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In den Tiefen der irischen Insel Arranmore beginnt sich die böse Zauberin Morrigan zu regen. Spätestens jetzt muss Fionn lernen, seine Magie zu kontrollieren. Bevor es zu spät ist! Doch das ist schwerer als erwartet, denn sein Großvater Malachy wird immer schwächer und mit jedem Tag kommen mehr Besucher mit seelenlosen Augen und bösen Absichten auf die Insel. Band 2 der Sturmwächter-Reihe von Catherine Doyle.
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In den Tiefen der irischen Insel Arranmore ist die böse Zauberin Morrigan erwacht, und mit jedem Tag wächst ihr Gefolge von Seelenstelzern. Fionn ist in tödlicher Gefahr, denn Morrigan benötigt das Blut des Sturmwächters, um wiederaufzuerstehen. Doch die Magie, die durch Fionns Adern ließt, will ihm nicht gehorchen. Verzweifelt versucht er, die Meereskrieger aufzuspüren und um Hilfe zu bitten. Wird Fionn es schaffen, die Welt mithilfe seiner Freunde vor der dunklen Bedrohung Morrigans zu schützen?
Der zweite Band der fantastischen Abenteuergeschichte – perfekt für Fans von Michael Ende und Cornelia Funke
Für Jess
An einem eisigen Wintermorgen schwamm weitab von ihrer Heimat eine Meereskriegerin in den Wassern einer halb vergessenen Insel. Nebel hing wie ein Schleier über dem Meer und haftete sich an ihre Haut, als sie die Wasseroberfläche durchbrach: zuerst mit ihrer Krone aus Elfenbein und Koralle, dann kamen die gelben Augen, groß und rund wie zwei Monde. Eine blasse Narbe zeichnete die Linie ihrer Wange nach.
Sie erstarrte.
Am Rand des Ozeans stand ein Junge. Sie roch das Meersalz in seinem Blut.
Sie leckte sich die Lippen.
Sturmwächter.
Sie erinnerte sich an ihn.
Der Junge hatte die Augen geschlossen, Atemwölkchen kamen aus seinem Mund. Er streckte die Hand aus und ließ die Finger über dem Wasser tanzen. Eine Weile stand er völlig reglos. Dann zuckte sein Körper heftig, als wollte sich etwas herausboxen. Er riss die Augen auf, Angst lag in seinem Blick.
Magie.
Die Meereskriegerin schwamm näher heran. Am milchweißen Himmel stieg die Sonne höher. Schon bald würden sich Leute am Strand tummeln, Autos knattern und Schaufenster wie Laternen aufleuchten. Sie dürfte nicht hier am Ufer sein … so nah bei der Stimme, die aus der Tiefe zu ihr geflüstert hatte. Trotzdem war sie gekommen – um den Jungen zu sehen, der Morrigan aus ihrem Schlaf geweckt hatte.
Nach all den Jahren war er endlich gekommen.
Der Junge stöhnte, ein Funken schoss aus seinen Fingerspitzen. »Na los!« Er kickte ein Büschel Algen ins Wasser. »Komm schon, verdammt!«
Eingesperrte Magie.
Die Meereskriegerin runzelte die Stirn. Die Zeit wurde knapp. Sie spürte die Finsternis, die sich unter dem Horizont regte, anschwoll wie das Meer und sich ausbreitete. Zur Insel hin. Zu dem Jungen. Diesem Jungen.
Dummer Dagda. Er führt uns noch alle ins Verderben.
Der Junge hob einen Stein auf und warf ihn in die Luft. Die Meereskriegerin verfolgte seine Flugbahn und verzog den Mund, als er mit einem Platsch genau neben ihrem Kopf landete.
Ein Herzschlag, zwei, dann kam Leben in den Jungen. Er stürzte auf sie zu, das Wasser schwappte um seine Knöchel, dann um seine Knie, seine Hüfte.
Die Meereskriegerin zögerte nur kurz, ehe sie wieder zu sich kam. Sie tauchte in die nächste Welle, ihr Schwanz ging in einem Schimmer von verbranntem Silber unter.
Nicht jetzt, dachte sie, während sie zurück in die Tiefe schoss. Noch nicht.
Ihre Kriegerinnen waren an einen anderen gebunden.
Sie mussten warten. Auf den Untergang oder auf den Gezeitenbeschwörer.
Je nachdem, was eher kam.
Fionn Boyle lag auf einem abgewetzten alten Sofa und versuchte sich wachzuschreien. Unterbewusst war ihm klar, dass er träumte, doch er konnte die Augen nicht öffnen. Er konnte nur der säuselnden Stimme lauschen, die sich in seinem Kopf eingenistet hatte. Sie zischte wie eine Schlange und grub sich immer tiefer in sein Hirn.
Tick-tack, flüsterte die Stimme. Hörst du mich, kleiner Boyle?
