Talvis Weihnachten - Viktoria Nergiz - E-Book

Talvis Weihnachten E-Book

Viktoria Nergiz

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Beschreibung

Weihnachten steht vor der Tür - und Talvi soll kein einziges Geschenk bekommen? Na, das ist ja eine schöne Bescherung! Und das nur, weil Mama und Papa den wahren Sinn von Weihnachten feiern wollen. Dabei liegt der doch immer bunt verpackt unterm Weihnachtsbaum! Talvi will Weihnachten retten und versucht alles, um seine Eltern umzustimmen. Er lässt sich sogar auf die unsinnige Aufgabe ein, einen Dankbarkeitszettel zu schreiben. Aber wofür soll Talvi überhaupt dankbar sein, wenn er nichts geschenkt bekommt? Gut, dass es Menschen um ihn herum gibt, die ihm bei dieser schwierigen Aufgabe zur Seite stehen: Oma und Opa, die bezaubernde Frau Lumi von nebenan und Isa und Liya, die gerade erst in die Galanthusstraße gezogen sind - merkwürdigerweise fast ohne Kartons oder Gepäck. Werden sie Talvi helfen können, Weihnachten zu retten?

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Inhalt:

Kapitel 1 - Keine Geschenke

Kapitel 2 - Weihnachtsferien

Kapitel 3 - Schnee

Kapitel 4 - Die neuen Nachbarn

Kapitel 5 - Teilen

Kapitel 6 - Weihnachten retten!

Kapitel 7 - Rätsel zum Frühstück

Kapitel 8 - Frau Lumi

Kapitel 9 - Das Weihnachtshaus

Kapitel 10 - Eine wunderbare Idee

Kapitel 11 - Freude schenken!

Kapitel 12 - Heiligabend

Autorin: Viktoria Nergiz

Viktoria Nergiz wurde im Erzbistum Paderborn geboren, wo sie noch heute mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern lebt. Freie Zeit verbringt sie am liebsten mit ihrer Familie, sei es in Fußballstadien oder in einem gemütlichen Café. Man kann sie manchmal auch gegenüber vom Paderborner Dom sitzen sehen, wo sie fast immer mit einem Notizbuch in der Hand ihre Gedanken zu Papier bringt.

Ihre erste kreative Berührung mit der literarischen Welt hatte sie ungefähr mit zwanzig Jahren, als sie ihre Werke bei einem Literaturfest auf der Bühne präsentieren durfte. Seitdem war für sie klar, dass sie eines Tages Schriftstellerin werden wollte!

Neben der Liebe zum Fußball und zu Städtereisen blieb in den vergangenen Jahren ihre Leidenschaft fürs Schreiben ungebrochen bestehen. Deshalb verwirklichte Viktoria 2023 ihren langgehegten Traum und schrieb ihr erstes Kinderbuch „Talvis Weihnachten - Keine Geschenke und doch so viele".

E-Mail: [email protected]

Website: www.viktorianergiz.com

Instagram: @veni.vidi.scripsi

Für meine Töchter Noëlia und Eléni und meinen Ehemann.

Eure Liebe ist die Quelle meiner Inspiration.

Und für alle Kinder dieser Welt.

Mit Fantasie im Herzen sehen wir mehr als nur mit den Augen.

Kapitel 1

Keine Geschenke

Der köstliche Zimtduft der frisch gebackenen Apfelpfannkuchen zog einfach an Talvis Nase vorbei. Als hätte er von der einen Sekunde auf die andere seinen Geruchssinn verloren! Aber obwohl er dieser Köstlichkeit noch nie hatte widerstehen können, schien sie nichts an seiner plötzlich miesen Stimmung zu ändern.

Talvi starrte Mama mit großen Augen an.

„Ja, du hast richtig gehört!“, wiederholte sie, nachdem sie einen Bissen von ihrem warmen Frühstück genommen hatte.

Mit vollem Mund sprach sie eigentlich nie, aber Talvi ließ ihr in diesem Moment keine andere Wahl.

„Soll das bedeuten, wir feiern kein Weihnachten mehr?“, fragte er entsetzt.

Sein Schreck saß so tief, dass ihm sogar der Appetit auf Papas Pfannkuchen vergangen war. Und Appetit hatte Talvi eigentlich immer! Verärgert schob er den Teller zu Seite.

„Ich bin schon satt.“

Dass ausgerechnet der erste Ferientag so beginnen würde, machte die ganze Sache umso schlimmer.

