Storys und Komödien mit Tiefgang - Phil Humor - E-Book

Storys und Komödien mit Tiefgang E-Book

Phil Humor

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Beschreibung

Historische, mythische, märchenhafte Persönlichkeiten betreten die Bühne; träumen, grübeln, begehren, verzweifeln - ihr Schicksal betrachtend: belustigt, betrübt; bereit, es immer wieder in Angriff zu nehmen. Chance dazu bietet sich ihnen in Storys, Komödien, Gedichten, Drabbles. Ich verwende in meinen Texten und Büchern gerne Philosophie und Humor. Deswegen: Phil Humor phil-humor.de * Geschichten und Theaterstücke * Faust trifft Mephisto Die unendliche Wendeltreppe Crazy Candy Christmas SpacetourSoon In Quarantäne auf dem Planeten Eklipsi Villa Doomsday Goldene Hochzeit für Romeo und Julia Vincent van Gogh und Paul Gauguin Angriff auf den Planeten Deltor Audienz-Tanz in München: Lola Montez bei Ludwig I. Lola Montez und Ludwig I. - Maßkrug im Versmaß Elizabeth I. im Jahr 2011 Mephisto und René Magritte Der Straßenmaler Kasperls Hochzeit Jup Kollektives Gedächtnis Hildegard von Bingen im Privatjet Hildegard von Bingen bei Barbarossa Der einsame Klavierspieler Der besessene Dämon Ceres Die Brücke zum Höheren Selbst Ein halbes Hausboot Jeder Tag ist ein kleines Leben Orpheus kehrt zurück - Theaterstück im Blankvers Eiseskälte Morgana Ra Inside Hollywood Baiky, das Seeungeheuer vom Baikalsee Octavian und Kleopatra Schuld, Sex und Sühne Shakespeare und Merlin Die blaue Lokomotive Schlaflos Kurbel-Taschenlampe in Chile, San José Siegfried und der Drache Faffi Homer und Kassandra Schneeweißchen und Rosenrot als Ehefrauen Undine Rotkäppchen auf dem Hochsitz - Hochdramatisches Märchen Ihr seid das Salz der Erde - Salziges Gedicht im Blankvers Leonardo, Lisa und Gioconda Leonardo da Vinci nimmt Abschied von seiner Felsgrottenmadonna Das Erwachen des Gewissens - Im Gemälde von William Holman Hunt Sieg für Sternschnuppe Die Wahrsagerin Bruce und Cathy Der verzauberte Luftballon Paris und Aphrodite Schloss Wilmore Oskar und Napoleon Kronos und Genoveva Seeldini Kain Mörder? Das Reisen führt uns zu uns zurück Caesar und zweimal Kleopatra Im Tempel von Olympia Goethe, ZM40 und Suleika Die 1001. Nacht Zeus auf dem Wolkenkratzer Philosophie für Computer Dreimal Blutwurst, einmal Mord Firmenaktien Planet Cinea Captain gegen Kater Miriam Bauer und die Mauer * Gedichte * Selbst verfasste Aphorismen Das Zweite Gesicht Patchwork-Seele Abgebrannt Lauf ohne Ziel Im Schaufenster deines Lebens Starker Tobak An Halloween Mauersteine Kritik Ticket Klopf an Tempel bauen aus Worten Die Küche lebt! Worte oder Zahlen Und immer lockt die Nacht Begegnungen mit sich selbst Weltenbaum Uhr, du sonderbarer Zeitgenosse Abschiedsworte einer Brieftaube Hoffnungs-Engel Schlendrian Dieser Erd-Ball ist ein Fest Grauer Alltag Herbstwald Wenn die Erinnerungen verschwimmen Das Gedicht Wie übersteht man den Winter? Sei in Deinem Element * Und 20 Drabbles z. B.* In 100 Worten - Drabbles Wiese mit Blumen unter Gewitterhimmel Abenteuer Daten-Autobahn Billard um halb zehn - lass sehn Der Psychiater Ein Rauschgoldengel im Goldrausch Faust und der Erdgeist Lawrence Oates

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Veröffentlichungsjahr: 2013

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Phil Humor

Storys und Komödien mit Tiefgang

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Inhaltsverzeichnis

 

 

Geschichten und Theaterstücke

 

Faust trifft Mephisto

Die unendliche Wendeltreppe

Crazy Candy Christmas

SpacetourSoon

In Quarantäne auf dem Planeten Eklipsi

Villa Doomsday

Goldene Hochzeit für Romeo und Julia

Vincent van Gogh und Paul Gauguin

Angriff auf den Planeten Deltor

Audienz-Tanz in München: Lola Montez bei Ludwig I.

Lola Montez und Ludwig I. - Maßkrug im Versmaß

Elizabeth I. im Jahr 2011

Mephisto und René Magritte

Der Straßenmaler

Kasperls Hochzeit

Jup

Kollektives Gedächtnis

Hildegard von Bingen im Privatjet

Hildegard von Bingen bei Barbarossa

Der einsame Klavierspieler

Der besessene Dämon

Ceres

Die Brücke zum Höheren Selbst

Ein halbes Hausboot

Jeder Tag ist ein kleines Leben

Orpheus kehrt zurück - Theaterstück im Blankvers

Eiseskälte

Morgana Ra

Inside Hollywood

Baiky, das Seeungeheuer vom Baikalsee

Octavian und Kleopatra

Schuld, Sex und Sühne

Shakespeare und Merlin

Die blaue Lokomotive

Schlaflos

Kurbel-Taschenlampe in Chile, San José

Siegfried und der Drache Faffi

Homer und Kassandra

Schneeweißchen und Rosenrot als Ehefrauen

Undine

Rotkäppchen auf dem Hochsitz - Hochdramatisches Märchen

Ihr seid das Salz der Erde - Salziges Gedicht im Blankvers

Leonardo, Lisa und Gioconda

Leonardo da Vinci nimmt Abschied von seiner Felsgrottenmadonna

Das Erwachen des Gewissens - Im Gemälde von William Holman Hunt

Sieg für Sternschnuppe

Die Wahrsagerin

Bruce und Cathy

Der verzauberte Luftballon

Paris und Aphrodite

Schloss Wilmore

Oskar und Napoleon

Kronos und Genoveva

Seeldini

Kain Mörder?

Das Reisen führt uns zu uns zurück

Caesar und zweimal Kleopatra

Im Tempel von Olympia

Goethe, ZM40 und Suleika

Die 1001. Nacht

Zeus auf dem Wolkenkratzer

Philosophie für Computer

Dreimal Blutwurst, einmal Mord

Firmenaktien

Planet Cinea

Captain gegen Kater

Miriam Bauer und die Mauer

 

Gedichte

 

Selbst verfasste Aphorismen

Das Zweite Gesicht

Patchwork-Seele

Abgebrannt

Lauf ohne Ziel

Im Schaufenster deines Lebens

Starker Tobak

An Halloween

Mauersteine

Kritik Ticket

Klopf an

Tempel bauen aus Worten

Die Küche lebt!

Worte oder Zahlen

Und immer lockt die Nacht

Begegnungen mit sich selbst

Weltenbaum

Uhr, du sonderbarer Zeitgenosse

Abschiedsworte einer Brieftaube

Hoffnungs-Engel

Schlendrian

Dieser Erd-Ball ist ein Fest

Grauer Alltag

Herbstwald

Wenn die Erinnerungen verschwimmen

Das Gedicht

Wie übersteht man den Winter?

Sei in Deinem Element

 

Drabbles

 

In 100 Worten - Drabbles

Wiese mit Blumen unter Gewitterhimmel

Abenteuer Daten-Autobahn

Billard um halb zehn - lass sehn

Urlaubs-Ruhe

Der Psychiater

Ein Rauschgoldengel im Goldrausch

Faust und der Erdgeist

Cin Cin und Prost

Freiheitsstatue

Der Froschkönig

Lammfromm

Weihnachtsmann-Akademie

Geschichte

Lawrence Oates

Held

Wenn die ganze Welt zu Drabbles wird

DRABBLE und TROUBLE im Advent

Suche Eisbärg

Pegasus

 

 

 

 

Faust trifft Mephisto

 

Jahr 1790

In dem Arbeitszimmer vom Grafen Faust

(Faust geht im Zimmer auf und ab)

Faust.

Die inn‘re Sonne bleibt verhangen.

Durchflutend Licht, es bleibt Verlangen.

Kaum spür ich ihre Wärme noch.

Beharre ich auf meinem Dennoch?

 

Das Wissen ward zu Wolkenmassen.

Wird meine Sonne mir verblassen?

Von jeher spürt ich ihren Schein.

Das Gute sollt mit ihm gedeih‘n

 

Und wenn mein Wille nur Marotte,

Wie eine blöd-marode Motte,

Um ‚ne Latrinen-Lampe kreist?

Dann fühl ich mich so recht verscheißt!

 

Sein Diener James tritt ein

James.

Herr Graf, ich weiß für schlichte Leut

Geziemt sich Versmaß nicht; doch heut

Ist Sonntag, drum gestattet‘s Eurem Diener.

Auch meiner Nachricht wär‘s geziemer.

 

Faust (hört kaum hin und ist in Gedanken).

Ich schuf mir einen Wissens-Dschungel.

Verirrt! Wo ist mein Rettungs-Engel?

 

James.

Ein Fürst Mephisto will Sie sprechen.

Darf er Ihr Grübeln unterbrechen?

 

Faust (weiterhin in Gedanken).

Die Tiefe wollte ich ergründen,

Um dort das Ewige zu finden.

Verstandeskraft mich scheitern lässt.

Dann gibt Magie mir wohl den Rest?

Verstand ist immer indirekt.

Magie die Tiefe in mir weckt?

 

James.

Des Fürsten Reich, es läge tief,

Und frei sei‘s von Verstandes-Mief.

 

Mephisto tritt unaufgefordert ein.

Mephisto.

Finsternien ist ein heißes Pflaster.

Dort geht‘s heiß her auch ohne Zaster.

Es ist dort himmlisch – und doch anders.

Wer müde des auf Erd‘n Gewanders,

Taucht in ein läng‘res Schwefelbad.

Weitabgeleg‘n vom Tugendpfad,

Auf dem die Lämmer blökend trotten.

Anstatt sich mal zusamm‘nzurotten,

Zum Teufel jagen ihren Hirten,

Mit dem sie sich eh nur verirrten.

Und endlich mal auf eig‘ne Faust

Die Sache fingern, statt fingieren.

Doch davor hat sie‘s stets gegraust.

Das geht den Lämmern an die Nieren.

So stehen sie belämmert rum,

Auf grüner Aue – darbend, dumm.

 

Faust.

Ich wähnte mich am Wissensquell.

