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Tom Browler ist ein versoffener Zyniker. Das Schicksal der Welt interessiert den New Yorker Marketing- und Kommunikations-Experten einen Scheißdreck. Um ihn herum verschwinden und sterben Menschen? Ganz sicher nicht sein Problem. Viel zu spät realisiert er, dass der Mordermittler Jefferson Drummond das anders sieht. Der kämpft zwar mit seinen eigenen Dämonen. Doch für ihn ist klar: Tom führt alle an der Nase herum. Genüsslich lässt Volker Bitzer die Figuren seines Krimis am Abgrund tanzen. Mit viel schwarzem Humor verwebt er deren Wahrnehmung mit der Realität. Auf zwei Erzählebenen führt Bitzer die Krimi-Fans dabei durch New Yorks Kneipen und Restaurants. Bis der böse Cocktail aus Alkohol und Lügen in einem überraschenden Finale explodiert.
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Seitenzahl: 135
Volker Bitzer
Krimi noir
eISBN 978-3-911008-16-7
Copyright © 2024 mainbook Verlag
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Gerd Fischer
Covergestaltung: Olaf Tischer
Auf der Verlagshomepage finden Sie weitere spannende Bücher: www.mainbook.de
Tom Browler ist ein versoffener Zyniker. Das Schicksal der Welt interessiert den New Yorker Marketing- und Kommunikations-Experten einen Scheißdreck. Um ihn herum verschwinden und sterben Menschen? Ganz sicher nicht sein Problem. Viel zu spät realisiert er, dass der Mordermittler Jefferson Drummond das anders sieht. Der kämpft zwar mit seinen eigenen Dämonen. Doch für ihn ist klar: Tom führt alle an der Nase herum.
Genüsslich lässt Volker Bitzer die Figuren seines Krimis am Abgrund tanzen. Mit viel schwarzem Humor verwebt er deren Wahrnehmung mit der Realität. Auf zwei Erzählebenen führt Bitzer die Krimi-Fans dabei durch New Yorks Kneipen und Restaurants. Bis der böse Cocktail aus Alkohol und Lügen in einem überraschenden Finale explodiert.
Volker Bitzer wurde 1968 in Bremen geboren. Er lebt und arbeitet in Hamburg. Im mainbook Verlag erschien bereits Bitzers Krimi ‚Sex und Tod in New York City‘. Bekannt wurde der Autor durch „Die Dick-Tossek-Verschwörung“ – bestehend aus den Novellen ‚Sind Sie ein Freund von Dick Tossek?‘, ‚Dick Tosseks Rache‘ und ‚Auge um Auge mit Dick Tossek‘. Alle drei Teile gibt es als E-Book und als Hörbuch. Weitere Veröffentlichungen von Bitzer sind die Kurzgeschichten ‚Das bunte Mädchen‘ (im Rahmen der Anthologie ‚Mordsmütter‘), ‚Der Schlaganfall‘ (im Rahmen der Anthologie ‚Die Letzte macht das Licht aus‘) und ‚Wasser hat eine beruhigende Wirkung‘ (Literaturzeitschrift Dichtungsring, Heft 63).
Vorwarnung
In Bestform
Was zuvor geschah (Teil eins): Die Fehlerkette
Der fleißige Dumme
Alles in Ordnung
Was man im Seminar lernt
Im linken Auge des Hirsches
Was zuvor geschah (Teil zwei): Schnell wie der Wind
Der unsichtbare Riese
Was zuvor geschah (Teil drei): Ungebremst
Der Zusammenbruch
Drogen und Lügen
Die Rückkehr des Weltretters
Auf der Suche nach Gott
Was zuvor geschah (Teil vier): Frakturen
Den Durchblick behalten
Im Bierwahn
Emmas Entscheidung
Wie man seinen Job behält
Was zuvor geschah (Teil fünf): Richtig oder falsch?