„Aber natürlich feiern wir. Weihnachten besteht ja schließlich nicht nur aus Geschenken!“, antwortete Mama und nahm sich im selben Augenblick seinen Pfannkuchen vom Teller. „Oder möchtest du den doch noch essen? Heute sind die besonders gut gelungen! Sooo fluffig!“

Beleidigt schüttelte Talvi den Kopf.

Papa, der sich gerade Kaffee einfüllte, lächelte alle am Tisch stolz an.

„Das ist meine geheime Gewürzmischung, ich nenne sie Weihnachtszauber“, verriet er leise, als sei dies ein wohlgehütetes Geheimnis. Talvi aber vermutete, dass jeder am Tisch wusste, dass es eine fertig gekaufte Gewürzmischung war: Mama genauso wie Oma und Opa, die bereits gestern Abend angereist waren.

Papa hatte die Mischung einfach nur in ein Glas umgefüllt und Zimt hinzugefügt. Und weil er mit Opa in einem ständigen Koch- und Backwettbewerb stand, ließ dieser ein ungläubiges Schnaufen los.

Papa hingegen aß seinen Pfannkuchen blitzschnell auf, als befürchtete er, Mama würde auch noch seinen vom Teller stehlen.

„Die schmecken sooo weihnachtlich!“, lobte er sich selbst.

„Schade, dass du nicht probiert hast, Talvi.“

Jetzt war Talvi richtig sauer! Sein warmes Frühstück hätte er eigentlich doch gerne gegessen, aber vielmehr wollte er jetzt endlich eine Antwort haben. Anscheinend war er der Einzige, der das Thema „keine Geschenke“ sehr ernst nahm.

Im Radio lief passend zur Weihnachtszeit ein Lieblingslied seiner Eltern. Und als wäre die Stimmung für niemanden sonst gekippt, fing Mama auch noch an, die Melodie mitzusummen. Jetzt war Talvi nicht nur ein bisschen sauer, sondern richtig zornig!

„Könnt ihr bitte aufhören, über diese doofen Pfannkuchen zu sprechen?! Ich möchte endlich wissen, warum ihr keine Geschenke kaufen wollt!“, platzte es aus ihm raus.

Oma und Opa hatten schon längst aufgegessen, waren jedoch die ganze Zeit über weiter am Tisch sitzengeblieben. Bestimmt wollten sie sich das Spektakel nicht entgehen lassen.

Beide waren sehr friedvolle, liebe Menschen, aber für Klatsch und Tratsch hatte vor allem Opa immer ein offenes Ohr. Papa nannte Mamas Eltern manchmal scherzhaft „Nachrichtensender“, weil sie immer bestens über alles informiert waren.

Vergeblich suchte Talvi den Blickkontakt mit ihnen. Vielleicht konnten sie ihn unterstützen? Aber es sah so aus, als wären beide in ihre Zeitungen vertieft. Dabei lag die von Opa verkehrt herum in seinen Händen. Sie bemühten sich also, sich keinesfalls in diese Angelegenheit einzumischen. Mama mochte das nämlich gar nicht.

Nach einem stillen Moment ergriff Papa das Wort und versuchte, die Stimmung etwas aufzulockern, indem er unerträglich langsam sprach. Das tat er immer, wenn es ernst wurde, und sollte wohl auf alle beruhigend wirken. Talvis Stimmung wurde aber dadurch noch schlimmer.

„Mama und ich haben gemeinsam entschieden, dass wir dieses Jahr bewusst auf sinnloses Kaufen verzichten wollen, weil Weihnachten viel mehr als nur Auspacken ist“, erklärte Papa.

Bei dem Wort „verzichten“ hatte Talvi sofort aufgehört, zuzuhören.

Vor sich sah er nämlich nur noch einen leerstehenden Weihnachtsbaum. Ohne Geschenke!

Verzichten konnte er gerne auf den peinlichen Pyjama mit der Elfenmütze darauf, von dem seine Eltern ein Exemplar für alle gekauft hatten. Offensichtlich fanden sie es sehr lustig, ihn an jedem Adventswochenende zu tragen. Talvi aber nicht!

„Das wird das schlimmste Weihnachtsfest aller Zeiten!“, knurrte er und schob seinen Stuhl nach hinten, um aufzustehen. Er hatte genug von diesem Unsinn!

