Texten fürs Web: Planen, schreiben, multimedial erzählen - Stefan Heijnk - E-Book

Texten fürs Web: Planen, schreiben, multimedial erzählen E-Book

Stefan Heijnk

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Beschreibung

Der Klassiker für alle, die online texten!

  • Seit mehr als 15 Jahren das Standardwerk in professionellen Online-Redaktionen
  • Bietet leicht umsetzbares Praxis-Know-how und konkrete Tipps für alle, die Online-Content schreiben
  • Von den Grundlagen des Textens bis hin zu neuen Erzählformen des Digital Storytelling

"Texten fürs Web" ist das Handbuch für Online-Journalisten in Medienunternehmen und für alle Texter in PR-Agenturen, in Unternehmen, in Behörden, Verbänden und Organisationen, die mit der Content-Produktion und -Publikation befasst sind.

Ausführlich und mit vielen Beispielen zeigt Stefan Heijnk, wie nutzerfreundliches Web-Texten funktioniert und wie man es auf Websites und Apps in Wort, Bild und Layout optimal umsetzt.

Das Buch beantwortet genau jene Fragen, die Online-Journalisten und Web-Projektverantwortlichen täglich unter den Nägeln brennen, u. a.:

- Wie gelingen klickstarke, suchmaschinenoptimierte Teaser?
- Wie strukturiere ich scanfreundliche Artikelseiten?
- Wie lenke ich die Nutzerblicke mit Wörtern, wie mit Fotos?
- Wie adaptiere ich Printtexte fürs Web?
- Wie können Themen multimedial besser erzählt werden?
- Wie funktionieren nachhaltige SEO-Strategien?

Die komplett überarbeitete 3. Auflage behandelt alle praktischen Aspekte des Publizierens im Web – von der Content-Planung über das Schreiben von Schlagzeilen, Teasern und Artikelseiten bis hin zu den neuen Erzählformen des Digital Storytelling, garniert mit vielen Tipps und Tricks und mit reichhaltiger Illustration.

Zusätzlich gibt es zahlreiche Schritt-für-Schritt-Anleitungen, einen Überblick über die wichtigsten Befunde der User Experience-Forschung sowie SEO-Wissen, das bleiben wird.

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Prof. Stefan Heijnk lehrt Print- und Onlinejournalismus an der Hochschule Hannover und gehört zu den Pionieren des Onlinejournalismus in Deutschland. 1997 baute er an der Akademie für Publizistik in Hamburg das erste deutsche Aus- und Weiterbildungsprogramm für Online-Journalist*innen auf. Heijnk ist ausgebildeter Redakteur, war als Vorstand, Chefredakteur, Redaktionsleiter und Projektmanager in Führungspositionen namhafter Digitalredaktionen tätig und schrieb als freier Journalist für viele renommierte Medienhäuser, u. a. für Spiegel.de und Stern.de. In der Journalistik forscht und publiziert er unter anderem zur Evolution journalistischer Darstellungsformen.

Zu diesem Buch – sowie zu vielen weiteren dpunkt.büchern – können Sie auch das entsprechende E-Book im PDF-Format herunterladen. Werden Sie dazu einfach Mitglied bei dpunkt.plus+:

www.dpunkt.plus

Stefan Heijnk

Texten fürs Web:

Planen, schreiben, multimedial erzählen

Das Handbuch für Online-Journalismus,Digital Storytelling und Content Marketing

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Stefan [email protected]

Die Website zum Buch:www.texten-fuers-web.de

Lektorat: René Schönfeldt

Copy-Editing: Heike Heijnk

Satz: Ulrich Borstelmann, www.borstelmann.de

Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt

Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print   978-3-86490-528-5

PDF    978-3-96910-009-7

ePub  978-3-96910-010-3

mobi  978-3-96910-011-0

3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2021

Copyright © 2021 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Hinweis:

Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.

Schreiben Sie uns:Falls Sie Anregungen, Wünsche und Kommentare haben, lassen Sie es uns wissen: [email protected].

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Inhalt

Vorwort

1Planen fürs Web

Das Nutzer-Hirn am Haken

Dreh- und Angelpunkt: Content mit Haftkraft

Wann ist Content attraktiv?

Googles Qualitäts-Checkliste

Das Muss-Tool für die Qualitätssicherung

Der Geduldsfaden: So ticken die Nutzer

Die Ladephase am Desktop

Die Scan-Phase am Desktop

Vertiefende Rezeption am Desktop

Lesen auf dem Smartphone – was läuft da anders?

Die Ladephase auf Mobile Sites

Die Scan-Phase auf Mobile Sites

Die Rezeptionsphase auf Mobile Sites

Exkurs: Responsive Design

Was folgt daraus fürs Website-Layout?

Positionserwartungen für Desktop-Sites

Positionserwartungen für Mobile Sites

Mehr Haftkraft auf Desktop-Startseiten

Maßnahme 1: Glasklare Übersicht

Maßnahme 2: Der Platz an der Sonne

Maßnahme 3: Flugplan für scannende Blicke

Mehr Haftkraft auf mobilen Startseiten

Maßnahme 1: Glasklare Übersicht – aber anders

Maßnahme 2: Vorsicht vor Hamburgern

Maßnahme 3: Das Wichtigste ins erste Viertel

Maßnahme 4: Testen und messen

Exkurs: Die Gestaltgesetze – und was sie für die Navigation bedeuten

2SEO ist kein Hexenwerk

SEO-Wissen, das bleibt

Der erste Schritt: Die Keywords

Der zweite Schritt: Attraktive Themen erkennen

Der Kniff mit dem KAFE

Den Aufhänger kontrollieren

Die Onpage-SEO-Stellschrauben

Kurzcheckliste Title-Tag

Kurzcheckliste Überschrift

Kurzcheckliste Bilder

Kurzcheckliste Linktexte

Kurzcheckliste Meta-Tag »Description«

Kurzcheckliste Canonical Tag

SEO-Strategie

Die Pflicht: Das SEO-Audit

Die Kür: WDF*IDF-Analyse

SEO-Strategie I: Auf in die Nische

SEO-Strategie II: Die Textlänge

SEO-Strategie III: Evergreen Content

3Schreiben fürs Web

Die Grundlagen

Den roten Faden finden

Der Küchenzuruf

Die richtigen Wörter

Die richtigen Sätze

Die 4K-Formel für bessere Texte

Exkurs: Wie Wörter wirken

Der perfekte Teaser

Die optimale Überschrift

Checkliste für die Überschrift

Das optimale Foto

Der optimale Teaser: So kurz wie ein Minirock

Und wie steht’s mit der Redundanz?

Knackpunkte: Die Extra-Portion Teaser-Handwerk

Originell formulieren

An den Nutzen für die Nutzer denken

Teaser-Varianten

Und wohin mit dem Hyperlink?

Vom Teaser zur Artikelseite

Tipps für mehr Teaser in kürzerer Zeit

Exkurs: Clickbait ist Clickbäbä, oder?

Die perfekte Artikelseite

Das Scannen unterstützen

Die Zwischenüberschrift

Und wohin mit den Hyperlinks?

Linksetzmuster entlasten die Nutzer

Mobile und Desktop: Das optimale Seitenlayout

Mit Bildern binden

Standard: Das Breitbildformat als Aufmacher

Mit Advance Organizern binden

Redigier-Tools für den Feinschliff

Schreiben für die Unternehmens-Website

So treffen Sie beim Kunden ins Schwarze

Ein wenig Sprach-Knigge

Verkaufsfreundliche Produktseiten texten

Das optimale Layout für die Produktseite

Klickkontext: Länger binden für mehr Konversion

Die Pressemitteilung im Web

Schreiben für den Newsletter

Die Betreffzeile

Das Editorial schreiben. Oder: Mach doch mal den Wetterfrosch?!

Das Inhaltsverzeichnis

Die Texte: Teaser oder mehr?

Von Wellen und Tälern: Content-Dramaturgie im Newsletter

Die Landing Pages

Schreiben fürs Blog

Das Kochrezept fürs Bloggen

Schreiben für Social Media

Schreiben für Alexa, Siri und Co.

Print-Material fürs Web adaptieren

Wie adaptiert man einen Print-Text fürs Web?

Wie viele Textportionen dürfen es sein?

Linear oder nonlinear portionieren?

4Digital Storytelling

Erzählen auf neue Weise

Was geht? Die Matrix der multimedialen Möglichkeiten

Schrift: Schlank, schnell und prägnant

Schrift und Echtzeitaktualität

Schrift und Interaktivität

Schrift und Hypermedialität

Schrift und Dreidimensionalität

Schrift und Multidirektionalität

Schrift und Geocodierung

Foto: Das Blick-Bindemittel

Foto und Echtzeitaktualität

Foto und entgrenzter Raum

Foto und Interaktivität

Foto und Hypermedialität

Foto und Dreidimensionalität

Handwerk: Zwanzig Profi-Tipps für bessere Fotos

Bildaufbau

Bauwerke

Landschaften

Menschen

Audio: Authentisch und emotional

Audio und Echtzeitaktualität

Audio und Interaktivität

Audio und entgrenzter Raum

Audio und Hypermedialität

Audio und Multidirektionalität

Handwerk: So gelingen erstklassige Audio-Aufnahmen

Video: Nah sehen statt Fernsehen

Video und Echtzeitaktualität

Video und Interaktivität

Video und Hypermedialität

Video und entgrenzter Raum

Video und Dreidimensionalität

Video und Multidirektionalität

Handwerk: Der Fünf-Punkte-Plan für das perfekte Video

1. Vor-Recherche

2. Drehplan

3. Ablaufplan (Treatment)

4. Drehen

5. Schnitt

Animation: Wenn der Blick verwehrt ist

Animation und Echtzeitaktualität

Animation und Interaktivität

Animation und Hypermedialität

Animation und entgrenzter Raum

Animation und Dreidimensionalität

Und was heißt das ganz praktisch?

Neue Digitalformen: HMP, Themenpaket & Co.

Das Hypermedia-Patchwork: Artikel mit Multimedia garniert

Die interaktive Grafik: Visualisierte Daten als Erzählform

Selbst gemacht: Daten visualisieren in sechs Schritten

Die Slideshow: Nicht nur Klickmaschine

Das Themenpaket: Mehr als nur ein Haufen Artikel

Die Multiperspektiven-Story: Das Ganze in seinen Teilen

Exkurs: Gamification und Interactive Storytelling

Das Web-Special: Multimediales Meisterstück

Selbst gemacht: So organisieren Sie ein Web-Special

Die Longform-Story: Linear erzählen im nonlinearen Medium

Selbst gemacht: Spannungsbögen für die Langform

Digital Storytelling: Eine fast perfekte Bauanleitung

Dekonstruiert: Die Snowfall-Story der New York Times

5Content Marketing

Strategie: Ziele und Zielgruppen

Ausgangspunkt: Die Customer Journey

Welcher Content für welchen Kontaktpunkt?

