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Erotische Verlockungen unter dem Sichelmond? Das gibt es nur im Märchen von 1001 Nacht, glaubt Casey - bis sie in A‘Qaban dem feurigen Scheich Rafik al Rafar begegnet. Er lädt sie in seinen Palast in einer Oase ein, dann küsst er sie glühend. Doch was geschieht, wenn Caseys Zeit in seinem Land zu Ende ist? Muss sie zurück - obwohl ihr Herz für immer bei Rafik bleiben wird?
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Seitenzahl: 199
IMPRESSUM
Tausendundeine Wüstennacht erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2009 by Susan Stephens Originaltitel: „Sheikh Boss, Hot Desert Nights“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 042010 - 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751501453
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Ihr Rucksack war tonnenschwer. Als Casey ihn mit aller Kraft vom Gepäckkarussell riss, hätte sie eine Frau neben sich fast am Auge getroffen. Unzählige Schnallen und Riemen machten das Gepäckstück noch sperriger, unter der Verschlusslasche kämpften ein Seil, ein wasserdichter Schlafsack und ein Paar Sandstiefel um die letzten Millimeter Platz.
Für den bis man ihr sagte, dass Raffa, wie der Scheich seit seiner Zeit in Eton und der anschließenden Flug hatte Casey sich das lange blonde Haar zurückgebunden und trug eine Baseballkappe, deren Schirm sie nach hinten geschoben hatte, was ihr ein draufgängerisches Aussehen verlieh.
Nachdem sie in letzter Minute erfahren hatte, dass sie als Marketingleiterin zur Entwicklungsagentur von A’Qaban ins Landesinnere geschickt würde, hatte sie Designerkostüm und Stöckelschuhe wieder ausgepackt und dafür einen Safarianzug und praktische Outdboortreter im Rucksack verstaut. Doch hier befand sie sich nicht auf einem Landstreifen in der entlegensten Gegend von A’Qaban, sondern auf dem A’Qaban International Airport, wo nur noch riesige Plakatmotive an die Wüste erinnerten und jedes Sandkorn sofort sorgfältig wegpoliert wurde.
Wie bei allen wichtigen Kunden, die sie für ihre Firma betreute, hatte Casey sich auf diesen Auftrag gründlich vorbereitet. Kurz vor Abflug der Maschine nach A’Qaban hatte man ihr jedoch mitgeteilt, ihre Reiseroute sei geändert worden –, und das von keinem anderen als dem kürzlich gekrönten König Scheich Rafik al Rafar bin Haktari persönlich. Seine Majestät habe darauf bestanden, seine wichtigsten Angestellten in privaten Einzelgesprächen kennenzulernen, ehe die Regierungsgeschäfte ihn zu sehr in Anspruch nehmen würden.
Überrascht, dass einer zukünftigen Mitarbeiterin wie ihr so viel Aufmerksamkeit zuteil wurde, hatte Casey sich erst geschmeichelt gefühlt –, militärischen Spezialausbildung genannt wurde, wissen wolle, mit wem er es zu tun hätte, um inkompetenten Angestellten seiner Geschäftsorganisation zu kündigen.
Und nun stand sie hier mitten in einer Art Märchenland – ausstaffiert wie ein Naturparkwärter –, ohne rettende Berufskleidung.
Dabei hatte sie zu Hause einen Schrank voll eleganter Kostüme und Hosenanzüge! Aber es hatte keinen Sinn, wütend auf sich selbst zu sein. Sie war nun einmal hier und musste sehen, wie sie zurechtkam.
Casey rückte sich den Rucksack zurecht, um ihn besser tragen zu können. Es war bekannt, dass der Scheich von A’Qaban seine Angestellten erbarmungslos auf Herz und Nieren prüfte. Darauf hätte sie sich einstellen müssen. Nun saß sie in der Patsche, aber nicht lange. Sobald sie durch den Zoll war, würde sie in der Einkaufspassage ihres Hotels Abhilfe schaffen.
