Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Willkommen in der Familie Falcone. Vier willensstarke Schwestern, vier furchtlose Männer und zahllose gebrochene Gesetze. Cruel Heiress Vor zwei Jahren habe ich Sidonio Rado mithilfe meiner Schwestern übel hereingelegt, um ihm eine Lektion zu erteilen. Leider brauche ich jetzt ausgerechnet seine Hilfe – nur sagt mir das gefährliche Glitzern in seinen Augen, dass er mir noch lange nicht vergeben hat … Reckless Heiress Als in meinem Horoskop etwas von einem geheimnisvollen Fremden und einem Abenteuer stand, hätte ich gleich zu Hause bleiben sollen. Mit drei willensstarken Schwestern, einem kürzlich ermordeten Vater und meiner Position im »Familienunternehmen« ist meine To-do-Liste lang genug. Ich habe keine Zeit für einen attraktiven Fremden mit dunklen Augen, einem hervorragenden Sinn für Humor und einem Körperbau, der mich zu schmutzigen Gedanken anstiftet. Vermutlich ist es besser, wenn ich diesen Flirt direkt beende und nach Hause gehe. Ich sollte nach Hause gehen. Ich sollte wirklich … Ach, Mist! Untouchable Heiress Ich verfluche den Tag, an dem mein Boss und bester Freund Sidonio Rado in die Falcone-Familie eingeheiratet hat. Denn seitdem habe ich eine neue Obsession: Vissia Falcone. Ihre Schwestern warnen mich, dass ich mich von ihr fernhalten sollte, wenn ich nicht im Schlaf an meinem eigenen Blut ersticken möchte – doch ich kann einfach nicht … Dangerous Heiress Eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass es keine gute Idee ist, einen Deal mit dem Teufel einzugehen – denn natürlich taucht er eines Tages auf und verlangt, dass ich meinen Teil der Abmachung erfülle. Und weil eine Falcone immer ihr Wort hält, habe ich leider nicht die geringste Chance, aus der Nummer unbeschadet herauszukommen … Dark Mafia Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Alle Teile der Reihe sind in sich abgeschlossen und durch wiederkehrende Figuren verbunden.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 453
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Copyright: Mia Kingsley, 2025, Deutschland.
Covergestaltung: Mia Kingsley
Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu
ISBN: 978-3-911483-23-0
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Black Umbrella Publishing
www.blackumbrellapublishing.com
Cruel Heiress
Cruel Heiress (The Falcone Sisters 1)
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Reckless Heiress
Reckless Heiress (The Falcone Sisters 2)
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Untouchable Heiress
Untouchable Heiress (The Falcone Sisters 3)
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Dangerous Heiress
Dangerous Heiress (The Falcone Sisters 4)
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Mehr von Mia Kingsley lesen
Über Mia Kingsley
Willkommen in der Familie Falcone. Vier willensstarke Schwestern, vier furchtlose Männer und zahllose gebrochene Gesetze.
Vor zwei Jahren habe ich Sidonio Rado mithilfe meiner Schwestern übel hereingelegt, um ihm eine Lektion zu erteilen.
Leider brauche ich jetzt ausgerechnet seine Hilfe – nur sagt mir das gefährliche Glitzern in seinen Augen, dass er mir noch lange nicht vergeben hat …
Dark Mafia Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Alle Teile der Reihe sind in sich abgeschlossen und durch wiederkehrende Figuren verbunden.
Beniamina seufzte zufrieden. »Irgendwie hat Feuer ja etwas Beruhigendes.«
Obwohl ich die Ansicht meiner jüngsten Schwester in der Regel teilte, konnte ich so rein gar nichts Beruhigendes an den Flammen finden, die sich in diesem Moment durch unser Elternhaus fraßen.
Vissia erwiderte nichts und Rebecca schüttelte nur den Kopf.
Wenigstens hatten wir jetzt die Bestätigung für das, was wir bereits eine ganze Weile vermuteten: Jemand trachtete uns nach dem Leben.
Eigentlich nicht besonders überraschend, wenn ich bedachte, dass unser Vater vor Kurzem erst ermordet worden war. Damit blieben nur noch meine Schwestern und ich als Hindernis übrig, das den Killer von unserem Vermögen und der Machtübernahme trennte.
Rebecca holte ihr Handy aus der Hosentasche. »Ich schau mal kurz, was unser Horoskop sagt. Wobei die Wochenprognose ja bereits recht düster aussah.«
Dieses Mal war es Vissia, die leise seufzte. Sie konnte noch weniger als ich mit Rebeccas Vorliebe für Astrologie anfangen. Dazu war sie zu rational. Was witzigerweise sonst auch auf Rebecca zutraf. Eine Ausnahme machte sie nur für ihr Horoskop. Die Einzige von uns, die ständig ihren Emotionen nachgab, war Beniamina.
Wobei mir einfiel …
Ich drehte mich um, kniff die Augen zusammen und musterte die Umgebung. Es war zwar dunkel, doch das brennende Anwesen bot erstaunlich viel Licht. »Wo ist Beniamina?«
»Sie war gerade noch hier.« Rebecca sah von ihrem Handy auf. »Hätte ich mir gleich denken können. Ausgerechnet Neptun.«
Ich rollte mit den Augen. Rebecca warf ständig mit Planetennamen um sich, als würde das auch nur ansatzweise irgendetwas erklären.
Hinter uns erklang ein Schleifen, jemand zog etwas Schweres über den Kies der Zufahrt.
Als ich mich umdrehte, mühte Beniamina sich mit der reglosen Gestalt eines Mannes ab. Seine Nase war gebrochen, auf der Stirn hatte er eine große, hässliche Platzwunde und sein rechtes Bein war verdächtig abgeknickt.
»Baseballschläger.« Beniamina ließ ihn los und klopfte sich die Hände ab. »Ich habe ihn um das Haus schleichen sehen.«
»Das war unvernünftig«, tadelte Vissia. »Du hättest einer von uns Bescheid sagen sollen.«
»Klar.« Unsere jüngste Schwester rümpfte die Nase. »Bis Amanda alle Vor- und Nachteile durchgerechnet hat, Rebecca ihr Horoskop gelesen hat und du die moralischen Implikaturen überdacht hast, bin ich alleine schneller.«
Dagegen konnte ich leider nichts sagen. Ich ging hin und stieß den Kerl mit dem Fuß an. »Hast du ihn dieses Mal wenigstens am Leben gelassen?«
»Heute sind Ihrer Fantasie in kreativer und künstlerischer Richtung keine Grenzen gesetzt«, las Rebecca vor. »Das ist aus Beniaminas Horoskop.«
»Ich fühle mich in der Tat sehr kreativ«, sagte Beniamina und kniete sich hin, bevor sie dem Mann eine harte Ohrfeige gab. »Hey, Schlafmütze, aufwachen.«
Der Mann stöhnte, was tatsächlich bestätigte, dass er noch lebte. Seine Lider flatterten, und als er Beniamina sah, zuckte er zusammen und hob abwehrend die Arme. Oder er versuchte es zumindest, denn die Bewegung schien ihm große Schmerzen zu verursachen.
»Wer schickt dich?«, wollte Beniamina wissen.
Er antwortete nicht, weshalb sie Vissia zu sich winkte. »Stell deinen Fuß auf sein Bein.«
Vissias Blick schwang zu mir.
Ich zuckte mit den Achseln. »Er hat unter Umständen das Haus angezündet und er ist im Dunkeln herumgeschlichen. Ich denke, der Zweck rechtfertigt die Mittel.«
Mit einem knappen Nicken stellte Vissia ihren Fuß auf die abgeknickte Stelle und so, wie der Kerl aufkreischte, musste sie ziemlich viel ihres Gewichts darauf verlagert haben.
»Hey, hey.« Beniamina gab ihm eine neue Ohrfeige. »Wer schickt dich? Bisher haben wir noch gar nicht angefangen, dir wehzutun. Wir sind zu viert, du bist allein – kommst du bei so viel Mathematik hinterher?«
Der Ausdruck in den Augen des Mannes wurde gehetzt, er schluckte schwer. Ich tastete bereits nach dem Messer, das hinten im Bund meiner Jeans steckte, als Rebecca näher trat.
»Sternzeichen?«, fragte sie.
»Was?« Der Kerl starrte sie an.
Dieses Mal ohrfeigte Beniamina ihn mit dem Handrücken zuerst. Der Schlag hallte durch die Nacht und übertönte für einen kurzen Moment sogar das Knistern der Flammen. »Welches Sternzeichen du hast, will sie wissen.«
»Jungfrau«, stotterte er.