Storytelling I: Wenn Helden reisen

Storytelling II: Alternativen zur Heldenreise

Touchpoint-Management

Komplexität reduzieren

Kontaktpunkte mit Wow-Effekt

Dekonstruiert: Die Desktop-Longformseite fürs Branding

Dekonstruiert: Die Mobilseite für den Verkauf

Dekonstruiert: Der Content Hub für Branding und Verkauf

Das Publizieren nach dem Publizieren

Touchpoints sauber orchestrieren

Controlling: Hat’s funktioniert?

Epilog

Index

Medienwebsites

Firmenwebsites

Literaturverzeichnis

Vorwort

Die erste Auflage dieses Buches erschien Anfang der Nullerjahre, im Jahr 2002. Praktische Anleitungen zum journalistischen Texten fürs Web gab es damals kaum, schon gar nicht in Buchform. Es war ein Pionierprojekt. In Fachmagazinen hatte ich da bereits seit einigen Jahren über den aufkommenden Online-Journalismus publiziert, in der Online-Redaktion des STERN das neue Handwerk auch selbst praktisch erprobt. Die Idee für das Buch kam mir schließlich in den Sinn, als ich Ende der Neunziger an der Akademie für Publizistik in Hamburg das erste Aus- und Weiterbildungsprogramm zum Online-Journalismus im deutschsprachigen Raum aufbauen durfte. Ein Handbuch wurde einfach dringend benötigt. Und der Verlag hatte den Mut, es komplett farbig zu drucken. Fast zwanzig Jahre liegt das jetzt zurück.

Heute ist das digitaljournalistische Handwerk komplexer denn je. Für die Neuauflage dieses Buches habe ich mir deshalb vor allem die Frage gestellt: Aus welchen Bausteinen fügt sich die digitaljournalistische Kompetenz in absehbarer Zukunft zusammen? Was genau müssen Journalistinnen und Journalisten können, wenn sie professionell für Online-Redaktionen tätig sein wollen? Welche Kompetenz-Bausteine sind unabdingbar? Was wird bleiben?

Systematisch beantworten lassen sich diese Fragen aus meiner Sicht dann, wenn man sich vor Augen führt, worum es im Digitaljournalismus letztlich geht: Alles Publizieren zielt im Web auf Verweilzeit und Engagement – und der Ort, an dem sich entscheidet, ob diese Ziele erreicht werden, ist die Webseite. Dort steht dann entweder eine Shortform oder eine Longform, also ein kurzer oder ein langer Text, der inhaltlich und förmlich idealerweise so attraktiv ist, dass Menschen gebannt auf ihre Displays schauen. Damit das gelingen kann, braucht es mindestens fünf Teilkompetenzen, zu denen sich in Zukunft wahrscheinlich noch weitere Teilkompetenzen hinzugesellen werden. Ich nenne diesen Kompetenzkreis den Digital Journalism Competence Cycle (siehe Grafik):

Es braucht eine

Schreibkompetenz

für

Shortforms

und

Longforms

. Denn: Schriftsprache ist nach wie vor der zentrale Darstellungsmodus im Web. Digitaljournalistinnen und -journalisten müssen deshalb attraktiv schreiben können, in der kurzen ebenso wie in der langen Form.

Es braucht eine

Hypermedia-Kompetenz

. Denn: Schrifttext wird im Web heute regelmäßig ergänzt durch Videos, Audios oder interaktive Grafiken. Digitaljournalistinnen und -journalisten müssen deshalb wissen, wann welcher Modus für eine Shortform oder für eine Longform angemessen beziehungsweise welcher Mix für die zu erzählende Story geeignet ist.

Es braucht eine

Usability-/UX-Kompetenz

. Denn: Die Zeitfenster, um Neugier zu wecken und auf einer Webseite zum Dranbleiben anzuregen, sind im Website-Nutzer-Kontakt eng begrenzt. Digitaljournalistinnen und -journalisten müssen deshalb wissen, worauf die Menschen an den Bildschirmen ansprechen, und dies in der Seitenproduktion berücksichtigen.

Es braucht eine

SEO-Kompetenz

. Denn: Eine Webseite, die von den gängigen Suchmaschinen nicht erfasst wird, ist faktisch nicht existent. Digitaljournalistinnen und -journalisten müssen deshalb wissen, wie Suchmaschinen funktionieren, nach welchen Regeln die Rankings auf den Suchergebnisseiten zustande kommen und an welchen SEO-Stellschrauben gedreht werden kann, um möglichst weithin sichtbar zu sein.

Es braucht eine

Distributionskompetenz

. Denn: Jede Seite kann ihr Reichweiten-Potenzial nur dann ausschöpfen, wenn sie an geeigneten Kontaktpunkten in geeigneten Formen zu geeigneten Zeitpunkten ins Blickfeld der Menschen gerückt wird. Digitaljournalistinnen und -journalisten müssen deshalb wissen, welche digitalen Kontaktpunkte es gibt, wann sie jeweils dienlich sind und wie die Reichweite an diesen Kontaktpunkten optimiert werden kann.

Digital Journalism Competence Cycle

Digitaljournalisten benötigen Kenntnisse mindestens in den Feldern Usability, SEO, Distribution sowie im narrativen Einsatz hypermedialer Content-Komponenten.

Diese dritte Auflage greift alle diese Teilkompetenzen auf, in den fünf Kapiteln: Planen, SEO ist kein Hexenwerk, Schreiben fürs Web, Digital Storytelling und Content Marketing. Die Reihenfolge der Kapitel ist dabei natürlich nicht zufällig gewählt: Planen steht am Anfang, weil jede Content-Produktion letztlich nur dann zielgerichtet angegangen werden kann, wenn klar ist, wie die Nutzerinnen und Nutzer »da draußen« im Normalfall mit Web-Inhalten interagieren. Was machen die Leute, wenn sie auf Desktop-Monitoren oder Smartphone-Displays auf die angebotenen Webseiten schauen? Was genau passiert da? Welche Stimuli sind attraktiv? Wo sollten sie auf den Seiten platziert werden? Das Kapitel gibt wissenschaftlich fundierte Antworten.

Kapitel 2 trägt den Titel SEO ist kein Hexenwerk – und genau so ist das auch gemeint. Wer zum Stichwort »SEO« (für »Search Engine Optimization«) oder zu »Suchmaschinenoptimierung« googelt, wird von der schieren Zahl der Suchergebnisse förmlich erschlagen. Schlimmer noch: Oft stellt sich das Gefühl ein, dass sich SEO-Analysten zu widersprechen scheinen. Gerade für Einsteiger wird’s da schnell unübersichtlich. Das Kapitel möchte deshalb vor allem eines erreichen: die Auffassung zertrümmern, SEO sei wahnsinnig kompliziert. Im Detail mag das sicherlich stimmen. Im Grundsatz ist das alles aber überhaupt nicht so schwierig. Wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass SEO permanent im Fluss ist. Was gestern noch galt, kann heute schon veraltet sein. Wer sich in Suchmaschinenoptimierung fit machen will, braucht aus meiner Sicht deshalb vor allem das passende Mindset, also einen gedanklichen Rahmen, damit das, was sich ändert, schneller eingeordnet und bewertet werden kann. Dieses Kapitel liefert genau diesen Rahmen. Es liefert ein SEO-Wissen, das auf Sicht bleiben wird. Und es zeigt, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, welche Tools es gibt und wie Sie sich in Sachen SEO auf dem aktuellen Stand halten.

In Kapitel 3 geht es dann ums Schreiben fürs Web, vor allem für die kleinen Formen – von der Überschrift über den Teaser bis zu den Kleintexten für Social Media. Es ist das ausführlichste Kapitel, weil Schrifttext nach wie vor der dominante Darstellungsmodus im Web ist und es auch in näherer Zukunft bleiben wird. In meinen Lehrveranstaltungen und Workshops weise ich immer wieder gern darauf hin, dass dieses Buch ganz bewusst unterscheidet zwischen den Begriffen »schreiben« und »texten«: Schreiben bedeutet, allein Schriftzeichen einzusetzen. Texten hingegen bedeutet, in der Content-Produktion mit allen Darstellungsmodi zu arbeiten, Schrift, Fotos, Audios, Videos, Grafiken und Animationen also sinnvoll miteinander zu verknüpfen und zielgerichtet narrativ aufeinander abzustimmen. Kapitel 3 liefert also nicht mehr und nicht weniger als einen Kompetenz-Baustein für das umfänglicher verstandene Texten fürs Web.

Kapitel 4 ist dem Digital Storytelling gewidmet: Hier wird skizziert und anhand zahlreicher Beispiele illustriert, welche narrativen Möglichkeiten das WWW als Erzählraum anbietet und was man aus diesen Möglichkeiten alles machen kann. Welche Stärken und welche Schwächen haben die einzelnen Medienmodi, also Schrift und Foto, Audio und Video, Grafik und Animation? Wann ist beispielsweise Schrift als Vermittlungsmodus für ein Thema besser geeignet als Audio? Wann ist ein Foto oder eine Bilderstrecke besser geeignet als ein Video? Und wann ist es genau umgekehrt? Worauf ist zu achten, wenn ein Artikel mit Audiokomponenten ergänzt wird? Muss die Audiodatei dann den Text wiederholen oder muss sie ihn ergänzen? Diese Fragen werden detailliert unter die Lupe genommen und beantwortet. Im Weiteren geht es dann um die narrative Dramaturgie längerer Webseiten, der sogenannten Longforms. Dabei ist mir ein Hinweis wichtig: Der Begriff »Longform« wird in der Praxis immer wieder als Synonym für »Reportage« verwendet. Letztlich ist das Quatsch: Eine Longform ist keine Darstellungs form, sondern zunächst einmal nichts anderes als ein langer Webtext. Eine Reportage beispielsweise ist im Web automatisch eine Longform, sie bleibt aber auch im Web eine Reportage. Auch wenn der Begriff »Longform« nicht mit »Reportage« gleichgesetzt werden sollte, im digitalen Storytelling hat er einen zentralen Rang: Er stellt die Redakteurinnen vor allem vor die Aufgabe, über narrative Spannung nachzudenken und Neugier motivierende Spannungsbögen zu konstruieren. Dieses Kapitel zeigt, wie das geht, in linear ebenso wie in nonlinear arrangierten Langtexten.