Die sieben Fragen des Doktor Oggleman
Steak für zwei
Zwischen Mandelmus und italienischem Kaffee
Was zuvor geschah (Teil sechs): Hilfe
Auf einen Schlag ist alles anders
Was zuvor geschah (Teil sieben): Risiko
Ein Foto von Russel Krutz
Was zuvor geschah (Teil acht): Vorbereitung
Das Recht des Reicheren
Verarscht und überzuckert
Gangbang-Party mit Gratis-Koks
Was zuvor geschah (Teil neun): Ein neues Leben
Die heilende Wirkung der Armut
Ein Blick, der alles ändert
Was zuvor geschah (Teil zehn): Sorglos ziellos
Erinnerungslücken
Was zuvor geschah (Teil elf): Tapetenwechsel
Der Kontaktmann der Geister
Was zuvor geschah (Teil zwölf): Big Apple
Eine verflossene Liebe
In sem veritas
Der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Realität
Was zuvor geschah (Teil dreizehn): Der neue Lebenssinn
Freunde in der Not
Klarheit
Drei Züge
Was zuvor geschah (Teil vierzehn): Endliches Glück
Aufräumarbeiten
Kontrolliertes Trinken
Puzzeln
Das Feuerwerk
Das rätselhafte Schreiben
Eine neue Spur
Ein Wunder
Die bezahlten Freiwilligen
Der Sturm ohne die Ruhe davor
Erkenntnisse auf der Rückfahrt
Unter Engeln und Toten
Was zuvor geschah (Teil fünfzehn): Der erste Mord
Besuch ohne Gebäck
Nachwort
‚Summerville Club Manhattan‘ ist der zweite Krimi von Volker Bitzer, der in New York spielt. Der erste heißt ‚Sex und Tod in New York City‘. ‚Summerville Club Manhattan‘ baut nur lose darauf auf. Beide Geschichten können daher unabhängig voneinander gelesen und verstanden werden. In diesem zweiten Teil tauchen allerdings lieb gewonnene Charaktere auf, die bereits im ersten eine Rolle spielen. Wer also ‚Sex und Tod in New York City‘ schon gelesen hat, wird diese Charaktere in ‚Summerville Club Manhattan‘ wiedererkennen.
Aber das ist egal.
Denn beide Geschichten enden böse.
Es war nicht sein Tag. Manchmal brauchte er bis zum Abend, um so etwas herauszufinden. Heute wusste er es schon vor dem Aufstehen. Tom Browler versuchte, aus seinem Futonbett zu robben. Ganz langsam. Kriechend wollte er sich auf den Weg machen. Das Ziel war der Kühlschrank. Dort gab es Linderung. Doch schon nach der ersten Bewegung wurde er gestoppt. Etwas Wuscheliges schlug ihm ins Gesicht, begleitet von einem Furz. Es stank erbärmlich. Tom stöhnte. Der Geruch vertrug sich nicht mit dem Trommeln in seinem Schädel und dem Gluckern in seinem Magen. Drei Störfaktoren gleichzeitig. Das waren zu viele. Er musste schnell handeln, sonst war es zu spät. Mit einer enormen Anstrengung schaffte er es auf die Beine und stolperte Richtung Badezimmer. Dort ließ er seinen Kopf in der Kloschüssel verschwinden.
„Miauuuuuuu“, tönte es von hinten.
„Verpiss dich, du fusseliges Dreckstück!“ Tom warf mit der Toilettenbürste nach der Katze. Er verfluchte den Tag, an dem er seiner Nachbarin versprochen hatte, in dieser Woche auf das Tier aufzupassen, und presste seine pochende Schläfe auf den angenehm kühlen Fliesenboden. Kaum hatte er sich mit dem Gedanken angefreundet, ein paar Minuten so zu verharren, bimmelte sein Mobiltelefon. Warum hatte er die Mailbox erst nach dem sechsten Klingeln aktiviert? Tom hob den Kopf, um die Richtung zu orten, und zählte mit: … vier, fünf, sechs ... Ruhe. Zurück mit der Schläfe auf die Fliesen.
Doch schon nach wenigen Sekunden ging es wieder los. So durfte das auf keinen Fall weitergehen. Er rappelte sich auf, fischte nach dem Telefon und wollte es stumm schalten. Bis er den Namen des Anrufers auf dem Display sah: Vernon.
Tom nahm das Gespräch an: „Hi.“
„Tom, alter Partyhengst, wie geht es dir?“, schallte es ihm fröhlich entgegen.
„Großartig, danke. Was treibt dich an mein Ohr zu so früher Stunde?“
„Es ist 15 Uhr, mein Freund.“
„Tatsächlich?“ Angeekelt blickte Tom auf seine versaute Toilette. Er hatte es nicht rechtzeitig ins Ziel geschafft. „Wenn ich bis über beide Ohren in Arbeit stecke, vergesse ich Zeit und Raum.“
„Ach, dann bist du im Büro?“, wollte Vernon wissen.
„Nein, ich arbeite heute von zu Hause. Ich habe viel zu tun und hier mehr Ruhe“, zeigte Tom sich weiter schlagfertig.