Rebecca tippte auf dem Handydisplay herum und schaute den Mann dann an. »Puh, an deiner Stelle würde ich unsere Fragen beantworten. Dein Horoskop malt keine rosigen Zukunftsaussichten.«
Vissia drückte ihren Fuß nach unten und er kreischte auf.
Rebecca lächelte. »Sage ich doch.«
»Ich habe die Anweisungen bloß anonym bekommen, normalerweise arbeite ich für die Iren, aber die waren es nicht«, stieß der Mann panisch hervor. »Ich weiß nicht, wer mich geschickt hat, nur wie viel er bereit war, zu zahlen.« Reihum sah er in unsere Gesichter. »Lasst ihr mich jetzt gehen?«
Ich zog das Messer hervor. »Bedaure.«
»Oh, ich will, ich will, ich will!« Beniamina streckte die Hand nach dem Messer aus.
Mir war klar, dass ich die Älteste war und es vermutlich damit an mir lag, unsere Feinde – und deren Handlanger – unschädlich zu machen, aber ich wurde immer schwach, wenn mich Beniamina auf diese Weise ansah. Als Kind hatte sie mir damit sämtliche Süßigkeiten abgeschwatzt und auch jetzt konnte ich mich nicht wehren.
Ich reichte ihr das Messer und versuchte, nicht allzu sehr über das Glitzern in ihren Augen nachzudenken, während sie die Klinge über die Kehle des Mannes zog.
Für Rebecca und mich war es eine unangenehme Nebenerscheinung, jemanden töten zu müssen. Vissia hatte es bisher noch nie gemacht, oder uns zumindest nichts davon erzählt, aber Beniamina? Uns war allen klar, dass sie es etwas zu gern machte.
Der Mann röchelte und gurgelte, bevor er in sich zusammensackte.
»Soll ich ihn zum Haus schleifen, damit er verbrennt, oder sollen wir jemanden anrufen, der die Leiche verschwinden lässt?« Beniamina stand auf und drehte ihre Hand. In der Dunkelheit, nur in dem Licht der tanzenden Flammen, sahen ihre Finger aus, als hätte sie ihre Hand in Öl getaucht.
»Rebecca und ich erledigen das. Sollten die Iren doch dahinterstecken, fragen sie sich vielleicht, wo ihr Mann abgeblieben ist. Wenn die Leiche in der ausgebrannten Ruine gefunden wird, fällt der Verdacht direkt auf uns. Verschwindet sie allerdings spurlos, hören die Iren sich wahrscheinlich um und wir bekommen es mit.«
Es krachte, als das Dach einstürzte und zahllose Funken in den Himmel stoben.
»Bin ich froh, dass wir das Haus schon vor Wochen leer geräumt haben.« Rebecca verschränkte die Arme und betrachtete das Feuer. »Was machen wir jetzt?«
»Ich fürchte, dass wir Hilfe brauchen. Und Schutz.« Mein Magen verkrampfte sich.
»Das ist … eine Umschreibung für einen Ehemann, korrekt?« Vissia klopfte in dem ewig gleichen Takt mit dem Zeigefinger gegen ihr Bein. Dreimal kurz, zweimal lang. Wieder und wieder. Das machte sie immer, wenn sie so gestresst war, dass ihre Energie aufgebracht war und sie nicht länger maskierte.
»Ist es.« Das ungute Gefühl in meiner Magengegend verstärkte sich, weil ich wirklich gehofft hatte, irgendwie darum herumzukommen.
Rebecca räusperte sich. »Denken wir an Sid? Ich meine, wir wissen, dass er Interesse hat.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Das hat sich definitiv erledigt.«
Zwei Jahre zuvor
»Sicher, dass du hier oben bleiben willst?«, fragte ich und suchte im Spiegel Vissias Blick.
Sie schaute nicht einmal von ihrem Buch auf. »Ganz sicher. Dad hat gesagt, ich muss mich nicht unter die Leute mischen, wenn ich nicht will. Und ich will nicht.«
Ich stellte den Lippenstift weg. »Okay. Dann bis später.«
Mit einem tiefen Atemzug ging ich in Richtung Tür.
»Amanda?«
»Ja?« Ich drehte mich noch einmal um.
Vissia legte das Lesezeichen ordentlich zwischen die Seiten, klappte das Buch zu und schaute mich an. Sie bemühte sich, Blickkontakt zu halten, auch wenn es ihr schwerfiel. »Du willst Teodoro verführen, richtig?«
Das Blut schoss in meine Wangen. »Verführen ist ein bisschen hochgegriffen. Ich wollte mit ihm über unsere Zukunft reden.«
»Aber …« Vissia runzelte die Stirn und beschrieb mit ihrer Handbewegung ihren Mund.
»Der Lippenstift? Meinetwegen. Vielleicht wollte ich auch ein bisschen mit ihm herummachen. Wenn es sich ergibt.« Das war eine kleine Lüge, denn ich war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass es sich ergab.
»Ist er die beste Wahl?« Vissia neigte den Kopf. »Ich weiß, dass ich nicht viel davon verstehe, aber Teodoro wirkt auf mich sehr berechnend.«
Ich dachte über ihre Worte nach, weil Vissia einen ganz anderen Blickwinkel auf Dinge hatte und manchmal zu erstaunlichen Erkenntnissen kam, mit denen sie selten falschlag, wenn sie sich dazu durchringen konnte, sie zu teilen.
»Ich habe schon wieder das Falsche gesagt. Du bist sauer. Ich hätte nichts sagen sollen.« Sie senkte den Kopf.
»Nein, nein, sorry. Ich denke bloß nach. Wie kommst du darauf?«
Sie deutete auf den Liebesroman in ihrer Hand. »Ich habe ja angefangen, mehr zu lesen, um das Konzept von Romantik besser zu verstehen. Und Teodoro schaut Serafina Saya an, wie es in den Büchern beschrieben ist.« Meine Schwester hielt inne und suchte offenbar nach den richtigen Worten. »Hungrig. Voller Begierde.«
»Serafina?« Die Vorstellung war wie ein Schlag in die Magengrube. Vissia wusste nicht, dass ich Teo längst geküsst hatte. Mehr noch: Ich hatte gedacht, wir hätten eine gemeinsame Zukunft, und ich war fest entschlossen gewesen, heute Sex mit ihm zu haben. Bestand vielleicht die verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit, dass Vissia sich irrte?
Nein, dann hätte sie nichts gesagt.
Vissia seufzte. »Die Bücher sind vermutlich nicht die beste Wissensgrundlage, aber sie haben mir geholfen, einiges zu verstehen. Unser Leben ist im Grunde eher wie ein Schachspiel, korrekt?«
»Vermutlich.« Ich nickte schwach, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, angesichts der Vorstellung von Teo und Serafina nicht in Tränen auszubrechen.
»Teodoro wird eine Strategie haben. Vielleicht ist er in Serafina verliebt, aber unser Vater ist nun einmal als Capo der beste Business-Partner, was eine Heirat mit dir zu der lukrativsten Option macht.«
Mir war klar, dass Vissia es nicht so meinte, aber sie ließ mein Liebesleben wie einen Handel an der Börse klingen. Ich wusste, dass wahre Romantik extrem unwahrscheinlich war, und doch hatte ich mich dem idiotischen Traum hingegeben, Teo könnte Gefühle für mich haben. Aber offenbar war er lediglich ein guter Schauspieler.
Ich ging zum Bett und setzte mich neben Vissia. »Manchmal erstaunt es mich, dass du diese übergeordneten komplexen Zusammenhänge verstehst, ich dir aber erklären muss, warum der süße Typ aus dem Coffeeshop seine Nummer auf deinen Kaffeebecher geschrieben hat.«
»Ich arbeite daran«, gab Vissia ruhig zurück und begann mit dem Finger auf ihr Buch zu klopfen. Dreimal kurz, zweimal lang, dreimal kurz, zweimal lang.
»Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt machen? Was ist meine Strategie?«
Vissia dachte nach, die Lippen gespitzt. Das Klopfen hörte auf. »Sidonio Rado ist die beste Wahl für dich.«
Mein Magen verkrampfte sich. »Sid? Warum?«
»Weil er dich so ansieht wie die Männer in den Büchern. So, wie Teodoro dich eigentlich ansehen sollte.«
Ein Schauer rieselte über meinen Rücken, als ich an den intensiven Blick aus Sids Augen dachte. Ja, er war attraktiv und groß, aber in seiner Gegenwart fühlte ich mich immer wie die Maus in der Falle. Zwar hatte er sich bisher immer anständig benommen, doch ich hatte den Eindruck, dass da etwas Gefährliches unter der Oberfläche lauerte.