Konnte erotische Ausstrahlung Glas durchdringen? Gebannt verfolgte er, wie Casey Michaels durch die Gepäckhalle ging. Etwas an dieser Frau faszinierte ihn. Sogar in dem Aufzug sah sie toll aus … komisch, aber sexy!
Erstaunlicherweise sogar noch besser als die durchgestylte Modepuppe, deren Foto er in ihrer Mappe vorgefunden hatte. Doch das musste eine alte Aufnahme sein. Inzwischen war sie zu einem aufregenden Geschöpf erblüht –, sie war nicht mehr so dünn, ihr langes blondes Haar quoll seidig unter der hässlichen Baseballkappe hervor. Trotz der unvorteilhaften Kleidung war sie eine Klassefrau … volle, sinnliche Lippen, offener direkter Blick … und dieser entschlossene Gang!
Wie sie gekleidet war, ließ sich leicht ändern. Für seine heutige Begutachtung hatte er sich in Jeans und T-Shirt geworfen. Die offiziellen langen Gewänder trug er nur, wenn die Situation es erforderte. In einem weiblich geschnittenen Designerkostüm würde auch Casey Michaels in eine neue Rolle schlüpfen.
Die Vorstellung, sie von ihrer westlichen Kleidung zu befreien und die wahre Frau darunter zu entdecken, gefiel ihm besser, als er sich eingestehen durfte. Nachdenklich strich er sich über das unrasierte Kinn, versuchte, sich ihren Körper unter dem unförmigen Safari-Outfit vorzustellen.
Eine unschuldige Jungfrau! jubelte sein Herz.
Aber Geschäft ist Geschäft, und Vergnügen …
Er zwang sich, an den eigentlichen Grund für Casey Michaels Besuch zu denken. Konnte sie andere motivieren, führen? War sie bereit, für ihre Leute zu kämpfen? Nur das zählte. Die Existenz Tausender stand auf dem Spiel, und nur die Stärksten seiner leitenden Angestellten würden seine Rationalisierungseinschnitte überstehen.
Doch diese Frau hatte etwas Besonderes an sich. Er verließ seinen Aussichtspunkt. Zeit, ihr nachzugehen, wenn er sie nicht aus den Augen verlieren wollte. Nachdem er sich bei den Zollbeamten bedankt hatte, verließ er den Beobachtungsraum. Er war erregt, wie stets, wenn die Jagd begann. Aber das war in Ordnung. Etwas Verrücktes tat ihm gut, er brauchte frischen Wind in seinem Leben.
In seinem Leben?
Geschäft verbunden mit Vergnügen?
Unauffällig begab er sich in der Flughafenhalle in das Menschengewühl. Einige Leute erkannten ihn, manche reagierten überrascht, viele gar nicht. Die Frage war: Würde sie ihn erkennen?
Seine allgegenwärtigen Leibwächter wussten, dass sie unsichtbar bleiben mussten. Inmitten der Menschenmenge hatten weniger aufmerksame Angestellte ihn für einen normalen Reisenden gehalten –, was ihm nur recht sein sollte. Er suchte Leute, die Neues, Einzigartiges nach A’Qaban brachten, doch bisher war er enttäuscht worden. Außerdem mischte er sich gern unters Volk. So fühlte er den Puls seines Landes, konnte die Stimmung seiner Landesbürger ausloten – und die Tüchtigkeit seiner Angestellten.
Passen Sie auf sich auf, Casey Michaels!
Ein Schauer überlief Casey. Sie spürte, dass sie beobachtet wurde. Jemand ging ihr nach, ein Mann, der mächtiger war als die Flughafenbeamten, mit denen sie es bisher zu tun gehabt hatte. Alle Alarmglocken läuteten, es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren.
Unmöglich! versuchte Casey, sich einzureden – und stieß gegen eine Glastür.