„Oh, dann hoffe ich mal, dass du heute Abend noch genug Kraft hast.“
„Heute Abend?“
„Die Feier. Meine Party. DIE Party“, schraubte Vernon seine Stimme in die Höhe.
Tom schaute an sich herunter und schnippte einen Rest Erbrochenes von seinem T-Shirt. „Ja, logisch, wie kannst du das infrage stellen? Für dich erscheine ich immer in Bestform.“
Vernon war nicht der Typ Gastgeber, den man gerne enttäuschte.
Schicksalsschläge veränderten das Leben plötzlich. Innerhalb einer Sekunde war alles anders. Der Flugzeugabsturz. Der Crash der Unternehmensaktie. Der Drogentod der Schwester. In Wahrheit passierten diese Dinge aber nicht plötzlich. Sie waren das Ergebnis vieler Fehler.
Der Mann leerte das Gin-Glas und griff nach dem Autoschlüssel.
Tom glaubte niemandem irgendetwas. Er hatte im Laufe seines Lebens zu viele Dummquatscher kennengelernt. Daran war er selbst schuld. Wer im Marketing- und Kommunikationsbereich arbeitete, stieß zwangsläufig auf Menschen, die Unsinn redeten. Sowohl in Unternehmen und Organisationen, als auch in Werbe- und PR-Agenturen. Genervt von der Arroganz der Ahnungslosen hatte Tom irgendwann die Reißleine gezogen, sein Angestelltenverhältnis gekündigt und sich an der Amsterdam Avenue über seiner Lieblingskneipe, The Dead Poet, ein Büro gemietet. Fortan war er selbstständig und beriet Unternehmen, die in Krisen steckten oder sich neu strukturieren wollten. Tom nannte seinen Ansatz No-Bullshit-Kommunikation. Mit größter Offenheit geigte er seinen Kunden die Meinung. Es funktionierte. Manager aus allen Branchen pilgerten zu Browler Communications, um ihre Unternehmen von Tom retten zu lassen. Schnell brauchte er Verstärkung. Doch wo sollte er die finden? Desillusionierte Zyniker wie ihn gab es zwar an jeder Ecke. Aber die waren als Angestellte auch genauso ungeeignet. Also entschied Tom sich für einen anderen Mitarbeiter-Typus: Idealisten. Für Tom waren es Realitätsverweigerer. Jede Form von Idealismus war für ihn Realitätsverweigerung, weil Idealisten immer einen Teil der Realität ausblenden mussten, sonst würden ihre Ideale daran zerschellen. Idealisten hatten eine sehr selektive Wahrnehmung. Sie unterteilten die Menschen in Gute und Böse. Dazwischen gab es nichts. Das war mitunter anstrengend. Aber als Arbeitgeber schätzte Tom zwei Eigenschaften der Idealisten sehr: Sie schufteten bis zum Umfallen. Für wenig Geld. Dadurch arbeiteten bei Browler Communications ausschließlich besondere Menschen.
Es war schon spät, als Tom an diesem Tag in der Agentur ankam. Doch er war sicher, dass er nicht alleine im Büro sein würde. Irgendeiner war immer da. Das war einer der Wesenszüge von Idealisten: Sie hatten keine Ahnung, wie man gut lebte. Tom fand das großartig. Seine späte Anwesenheit würde am nächsten Morgen Gesprächsthema Nummer eins sein. Der emsige Chef war noch um 19 Uhr im Büro erschienen. Dass er solange gebraucht hatte, um auszunüchtern, wusste ja keiner.
„Wow, Boss, so spät noch hier?“, wurde er von P.J. begrüßt und es schwang große Freude in den Worten des jungen Trainees mit. Schließlich hatte er durch seine späte Präsenz jetzt einen Kronzeugen für seinen großen Einsatz. Tom liebte diesen blassen Nerd. Er war ein Weltretter, der dafür lebte, die Menschheit vor dem Klimawandel zu bewahren. P.J. war wahnsinnig clever und ebenso enthusiastisch. Tom hatte sich geschworen, ihm möglichst viel von seinem Wissen mitzugeben. Er wollte P.J. davon abhalten, irgendwann in einer Nichtregierungsorganisation ein freudloses Dasein als Pressesprecher zu fristen. Toms Vermittlung von Wissen verlief dabei im Stil einer Schocktherapie. Stets hatte er riesigen Spaß daran, P.Js. Idealismus auf die Probe zu stellen und ihn zynisch mit dem Teil der Realität zu konfrontieren, den der junge Mann ausblendete.