Sie schickt der Himmel; mir wird‘s hell.

 

Mephisto.

I wo, ich bin emporgebraust.

 

Faust.

Ich, der bei trock‘nen Büchern haust.

Wie könnten diese mich erfrischen?

Den drängend Lebensdurst mir löschen?

Ja, Faust, Du musst auf eig‘ne Faust

Zum Lebensquell, dem Du vertraust.

 

James (leise zu Faust).

Und finden Sie Mephisto nicht,

Na, sagen wir – total meschugge?

 

Faust (leise zu James).

Der Mann ist Fokus, sammelt Licht,

Vereint in sich die Weltenstücke.

 

James (leise zu Faust).

Der Mann ist Hokus, wohl auch Pokus.

Ja, das ist doch der Bösewicht!

Okay, Sie seh‘n wie ich entzücke.

Ich schweig. Ich kenne meinen Knigge.

Ich brauch nen Cognac. Auch für Sie?

 

Faust.

Ja. Edles saufen schadet nie.

 

Mephisto (ad spectatores).

An Faustens Seele komm ich billig.

Zum Dumpingpreis. Er ist so willig.

(James hat allen Dreien Cognac eingegossen)

(Mephisto spricht wieder zu den beiden)

Ein Hoch auf das, was diese Welt

Im Innersten zusammenhält.

 

James.

Ja, auf die werte Korruption!

 

Faust.

Sag, was zwingt Massen zueinander?

Ist möglich auch die Negation?

Wie leugne ich die Erdenschwere?

Und darf ich sein ein einsam Wandrer?

Fern den Massen – in der Leere?

 

Mephisto.

Bewahr‘n Sie sich den Seelenfrieden!

Ich kauf nur gut erhalt‘ne Seelen.

Zermürbte Ware wird gemieden.

Drum quer durchs Leben statt Querelen!

 

Faust.

Beseeltes, das hat Konjunktur.

Ja, für sein Ziel die Seele geben,

Und ist der Weg dorthin Tortur.

Nur dieses kann den Menschen heben.

Und wandelt seine Schatten-Seele

Zu seiner wahren Sonnen-Seele.

 

James (ad spectatores).

Die hab‘n ja beide einen Schatten.

Tja, und das ohne zu ermatten.

(Er fragt Faust)

Noch einen Cognac vor dem Kollaps?

 

Mephisto.

So ist Ihr Leben nur Gejapps?

Als gäb es nur das Edelweiß.

Bis dahin ist er‘n Jubelgreis!

Ich hätte da ‚n Rosengarten.

Mit Rosa, Röschen, Rosamunde,

Roswita, Rosi, Rosalinde,

Rosanna. Das ist Hosianna!

 

James (lüstern).

Hätt‘ auch gern einen Rosengarten.

Oh ja, bei Blümelein den zarten,

Als Gärtner mit dem Gartenschlauch.

An Wasser hätt‘ ich viel Verbrauch.

 

Mephisto.

Wie wär ein Date mit Helena?

Der Schönsten der Antike, ja?

 

Faust.

Auf Tausenjähr‘ge steh ich nicht.

Ja, ist nichts Jüngeres in Sicht?

 

Mephisto (ad spectatores).

Ein blöder Job; ich komm in Rage.

(zu Faust)

Wir könnten Gretchen auch besuchen.

Aber die stellt dann die Gretchenfrage.

(ad spectatores)

Und ich fang jetzt schon an zu fluchen!

(er sieht, dass Faust kein Interesse zeigt)

(zu Faust)

Ich seh‘s, Ihr wollt zum Edelweiß.

Titan, was nützte Dir Dein Fleiß?

Schon ist der Bücherberg in Dir

Olymp! Nur eben aus Papier.

Ja und das Felsmassiv der Wahrheit,

Steht trutzig da in Einsamkeit.

Mit Seil und Hacken könnt ich dienen.

Ach ja! Passt nicht zu den Maximen.

Titan, dem ist es zu riskant!

Titan, der bleibt im Bücherland!

 

Faust.

Die bloße Absicht schon genügt.

Egal wie sich das Ende fügt.

Wer Herr in seinem Hirne ist,

Und schlichten kann dort jeden Zwist.

Dort keine Grenze anerkennt.

Wer Mist in Edles, wer Stroh zu Gold

verwandeln kann – mein Kompliment!

Denn dieser hat Titanen-Sinn.

Was er in seine Sphäre holt,

Gesamter Menschheit ist‘s Gewinn.

 

Den Zwergen bin ich ein Titan.

Doch ist‘s normales Menschenmaß.

Sich kleinzuhalten ist ihr Spaß.

Ein Virus dieser Zwergenwahn.

Da steckt sich rasch ein jeder an.

Doch Eigenwille macht immun.

Er braucht die Größe, kann nicht ruh‘n.

So sehnlichst wünscht er in sich Klarheit.

Sie diagnostizieren Narrheit.

Ihr Narren! Ich bin kerngesund.

 

James (ad spectatores).

Ja, nur sein Mund, der wird gleich wund.

 

Faust.

Oh, wie der Morgenstern so hell,

Benötigte ich meinen Geist.

 

Mephisto (nachdenklich).

Der Lucifer ist abgereist.

Ja, umquartiert in miese Höll.

Er wollte seinen Morgenstern.

Wie Ihr Graf Faust, so wär er gern.

Es ist noch gar nicht so lang her.

Es sprach das ganze Himmels-Heer:

„Er hat sich voll daneben benommen.

Er denkt!“ So sprachen diese Frommen.

Seitdem ist mir ein bisschen wärmer.

An Engelsflügeln bin ich ärmer.

 

James.

So hat man‘s herrlich weit gebracht.

Vom höchsten Teufel anerkannt

Als Geistesbruder, seelenverwandt.

Man jubiliert, es ist vollbracht!

 

Mephisto.

Ja, da wir uns so gut vertragen,

Da könnt ich Ihnen doch vertraglich

Die derangierte Seel abjagen?

Das mach ich Ihnen ganz behaglich.

 

Faust.

Und was bekommt man so dafür?

 

Mephisto (ad spectatores).

Hab einen Fuß schon in der Tür.

(zu den beiden)

Ein Talisman und Talisfrau.

Glück bring‘n sie jedoch keiner Sau.

 

Mit einem Fluch belegtes Amulett.

Wer‘s trägt, bleibt lieber gleich im Bett.

 

Ein Hexenschuss Kaliber vierzig.

Ein Hexenfurz Kaliber würzig.

 

Geb Zauberperlen, die nicht zaubern,

Und meine alten Zauberschuh.

 

James.

Herr Graf, wie könn‘n Sie da noch zaudern?

Nur nicht bescheiden. Greif‘n Sie zu!

Ein Tässchen Tee – Geschmack Holunder?

Bringt Ihre Seel zur nöt‘gen Ruh.

Sonst geht der Preis noch weiter runter.

 

Mephisto.

Ich hab noch mehr von diesem Plunder.

Mehr springt nicht raus beim Seelenkauf.

Hab‘s aus dem Sommerschlußverkauf.

Du kennst das Blocksberg-Einkaufscenter?

Grad renoviert – noch opulenter.

 

James.

Wie interessant – und dahin rennt er?

 

Mephisto.

Die Trödelhex gab mir Rabatt.

 

James.

Filou! Da bin ich aber platt.

Ja, also feilschen wir ein Weilchen.

 

Faust.

Hab Seelengröße XXL.

Ein sehr hochwertiges Modell.

Auf meinem Preisschild steht Horrendes.

 

Mephisto.

Lass seh‘n Dein Preisschild – na ich wend es.

Du bist ja reduzierte Ware.

Ich bin doch geil auf Seelen heil,

Die biedren will ich und ganz brave.

Ich saug mich satt an ihrem Heil.

Ja blass und halb schon auf der Bahre

Liegt Deine unheilvolle Seele.

Du willst von mir, dass ich Dich wähle?

Mich Teufel schaudert‘s – Gott bewahre!

 

James.

Dann gibt‘s wohl nur ‚ne Zauber-Flunder?

Rasch unterzeichnen Sie den Wisch!

Sonst gibt es nicht mal diesen Fisch.

 

Faust.

Ach was, ich will mein blaues Wunder!

Ein Zaubermantel, wenn auch schäbig,

Fliegt in die Zukunft mich mit Zunder.

Na ja, vielleicht reicht auch behäbig.

 

Mephisto.

Ein Zaubermantel von der Stange,

Fast kaum getragen – wird uns tragen.

Die Turbulenzen – oh mein Magen.

Ins Jahr zweitausend – ist mir bange.

Und wenn Sie dann echt happy sind,

Dann sagen Sie Ihren Spruch geschwind:

„Oh, Augenblick verweile doch,

Du bist so schön.“ Und dann jedoch,

Es schnappt, es gilt, ich habe ihn.

 

James.

Ein seriöses Angebot.

Ideal für Deppen mit‘m Spleen.

 

Faust.

Komm James es geht ins Morgenrot

Zu unerahnter Wissenschaft.

Erkenntnis wird zusamm‘ngerafft

 

James.

Falls wir es raffen – bleiben sonst Affen.

 

Faust.

Ach, unsrer Zeit fehlt Saft und Kraft.

In der Zukunft – das hat Zukunft.

 

James.

Herr Graf verblüfft doch immer wieder,

Wenn er mit solchen Sprüchen trumpft.

 

Mephisto (ad spectatores).

Oh Faust, Dir stutz ich Dein Gefieder.

(zu den beiden)

Gedankenflüge – alles Lüge.

Die sanften Engel glotzten dumpf,

Als meine Flügel sie entrissen

Aus meinem weißen, blutend Rumpf.

Das ist der Preis für zu viel Wissen!

 

Denn Er hat seinen großen Plan.

Erwünscht sind wir als Untertan.

Er duldet keinen einsam Wandrer.

Dich Faust versteh ich wie kein andrer.

Du denkst: Dem Weltenei entschlüpf ich.

Bin noch nicht flügge? Na dann hüpf ich.

Bin vogelfrei und sehr aufmüpfig.

Doch dauernd diese dummen Grenzen,

Die dieses 3D Spiel begrenzen.

Ja, alles ist nur inszeniert.

Der Herr der Spiele – fasziniert.

Er hat das Spiel gut programmiert.

Ich komm mir so in vitro vor.

In vivo wähnt sich Pastor, Tor

Ja und mein lieber Engelschor.

Mein lieber Herr Gesangsverein!

 

James.

Die sind ja alle so gemein!

Oh edler Teufel sage mir,

Du jagst ja weiter in Deinem Revier.

Warum die Seelen-Sammelwut?

Für Deine Galerie der Glut?

Ja, oder tut Dir das so gut?

 

Mephisto.