Au! Unwillkürlich verzog er das Gesicht und beobachtete, wie Casey sich fing und mit aufrechtem Gang weiter der Menge folgte, die der Einreisekontrolle entgegenstrebte. Wenigstens schien Casey sich nicht wehgetan zu haben. Eins musste er ihr lassen, zimperlich schien sie nicht zu sein.
Ohne sie aus den Augen zu verlieren, ging er ihr auf dem Obergeschoss etwas voraus. Sie arbeitete für ihn und stand unter seinem Schutz. Ihr Besuch gehörte zu seinem Ausleseverfahren, also musste er fair sein. Wie alle Kandidaten musste sie die Feuerprobe bestehen, und wie bei den anderen würde er für ihre Sicherheit sorgen.
Nicht, dass er sich für sie persönlich interessierte. Um Casey Michaels musste er sich nur etwas mehr kümmern. Ansonsten würde er ihr gegenüber ebenso höflich sein wie zu den anderen Kandidaten.
Tatsächlich?
War er von den übrigen Bewerbern auch so fasziniert wie von Casey Michaels?
Im Internet hatte Casey sich die mächtige Konstruktion aus Stahl und Glas des A’Qaban International Airport angesehen, doch auf die Größe der Flughafenanlage war sie nicht gefasst gewesen. Der Prachtbau aus Kristall, Bronze und Glas, die Sauberkeit und der schwache Gewürzduft in der Luft erregten sie und schlugen sie in ihren Bann.
Sie genoss die fremdartigen Laute der arabischen Sprache, das Rascheln der langen Gewänder, die Geräusche nackter Füße in Sandalen. Allein schon die Strecke zur Einreiseabfertigung war eine exotische Einführung in die geheimnisvolle Welt des Orients. Überall von den Wänden blickten offizielle Porträts des mächtigen jungen Landesherrschers auf Casey herab und verursachten ihr Herzklopfen.
Schließlich blieb sie stehen, um sich ein Bild näher anzusehen. Das gleiche Foto hatte sie zu Hause. Es zeigte den prächtig gekleideten Herrscher im traditionellen Gewand eines Beduinenkriegers. In westlicher Kleidung hatte sie ihren zukünftigen Chef noch nirgends abgebildet gesehen. Suchend blickte sie in die Runde und entdeckte die königliche Flagge an einem Mast mitten in der Flughafenhalle: Auf leuchtend blauem Untergrund prangte ein silberner Halbmond, unter dem ein auf den Hinterpranken stehender Löwe warnend brüllte.
Der Löwe war Scheich Rafiks persönliches Wappenzeichen. Es passte zu einem Mann, der für Eton gerudert, für Oxford Rugby gespielt und während seiner Ausbildung bei den Spezialtruppen geboxt hatte, ehe er sich in der Geschäftswelt und seinem Land durchsetzte. Rafik al Rafar war der unumstrittene Alphalöwe im Arabischen Golf, ein Mann, der für seine eigenwilligen, gnadenlosen Methoden bekannt war und von seinen Leuten das Gleiche erwartete.
Ein Schauer überlief Casey. Bald würde sie diesem Mann persönlich gegenüberstehen!
Beeindruckt von der Tüchtigkeit der Flughafenangestellten, hatte Casey sich in die schnell voranrückende Schlange eingereiht und dachte an ihre Funktion in der Organisation des Scheichs. Ihr starkes persönliches Interesse an diesem Land hatte sicher dazu beigetragen, dass man ihr dieses Projekt zutraute. Etwas Aufregenderes, als am Wiederaufbau A’Qabans mitzuarbeiten, hätte sie sich kaum vorstellen können. Der Staat wurde vom türkisfarbenen Meer und Granitbergen gesäumt, seine moderne Hauptstadt konnte es mit jeder anderen Weltmetropole aufnehmen. Casey war entschlossen, dazu beizutragen, dass das Land sich zu einem bedeutenden Touristenmekka entwickelte.