„P.J., du bist noch hier“, lobte er, obwohl es ihm scheißegal war. „Was macht der Weltuntergang? Wie viel Zeit bleibt uns noch?“
„Die Vereinten Nationen haben gestern gesagt, es wäre fünf Minuten vor zwölf“, antwortete der junge Mann mit ernster Miene.
Sein Chef runzelte die Stirn. „Die Vereinten Nationen?“
„Ja.“
„Wo sitzen die denn?“, erkundigte sich Tom.
„Na, bei uns in New York. Aber das weißt du doch, Boss. Es ist ...“
„Ach, ja, jetzt fällt‘s mir wieder ein“, unterbrach ihn Tom. „Der United Nations Plaza. Das hohe Gebäude direkt am East River. Wie weit sind sie denn da unten am Wasser mit dem Einziehen hoher Spundwände? Und wissen die Broker an der Wall Street auch, in welch lebensbedrohlicher Gefahr sie sich befinden?“, fuhr Tom ohne eine Antwort abzuwarten fort. „Das müssten sie eigentlich – keine 600 Meter vom Fluss entfernt. Oder drehen die den Leuten diese nachhaltigen Investments, die gerade so hip sind, aber sich dummerweise nicht rentieren, etwa aus anderen Motiven an?“ Der Trainee wollte antworten. Aber Tom verwehrte ihm die Chance. „Die Wall Street, verdammt noch mal. Das ist die wichtigste Börse der Welt. Die können wir doch nicht schutzlos der Flut überlassen. Mensch, P.J., wir müssen etwas unternehmen!“
„Du denkst, die von den Vereinten Nationen reden Unsinn?“, fragte sein Angestellter.
Tom rieb sich das Kinn. „Na ja, dieser Planet ist viereinhalb Milliarden Jahre alt. Da fällt es mir schwer, Menschen ernst zu nehmen, die zehn Jahre lang behaupten, es wären noch fünf Minuten bis zum Weltuntergang.“
„Aber ...“, startete P.J. einen Versuch, die dramatische Lage des Weltklimas zu beschreiben. Doch Tom fiel ihm erneut ins Wort.
„Weißt du, ich arbeite seit über zwanzig Jahren im Kommunikationsbereich. Und dabei habe ich eines gelernt: Das ganze Gelaber ist Blödsinn. Entscheidend dafür, wie ich Menschen beurteile, sind ihre Taten, nicht ihre Worte. Manhattan ist eine Insel. Und trotzdem wird hier gebaut wie verrückt. Die Immobilienpreise steigen und steigen und steigen. Solange also auf Manhattan die Immobilienpreise steigen, ist das Wasser noch weit entfernt. Das gleiche gilt für Sydney, Shanghai und Kapstadt. All diese Städte sind direkt am Wasser gebaut. Und die reichen Immobilien-Tycoone lassen dort ein Gebäude nach dem anderen errichten. Keiner hat Angst davor, dass bald alles weggespült wird und nichts mehr wert ist. Ist das eine weltweite Verschwörung verblödeter Baulöwen?“
Während Tom sprach, trippelte P.J. nervös mit den Füßen. Seine Gesichtsfarbe wechselte von Eierschalenweiß über Lachsfarben zu Feuerrot. „Das Wasser wird kommen“, prophezeite er trotzig mit fester Stimme.
Tom nickte. „Kann sein. Aber nicht in fünf Minuten. Und wenn es passiert, dann weiß ich, was darauf folgt.“
Erwartungsvoll hing der Trainee an den Lippen seines Chefs.
„Die Reichen werden Deiche und Überflutungssysteme bauen – und zur Tagesordnung übergehen“, schloss Tom lakonisch. „Apropos Tagesordnung: Was machst du eigentlich noch hier?“
P.J. verkniff sich einen Vortrag über Brände, Hungersnöte und Klimaflüchtlinge. Stattdessen verkündete er stolz: „Ich habe die Impressen der Magazine im Besprechungsraum durchforstet und die Kontaktdaten der Journalisten in unsere Datenbank übernommen.“
Tom zog die Augenbrauen hoch. „P.J., es gibt vier Sorten von Mitarbeitern: die fleißigen Intelligenten, die fleißigen Dummen, die faulen Intelligenten und die faulen Dummen. Welcher dieser vier Mitarbeitertypen ist der Beste für ein Unternehmen?“
Der junge Mann ließ die unerwartete Frage seines Chefs einen Augenblick auf sich wirken. Schließlich antwortete er mit voller Überzeugung: „Der fleißige Intelligente ist der beste Mitarbeiter für ein Unternehmen.“
„Ich dachte mir, dass das deine Antwort sein würde.“ Tom verzog die Mundwinkel. „Leider ist sie falsch.“
Fragend blickte P.J. ihn an. „Der fleißige Intelligente ist nur der zweitbeste Mitarbeiter für ein Unternehmen“, erklärte sein Boss. „Viel besser ist der faule Intelligente. Denn der denkt darüber nach, wie sich Arbeit vermeiden lässt und man Dinge effizienter schafft, anstatt brav alles abzuarbeiten. Vom faulen Intelligenten profitiert deshalb die ganze Firma. Welche Sorte ist denn am schlechtesten für ein Unternehmen?“, schob Tom listig hinterher.