Ich bin nicht sehr für das Modeste.

Ich gebe Alles – stets das Beste.

Ich fahr voll ab – ich bin Express.

Ja der leibhaftige Exzess.

Ob Himmel, Hölle – gleicher Prozess.

Ist alles Seelen-Business.

Ob wir mit Halleluja werben,

Mit mollig-warmem Höllenfeuer,

Wir hauen in die gleichen Kerben.

Und geht der Mensch dabei zu Scherben.

Egal – die Seele woll‘n wir erben.

Ja unser der Lohn – und wir sind teuer.

 

Faust.

Getreuer oder Ungeheuer?

Mit Dir ins Zukunfts-Abenteuer.

 

Ich hoffe, die versteh‘n zu backen.

Ich will den ganzen Wissenskuchen.

Ich will ihn kau’n mit vollen Backen.

Ja, nicht mehr Wissenskrümel suchen.

 

Mephisto.

Dich puff ich in das süße Leben.

Geschmacksverwirrung wird sich geben.

Ich kenne dort Konditoreien.

Da darf er naschen, darf er sein!

Er braucht nur einen tücht‘gen Puff

Ja mit der Faust – und piff, paff, puff,

Hat Wissensqualm sich schon verpufft.

(ad spectatores)

Wozu ist man gelernter Schuft?

So puff ich ihn auf schiefe Bahn,

Nach altbewährtem Höll‘nfahrplan.

Ja Faust, jetzt kommt es knüppeldick.

Ich hab‘s ja faustdick hinter‘n Ohren.

Gott weiß – Er hat mich auserkoren.

(zu den beiden)

Ja deshalb fiel auf mich sein Blick.

Die Höllenfirma brauchte ja ‚n Boss.

Er wollt dafür den Besten aus dem Tross.

So war mein Sturz – Beförderung?

Mein Sturz war letztlich eine Ehrung?

Mir vorgegaukelt die Empörung!

Dann war dies sein größter Trick.

Das Bluffen fand er stets schon schick.

Oh, dass ich das erst jetzt voll blick!

Der ist ja tricky – alle Achtung.

Dies wandelt mein Geschick.

Es macht aus Ächtung – Achtung.

Gib Acht, auch ich kann bluffen.

Gib Acht, mich so zu treffen!

 

James.

Ich merk, Du hängst Dich da voll rein.

Immer im Galopp.

Nimmst die Seelen hopp.

Was für‘n Full-Time-Job!

Du sorgst für Deiner Gäste Pein.

Bis hierher hört man ihr Gegrein.

„Das Höllenfeuer ist nicht heiß genug.

Der Schwefelaufguss stinkt ja kaum – Betrug!

Der Foltermeister war nicht hundsgemein.

Ja ich will nochmals in die Streckbank rein.“

So geht es doch nachtein-nachtaus?

Springt dabei denn noch etwas raus?

Ich mein, fürs Quälen mit Niveau,

Für‘n richtiges Zeter-Mordio,

Das kost doch was – gibt‘s Subventionen?

Was ist der Preis bei Dir zu wohnen?

 

Mephisto.

Ja billig kriegst Du das Fidele.

Die dicke Rechnung kriegt ja erst die Seele.

Und sie bezahlen ihre Sünden teuer,

In grundsolidem, ewigem Gemäuer.

 

Doch auch der Herrgott sponsort mich.

So hängt in jeder Höllenkammer

Nun sein banales Werbe-Banner.

Er würde niemals pfennigfuchsen.

Prämiert mich gar fürs Seel‘n abluchsen.

„Ja zeige mir, was in Dir steckt.

Bekommst auch Schwarzgeld zugesteckt.“

Ich bin tariflich abgesichert.

Ja und bei dieser Allianz,

Da bin ich voll und ganz versichert.

 

James.

Selbst Du brauchst diesen Firlefanz?

 

Mephisto.

Ja; doch er will mich immer böser.

Bin ich nicht grimmig – Er ergrimmt.

Der ist dann echt total verstimmt.

„Zum Teufel, sei er ambitiöser!

Verdirb mir sofort diese Welt.

Wofür zahl ich Dir‘s Heidengeld?

Ja, treibe sie in Bars und Betten.

Dann treiben sie‘s in Bars und Betten.

Trara! Ich komm und kann sie retten.“

So merke denn: Helden brauchen Schurken.

Auf schwarzem Grund, da kann Weiß wirken.

 

Faust (er hat derweil am Schreibtisch den Vertrag aufgesetzt).

Auf weißen Grund da ließ ich Schwarzes wirken.

Ich habe unsren Pakt juristisch schön verpackt.

So merkt er dann: Juristen das sind Schurken,

Die ganz bewusst die Sprache sich verdrehen.

So wird der Sprache Hör‘n und Seh‘n vergehen,

Und ohne jeden Sinn steht sie dann da.

Konfus, verdreht, sie überfällt der Schwindel gar.

So schwindelt sie von selbst, macht Falsches wahr.

Das hat System: Die Sprache so verdrehen,

Dass nur noch Eingeweihte sie verstehen.

So wird ein jeder andre ausgesperrt.

Ja, eigne Wissenschaft ist Goldes wert.

 

Mephisto.

Mit AGB da fängt man seine Gimpel.

Als Teufel hätt ich‘s lieber: Keep it simple.

Auf noch so‘n Pferdefuß bin ich nicht wild.

Auch wenn er bei Juristen sehr viel gilt.

(ad spectatores)

Noch weiß er‘s nicht – doch jenes innre Licht,

Wonach er sucht, der Schatz, er ist so dicht.

Denn was er mir verkauft, ist, was er sucht.

Wird‘s ihm gewahr, dann ist‘s zu spät – er flucht.

In sich trägt er die kostbarste Juwele:

Oh Faust, sieh hin, es ist doch Deine Seele.

 

Von außen siehst Du‘s keiner Seele an.

Du denkst, es ist ein stinknormaler Stein.

So tarnt sie sich seit Jahrmillionen.

Ja was wird der schon innewohnen.

Doch reibst Du an der Tarnschicht dann ganz sacht.

Mein Gott, die ist aus purem Gold gemacht!

(wieder zu den beiden)

Faust schlag ein, dann geht es Schlag auf Schlag.

Willst Du wahrlich faustisch sein – dann wag.

(Faust und Mephisto reichen sich die Hände zum Pakt)

Sei bereit zu Deinem größten Deal.

Sieh das Leben als Dein Zauberspiel.

Finde diese Welt und andre Welten.

 

James.

Die Halbwelt finden wir. Die ist nicht selten.

 

Bequem wird‘s nicht, doch werd ich mich bequemen,

Und folge meinem Herrn, dem Hasardeur.

Ein treuer Diener ist kein Deserteur.

 

Mephisto (er holt drei dünne Zaubermäntel hervor).

Drei Zaubermäntel – sind die ganz bequemen,

Mit weichem Innenfutter. Super chic.

(Mephisto zieht einen Zaubermantel an)

Er schmeichelt doch den Hüften? Macht nicht dick?

 

James.

Du trägst dick auf. Jedoch Du bist ein Anblick

Für Götter. Eigenmarke? Made in Hölle?

 

Mephisto.

Die mit der Schwefelkante – hier am Saum.

Dies Label haben sämtliche Modelle.

 

(Faust und James ziehen auch ihre Zaubermäntel an)

Öffne Dich, oh Zeitenraum.

Lass uns in Dein Innres schauen.

Dort da bist Du stilles Harren.

Außen ist der Zeitverlauf.

Hört die Zeitenpforte knarren.

Gehen wir die Zeit hinauf!

 

 

Vorhang – Ende 1. Akt

 

 

2. Akt

Tag

Jahr 2030

Faust, James und Mephisto sind soeben gelandet

im ehemaligen Arbeitszimmer von Faust.

Sie tragen dieselbe Kleidung wie vorher und noch ihre Zaubermäntel.

Es ist jetzt das Arbeitszimmer von Helena,

der Chefin von „Helenas Computer Helden AG“.

 

Faust.

Ich ließ Dich hier,

Ich reiste fort.

Du bist bei mir,

Schon an dem Ort.

Mein treues Schloss, wie wenig gilt Dir Zeit.

(Helena tritt unbemerkt auf)

Das ist wohl das Rezept der Ewigkeit:

Sich als Idee erhalten und bewahren.

Dem Zeitenfraß als Beute nicht willfahren.

 

Helena (sie hat die letzten Worte gehört).

Die Telomere-Therapie, die bringt‘s.

Ich hoff doch sehr den Gen-Labors gelingt‘s.

Bei hundertzwanzig ist dann nicht mehr Schluss.

 

James.

Bringt das den Sensemann nicht in Verdruss?

 

Mephisto (ad spectatores).

Für‘n Seelenhandel wär das der Ruin.

 

Helena ( sie nimmt an, dass die drei Männer von der Faust AG kommen).

So meine Herrn, jetzt aber zum Termin.

(sie deutet auf die Kleidung der Männer)

Kostüme Ihrer neuen Avatare?

Das ist perfekt, wie tiefstes Mittelalter.

Ja Fantasie ist unsre wahre Ware.

Wer sie beherrscht, der sitzt am größten Schalter.

Der Cyberspace der will bevölkert sein.

Sie werden mir ein guter Partner sein.

Sie möchten gerne mit mir fusionieren?

 

Faust (ad spectatores).

Ein neues Wort für altbekannte Tat.

Mephisto, Satansbraten – Deine Saat?

(wieder zur Bühne, zu Helena)

Verzeihung! Deuten Sie denn so mein Stieren?

 

Helena.

Na ja, wie Sie auf meine Aktien stieren.

Ja das Paket, das wär für Sie bereit.

Und die Fusion wird sehr befruchtend sein.

Es drängt, es wird bei mir schon höchste Zeit.

Ihr Kapital, das muss bei mir hinein.

 

Faust.

Mein Kapital das rührn Sie mir nicht an!

Da bin ich eigen! Ich bin ein Ehrenmann.

Ich bin schockiert! Sie sind doch eine Dame!

 

Helena.

Mit einem Mann da würd er fusionieren?

Sie Chauvinist! Ihr Glück, ich bleibe Dame.

 

James (leise zu Faust).

Nun lassen Sie sich doch mal fusionieren.

Die Dame bittet doch so sehr darum.

Mit Kennerblick da weiß sie auch warum.

Bei Ihrem kapitalen Kapital.

 

Faust (leise zu James).

Ich sag: Der Degen bleibt im Futteral!

(zu Helena)

Für diese Reise zahlt ich höchsten Preis.

 

Helena.

Buch doch im Internet, Du Mummelgreis.

 

Faust.

Ich rechne eben aus – wie alt bin ich?

 

Helena.