»Aber er ist so … unhöflich.«
Meine Schwester legte den Kopf schräg. »Ich finde, er ist direkt. Er sagt immer, was er will – ohne versteckte Botschaften oder viele Interpretationsmöglichkeiten.«
Auf diese Weise hatte ich es bisher nicht betrachtet, aber mir war klar, dass Sid für meine Schwester der angenehmere Gesprächspartner sein musste.
»Sidonios Familie ist etwas besser aufgestellt als Teodoros, was die Geschäftszweige anbelangt«, fuhr Vissia ungerührt fort.
Ich musste mir das Grinsen verkneifen, weil wieder durchschien, dass Vissia sonst nur Wirtschaftsbücher über Investitionen, Firmenfusionen und Börsenhandel las. Das war ihre wahre Leidenschaft und der Grund, warum sie hier oben sitzen durfte, während selbst Beniamina unten herumstand und potenzielle Ehemänner anlächeln musste.
Vissia hatte das bessere Druckmittel, weil sie den Geldhahn zudrehen konnte.
Sie war acht gewesen, als sie Dad zum ersten Mal mit Börsenkursen und Aktienhandel genervt hatte. Nach bloß knapp zwei Wochen hatte Dad kapituliert und Vissia zehntausend Dollar investieren lassen – eine Summe, die er problemlos verschmerzen konnte, weil er davon ausgegangen war, dass Vissia das Geld leichtfertig verlieren würde.
Stattdessen hatte sie das Achtzigfache an Gewinn reingeholt. Knapp drei Jahre lang hatte er Vissia wieder und wieder nur zehntausend Dollar investieren lassen, um auszuschließen, dass es purer Zufall gewesen war.
War es nicht. In bloß zwei Prozent der Fälle hatte Vissia falschgelegen, doch da sie smart war, hatte sie jeweils weniger als die Hälfte der zehntausend Dollar verloren.
Seit vorletztem Jahr managte sie unser gesamtes Vermögen, was nur Dad und wir Schwestern wussten. Nach außen hin waren wir wohlhabend, vielleicht sogar reich – in Wahrheit würde sich nie wieder jemand von uns Gedanken um Geld machen müssen.
Das war der einzige Grund für die Ausnahme. Dad erwartete von Rebecca, Beniamina und mir, dass wir irgendwann heirateten und starke, solide Partner für die Familie gewannen. Er ließ uns weitestgehend freie Hand, auch weil er keine Söhne hatte, an die er seine Unternehmen vererben konnte, aber die Hochzeiten standen deutlich sichtbar am Horizont. Vissia hingegen schaufelte das Geld praktisch mit beiden Händen rein und hatte als einzige Bedingung daran geknüpft, dass sie keinen Mann brauchte. Das Konzept von so viel Nähe und Aufmerksamkeit behagte ihr nicht.
»Dass Sidonio vier Jahre älter ist als Teodoro, sollte keine große Rolle spielen. Das Thema Alter wird bei Männern anders bewertet als bei Frauen. Ich habe eine Übersicht über ihre Vermögen. Soll ich sie holen?«, bot Vissia an.
»Ist einer von beiden verschuldet und sieht uns als Sparschwein?«
»Nein. Beide haben mehr als genug Geld, sodass es kein Motiv für die Verbindung sein sollte.« Vissia tippte mit dem Zeigefinger gegen das Buchcover. »Doch angesichts meiner Beobachtung, dass Teodoro Serafina begehrt, ist Sidonio die bessere Wahl.«
»Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen und ein ernstes Gespräch mit Teo führen.«
»Gut.« Vissia zwang ihre Mundwinkel in die Höhe. »Ich war mir nicht sicher, ob ich etwas sagen soll, weil mir zwischenmenschliche Dinge so schwerfallen.«
»Du kannst immer mit mir reden, wenn dich etwas belastet.« Ich legte die Hand auf ihren Unterarm und drückte ihn fest, weil Vissia keine sanften Berührungen mochte.
»In Ordnung. Meinst du, ich kann mir einen Liebhaber suchen?«
Die Frage traf mich ohne Vorwarnung. »Ähm …«
»Ich habe mir ein paar Gedanken darum gemacht, nachdem ich die ganzen Sexszenen in den Büchern gelesen habe. Um bei der Schachspiel-Analogie zu bleiben, habe ich als dritte Tochter nicht viel zu bieten, und Dad hat gesagt, dass ich nicht heiraten muss. Es wäre also nichts dabei, eine unverbindliche Affäre mit einem Mann zu haben. Eine rein körperliche Angelegenheit. Ich bin neugierig.«
»Warum nicht?« Ich zuckte mit den Achseln. »Du bist smart und vorsichtig. Was sollte dagegensprechen?«
»Ich habe eine Liste mit fünf potenziellen Kandidaten. Würdest du sie dir bei Gelegenheit ansehen?«
»Natürlich. Jetzt?«
»Nein. Ich muss das Buch beenden, einen Blick auf die tagesaktuellen Kurse werfen und du solltest dich auf der Party sehen lassen, bevor Dad einen Wutanfall bekommt.«
»Richtig. Wie sieht mein Lippenstift aus?«
»Makellos.« Vissia lächelte und klappte ihr Buch bereits wieder auf.
»Danke, dass du deine Erkenntnisse mit mir geteilt hast.«
Sie nickte bloß, weil sie mit Lob nicht besonders viel anfangen konnte, und ich stand auf.
Den Weg bis zur Tür und nach unten ins Wohnzimmer dachte ich über ihre Worte nach. Sid war zehn Jahre älter als ich, Teo nur sechs, aber davon hatte ich nichts, wenn Teo in Wahrheit eine andere liebte. Verdammt.
Wenn man sich auf eines verlassen konnte, dann darauf, dass man sich auf nichts verlassen konnte. Mein schöner Plan war dahin.
Mit einem tiefen Atemzug zwang ich ein höfliches Lächeln auf meine Lippen, nickte nach rechts und links, während ich mich durch die Gäste schob. Ich winkte Dad zu, damit er meine Anwesenheit definitiv zur Kenntnis nahm.
Normalerweise trafen Teo und ich uns für ein paar verstohlene Küsse am Pavillon. Auch heute hatte ich dort auf ihn warten wollen. Ich war zwar eine halbe Stunde zu früh dran, doch ich konnte ein paar Minuten gebrauchen, um meine Gedanken und Emotionen zu sortieren.
Wie schon unzählige Male zuvor trat ich auf die Terrasse und stieg scheinbar unbeschwert die Stufen in den Garten nach unten. Mit zwei, drei Blicken vergewisserte ich mich, dass mir niemand folgte, und ging zum Pavillon.
Das dichte Gras dämpfte meine Schritte, sodass Teo mich nicht kommen hörte. Er war nämlich schon da.
Obwohl Vissia mich vorgewarnt hatte, brannten Tränen in meinen Augen, als ich ihn mit Serafina sah.
Ich nahm zumindest an, dass der champagnerfarbene Stoff unter ihm zu ihrem Kleid gehörte. Noch in der gleichen Sekunde hob die Frau den Fuß, und ich erkannte Serafinas extravagante High Heels, ehe sie das Bein um Teos Hüften schlang.
Er stöhnte leise, und danach klang es, als würden sie sich küssen.
Ich hatte genug gehört. Genauso leise wie ich gekommen war, zog ich mich zurück. Dabei nahm ich tiefe Atemzüge, um nicht zu heulen. Ich würde das Haus durchqueren müssen und konnte nicht mit verschmiertem Make-up auftauchen, ohne dass mir Fragen gestellt wurden.
Je näher ich der Terrasse kam, desto höher zwang ich meine Mundwinkel. Es war alles in bester Ordnung. Es gab keinen Grund zur Sorge. Ich konnte rationalisieren, wenn es sein musste. Tatsächlich war es ja auch wirklich besser, dass ich die Wahrheit jetzt herausgefunden hatte und nicht nach der Hochzeit. Oder nach dem ersten Sex mit Teo. Wozu hatte ich eigentlich an meiner Jungfräulichkeit festgehalten? Für diesen Mistkerl? Ob Serafina überhaupt wusste, was ihr Teo so alles in mein Ohr geflüstert hatte? Das wagte ich stark zu bezweifeln, denn sie erschien mir nicht wie eine Frau, die gern teilte.
Ich wurde wütend, aber das war gut, denn Wut bedeutete gerötete Wangen und nicht etwa Tränen.