In Kapitel 5 schließlich geht es ums Content Marketing – und damit um ein Anwendungsfeld für das Wissen aus den vorangegangenen vier Kapiteln. Content Marketing ist so etwas wie ein Zwischending aus Journalismus und Marketing: Usability-Wissen, SEO-Kenntnisse, Schreibhandwerk und Storytelling-Expertise werden hier eingesetzt, um definierte Marketingziele zu erreichen, also beispielsweise Marken-Images aufzubauen oder den Abverkauf von Produkten zu unterstützen. Das Kapitel hat im Buch eine Sonderstellung, weil die engere journalistische Perspektive verlassen wird. Aufgenommen habe ich es vor allem aus zwei Gründen: Es soll verdeutlichen, dass Content-Marketing-Storys im Prinzip zwar wie Journalismus aussehen, gleichzeitig aber ein anderes Denken erfordern. Und es soll zeigen, was dieses andere Denken für die praktische Arbeit ganz konkret bedeutet. Für Digitaljournalistinnen und -journalisten ist die damit verbundene Distributions-Kompetenz künftig unabdingbar, weil es auch für sie darum geht, die eigenen Geschichten im Web weitestmöglich an verschiedensten Kontaktpunkten sichtbar werden zu lassen.

Das Buch richtet sich dabei an alle, die in Redaktionen, in der Unternehmenskommunikation, in Presseabteilungen von Behörden und Organisationen oder in Content-Marketing-Agenturen beruflich damit befasst sind, attraktive und bindungsstarke Inhalte fürs World Wide Web zu schaffen. Wenn Sie also zu diesem Kreis von Content-Kreativen zählen, dann sind Sie hier genau richtig.

Konzipiert ist es als Handbuch, das nicht nur Empfehlungen ausspricht, Tipps gibt und Checklisten für die tägliche Praxis bereitstellt, sondern all dies auch erläutert, empirisch begründet und in die längerfristigen Trends einordnet. Sie können es also von A bis Z durchlesen. Sie können aber auch einfach punktuell darin stöbern und es gelegentlich immer mal wieder in die Hand nehmen. Einsteiger will es darin unterstützen, sich im digitalen Journalismus möglichst flott zurechtzufinden. Profis werden hoffentlich so manches finden, was die eigene Sicht auf die tägliche Arbeit ergänzt oder erweitert, neue Perspektiven eröffnet und kreative Ideen anregt. Die vorherige Auflage wurde komplett durchgesehen, manches wurde gestrichen, vieles hinzugefügt, alles auf den neusten Stand gebracht. Wenn Sie das Buch lesen, wird Ihnen auffallen, dass ich manchmal ausschließlich ein generisches Maskulinum (»die Nutzer«), manchmal ausschließlich ein generisches Femininum (»die Nutzerinnen«) und manchmal beides verwende. Das ist beabsichtigt, um im Schriftbild ein unschönes »Nutzer*innen« zu vermeiden. Für Menschen diversen Geschlechts gibt es leider (noch) kein generisches Diversinum, sonst hätte ich es gern eingesetzt. Entsprechend bitte ich um Nachsicht und möchte versichern: Menschen jeglichen Geschlechts sind mir als Leser*innen herzlich willkommen.

Danken möchte ich an dieser Stelle natürlich allen, die zum Werden dieses Buches beigetragen haben. Da ist natürlich meine Familie, mein Sohn Henrik und meine Frau Heike, die das Buch auch dieses Mal wieder Korrektur gelesen hat. Und da sind Anja Weimer und René Schönfeldt vom dpunkt.verlag, die wieder ebenso kompetent wie geduldig mitgewirkt haben. Tausend Dank für alles!

Ihnen, liebe Leser*innen, wünsche ich eine hoffentlich ebenso nützliche wie vergnügliche Lektüre.

Stefan Heijnk, Hamburg, im Januar 2021

Planen fürs Web

1

Aufmerksamkeit auf Webseiten zu binden ist eine echte Herausforderung. Wer Menschen über digitale Kanäle für seine Inhalte begeistern möchte, sollte deshalb wissen, wie die Nutzer an den Bildschirmen ticken: Wohin schauen sie zuerst? Wann beginnen sie mit dem Scrollen? Wann steigen sie ins Lesen ein? Wie viele Sekunden investieren sie ins Überfliegen von Startseiten oder inneren Seiten? Und vor allem: Was genau ist in ihren Augen eigentlich attraktiver Content? Wer die Antworten auf diese Fragen kennt, kann seine Webseiten zielgerichtet layouten und mit Inhalten füllen. In diesem Kapitel geht es deshalb um die Psychologie der Nutzerinnen und Nutzer. Vorgestellt werden die zentralen Befunde der User-Experience-Forschung zum Blick- und Leseverhalten auf mobilen und auf Desktop-Webseiten. Und es wird gezeigt, was daraus für die Praxis folgt.

Das Nutzer-Hirn am Haken

Beim Texten fürs Web geht es letztlich um zwei Dinge: um die Inhalte und um die Form multimodaler Webseiten, auf denen sie unterbreitet werden. So weit, so simpel. Komplexer wird es durch den dritten Faktor, der im Spiel ist: die Menschen. Wer Content fürs Web plant und produziert und damit Menschen erreichen will, sollte deshalb zumindest im Groben wissen, wie sie mit Webseiten interagieren. Davon handelt dieses Kapitel.

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie Facebook, Instagram und andere Social-Media-Plattformen es schaffen, jeden Tag Milliarden meist junger Menschen für viele, viele Stunden an kleine und große Monitore zu fesseln? Oder wie es den großen Online-Games Minecraft, Fortnite oder Grand Theft Auto gelingt, ihre Nutzer täglich so tief in den Bann zu ziehen, dass sie ihre Freizeit mehr oder weniger zwanghaft an Bildschirmen verbringen? Zufall ist das jedenfalls nicht. Dahinter steckt vielmehr eine ausgefeilte psychologische Maschinerie, ein wohldurchdachtes, fein gesponnenes Netz aus Anreizen, Aufgaben, Cliffhangern und Belohnungen.

Der US-amerikanische Kognitionspsychologe Nir Eyal hat sich die Mechanismen dieser Maschinerie genau angesehen – und enthüllt, wie Menschen damit subtil beeinflusst und psychologisch gewissermaßen an den Haken genommen werden. Moralisch-ethisch ist das Ganze sicherlich nicht unproblematisch, schließlich geht es letztlich um Manipulationstechniken. Auf der anderen Seite wird durch seine Analyse erst transparent und damit auch diskutabel, wie Unternehmen das Verhalten von Menschen für ihren Geschäftserfolg gezielt beeinflussen. Seine Beobachtungen hat er in einem Modell beschrieben, das er sinnbildlich als »Haken-Modell« bezeichnet. Auch fürs Web-Publishing lässt sich daraus lernen.

Eyals Haken-Modell besteht aus vier Elementen beziehungsweise Phasen: Auslöser, Aktion, variable Belohnung und Investition. Ein Auslöser ist der psychologische Ausgangspunkt für ein bestimmtes Verhalten. Das ist immer so, denn ohne Stimulus gibt es keine Reaktion. Unterschieden wird zwischen inneren und äußeren Auslösern. Produkte, die zur Gewohnheit werden sollen, müssen zunächst durch äußere Auslöser auf sich aufmerksam machen. Das kann ein Call-to-Action in einer E-Mail sein, ein geteilter Link auf Twitter, eine Push-Notification auf dem Smartphone oder eine klitzekleine Zahl an einem App-Icon, die auf wartende Mitteilungen oder neue Inhalte hinweist. Folgt ein Nutzer immer wieder dem gleichen äußeren Auslöser, dann wird das Verhalten zur Gewohnheit. Es wird also nicht mehr darüber nachgedacht, ob man etwas tut – es wird einfach gemacht. Das ist das Ziel. Damit sich das tatsächlich so einstellt, muss der äußere Auslöser regelmäßig stark genug sein und sich möglichst rasch in einen inneren Auslöser wandeln. Das wiederum gelingt dann, wenn Gefühle und Wünsche berührt sind, beispielsweise Langeweile zerstreut oder Frust aufgelöst wird oder soziale Bindungen aufgebaut werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Aufgabe von Produktdesignern ist es zu erkennen, welches Gefühl angesprochen werden soll, wie also der anzusprechende innere Auslöser aussieht: Welches Problem wird gelöst? Welcher Schmerz wird gelindert? Welches Bedürfnis wird befriedigt?

Im Anschluss an das Wahrnehmen eines äußeren und eines inneren Auslösers findet dann ein Handeln statt, eine Aktion. Hier ist absolut entscheidend, dass das, was getan werden soll, auch wirklich mühelos getan werden kann. Es geht also um Nutzerfreundlichkeit, es geht darum sicherzustellen, dass das aktuelle Bedürfnis störungsfrei befriedigt werden kann. Hier geht es um Usability.

Was das Haken-Modell dann von einer herkömmlichen Feedbackschleife unterscheidet, ist die dritte Komponente: die variable Belohnung. Eyal beschreibt das so: »Die wenig überraschende Reaktion Ihres Kühlschranks, beim Öffnen der Tür immer das Licht im Inneren einzuschalten, treibt Sie nicht dazu, ihn immer und immer wieder aufzumachen, oder? Wenn Sie (…) jedoch eine gewisse Variabilität hinzufügen – zum Beispiel, indem wie durch Zauberhand bei jedem Öffnen ein anderer Leckerbissen in Ihrem Kühlschrank auftaucht –, kommt im Handumdrehen Faszination ins Spiel. Variable Belohnungen sind eines der machtvollsten Werkzeuge, die Unternehmen einsetzen, um Nutzer an den Haken zu bekommen.« Hier geht es also um Wow-Effekte.

In der letzten Phase muss der Nutzer schließlich ein bisschen arbeiten, er muss investieren – mit Zeit, Daten, Mühe, sozialem Kapital oder Geld. Es geht nicht darum, dass nur flott das Portemonnaie geöffnet wird: »Vielmehr impliziert die Investition eine Handlung, die den Service für die nächste Runde verbessert: Freunde einladen, Vorlieben angeben, virtuelle Guthaben einrichten (…).« Das Produkt wird mit Persönlichem angereichert und auf diese Weise immer wertvoller. Wer dann beispielsweise die Herausforderungen des nächsten Levels in einem Online-Game erahnt und sich deshalb neues Zubehör zulegt, der wird es schon bald auch einsetzen wollen. Vor allem: immer wieder einsetzen wollen. Und: Wenn sich das Zubehör als nützlich erweist, wird noch mehr Zubehör gewollt. Es können also permanent neue Auslöser angeboten werden, die dazu führen, dass immer neues Zubehör gewollt ist. Der Kreis schließt sich.