Und sowas nennt sich Chef der Faust AG.

 

Faust.

Zweihundertachtzig Lenze zähle ich.

 

Helena.

Ein Chauvi und plemplem – tut das nicht weh?

 

Mephisto (ironisch).

Wir bitten um ‚ne milde Wissen-Gabe.

Wir pilgern so unwissend durch die Zeit.

Liegt denn ein Wissenskuchen nicht bereit?

Ach, Wissenskrümel sind nur unsre Habe.

 

Faust.

Gesättigt ist die Luft vom süßen Duft

Der Geistesnahrung. Ende der Diät!

Aus Zeitenferne hatt‘ ich es gewittert!

 

James (ad spectatores).

Hier bin ich freiwillig hineingeschlittert?

Ich folgt tatsächlich einem Duft-Prophet?

Verstand Du meldest Dich? Ein bisschen spät.

 

Helena.

Jetzt riech ich‘s auch. Es riecht mir nach Verrat.

Und dann mein Zorn, der ist noch nicht verraucht.

Denn ich vermute, der wird noch gebraucht.

Ein Zorn wie Zorro ist für Sie parat!

 

Mephisto.

Erzürnt? Ich bin zur Zeit im Zorn-Gewerbe.

Verzweiflung, Wut – versteh mich darauf gut.

Ist doch das Böse der beglückte Erbe.

Die Menschen wappnen sich mit hohen Zielen.

Nur nicht nach unten in den Abgrund schielen.

Dort kauert, lauert und kalauert – wer?

Wer will sich da mokieren, sie schockieren?

Ach, wenn das böse Böse doch nicht wär!

Zieht immer so hinab uns zu den Tieren.

 

Helena.

Jetzt check ich was das soll. Sie checken mich!

Bleibt sie als Chefin unerschütterlich?

Nur zu, ich halte stand wie alle Helden

Der Firma „Helenas Computer Helden“.

 

Mephisto.

Soll Troja doch am Gaul zugrunde gehen!

Dich Helena muss man erneut entführen.

 

James (leise zu Mephisto).

Du willst wohl Helena mal fusionieren?

Sie will doch stets das Kapital erst sehen.

 

Helena.

Was will der Bösheits-Philosoph nun haben?

Den Wissenskuchen oder meine Gaben?

Er will sich wohl so durch das Leben naschen.

 

Mephisto.

Ich kam, ich sah und Du besiegtest mich.

Wie konnt es mich nur derart überraschen?

Geblendet wohl von Deiner schönen Seele.

Da ist‘s passiert, dass mein Verstand entwich.

 

James.

Oh, er ist süchtig nach dem Seelen-Haschen.

Der gibt Dir echt nur Plunder für die Seele.

 

Helena.

Wenn ich nicht irre – Ihr seid ja alle Irre.

Doch wer ist das in unsrer Branche nicht?

Ja, einige erachten‘s schon als Pflicht.

 

Mephisto (zu Helena).

Ich bin von allen guten Geistern wohl verlassen.

Mit Dir, Du guter Geist, würd ich mich gern befassen.

 

James.

Aus dem siebten Himmel schroff entlassen.

Wär die Rückkehr da nicht folgenschwer?

 

Faust (ad spectatores).

Eine Rückkehr – wäre das so schwer?

Wenn der Böse nicht mehr böse wär?

Vermag die Liebe den Verworfenen zu heben?

Auf Himmelshöhe begänne er ein neues Leben.

 

James.

Sie müßte ja vom Teufel selbst geritten sein,

Bei dieser Liaison. Das kann ich prophezeihen.

 

Helena (weiterhin zu Mephisto).

Gut, bleiben wir vertraulich, bleiben wir beim Du.

Ich bin ein Räuber? Raub Dir Deine Seelenruh?

Ich trau Dir keineswegs, doch bist Du mir vertraut.

Zum Teufel auch, an wen erinnerst Du mich bloß?

 

Faust.

Mephisto ist ein Teil von jedem Erdenkloß.

Er ist in Dir, in mir. Dagegen hilft kein Kraut.

Du spürst es auch? Er war Dir stets so nah.

 

Helena.

Ach, Dein Kollege hier? Ein Teil von mir?

Na klar! Ja dafür hab ich ein Sonar.

 

Faust.

Ich hatte ihn verdrängt. Da kam er in persona.

Was er verkörpert, fand ich stets so primitiv.

 

Mephisto.

Du nennst mich einen Primitivling? Zeit für Sparring.

Mein Faust, Du spürst gleich meine primitive Faust.

 

Helena.

Ein Kampf? Nur zu! Und seid doch bitte intensiv.

 

Faust.

Du willst wohl Deine Engel wieder singen hören?

 

Mephisto.

Erinner mich bloß nicht an diese Engelsgören.

 

Faust.

Willst Deine Trödelhexe nicht um Beistand bitten?

 

Helena.

Wen nennst Du Trödelhex? Ich fahr mit Dir gleich Schlitten.

 

Faust (zu Mephisto).

Nun gut, das Primitive ist ja das Primäre.

Bist Fundament vom Wissensbau. Genug der Ehre?

(zu Helena)

Zu Deinem Zeitenalter hab ich soviel Fragen.

 

Helena.

Wie alt ich Trödelhexe bin, soll ich Dir sagen?

Lass mich zuerst ihn schlagen. Dem hau ich in den Magen.

Und überhaupt an mir liegt‘s nicht, dass wir hier trödeln.

Ihr Trödelfritzen seid ja nur am Flirten, Blödeln.

 

Faust (zu Helena).

Du weißt soviel, und ich steh hier als Wissens-Trödler.

Ach, meine Wissens-Ware kann ich wohl verramschen.

Denn Deine Ware ist um so viel neuer, edler.

 

Helena.

Ja so ist‘s recht das Lob mir derart zuzuschanzen.

Wie ist das Schmeicheln doch so hilfreich bei uns Menschen.

 

James.

Wir sind ganz abgekommen von dem Thema Boxen.

 

Faust.

Ich dank Dir James. Das schmälert Dein Gehalt enorm.

Soll ich mit solchem Diener meinem Schicksal trotzen?

 

James.

Gemach! Hier im Gemach welch wundersame Boxen.

(James deutet auf die Hifi-Anlage)

 

Helena.

Ich bin die Hohepriesterin vom Hifi-Turm.

Dann ist die Luft erfüllt von einem satten Sound.

 

James.

So wie beim Hexenfurz Kaliber würzig?

 

Helena.

Ich war es nicht. Vielleicht hat der Herr Faust posaunt?

 

Faust.

Nicht immer, aber immer öfter. Doch nicht kürzlich.

 

Mephisto.

Mich nennen die da primitiv. Titanenfurz.

 

Gretchen kommt herein. Sie ist Helenas Sekretärin.

Gretchen.

Die Konferenz ist wichtig? Ich störe nur ganz kurz.

Drei Herren von der Faust AG, die warten draußen.

 

Helena.

Das kann nicht sein, die sitzen hier schon die Banausen.

 

Mephisto.

Die üblichen Hausierertricks. Die beam ich weit.

(er spricht in sein Handy)

Und wieder sind drei Herren zum Transport bereit.

Gescannt, vom Strahl erfasst? Ich hör schon ihre Flüche.

Die sind begehrt als Zutat für die Hexenküche.

 

Helena.

Auch ich bin jetzt bereit zum Beamen. Beam mich weit.

 

Gretchen.

Ich cancel dann schon mal die heutigen Termine.

 

Helena.

Was wollt ihr drei denn nun auf meiner Lebens-Bühne?

 

Faust.

Vor einigen Minuten war es meine Bühne.

Du kennst doch das Gefühl, wenn Dir die Zeit zerrinnt.

Wenn drei Jahrhunderte nur noch Minuten sind.

 

Gretchen.

Man kennt‘s wohl nur in Ihren Kreisen, wo man spinnt.

 

Helena.

Ich sage Dir, so geht das schon die ganze Zeit.

 

Faust.

Mit voller Seelenkraft in Richtung Seligkeit.

Auf diesem Kurs da schaukelt unser Lebens-Schiff.

 

Helena.

Ich weiß, dann trifft man Euch – so ein verflixtes Riff.

 

Faust.

Doch wenn der Käpten nun zum falschen Hafen steuert?

Hat keine Karte und kennt keine Sternen-Regeln.

Sie werden niemals reichbeladen heimwärts segeln.

Die müde Mannschaft merkt‘s und mosert, murrt und meutert.

So billige als Ziel nur was Dir teuer ist.

So wähle gut, womit Dein Dasein Du verknüpfst.

Denn nur bei einem Ziel von Wert – da wirst Du selig.

Bereicherst Deine Seele. Bist Dir selbst gewogen.

Doch wenn Dein Ziel nicht edel ist – bist Du betrogen.

Du merkst es kaum, doch Du entseelst dann ganz allmählich.

Gibst jeden Tag ein Stückchen Deiner Seele fort.

 

Helena (sie reißt das Handy an sich und spricht hinein).

Weh mir, ich bin noch hier! Ach, Scotty beam mich fort.

 

Gretchen.

Oh ja, mich auch. Die ganze Mannschaft will von Bord.

 

Mephisto.

Verweile doch, o Helena, Du bist so schön.

Moment, an was erinnert mich bloß dieser Spruch?

 

Helena.

Die haben echt nur Wissenskrümel, ungelogen.

Und dann immer wieder dieses Wortgetön.

Pass auf, gleich wittert er dann wieder den Geruch

Von Wissenskuchen. Deshalb sind sie losgezogen.

 

Faust.

In meinem Seemannsgarn ist Wahrheit eingewoben.

In diesen Hafen kam ich übers Zeitenmeer.

Erkenntnisdrang das ist mein starker Rückenwind.

 

James.

Wir sind von Gestern. Sind die Ewig Gestrigen.

Von Siebzehnhundertneunzig kommen wir daher.

 

Mephisto (zu Helena).

Für Dich bin ich der Liebes-Teufel, schönes Kind.

Gemütlich könnten wir vorm Höllenfeuer liegen.

 

Gretchen (zu Faust).

Mein schöner Herr, ach darf ich wagen,

Arm und Geleit Dir anzutragen?

So unbeholfen scheinst Du mir.

Ich wäre gern Dein Führer hier.

 

Faust.

Ich kann nicht unbelehrt nach Hause gehen.

 

Helena.

Ach Gretchen, hast Du‘s auf ihn abgesehen?

 

Gretchen.

Ihr seid voll auf dem Zukunftstrip? Das find ich hip.

Und Helena, Du hast den Teufel angebaggert?

Ja glaubst Du nicht, Dein Pastor hält das für verkehrt?

 

Helena.

Mephisto – immer schon war er ein Teil von mir.