Fionn sah Morrigan vor sich – ihr heimtückisches Grinsen, zu breit in ihrem eckigen Gesicht.
Tick-tack, drei Tage nur.
Stein zerbröselt, schau auf die Uhr.
Sie kicherte, und ein Schatten jagte auf ihn zu, griff mit seinen Fingern durch die Schwärze seiner Gedanken. Tick-tack, tick-tack, tick-tack … Die Wörter rasten, immer höher wurde die Stimme, bis es kein Lachen mehr war, sondern ein Schrei. TICK-TACK, TICK-TACK, TICK-TACK.
Lass mich in Ruhe!, wollte Fionn rufen, doch die Worte blieben ihm gurgelnd im Hals stecken.
Er fühlte sich wie in einem Tornado und schlug wild um sich, während er versuchte wieder zu sich zu kommen. Das Sofa ächzte unter ihm, die rostigen Sprungfedern seufzten vor Anstrengung. Hilfe! Gleich kratzt sie mir die Augen aus! Bitte …
Plötzlich gab es ein lautes Klatsch!
Mit einem Ruck wurde Fionn wach. Etwas Kaltes, Schleimiges glitt an seiner Nase herunter.
Er schnupperte. War das …?
»Schinken«, sagte eine bekannte Stimme. »Gekocht.«
Fionn schälte den Schinken von seinem Gesicht.
Sein Großvater sah ihn prüfend an, die blauen Augen funkelten in der Morgendämmerung. »Du hattest wohl schon wieder stürmische Träume.« In einer Hand hielt er eine offene Packung Schinken, in der anderen ein leuchtend oranges Stück Käse. »Ich dachte, der Schinken wäre humaner.«
Fionn strich sich die wirren Haare aus der Stirn. Die altbekannte Hitze brannte in seiner Brust wie eine Faust, die ihm zur Begrüßung in die Rippen boxte. Die Magie des Sturmwächters war wach, und er auch.
Fionn seufzte. »Hättest du mich nicht einfach rufen können wie ein normaler Mensch?«
»Hast du mich je normal erlebt?«, fragte sein Großvater und knabberte eine Ecke von dem Käsestück ab. »Und außerdem hab ich dich achtmal gerufen. Ich hab dich dreimal angestupst und dich genau einmal an den Schultern gerüttelt. Der nächste logische Schritt …«
»… war Schinken«, sagte Fionn, hievte sich hoch und legte die glitschige Scheibe auf die Armlehne.
»Ja, leider.« Sein Großvater sah ihn scharf an, seine Brauen hoben sich über den Rand der Hornbrille. »Schon wieder derselbe Traum?«
»Tick-tack«, sagte Fionn und nickte grimmig. »Der Countdown geht weiter.«
Schon seit vielen Monaten wohnte Morrigan in seinem Kopf, doch seit zwei Wochen waren seine Träume von einer neuen Dringlichkeit. Die Stimme, bis dahin körperlos und fern, meldete sich jetzt mit diesem Countdown, dazu Grapschhände und Kratzfinger und blutleere Lippen zu nah an seinem Ohr. Morrigan wurde stärker, lebendiger.
»Der Countdown«, sagte sein Großvater, »macht mir ein bisschen Sorgen.«
Eine Brise schlüpfte unter dem Fenster hindurch und wand sich um das Sofa. Fionn zog die Decke fest um seinen Körper. Im letzten Monat war der Winter über die Insel gekrochen, er schlich sich in den Wind und heulte durch die Ritzen in den Mauern. Eiskristalle spannten ihre Netze über die Fensterscheiben, und manchmal, wenn Fionn nachts keuchend erwachte, sah er seine Atemwölkchen durch die Dunkelheit schweben.
»Leg dich doch in meinem Zimmer aufs Ohr, Junge«, schlug sein Großvater vor. »Die Energie dort ist sehr gütig und attraktiv. Und es gibt einen schönen Nachtspeicherofen, der wird dich von den Socken hauen.«
»Jetzt bin ich sowieso wach«, sagte Fionn, streckte die Arme über den Kopf und ließ den Nacken kreisen, bis es knackte. Im letzten Sommer hatte er seiner Mutter das Bett überlassen und darauf bestanden, stattdessen auf dem Sofa von Donal, dem Ladenbesitzer, zu schlafen. Das Sofa sah aus, als wäre es in einem Spukhaus ausgegraben worden, und hatte einen Geruch tiefer Verzweiflung an sich. Es quietschte fürchterlich und ließ das Wohnzimmer noch winziger erscheinen, als es ohnehin war. Aber Fionn wusste, dass es egal war, wo er schlief – Morrigan würde ihn überall finden.
Er stand auf. »Wie spät ist es?«
»Wie spät?« Sein Großvater schlenderte zurück in die Küche. »Du weißt genau, dass ich mich nach solchen willkürlichen Konzepten wie der Uhrzeit nicht richte.«
Zeit.