Da versuchten Oma und Opa plötzlich, das Thema zu wechseln.

„Lasst uns das Weihnachtsessen besprechen“, schlug Oma vor, obwohl das ja schon längst mit der ganzen Familie geklärt war.

Opa pflichtete ihr bei: „Talvi soll dann wenigstens entscheiden, was wir am ersten Weihnachtstag Leckeres kochen! Egal, was er essen mag, ich habe eine eigene geheime Gewürzmischung dafür!“

Er warf Papa einen vielsagenden Blick zu. Der verdrehte nur die Augen und murmelte irgendetwas vor sich hin, was keiner verstand.

„Eine tolle Idee!“, rief Oma und klatschte völlig übertrieben in die Hände. Dabei gab es immer das gleiche typische Weihnachtsessen, das Talvi sich ohnehin jedes Jahr wünschte.

Er hatte genug gehört.

„Ich geh in mein Zimmer“, nuschelte er und schlurfte mit gesenktem Kopf aus der Küchentür.

Kaum war er an der Treppe, rief ihm Mama auch schon wieder etwas zu: „Talvi, bitte denk noch an den Zettel!“

Ach ja, … Talvi hatte von ihr und Papa auch noch die Aufgabe bekommen einen Dankbarkeitszettel zu schreiben. Aber für ihn war schnell klar: Das mache ich nicht!

Erst streichen Mama und Papa meine Geschenke und nun soll ich auch noch danke sagen? Er schüttelte den Kopf.

Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Ohne Mama zu antworten, ging er die Treppen rauf und nahm sich einen Zettel, aber nicht für Danksagungen, sondern um ihn an seine Zimmertür zu kleben.

Zutritt verboten!, schrieb er darauf.

Talvi starrte auf das Papier. Was, wenn er diesen doofen Dankbarkeitszettel doch schreiben würde? Vielleicht konnte er Mama und Papa ja damit noch umstimmen, auch wenn diese Aufgabe unsinnig war.

Also nahm er sich ein zweites Blatt Papier und überlegte, wofür er denn überhaupt dankbar war. Anfangs fiel ihm nicht viel ein, aber nach einer Weile schrieb er los:

Ich bin dankbar für mein Taschengeld, es dürfte aber gerne etwas mehr sein. Ich bin dankbar für das Computerspiel, aber die neue Version ist viel besser und die wünsche ich mir zu Weihnachten! Ich bin dankbar für mein Handy, aber ich finde es wird Zeit für ein neues. Ich bin dankbar für die neuen Schneeschuhe und die neue Winterjacke. Außerdem wünsche ich mir endlich einen größeren Fernseher für mein Zimmer.

Talvi war überzeugt davon, dass das reichen würde, und eilte mit dem Zettel zurück in die Küche.

„Erledigt!“, rief er, noch während er die Stufen der Treppe runtersprang.

Aber Mama und Papa schüttelten beim Durchlesen ungläubig ihre Köpfe.

„Das ist eher eine Wunschliste!“, stellte Papa fest.

„Vielleicht möchtest du später oder morgen noch mal aufschreiben, wofür du wirklich gerne danke sagen würdest“, schlug Mama vor. „Nimm dir ein neues Blatt, und immer, wenn dir etwas einfällt, kannst du es dir notieren.“

Talvi runzelte die Stirn. Er hatte große Zweifel daran, dass sich etwas an seinen Notizen ändern würde, schließlich hatte er alles Wichtige aufgeschrieben. Trotzig willigte er dennoch ein, damit er schnell wieder in sein Zimmer gehen konnte. Auf dieses Gespräch hatte er nämlich überhaupt keine Lust mehr.

Aber Mama schien zu merken, dass er diese Aufgabe nur widerwillig machen wollte. „Talvi, dieser kleine Zettel kann dir helfen, Weihnachten besser zu verstehen und den wahren Sinn dahinter zu finden!“

„Mama, der Sinn von Weihnachten liegt immer schön verpackt unterm Weihnachtsbaum!“, erwiderte Talvi.

„Wo soll er sonst zu finden sein, wenn nicht dort?“

Jetzt war Mama auch genervt und reagierte genauso patzig:

„Gut, wenn du denkst, der Dankbarkeitszettel bringt dir nichts - dann lass es sein!“

Talvi zuckte mit den Schultern.

Umso besser, dachte er sich.