Außerdem verfügte A’Qaban über ein kostbares, bisher noch weitgehend unentdecktes Juwel, das sie für besonders reizvoll hielt: seine von der Zivilisation fast unberührte Wildnis im Landesinneren, wo es nur wandernde Beduinenstämme gab, die unter der besonderen Schirmherrschaft von Scheich Rafik al Rafar standen.
Casey schwebten sorgfältig überwachte Safaris, Öko- und Bildungsausflüge und für die übrige Welt interessante archäologische Ausgrabungen vor, bei denen die Bewegungsfreiheit der Beduinen und ihre Kultur bewahrt wurden.
Enttäuscht presste Casey die Lippen zusammen. Jetzt befände sie sich vermutlich bereits mitten in der Wüste, wenn der Scheich nicht in letzter Minute beschlossen hätte, sie anderweitig einzusetzen. Warum hätte sie sich sonst ausstaffiert wie eine Komparsin aus Indiana Jones, sodass sie mehr Blicke auf sich zog als ein streunendes Kamel? Aber nun, wenn das die einzige Enttäuschung blieb …
Erwartungsvoll zückte Casey ihren Reisepass, als das seltsame Gefühl sie erneut überkam. Jemand beobachte sie. Hier fand eine Jagd statt –, bei der sie die Beute war. Aber vielleicht hatte sie in letzter Zeit auch zu viele Abenteuerfilme gesehen. Der Stapel DVDs, die sie abends in ihrer Wohnung abarbeitete, bewies, dass es ihr an einem aufregenden Privatleben mangelte.
Die Schlange vor der Passkontrolle rückte langsam auf, und Casey rief sich zur Ordnung. Die Kollegen hatten sie gewarnt, dass Rafik al Rafar sich nicht an die üblichen Spielregeln hielt. Zu dem Zeitpunkt hatte sie das gereizt. Es stellte eine Herausforderung für sie dar. Doch jetzt, mitten im Menschengewühl der fremden Welt, war sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher.
Entschlossen verdrängte sie das Gefühl, verfolgt zu werden. Sie wollte jeden Moment dieser Reise genießen, selbst hier in der Flughafenhalle, die eher wie die Lobby eines Sechssternehotels anmutete. Überall gab es Wasserfontänen, um die Sinne zu beruhigen und die Luft zu kühlen, üppige grüne Pflanzen und sogar Palmen, die ihre spitzen Finger zum glitzernden Glasdach emporreckten.
Dennoch fühlte Casey sich hier irgendwie fehl am Platz. In dieser geschäftigen, zielorientierten Welt kam sie sich wie ein Staubfleck auf einem eleganten Kostüm vor. Natürlich machte sie sich nichts vor. Sie war nur ein unbedeutender Bauer auf dem Schachbrett des Scheichs. Wenn sie den richtigen Zug nicht zur rechten Zeit tat, schied sie im Handumdrehen aus dem Spiel aus.
Eine Gruppe halb verschleierter einheimischer Frauen mit kajalumrandeten Augen zog Caseys Aufmerksamkeit auf sich. Mit ihren wallenden langen Gewändern huschten sie wie Schmetterlinge an ihr vorbei. Als sie ihnen zulächelte, lächelten sie zurück.
Die A’Qabani schienen freundliche Menschen zu sein. Könnte sie doch ihre Sprache verstehen! Zu gern hätte sie Zugang zu ihrer verborgenen Welt gefunden und mehr von ihr erfahren. Doch wie die Wüste im Landesinneren würde die Erfüllung dieses Wunsches warten müssen.