Langsam ging Fionn zu der flackernden Kerze auf dem Kaminsims. Es war die einzige, die in dem Zimmer brannte. Sie wurde immer flacher und würde bald zu einer milchig blauen Pfütze zerfließen. Natürlich war es ohnehin nicht nur irgendeine Kerze. Sie war die Essenz seines Großvaters, ein magisches Gebräu all seiner Erinnerungen, aus Blut und Meer geboren – die Kerze, die Tag und Nacht brannte und ihrem Ende entgegenraste.
Zeit. Sein Großvater hatte sich eine Menge davon geliehen.
Bei dem Gedanken daran wurde es Fionn mulmig. Neuerdings hatte er das Gefühl, die Dinge nicht mehr im Griff zu haben. Während die Nächte verstrichen und Morrigan sich an seine Tage heranpirschte, kam er sich vor wie der Lotse eines außer Kontrolle geratenen Zuges. Er spürte, wie die Dunkelheit ihn langsam einschloss, der Countdown der Zauberin tickte im Einklang mit seinem Puls. Irgendwas würde passieren. Bald.
Wenn der Junge zurückkehrt, wird sie aufwachen, hatte Ivan ihm einmal voller Schadenfreude erklärt. Wenn der Sturmwächter für sie blutet, wird sie auferstehen.
Seit dem Tag, an dem Morrigan aufgewacht war, hatte Fionn nicht für sie geblutet, aber es war ihm auch nicht gelungen sie wieder in den Schlaf zu versetzen. Sein Ausflug zu der Meereshöhle im Sommer verfolgte ihn immer noch. Erst hätte er um ein Haar seine Schwester verloren, und dann wäre er fast allein in der endlosen Finsternis ertrunken, während Morrigan ihm ins Ohr lachte. Die Erinnerung daran war hart und stachlig geworden, und wenn seine Gedanken dorthin zurückschweiften, stach sie tief in seine Rippen.
»Scheibe Brot?«, rief sein Großvater aus der Küche. »Von dem Schinken geb ich dir was ab, aber der letzte Klecks Senf ist leider für mich. Körniger Senf. Französisch. Très teuer.«
»Nein, danke.« Fionn starrte auf die kleine Flamme über dem Kamin. Die Magie in seinem Innern loderte auf. Er hielt die Hand über die Glasschale und versuchte die Flamme zum Tanzen zu bringen.
Na los … komm schon …
Fionn war von der Insel auserwählt worden, um in Dagdas Namen die Elemente zu beherrschen, solange sein Geist und sein Körper stark genug waren. Als Sturmwächter sollte er Erde, Wind, Luft und Feuer mit kaum mehr als einem Gedanken regieren.
Es müsste ganz leicht gehen. Und einwandfrei funktionieren.
Er biss die Zähne zusammen und bewegte die Finger, wie sein Großvater es ihm beigebracht hatte. Na komm.
Die Flamme ignorierte ihn.
In seinem Gesicht fing es an zu kribbeln.
Werd größer, befahl er. Tanz.
Die Magie hickste in seiner Brust, und fast wäre er umgekippt.
Seufzend ließ er die Hand sinken.
Das Wohnzimmer rückte wieder in sein Blickfeld. Sein Großvater stand neben ihm. »Das kommt schon noch, Junge.«
»Es sind jetzt schon fünf Monate.«
»Vielleicht dauert es noch einen.«
»So viel Zeit hab ich aber nicht!«
»Soweit wir wissen, blufft Morrigan nur«, sagte sein Großvater wenig überzeugend. »Sie spukt zum Spaß bei dir rum. Versucht in deinen Kopf zu gelangen.«
»Sie ist längst in meinem Kopf, Opa. Ich muss meine Magie in den Griff kriegen. Jetzt.«
Mit gerunzelter Stirn schaute Fionns Großvater auf sein Brot. »Bei mir war das nicht so … Ich musste mich eigentlich nicht groß darauf konzentrieren …« Er ließ den Blick zu den Kerzen in den Regalen schweifen – zu der Magie des Sturmwächters, die in jahrelanger Arbeit zusammengebraut und abgefüllt worden war. Die gleiche Magie, die jetzt durch Fionns Adern floss. »Du kannst natürlich versuchen eine Kerze anzuzünden …« Als er Fionns Blick sah, verstummte er.
»Das letzte Mal, als ich Kerzenmagie angewendet hab, musste ich mich übergeben und wäre fast ohnmächtig geworden«, erinnerte Fionn ihn. »Ich bin voll mit Magie. Ich weiß nur nicht, wie ich sie rauskriege.«
Fionns Blick blieb an dem Regal über den Schultern seines Großvaters hängen – darüber hatte er am vorigen Abend gegrübelt, hatte rastlos die zahllosen Wachsgebilde gezählt, alle Namen gelesen, jeden einzelnen Docht betrachtet, bis er in einen unruhigen Schlaf gefallen war. Jeden Abend studierte er sie eingehend, wie ein General, der seine Waffen katalogisiert, während seine eigene Waffe einfach nicht ansprang.