Aber natürlich musste Papa sich jetzt auch noch einmischen. Er versuchte wie gewohnt, schnellstmöglich für gute Laune zu sorgen. Mit seiner komplizierten Redensart erreichte er bei Talvi in diesem Moment aber das genaue Gegenteil.

„Ich bin sicher, die diesjährige Regel an Weihnachten wird unseren Familienbund stärken und uns näher zueinander führen“, predigte er. „Wir lassen uns nicht von Geschenken ablenken, sondern legen den Fokus auf die besinnliche Zeit zusammen.“

„Fokus?“, wiederholte Talvi, der kaum ein Wort davon verstanden hatte, weil Papa wieder in „beruhigender“ Lautstärke sprach, als würde jemand im Raum schlafen. Der einzige Hoffnungsschimmer in diesem Moment war Papas Betonung auf „diesjährige“.

Das hatten Talvis Ohren noch gehört. Also war die Chance zumindest gegeben, dass es nächstes Jahr wieder so werden würde, wie er es sich wünschte. Normal! Aber nun hatte er wirklich genug von diesem Gespräch. Talvi floh in sein Zimmer.

Mama muss verrückt geworden sein und Papa stimmt dieser Entscheidung auch noch zu!, sagte er sich still.

Das war bestimmt ihre Idee.

Mama entscheidet doch immer alles.

Es machte Talvi wütend, dass so etwas ohne ihn beschlossen wurde. Er gehörte ja schließlich auch zum Familienrat, wie Papa immer sagte! Also hatte er ganz klar Mitspracherecht. Da man ihn nun aber übergangen hatte, nahm er sich eines fest vor: Er würde Weihnachten retten! Nur wie, das wusste er noch nicht.

Kapitel 2

Weihnachtsferien

Weihnachten ohne Geschenke?

Ohne mich, stand für Talvi fest.

Wie sollte er sich denn jetzt noch auf das Fest freuen, wenn es nichts unter dem Baum geben würde? Er war sich sicher, dass genau das doch das Allerwichtigste an Weihnachten war. Seufzend legte er sich auf sein Bett und starrte an die Zimmerdecke. Wie gemein das doch alles war!

Einen Dankbarkeitszettel zu schreiben, obwohl er kein einziges Päckchen bekommen würde, machte für ihn keinen Sinn. Talvi drehte seinen Kopf zur Seite und betrachtete die tollen Geschenke vom vergangenen Jahr in seinem Zimmer.

Dabei fielen ihm vor allem die Spielsachen auf, die er lange nicht mehr aus seinem vollgepackten Regal geholt oder einfach vergessen hatte.

Da war zum Beispiel das Minibaustein-Auto, das noch nicht fertig gebaut worden war.

Wo wohl die fehlenden Teile liegen?, fragte sich Talvi.

Aber da entdeckte er auch schon den Zauberkasten, den er sich einmal so sehnlichst gewünscht hatte. Eine Zeit lang war er nämlich fest davon überzeugt gewesen, eines Tages Magier zu werden!

Während Talvi überlegte, ob er denn jetzt endlich mal die Anleitung für die Trickkiste lesen sollte, fiel sein Blick auch schon auf das große Weltall-Puzzle mit eintausend Teilen, das noch unverpackt links in der Ecke lag.

„Das dauert bestimmt ewig!“, murrte er und ließ das Puzzle unberührt dort liegen.

Am allerliebsten hätte er jetzt mit seiner Spielkonsole gespielt, aber in den Ferien musste er leider darauf verzichten. Denn wie jedes Jahr waren Oma und Opa über die Feiertage zu Besuch und er sollte seine Zeit lieber „sinnvoll mit der Familie verbringen“. So hatten es ihm seine Eltern gestern Abend erklärt.

Für Talvi hatte das nichts anderes zu bedeuten, als dass er sich nun die ganze Zeit langweilen sollte. So einen doofen ersten Ferientag hatte er wirklich noch nie erlebt!

Er tat sich gerade vor lauter Langweile selbst leid, als es plötzlich klopfte und die Tür aufging.

Papa trat ein, obwohl an Talvis Tür Zutritt verboten! stand. Er legte ihm einen Teller mit zwei frisch gebackenen Apfelpfannkuchen aufs Bett.

„Danke!“, brummte Talvi trotzig vor sich hin.

„Ist alles okay bei dir?“, wollte Papa wissen.