Was für ein Arschloch! Ich schnaubte und hielt nach dem erstbesten Kellner mit Tablett Ausschau, damit ich mir ein Glas Champagner genehmigen konnte. Oder fünf.
Stattdessen blieb ich an Sid hängen, der mit seinem Handy in der Hand in der dunkelsten Ecke des Raumes stand – wie immer – und die Menge beobachtete, wenn er nicht nach unten schaute.
Unsere Blicke trafen sich und mir fiel das Atmen schwer. Nicht nur, weil ich seinen eindringlichen braunen Augen kaum standhalten konnte, sondern auch aufgrund von Vissias Worten.
Weil er dich so ansieht wie die Männer in den Büchern.
Mein Herz klopfte schneller, als ich den ersten Schritt in seine Richtung machte. War das wirklich eine gute Idee? Vermutlich nicht. Aber ich war lang genug vernünftig und anständig gewesen und … wofür? Mein vermeintlicher Traummann war gerade im Garten und fickte eine andere.
Sid war direkt und vernunftgetrieben. Vielleicht konnte ich heute doch noch meine Jungfräulichkeit verlieren, und wenn es gut war, würde ich Sid das gleiche Angebot unterbreiten, das ich auch Teo unterbreitet hätte.
Sid hob bloß kaum merklich seine Augenbraue, als ich geradewegs auf ihn zusteuerte. Ich blieb vor ihm stehen und er schob sein Handy in die Hosentasche, straffte den Rücken.
»Sid.« Ich neigte den Kopf.
»Amanda.« Seine tiefe Stimme rumpelte förmlich durch meinen Körper. »Nette Party.«
»Danke. Rebecca hat sie organisiert.«
»Ich kann nicht glauben, dass dein Vater schon fünfundsechzig ist. Er sieht wesentlich jünger aus.«
»Das tut er.« Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. »Würdest du mitkommen? Ich möchte dir etwas zeigen.«
Es war unmöglich zu sagen, was er dachte, denn sein Gesicht verriet nichts. »Gern.«
Bevor meine Nervosität überhandnahm und mein Lächeln vor Aufregung bröckelte, drehte ich mich um. Mein Herz klopfte wie wild, ich spürte jeden einzelnen Schlag so deutlich, dass es mich paranoid machte.
Glücklicherweise hielt mich niemand auf, als ich den Raum durchquerte, Sid direkt hinter mir. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er da war. Ich konnte seine Präsenz spüren. Verkalkulierte ich mich? Würde er mich gleich zurückweisen?
Offenbar nicht, denn er folgte mir anstandslos über die Treppe in den ersten Stock. So schnell würde sich niemand hierher verirren, auch wenn ich ihn sicherheitshalber bis in den nächsten Nebengang führte.
Die Implikatur war klar. Wir sollten beide nicht hier sein, schon gar nicht allein. Sollte mein Vater jetzt auftauchen, würde er Sid aus Sorge um meine »Ehre« zwingen, mich zu heiraten. Obwohl wir alle krampfhaft das böse Wort mit M vermieden, hielten wir uns an die altmodischen Traditionen und Strukturen der Mafia – unabhängig davon, wie oft wir behaupteten, bloß Unternehmer und Geschäftsleute zu sein. Immer schön vage bleiben.
Sid wusste es, ich wusste es. Und er war trotzdem mitgekommen. Vissia hatte also recht gehabt.
Das Blut rauschte in meinen Ohren, als ich die Hand ausstreckte und sie auf Sids Brust legte, ehe ich mich vorbeugte. Er war groß genug, um mich auf die Zehenspitzen zu zwingen, damit ich ihn küssen konnte. Und er bewegte sich nicht, bis meine Lippen seine berührten. Die Initiative war zweifellos von mir ausgegangen. Das konnte ich nicht leugnen.
Doch es war wenig überraschend Sid, der sofort die Kontrolle übernahm. Als ich den Mund für seine Zunge öffnete, schlang er den Arm um meine Taille und zog mich ruckartig an sich.
Es war ganz anders, als Teo zu küssen, den bisher einzigen Mann, dessen Zunge ich sonst berührt hatte.
Sid war viel aggressiver und leidenschaftlicher und hemmungsloser. Dagegen wirkte Teo schüchtern, was vermutlich daran lag, dass er an Serafina gedacht hatte und sich wahrscheinlich hatte überwinden müssen, um mich zu küssen.
Sid musste sich nicht überwinden. Er hielt mich fest, schob die andere Hand in mein Haar und ließ gar nicht zu, dass ich das Tempo vorgab.
Ich keuchte auf, als ich mit dem Rücken gegen die Wand stieß und Sids Finger auf meinem Oberschenkel spürte. Begierde flackerte in mir auf. Ich wollte mehr – zum ersten Mal. Mit Teo war ich nie richtig erregt gewesen, doch ich hatte mir eingeredet, dass es an der permanenten Angst gelegen hatte, vielleicht erwischt zu werden.
Die Angst hatte ich jetzt auch, aber sie war mir egal. Viel wichtiger war es, Sids Finger zwischen meinen Schenkeln zu spüren. Er strich über den Schritt meines Höschens und entlockte mir ein Wimmern, weil er im gleichen Moment meinen Hals küsste.
Ich hielt mich an seinen starken Schultern fest und war mir mit einem Mal sicher, eine sehr, sehr gute Entscheidung getroffen zu haben. »Wir … wir sollten in mein Zimmer gehen«, brachte ich mit rauer Stimme hervor und stöhnte dann leise, als Sid meine Klit mit dem Daumen massierte. Ich wollte dringend den störenden Stoff zwischen uns loswerden.
Sid umfasste mein Kinn mit der anderen Hand und musterte mein Gesicht. Seine braunen Augen bohrten sich in meine. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er dachte oder sah, aber er nickte. »Nach dir.«
Er trat einen Schritt zurück, und ich atmete zittrig aus, strich die dunkelblaue Spitze meines Kleides mit den Händen glatt. Mein ganzer Körper summte, und es fiel mir verdammt schwer, einen Schritt vor den anderen zu setzen. Meine Knie waren butterweich.
Vorsichtig warf ich einen Blick um die Ecke, doch die Luft war rein. Ungesehen gelangten wir über die Treppe in das zweite Stockwerk, passierten Vissias geschlossene Zimmertür, ehe ich meine öffnete, um Sid hereinzulassen. Der erste Mann in meinem Zimmer – von meinem Vater abgesehen, doch daran wollte ich lieber nicht denken.
Sid gab mir gar keine Zeit zu grübeln, weil er die Tür mit Nachdruck schloss und mich im nächsten Augenblick wieder in die Arme zog.
Ich hatte in meiner Unerfahrenheit gedacht, es wäre bereits im Flur ein leidenschaftlicher Kuss gewesen, doch da hatte ich mich getäuscht. Nun, da wir wirklich allein und vor neugierigen Blicken sicher waren, verbarg Sid seine Begierde nicht länger.
Er küsste mich hungrig, seine Hände waren überall, und wir sanken aufs Bett, ohne dass ich überhaupt verstand, wie wir dorthin gekommen waren.
Meine Atmung ging schneller und schneller, weil Sids Finger unter meinen Slip glitten und über meine Klit rieben. Ich wusste nicht, wohin mit mir. Es fühlte sich so gut an, so verdammt gut, unglaublich gut, und ich … ich … ich …
Meine Augen rollten nach hinten, als ich kam. Ich hatte meinen ersten Orgasmus mit einem Mann, seine Hand zwischen meinen Schenkeln, sein Mund auf meinen Lippen, um das Stöhnen zu ersticken. Meine Beine zuckten, und ich war mir ziemlich sicher, dass es ihm nicht entging.
Ich wehrte mich nicht, als Sid sich aufrichtete und mich auf den Bauch drehte, damit er den Reißverschluss an meinem Kleid öffnen konnte. Er presste einen Kuss auf meinen Nacken und rollte mich zurück, zog das Kleid nach unten, warf es zur Seite.
Während ich meinen BH aufhakte, zog er sein Jackett aus und knöpfte sein Hemd auf. Ich hatte ihn nie in etwas anderem als einem Anzug gesehen und dementsprechend nicht gewusst, wie tätowiert er war. Angesichts meines ungläubigen Blickes lachte er. »Was hast du erwartet?«
»Das weiß ich auch nicht.« Ich schluckte, weil ich ihm wohl kaum sagen konnte, dass Teo eigentlich an seiner Stelle das Knie auf mein Bett hätte stützen und sich über mich beugen sollen.