Irgendetwas stimmte nicht.
In der Mitte des Regals, wo verschiedene Schneestürme zwischen Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge gequetscht waren, klaffte eine kaum wahrnehmbare Lücke. Zwischen Saoirse, Freiheit, und Suaimhneas, Frieden, fehlte Frühlingsschauer 2008.
Mit drei Schritten durchquerte Fionn das Zimmer und schlüpfte in seine Laufschuhe, ohne die Schnürsenkel vorher aufzuknoten.
Sein Großvater, der immer noch sein Brot kaute, sah ihm nach. »Wo willst du denn so eilig hin?«
Fionn schlüpfte in seine Jacke und zog die Wollmütze über die Ohren. »Uns ist was gestohlen worden!«
»Du meine Güte. Was denn?«
Fionn sah seinen Großvater mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich glaube, du weißt genau, was ich meine. Und auch, wer der Dieb ist.«
Sein Großvater stopfte sich den Rest Brot in den Mund, bis er Backen hatte wie ein Kugelfisch und Krümel über seine Lippen purzelten, dann zeigte er auf sein Gesicht, als wollte er sagen: Ich kann grad nicht sprechen, mein Mund ist so voll.
Fionn riss die Haustür auf, der Winter rauschte herein und kräuselte die dunklen Haarsträhnen, die unter seiner Mütze hervorlugten. »Wir müssen sie aufsparen!«, rief er wütend, dann knallte er die Tür zu und stapfte über den Gartenweg davon.
Das Tor öffnete sich für ihn, und die Sträucher, bloße Skelette ohne ihr Sommerlaub, klapperten einen Abschiedsgruß. Eine Wolkendecke trübte die aufgehende Sonne. Fionn sah den üblichen Rabenschwarm über die Landspitze patrouillieren, sie scheuchten die Möwen wieder aufs Meer hinaus. Der eisige Wind pfiff neben ihm her und übertönte ihre fernen Schreie. Er fegte Steine von der Straße und drückte die träumenden Blumen nieder, während er sich über die Landspitze hinunter zum Strand wand.
Als Erstes sah Fionn den Strudel. Die Magie des Sturmwächters war für jeden weit und breit zu sehen, wie sie an der Küstenlinie entlanghüpfte und -tanzte. Rundherum wirbelte das Wasser, von den Rändern flog Schaum wie Sahne aus einer Rührschüssel. Je länger Fionn hinsah, desto größer wurde der Strudel.
Er schwang die Beine über die Mauer und ging über den Sand. »Hey!«, rief er. »Lass das sein!«
Seine Schwester drehte sich zu ihm um. Sie hatte eine Hand zu dem Strudel ausgestreckt, mit der anderen hielt sie eine türkisfarbene Kerze umklammert, die verkehrt herum brannte und sich von innen aushöhlte. »He, du Loser«, sagte sie mit einem breiten Grinsen. »Was machst du hier unten?«
Fionn marschierte auf sie zu. »Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du die Kerzen nicht vergeuden sollst!«
»Ich übe«, sagte sie und wandte sich wieder zum Ozean. Ihr Pferdeschwanz peitschte durch die Luft, die Schöße ihres Wintermantels flatterten. »Opa hat gesagt, ich kann sie haben, also reg dich ab.«
»Das ist nicht Opas Sache, sondern meine!«, schrie Fionn. »Puste sie aus!«
Taras Lachen erhob sich in die Luft. »Mach nicht so ein Drama draus!«
»Das sagt ausgerechnet die, die an dem Abend, als Bartley Beasley Richtung Festland abgereist ist, eine Kerzenmahnwache abgehalten hat!«
Sie sah ihn mit einem vernichtenden Blick an. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich noch nicht bereit bin, darüber zu sprechen!«
Fionn zog an ihrem Arm.
Der Strudel fiel in sich zusammen.
»Lass mich los!« Tara schüttelte ihn ab. »Ich muss mich konzentrieren!«
»Die Sonne ist schon fast aufgegangen! Alle können dich hier draußen sehen!« Er schaute über die Schulter und sah eine alte Frau mit einem grauen Umhang am Strand entlangschlendern. »Siehst du«, zischte er.