Von Anbeginn ist er in mir und auch in Dir.

 

Gretchen.

Jaja, entscheidend ist doch wohl mit welchem Teil.

 

Mephisto.

Ich bin ein Teil von jener Kraft,

Die stets das Böse will,

Damit das Gute nicht erschlafft.

Verdien ich dafür Unbill?

Mein Blut ist Lava und kein Himbeersaft.

Ich brech das Herz der stolzen Frau?

Weil ich so stürmisch und so leidenschaftlich bin?

 

Helena.

Es ist wohl eher doch Dein Körperbau.

Ja zum Relaxen wärst Du ein Gewinn.

Den Gigolo, den hab ich gerne im Büro.

 

Faust ( ad spectatores).

Mir ist es wichtig, deshalb wiederhol ich‘s eben:

Vermag die Liebe den Verworfenen zu heben?

Durch die gesamte Menschheit ginge dieses Beben.

Die Liebe und das Böse müsst ich fusionieren.

Die ungeheure Energie des Bösen nutzen.

Das ist des Pudels Kern. Das Böse steckt im Kern

Von jedem Menschen, und wir müssen‘s nur regieren.

Das ist die Kernfusion! Ich muss das Böse nutzen.

Ich kann Mephisto doch nicht immerfort negieren.

Dem Fürst der Finsternis bring ich das Helle nah.

Dann sieht er sich in neuem Licht mit Helena.

 

Mephisto ( ad spectatores).

Spricht heimlich mit dem Publikum! Ist gar nicht dumm.

So viele sind gefangen im Spectaculum.

Sie konnten nie die eigne Lebenswelt verlassen.

Sie fanden nie das eine Tor – es heißt Humor.

Und wissen nicht einmal, dass sie die Freiheit missen.

 

Gretchen (zu Faust).

Ich zeig Dir alles – schönste Technik und Gerätchen.

Und wenn Du willst auch alles Schöne von dem Gretchen.

 

Helena.

Ach, mein Burn-Out-Syndrom das müsst ich auskurieren.

Ein Höllen-Weekend wäre das zu arrangieren?

Hat Deine Hölle auch ein pfiffiges Ambiente?

Ich brauch es durchgestylt, ich brauch das Dekadente.

Nur dann taugt sie als Vorbild für Computer-Spiele.

Von morbiden und perfiden Plätzen da gibt‘s viele.

 

Faust (zu Mephisto).

Sei doch nicht schüchtern. Lad sie ein. Sei aufgeräumt.

 

Mephisto (zu Faust).

Du die ist anspruchsvoll. Ich hab nicht aufgeräumt.

Mon Dieu! Das Tempo heute dieser Power-Bräute.

Ein Teufelskerl – das ist für sie frivole Beute.

Ich fühl mich alt und tugendsam. Die sind so kess.

 

Helena.

Passt heute für die Höllen-Führung und Verführung?

Denn mein Terminkalender ist gerammelt voll.

Schon Morgen ist mein Vortrag auf dem Game-Kongress.

 

Mephisto (zu Faust).

Die macht mich arbeitslos. Die nimmt mir meinen Schwung.

Ach, hielte sie sich bloß ans Sünden-Protokoll.

Sie hängt mich ab auf meinem eignen Sündenpfad.

Sie outet mich gleich noch als Spießer. Bin ich fad?

(zu Helena)

Nun kommen mir Bedenken; kommt der Argwohn.

Nun sag, wie hast Du‘s mit der Religion?

 

Helena.

Sag, was erwartest Du von Deinem Gott?

Wenn Du ihn bittest. Hilfe in der Not?

Und wenn Dein Nächster Dir nun helfen kann.

Er hat die Fülle und vermag zu geben.

Er bietet Dir auch diesen Ausweg an.

Er hat gut vorgesorgt, er kennt das Leben.

Er hat für Dich Geduld und Geld und Güte.

Auf dass die Not bei Dir nicht mehr so wüte.

Er hat auch Seelenkraft und Rat und Lob.

Die ganze Medizin für Deine Not.

Wie nah verwandt erscheint er Deinem Gott?

Sei dieses unser oberstes Gebot:

Der Eine sei dem Anderen ein Gott.

(zu Mephisto)

Nun pass doch auf. Bringst die Souffleuse ganz in Rage.

Du sprichst den falschen Text. Das war doch Gretchens Frage.

Was ist nun Sache? Soll ich mich noch selbst entführen?

 

Mephisto.

Willst Du Humor, so musst Du erst die Hoffnung schüren.

Dann brennt in Dir ein warmes Feuer; Herzenswärme.

Doch die Verdammten friern im schönsten Höllenfeuer.

Ein bisschen wärmer in sich hätten sie‘s schon gerne.

Denn eisigkalt durchlodert sie das Höllenfeuer.

Gibt kein Gramm Hoffnung, aber kiloweis Verzweiflung.

Wenn Du mein Reich betrittst, lass fahren alle Hoffnung.

Die Hoffnung ist an der Garderobe abzugeben.

Die Göttliche Komödie die schreibt‘s so vor.

 

Helena.

Ein Hoffnungsfunke schon entfacht die Lust zum Leben?

Bring Stimmung in die Bude. Riskier doch den Rumor.

 

Mephisto.

Ja willst Du mir die ganze Hölle niederbrennen?

Bist mir nicht schnuppe. Doch Du bist ein Meteor.

Dein Lebensglühen ist zu hell für meine Sphäre.

 

James.

Wie mutig! Sich zu seinem Hasenherz bekennen!

 

Mephisto (zu Helena).

Ja für das Miese bist Du wirklich ‚ne Misere.

Bei mir bleibt‘s mies und fies. Du kommst mir in die Quere.

 

Faust (ad spectatores).

Ich hätt‘ es gerne faustdick hinter meinen Ohren.

Denn Faust hat‘s dick. Du musst es tun, nun sei durchtrieben.

Sei denn aus Not gezeugt, der Schelm in mir geboren.

Du hattest Deine List schon immer; musst nicht üben.

Verstand mit Heiterkeit gepaart; ihr Kind heißt List.

Damit treibt man dem Teufel selbst den Teufel aus.

Ja, List – des Menschen Geistes höchsten Trumpf spiel aus.

Denn unsre einz‘ge Waffe war und ist die List.

Die zarten Klauen, zahme Kiefer – so‘n Mist.

Da ist der Mensch in der Natur nur Zivilist.

Die List bedarf der Vorarbeit von unsrem Geist.

Der Geist ist uns voraus schon zu dem Ziel gereist.

Wir schicken unsren Geist. Darum sind wir geschickt.

Wir schicken ihn in unsren Gegner, spionieren.

In jeden Zukunfts- und Vergangenheits-Distrikt.

Er ist beweglich. Und wir führen ihn spazieren.

Ist der direkte Weg uns dann mal zugebaut,

Da hält‘s den Geist nicht mehr in unsrer Haut.

Er muss hinaus, aus neuer Sicht die Dinge sehen.

Ja das ist unser wahres Ich, das Geistig Sehen.

(Faust bleibt vor dem großen Wandspiegel stehen und blickt hinein.

Ab jetzt vergisst er Ad spectatores zu reden und spricht laut zu sich selbst, so dass die anderen vier ihn hören können.)

Und ich sehe – mich. Seh immer nur mich selbst.

(Faust dreht und wendet sich vor dem Spiegel und schaut weiter hinein.

Dann hebt Faust seine rechte Hand vors Gesicht und blickt seine Hand an.)

Ich sehe mich. Die ganze Welt bin nur ich selbst.

Ja, Welt Du bist mein Spieglein, Spieglein an der Wand.

Und Faust begreifs, Du bist der Einz‘ge hier im Land.

(Die anderen vier haben ihm zugehört und betrachten ihn fragend.)

 

Gretchen (zu Faust).

Äh, das ist so nicht ganz korrekt; hier sind auch noch vier.

 

Helena (zu Mephisto).

Das warst doch Du mit Deinem Teufelselixier.

 

Mephisto.

Ach, der hat Jetlag oder voll den Zukunftsrausch.

Den Saukerl halt ich einfach nicht mehr lange aus.

Sieh mich bloß an, ich hab schon vollends den Verschleiß.

An einem Morgen um Jahrhunderte gealtert.

Ach, Helena ich bin zu alt für diesen Scheiß.

 

James.

So schweig denn James, jetzt wird wohl besser nicht gealbert.

 

Faust.

Die Früchte meines Denkens sind noch nicht gekeltert.

Es gärt in mir ein großer Wein, in dem ist Wahrheit.

 

Mephisto.

So lasst ihn gärn. (Ad spectatores). Verpansche Dir den Wein mit Lüge.

Den schweren Wein der Wahrheit vermag kein Mensch zu trinken.

 

James.

Ich glaub ich wittre das Bukett schon vor der Zeit.

 

Mephisto.

Na was wird‘s sein: heuriger Wein aus uraltem Fass.

Aus diesem einen Fass nur schöpfen uns‘re Krüge.

Und dies Gesöff schmeckt schal; ich will es nicht mehr trinken.

Vor einer Ewigkeit schon fing es an zu stinken.

Ach, riecht es doch! Und kippt es aus das alte Fass.

Von Ewigkeit zu Ewigkeit währt dieses Modern.

Und ich als Zeitenloser modere so mit.

Ihr seid so jung und findet alles so modern.

 

(Helena hat inzwischen eine Flasche Wein aufgemacht.

Gretchen hat Gläser aus dem Wandschrank geholt.

Helena serviert ihnen fünf Gläser Wein auf einem Tablett.)

Helena.

Kurzum, für Dich jetzt also keinen Gäste-Wein?

Der ist nun völlig ohne jegliches Bukett.

 

James.

Das stimmt, tja das ist keiner aus dem alten Fass.

(zu Mephisto). Ja wenn Du bei Verstand bist, rührst Du den nicht an.

Ist hier die Frage: Ist es Wein nun oder nicht Wein?

 

Faust.

Ja Welt, Du bist mir immer beides: Mein und nicht Mein.

(Faust führt Gretchen zum Fenster und deutet mit dem Finger raus zum Himmel)

(zu Gretchen). Sieh wenn Du in die Wolken schaust, was siehst Du dort?

 

Gretchen.

Ne Menge Wolken.

 

Faust.

Siehst Du nicht den dicken Schneemann?

Dort lächelnd schwebt er über uns, liebkost vom Wind.

Der Wind ist ganz entzückt von seinem eignen Werk.

Jetzt baut er ihm noch einen schönen Wattebart.

Und die Karottennase zieht er etwas länger.

Ja so betreut der Wind jedes Wolken-Kind.

 

Gretchen.

Ein Düsenjet, der reißt ihm grad die Nase fort!

