenn man sich im Serail gut auskennt. Ich höre Euch beratschlagen - schätze Eure Offenheit, Euer Bemühen, die Unehrlichkeit teilhaben zu lassen am Gespräch - ja, der Mensch hat es zu tun mit vielen Partnern - ja, es ist so wie bei Hofe - man ist ein Konsortium, da fügt sich Unvereinbares zu einem Ganzen zusammen - und man hat als Herrscher seine liebe Not mit der Konfusheit. Zu begreifen, dass alles zusammengehört, das erfordert Rückzug vom Ich ... nicht zu leisten als Mensch; man muss sich in göttliche Region begeben; ist man dazu bereit? Es gibt dabei nicht nur zu gewinnen: Man verliert sich ja, geht ein ins Gesamte. Ein Risiko, man möchte Konturen sich bewahren, hat so mühsam am sich wie Bildhauer sein Bestes gegeben, damit es Kunst sei ... Was bleibt mir, wenn Ihr meine Arbeit, mein Werk nicht in Ehren haltet?" Er legt seine Hände auf sie. "Ich wünschte, ich könnte mehr Weisheit Euch mitgeben. Ich habe mich verrannt, die gesammelte Weisheit - es waren Kieselsteine, sie glänzten zunächst, als ich sie aus dem Flussbett nahm, doch nach einer Weile, alles nur gewöhnlich ... Man sucht das Ungewöhnliche ... Fühlt sich magisch angezogen davon - dann kommt Gewöhnung, Verdruss. Ihr könntet die seltene Einheit sein, die Bestand hat, nicht nur im kaiserlichen Bereich - auch im Bereich der Unrealität - wo das Ich nicht hinkann, es bleibt in der Realität - sich da zu stützen, sich da zu erkennen, das erfordert Übung, Vertrauen auf die Liebe. Ach, ich denke der Moment verlangt nach großen Worten und ich überschütte Euch damit. Dabei wollt Ihr ganz einfach wissen, wer nun die Macht, das Sagen hat in China. Macht es unter Euch aus. Mein Angebot: Bewältigt es gemeinsam; wäre etwas Neues. Versucht es. Es würde mich sehr stolz machen. Das Ungewöhnliche wagen. Solche Geschichten haben Bestand, beschäftigen die Menschen, sind Anlass für Spekulationen; man mag den Kopf darüber schütteln, aber es wurde gewagt. Es wird ihnen wie Märchen erscheinen - da die Realität in der Schwebe ist, wenn man wirklich eins ist mit der Welt, dem eigenen Volk, dem Partner, mit sich selbst."

ENDE

Timothy Time und Sue Zufall

"Ihr seid die Zeit. Seid Ihr gut, sind auch die Zeiten gut." Ich höre dem Redner brav zu. Er ist ein versierter Motivations-Berater. Und ich bin: Timothy Time. Ich bin die Zeit; aber in letzter Zeit habe ich keine Lust mehr. Ich hör' schon, wie Ihr sagt: Der tickt wohl nicht ganz richtig! Aber es stimmt schon, es ist fünf vor zwölf. Was soll denn noch geschehen? Ich schaue mir dieses Universum seit Ewigkeiten an - boah, ist das langweilig. Gute Zeiten? Partys auf jedem Planeten? Kannst Du knicken. Madame Zufall mischt sich immer wieder ein. So ein Zufall, sie heißt Sue Zufall. Immer wenn es gut läuft, dann wirbelt sie da rein; wird aber auch nicht interessanter dadurch; sie macht eigentlich nur alles wieder kaputt. Optimisten wie dieser Motivations-Trainer würden sagen: Sie schafft ja neue Chancen. Pah! Alles schon dagewesen. Hatten wir schon. Ich stecke da echt in einer Sinnkrise. Dieses Lineare, ja nicht abweichen vom Gardemaß. Ich sollte Sue Zufall heiraten, dann würde ihre Sprunghaftigkeit mich mitreißen. Ich muss raus aus diesem Trott! Was sagt der Redner? Ich solle keine Selbstgespräche führen, zumindest nicht in dieser Lautstärke. Das störe ihn; hah! Demotiviere ich ihn. Kann er mal sehen, wie es ist, wenn man einen frustrierenden Job hat, der aber wichtig ist; man verlässt sich auf mich. Jeder will Zeit. Können gar nicht genug Zeit-Portionen ergattern - und immer wieder Nachschlag - bitte, an mir sollte es nicht liegen, dass man in Bezug darauf darben muss: Ich würde ja großzügig sein, das muss andere Ursache haben. Ich könnte den Motivations-Trainer fragen. Er wirkt so zuversichtlich, als könnte er alles mit Zitaten und Aphorismen parieren. Toll, dieser Glaube an die Macht der Sentenzen. Ich habe mir Urlaub gegönnt, die Seele baumeln lassen; hat die Zeit 'ne Seele? Mensch - er ist eine Seele von Mensch. Das zu ergründen, bin ich auf diesem Kreuzfahrtschiff. Ich habe das alles vor mir hergeschoben. Wird Zeit, dass ich Dinge ordne. Ich gebe mir gar nicht erst die Mühe inkognito aufzutreten, wird ohnehin keiner glauben, dass ihm die Zeit persönlich die Hand schüttelt. Ich schüttele gerne Hände - habe ich festgestellt in den vergangenen Tagen. Komme mir vor wie ein Star - nur dass ich der Einzige bin, der das weiß.