»Du bist echt paranoid.« Tara sah gar nicht hin. »Du treibst dich doch andauernd hier unten rum. Du willst bloß nicht, dass die Inselbewohner sehen, wie viel besser ich das kann als du. Dass die Wellen mir wirklich gehorchen. Dann würden sie sich nämlich fragen, wie weit es mit deiner Magie eigentlich her ist. Wieso sie die nicht mal zu sehen kriegen. Oooh. Die Schwester des Sturmwächters – vielleicht würden sie sagen, die Insel hätte mich erwählen sollen.« Sie verzog belustigt den Mund, sie wusste, dass sie einen Nerv getroffen hatte. »Und vielleicht haben sie sogar recht.«
»Nein«, sagte Fionn schnell. »Du machst unsere Waffen schneller platt als eine Tüte Gummibärchen, weil du zu dämlich bist, an jemand anderen zu denken als an dich selbst!« Zitternd holte er Luft. »Und wenn du mehr als zehn Hirnzellen hättest, wär dir das auch klar.«
Tara reckte das Kinn vor. »Ich hab jede Menge Hirnzellen. Beim Scrabble gewinne ich immer gegen Großvater.«
»Dann beweis es«, sagte Fionn und schaute noch einmal über die Schulter. Die alte Frau war verschwunden. »Mach sie aus.«
»Na schön.« Tara zerdrückte die Überreste der Kerze in der Faust und schwenkte die freie Hand. Sie zeigte jetzt nicht mehr zum Ozean, sondern auf sein Gesicht. Der Strudel sprang aus dem Ozean und ergoss sich eiskalt über seinen Kopf, durchnässte seine Mütze und tropfte ihm in den Kragen und in die Kleider. Das Eiswasser troff ihm aus den Hosenbeinen und bildete Pfützen im Sand.
»Zufrieden?«, fragte sie und grinste.
Fionn sah seine Schwester wütend an. Mit klappernden Zähnen sagte er: »Wenn wir dich doch mal für alle Ewigkeit unter einem Felsen begraben könnten.«
»Das kannst du ja mal versuchen.« Sie stolzierte davon. »Bevor die Woche um wäre, wär ich schon wieder da.«
Eine Stunde später stand Fionn vor Donals kleinem Laden und starrte wütend in seine heiße Schokolade. Die Sonne hatte sich durch die Wolkendecke gekämpft, doch sie brachte eisige Kälte mit, die in die Lücken zwischen seinen Zehen drang und an seiner Nasenspitze klebte. Überall liefen Mitschüler vorbei, die in Schals und Mützen und dicke Winterjacken gehüllt waren. Ihre Schultaschen rumpelten auf ihren Rücken, während sie angeregt miteinander schwatzten. Es war der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien, und Leichtsinn lag in der Luft.
Fionn bemerkte sie kaum, er war zu sehr auf den Marshmallow in seiner Tasse konzentriert.
Tu was. Irgendwas.
Er biss die Zähne zusammen und weigerte sich zu blinzeln.
Mach eine Blase für mich. Nur eine einzige kleine Blase.
Der Marshmallow verschwamm vor seinen Augen.
Na los. Komm schon. Komm schon.
Fionn zuckte zusammen, als in der Ferne ein Schiffshorn ertönte. Er riss sich von seiner Tasse los, wandte den Kopf und blinzelte die Tränen weg. Die Morgenfähre glitt in den Hafen.
Fionn blinzelte wieder, diesmal vor Verwirrung. Es war nicht nur eine Fähre. Eine zweite fuhr im Kielwasser der ersten.
Er runzelte die Stirn. In den fünf Monaten, seit er auf Arranmore lebte, hatte er noch nie eine so volle Fähre gesehen, geschweige denn zwei. Er ging hinaus auf den Strand und wäre fast mit den Aguero-Schwestern zusammengeprallt. Sie liefen links und rechts um ihn herum, warfen die identischen schwarzen Haare wie einen Schleier zurück und gingen geradewegs auf Fionns Schwester zu, die vorm Schultor stand. Tara fing seinen Blick auf und tippte sich auf das Handgelenk, als wollte sie sagen: Beeil dich, Loser. Du kommst zu spät.
Fionn ignorierte sie und ging in die entgegengesetzte Richtung zum Steg. Die Schiffe ächzten unter dem Gewicht der Passagiere. Die meisten standen auf den Decks, dicht gedrängt wie Sardinen in der Büchse. Als das Horn der zweiten Fähre ertönte, drehten sich alle gleichzeitig um und standen auf einmal stramm. Die Szene hatte etwas Unheimliches, was ihm bekannt vorkam – diese seltsame Flut von Gesichtern, die sich stumm über das Wasser bewegte, alle mit großen, starren Augen.
Seelenstelzer.
In Schockstarre stand Fionn da, als das erste Schiff anlegte. Eine Welle wälzte sich darunter hervor, sie schwoll an und rollte schäumend auf den Strand zu.
Sie brachte einen Schwarm fauliger Fische mit sich. Fionn hörte sie gegen den Sand klatschen. Er sah sogar ihre fleischigen Eingeweide, ihre glibberigen Augen und trüben Schuppen, während sie sich mit jeder Welle höher und höher türmten.
Unten am Strand schrie jemand. Douglas Beasley stürmte mit einem Paket unter dem Arm aus dem Postamt, und Donal tauchte im Eingang seines Ladens auf, die Haare wie eine Wolke um den Kopf. Oben an der Schule verstummten die Kinder und reckten neugierig die Hälse.