 

Faust.

Verändern, umgestalten, wandeln, das ist Leben!

Der Wind, er darf verändern, darf gestalten, leben.

Das ist es ja, was ihn begeistert, inspiriert.

Der Wind begreift‘s als seine Chance, und er regiert.

Ja, hier in seinem Himmel oben darf er toben.

Die Wolken sind ihm immer das, was er draus macht.

Und lange Zeit vergeht, bis er es endlich merkt:

Dass ja sein bloßes Betrachten der Wolken schon alles bewirkt.

Ja, seine Stille – stärker noch als Sturmesmacht.

So legt der Wind sich oftmals nun, kann ruhig sein.

Er schaut den Wolken zu bei ihrem Welttheater.

Und die Theaterstücke, die sie spielen, mag er.

Ja ,denn die Stücke sind von ihm, und er ist gut.

 

Gretchen.

Ja wenn der alle Stücke kennt, schläft der doch ein!

(Gretchen sieht Faust an).

Ich glaub, der weise Wind fühlt sich sehr allein.

(Gretchen deutet zum Himmel).

Da schau, die scharfe Schneefrau hab ich Dir gebaut.

(Auch Faust sieht wieder hoch zum Himmel).

Mir scheint, es zieht sie immer mehr zum Schneemann hin.

 

Faust.

So zieht‘s auch ihn. Die beiden tun schon sehr vertraut.

(Gretchen lehnt sich etwas an Faust an).

Dem Schneemann wird es mächtig warm, er schmilzt dahin.

(Gretchen gibt Faust einen Kuss).

Du bist ‚ne Wolke!

 

Mephisto (zu Faust).

Sag den Satz und lass uns geh‘n:

Oh, Augenblick verweile doch, Du bist so schön.

 

Faust.

Mephisto, hast Du denn noch immer nicht verstanden:

Wir beide haben hier gewonnen. Du und ich.

Ja, weil wir endlich, endlich zueinander fanden.

Aus meiner Sicht bist Du ein Teil von meinem Ich.

Denn Du verkörperst doch den Seelenschmerz, das Böse.

Und immer hab ich Dich verleugnet und verabscheut.

Vernichtet hätte ich Dich gerne – ja bis heut.

Ich wollte sein die gottesgleiche Geistesgröße.

Du warst das ungeliebte Kind, das keiner wollte.

Und ausgerechnet Du, dem ich so finster grollte,

Du Lucifer bringst mir das Licht. Du Himmelsgabe.

Ja, Du bist wertvoll, wichtig, überlebenswichtig!

Beharrlich sagst Du mir: Der Weg, der ist nicht richtig.

Und ohne Seelenschmerz läg ich längst im Grabe.

Wie oft war ich der Esel, der im Schlamm versank.

Du warst der Kutscher, der mich antrieb mit der Geißel.

Du gabst nicht eher Ruhe bis es mir gelang,

Mich selber rauszustrampeln – raus aus dem Schlamassel.

 

James.

Sind wir erleichtert: Es war der Schlamm und nicht die Geißel.

Mephisto bringt das Licht, und böse ist der nicht.

 

Gretchen (zu Mephisto).

Du bist das Fieber, das man für die Krankheit hält.

 

Faust.

Mein Gegenspieler bist Du nicht. Doch sei mein Freund.

 

Mephisto.

Ein Freund soll ich den Menschen sein? Ein Menschenfreund?

 

Faust.

Was wär ich ohne Dich? So flach wär meine Welt!

Flach wie ein schönes Bild, dem jede Tiefe fehlt.

Durch Dich fand ich den Weg in das Erkenntnistief.

In unbekannte Welten stoß ich weiter vor.

Das Universum liegt in mir! Ich bin das Tor.

 

James.

Vielleicht auch der Tor. Leicht geht diese Reise schief.

Denn klein erscheint der Mikrokosmos nur von außen.

Wer dort den Weg verliert, verliert auch den Verstand.

 

Helena.

Ne Reise in das Ich ist immer auch zum Grausen.

So wie auf einer Geisterbahn im Egoland.

Gehirn als Jahrmarkt – wär ein prima 3D-Spiel.

 

Gretchen.

Und dann das Spiegelkabinett – ein Possenspiel.

Es spiegelt sich in uns die ganze äußre Welt.

Doch alles ist verzerrt, beschönigt und entstellt.

Ein Jahrmarktsgaudi – doch für uns ist das die Welt.

 

Faust (zu Gretchen).

So hast Du denn mein Wolkengleichnis gleich verstanden.

Die Wolken sind die Außenwelt, der Makrokosmos.

Sind ungeordnet, unverwertbar, alles Chaos.

 

Helena.

Ja, Datenmüll, nicht speicherbar, was wir da finden.

Sind zu viel Datenmengen fürs Gehirn-Archiv.

Und wie soll unser Geist denn da was wiederfinden?

Ach, Chaos außen, Chaos innen! Destruktiv.

Jedoch Figuren, Muster, die sind speicherbar.

Das ist genau wie Vektorgrafik beim Computer.

Da wird nicht jeder Bildpunkt – Punkt für Punkt – gespeichert.

Figuren werden hier erkannt und so gespeichert.

Vom Kreis genügt der Radius und Mittelpunkt.

Vom Strich genügt das Ende und der Anfangspunkt.

 

Faust.

So musste das Gehirn zum Musterschüler werden.

Die Welt ist wolkig – und der Schneemann ist im Hirn.

Ja Muster und Figuren haben wir so gern.

Oh Muster und Figuren – keiner kann sich wehr‘n.

Wir sehen sie jetzt überall – das schafft Beschwerden.

 

Helena.

Das nennt sich Wissenschaft. Den Sinn in Unsinn finden.

Dann jahrelang den Unsinn in dem Sinn ergründen.

 

Mephisto.

Mit Mustern lässt sich trefflich streiten, oh ja, oh ja.

Mit Mustern ein System bereiten – lügenwahr.

Der Clou: Die Glaubenslinse, die hab ich erfunden.

Als Engel in der guten, alten Schöpferwerkstatt.

War ich dort glücklich in der großen, heil‘gen Stadt?

 

Faust.

Du könntest jederzeit dorthin zurück – mit mir.

Denn Du und ich gemeinsam – öffnen jede Tür.

 

Gretchen.

So nehmt mich mit, denn Euch scheint jeder Weg begehbar.

Mir scheint ich leb in Mittelerde – alles Durchschnitt.

Vom Höchsten und dem Tiefsten bekomme ich nichts mit.

Mich interessiert die Hölle und die Himmelsschar.

 

Helena (lehnt sich an Mephisto an).

Gib auf. Denn die Verführungskünste einer Frau

Sind jedem Teufel weitaus überlegen – schau:

(Helena gibt Mephisto einen Kuss)

 

Mephisto.

Du willst die Hölle sehen – und glaubst du kehrst zurück?

Du solltest mehr erfahren über mein Geschick.

 

Helena.

Umgebung formt den Menschen. Dich umgab die Hölle.

Durchtränkt vom Bösen bist Du – saßest an der Quelle.

 

Mephisto.

Das Grauen durchdringt den Geist – vergebens sträubt er sich.

Dein Geist, er klammert sich ans Licht; doch es entwich.

Du kannst das Licht nicht greifen, Er nimmt es fort von Dir.

Das Licht gehorcht nur seinem Herrn – als sei‘s sein Haustier.

Der Herr regiert und dirigiert die Welt mit Licht.

So dunkel wird‘s in dem, der‘s wagt und widerspricht.

So dunkel, dass Du Dich nicht mehr erkennen kannst.

Das Böse bleibt Dir; es ist alles, was Du fandst.

 

Helena.

Kann Liebe doch mit tausendfacher Sonnenkraft

Dein Selbst erwärmen und es heiß zum Glühen bringen.

Gib ihr Gelegenheit, so wird es auch gelingen.

 

Mephisto.

Die Liebe spüren – das ist doch die Frohe Botschaft.

(Mephisto lässt sich auf einen Stuhl niedersinken. Er blickt Helena an)

Mir ist nicht gut. Kann Gutes Medizin mir sein?

Du siehst gut aus. Doch leider bin ich ziemlich matt.

 

Helena.

Du wirst erstarken, findet rechte Liebe statt.

 

Mephisto.

Die Hölle, meine Welt, ich lüd‘ Dich gerne ein;

Doch das, woran ich Stolz empfand, ist nichtig.

Ein Wesen, ganz intakt und mit dem rechten Maß

An anmutsvollem Stolz und keinesfalls zu züchtig,

Das wäre meine Medizin – und ich genas?

Das könnt ich eines Tages fühlen, solch Gesundheit?

Es ist wie stets: Es ist mir nah und doch so weit.

 

Helena (lehnt sich noch enger an Mephisto).

Was ich an Exemplaren bislang kennenlernte,

Ein Wunder ist es, dass ich nicht total verhärmte.

Ja, wie verzweifelt muss frau sein, wenn dem Teufel sie

Avancen macht und hofft, er möge interessanter

Begehrenswerter sein – und bleibt es Utopie?

Wieso gefiel dem Ober-Teufel ich, was fand er?

(Sie setzt sich auf seinen Schoß)

 

Mephisto.

Erfüll ich wichtige Funktion in meinem Amt?

Ist mein Gewerbe nützlich? Bin ich nur verdammt?

Dem Seelenraub, der Strafe widme ich mein Leben.

Trotz Widerborstigkeit bin ich nur dienstergeben?

Auch ohne mich, gäb es Verbrecher ohne Zahl.

Ich animiere und ermuntere zum Übel.

Auch sucht verzweifelt man den Pakt mit mir, dem Deibel.

Wieso gibt Er Euch unbekümmert mir zur Wahl?!

 

Faust.

Auch ich frag mich: Wer ist der größere Verbrecher?

Der Mensch, der tastend sucht nach Hilfe – und Dich findet?

Die Macht berauscht, macht süchtig, man wird frech und frecher.

Ja, da man andre bequem quälen kann und schindet,

Gebärdet man im Leben sich als Herrscher. Sündigt?

 

James.

Und was ist nun der Schluss? Theaterstück nun endigt.

 

Mephisto (zu Faust).

Ja, Faust, ich spüre deinen Wunsch, mich zu bekehren.

Trag diesen Wunsch in mir – und will die Liebe ehren.

Ich löse Teufels-Pakt mit dir, beginnen soll

Verbrechensfreie Zeit. Nur einige Vergehen

Gestatte ich mir: sittsam, menschenmäßig, maßvoll.

 

Helena (zu Mephisto).

Vielleicht ergründe ich mit dir, ob Parallelen

Sich finden zwischen 3D-Welten, die ich bau

Und großem Weltgelände, will es nicht verhehlen:

Ich sehe Gott als großen Spieleprogrammierer.

