Talentsichtung und Talentförderung bei Ajax Amsterdam - Mirko Friedrich - E-Book

Talentsichtung und Talentförderung bei Ajax Amsterdam E-Book

Mirko Friedrich

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Akademische Arbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Sport - Sportökonomie, Sportmanagement, Note: 2,0, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Kaum ein anderer europäischer Spitzenverein schafft es, so viele Fußballtalente für die eigene Profimannschaft hervorzubringen und an andere, finanzkräftigere europäische Spitzenvereine zu verkaufen wie Ajax Amsterdam. Durch das kontinuierliche Nachwachsen von eigenen hoffnungsvollen Talenten konnten in der Vergangenheit immer wieder die Abgänge so renommierter Spieler wie Marco van Basten, Ruud Gullit, Dennis Bergkamp, Edgar Davids, Patrick Kluivert oder Marc Overmars kompensiert werden. Die nationale und internationale Spitzenstellung wird mit dem Konzept der Nachwuchsförderung gesichert. Worin aber diese hohe Effizienz der Nachwuchsarbeit von Ajax Amsterdam gegenüber anderen europäischen Spitzenclubs begründet liegt, soll in dieser Arbeit detailliert geklärt werden.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Einleitung

2. Das Talentsichtungssystem

3. Anforderungsprofil eines Ajax-Talents

4. Leitlinien der Nachwuchsausbildung

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

 

1. Einleitung

Kaum ein anderer europäischer Spitzenverein schafft es, so viele Fußballtalente für die eigene Profimannschaft hervorzubringen und an andere, finanzkräftigere europäische Spitzenvereine zu verkaufen wie Ajax Amsterdam. Durch das kontinuierliche Nachwachsen von eigenen hoffnungsvollen Talenten konnten in der Vergangenheit immer wieder die Abgänge so renommierter Spieler wie Marco van Basten, Ruud Gullit, Dennis Bergkamp, Edgar Davids, Patrick Kluivert oder Marc Overmars kompensiert werden. Die nationale und internationale Spitzenstellung wird mit dem Konzept der Nachwuchsförderung gesichert. Worin aber diese hohe Effizienz der Nachwuchsarbeit von Ajax Amsterdam gegenüber anderen europäischen Spitzenclubs begründet liegt, soll anhand der folgenden Teilaspekte detailliert geklärt werden:

Wie ist das Talentsichtungssystem organisiert?

Welche Anforderungen werden an ein Talent gestellt, das in einer Nachwuchsmannschaft von Ajax Amsterdam spielen will?

Welche übergreifenden Ausbildungskonzepte sind für die verschiedenen Altersklassen vorhanden?

(vgl. KORMELINK/SEEVERENS/ADRIAANSE 1993, S. 3)

2. Das Talentsichtungssystem

Um ein Fußballtalent so weit zu schulen, dass es den Ansprüchen von Ajax Amsterdam entspricht, wird eine durchschnittliche Ausbildungszeit von 12 Jahren angenommen. Deshalb setzt die Talentsichtung zu einem frühen Zeitpunkt an. Bereits für den älteren F-Junioren-Jahrgang, entsprechend der U 8, werden bei Amateurvereinen in der Umgebung sogenannte „Schnupperangebote“ organisiert, die auch der ersten Kontaktherstellung mit talentierten und interessierten Kindern dienen. Diese potentiellen Kandidaten für eine Jugendmannschaft von Ajax Amsterdam werden zum traditionellen „Tag der offenen Tür“ auf das Ajax-Gelände eingeladen. Vor der Saison 1993/94 zum Beispiel folgten dieser Einladung fast 1500 Kinder, was den Stellenwert dieses speziellen Tages für junge Fußballer wiederspiegelt. Aus diesem riesigen Talentreservoir werden ca. 160 Kinder ausgewählt, die dann in einer Probezeit über einige Wochen trainiert werden. Nach einer ausgiebigen Beobachtung und Bewertung jedes einzelnen Spielers wird eine endgültige Entscheidung über eine Vereinsmitgliedschaft getroffen (vgl. ebd., S. 11).

Neben diesen „Talentschauen“ sind wöchentlich etwa 30 „Talentscouts“ in einem Gebiet rund um Amsterdam im Einsatz. Ein hauptamtlicher Vereinsmitarbeiter organisiert und koordiniert dieses Sichtungssystem. Er reist zur Suche darüber hinaus in das Ausland. Bevorzugtes Ziel ist dabei Skandinavien, wo in letzter Zeit viele Spieler in das Ajax-System integriert werden konnten. Aber auch viele afrikanische Fußballer tragen inzwischen das Trikot des niederländischen Spitzenclubs. Zudem haben beinahe 40 Prozent der Ajax-Spieler zumindest ein ausländisches Elternteil (vgl. ebd.).