„Nichts ist okay! Wie denn auch, wenn ihr Weihnachten aus dem Kalender gestrichen habt?“, schimpfte Talvi.

Noch bevor Papa darauf überhaupt antworten konnte, sprach er weiter: „Und ausgerechnet in den Ferien soll ich mich auch noch ohne Spielkonsole und Handy langweilen?!“

„Ich kann dich ja verstehen“, entgegnete Papa.

„Aber bei so einem schönen Wetter könntest du doch rausgehen und …“

„Gutes Wetter? Es ist kalt!“, stellte Talvi klar und verdrehte dabei seine Augen.

„Es ist nie zu kalt, wenn man richtig angezogen ist!“, erwiderte Papa, der es gar nicht mochte, wenn man ihn mitten im Satz unterbrach. „Wenn du mich suchst, du findest mich in der Garage! Ich muss dort etwas Platz schaffen.“

Papa schloss die Tür und murmelte noch etwas, was Talvi aber nicht mehr hörte, weil er etwas ganz anderes im Kopf hatte. Nämlich die überaus wichtige Frage: Wie konnte er Weihnachten retten?

Bald schon würde er zehn Jahre alt werden und seit er denken konnte, hatte immer ein Geschenk für ihn unter dem Weihnachtsbaum gestanden. Sogar viel mehr als nur eines. Von Oma und Opa würde er bestimmt etwas zum Auspacken bekommen. Da war er sich für einen kurzen Moment ganz sicher.

Aber dann fielen ihm auch schon wieder Mamas Worte ein: Dieses Jahr werden keine Geschenke gekauft.

Und diese Regel galt leider für alle im Haus. Talvi setzte sich mit den Pfannkuchen auf das Kissen vor seinem Fenster. Wenn er nicht den Fernseher anschalten oder mit der Konsole spielen durfte, war dieser Ort sein Lieblingsplatz in seinem Zimmer. Er konnte nicht nur sehen, was draußen auf der Spielstraße gerade vor sich ging, hier hatte er auch immer die besten Ideen!

Also überlegte er, wie er es doch noch schaffen könnte, Mama und Papa davon zu überzeugen, auf ihre blöde Idee zu verzichten anstatt auf die bunt verpackten Päckchen.

Während er ungeduldig über eine Lösung nachdachte und dabei sein spätes Frühstück aß, beobachtete Talvi die neuen Nachbarn, die erst vor wenigen Tagen in das Haus gegenüber gezogen waren.

„Zwei, drei oh, vier!“, zählte er, als gerade noch ein weiteres Kind mit baumelnden Zöpfen aus dem Haus kam.

Bei genauerem Hinsehen konnte er schnell erkennen, dass es zwei Mädchen und zwei Jungen waren. Auf welche Schule die wohl gehen würden? Das hätte er jetzt gerne gewusst. Vielleicht kam ja eines der Kinder sogar in seine Klasse?

Zwei von ihnen sahen nämlich von der Größe her so aus, als wären sie im gleichen Alter wie er. Die anderen zwei waren eher im Kindergartenalter.

Talvi stellte den leer gegessenen Teller auf seinen Tisch und sah einfach weiter aus dem Fenster. Schließlich wusste er nichts anderes mit seinem Tag anzufangen. Die Fensterscheibe war eiskalt. Da erinnerte er sich daran, wie Opa heute früh an der frischen Luft geschnuppert und ihm erklärt hatte, dass diese Temperatur perfekt für Schnee sei. Heute waren es fast null Grad, um genau zu sein.

Opa musste es wissen, denn er war sozusagen der Wetterexperte in der Familie.

Früher hatte er fast jeden Tag draußen in seiner eigenen Baumschule verbracht. Er konnte sogar riechen, ob es an einem Tag noch regnen würde.

Zumindest erzählte er das immer so. Und natürlich erzählte er auch, dass seine Nordmanntannen die beliebtesten Weihnachtsbäume in der Umgebung waren, weil sie wochenlang frisch blieben. Aber nur weil Opa die Tannen immer angeschnitten hatte.

Und genau wie er es vorhergesagt hatte, begann es jetzt ganz plötzlich, zu schneien. Wann hatte es eigentlich zuletzt Schnee gegeben?

So nah an der Fensterscheibe wurde Talvi langsam etwas kalt. Die neuen Kinder da draußen trugen aber weder Mützen noch Schals oder Handschuhe. Vielleicht hatten sie ihre Koffer noch nicht ausgepackt?