Dreh- und Angelpunkt: Content mit Haftkraft

Den Bogen vom Hakenmodell zum Web-Publishing zu schlagen ist relativ einfach. Auch hier dreht sich letztlich alles um diese eine Frage: Mit welchen Inhalten können wir, kann ich unsere oder meine Zielgruppe begeistern und binden? Wie lässt sich per Content eine Haftkraft aufbauen, die gegen andere Möglichkeiten, Zeit zu verbringen, gewinnt?

Leider gibt es keine einfache Antwort auf diese Frage, kein Patentrezept. Es kommt darauf an. Aber worauf genau? Auslöser sind im redaktionellen Tagesgeschäft im Überfluss vorhanden. Alles, was neu und relevant ist, kann ein Auslöser für Kontakt sein. Sicher ist: Inhaltliche Haftkraft entsteht nur dann, wenn die Qualität der Auslöser stimmt. Sie stößt Aktion an, sie ist Belohnung und Triebkraft für weitere Zeitinvestition. Im Zentrum jeder Content-Strategie steht deshalb immer das Nützlich-Sein für eine bestimmte Gruppe von Menschen. Helmut Markwort, Gründungs-Chefredakteur des Magazins Focus, hat für seine Redaktion einmal die Leitlinie festgelegt: »Fakten, Fakten, Fakten – und immer an die Leser denken«. Fürs digitale Publizieren würde ich das abwandeln in: »Nutzen, Nutzen, Nutzen – und immer an die User denken«. Überall, wo Inhalte fürs Web produziert werden, sollte diese Leitidee in großen Buchstaben an der Wand hängen. Nur über zielgruppengerechten Nutzwert entsteht Stickyness, also Haftkraft.

Das Nützlich-Sein ist dabei breit gefächert zu denken. Nützlich sein kann nicht nur das Kochrezept für Pannacotta mit Minz-Pesto und Erdbeersauce oder eine Checkliste für vorbeugende Maßnahmen gegen Bettwanzen oder auch ein Ratgeber für die perfekte Rasenpflege im Schrebergarten. Nützlich kann im Prinzip alles sein: Witze sind nützlich als Lachstoff. Nachrichten sind nützlich zur politischen Meinungsbildung. Katzenvideos sind nützlich als Schmunzelzeitvertreib. Hauptsache ist, dass sich der Nutzwert der angebotenen Inhalte den Nutzern schnell und überzeugend erschließt. Als Content-Anbieter sollten Sie also immer glasklar vor Augen haben, wen Sie ansprechen wollen und warum. Das »Womit?« klärt sich dann fast von selbst. Halten wir an dieser Stelle deshalb fest: Für erfolgreiches Web-Publishing braucht es vor allem inhaltliche Qualität als Engagement-Auslöser, für eine Website insgesamt und für jede einzelne Seite.

Wann ist Content attraktiv?

Qualität allerdings ist ein schillernder Begriff und alles andere als leicht zu definieren. Es ist ähnlich wie mit der Schönheit: Sie liegt nicht nur, aber doch zu einem guten Teil im Auge des Betrachters. In der Journalistik beispielsweise gibt es in dieser Frage inzwischen den Konsens, dass die Debatte über Qualität faktisch nicht abgeschlossen werden kann. Nicht heute. Nicht morgen. Nie. Der Kommunikationswissenschaftler Stephan Ruß-Mohl hat dazu einmal formuliert, Qualität zu definieren sei so, als versuche man einen Pudding an die Wand zu nageln. Auf eine Standardformel müssen wir also verzichten.

Auf der anderen Seite finden sich durchaus Faktoren, mit denen die Qualität eines Inhalts unabhängig von der jeweiligen Betrachterin eingestuft werden kann, zumindest näherungsweise. Die Zahl der Basiskriterien für die Qualität informierender Inhalte ist dabei relativ überschaubar: Das, was publiziert wird, sollte 1.) aktuell, 2.) faktisch richtig und 3.) relevant sein und zudem 4.) eine angemessene Form haben. In diesen vier Aspekten deutet sich bereits an, dass die individuell unterschiedlichen Erwartungen auf Nutzerseite immer schon im Qualitätsbegriff eingeschlossen sind – »relevant« bedeutet schließlich für jeden etwas anderes. Was für den einen relevant ist, kann für den anderen völlig uninteressant sein. Qualität ist also stets – auch – etwas Relatives. Ein Jugendlicher an einer Stadtteilschule wird eine Webseite der FAZ möglicherweise ganz anders beurteilen als eine berufstätige Erwachsene mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Relevant ist ein bestimmter Inhalt also in aller Regel nie für alle Menschen, sondern immer nur für eine Teilgruppe. Auch die Frage, wann eine Form »angemessen« ist, lässt sich nicht für alle Menschen pauschal beantworten. Zudem sind die beiden Faktoren Aktualität und Richtigkeit negativ miteinander gekoppelt: Wenn es schnell gehen muss, unterlaufen halt auch schneller Fehler. Und umgekehrt gilt: Wer Fehler ausschließen will, braucht dazu mehr Zeit. Gut Ding will Weile haben. In der Content-Produktion fürs Echtzeitmedium WWW ist das allerdings oft unmöglich.

Googles Qualitäts-Checkliste

Die generellen Qualitätsmerkmale sind also nur bedingt hilfreich. Immerhin lässt sich ableiten: Sei flott. Sei korrekt. Sei nützlich. Und wähle eine passende Form. Um inhaltliche Qualität für praktische Planungen greifbarer einschätzen zu können, braucht es anwendungsnähere Merkmale. Nicht ganz zufällig finden sie sich bei Google. Der Suchmaschinenanbieter kümmert sich seit vielen Jahren darum, inhaltliche Qualität im Web zu fördern. Letztlich aus purem Eigeninteresse, denn qualitativ schwache Inhalte bedeuten minderrelevante Suchergebnisse als Auslöser – und das wäre nicht gut fürs Geschäft. Um Qualität erkennen zu können, braucht das Unternehmen zwingend eine eigene, möglichst genaue Vorstellung davon, was ein guter Inhalt ist, oder besser noch: wie inhaltliche Qualität festgestellt werden kann.

Der Dreh, den die Google-Macher von Beginn an genutzt haben, um diese Frage treffsicher beantworten zu können, ist dabei ebenso simpel wie genial: Inhaltliche Qualität wird nicht absolut erfasst, weil das schlicht nicht geht. Erfasst wird vielmehr, wie die User sich im Kontakt mit einem Inhalt verhalten. Qualität wird also mittelbar festgestellt. Ausgewertet werden dazu vor allem Verweilzeiten und Engagement-Indikatoren. Google ist so gesehen in erster Linie eine Instanz, die Nutzerreaktionen erfasst. Alle maßgeblichen Rankingfaktoren beleuchten letztlich, ob es den Nutzern gefallen hat oder nicht.

Vor ein paar Jahren hat Google im Zuge eines Algorithmus-Updates dazu einen Katalog mit 23 Fragen zur Qualitätsselbstkontrolle veröffentlicht. Dieser ist bis heute gültig und wird auf Sicht auch weiter gültig bleiben. Es lohnt sich, diesen Fragenkatalog zur eigenen Orientierung einzusetzen. Von Anfang an. Er sieht so aus:

1.Würdest du den Informationen in diesem Artikel vertrauen?

Bedeutet praktisch: Die Site sollte transparent kommunizieren, wer der Anbieter ist und wo beziehungsweise wie er im realen Leben erreicht werden kann. Alles, was Seriosität vermittelt und betont, ist Trumpf. Anschrift, Anfahrt-Informationen, Park-Informationen, Ansprechpartnernamen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Öffnungszeiten, Fotos des Geschäfts von innen und von außen sind Standard. Jeder Webnutzer weiß inzwischen, dass es im Zweifel besser ist, in einem Online-Shop einzukaufen, hinter dem ein echtes Ladengeschäft steckt. Dazu gehören auch Impressum, Datenschutz-Erklärung, eine »Wir über uns«-Seite, Testimonials, Informationen zur Firmengeschichte, Gütesiegel branchenbekannter Prüfstellen, eine angemessene Sprache, eine angemessene Bebilderung oder sinnvolle, inhaltlich plausible Verlinkungen zu einschlägigen Websites.

Abb. 1:Wenn es ums Bezahlen geht, sind Sicherheit und Vertrauen zentrale Attribute. Gütesiegel sind Signale, über die Vertrauen aufgebaut werden kann – so wie hier auf der Website einer Online-Parfümerie. Quelle: flaconi.de, eigener Screenshot.

2.Wurde dieser Artikel von einer Expertin beziehungsweise von einem sachkundigen Menschen geschrieben, der sich wirklich mit dem Thema auskennt? Oder wirkt der Artikel inhaltlich eher dünn?

Bedeutet praktisch: Die Site sollte transparent kommunizieren, wer da eigentlich schreibt. Für jeden längeren Text sollten die Autorinnen und Autoren mit Namen genannt und gegebenenfalls auch für die Nutzer erreichbar sein. Eine gute Idee ist es, die inhaltliche Kompetenz eines Autors sichtbar zu machen. Es muss nicht gleich ein Autorenprofil auf einer eigenen Seite sein. Eine Autorenzeile reicht üblicherweise aus, solange sie kurz und knapp auf die jeweilige Expertise eingeht. Inhaltlich bedeutet das auch, dass alle zentralen Aussagen nachprüfbar belegt werden. Überlegen Sie immer, ob Verlinkungen sinnvoll sind, die den inhaltlichen Hintergrund eines Artikels und grundlegendere Informationen zum Thema zugänglich machen.

Abb. 2:Darf ich mich vorstellen? Online-Marketing-Guru Neil Patel macht vor, wie es geht. Quelle: neilpatel.com, eigener Screenshot.

3.Gibt es auf der Website Artikel mit identischem, mit überlappendem oder sich wiederholendem Inhalt, die lediglich auf leicht abweichende Keyword-Variationen optimiert sind?

Bedeutet praktisch: Sollte das der Fall sein, dann ändern Sie es und lassen Sie künftig die Finger davon. Wiederholen Sie sich nicht. Wiederholungen verwässern die Substanz und die Autorität Ihrer Website. Wer sich oft wiederholt, vermittelt den Eindruck, nicht viel zu sagen zu haben. Anders als von SEO-Agenturen immer mal wieder behauptet wird, führt mehrfach wiederholter Inhalt zwar nicht direkt zu einer Abstrafung im Ranking. ABER: Google sucht und findet Anzeichen für einzigartigen Inhalt (im Unterschied zu Füllmaterial) und belohnt Anbieter von »Unique Content« tendenziell mit Top-Rankingpositionen. Umgekehrt gilt auch: Wer unnötigerweise duplizierte Inhalte anbietet (Duplicate Content), verringert seine Chancen auf die Plätze an der Sonne in den Suchergebnisseiten.