Immer mehr faulige Wellen überspülten den Strand und erfüllten die Luft mit durchdringendem Gestank.
Fionn zog den Kragen über den Mund, damit er nicht würgen musste, aber gegen die Panik konnte er nichts tun. Sie hämmerte mit den Fäusten gegen sein Herz, bis er kaum noch Luft bekam.
Morrigan hatte es geschafft. Sie hatte ihre Anhänger nach Hause geholt und mit ihnen den Schatten des Todes.
Das Trampeln von Schritten riss ihn aus der drohenden Hysterie. Sein Name flog wie ein Fußball durch die Luft: »HEY! FIONN!«
Mit einem Ruck hob er den Kopf. Sein bester Freund – und der einzige, den er auf der Insel hatte – rannte wütend auf ihn zu.
Das sah Sam Patton gar nicht ähnlich. Normalerweise konnte ihn nichts aus der Ruhe bringen. Er hatte so viel mehr von der Welt gesehen als Fionn und war mit dem Ungewöhnlichen vertraut. Vor allem deswegen hatte Fionn sich gleich zu ihm hingezogen gefühlt. Deswegen und weil Sam, obwohl er in London aufgewachsen war, zu einer der ursprünglichen fünf Familien von Arranmore gehörte. Das hatte er fast sofort verkündet, als er Fionn im September zum ersten Mal begegnet war. Damals hatte er sich aus einer Schar zombiemäßig müder Schüler gelöst und war mit dem Selbstbewusstsein eines Stars über den Schulhof geschritten. »Sturmwächter!« Er hatte Fionn von oben bis unten beäugt, als wollte er sich vergewissern, dass er der Richtige war. »Du bist zwar einen Tick kleiner, als ich gedacht hätte, aber du hast das gewisse Etwas. Du erinnerst mich an meine Urgroßmutter.«
»Sam Patton«, hatte er dann verkündet und eine Hand in einem Lederhandschuh ausgestreckt. »Urgroßenkel der einmaligen Maggie. Sie war auch Sturmwächterin. Ich warte schon den ganzen Sommer darauf dich kennenzulernen.«
Sam war ein ganzes Stück kleiner als Fionn, aber seine Lässigkeit ließ ihn riesengroß erscheinen. Er hatte große braune Augen, dunkle Haut und Locken, die jetzt, als er über den Strand raste, auf seiner Stirn wippten. Unter dem linken Arm trug er ein Flötenetui, mit dem rechten fuchtelte er herum wie eine Windmühle. Direkt vor Fionn blieb er stehen. »Guck dir an, wie groß die Wellen sind!«, rief er keuchend, dann schlug er sich eine Hand vor Mund und Nase. »Igitt, stinkt das. Das wird ja immer schlimmer.«
Die Wellen türmten sich weiter übereinander, brachen schäumend und färbten die Küstenlinie silbern. »Was glaubst du, woher die kommen?«, fragte Sam durch seine Finger.
»Von denen da«, sagte Fionn und zeigte zum Pier. »Sieht so aus, als hätten Morrigans Lakaien sie endlich gefunden.«
Sam drehte sich auf dem Stiefelabsatz um. »Du meinst, diese Leute sind …«
»Seelenstelzer«, sagte Fionn. »Siehst du das nicht?«
Sam kniff die Augen zusammen. Die erste Fähre spuckte ihre Passagiere aus. Wie Krebse krabbelten sie über den Steg, Männer und Frauen mit Mänteln und Mützen und Schals und Anzügen, alle liefen in dieselbe Richtung, erst einer, dann noch einer und immer mehr. »Sie blinzeln nicht«, sagte Sam schaudernd. »Und sie starren so merkwürdig.«
»Ich hab dir ja gesagt, dass etwas passieren wird.« Fionn drehte sich der Magen um. »Das sag ich jetzt schon seit Wochen.«
Tick-tack, tick-tack, tick-tack.
Es war kein Bluff von Morrigan gewesen, sondern Schadenfreude.
Sam trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ist das jetzt echt der richtige Moment für Ich-hab’s-dir-ja-gesagt?«
»Wohl eher nicht.« Fionn setzte seine Schultasche ab und holte ein Notizbuch heraus. »Na los. Wir haben nicht viel Zeit. Schnell weg hier, bevor der ganze Strand voll ist.« Er klemmte das Notizbuch unter den Arm und lief Sam voraus den Strand hinauf und am Schultor vorbei.
Die läutende Glocke ließen sie hinter sich.
»Ms Cannons bringt heute Mince Pies mit«, sagte Sam und schaute betrübt über die Schulter, während er sich beeilte, mit Fionn Schritt zu halten. »Ich liebe Mince Pies.«
Fionn reichte ihm das Notizbuch. »Wenn du mir hilfst, die Insel vor der Verwüstung zu retten, backe ich dir ein ganzes Blech voll«, versprach er.