Um innerhalb aller Jugendmannschaften ein einheitliches und übergreifendes Konzept verwirklichen und sogar jeden einzelnen Jugendspieler mit einheitlichen Richtlinien konfrontieren zu können, ist in erster Linie ein funktionierender Informationsfluss und

-austausch zwischen den einzelnen Verantwortlichen herzustellen. Regelmäßige Treffen des Ausbildungsdirektors mit den übrigen Mit-Direktoren des Profibereichs und des kaufmännischen Bereichs zählen dazu. Der Ausbildungsdirektor pflegt zudem einen ständigen Informationsaustausch mit den Jugendtrainern und -betreuern. Der hauptamtliche Koordinator der Sichtungen ist zugleich für die Trainervertretungen verantwortlich. Außerdem hat er Einfluss auf die Verpflichtungen neuer talentierter Spieler. Bevor ein Spieler in eine Ajax-Jugendmannschaft aufgenommen wird, beraten sich der Sichtungskoordinator, der Ausbildungsdirektor und der jeweilige Jugendtrainer. Jeder erhält ein Stimmrecht. Alleingänge und damit evtl. verbundene Meinungsverschiedenheiten werden durch dieses Konzept ausgeschlossen (vgl. ebd., S. 4).

3. Anforderungsprofil eines Ajax-Talents

Die Talentsichtung und -bestimmung vollzieht sich bei Ajax Amsterdam vor allem auf der Grundlage von Intuition und Fingerspitzengefühl. Hierbei hat sich ein typischer Ajax-Stil entwickelt, der sich durch eine hohe Rentabilität auszeichnet. Wie eingangs beschrieben, sind aus der Talentförderung von Ajax Amsterdam viele Weltklassespieler hervorgegangen. Ein Ajax-Talent muss sich durch typische Stärken und Anlagen auszeichnen, die im weiteren Ausbildungsprozess gezielt gefördert werden und sich mit dem Schlagwort „TIPS“ zusammenfassen lassen:

„T“ wie Technik

Ein Ajax-Talent muss den Ball in allen Situationen beherrschen und ein „Meister am Ball“ sein.

„I“ wie Intelligenz (Einsicht)

Ein Nachwuchsspieler muss sich durch ein vorausschauendes Mitspielen auszeichnen, so dass er für alle Spielsituationen über passende und teilweise überraschende Lösungen verfügt, die der Gegner nicht erwartet.

„P“ wie Persönlichkeit

Ein begabter Ajax-Spieler muss offen und kommunikationsfähig sein und eine Führungsrolle ausüben können. Er muss zum einen Mut und eine gewisse „Dreistigkeit“ zeigen, zum anderen aber auch diszipliniert zusammenarbeiten können.

„S“ wie Schnelligkeit

Die Schnelligkeitseigenschaften eines talentierten Nachwuchsspielers umfassen die Startschnelligkeit, die Gewandtheit, aber auch die Schnelligkeit über längere Distanzen.

 (vgl. ebd.)

Die Ajax-Scouter berücksichtigen vor allem die Talentkriterien Intelligenz, Persönlichkeit und Schnelligkeit, weil diese größtenteils anlagebedingt und auch durch eine systematische Ausbildung nur schwer zu beeinflussen sind. Dagegen können einzelne technische Fertigkeiten durch einen zielgerichteten Lernprozess durchaus erheblich verbessert werden. Indem bei der Talentbeobachtung diese Sichtungskriterien äußerst streng angelegt werden, zeichnen sich die Nachwuchsspieler, die schließlich den Weg zu Ajax Amsterdam finden durch eine umfassende technische Begabung, eine kreative Spielweise und eine gute Grundschnelligkeit aus (vgl. ebd., S. 5).

Die genannten grundsätzlichen Leistungskriterien werden innerhalb des laufenden Ausbildungsprozesses regelmäßig reflektiert und überprüft. Dazu wird jeder Nachwuchsspieler von Ajax Amsterdam zweimal im Jahr zusammen mit den Eltern zu einem Standortgespräch mit dem Ausbildungsdirektor geladen. Dieser Termin liegt in der Regel im Dezember und April. Hier werden - wie in einer Art Zeugnisbesprechung - Leistungsmerkmale bewertet, die jeweils bestimmte Kategorien umfassen:

Ballkontrolle, Dribbling, Passen, Finten, Torschuss, Handlungsschnelligkeit, offensives Kopfballspiel, Torchancenverwertung, Flanken, Bewegungsschnelligkeit am Ball.