Ohne Zwischenfall passierte Casey die Einreisekontrolle, und auch bei der Zollabfertigung wurde sie zu ihrer Überraschung einfach durchgewinkt. Komisch, dass sie keinerlei Aufmerksamkeit erregte, obwohl sie in ihrem Wüstenaufzug als Einzige nicht hierher passte. Aber musste sie nicht froh darüber sein? Ihr war nicht danach, ihren Vorrat an weiten Slips und Unterhemden vor den Zollbeamten in ihren makellosen einheimischen Gewändern und Kopfbedeckungen ausbreiten zu müssen.
Casey blickte zum Ausgang und beschleunigte den Schritt. Da sie nicht erwartete, abgeholt zu werden, würde sie sich ein Taxi nehmen und sich zum nächsten Hotel fahren lassen. Dort konnte sie sich frisch machen, das Büro anrufen und einige Einkäufe tätigen.
Doch kaum hatte sie die Halle halb durchquert, als die Menge vor ihr zur Seite wich. Im nächsten Moment war sie von Furcht einflößenden Wachen in schwarzen Tuniken und weiten Hosen umringt. Alle trugen tödlich aussehende Dolche am Gürtel.
Entsetzt machte Casey kehrt, doch es gab kein Entrinnen.
Alles Blut wich aus ihrem Gesicht, während die Männer sie mit ausdrucksloser Miene stellten. So etwas war ihr noch nie passiert. Das war die schrecklichste Erfahrung ihres Lebens! Was hatte sie falsch gemacht?
Sie sollte es schnell erfahren. Der Kreis der Wachen öffnete sich, und ein Mann trat vor. Ein umwerfend aussehender Einheimischer in Jeans.
Genauer gesagt: in engen Jeans, Wüstenstiefeln und perfekt sitzendem T-Shirt. Erst auf den zweiten Blick wurde Casey bewusst, dass der Fremde sie scharf musterte. Er hatte zerzaustes dunkles Haar, dunkle Augen und sinnliche Lippen … und trug einen Ohrring!
Im ersten Moment wusste Casey nicht, was sie tun sollte. Der Mann war bedrohlich groß und wie ein kampferprobter Kickboxer gebaut. Sie atmete tief ein und gab sich gefasst. Der Scheich durfte sie nicht auf dem falschen Fuß erwischen!
„Sie sind schneller, als ich dachte, Casey Michaels.“
Scheich Rafik al Rafar hat unglaubliche dunkelbraune Augen, dachte sie benommen und brachte stolpernd einen Hofknicks zustande. „Euer Majestät …“
„Lassen Sie die Floskeln, und nennen Sie mich Raffa.“
Raffa …
Er war der bestaussehende Mann, der ihr seit Langem begegnet war. Seine Stimme ging ihr auf seltsame Weise unter die Haut, er sprach fast akzentfrei. „Raffa.“
„Ahlan wa sahlan, Casey Michaels.“
Schwang da ein Hauch von Spott mit? Konnte der berüchtigte Scheich Gedanken lesen? In seinen Augen erschien ein Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. Ihr Herz schlug schneller, als der Herrscher von A’Qaban mit der Hand seine Brust, die Lippen und dann seine Stirn berührte.
„Ahlan wa sahlan beek, Euer königliche … Raffa.“ Casey senkte den Blick. Nur gut, dass sie sich zu Hause wenigstens einige grundlegende Redensarten seiner Sprache angeeignet hatte. Als sie den Blick wieder hob, sah sie, dass der Landesherr sie interessiert beobachtete. Gab er ihr eine zweite Chance?
„Kommen Sie“, forderte er sie auf.
Wohin? fragte sie sich beunruhigt. Zur nächsten Maschine nach Hause?
Raffa führte sie zu einem Büro mit einem Schreibtisch und zwei einfachen Stühlen. Aufatmend betrat Casey den Raum, während der Herrscher den Sicherheitsleuten bedeutete, draußen zu warten, und die Tür schloss.
„Was haben Sie in Ihrem Rucksack, Casey?“, fragte er und drehte sich zu ihr um.
Nun verstand sie gar nichts mehr.
