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Albert Ostermaiers neue Gedichte kommen gerade zur rechten Zeit, da sie dringlich, bildkräftig und mit ungeheurer Intensität davon erzählen, »was das / war die zukunft und wie wir sie / zurückgewinnen«. Gegen die zähflüssige Monotonie der Corona-Gegenwart, gegen die Quarantäne des »ich lebe / in anführungszeichen« setzt er quicklebendige Gedichte, die den Alltag erhellen, wie aus dem Nichts Zuversicht zaubern und zum Aufbruch verlocken: »der / horizont setzt seine sieben / segel«.
Den Zumutungen der Zeit begegnet er hier mit erfrischendem Eigensinn (»die welt ist aus den fugen du / aber sagst wir fügen uns nicht«) und ansteckender Lebenslust (»schau nur über dein herz ist / gras gewachsen roll es ein / und rauch es«). Und ganz nebenbei entwirft er eine neue Arithmetik der Liebe, die nicht nur die Gesetze der Mathematik außer Kraft setzt.
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Seitenzahl: 58
Albert Ostermaier
TEER
Gedichte 2016-2021
Suhrkamp
Cover
Titel
Inhalt
Informationen zum Buch
Impressum
Hinweise zum eBook
Cover
Titel
Inhalt
I herzschatten
comment est ta peine
nouvelle vague
sommernachtstraum
night without darkness
highway one . oder ode an die strasse
flaute
burn out
briefing
arithmetik
schuberts morgenlied
II lungen
vor ceuta
spielplan
interpunktion
gewichten
im käfig
placebo
gedankenspiele
der gipfel
vorhersage
winter is coming
zuversicht
schnittmengen
dirt
am ende sonne
scheibe
ein wort auf das andere
III schlagadern
wortfluss
gedicht im versteck
winterabendbild
hölderlins gang
in the middle of a saltmarsh
seven palms . oder ode an thomas mann und seine villa
lichtzeichen
phädra schlaflos
theseus
idomeneo
idamante
elektra
ilia
die stimme
wozzeck oder die stille
IV luftröhren
pseudoruhr
luftpost . oder ode an die brieftauben
ode an die trinkbude
das verlorene gedicht
höllenfahrt. ode an dj hell
himmelsstürmer. oder fünfte ode an dj hell
zum meer
teer
V no name.
Gedichte zu einer Fotoserie von Maya Mercer
no name
stillleben
frage
the devil’s speaking
herbst
die leere stelle
hell’s kitchen
fluchtpunkt
hurt
danach
hoffnung vielleicht
epilog
fortschreiben. ode an raimund fellinger zum abschied
Informationen zum Buch
Impressum
Hinweise zum eBook
I
der schmerz schmerzt
nicht mehr mehr nicht
der wind ist ein wind
aber er kommt vom
meer wie eine welle
schlägt er mir ins
gesicht mit glück
unerwartet wartet es
nicht auf mich sondern
ist da für eine kurze
weile während ich
gleite
als liesse ich mich
fallen im rücken
den atlantik vor mir
der abzweig ich
nehme ihn mit über
mut nur mut
sand so weit das auge
reicht zeilen mit den zehen
gezogen die worte barfuss
auf den händen der himmel
ein blauer buchumschlag mit
dem lesezeichen der sonne die
träume wind in den offenen
haaren im lachenden gesicht
eine hängematte aus leinwand
in der nacht die schritte der
laufenden bilder geräusche
der tiere die laute der liebe
auf der tonspur glühende
ameisen im roten licht des
mondes der rauch einer
selbstgedrehten zigarette
neben einer gitanes im regen
die kalten lippen delons auf
den wogen des lakens im sturm
das hotelzimmer morgens die
wackeligen kamerafahrten des
glücks wellenpolster schaum
kronen auf dem herzen die
brandung voll strandgut was
du erinnern willst kommt
zurück aus der unendlichkeit
ein schiff zieht vorbei der
horizont setzt seine sieben
segel wir lassen uns treiben
auf den schulterblättern vögel
gleiten durch die süffige
schwärze und ein panther
schreibt auf stäben ein gedicht
mit einem stift aus kohle sein
fell spannt sich unter den
buchstaben vor dem sprung
wenn wir die augen schliessen
für die doppelpunkte unserer
lippen und die zungen sich
wie wellen treffen aneinander
brechen für eine neue küste
erinnerst du dich als wir in den