»Ich werd dich drauf festnageln«, sagte Sam. Er ging langsamer und schlug das Notizbuch auf. »Und ich will Lebkuchenmänner. Mit Knöpfen.«
»Okay. Aber jetzt lies.«
Auf der ersten Seite hatte Fionn in seiner Krakelschrift die fünf Gaben von Arranmore notiert. Während sie weitergingen, las Sam sie vor.
Der Sturmwächter von Arranmore: beherrscht in Dagdas Namen die Elemente. Alias ich selbst. Siehe auch: nutzlos.
Die Meereshöhle (Erde): für das Unerreichbare. Schon für Tara verbraucht. Sehr undankbar.
Der Flüsternde Baum (Feuer): für das, was noch kommt. Sollte wohl erst mal die Gegenwart klären, bevor ich in der Zukunft rumschnüffele.
Aonbharr, das Geflügelte Pferd (Wind): für Gefahren, vor denen man nicht weglaufen kann. Könnte vielleicht ein Problem sein, wenn ich allein wegfliege und die Insel ihrem Schicksal überlasse?
Die Meereskriegerinnen (Wasser): für mögliche Angreifer. Scheint das Einzige zu sein, was uns helfen könnte.
Nach einer Denkpause liefen die beiden schweigend die Landspitze hoch. Sam klappte das Notizbuch zu. »Na gut«, sagte er und richtete das Revers seiner blauen Cabanjacke. »Dann also die Meereskriegerinnen.«
Das Zittern in der Stimme seines Freundes entging Fionn nicht.
Die Meereskriegerinnen. Fionn hatte zahllose Geschichten über die Armee aus blauhäutigen Kriegerinnen gehört, die in den tiefen Wassern von Arranmore patrouillierten. Laut Fionns Mutter waren diese Meereswesen mit den Haifischzähnen und ihrer legendären Grausamkeit abends in den Pubs, wenn die Zungen sich lockerten, ein beliebtes Gesprächsthema. In gedämpftem Ton erzählte man sich, dass sie an der Küste gesichtet worden waren. In Wirklichkeit waren es meist nur Seehunde und freundliche Delfine, doch die Geschichten wurden immer weiter ausgeschmückt und wie Falschgeld in Umlauf gebracht. Fionn schwor, dass er einmal weit draußen im Ozean eine Meereskriegerin gesehen hatte. Er hatte einen Magiefaden in der Brust gespürt, der sich zwischen ihnen beiden spannte, doch ehe er zu ihr gelangt war, war sie schon wieder verschwunden.
»Findest du die Idee total daneben?«, fragte er jetzt.
»Nicht unbedingt«, sagte Sam nachdenklich. »In der jetzigen Lage wären sie auf jeden Fall hilfreich. Sie sind abscheulich und gruselig und würden uns jahrelang Albträume bescheren, aber hilfreich wären sie auf jeden Fall. Es gibt da nur ein kleines Problem …«
»Wir haben keine Ahnung, wie wir sie finden können?«, vermutete Fionn.
»So in etwa«, sagte Sam achselzuckend.
Fionn biss die Zähne zusammen. Damit hatte er gerechnet. »Ich glaube, ich weiß, wo wir anfangen können.«
Fionn ging mit Sam die Landspitze hinauf, oben huschten sie an Tír na nÓg, dem Haus von Fionns Großvater, vorbei und liefen weiter Richtung Norden. Das Meer verschwand hinter ihnen, und die Bäume begrüßten sie. Sie hoben ihre Äste und streuten Nadeln in Fionns Kapuze.
Nach einer Weile gelangten sie in das ungezähmte Landesinnere von Arranmore und näherten sich dem Ufer eines Sees. Still kauerte er zwischen den Hügeln, deren silberne Kämme aussahen wie eine zerknüllte Daunendecke.
»Da wären wir«, sagte Fionn triumphierend.