„Ihr Rucksack“, drängte er.
Sie stellte das Gepäckstück auf den Boden und lehnte sich an den Schreibtisch.
„Machen Sie ihn auf.“
Ihr schoss das Blut in die Wangen. Scheich Rafar al Rafiks Gesicht wirkte entschlossen. Dieser Mann hatte so gar nichts von einem typischen König an sich. Vor ihr stand ein harter Wüstensohn, bei dem man nicht um Gnade flehte.
Beherzt öffnete Casey den Rucksack und richtete sich auf. Es ist rein geschäftlich, sagte sie sich und kämpfte ihre Unsicherheit nieder. Im Job war sie Spitzenklasse, nur Männer waren das Problem. Wenn es zu privat wurde … Im Geschäftsleben waren Männer ganz normale Menschen wie andere auch. Doch wenn sie dieses Umfeld verließen, änderte sich alles. Männer, die so umwerfend aussahen wie der Scheich, hätten sie unter normalen Umständen gar nicht bemerkt und schon gar nicht mit ihr gesprochen. Genau genommen hatte sie überhaupt keine Erfahrung mit einem so …
Ihr wurde bewusst, dass sie gebannt auf Raffas Lippen blickte, und riss sich zusammen.
„Zeigen Sie mir einfach, was sich darin befindet, Casey.“
„Ich soll Ihnen zeigen, was in meinem Rucksack ist?“ Blitzschnell ging Casey im Geist den Inhalt durch. Ihre Auswahl an weiten weißen Baumwollslips und Unterhemden dürfte Raffa kaum beeindrucken.
„Setzen Sie sich, wenn Sie möchten“, schlug er vor und kam zu ihr herüber.
Damit ich zu Ihnen aufblicken muss? „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber stehen.“
„Wie Sie wollen.“
Und ob sie wollte! Das war ja Teil des Problems! Zu diesem Mann aufblicken zu müssen, war beunruhigend. Raffa brauchte nur mit den Schultern zu zucken, um ihr bewusst zu machen, wie breit sie waren. Unwillkürlich wich Casey ein Stück zurück, als er unmittelbar vor ihr stand.
„Ich wollte mich nur vergewissern, wie weit Sie sich auf die Wüste vorbereitet haben.“
Sein durchdringender Blick, seine Nähe hatten eine elektrisierende Wirkung auf sie. Dieser Mann spielte mit ihr, begutachtete sie, versuchte, ihre Grenzen auszuloten. Er verwirrte und erregte sie zugleich. Natürlich war sie rein geschäftlich hier, doch seine athletische Gestalt in der eng sitzenden Kleidung ließen sie an Dinge denken, die sie sich nicht gestatten durfte.
Auf einmal war sie den Tränen nahe. Casey Michaels, die selbstbewusste Geschäftsfrau, drohte die Fassung zu verlieren. Falls sie diesen Auftrag erhielt, weil sie eine Frau war, sollte sie besser auf der Stelle nach Hause fliegen.
Das hatte er noch nie getan –, einen Kandidaten gleich nach der Landung in ein Büro führen zu lassen, um ihn unter die Lupe zu nehmen. Persönlich. Auch bei Casey Michaels gab es dazu eigentlich keinen Grund. Doch sie interessierte ihn. Vielleicht, weil er befürchtete, sie könnte auch nur eine hirnlose, oberflächliche Blondine sein, wie er sie im Lauf der Jahre zur Genüge kennengelernt hatte. Und für solche Damen war kein Platz in seiner Organisation.
Als sie das erste Ausrüstungsstück aus dem Rucksack nahm, erkannte er, dass Casey Michaels aus anderem Holz geschnitzt war. Das Foto in ihrer Personalakte war ebenso irreführend wie sein eigenes offizielles Porträt. Wenn er ihr den Posten übertrug, würde er sie als Erstes anweisen, Imagekampagnen für die Firmen seines Landes ausschreiben zu lassen.