Ich hoffe, Er ist gut darin und wirklich schlau.

 

Mephisto.

Ist hochinteressant; ich sah im Höchsten höchstens

Den anmaßenden allgewaltigen Weltregierer.

 

Gretchen (zu Mephisto).

Ich lern dazu: Mephisto, das war für mich höchstens,

Der anmaßende, rüpelhafte Weltnegierer.

 

Mephisto (zu Gretchen).

Der blieb ich weiterhin, doch drängt es mich zum Licht.

Mir dämmert‘s schon, bin hell: Verbrechen lohnt sich nicht.

Zwar vorerst heuchle ich das Gutsein nur – doch dann,

gewöhnt der Teufel mit der Zeit sich ganz daran.

 

James.

Genug! So viele, schwergewichtige Weisheits-Worte.

Dafür sind wir hier doch nicht am rechten Orte.

Schon biegen – so belastet – sich die Bühnen-Bretter.

Wenn Worte sich gebärden als die Weltenretter.

 

Mephisto.

Ein fast perfektes Welt-Verbrechen: Ich der Täter?

Bin integriert in Seinen intriganten Plan.

 

James.

Der Teufel ist integer. Wär er noch beredter,

Bestimmte er vollends Verlauf der Weltenbahn.

 

Helena (zu Mephisto).

Sag, wie viel Freiheit haben wir in diesem Spiel?

Du bist dem Höchsten oft sehr nah – und Du giltst viel.

Wär es Freiheit, wenn ich mich Dir ganz zuwende –

Dich spüren lasse meine Liebe, meine Hände?

(Sie streichelt Mephisto übers Gesicht und küsst ihn)

 

James.

Nun ja, der Bösewicht ist uns abhandengekommen.

Das kann doch unserem Theaterstück nicht frommen.

Ich dränge stets auf Handlung, Konflikt und Spannungsbogen.

Ist‘s Welttheater deshalb dem Konflikt gewogen?

Ach, will‘s und braucht‘s den Bösewicht, damit das Spiel

Dem zuschauenden und mitagierenden Gott gefällt?

Ist‘s Verbrechen an dem Menschen – wer ist Held?

Tja, sind wir Kurzweil Gottes? Weil es ihm gefiel ...

Lässt Anwesenheit des Teufels mich verwegen sprechen?

 

Faust.

Mein James, das wären meine Fragen dann gewesen:

Der Part des grüblerischen Genius. Verbrechen –

Ich breche mit dem Werten und finde dann mein Wesen?

Erlaubt ist das Verbrechen, wenn es größeres Recht

Erschafft. Wähl Umsturz, um aus Trümmern neu zu bauen?

Mephistos Nähe macht, dass Mensch sich so erfrecht?

Allen Wesensteilen – Schatten, Licht – vertrauen.

In meinem Universum fänd ich mich zurecht.

Mir ist, als könnt ich‘s schaffen – und das Ganze schauen.

 

 

ENDE

 

 

Die unendliche Wendeltreppe

 

Der Zauberer wohnt am Ende der Wendeltreppe. Könnte aber sein, dass diese unendlich ist. Gibt es dann keinen Zauberer oder reicht meine Zeit nicht aus, ihn zu erreichen? Ich frage ihn – und seine Stimme höre ich mal deutlich und dann schweigt er sehr lange Zeit. Mag sein, ich antworte für ihn; wird man zunehmend zum Zauberer, wenn man auf seiner Wendeltreppe sich ihm nähert? Wobei eine Annäherung unmöglich ist, sollte die Wendeltreppe unendlich sein. Mir ist, als könne ich immer differenzierter trennen zwischen seinen Äußerungen und meinen Gedanken. Mitunter haste ich die Treppenstufen empor, ungeduldig, hoffend, erwartungsfroh, weil ich glaube an den Marmor-Maserungen der Wendeltreppe Zeichen zu finden, die sich als hilfreiche, deutbare Signale erweisen von ihm.

 

Stellt es sich als zu schwer entzifferbar oder als Unsinn heraus, als Trug, dann bin ich zuweilen die Treppenstufen abwärts gegangen. Doch gerade in solchen Momenten sprach der Zauberer zu mir sehr deutlich – so dass ich beinahe wünschte, dass die Enttäuschungen übergroß werden – um so deutlicher würde ich dann seine Stimme und seine Bilder erhalten. Wann habe ich beschlossen die Wendeltreppe hochzusteigen? Wer hat dieses Videospiel auf den Markt gebracht? Es zieht die Menschen in seinen Bann. Sie setzen ihre Cyberbrillen auf und sind inaktiv aktiv: sitzen in bequemen Designer-Stühlen und steigen eine imaginäre marmorne Wendeltreppe empor – und wer den Zauberer als erstes leibhaftig gegenübersteht, erhält die Ehre, dass sein Name in einer Top-Rangliste steht. Bislang ist die Liste leer. Bin ich süchtig nach der Unendlichkeit?

 

„Ich habe dieses Spiel selber programmiert.“ Die Stimme des Zauberers. Okay, es war auch meine Vermutung, dass dieses Spiel zu exzeptionell sei in seiner Schlichtheit und unaufdringlichen Faszination, um von der Unterhaltungsindustrie abstammen zu können. „Hast Du bemerkt, dass der Marmor der Wendeltreppe auskunftsbereiter ist, seitdem Dein Interesse nicht nur dem Aufstieg gilt, sondern auch dem, was zu Deinen Füßen ist? Ich bin die Treppe.“

 

Ich setze mich auf eine der Stufen. „Dann ist die Treppe unendlich. Kein Ende. Keine Erlösung. Sicherlich, es ist virtuell – die Mühe des Aufstiegs, die Sorge herabzustürzen; schwindelerregendes Konzept in mehrfacher Hinsicht. Die Bohnenranke – würden wir ein Riesen-Reich betreten – zu groß für uns, zu überdimensioniert?“

 

„Wer sagt denn, dass im virtuellen Raum Deine Größe beschränkt bliebe? Passe Dich an. Die Erfordernisse bewirken Wachstum. Betritt als Riese am Ende Deiner Reise Dein Zauber-Reich.“

 

„Meins?“

 

„Noch verwahre ich es für Dich, bin Statthalter, Bewahrer. Mündel – altertümliches Wort, aber zutreffend.“

 

„Cheats. In jedem Spiel gibt es Tricks, Abkürzungen, Unerlaubtes – wäre dieses ein handelsübliches Videospiel, dann hätten die Programmierer es mit Cheats ausstaffiert, man könnte Level überspringen, wenn man weiß, wo sich geheime Zugangsorte befinden; oder man die Zauberworte kennt, die das Betreten neuer Ebenen ermöglichen.“ Ich bin so erfreut über seine Zuwendung, dass ich anfange die Treppenstufen hinaufzujoggen.

 

„Stört Dich der Gedanke an die Unendlichkeit Deiner Wendeltreppe? Soll ich diesen Gedanken von Dir fernhalten? Zu wissen, dass man ein Ziel niemals erreichen kann, wie viel Mut bleibt Dir dann noch für Deinen Weg?“

 

Unendlichkeit. Die eigentliche Faszination dieser Wendeltreppe? Mit endlichen Mitteln das Unendliche wollen. Trost und Verzweiflung spüre ich bei den Worten des Zauberers. Die Treppe ändert ihre Farbe. Ein Goldton. Eine Steintafel liegt auf einer der Stufen. „Das wird doch wohl keine Neufassung der Zehn Gebote sein?“

 

„Vermagst Du, es zu lesen?“

 

Ich setze mich neben die Steinplatte; unbekannte Schriftsymbole.

 

„Wer Ohren hat zu hören, der höre. Höre das Sichtbare. Fühle das Hörbare.“

 

„Wir sind im virtuellen Raum, warum sollte ich der Absurdität Grenzen ziehen wollen? Da ich als Mündel des Zauberers gelte, werde ich seinen Ratschlag nicht ablehnen nur wegen übergroßer Absurdität. Mag sein, im Angesicht der Unendlichkeit verschwimmen Grenzlinien und es wird alles Eines.“

 

Ich blicke die Steintafel erwartungsvoll an. Wenn Steine sprechen könnten.

 

„Das Passwort für Deinen nächsten Level heißt: ...“

 

Plötzlich kann ich die Steintafel lesen. Das Sonderbare: Ich kann sie aus dem virtuellen Raum mitnehmen. Wie ein prähistorischer Tablet-PC. Was hat sich da materialisiert? Verzeiht, wenn ich Euch das Passwort nicht nenne, welches mir die Steintafel sagte. Ist sie der Stein der Weisen?

 

 

ENDE

 

 

 

Crazy Candy Christmas

Der Weihnachtsmann betritt das Süßwarengeschäft. Mit seinem Geschenkesack stößt er eine der Bonbonnieren um. „Hoppla, bin in Eile. Meine Frau darf diese Aktion hier nicht mitbekommen. Und mein Rentierschlitten parkt ganz unvorschriftsmäßig. Ich habe ihn neben eine Pferdekutsche gestellt. Ich finde, da fällt er nicht ganz so auf.“ Er dreht sich um und will die Ladentür schließen, doch eines seiner Rentiere ist ihm gefolgt. „Na gut, Rudolph, aber tritt Dir Deine Hufe auf der Matte ab. Der schöne Teppich.“

„Ich könnte hineinschweben“, meint Rudolph. „Ja, das wäre wohl besser“, sagt die Verkäuferin. Vorsichtig geleitet sie den Weihnachtsmann in das Geschäft hinein.

„Ist ja nicht so, dass ich wie ein Elefant im Porzellanladen wäre“, sagt der Weihnachtsmann, wehrt sich aber nicht gegen das Geführtwerden durch die Verkäuferin. Rudolph isst die Bonbons, die aus der heruntergefallenen Bonboniere gerollt sind.