Spiel 1:1, Mithelfen in der Defensive, defensives Kopfballspiel, Sliding Tackling, Stören des gegnerischen Spielaufbaus.

Kombinationsvermögen, Übersicht, Zielgerichtetheit und Gespür für Positionswechsel.

Athletisches Leistungsvermögen, Antrittsschnelligkeit, Schnelligkeit auf den ersten 10 Metern, Beschleunigungsvermögen von 10 bis 30 Metern und darüber hinaus Gewandtheit, Zweikampfstärke, Ausdauerleistungsvermögen und Sprungkraft.

Ausstrahlung und Persönlichkeit (Führungsfähigkeiten), Wettkampfmentalität, soziales Verhalten, Lernvermögen und Resistenz gegenüber äußerem Druck.

Weitere Kriterien: Kreativität, Mannschaftsdienlichkeit, Beidfüssigkeit, Bescheidenheit, „Frechheit“.

(vgl. ebd.)

4. Leitlinien der Nachwuchsausbildung

Die komplette Nachwuchsausbildung orientiert sich an einer bestimmten Spielphilosophie von Ajax Amsterdam. Das Ajax-Spiel soll für Unterhaltung sorgen. Jeder Spieler soll sich als eine Art Artist verstehen. Um diesem Gedanken gerecht zu werden, bedarf es einer offensiven Spielausrichtung, bei der viele Torchancen herausgearbeitet werden. Bei einem Ballverlust ist durch konsequentes Forechecking eine möglichst schnelle Rückeroberung des Balles das übergeordnete Ziel. Das Spielsystem ist auf 3:4:3 ausgerichtet. Jede Nachwuchsmannschaft spielt mit einer Dreier-Abwehrreihe, einem Mittelfeld mit vier Spielern und drei Stürmern. Jeder Spieler hat sich diesem Spielsystem unterzuordnen und muss die spezielle Aufgabenstellung der ihm zugewiesenen Spielposition erfüllen (vgl. ebd., S. 6-7).

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

 

ANDRESEN, R. / KRÖGER, C.: Talentbewahrung als vorrangiges Ziel eines langfristigen Leistungsaufbaues. In: Zs. SPORTWISSENSCHAFT, 17. Jg. (1987) Nr.1, S. 53-70.

 

BAYERISCHER FUßBALL-VERBAND (Hrsg.): Straßenfußball muß durch die Vereine ersetzt werden. In: Zs. BAYERN-MAGAZIN 2000, Nr. 11, S. 46-47.

 

BRÜGGEMANN, D.: Talent-Förderung oder Talent-Nutzung. Der talentierte Jugendfußballer im Fadenkreuz von Ausbildung und Erfolgsdenken. In: Zs. FUßBALLTRAINING 1995, 13. Jg., Nr.4, S. 13-17.

 

BRÜGGEMANN, D.: Jugendfußball- der Zankapfel der Nation. Juniorentraining 1980 und heute - zum besseren Verständnis aktueller Probleme und Defizite im Nachwuchsfußball. In: Zs. FUßBALLTRAINING 2000, 18. Jg., Nr. 11+12, S. 58-65.

 

CARL, K.: Talentsuche, Talentauswahl und Talentförderung. Studienbrief 24 der Trainerakademie Köln des Deutschen Sportbundes. Schorndorf 1988.

 

COMI, H.: Zum Entwicklungsverlauf der Talente - Entwicklung der Leistung der besten badischen Schülerleichtathleten der Jahre 1967-1973 bis heute. In: Zs. Die Lehre der Leichtathletik 1985, Nr.35, S. 1211 u. 1214.

 

DEUTSCHER-FUßBALL-BUND (DFB) (Hrsg.): Maßnahmen zur effektiven Talentsichtung und Talentförderung im Deutschen-Fußball-Bund. Durch den DFB unterstützte zusätzliche Maßnahmen der Landesverbände (Schule, Verein, Verband). Rahmenkonzeption Fußball-WM 2006 Deutschland. Frankfurt 1998.

 

DEUTSCHER-FUßBALL-BUND (DFB) (Hrsg.): Talente fordern und fördern. Trainingstips für die Stars von morgen. Münster 1999.

 

DEUTSCHER-FUßBALL-BUND (DFB) (Hrsg.): Amtliche Mitteilungen. Nr.4/ 2000, Frankfurt 2000.

 

DEUTSCHER-FUßBALL-BUND (DFB) (Hrsg.): Jahresbericht 1998-2001. Vorgelegt dem DFB-Bundestag am 27./28. April in Magdeburg. Frankfurt 2001.