4.Würdest du dieser Website deine Kreditkartendaten anvertrauen?

Bedeutet praktisch: Besonders sensibel sind Menschen immer dann, wenn es ums Geld und/oder um die Gesundheit geht. Die Frage, ob jemand einer Site seine Kreditkartendaten anvertrauen würde, geht deshalb ans Eingemachte. Sie ist vor allem für all jene Website-Betreiber absolut zentral, die ihren Nutzerinnen etwas verkaufen wollen. Welche Standardsignale es für den Aufbau von Vertrauen braucht, wurde ja schon unter Frage 1 benannt. Hier ist zusätzlich eines besonders wichtig: Achten Sie auf interaktive Meta-Kommunikation. Bedeutet: Seien Sie zur Stelle, wenn es im Bestellprozess irgendwo hakt. Denken Sie beispielsweise an einen Live-Chat mit Ihren Kundenberatern, an Pop-ups mit kurzen Hilfetexten, an eine Service-Hotline oder an FAQ-Seiten. Flankierend auch an die Bewertungen zufriedener Kunden. Bieten Sie verkaufsfördernde Hilfe überall dort an, wo es angebracht erscheint oder wo Ihre Nutzungsdaten auf unschöne Kontaktabbrüche hinweisen. Übertreiben Sie es aber nicht, sonst verkehrt sich Ihr Bemühen ins Gegenteil. Im Zweifel sollte als Alternative zur Online-Bestellung immer auch eine telefonische Bestellung möglich sein. Schon allein der Hinweis, dass eine solche Option offeriert wird, steigert die Vertrauenswürdigkeit.

5.Weist dieser Artikel orthografische, stilistische oder faktische Fehler auf?

Bedeutet praktisch: Erst prüfen, dann veröffentlichen. Wer’s mit der Rechtschreibung nicht so genau nimmt, muss zwangsläufig damit rechnen, dass er nicht wirklich ernst genommen wird. Weder von den Nutzern noch von Google. Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie bieten einen Artikel an zum Thema »Immobilienfinanzierung«. Und dieser Artikel enthält mehrere Fehler. An einer Stelle wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau als Kreditbank für Wiederaufbau bezeichnet. An anderer Stelle gibt es einen Zahlendreher: Statt 100.000 Euro Fördersumme werden 10.000 Euro genannt. So etwas ist schnell passiert, als Immobilienberater wären Sie damit aus dem Rennen. Wie gesagt: Erst prüfen, dann veröffentlichen. Klingt zwar wie eine Binse, ist es aber nicht. Und: Im Zeitverlauf ist immer mal wieder neu zu prüfen, ob das, was Sie publiziert haben, faktisch noch stimmt. Dauerhaft relevante Artikelseiten benötigen gewissenhafte Pflege und müssen von Zeit zu Zeit in einem sinnvollen Rhythmus auf den neuesten Stand gebracht werden (siehe SEO-Kapitel).

Abb. 3:Vorbildlich: Die grauen i-Punkte im Bestellformular auf 1und1.de können angeklickt werden und liefern auf Wunsch eine genauere Erklärung zu den Datenabfragen. Quelle: 1und1.de, eigener Screenshot.

6.Richten sich die Artikel dieser Website nach den Interessen der Leser? Oder dienen sie offensichtlich nur dazu, von Suchmaschinen möglichst gut gelistet zu werden?

Bedeutet praktisch: Artikel, die den Nutzern keinen wirklichen Nutzen bieten, purzeln im Google-Ranking tendenziell immer weiter nach unten – das kann man nicht deutlich genug betonen. Versetzen Sie sich für die Content-Planung deshalb immer in die Situation Ihrer Leserinnen oder Ihrer Kunden und fragen Sie sich zuallererst, was Sie anbieten können, um den Menschen in Ihrer Zielgruppe bei Alltagsaufgaben zu helfen, um ihnen Arbeit abzunehmen, Irrwege zu ersparen, Vermögen aufzubauen, Kindererziehung zu erleichtern etc. Orientieren Sie sich an den naheliegenden Interessen Ihrer Kunden im jeweiligen Themengebiet. Und schreiben und veröffentlichen Sie auf keinen Fall irgendwelche Artikel, nur um relevante Keywords in die Seite zu stopfen. Das hat mit SEO nichts (mehr) zu tun und kann überaus schädlich für Ihr Ranking sein. Auf keinen Fall darf das so aussehen wie in diesem fiktiven Negativ-Beispiel für einen Krawatten-Onlineshop: »Krawatten gibt es in den unterschiedlichsten Krawatten-Farben und Krawatten-Mustern. Es gibt graue Krawatten, blaue Krawatten, rote Krawatten, geblümte Krawatten, Krawatten mit Firmen-Logos. Welche Krawatte Sie sich auch wünschen, wir bieten Ihnen genau die Krawatte, die Sie sich als Krawatte vorstellen. Die beste Krawatte sieht aber nicht gut aus, wenn die Krawatte nicht richtig gebunden ist. Als Krawattenspezialist empfehlen wir Ihnen, den Krawattenknoten immer folgendermaßen zu binden: Sie nehmen die Krawatte, legen die Krawatte zuerst um den Nacken, ziehen die Krawatten-Enden vor dem Oberkörper dann so, dass …« usw. Sie haben es verstanden: So sieht ein SEO-Text aus. Nicht vollkommen sinnfrei, aber doch offensichtlich nicht für echte Leser verfasst. So machen Sie das bitte nicht. Nie.

7.Bietet der Artikel eigene Informationen, eigene Recherche, eigene Perspektiven und Analysen?

Bedeutet praktisch: Glänzen können Sie im Web durch eigene, kompetente Aussagen, Ideen, Schlussfolgerungen – denn wer nur zitiert, liefert eher Weißbrot. Schreiben Sie nicht ab. Bieten Sie Ihre Sicht der Dinge an, Ihre eigenen Gedanken – solange Sie die Interessen der Kundinnen dabei nicht aus dem Blick verlieren. Die Personalpronomina setze ich hier bewusst kursiv. Im Prinzip ist das Schreiben eines attraktiven Textes immer eine Art vorausgedachter Dialog mit den Lesern: Sie ahnen als Autor, welche Fragen ein Leser hat – und geben darauf die bestmögliche Antwort. Und diese Antwort sollte Ihre eigene Antwort und idealerweise nur von und bei Ihnen zu bekommen sein. Immer wieder neu. Wenn Sie das verinnerlichen und umsetzen, machen Sie sich unverwechselbar. Und alles wird gut. Zumindest im Web-Publishing.

8.Bietet die Website substanziellen Mehrwert im Vergleich zu ähnlichen Sites?

Bedeutet praktisch: Sie müssen Ihre Konkurrenten beobachten. Permanent. Wenn Sie ein erstklassiges Ranking auf den organischen Google-Suchergebnisseiten erreichen wollen, dann geht das nur über relativ bessere, attraktivere Inhalte. Schauen Sie sich deshalb genau an, was die Konkurrenz macht. Analysieren Sie, an welchen Stellschrauben zu drehen ist. Und dann gehen Sie die Sache an. Möglichkeiten gibt es viele: bessere Fotos, bessere Überschriften, bessere Teaser, bessere Artikel, bessere Videos, bessere Podcasts, bessere Newsletter, bessere Whitepaper – und nicht zuletzt: bessere Themen.

9.Findet eine regelmäßige Qualitätskontrolle des Inhalts dieser Website statt?

Bedeutet praktisch: Websites sind Dauerpublikationen. Das heißt, alle Inhalte sind permanent öffentlich – und sie altern deshalb auch öffentlich. Eine Qualitätskontrolle braucht es deshalb nicht nur vor und direkt nach der Veröffentlichung einer Einzelseite, sondern in regelmäßigen Abständen auch später noch. Natürlich geht es dabei auch um technische Qualitätskontrolle: Sieht eine Seite auf den gängigen Endgeräten gut aus? Ist das Layout einwandfrei? Stehen Fotos, Überschriften, Videos genau dort, wo sie zu sehen sein sollten?

Abb. 4:Das spendenfinanzierte Recherchebüro Correctiv steht für originären, eigenständigen Journalismus. Das Web-Special über die Eigentumsverhältnisse auf dem Hamburger Immobilienmarkt wurde 2019 mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet. Quelle: correctiv.org, eigener Screenshot.

Abb. 5:Aufmacher einer Artikelseite des Hamburger Abendblatts. Das »Update«-Fähnchen signalisiert, dass der Inhalt auf dem neusten Stand ist. Quelle: abendblatt.de, eigener Screenshot.

10.Geht der Artikel auf unterschiedliche Standpunkte zum Thema ein?

Bedeutet praktisch: Diese Frage zielt vermutlich nicht auf politisch korrekte Ausgewogenheit. Ständig und immer wieder alle Positionen zu einem Thema darzustellen – das kann letztlich nur in langweiligster Langeweile enden. Handwerklich kommt es darauf an, inhaltliche Gegensätze aufzuzeigen, Kontrast zu erzeugen. Das schafft Spannung und Relevanz. Die dramaturgische Formel dazu lautet: A im Gegensatz zu B. Vergleichen Sie, spitzen Sie zu, zeigen Sie Unterschiede auf, gewichten Sie Vor- und Nachteile. Das motiviert zum Lesen.

11.Ist diese Website in ihrem Bereich eine anerkannte Autorität?

Bedeutet praktisch: Für Google ist Autorität messbar. Es gibt eine ganze Reihe von Signalen, die darauf hinweisen, ob eine Website für ihr Thema als Autorität anerkannt ist. Dazu zählt beispielsweise die Anzahl von externen Links auf die eigene Site (im Vergleich zur Konkurrenz), der Zeitraum, in dem diese Links entstanden sind, die Domain-Autorität der Websites, die diese Links gesetzt haben, ob die eigene URL in wichtigen Foren, Frage-Antwort-Portalen oder auf Social-Media-Plattformen geteilt wird – und natürlich auch, wer da als Autorin für die Website schreibt. Domain Authority ist dabei zwar keine Metrik von Google selbst, sondern ein Vergleichskonstrukt, das sich SEO-Agenturen ausgedacht haben. Die Idee dahinter entspricht allerdings glasklar der Google-Algorithmus-Logik, im Zeitverlauf gewachsene Kompetenz zu bevorzugen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es ausgeschlossen wäre, als Neuling gleich an die Rankingspitze aufzusteigen.