wald gingen und es dunkel wurde
wir den weg verloren hatten uns
auf das moos legten und die
silben der sterne zählten die
hebungen und senkungen in
shakespeares sonetten und wir
uns frierend fragten ob die nacht
die dark lady sei in ihnen das
schwarze tuch um deinen hals
das dein muttermal verbarg die
spuren von lippen die ich nicht
kannte bis die ameisen über deine
weisse haut wie buchstaben rannten
und über die zeilenenden mit mir
sprangen in den abgrund des
erwachens zwischen zwei kissen
das feuchte laken zurückgeschlagen
die füsse nackt über dem fussende
nach dem ersten sonnenstich ein
loch im herzen und über der lunge
ein schatten für dich
nacht ohne dunkelheit dunkles
rot der scheinwerfer auf der
gitarre aus falschem elfenbein
das zittern der basssaiten vor
dem kalten licht der exitbeleuchtung
ihr hals aus einem stück holz
abgedreht der drahtverhau über
der stimmung die grabesstimme
aus ihrem rachen als könnte man
streichhölzer an ihren stimmbändern
zünden sie singt und drückt dabei
mit dem fuss auf das overdrivepedal
für diese verfickte liebe die nicht gehen
will wie die gäste bis auf einen mit
dem leeren glas vor der leeren flasche
dem blutleeren leben und den arterien
zu seinem herzen die verstopften
wie die highways draussen vor der
schwingtür dem dicken vorhang der
den wind fangen sollte wie oft wollte
er fliehen und stand am ende nur im stau
stotternd von schlagloch zu schlagloch
der aschenbecher offen für die phantom
zigaretten die er im kopf rauchte im
kofferraum die leiche seiner träume in
einen teppich gerollt von einem roten
faden zusammengeschnürt der stapel
papier neben dem wagenheber und dem
ersatzreifen ohne zweite luft würde
er sich eine kugel geben würde er sich
in den mund schiessen damit es endlich
ein ende hätte mit diesen konjunktiven
war das der soundtrack seines scheiterns
was sie da sang als die szene geschossen
war wünschte er es wäre wahr und ginge
weiter sie singt und er sitzt nur da und
trinkt hört zu und schafft es einfach nicht
ihr zu sagen dass er nur wegen ihr hier
ist und erstickt
oder ode an die strasse
er schaltete seinen herzschlag
hoch es raste sein brustkorb
vibrierten die innenflächen der
handschuhe auf dem schwarzen
leder zwei fäuste für den
punch er schoss durch den
platzregen der gewitterwolken
durchlud hagelkörner gegen
die windschutzscheibe knallte
bis die sonne blitzte und zur
gleichen zeit im rückspiegel
unterging das schwarz sich
zusammenballte zu der
kugel in seinem hinterkopf
die ihn verfolgte in seinem
körper den schläfen das blei
das taube bein auf dem gas
wenn er fuhr vergass er sich
die zeit stand still das licht
verlor seine geschwindigkeit
in den pupillen ihr abgefahrener
gummi roch noch nach den brems
spuren seiner beziehungen den
vollbremsungen totalschäden
er schleuderte durch seine sack
gassen riss im letzten moment
die lenkung um u-turn oder kratzte
die kurve immer kam er zurück
auf die mitte der strasse ein
geisterfahrer die leitplanken
scheuklappen geradeaus augen
zu und durch die tunnel hinein
man sieht die unnachahmlichen
bilder wenn man die lider wie
scheinwerfer schliesst auf
geblendet die strasse nur in
den träumen in der erinnerung
in den knien wenn sie nicht
loslassen lass los sagte er sich
danach in der waschanlage
zwischen den kreisenden wolken
und bürsten den falschen händen
armen stofffingern schäumendes
glück für eine handvoll münzen
die wärme die hitze das gebläse
das wachs über der haut das metall
der fön die roten haare wie sie über
sein gesicht hinter der scheibe
fielen die wellen stürme im spiegel
er wollte in seinem mustang ertrinken
in einer luftblase die fische sehen
wie sie sich an seine scheiben
schmeichelten bunte schwärme oder
vorbeischnellten die muränen und
tintenfische die ihn in ihr schwarz