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Eine berührende und zugleich nachdenklich machende Geschichte über Familienzusammenhalt und Rücksichtnahme! Die alte Tante Wischen ist die beste Tante, die man sich nur wünschen kann. Für ihre Lieblinge, die drei Schwestern Lucie, Hilde und Gretel, hat sie immer ein offenes Ohr und ein Stück Kuchen parat. Doch eines Tages erlaubt sich die eigensinnige Hilde einen unbedachten Scherz, der böse Folgen haben könnte...-
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Seitenzahl: 26
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Else Ury
Saga
Tante Wischen
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1914, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726884456
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
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Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Große Schneeflocken jagten vom grauen Januarhimmel herab.
Immer mehr, immer neue, ein toller, flimmernder Wirbel. Die sonst so graue Straße schaute heute blendend weiß aus. Ein schneeiger Samtteppich war über das schmutzige Pflaster gebreitet. Jeder Giebel, jede Dachrinne, auch der kleinste Sims und Steinvorsprung trug stolz seinen weißen Hermelinpelz. Selbst der Laternenpfahl blinzelte verschlafen aus der großen Schneehaube hervor.
Plötzlich wurde es noch heller in der Straße. Viel heller. Die Mädchenschule drüben an der Ecke war aus. In Scharen strömten lachende Kinder aus dem weit geöffneten Tor. Die jungen Augen blitzten und strahlten, als es in das lustige Schneetreiben hineinging, mitten hinein in den übermütigsten, wildesten Flockentanz. Davon sah die ganze Straße plötzlich so hell aus, von all dem jungen, lachenden Leben.
Hui – da flogen die ersten Schneebälle durch die Luft.
»Au, mein Ohr!« – »meine Nase!« – »nicht so grob, Hilde!« so schwirrten lachende und kreischende Stimmen durcheinander.
»Das merkt nicht, daß wir zwölf Grad Kälte heute haben,« schmunzelte der alte Scherenschleifer an der Ecke, in die klammen Finger hauchend. Selbst auf sein verfrorenes Gesicht zauberte so viel Jugendlust ein wenig Sonnenschein.
»Hilde, hör auf, komm, wir müssen noch zu Tante Wischen, heute ist Mittwoch!« rief die zwölfjährige Lucie Werner ihrer um zwei Jahre jüngeren Schwester zu.
Die hörte nicht. Wo Hilde mit eidechsenhafter Gewandtheit ihre Schneegeschosse nach allen Seiten richtete, gab es den größten Juchhei.
Lucie nahm Gretel, das kleine, siebenjährige Schwesterchen, das ein wenig weinerlich in das wüste Schneetreiben blickte, denn es traute sich nicht so recht, mit den Großen mitzutun, entschlossen an die Hand.
»Hilde, wir gehen – Tante Wischen wartet!« rief sie noch einmal mahnend zurück.
»Herrgott – laß sie doch warten!« murrte Hilde und formte einen besonders großen Schneeball.
Gleich darauf aber schämte sie sich ihrer häßlichen Worte.