Casey konnte nur hoffen, alles Wichtige eingepackt zu haben, denn hier stand so viel auf dem Spiel. Als Erstes holte sie einen Plastikbeutel aus dem Rucksack, in dem sie Trinkwasser sammeln konnte.
Raffa lächelte anerkennend.
Als Nächstes hielt Casey einen Spiegel hoch, mit dem sie Blinksignale aussenden konnte, falls sie sich verirren würde.
Der Spiegel trug ihr lobendes Nicken ein.
Ebenfalls zutage kamen Schere, Schnur und Feuerstein.
„Eine Schere?“
„Und mein Schweizer Armeemesser, Klappspaten und Wasserkanister. Hier ist der wasserdichte Reißverschlussbeutel, in dem alles verpackt war.“ Casey hielt die Folie hoch.
Mit einer Handbewegung bedeutete Raffa ihr fortzufahren.
Eine Schachtel Wasseraufbereitungstabletten, sechs Röhren Salztabletten, eine große Dose Insektenschutzmittel, Erste-Hilfe-Kasten.
„Und eine Landkarte haben Sie auch dabei?“, fragte Raffa.
„Natürlich.“ Casey kramte die in einer Klarsichthülle steckende Karte aus dem Rucksack. „Und einen Kompass.“
Diesmal belohnte er sie mit einem Lächeln.
„Und das dicke Bündel?“
„Meine Wäsche zum Wechseln.“
„Wie steht es mit einem Kostüm?“
„Leider nein.“
„Tja, gut, dass wir hier Einkaufspassagen haben“, bemerkte er ironisch.
Casey schoss das Blut in die Wangen. „Wenn ich gewusst hätte, dass ich in der Stadt lande, hätte ich anders gepackt.“ Sie verstummte, als sie Raffas Gesichtsausdruck sah. Ihn belehrte niemand. Doch hier ergab sich ein neues Problem. Sie konnte sich zurücknehmen, aber ihre Persönlichkeit zu ändern, würde schwieriger sein.
Raffa zuckte mit den Schultern. „Ich wollte Sie hier haben“, sagte er nur, als würde das alles erklären.
Zwischen ihnen knisterte es fast hörbar, und Casey wusste einfach nicht, wie sie sich verhalten sollte.
„Sie können alles wieder einpacken“, erklärte Raffa zufrieden. „Es freut mich, dass Sie sich auf die Wüste bestens vorbereitet haben.“
Erleichtert atmete sie auf. Nur gut, dass Raffa sie nicht aufgefordert hatte, auch den Rest des Rucksacks ans Tageslicht zu befördern: ihre Unterwäsche, die Überfallsirene und die Kondome, die ihre praktisch denkende Mutter ihr dringend geraten hatte einzupacken.
Nachdenklich verfolgte er, wie Casey ihre Habe wieder im Rucksack verstaute. Ihre Qualifikationen und Zeugnisse waren ausgezeichnet, an ihrem Können zweifelte er nicht. Aber er brauchte mehr. Die Person, die sein Marketingteam leiten sollte, musste sich voll für A’Qaban einbringen, analytisch, innovativ, selbstständig und ergebnisorientiert arbeiten können, ohne ständig angeleitet oder überwacht zu werden.
Wieder betrachtete er Casey. Ihr Aufzug war fremdländisch, fast komisch, aber sie gefiel ihm. Ihre Mischung aus Naivität und Entschlossenheit verlieh ihr einen besonderen Charme –, obwohl er vermutete, dass sie notfalls beharrlich sein konnte.
Aber das konnte auch von Vorteil sein, entschied er. Natürlich musste sie außerdem, falls erforderlich, bereit sein zu reisen und sich wechselnden Bedingungen anpassen können. Auch im Landesinneren würde sie sich durchsetzen müssen. Den letzten Kandidaten hatte er wieder ausfliegen lassen, weil der Mann den Anforderungen nicht gewachsen war. Solange er sich in dieser Hinsicht bei Casey nicht sicher war, sollte sie in der Stadt bleiben.