„Der faule Dumme“, zeigte P.J. sich überzeugt.
„Und warum?“, wollte sein Chef wissen.
„Na, weil er dumm ist und nichts tut. Er ist völlig nutzlos.“
„Klingt logisch“, antwortete Tom und P.J. grinste zufrieden. „Ist aber wieder falsch“, enttäuschte ihn sein Boss. „Denn wie du schon sagtest: Der faule Dumme sitzt nur rum und tut nichts. Der fleißige Dumme ist viel schlimmer. Er macht emsig viele Sachen falsch und bringt damit alles durcheinander. Das Chaos, das er verursacht, muss hinterher von anderen Kollegen zeitaufwendig repariert werden. Der fleißige Dumme ist der Albtraum jedes Chefs.“
Tom machte eine Pause und blickte in das betretene Gesicht des jungen Mannes. „Welche Sorte Mitarbeiter möchtest du sein, P.J.?“
„Der faule Intelligente“, kam es kleinlaut zurück.
„Dann solltest du aufhören, in toten Bäumen zu wühlen, um Kontaktdaten von Journalisten abzuschreiben. Es gibt jetzt diese neueste Erfindung: Internet. Da stehen die alle drin.“
„Aber ich habe die Magazine doch nur als Inspira...“, versuchte P.J. eine Erklärung.
„Schnickschnack, keine Ausreden!“, ging Tom barsch dazwischen. „Bestell die Magazine ab! Das ist ein Besprechungsraum, keine verdammte Bibliothek.“
„Schmeißt du mich nun raus, fauler, kluger Chef, der um 19 Uhr noch ins Büro kommt?“, fragte P.J. frech.
„Nein, ich halte große Stücke auf dich. Das ist auch der einzige Grund, warum ich noch hergekommen bin: So kann ich dir ungestört meine Altersweisheiten einflößen.“
„Aber du wusstest doch gar nicht, dass ich noch hier sein würde.“
„Ich hatte zwar so einen Verdacht. Aber es stimmt: Der wahre Grund für meine Anwesenheit ist, dass ich noch etwas Zeit zu überbrücken habe, bevor mich meine gesellschaftlichen Verpflichtungen wieder dazu zwingen, Champagner und Hummer zu konsumieren.“
P.J. verzog das Gesicht. „Ist ja ekelhaft.“
„Ich weiß. Ein großes Opfer“, klagte Tom. „Aber was tut man nicht alles, damit man seinen Angestellten so viel Gehalt zahlen kann, dass sie sich überteuerte vegetarische Gerichte mit künstlichen Geschmacksverstärkern leisten können?“
Verdammt, sie hatte aus dem falschen Becher getrunken. Dadurch, dass sie ein paar Tage frei hatte, war sie durcheinander gekommen. Heute war Donnerstag. Das war ein Arbeitstag. An Arbeitstagen musste sie ausschließlich aus den schmalen, weißen Bechern trinken. Sollte sie aus einem anderen Becher trinken, würde dies Unglück bringen. Ganz sicher würde heute noch etwas Schreckliches oder Nerviges passieren. So wie am Dienstag vor drei Wochen. Da hatte sie beim Frühstück versehentlich von der Erdbeermarmelade gegessen. Dabei durfte sie das dienstags auf keinen Fall. Dienstage waren Honig-Tage. Keine Marmeladen-Tage. Prompt kam eine E-Mail von der Finanzchefin, in der sie ermahnt wurde, ihre Quartalszahlen zu liefern.
Emma ordnete die drei Kissen in der Ecke ihres Sofas so, dass die beiden hinteren leicht versetzt zu jeweils exakt einem Drittel sichtbar waren – abgestuft vom dunkelsten Kissen (hinten) bis zum hellsten (vorne).
So sollte es sein.
Nur noch eine Sache fehlte zu ihrem Glück.