Sue Zufall ist auch an Bord, sie hat die Suite neben mir. Jetzt sitze ich also im Theatersaal, der über drei Decks reicht, und lausche dem Motivations-Berater Don Nerdo. Das Nerdige als Lebensdevise, aus dem Geist heraus stark sein. Hmm, völlig neues Konzept. Ich schanze ihm mal im Geiste die Position zu: Guru. Ich will jetzt was von ihm lernen! Bin es leid, mich immer selbst belehren zu müssen. Will gut sein. "Ihr seid die Zeit. Seid Ihr gut, sind auch die Zeiten gut." Wie ein Mantra wiederholt er es. Gefällt mir. Sue Zufall neben mir kichert. Ob sie weiß, dass ich mich für sie interessiere? Don Nerdo kommt auf mich zu - ist nicht schwierig - ich sitze in der ersten Reihe.

"Ich habe selten einen so demotivierten Menschen getroffen. Du bist eine echte Herausforderung für mich. Darf ich Dich auf die Bühne bitten?" Klar darf er. Ich eile zu der Ledercouch, er selber nimmt an dem Schreibtisch daneben Platz. Setting ist wie bei einer Late-Night-Show. "Was willst Du in diesem Urlaub erreichen? Wenn ich es mit einem Kamel vergleiche - Du suchst eine Oase. Können wir Dir jetzt und hier solch eine Oase sein?!" Er springt auf und erwartet wohl vom Publikum ein Unisono-Ja. Ich komme dem zuvor und brülle: "Nein!" Tut mir gut, wenn Sue Zufall in meiner Nähe ist; ist wie bei Gravitationskraft: Ist sie in der Nähe, verändere ich mich, habe die Chance, interessanter zu sein. Geodäte, kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten; ich bin berechenbar? So wie alles in diesem Universum. Determiniert. Der Plan. Ich blicke Don Nerdo flehend an. "Ich bin Timothy Time, und ich bin so fad. Wie sollen denn die Zeiten gut sein, wenn der freie Wille keinen Einlass bekommt? Er steht draußen vor dem Bühneneingang, er möchte mitspielen. Ich möchte fragen wie bei Karneval: Wollen wir ihn reinlassen?!" Okay, das ist ein bisschen viel für Don Nerdo; ich hätte behutsamer anfangen müssen. Er ist baff. Erkenne ich daran, dass sein Unterkiefer herunterhängt; sieht unschön aus. Ich brauche keinen baffen Guru. Ich winke Sue Zufall herbei; sie wird ihn aufmuntern. Sie trägt ein rotes Kunstlederkostüm - und sie schafft es, darin nicht vulgär auszusehen. "Das Konzept meiner Veranstaltung: Den Zufall und die Zeit richtig nutzen."