Sids dunkle Augen funkelten, als er mein Höschen packte und es nach unten zog. »Du bist unfassbar sexy, Amanda.«
Ich erschauerte und biss mir auf die Unterlippe. Das hier war definitiv eine gute Idee gewesen. »Du bist auch nicht zu verachten.«
Er lachte, und ich beobachtete das Spiel seiner Muskeln, während er den Rest seiner Kleidung abstreifte.
Natürlich fiel mein Blick irgendwann auf seinen – überaus harten – Schwanz. Ein Hauch von Angst wogte durch meinen Bauch. »Ich habe noch nie … also …«
»Nicht?« Sid hob eine Augenbraue.
Ich brachte kein Wort hervor, schüttelte bloß den Kopf.
»Hm«, machte er und streichelte mein Schienbein. »Ich fühle mich geehrt.«
»Aber ich habe Kondome in der Nachttischschublade.« Meine Stimme klang einen Hauch zu schrill, doch wenigstens hatte ich es über mich gebracht, das Thema überhaupt anzusprechen.
Sid zögerte einen Moment, ein merkwürdiger Ausdruck glitt über sein Gesicht, allerdings ging es so schnell, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es mir vielleicht bloß eingebildet hatte. »Sehr vernünftig«, sagte er und bedeutete mir mit einer Handbewegung, dass ich sie rausholen sollte.
Verdammt, mein Arm zitterte wie Espenlaub, als ich die Hand ausstreckte und die Schublade aufzog. Ich holte die Packung raus und war schon wieder mit meinem Wissen am Ende. Was sollte ich jetzt tun? Sid die Kondome geben? Eins aus der Packung holen? Grundgütiger, erwartete er, dass ich ihm … half?
Mit einem Lächeln nahm er mir die Packung ab und legte sie zur Seite. »Angesichts der Tatsache, dass du vermutlich Angst hast, sollten wir dafür sorgen, dass du dich ein bisschen mehr entspannst.«
Er beugte sich vor und küsste meinen Oberschenkel. Dann die Innenseite meines Oberschenkels. Dann ein bisschen höher.
Meine Augen weiteten sich, weil es kaum falsch zu interpretieren war, was er da vorhatte.
Als seine Zunge zum ersten Mal über meine Klit strich, war ich beinahe froh, dass ich Teo mit einer anderen erwischt hatte, denn das hier war so viel besser als alles, was ich je mit Teo ausprobiert hatte. Nicht, dass wir überhaupt so weit gegangen wären.
Ich keuchte auf und bewegte mich unruhig unter Sid, weil ich mehr wollte. Offenbar verstand er mich, denn er schob zwei Finger in meine nasse Pussy und schloss die Lippen um meine Klit.
Um nicht zu schreien und die gesamte Partygesellschaft zwei Stockwerke unter uns zu alarmieren, presste ich den Handrücken gegen meine Lippen. Sid war einfach zu gut, geschickt, talentiert, perfekt!
Er saugte fester, genau als ich es brauchte, bewegte die Finger schneller, genau als ich es brauchte, und als er sie schließlich in mir krümmte, explodierte ich.
Danach schien sich kein fester Knochen mehr in meinem Körper zu befinden. Sid griff nach der Kondompackung und öffnete sie, holte den ganzen Streifen hervor und riss eine der Einzelpackungen ab.
Ich sah vollkommen gebannt zu, wie er das Kondom über seinen Schwanz rollte, während ich mit dem dringenden Verlangen kämpfte, mich für die Orgasmen zu bedanken. Allerdings hatte ich Dads Vortrag zu deutlich in den Ohren. Ich war eine Falcone. Ich bat nicht um Sachen, und ich bedankte mich nicht für das, was mir zustand. Ich nahm mir, was ich wollte. Und ich wollte Sid. Ich wollte ihn so sehr.
Sid stützte sich mit einer Hand neben meinem Kopf ab, mit der anderen umfasste er seinen harten Schwanz. »Ich werde mich bemühen, dir nicht allzu wehzutun, okay?«
»Okay«, brachte ich atemlos hervor und versuchte, locker zu bleiben. So locker wie man eben bleiben konnte, wenn man zum ersten Mal in seinem Leben spürte, wie ein harter Schwanz in einen glitt. Sid stieß gegen den Widerstand in meinem Inneren, und bevor ich mich darauf einstellen konnte, dass es wirklich und wahrhaftig passieren würde, versenkte er sich bereits bis zum Anschlag in mir.
Ich erstarrte unter ihm und holte scharf Luft. Es war irgendwie okay. Irgendwie aber auch nicht. Außerdem war es ungewohnt, etwas so Großes in mir zu haben.
»Alles in Ordnung?« Sid suchte in meinem Gesicht nach der Antwort, und mir wurde bewusst, dass ich die Fingernägel in seine tätowierten Schultern gebohrt hatte und mich an ihm festkrallte, als würde mein Leben davon abhängen.
»Ja, sorry.«
»Schon gut.« Er nahm die Hüften zurück und stieß erneut in mich, bloß ein paar Zentimeter. Der Schmerz flackerte zwar auf, doch nicht ansatzweise so schlimm wie gerade.
Mit jeder Bewegung von Sid wurde es erträglicher, bis es sich beinahe gut anfühlte. Er schob die Hand unter meinen Po, kippte mein Becken und ich stöhnte überrascht auf.
»Oh!«
Sids sinnliches Lächeln raubte mir beinahe den Verstand.
Er wurde schneller und schneller, und schließlich ertappte ich mich dabei, wie ich ihm entgegenkam. Ich verstand definitiv, warum so viele Menschen dermaßen auf Sex abfuhren.
Es flatterte trotzdem in meinem Bauch, und meine Wangen färbten sich rot, als Sid meine Hand nahm und sie zwischen meine Beine führte. »Mach’s dir selbst«, verlangte er und sah mich eindringlich an.
»Ich … also … Nein, das kann ich nicht …« Ich räusperte mich. »Ich wüsste nicht einmal wie …«
»Soll ich dir das wirklich abnehmen, Amanda? Ich bin mir ziemlich sicher, dass du genau weißt, was du willst und was du brauchst.«
Er hatte mich durchschaut, weshalb ich die vorgetäuschte Scheu ablegte und mit den Fingern meine Klit umkreiste.
»Besser«, raunte Sid und senkte den Kopf.
Ein ganz neues Feuerwerk entzündete sich in meinem Bauch, als er die Lippen um meinen Nippel schloss und daran saugte, während er mich mit gemäßigten Stößen fickte.
Meine Finger wurden schneller, er wechselte zur anderen Brustwarze, stieß tiefer in mich.
Ich stöhnte auf und spürte, wie sich meine Muskeln verkrampften, wie sich das Brennen ausbreitete.
»Du bist so sexy.« Sid ließ mich nicht aus dem Blick und rammte sich härter in mich.
Das war genau, was ich brauchte, und ich konnte es selbst nicht glauben, als der dritte Orgasmus über mich hinwegwusch.
Sid gab jegliche Zurückhaltung auf, packte meine Hüfte und fickte mich mit unglaublich harten Stößen, die ich vor ein paar Minuten wahrscheinlich nicht überlebt hätte.
Es war beinahe surreal, seinen Schwanz in mir zucken zu fühlen. Sid erschauerte und drückte einen Kuss auf meine Lippen, ehe er sich aufrichtete.
Sein Penis glitt aus mir und Sid nickte zur Badezimmertür. »Das Bad?«
»Ja.«
»Ich bin sofort wieder da.«
Mit einem Nicken wischte ich mir das Haar aus dem Gesicht und legte die Hände auf meine Wangen. Meine Haut glühte regelrecht. Ich zog trotzdem hastig die Bettdecke über mich und saß mit klopfendem Herzen da, als er zurückkam.
Keine Ahnung, was ich erwartet hatte, aber nicht, dass er sich einfach ungefragt zu mir legen würde.
Sid lächelte mich an und drückte einen Kuss auf meine Schulter. »Würdest du lieber im Sommer oder im Herbst heiraten?«
So viel dazu, erst einmal in Ruhe mit ihm zu reden. Ich zwang mich, einen lockeren Tonfall beizubehalten, obwohl mir das Gespräch jetzt schon nicht gefiel. »Eigentlich hatte ich bisher keine konkreten Pläne gefasst.«
»Dann solltest du jetzt wahrscheinlich damit anfangen.« Er grinste immer noch vollkommen zufrieden.
»Sollte ich?« Ich fürchtete, dass mir die Irritation anzuhören war, aber ich musste ruhig bleiben und mich smart verhalten. Sid war kein Idiot. Ich durfte die Kontrolle über das Gespräch nicht verlieren.