»Hmm«, machte Sam und betrachtete skeptisch den See, der die Farbe von seifigem Spülwasser hatte. »Ehrlich gesagt hatte ich einen etwas besseren Plan erwartet.«
»Im Cowan’s Lake hat Dagda die allererste Meereskriegerin erschaffen«, sagte Fionn und zeigte auf die weite Wasserfläche. »Er ist auf der Insel legendär.«
»Ich weiß alles über diesen See, glaub mir«, sagte Sam, stellte seine Schultasche auf einen Stein und legte das Flötenetui vorsichtig darauf. »Meine Schwester hat mich letzten Winter reingeschubst. Ich hab eindeutig Frostbeulen am kleinen Finger davongetragen, aber meine Mutter behauptet, der wäre immer schon ein kleiner Wurstfinger gewesen und die eigenen Familienmitglieder würde man nicht vor Gericht zerren. Außerdem ist Una erst fünfzehn, ich müsste also meine Eltern verklagen, und was sollte das bringen? Die sind mit der Küchenrenovierung schon total überfordert, und mein Vater hatte kein so ›kreatives‹ Jahr.« Sam malte Gänsefüßchen in die Luft. »Er hat nur vier Gedichte geschrieben, und alle handeln von unserer Katze. Egal. Was ich eigentlich sagen wollte: Der See ist eiskalt.«
»Aber er ist auch magisch«, sagte Fionn. »Opa hat erzählt, als Dagda seine erste Meereskriegerin erschaffen hat, war der See so voll von roher Magie, dass er in allen erdenklichen Farben geleuchtet hat.«
»Deshalb sehen die Fische alle so schick aus«, sagte Sam und grinste. »Sie haben ihre Regenbogenschuppen von Dagda.«
»Und dann hat er sich einfach ins Wasser gekniet und die Meereskriegerin herausgezogen, als hätte sie die ganze Zeit da unten auf ihn gewartet.« Fionn schüttelte ungläubig den Kopf. Was für eine Macht Dagda besessen haben musste, um ein Wesen nur aus Wasser zu erschaffen. »Er nannte sie Lír. Das bedeutet ›aus dem Meer‹.«
»Ja«, sagte Sam langsam. »Und dann hat Dagda unsere gute Freundin Lír in den Atlantik geschmissen, und sie schwamm weg von Arranmore, um in der Tiefe ihre Art zu vergrößern. Das alles ist vor über tausend Jahren passiert …« Gekonnt zog er eine Augenbraue hoch. »Du glaubst doch nicht, dass sich hier im See noch eine versteckt, oder?«
Mit einem feierlichen Geräusch ließ Fionn seine Schultasche ins Gras fallen. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Es kann doch nicht schaden, mal nachzusehen.«
Er verschwieg, dass es der beste und vor allem einzige Plan war, der ihm in all den Monaten ohne einen Funken Magie eingefallen war.
Sie schauten über den Cowan’s Lake. Anders als Sam war Fionn noch nie hier gewesen, obwohl er den See aus den Geschichten seiner Mutter kannte. An den wenigen Sommertagen hatte sie als Kind mit ihrer Familie hier gepicknickt. Lange bevor ihre Brüder nach Chicago zogen und sie vergaßen, hatte sie hier mit ihnen Drachen steigen lassen und Rugby-Bälle geworfen, Arschbomben und Hechtsprünge gemacht. Hierher hatte sie sich mit Fionns Vater zurückgezogen, als die beiden noch jung waren, sie waren heimlich durchs Schilf gestromert, die Schuluniform um die Knie gewickelt.
Und hier war Fionns Vater mit dem Rubinring seiner Großmutter auf die Knie gegangen und hatte seiner Mutter einen Heiratsantrag gemacht. Es war das Arranmore von ihren Hochzeitsfotos, das Kleid von Fionns Mutter umwehte sie wie ein schwebendes Baiser, und die Augen seines Vaters waren so blau wie der See im Hintergrund.
»Nimm’s mir nicht übel, aber ich glaube, wenn sich in dem See hier eine urzeitliche Meeresbarbarin versteckt hielte, hätte das inzwischen mal irgendwer gemerkt«, sagte Sam in Fionns Tagträume hinein. »Ich schätze, da haben wir im Meer eher Glück.«
»Wenn ich im Meer stehe und sie rufe, kommen sie aber nicht.« Fionn seufzte frustriert. »Das hab ich versucht, aber es kommt keine Antwort. Sie sind so …«
»Schüchtern?«, fragte Sam. »Egozentrisch?«
»Gleichgültig.«
Trotzdem wollte Fionn nicht glauben, dass die Meereskriegerinnen für immer verschwunden waren. Dass seine Magie nicht funktionierte, war eine Sache, aber dass die anderen Gaben der Insel ihn verließen, war eine ganz andere. So leicht würde er sich nicht geschlagen geben. »Opa sagt, wenn man Geduld hat, zeigt der See einem manchmal Visionen.« Er hockte sich hin. »Er sagt, er merkt sich Dinge. Magische Dinge.«
»Ja, Sturmwächter zum Beispiel«, sagte Sam ein wenig aufgeregt. Er hockte sich neben Fionn. »Im vorletzten Sommer hab ich Ferdia die Delfinreiterin und Patrick den Geschichtenerzähler an ein und demselben Tag gesehen.« Er ballte die Hand im feuchten Gras zu einer Faust. »Knöpf deine Jacke lieber ordentlich zu. Und kämm dir mal die Haare. Vielleicht nimmt der See dich jetzt gerade auf.«
»Patrick ist der Lieblingssturmwächter meiner Mutter«, sagte Fionn. »Er hat die Bücherei von Arranmore gegründet.«
»Mein liebster ist Lorcan der Weise oder vielleicht Maggie die Wellenfegerin. Die beste Legende ist auf jeden Fall die mit dem Finnwal.« Sam grinste. »Natürlich sind sie beide Pattons.«
Fionn sah seinen Freund von der Seite an. »Und was ist mit der schlauen Bridget?«