Abb. 6:Wer mit Google nach Websites zum Thema »spaceflight« sucht, erhält als Top treffer das Portal »Spaceflight Now« angezeigt – noch vor der Website der US-Raumfahrtbehörde NASA. Das ist wohl ein klares Signal für inhaltliche Autorität. Quelle: spaceflightnow.com, eigener Screenshot.

12.Wurde der Content selbst erstellt? Oder wurde der Content von Dritten zugeliefert und auf vielen anderen Seiten in einem großen Website-Netz publiziert, sodass die betrachtete Einzelseite wenig Aufmerksamkeit bekommt?

Bedeutet praktisch: Austauschbare Inhalte in großen Mengen von Contentfarm-Dienstleistern einzukaufen, nur um ein großes Materialvolumen auf der Site zu haben, ist meist keine gute Idee. Algorithmisch vorteilhafter ist es, die Inhalte selbst zu produzieren, die eigene Website also Seite für Seite nach und nach wachsen zu lassen. Arbeiten Sie mit einem festen Autorinnen-Kreis, denn Namensartikel sind buchstäblich verbindlicher als Texte ohne Namensnennung. Stellen Sie die Menschen hinter den Artikeln auch kurz vor, das baut persönliche Nähe auf – und lässt Ihre Site aus der Masse herausragen.

13.Wurde dieser Artikel professionell redigiert oder eher auf die Schnelle veröffentlicht?

Bedeutet praktisch: Professionelles Redigieren geht weit über eine einfache Rechtschreib- und Faktenprüfung hinaus. Es geht darum, aus einem guten Text einen besseren Text zu machen. Wenn es die Zeit erlaubt: Feilen Sie an den Sätzen, polieren Sie die Wortwahl auf Hochglanz. Es lohnt sich. Schreiben und Lesen haben tatsächlich etwas Magisches: Wer einen Text schreibt, steckt seine Energie in jede einzelne Zeile, in jedes einzelne Wort. Und ob das beim Schreiben dann viel Energie war oder eher wenig – die Leserinnen und Leser werden es beim Lesen spüren und im positiven Fall auch wertschätzen. Wenn ein Text nicht aus Ihrer eigenen Feder stammt, dann respektieren Sie beim Redigieren die Stimme des jeweiligen Autors. Machen Sie aus einem fremden Text nie einen eigenen Text. Gute Redakteure wissen das.

Abb. 7:Die Informationsseite auf einer Arztpraxis-Website erklärt, wie typische HNO-Operationen ablaufen. Das Foto vermittelt Empathie und Zugewandtheit. Im Text ist zu lesen, dass die Eltern ihr Kind bis zum Einschlafen vor der OP begleiten können und mit ihm in Kontakt bleiben. Das zeugt von angemessenem Bewusstsein für die Situation. Quelle: hno-falkenried.de, eigener Screenshot.

14.Würdest du den Informationen dieser Webseite vertrauen, wenn sie für deine Gesundheit relevant wären?

Bedeutet praktisch: Ist die beschriebene Operationsmethode für mich die richtige? Ist die empfohlene Arztpraxis oder die spezialisierte Klinik wirklich die beste Option für mich? Hat das verschriebene Medikament nicht doch zu viele, gravierende Nebenwirkungen? Ähnlich wie beim Thema Geld (siehe Frage 4) sind Menschen beim Thema Gesundheit besonders sensibel. Jeder weiß: Jemandem zu vertrauen ist riskant. In der Gesundheitsinformation ist deshalb unbedingt darauf zu achten, dass die fachliche Kompetenz in allen Facetten sichtbar ist. Und nicht nur das: Auf welche Aspekte es zusätzlich ankommt, hat sich der Zukunftsforscher Matthias Horx 2018 in einer Studie zur Zukunft des Gesundheitsmarktes genauer angesehen. Letztlich, so Horx, sei das Gesundheitssystem ein Vertrauensmarkt. Und Vertrauen entstehe in Gesundheitsfragen durch die Garantie von Sicherheit, durch Transparenz, durch unproblematischen Zugang zu medizinischer Versorgung und durch Empathie. Das sind wertvolle Hinweise auch fürs Web-Publishing: Alles, was diese vier Faktoren unterstützt, ist für die Gesundheitsinformation hilfreich. Garantieren Sie, dass Ihre Information auf dem neusten Stand ist. Dokumentieren Sie Ihre Quellen. Bieten Sie Zugang für direkte Gespräche mit Experten, etwa in Webinaren oder in Live-Chats. Und vermitteln Sie, dass die Patienten für Sie im Mittelpunkt stehen, zeigen Sie Ihre Empathie.

15.Würdest du diese Website als Autorität bewerten, wenn ihr Name genannt wird?

Bedeutet praktisch: Google definiert hier das Ziel allen Web-Publizierens – erarbeiten Sie sich den Rang als anerkannte Autorität für Ihr Thema. Das ist das, worum es geht. Dazu brauchen Sie zweierlei: Kompetenz im Thema und Kompetenz im Generieren von Reichweite. Wenn beides zusammenkommt, geht es aufwärts. Seien Sie also beharrlich und ausdauernd. Als Lohn winkt ein Rang als qualifizierter Linkgeber. Das gilt auch für Nischenthemen.

16.Bietet dieser Artikel eine erschöpfende, umfassende Darstellung zum Thema?

Bedeutet praktisch: Denken Sie daran, dass jeder Text inhaltlich »rund« sein sollte. Und »rund« ist er immer dann, wenn die naheliegenden Fragen angemessen umfänglich beantwortet werden. Lassen Sie keine Frage, die der Text aufwirft, versehentlich unbeantwortet. Nichts ist für Menschen so frustrierend wie eine Frage, auf die dann keine Antwort geliefert wird.

17.Bietet dieser Artikel weiterführende Gedanken oder tiefergehende Analysen?

Bedeutet praktisch: Das kommt Ihnen jetzt bestimmt schon bekannt vor – die Fragen 7 und 12 zielen in die gleiche Richtung. Und zwar nicht ganz zufällig: Betont wird damit das Gewicht inhaltlicher Einzigartigkeit, auf Englisch »Uniqueness«. Sie können natürlich gern über den Tellerrand schauen und analysieren, was die Konkurrenz macht beziehungsweise wie sie es macht. Allerdings nicht, um dann ein fremdes Konzept zu imitieren, sondern um es anders zu machen. Und besser.

Abb. 8:Sportkompetenz: Sport.de ist bei Google Deutschland der Toptreffer zum Stichwort »sport«. Quelle: sport.de, eigener Screenshot.

Abb. 9:Tankmischsystem-Kompetenz: Die Körting AG ist bei Google Deutschland der Toptreffer zum Stichwort »tankmischsysteme«. Quelle: koerting.de, eigener Screenshot.

18.Ist dies eine Website, die du bookmarken, teilen oder deinen Freunden empfehlen würdest?

Bedeutet praktisch: Ähnlich wie das Setzen eines Links ist auch das Setzen eines Lesezeichens ein untrügliches Zeichen für inhaltliche Relevanz – schließlich macht man das nur dann, wenn es einen guten Grund gibt. Liefern Sie Ihren Nutzerinnen und Nutzern genau diesen guten Grund.

Abb. 10:Google verlangt, dass auf den Seiten nicht zu viel Werbung steht. In der ersten Bildschirmportion auf Desktopseiten muss der Inhalt die Fläche dominieren – nicht die Werbung, die hier als farbiger Kasten angezeigt ist. Links ist die Text-Werbung-Relation okay, rechts nicht. Quelle: Google.

19.Enthält dieser Artikel so viel Werbung, dass es vom Lesen des Artikels ablenkt?

Bedeutet praktisch: Google hat bereits 2012 in einem »Page Layout Algorithm Improvement« die relative Größe der Werbefläche als Rankingfaktor definiert. Und diesen Faktor seither mehrfach angepasst. Danach wird negativ bewertet, wenn in der ersten Bildschirmportion relativ zur Displayfläche zu viel Werbung angezeigt wird. Achten Sie deshalb unbedingt darauf, ein Layout-Template zu verwenden, das in der ersten Bildschirmportion nur wenig Werbung ausspielt.

20.Könntest du dir vorstellen, dass dieser Artikel auch in einem Magazin oder Buch veröffentlicht wird?

Bedeutet: Jede professionelle Print-Redaktion prüft vor dem Andruck, ob ein Text, der gedruckt werden soll, auch wirklich eine druckreife Qualität hat. Der Invest in Zeit und Geld muss schließlich gerechtfertigt sein. Ein redaktionelles »Gut zum Druck« bedeutet immer, dass der Text gegengelesen, redigiert und gegebenenfalls korrigiert wurde. Es steckt also immer deutlich mehr Aufwand in einem veröffentlichten Text als nur die reine Schreibarbeit. In der Regel wird nichts ohne vorherige Prüfung veröffentlicht. Alle Texte, die auf Ihrer Website veröffentlicht werden sollen, sollten eine ähnlich rigide Qualitätskontrolle durchlaufen. Denn nur dann wird die Antwort auf Frage 20 ein Ja sein können.

Abb. 11:Seit 2017 gilt auch für Mobile-Seiten, dass der Werbe-Anteil auf dem Display nicht dominant sein darf. Die Grafik zeigt drei Beispiele, wie es nicht aussehen sollte. Quelle: Google.

21.Sind die Artikel dieser Webseite zu kurz, zu oberflächlich oder einfach nicht hilfreich?

Bedeutet praktisch: Publizieren ist nur dann sinnvoll, wenn es etwas Substanzielles zu publizieren gibt. Eine der nicht ganz unproblematischen Eigenschaften des WWW ist es, dass das Veröffentlichen so einfach geht: Webspace abonniert, Template eingerichtet – und schon kann’s losgehen. Das braucht nur ein paar Minuten. Die Kehrseite ist, dass es vielen Inhalten anzusehen ist, wenn sie auf die Schnelle produziert und ins Web gestellt wurden. Das will dann kaum jemand lesen. Und Google kann gar nicht anders, als es im Ranking nach hinten zu stellen. Seien Sie also auch hier selbstkritisch. Auf der anderen Seite: In Consultings erlebe ich immer wieder, dass die Mitarbeiter in Unternehmen denken, es mangele an geeigneten, relevanten Themen. Da fehlt es oft einfach nur am Blick für das Relevante. Üben Sie sich darin. Vor allem: Das, was das eigene Unternehmen als Produkt anbietet, löst Probleme von Kunden. In diesen Problemlösungen finden sich immer relevante Ansatzpunkte für die Content-Planung. Sie werden sehen: Wenn Sie die ersten drei Themen identifiziert haben, werden Sie mühelos auch weitere Themen erkennen.