»Komm schon, Amanda, wir hatten Sex, du warst noch Jungfrau, du wirst eines Tages das Business deines Vaters übernehmen, ich bin ebenfalls der nächste in der Rangfolge, sollte meinem Dad etwas zustoßen – was hast du gedacht, was passiert?« Er hob die Bettdecke an und tatsächlich war auf dem Bettlaken ein kleiner Blutfleck zu sehen. Er war weder besonders groß noch beeindruckend, aber ein eindeutiger Beweis für das, was hier geschehen war.
Offenbar hatte ich mir zu wenig Gedanken um mögliche Konsequenzen gemacht, weil der blöde perfekte erste Kuss zwischen uns mich zu einer Idiotin hatte werden lassen. Ich hatte ihm doch meine Konditionen unterbreiten wollen und nicht umgekehrt.
Alles in mir schrie danach, ihn zum Teufel zu wünschen und aus meinem Zimmer zu werfen. Ich hatte keinen romantischen Heiratsantrag erwartet, falls es jemals so weit war, aber er hätte wenigstens fragen können, ob ich überhaupt heiraten wollte.
»Das ist nicht, was ich meine. Ich möchte nicht, dass du dich verpflichtet fühlst, mich zu heiraten«, log ich. »Bevor du denkst, dass es mein Plan gewesen wäre, dich irgendwie in die Falle zu locken. Ich wollte eigentlich nur einen Kuss, aber der war so gut, dass ich …« Meine Stimme verlor sich mit Absicht, damit die Schmeicheleien besser zogen. Er sollte glauben, dass ich seinen Plan toll fand, damit ich die Chance bekam, ihn zu sabotieren. Wenn ich mich mit Händen und Füßen wehrte, würde er mich vermutlich direkt zu meinem Vater bringen.
Vielleicht war es ja auch nur ein Missverständnis und Sid fühlte sich wirklich bloß verpflichtet.
»Ich fühle mich nicht verpflichtet. Wie der Zufall es will, bin ich sowieso nächste Woche zum Mittagessen mit deinem Vater verabredet, weil ich ihn um deine Hand bitten wollte.«
Was zum Teufel? Ich musste mir auf die Zungenspitze beißen, um nicht genau das zu fragen. Es fiel mir verdammt schwer. Wie durch ein Wunder schaffte ich es, stattdessen zu lächeln. »Und wann wolltest du mich fragen? Gar nicht?«
Sid lachte. »Natürlich hätte ich dich gefragt. Aber wir wissen beide, dass der Wille deines Vaters letztlich schwerer wiegt.«
Ich brauchte keine Übersetzung. Meine Meinung zählte nicht. Sid hätte mich vor vollendete Tatsachen gestellt und erwartet, dass ich gute Miene zum bösen Spiel machte. Wen interessierte auch schon, was das kleine Frauenzimmer dachte?
Unverhohlene Wut machte sich in mir breit. Ich wollte Sid die Augen auskratzen. Ich wollte ihm die Kehle durchschneiden und ihn langsam ausbluten lassen.
»Herbst.« Ich streckte mich neben ihm aus und legte den Kopf auf seine Brust. Und zwar nicht, um ihm den Nippel abzubeißen, wie ich es mir gerade sehr detailreich ausmalte, sondern damit er mir vertraute. »Das ist besser für die Feier. Wenn es im Sommer zu heiß ist, schwitzen die Gäste und haben schlechte Laune, die Blumen lassen die Köpfe hängen, das Make-up läuft und über die Torte müssen wir gar nicht erst reden. Vielleicht … September?«
Sid schlang den Arm um mich. »Klingt gut. Wann sagen wir es deinem Vater?«
»Morgen früh. Wir können rein theoretisch auch jetzt runtergehen, aber ich fürchte, dann kann sich jeder auf der Party denken, was wir gemacht haben. Morgen früh beim Frühstück sind nur meine Schwestern da. Das ist besser.«
»Hm«, machte Sid und drückte einen Kuss auf mein Haar. »Dann morgen früh.«
»Morgen früh«, bestätigte ich und seufzte leise, als wäre ich ganz furchtbar glücklich.
Ich war nicht glücklich. Nicht einmal ansatzweise. Aber das würde ich Sidonio Rado sicher noch begreiflich machen.
Als ich wach wurde, brauchte ich einen Moment, um mich zu erinnern, wieso die Bettwäsche, in der ich lag, rosafarben war.
Ein Lächeln umspielte meine Lippen, weil ich daran dachte, wie Amanda zu mir gekommen war, die Hand auf meine Brust gelegt und mich geküsst hatte. Besser hätte der Abend meiner Meinung nach nicht laufen können.
Ich drehte mich um und starrte in das Gesicht einer fremden Frau. Weil ich mich ruckartig aufsetzte, protestierte mein Kreislauf, aber das war mir egal.
»Wer zur Hölle bist du?«
»Anita, Sir.«
Meine Augen wurden schmal und ich riss die Bettdecke zur Seite. Sie trug die verdammte Uniform der Hausangestellten. »Wo ist Amanda?«
»Das weiß ich nicht, Sir.« Sie konnte meinem Blick kaum standhalten und senkte eilig den Kopf.
Mit einem Fluch auf den Lippen schwang ich die Beine aus dem Bett. Meine nackten Beine. Ich sah mich um. An diesem Punkt überraschte es mich nicht, dass von meiner Kleidung keine Spur zu sehen war.
Sobald ich Amanda in die Finger bekam, würde ich sie erwürgen. So viel stand fest. Dieses diabolische Miststück! Was bezweckte sie mit dieser Aktion?
Ich stand auf und wickelte die Bettdecke um meine Hüften, während Anita sich hastig mit roten Wangen bekreuzigte.
Meine Schritte hallten durch das Haus, als ich über die Stufen nach unten stapfte. Ich gab mir weder Mühe, meine Anwesenheit zu verbergen, noch meine Laune. Da ich oft genug in Falcones Haus gewesen war, fand ich ohne Probleme zum Esszimmer.
Ich klopfte bloß knapp an den Türrahmen, ehe ich eintrat. Falcone sah von dem Tablet hoch, auf das er geschaut hatte, seine Kaffeetasse verharrte auf halber Strecke zum Mund. »Sidonio.« Sein Blick wanderte über mich. »Würdest du die Freundlichkeit besitzen, mir zu erklären, wieso du in diesem Aufzug an meinem Frühstückstisch stehst?« Er lächelte schmallippig, aber sein Tonfall klang alles andere als freundlich. Kein guter Start.
»Ich hätte mich angezogen, aber Amanda war so freundlich, meine Kleidung zu verstecken, nachdem ich die Nacht in ihrem Bett verbracht habe.«
Geronimo Falcone stellte seine Kaffeetasse mit einem lauten Klacken ab. »Wie bitte?«
Bevor auch nur der leiseste Zweifel an meiner Aussage aufkam, beschloss ich, mich lieber so deutlich wie nur irgendwie möglich auszudrücken. »Ich habe Amanda entjungfert und bin fest entschlossen, sie zu heiraten.«
Amanda lachte. Sie lachte. »Oh Gott, das ist zu gut.«
Mein Blick hätte sie eigentlich zum Schweigen bringen müssen, doch er prallte einfach an ihr ab.
»Du«, sie deutete auf mich, »mein Lieber, musst gestern wirklich zu viel gebechert haben. Du hast die Nacht in der Tat in meinem Bett verbracht, allerdings nicht mit mir. Als ich schlafen gehen wollte, lag Sid splitterfasernackt in meinem Bett, Anita in seinen Armen. Und geschnarcht hat er auch. Ich fand es zwar unangemessen, wollte aber nicht stören und habe die Nacht bei Vissia verbracht.«
Amandas jüngere Schwester schaute von dem Buch auf, das neben ihrem Teller lag. »Das stimmt. Amanda hat bei mir geschlafen.«
Falcone sah an mir vorbei, und ich stellte fest, dass Anita sich im Türrahmen hinter mir herumdrückte. »Anita? Ist es so passiert?«
»Es tut mir leid, Mr Falcone. Wirklich. Mr Rado ist betrunken durch den Flur getorkelt und hat mich für Amanda gehalten. Ich wollte, dass er sich wenigstens kurz hinsetzt, damit ich Hilfe holen kann. Aber dann hat er sich direkt hingelegt und hat mich mit sich gezogen. Er lag halb auf mir drauf und ist eingeschlafen. Ich konnte mich einfach nicht befreien.«
»Nicht ein Wort davon stimmt«, fuhr ich dazwischen. »Ich könnte gar nicht genug trinken, um die beiden zu verwechseln.«
Anita hatte helle Haare und konnte kaum größer als 1,50 Meter sein, was der Geschichte natürlich zugutekam. Sollte sie unter mir liegen, würde sie sich wirklich nicht befreien können. Amanda mit dem halblangen braunen Haar reichte mir hingegen fast bis zum Kinn und war wesentlich kurviger. An den richtigen Stellen kurvig.