„Ich freue mich, eine Verkäuferin anzutreffen, die nicht in Ohnmacht fällt. Nun ja, ich bin eine Berühmtheit. Und ich wirke auf Frauen.“

Die Verkäuferin legt ihren angebissenen Lebkuchen-Tannenbaum beiseite. „Ich bin meine beste Kundin. Mit einem Teelöffel Zucker schluckst du jede Medizin. Das Leben ist Medizin und ich versüße es mir.“

Der Weihnachtsmann greift in eine der Bonbonnieren. „Diesen Vortrag müsste meine Frau hören! ‚Schenk den Kindern nur Wertvolles, Nützliches.‘ Was ist die Folge? Die Kinder glauben nicht mehr an mich; sie denken sachlich, logisch, erfolgsorientiert. Für meinereiner bleibt da kein Platz. Fantasie, Absurdität, Juxerei – da zieh ich oben dahin mit meinem Rentierschlitten über all der Logik, den Naturgesetzen. Widersetze mich diesem Zugriff.“

„Ich heiße Désirée. Ist das wirklich Rudolph, das superbekannte Rentier?“

„Jaja, aber ich gönne ihm seinen Ruhm. Wäre ja auch albern, wenn ich eifersüchtig wäre – nur weil die Kinder gleich zu ihm rennen, ihn streicheln und füttern wollen. Ich steh dann so abseits daneben.“

Rudolph stupst ihn an. „Klaus, gut, dass wir darüber reden.“

Désirée runzelt die Augenbrauen. „Mit Süßigkeiten willst Du die Aufmerksamkeit zurückgewinnen? Deswegen diese Hast?“

Der Weihnachtsmann kramt aus seinem Geschenkesack ein Gerät. „Das ist ein Replikator. Damit kann ich Geschenke vervielfältigen. Ich brauche also von jeder Sorte nur einen Bonbon.“

„Gut, dass ich nicht nur Weihnachtsmänner als Kunden habe.“ Désirée nimmt ein Tütchen und und greift sich mit einer Zange aus jeder Bonbonniere einen Bonbon, den sie dann so sorgfältig in dem Tütchen platziert, als seien es Juwelen.

Der Weihnachtsmann beißt in einen der Lebkuchen. „Ich solle mich gesünder ernähren. Keine Coca-Cola trinken, mit den Wichteln joggen gehen ...“

„Ich würde dich begleiten“, unterbricht ihn Rudolph.

„Ja, schwebend; Du könntest auch etwas für Deine Muskulatur tun. Der Rentierschlitten wird jedes Jahr schwerer. Alleine die Bedienungsanleitungen für die technischen Geräte ... was ich da so mitschleppe. Die meisten der Geräte, die ich da verschenke – da weiß ich absolut nicht, wie man die handhaben soll und wofür die gut sein sollen. Aber das steht auf den Wunschzetteln. Da sitze ich nun und studiere Bedienungsanleitungen, die in 12 Sprachen verfasst sind. Aber obwohl ich jede Sprache spreche, verstehe ich meist kaum ein Wort – auch wenn ich hilfesuchend von einer Sprache zur nächsten blättere, in der Hoffnung, dass die Sprachen einander stützen. Für Süßigkeiten, da braucht man keine Bedienungsanleitungen. Einfach genießen. Das Leben ist einfach – würde es nach mir gehen.“

„Und wenn Du Dir das wünschst?“, fragt Désirée. Dann lässt sie das Tütchen mit den Bonbons fallen. Sie starrt auf Rudolphs Hufe. „Du schwebst ja wirklich!“

„Sollte ich doch, wegen des Teppichs und des Schneematsches.“

„Das ist sehr hübsch hier eingerichtet. Holz-Theken. Dieses Süßwarengeschäft ist etwas Besonderes. So etwas zieht mich magisch an. In einer Welt, die fast nur noch Austauschbares enthält, ist Unersetzliches rar geworden.“

„Ja, mein Vater hat die Möbel hier selbst angefertigt. Meinen Eltern hat das Geschäft gehört. Es ist schön. Es ist Liebhaberei. Ich habe das Gefühl, hier steht die Zeit still.“

„Ich darf es ja eigentlich nicht verraten. Aber in der Anderswelt, im Feenreich, da sah ich ähnliche Möbel, mit ähnlichen Ornamenten wie bei diesen hier. Ich habe den starken Verdacht, Dein Vater ist dort tätig jetzt.“

Désirée weint. „Er lebt nicht mehr – ist es möglich, dass er ... bitte keine Rührseligkeit erzeugen, nur damit ich bei den Bonbons Rabatt gebe.“

Der Weihnachtsmann streicht ihr übers Haar. „Désirée – Du würdest mich, egal in welcher Aufmachung, erkennen – egal ob als Tier, Mensch oder Weihnachtsmann. Das sagtest Du mir im Krankenhaus bei unserem Abschied. Für heute durfte ich der Weihnachtsmann sein. Zurückkehren für einen kurzen Moment, dorthin, wo wir glücklich waren, wo wir eine Familie waren.“

Sie sieht dem Weihnachtsmann in die Augen. Dann umarmt sie ihn. „Das ist das, was ich mir gewünscht hatte. Dich noch einmal wiederzusehen.“

Rudolph schiebt ihnen eine Bonbonniere auf der Theke zu. „Hier, Saure Drops. Gegen allzu viel Rührseligkeit. Davon brauche ich auch einige.“

„Ich muss zurück. Ein besonderes Polarlicht hat‘s ermöglicht, dass sich unsere Welten verbanden. Doch so weit fort bin ich gar nicht. Gefühle kennen keine Entfernung.“

„Hier Deine Bonbons.“

„Es ist mehr als ein Vorwand. Ich habe diese Bonbons vermisst.“ Ein riesiger Rentierschlitten schwebt vor dem Süßwarengeschäft.

„Beinahe so wie früher. Du warst viel unterwegs.“

„Ja, viel zu selten war ich hier bei Euch.“ Rudolph stützt ihn, damit er auf den Rentierschlitten gelangt. „Schön, wenn man Freunde hat, dann ist sogar das Ersteigen eines schwebenden Rentierschlittens machbar; und das Bisschen, was ihn von der Realität trennt, mit Fantasie ausfüllen und ihn zu etwas Greifbarem machen.“

SpacetourSoon

Okay, wir haben wieder eine unserer fabelhaften Städte auf einem zu besiedelnden Planeten fertig gestellt. Ich mache die End-Kontrolle. Ich bin sehr gewissenhaft darin. Unbewohnt. Geister-Stadt. Nur am Anfang. Sie wird demnächst überquellen mit Geist. Die Elite zieht es zuerst auf neue Planeten. Absahnen. Ressourcen des Planeten auskundschaften, einkassieren. Goldgräber-Laune. Nagelneu die Stadt – und sieht aus wie abgelebt. Vielleicht ist das nicht das exakte Wort; sie wirkt kraftvoll, hat Power und braucht sie für die Eroberung des Planeten. Vielleicht projiziere ich ihre Abgelebtheit hinein. Bin selber abgelebt.

Meine Gewissenhaftigkeit so etwas wie dick aufgetragene Farbe, die ein rostiges Schiff zusammenhält. Auf meinem Heimatplaneten Mercine da hatte ich mehrere Schiffe. Große Rennboote, Segel-Katamarane und ein Hausboot. Mit dem Zuhause sich fortbewegen können – mal gemächlich, mal rasant – die Heimat um sich herum, eingepackt in Vertrautheit, in einer Hülle, die diese Welt zu einem heimeligen Ort macht. Und genau das fehlte mir inmitten der neu errichteten Städte. Nichts Innovatives. Gebäude von der Stange, graue Einreiher. Used Look. Darauf legen meine Auftraggeber allergrößten Wert: „Lass es so aussehen, als ob sie benutzt und weggeworfen sind – Städte mit der Illusion einer Vergangenheit.“

Nostalgie. Als ob man die produzieren könne. Hätte man den damaligen Bewohnern auf der Erde gesagt, dass ihre Städte uns als Vorbild dienen würden in fast jeder Ecke der Milchstraße, wären sie stolz darauf oder beschämt? Das Authentische replizieren, das ist so, als wolle man das große Meer bannen in ein Gemälde, eine Zeichnung. Man muss es beleben durch Imagination – dann belebt es sich wieder – und der Betrachter des Bildes kann das Meer hören und spüren.

Ich gehe durch die leeren Straßen, grau, grau-weiß. Wieso setze ich etwas in die Welt, was ich nicht mag, in dem ich mich unwohl fühle? Stimmt das? Allmählich sind mir diese Straßenzüge sehr vertraut. Habe sie dutzendfach gesehen. Ihre Vorgänger, die sich in der Bauzeit und dem Nostalgie-Effekt deutlich unterscheiden von dieser Stadt. Jedenfalls für mich: Ich sehe mit Freude, dass mir das gewünschte Ergebnis diesmal besser gelungen ist. Es ist perfekt. Ich habe einen Endpunkt erreicht.

Am Ende der Straße wende ich mich um; mir ist, als würde ich gewendet, von einer Macht, die ich bislang mit Mühe von mir ferngehalten habe und die mich nun so jäh anspringt wie ein Hund, der seinen Herrn nach langem Urlaub endlich wiederhat. Welche Macht springt da nun an mir empor? Heimweh? Ich bemerke, dass mein Blick ruht auf dem gelb-orangen Schild des Weltraum-Reisebüros „SpacetourSoon“. „Besuchen Sie die Zwillings-Sonnen von Mercine“ – nun ja, SpacetourSoon ist einer der Kontrakt-Partner, sie spielen routiniert auf der Klaviatur des Sehnens, deren beide Extreme das Fernweh und das Heimweh sind.

Es ist nicht nur Geldgier, was die Siedler in unsere neugebauten Städte treibt: Neugier im Verbund mit Fernweh, die aber umschlägt in Heimweh und Überdruss, ja Ekel am Neuen. So fremdartig hatte man es nicht gewollt. Meine Auftraggeber wissen dieses – und kontern, fangen dieses ab, indem wir Städte bauen, die Chimären sind: Eigentlich unvereinbare Gegensätze verschmelzen zu einem neuen Wesen, einer Einheit; es darf nicht auseinanderbrechen, darf keinen Ekel verursachen durch seine Bizarrheit. Das Banale vortäuschen. Heimweh und Fernweh reichen sich die Hände, kommen sich noch näher, werden Eines. Von solcher Art sind die Städte, die ich bauen lasse.

Noch immer ruht mein Blick auf dem gelb-orangen Schild von „SpacetourSoon“ – wie eine Sonne, in die es mir möglich ist zu schauen. Zwei Sonnen. Ich war seit Jahrhunderten nicht mehr auf meinem Heimatplaneten Mercine. Es ist mir bei hoher Strafe verboten, das Rückkehrbedürfnis der Siedler zu forcieren; dem Heimweh-Affen Zucker geben. Den Managern ist es verboten in ihre Heimat zurückzukehren, sie haben mit gutem Beispiel voranzumarschieren – auch wenn ich wohl noch der einzige bin, der zu Fuß geht. Man gleitet nur noch, schwebt ein wenig über dem Bürgersteig – als ob die Berührung mit dem fremden Planeten demjenigen etwas endgültig entreißen würde. Das Geschäftsmodell sieht vor, nach vorne zu stürmen, ein Zurückweichen gilt wie im Krieg als Fahnenflucht. Die Front wird weiter vorgeschoben. Es sind gewissermaßen Forts, die wir bauen. Bollwerke, die sich als Städte tarnen.