22.Sind die Artikel mit großer Sorgfalt beziehungsweise Liebe zum Detail produziert?

Bedeutet praktisch: Qualität ist für Google sichtbar. Seien Sie pingelig. Sind die Bildmotive interessant? Ist das Layout überladen? Ist es zu luftig? Oder ist es genau richtig? Hat die Schrift eine gut lesbare Größe?

23.Hätten die Besucher dieser Website etwas zu beanstanden, wenn sie sich die Seiten anschauen?

Bedeutet praktisch: Nicht nur die Inhalte müssen qualitativ überzeugen, sondern auch die Navigation auf Ihrer Site. In Printmedien kann man von Seite zu Seite einfach vor- und zurückblättern. Papier sei Dank. Auf einer Website hingegen lässt sich das Wechseln vom einen zum nächsten Inhalt komfortabel nur dann erledigen, wenn die Navigation es erlaubt. Die Pfade sollten dabei möglichst kurz sein. Und es sollte keine unnötigen Wartereien geben.

Sie haben es beim Lesen sicher registriert: Die 23 Fragen ähneln sich zum Teil auffällig und weisen allesamt mehr oder weniger deutlich in die gleiche Richtung. Google macht überhaupt kein Geheimnis daraus: Gewünscht und erwartet werden Nutzwert, Einzigartigkeit und inhaltliche Kompetenz. Google-Mitarbeiter Amit Singhal hat es in einem Blogpost so formuliert: »Statt sich auf die Feinheiten des Algorithmus zu konzentrieren, empfehlen wir, dass Sie sich darauf fokussieren, den Nutzern die bestmögliche Nutzungserfahrung anzubieten.« Dem ist nichts hinzuzufügen. Schauen Sie sich Ihre Seiten – Ihre Auslöser – also gelegentlich einmal genau an und beantworten Sie sich die Fragen aus dem Google-Qualitätsfragekatalog dann einfach selbst. Sollten Sie eine oder mehrere der gelisteten Fragen mit Nein beantworten müssen, dann gibt es auf Ihrer Site definitiv etwas zu optimieren.

Das Muss-Tool für die Qualitätssicherung

Wer im Web erfolgreich sein will, kommt an Google nicht vorbei. Die Machtposition des Unternehmens geht inzwischen so weit, dass es weltweit den Rahmen vorgibt für die technische Struktur und die Form digitaler Inhalte. Ob das eine gute Sache ist oder nicht, kann hier nicht diskutiert werden. Reichweite im Web lässt sich jedenfalls in der Regel nur dann steigern, wenn diese Vorgaben befolgt werden. Die Regeln wiederum ändern sich permanent, meist in kleinen Schritten, gelegentlich in großen Sprüngen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, gehört deshalb eine URL zwingend in die Favoritenliste jedes Content-Produzenten – und zwar diese:

https://developers.google.com/search/blog/

Auf dieser Blogsite informiert Google über alle Entwicklungen rund um seine digitalen Services, primär natürlich über die Suche. Google kündigt hier nicht nur geplante Änderungen am Algorithmus an, sondern bietet auch SEO-Tutorials.

Der Geduldsfaden: So ticken die Nutzer

Im Sinne der Aktionsphase des Haken-Modells stellt sich die weitergehende Frage, wie die Contentrezeption möglichst angenehm gestaltet werden kann. Sind die Inhalte nutzwertig, dann geht es im nächsten Schritt um die optimal nutzerfreundliche Form, um die Usability.

Im Vergleich zum Blattmachen in der Printmedienwelt gelten für das Formen digitaler Inhalte ähnliche, aber nicht identische Grundsätze. Während Inhalte für Print-Medien in die typische Form aneinandergereihter Papierseiten gebracht, der gesamte Stoff also in eine sinnvolle lineare Reihenfolge überführt wird, liegen die Dinge im Web entschieden anders: Hier kommt es darauf an, ständig wachsende Websites angenehm navigabel zu organisieren und jede einzelne Seite so zu komponieren, dass sie die Nutzerblicke möglichst magnetisch anzieht und dann auch bindet.

Nutzerfreundliche Navigationspfade anzulegen und attraktive Seiten-Layouts zu entwickeln ist dabei keine Sache des reinen Bauchgefühls, denn fürs Site-Machen liegen längst viele belastbare Leitlinien vor – sowohl für stationäre als auch für mobile Websites. Hilfreiche Expertise findet sich dazu vor allem in der Usability- beziehungsweise User-Experience-(UX)-Forschung. Die Forschungsdisziplin zielt auf ein möglichst perfektes Interface- und Interaktionsdesign. Interfacedesign meint dabei die grafische Gestaltung der Oberflächen im Mensch-Maschine-Kontakt, hier also für den Kontakt zwischen Nutzern und Websites. Im Interaktionsdesign wiederum geht es um das, was unter der grafischen Oberfläche liegt, vor allem um das Anlegen eines optimalen Verbindungsnetzes zwischen den unterschiedlichen Teilbereichen einer Website. Manchmal wird es auch Navigationsdesign genannt. Greifen Inhalt, Interface und Interaktion sauber ineinander, dann wird der eingehende Besucherstrom (Inbound-Traffic) ohne größere Verluste auf die einzelnen Seiten gelenkt.

Ob das wirklich klappt, entscheidet sich in relativ präzise beschreibbaren Zeitfenstern. Im Prinzip läuft das ab wie am Gemüsestand auf einem Wochenmarkt: Die Startseite unterbreitet den Nutzern ihre Angebote und die Nutzer schauen sich zunächst einmal die Auslagen an. Trifft eines der unterbreiteten Angebote auf ein gesteigertes Interesse, dann greift der betreffende Nutzer zu, klickt auf einen Link und schaut sich das Angebotene genauer an. Sind die Angebote für einen Nutzer aber allesamt uninteressant, dann ist die Sache vorbei, noch ehe sie richtig begonnen hat. Und der Nutzer wechselt zu einem anderen, interessanter erscheinenden Marktstand. Analytisch betrachtet verläuft diese Startphase im Kontakt zwischen Website und Nutzer also in einem Dreischritt:

Ladephase: Abwarten des Seitenaufbaus

Scanphase: Überfliegen des Seiten-Inhalts

Rezeptionsphase: Lesen, Hören, Anschauen des Seiten-Inhalts

Ob die Leute dabei gerade ein Smartphone in der Hand halten oder ob sie vor dem Monitor am Schreibtisch sitzen, spielt erst einmal noch keine Rolle. Laden–Scannen–Rezipieren – dieser Dreischritt bleibt unabhängig vom Endgerät typisch für jeden Website-Nutzerin-Kontakt. Aus Sicht der Usability-Forschung ist in diesem Dreischritt entscheidend, dass die nutzerseitigen Erwartungen in allen drei Phasen optimal erfüllt werden. Wobei die Erwartung durchaus auch sein kann, dass den Erwartungen nicht entsprochen werden soll. Alles dreht sich ums schnelle Gewinnen und möglichst lange Binden von Aufmerksamkeit. Wer die Blicke rasch zum Ziel führt, ist im Vorteil. Das gilt für die Rezeption am Schreibtisch-Monitor ebenso wie für das mobile Surfen per Smartphone.

Die Ladephase am Desktop

Für stationär abgerufene Webseiten ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten hinreichend erforscht worden, worauf es im Detail ankommt. Auch wenn in jeder Phase dieses Kontakts zahlreiche, individuelle Variablen in den tatsächlichen Blickverlauf eingreifen, so lassen sich dennoch typische Verhaltensmuster feststellen. In der Ladephase der Desktop-Webnutzung sehen die Nutzer zuerst, wie sich die abgerufene Seite auf dem Bildschirm aufbaut. Innerhalb von Sekundenbruchteilen entsteht dabei ein erster Eindruck, buchstäblich ein ästhetisches Vor-Urteil. Bereits nach 50 Millisekunden ist eine erste Hypothese darüber aufgestellt, ob das Gesehene den individuellen Erwartungen entspricht – oder nicht. Dieses Vor-Urteil wird dann blitzschnell mit weiteren Eindrücken angereichert und ist am Ende der ersten Halbsekunde des Blickkontakts bereits abschließend formuliert. Zu beachten ist: Dieses Vor-Urteil prägt maßgeblich, wie die weitere Wahrnehmung der betrachteten Site verläuft. Ist der erste Eindruck positiv, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für einen weiterhin positiv verlaufenden Website-Nutzer-Kontakt. Wenn nicht, wird’s sofort schwierig, denn es gibt tatsächlich keine zweite Chance für einen guten ersten Eindruck.

Wahrgenommen werden in diesem extrem kurzen Zeitfenster grafisch markante Hinweise auf »visuelle Komplexität« und »Prototypikalität«. Visuelle Komplexität wird in den entsprechenden Studien als Faktor verstanden, der in drei Stufungen bewertet wird: hoch, niedrig und mittel. Für mehr ist einfach keine Zeit. Zeichenmengen, Farben, Fluchtlinien, Positionen und Proportionen spielen eine wesentliche Rolle. Wird die Komplexität vom Probanden als hoch eingeordnet, dann ist der erste Eindruck negativ. Besser ist es deshalb, die erste Bildschirmportion nicht zu überfrachten.

Prototypikalität wiederum bezeichnet den Grad, »in dem ein Objekt repräsentativ ist für seine Objektklasse«. Das Objekt »Website« braucht deshalb typische Komponenten an bestimmten Positionen, um als Website erkannt werden zu können. Für unterschiedliche Website-Typen, also für News-Websites oder Online-Shops oder Corporate Websites, sind dabei je eigene Komponenten-Sets zu unterstellen.

Weicht das Aussehen einer Website vom gängigen Muster ab, dann ist die Site minderprototypisch, und der erste Eindruck kann schon negativ geprägt sein. Hochgradig prototypische Websites werden tendenziell positiv bewertet. Die Forschung empfiehlt deshalb eine Kombination aus niedriger beziehungsweise mittlerer visueller Komplexität und hoher Prototypikalität. Einfacher formuliert: Eine Website sollte durch eine überschaubare Zahl markanter Elemente mitteilen, welche Art Website sie ist. Es gilt deshalb, die gegebene Fläche klar zu gliedern und die Standard-Komponenten erwartungskonform zu positionieren. Wer ein Gesicht zeichnen will, braucht ja schließlich auch nicht viel: Punkt, Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht.