»Du nennst meine Töchter also Lügnerinnen?«
»Ja. Sie haben sich ganz offensichtlich gegen mich verschworen.«
Falcone glaubte mir nicht ein Wort, das konnte ich ihm an der Nasenspitze ablesen. Rebecca schob sich an mir vorbei und betrachtete mich von oben bis unten. »Ha«, machte die zweitälteste Falcone-Schwester. »Und ich habe gedacht, mein Horoskop übertreibt, als es von einem aufregenden Tag gesprochen hat.« Sie warf Amanda einen Blick zu und neigte ganz leicht den Kopf.
Ich war mir sicher, dass ihr Vater es nicht mitbekam, weil er damit beschäftigt war, mich in Grund und Boden zu starren. Doch ich hatte noch ein Ass im nicht vorhandenen Ärmel. »Ich kann es beweisen.«
»Ach ja?« Amanda blieb ruhig. Zu ruhig. Sie wusste mehr als ich. Das war … wahrscheinlich nicht gut.
»Ja.«
»Wie?« Geronimo Falcone verschränkte die Arme.
»Ich bin sofort wieder da.«
Amanda stand auf. »Wir sollten besser mitgehen. Sid ist ganz offensichtlich verwirrt.«
Oh, ich würde sie verdammt noch mal erwürgen, sobald ich die Gelegenheit dazu bekam.
Mit steifen Schritten verließ ich das Esszimmer und wusste wirklich nicht, was ich getan hatte, dass ich es verdiente, nur mit einer Bettdecke bekleidet vor Geronimo Falcone die Treppe hinaufzusteigen. Ich wollte seinen Respekt und mit ihm Geschäfte machen, nachdem ich seine sexy Tochter geheiratet hatte. Seine sexy Tochter, die in Wahrheit eine doppelzüngige Schlange war.
Mir wurde mein Fehler klar, als ich das Schlafzimmer betrat. Rebecca war nicht zu spät zum Frühstück gekommen. Sie hatte gewartet, bis ich das Zimmer verlassen hatte. Das Bett war frisch gemacht, das blutige Bettlaken verschwunden. Schlimmer noch: Meine Sachen lagen ordentlich gefaltet auf der Bank, die vor dem Fußende stand.
In meiner Verzweiflung ging ich ins Bad, aber auch hier hatten die Schwestern ganze Arbeit geleistet – das Kondom war nicht mehr im Mülleimer.
Mit einem Seufzen drehte ich mich um. Für den Moment musste ich mich geschlagen geben. Ich hatte keine andere Wahl.
Geronimo Falcone sah mich gespannt an, Amanda, Rebecca und Vissia lächelten höflich wie mustergültige kleine Engel, als Beniamina in den Raum geschlurft kam. Die jüngste Schwester war noch im Schlafanzug, rieb sich über die Augen und gähnte. »Okay«, sagte sie und kratzte sich am Kopf. »Das erklärt den Lärm gestern Abend im Flur. Hübsche Tattoos, Sid.«
»Beniamina!«, schrie ihr Vater und deutete zur Tür.
»Ist ja schon gut.« Sie beäugte mich trotzdem ausgiebig. »Irgendjemand muss mir gleich die Story erzählen. Aber erst gehe ich duschen.«
Ich knirschte mit den Zähnen, meine Fingerknöchel traten weiß hervor, weil ich die Bettdecke zu fest umklammerte. »Geronimo, ich fürchte, ich muss mich entschuldigen. Offensichtlich habe ich zu viel getrunken.« Jedes Wort war wie eine Rasierklinge auf meiner Zunge.
Er schwieg einen Moment lang, ehe er mit den Achseln zuckte. »Schon gut. Ist ja nichts passiert. Aber du solltest dich jetzt anziehen. Den Weg zur Tür findest du allein?«
»Natürlich.«
Der Herr des Hauses drehte sich um und seine Töchter taten es ihm gleich. Ich starrte Amanda an und fing ihren Blick auf, als sie sich abwandte. Sie lächelte, aber es erreichte ihre Augen nicht.
Ich hingegen lächelte gar nicht erst. Hoffentlich war ihr klar, wie dumm es war, dass sie mich gegen sich aufgebracht hatte. Das zwischen uns war noch nicht vorbei.
Jetzt
»Sollen wir …«, begann ich, kam aber nicht weit, weil Rebecca mit den Augen rollte.
»Ich schwöre, dass ich dich erwürge, wenn du mich jetzt zum hundertsten Mal fragst, ob wir sicherheitshalber noch einmal den Plan durchgehen sollen. So komplex ist er auch wieder nicht. Du suchst Bacco und redest mit ihm, ich behalte von der Bar aus den Raum im Auge. Beim ersten Anzeichen von Ärger löse ich mich in Luft auf. Bist du jetzt zufrieden?«
Ich war weit davon entfernt, zufrieden zu sein, aber ich wollte meine Schwester nicht unnötig beunruhigen. Zufrieden wäre ich erst, wenn ich Bacco Dondero dazu bekommen hatte, meinem haarsträubenden Vorschlag zuzustimmen.
Als der Wagen hielt, schloss Rebecca ihr Tageshoroskop im Browser ihres Handys, murmelte etwas über Abenteuer und Fremde und warf dann einen letzten Blick auf die Bilder der Mitglieder der Familien Santarelli und De Lucca, die wir hatten auftreiben können. Dort führten unsere momentan einzigen Spuren hin.
Sie ließ das Handy sinken. »Es gibt Tage, da wache ich morgens auf und kann einfach nicht glauben, dass Dad tot ist. Er hat immer so … unverwundbar gewirkt.«
Meine Kehle zog sich zusammen. »Ich weiß. Geht mir nicht anders. Aber er hat uns oft genug vorgewarnt, dass es wahrscheinlich genauso passieren wird, wie es passiert ist. Deshalb waren wir so gut vorbereitet.«
»Das lindert den Schmerz nur bedingt.«
Ich nahm Rebeccas Hand und drückte sie. Meine Schwester lächelte mich traurig an.
»Irgendwann wird es besser werden«, sagte ich.
»Sobald wir die Schuldigen getötet haben, nehme ich an.« Rebecca zog den Ärmel ihres schwarzen Kleides zurecht. »Sollen wir? Die Verlobungsfeier besucht sich ja nicht von allein.«
Wir stiegen aus, und wie zu erwarten, erregten wir sofort Aufsehen, weil wir uns seit Dads Beerdigung nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hatten. Dazu fielen wir durch die schwarze Trauerkleidung auf, denn eine Verlobung war immerhin Anlass zur Freude. Wobei ich mir da gar nicht so sicher war, wenn ich an meine eigene Zukunft dachte.
Mein Magen verkrampfte sich, weil sich alles in mir sträubte, das Haus überhaupt zu betreten, doch für meine Schwestern würde ich es tun. Für meine Schwestern würde ich alles tun.
Mir war übermäßig bewusst, wie viele der anwesenden Männer uns musterten wie Beutetiere. Ich kannte das Spiel nur zu gut. Alleinstehende junge Frauen ohne großen Beschützer, dafür aber mit einem lukrativen Business, einer Menge Kontakte und nicht gerade wenig Einfluss – wir waren der Hauptpreis der Tombola.
Deshalb hatte ich auch lediglich Rebecca mitgebracht, sie war argwöhnisch genug, um auf der Hut zu bleiben. Vissia war zu schnell in ihrer eigenen Welt unterwegs und sah die Gefahr vielleicht nicht kommen, und Beniamina neigte dazu, sich selbst maßlos zu überschätzen. Die beiden standen zu ihrem Schutz unter Hausarrest, bis ich die Situation geregelt hatte. Nicht dass der Hausarrest eine von beiden daran gehindert hätte, trotzdem ihren Tagesabläufen nachzugehen.
Rebeccas Blick war wachsam, als sie sich von mir löste und auf die Bar zusteuerte. Ich wusste, dass ich mir um sie keine Sorgen machen musste. Auch aufgrund der Glock in ihrer Handtasche.