Die Frage war, würde sie auch etwas Größeres bewältigen als die Marketing-Neuorientierung des Wüstenkönigreichs? Er war entschlossen, es herauszufinden.
Komm, Casey Michaels, zeig mir, was du kannst …
Casey war müde von der Reise, und nach der Ankunft hatten die Ereignisse sich überstürzt.
Am meisten mitgenommen hatte sie die Begegnung mit Rafik al Rafar.
Ganz besonders mit ihm.
Er hatte sie völlig durcheinandergebracht.
Allein schon sein Aftershave … Mit kaufhausgeübter Nase konnte sie seine exotischen Ingredienzien ausmachen: Vanille, Sandelholz, ein schweres Gewürz und …
„Gehen wir, Casey?“, drängte er und sah sie eindringlich an. „Ich bringe Sie zu Ihrem Hotel. Dort können Sie Ihren Rucksack abstellen, und dann …“
Verlegen schwieg sie. Jetzt war sie fünfundzwanzig, aber mit Männern kannte sie sich immer noch nicht aus.
„… kaufe ich Ihnen ein Kostüm“, fuhr er zu ihrer Enttäuschung fort.
„Das ist nicht nötig, ich …“
Raffa zog eine Braue hoch. „Von Männern nehmen Sie keine Geschenke an?“
„Ich habe Geld dabei.“
Raffa winkte zu ihrer Überraschung nicht ab. „Wenn Sie selbst bezahlen möchten, von mir aus.“
Immer noch blickte sie ihm in die Augen – wie ein folgsamer Welpe, wurde ihr bewusst. Aber bei diesem Mann war das kein Wunder.
Er hielt ihr die Tür auf und wartete, dass sie mitkam. „Gehen wir“, wiederholte er.
Casey traute ihrer Stimme nicht und nickte nur.
Vor dem Hauptausgang des Flughafens blieb Raffa stehen. Prompt formierten sich seine Sicherheitsleute in Reih und Glied und salutierten.
„Willkommen in A’Qaban“, sagte er zu Casey. „Betrachten Sie mein Land in den nächsten Tagen als Ihres.“
Ihr wurde heiß. Aber das lag nicht am strahlenden Sonnenschein und der Hitze, die sie einhüllte. Gegenüber Raffa, der kühl und frisch wirkte, kam sie sich in ihrem Reiseaufzug staubig und abgekämpft vor. Prüfend und leicht amüsiert betrachtete er sie erneut. Während ihres Aufenthalts in A’Qaban würde sie ständig unter Beobachtung stehen, wurde ihr plötzlich klar. Natürlich ehrte sie das Angebot, das er ihr soeben gemacht hatte, gleichzeitig fühlte sie sich dadurch irgendwie bedroht. Und zwar als Frau. Aber das durfte sie nicht kümmern, solange sie den Posten bekam.
Doch es machte ihr zu schaffen –, mehr, als sie sich eingestehen wollte.
Raffa deutete zu einer Limousine, die am Gehsteig hielt. „Lassen Sie mich Ihnen den Rucksack abnehmen.“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen.“
„Ich bin nicht freundlich.“
Unwillkürlich erschauerte Casey.
Raffas Kampftruppe bildete eine Gasse, um ihn während der wenigen Schritte vom Flughafenausgang zur königlichen Limousine abzuschirmen. Der Wagen hatte uneinsehbare, schwarz getönte Fenster, dahinter befand sich eine hermetisch abgeschlossene, mit weichem Nappaleder gepolsterte Kabine, die sich der übrigen Welt entzog.
Panik überkam Casey, einen Moment lang rührte sie sich nicht von der Stelle. Dann riss sie sich die Schirmmütze herunter und schüttelte sich das Haar aus.