In mehreren, meist älteren Studien wurde untersucht, wie viel Geduld die Nutzer aufbringen, bis eine Seite geladen sein muss. Die Usability-Forscher Nina Bhatti, Anna Bouch und Allan Kuchinsky beispielsweise konstruierten dazu in 2001 in einer Untersuchung mit dem Titel »Integrating User-Perceived Quality into Web Server Design« eine ebenso simple wie effiziente Versuchsanordnung. Um herauszufinden, wann sich die Geduld der Nutzer erschöpft, platzierten sie auf einer fiktiven Startseite einen Button mit der Aufschrift »Laden der Seite beschleunigen« und maßen über die Server-Logs dann die Zeit, die verstrich, bis die Testpersonen den Button anklickten. Ergebnis: Im Durchschnitt geschah dies nach exakt 8,67 Sekunden. Acht Jahre später haben der Webtechnologie-Anbieter Akamai und Forrester Research in punkto Geduld bei den Nutzern nachgefragt. Das Ergebnis: 47 Prozent erwarteten, dass eine abgerufene Webseite nach spätestens zwei Sekunden auf dem Desktop-Bildschirm sein muss. Es darf sicher angenommen werden, dass die Nutzergruppe mit dieser Ladezeit-Erwartung bis heute nicht kleiner geworden ist. Praktisch bedeutet das: Geben Sie Gas. Jede Sekunde zählt.

Usability-Guru Jakob Nielsen hat zum gleichen Thema immer wieder auf nutzerseitige innere Zeitschranken hingewiesen (1993, 1997, 2009, 2010). Danach werden die Webnutzer grundsätzlich schon nach einer Sekunde ungeduldig und registrieren bewusst, dass sie warten müssen. Je länger sie warten müssen, desto stärker wird die Ungeduld. Die nächste Zeitschranke wird dann nach etwa zehn Sekunden erreicht – das ist das durchschnittliche Maximum für die zeitliche Länge des Geduldsfadens. Innerhalb dieser Zeitspanne von bis zu zehn Sekunden fangen die Benutzer an abzuschweifen und sind schon nicht mehr richtig bei der Sache. Dauert also das Laden länger als zehn Sekunden, dann bricht der Flow ab. In diesen Fällen verlassen die Benutzer oft die Website und nehmen den Kontakt später auch nicht wieder auf.

Hinzu kommt, dass in der Ladephase nicht nur über den ersten Eindruck beim Nutzer vorentschieden wird, sondern auch die Sichtbarkeit in den Suchergebnislisten beeinflusst ist: Google bewertet Ladezeiten kürzer als 1,5 Sekunden als schnell – und berücksichtigt ein solches Ergebnis auch fürs Ranking. Wenn eine aufgerufene Seite nach 1,5 Sekunden nicht vollständig auf dem Bildschirm ist, gibt es bereits Strafpunkte.

Die Scan-Phase am Desktop

In der sich anschließenden Scanphase treffen Angebot und Nachfrage vorentscheidend aufeinander. Das Geschehen ist hier stark vom jeweiligen Stimulus abhängig und natürlich von persönlichen Faktoren auf Seiten der Nutzer, ganz wesentlich vom aktuellen individuellen Ausgangsinteresse. Entsprechend gibt es keine Möglichkeit, den Blickverlauf für einen Menschen exakt zu prognostizieren. In Blickverlaufsuntersuchungen ist immer wieder zu beobachten, dass die Entry- und Exit-Points auf den betrachteten Seiten stark streuen, auch kann die Dauer der Scanphase von Person zu Person variieren. Zudem kommt es in der Desktop-Rezeption darauf an, ob gerade eine Startseite oder eine artikeltragende Seite betrachtet wird.

Gleichwohl gibt es empirisch belastbare Annäherungen und Wahrscheinlichkeiten. Für stationär abgerufene Startseiten auf Nachrichtenwebsites beispielsweise wurde bereits 2004 dokumentiert, dass sie durchschnittlich etwa 12 bis 17 Sekunden gescannt werden, bis der erste Klick erfolgt. Jüngere Studien haben diesen Befund seither immer wieder neu bestätigt. Webtraffic-Analyst Chartbeat beispielsweise stellte 2018 eine durchschnittliche Verweilzeit von 16 Sekunden auf Desktop-Homepages fest.

In diesem Zeitfenster werden neben dem Site-Logo, den Navigationselementen, den Bildern und anderen Startseitenkomponenten durchschnittlich etwa fünf Überschriften betrachtet. Jakob Nielsen hat festgestellt, dass die Benutzer etwa zehn Sekunden dafür brauchen, um sich auf einer Webseite umzusehen.

Der Blickverlauf wird in dieser Phase wesentlich vom konkreten Screen- beziehungsweise Interfacedesign beeinflusst. Fotos und Überschriften sind in den ersten Sekunden die stärksten Blick-Attraktoren. Über die Blickkontaktreihenfolge, auch als Gazeplot bezeichnet, entscheiden dann vor allem die visuell vermittelten Relevanzhierarchien: Relativ größere Fotos und relativ größere Überschriften dominieren über die relativ kleineren Fotos und Überschriften. Die Anordnung der Fotos und Überschriften auf der betrachteten Seite konstituiert dabei Blickachsen, auf denen die Blicke mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit über die Fläche führen.

Kontrovers diskutiert wurde immer wieder die Frage, ob Webnutzer auf Desktop-Sites scrollen oder nicht. Usability-Guru Jakob Nielsen hatte Mitte der 90er-Jahre zunächst behauptet, die Webnutzer scrollten nicht, dies aber später relativiert. In 2010 kam er dann zu dem Ergebnis, dass die Nutzer auf stationären Webseiten zwar durchaus scrollen, den allergrößten Teil der Seitenrezeptionszeit aber »above the fold« verweilen, also für die erste Bildschirmportion verbrauchen. Nur 20 Prozent der Verweilzeit verbrachten sie auf der Fläche unterhalb der ersten Bildschirmportion. Die Aussagen aus der Studie des Jahres 2010 basierten auf Eyetrackingsitzungen mit 21 Probanden. Zwischenzeitlich waren zahlreiche andere Usability-Studien und Datenauswertungen zu dem Befund gelangt, dass die Nutzer auf Desktop-Sites sehr wohl scrollen. Clicktale zum Beispiel präsentierte 2006 eine Nutzungsdaten-Auswertung für 120.000 Seitenaufrufe, wonach in 76 Prozent aller Fälle gescrollt wurde, in 22 Prozent sogar jeweils bis zum Seitenende. Insgesamt lässt sich dazu festhalten, dass Webnutzer am Desktop-Monitor sicherlich kein Problem mit dem Scrollen haben.

Vertiefende Rezeption am Desktop

Ist die Scanphase vorbei und wird per Klick eine Artikelseite aufgerufen, dann kann das vertiefende Rezipieren auf den Zielseiten beginnen. Dort dauert der Besuch auf einer Einzelseite durchschnittlich etwa 30 bis 60 Sekunden, wobei die gemessenen Werte auch hier durchaus streuen. Jakob Nielsen wiederum taxierte 2006 die durchschnittliche Verweilzeit für die inneren Seiten auf 45 bis 60 Sekunden; durchschnittlich wurde nur ein gutes Viertel der unterbreiteten Textmenge tatsächlich gelesen. Der Content-Analyst Chartbeat maß in 2018 eine Lesezeit auf Artikelseiten am Desktop-Monitor von durchschnittlich 38 Sekunden. Und: Je länger die Verweilzeit, desto höher auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nutzer innerhalb einer Woche die Website erneut besucht. Wer drei Minuten auf einer Site verbringt, wird doppelt so wahrscheinlich innerhalb der nächsten 7 Tage zurückkehren wie jemand, der nur eine Minute geblieben ist. Es zeigt sich: Nutzerinnen und Nutzer wollen für ihre Zeit-Investition möglichst rasch belohnt werden, sonst sind sie weg. Fühlen sie sich gut informiert, dann entsteht Bindung.

Abb. 12:Je länger die Verweilzeit, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Nutzer zurückkehren. Quelle: Chartbeat.

Lesen auf dem Smartphone – was läuft da anders?

Der zentrale Kontaktpunkt zwischen Nutzerinnen und Web ist das Smartphone. Wie läuft die Rezeption auf den Kleindisplays ab? Gibt es Unterschiede zur Desktop-Nutzung? Wie orientieren sich Menschen auf mobilen Sites beziehungsweise in mobilen Apps? Was stört sie? Was ist für sie nützlich und angenehm?

Grundsätzlich ist die Befundlage für mobil abgerufene Webseiten nicht so ausdifferenziert wie für die Desktop-Nutzung. Das ist kaum überraschend, denn massentaugliche Endgeräte für die mobile Webnutzung sind einfach noch nicht so lange auf dem Markt. Apples iPhone bedeutete 2007 den Durchbruch für dieses Segment. User-Experience-Forscher und Online-Marketer haben sich deshalb zwischenzeitlich auch der Fragen des mobilen Webdesigns angenommen. Zumindest die grundlegenden Determinanten der mobilen Webnutzung sind inzwischen ausgeleuchtet.

Prinzipiell gilt für den Nutzer-Mobilseiten-Kontakt, dass er die gleichen drei Phasen durchläuft wie der Kontakt mit der Desktopsite. Im Detail lassen sich die Erkenntnisse zur Desktop-Rezeption allerdings nicht ohne weiteres auf die Mobil-Rezeption übertragen. Zudem ist die Sache auch technisch nicht ganz ohne: Googles sanfter Zwang, mobile Seiten in der Produktion zu priorisieren, trifft in der Praxis immer noch auf Content-Management-Systeme, die nicht unbedingt zukunftsoffen aufgestellt sind. Webdesigner kämpfen ohnehin schon seit den Kindertagen des WWW mit den plattformbedingten Restriktionen des Mediums (siehe Exkurs Responsive Design).

Der zentrale Unterschied zur Desktop-Rezeption ist die relativ kleinere Sichtfläche auf dem Smartphone-Display. Dieser Aspekt ist so naheliegend, dass seine weitreichenden Konsequenzen schnell übersehen werden. Analytisch sieht es so aus: Eine kleinere Sichtfläche bedeutet zwangsläufig weniger Raum für die zu präsentierenden Inhalte, bietet weniger Sichtkontakt zu Kontext-Informationen und verlangt einen vergleichsweise kleineren Standard-Schriftgrad. Das Point-and-Click-Navigieren wird auf dem Kleinbildschirm nicht per Mauszeiger erledigt, sondern mit den Fingern, vor allem mit dem Daumen. Interaktive Elemente wie Buttons, Drop-downs oder Hyperlinks müssen deshalb in Mindestgrößen bereitgestellt sein. Auf einer ohnehin relativ kleineren Sichtfläche geht das unweigerlich zulasten der Fläche für die Inhalte.