Ich hielt Ausschau und entdeckte Bacco Dondero in der Nähe der großen Glastüren, die nach draußen in den weitläufigen Garten führten. Der Weg dorthin kostete mich beinahe fünf Minuten, weil ich unterwegs immer wieder anhalten und Beileidsbekundungen entgegennehmen musste. Meine Mundwinkel waren bereits völlig verkrampft, als ich vor Bacco stand.
»Amanda.« Er nahm meine Hand und drückte sie. »Wie geht es euch?«
»Den Umständen entsprechend.« Ich erwiderte den Druck seiner Finger. »Können wir vielleicht irgendwo unter vier Augen reden?«
»Aber selbstverständlich. Wie wäre es mit der Bibliothek?«, schlug der Hausherr und Gastgeber des heutigen Abends vor, während er Bacco zunickte.
»Danke.« Ich neigte den Kopf und Bacco ging voraus.
Von hinten erinnerte er mich mit seinem weißen Haar und den breiten Schultern unter den Nadelstreifenjackett so schmerzhaft an Dad, dass ich für einen Moment an meinem Plan zweifelte. Dann rief ich mir meine Schwestern ins Gedächtnis. Es wäre ja alles nur platonisch. Das musste ich mir bloß immer wieder sagen.
Bacco schloss die breiten Flügeltüren hinter uns. »Was bedrückt dich, Kind?«
Ich faltete die Finger und konzentrierte mich darauf, nicht die Fassung zu verlieren. »Ich sollte möglichst bald heiraten.«
Er zeigte keine Reaktion, denn meine Aussagen kamen nicht überraschend oder auch nur unerwartet.
Ich nahm einen tiefen Atemzug. »Ich hatte an dich gedacht.«
Baccos Augen weiteten sich, und es dauerte einen Moment, ehe er ungläubig den Kopf schüttelte. »Das kann nicht dein Ernst sein, Kind. Ich bin alt genug, um dein Vater zu sein.«
»Und das macht dich zur perfekten Wahl. Ich brauche keinen Ehemann, ich brauche einen Geschäftspartner. Dad hat dir immer vertraut, du hast genug eigene Kinder, alle erwachsen, und mich stört es nicht, wenn du Carmela weiterhin besuchst. Es wäre eine rein geschäftliche Angelegenheit. Du bekommst mehr Einfluss und ich muss nicht länger alle zwei Minuten über meine Schulter schauen.«
Bacco ging zu einem der Lesesessel und setzte sich hin. Mit beiden Händen wischte er sich übers Gesicht. »Woher weißt du von Carmela?«
»Wir sind Frauen, Bacco, das macht uns nicht automatisch dumm. Und mich stört nicht, dass du eine Geliebte hast oder wie oft du sie besuchst. Wie schon gesagt: Ich bin lediglich an einem Geschäftspartner interessiert.«
Er dachte lange nach. »Kluger Schachzug, wirklich. In deinem besten Interesse. Aber … ich kann nicht. Aus diversen Gründen. Vom Alter mal ganz abgesehen. Uns trennen vierzig Jahre, das ist nicht, was du willst, Kind.«
Ich hatte befürchtet, dass er so reagieren würde, und biss die Zähne zusammen. Natürlich hatte ich einen Alternativplan, doch der war längst nicht so optimal. »Was ist mit Giulio? Ist er bereits verlobt oder hat sich eine Frau ausgesucht?«
Giulio war Baccos ältester Sohn und halbwegs anständig – soweit ich das beurteilen konnte.
»Ich glaube nicht, aber er wird dir das Gleiche sagen.«
»Dass er mich nicht heiraten will?« Meine Stimme klang gereizt, weil ich nicht verstand, was hier passierte. Warum war Bacco nicht voller Enthusiasmus auf mein Angebot eingegangen?
»Ja. Er kann nicht. Ich kann auch nicht.«
Ich stützte eine Hand in die Taille und bemühte mich, ruhig zu bleiben. »Und wieso genau könnt ihr nicht?«
Hinter mir wurden die großen Flügeltüren geöffnet. Ich erstarrte, als ich Sids Stimme hörte.
»Weil du genau weißt, wen du heiraten wirst, Amanda.«
Ich behielt den Eingangsbereich die ganze Zeit im Auge, und als Amanda hereinkam, konnte ich den Triumph förmlich auf der Zunge schmecken.
Zwei Jahre hatte ich auf diesen Moment gewartet. Eigentlich hatte ich bereits direkt nach der Beerdigung zuschlagen wollen, auch wenn es etwas geschmacklos war, doch als ich beim Anwesen der Familie Falcone angekommen war, hatte ich es verlassen vorgefunden.
Die Schwestern hatten ganze Arbeit geleistet. Das Haus war vollkommen leer gewesen, keine Möbel in den Räumen, keine Bilder an den Wänden, alles war weg gewesen – die Frauen eingeschlossen.
Ich hatte mich in der ganzen Stadt umgehört, doch die Schwestern waren smart und untergetaucht. Spurlos in Luft aufgelöst hatten sie sich.
Da klar gewesen war, dass sie irgendwann zurückkehren würden, hatte ich beharrlich gewartet und dabei jeden Mann eingeschüchtert, der auch nur erwähnt hatte, sich für eine der Schwestern zu interessieren.
Amanda war bereits so gut wie meine Ehefrau, und sobald ich sie geheiratet hatte, würden auch die anderen drei Schwestern zu meiner Familie gehören. Und damit standen sie unter meinem Schutz. Das hatte ich unmissverständlich klargemacht.
Ich wusste zwar noch nicht, wer die Villa der Falcones angezündet hatte, aber ich würde es herausfinden.
Meine zukünftige Frau war mit Rebecca gekommen. Ich musste Tristano, meiner rechten Hand und meinem besten Freund, nur einen Blick zuwerfen, damit er sich an Rebeccas Fersen heftete. Dieses Mal würden die Schwestern mich nicht austricksen. Ich hatte meine Lektion nach der ersten Niederlage gelernt.
Amanda straffte die Schultern und steuerte auf Bacco Dondero zu. Nachdem sie ein paar Worte gewechselt hatte, folgte sie ihm zur Bibliothek. Interessant. Was ausgerechnet die beiden wohl zu bereden hatten?
Ich löste mich von der Wand und folgte ihnen. Es war mir völlig egal, ob mich jemand dabei sah, wie ich das Ohr ungeniert gegen die Tür presste, ich würde mit Sicherheit nicht den gleichen Fehler zweimal machen. Die Falcone-Schwestern waren nicht zu unterschätzen.
Ein Lächeln umspielte meine Mundwinkel, als ich Amandas Vorschlag hörte. In der Tat ein brillanter Schachzug von ihr – das musste ich mir neidlos eingestehen. Bacco war als Ehemann eine gute Wahl.
Allerdings wusste ich mehr als Amanda. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, dass kein Mann in der Stadt sie heiraten würde. Jedenfalls nicht, sollte er an seinem Leben hängen.
Ich hätte am liebsten gelacht, als ich die Frustration in Amandas Stimme hörte. Das Gespräch lief offensichtlich nicht, wie sie es sich vorgestellt hatte.
»Dass er mich nicht heiraten will?«, fragte sie.
Bacco erwiderte: »Ja, er kann nicht. Ich kann auch nicht.«
»Und wieso genau könnt ihr nicht?«, wollte Amanda wissen.
Da der jetzige Zeitpunkt ebenso gut wie jeder andere war, öffnete ich die großen Flügeltüren.
»Weil du genau weißt, wen du heiraten wirst, Amanda«, sagte ich.
Langsam drehte sie sich um. In ihren Augen loderte Wut, nackt und unverhohlen. Sie sah aus, wie ich mich am Morgen nach unserer gemeinsamen Nacht gefühlt hatte. »Nein, werde ich nicht.«
»Und ob du wirst.« Ohne den Blick von ihr zu lösen, fügte ich hinzu: »Lass uns bitte allein, Bacco.«
»Er kann hierbleiben.« Amanda begann mit der Fußspitze auf den Boden zu tippen. Sie spielte die Rolle der angepissten Mafia-Prinzessin beinahe zu gut.
Ich überließ Bacco die Entscheidung, aber mein Gesichtsausdruck machte klar, dass es eigentlich nur eine richtige Wahlmöglichkeit gab.
Er senkte den Kopf, murmelte eine Entschuldigung und eilte aus dem Raum. Netterweise schloss er auf dem Weg nach draußen die Türen.
Amanda schüttelte den Kopf. »Das ist lächerlich. Ich will dich nicht heiraten.«
»Ich weiß. Das hast du nach unserer gemeinsamen Nacht sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.«
»Welche gemeinsame Nacht? Du halluzinierst, Sid.« Sie rümpfte ihre kleine Nasenspitze.