THE LAST STARFIGHTER - Alan Dean Foster - E-Book

THE LAST STARFIGHTER E-Book

Alan Dean Foster

0,0
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Durch sein meisterhaftes Spiel an einem Arcade-Spiel – Starfighter – zieht der 18-jährige Alex Rogan, ein Teenager aus einer Wohnwagen-Siedlung, die Aufmerksamkeit Außerirdischer auf sich. Er wird auf den Planeten Rylos entführt, wo man ihn zum Raumjäger-Piloten ausbildet. Mit seinem Raumschiff – dem letzten Sternenjäger – nimmt er den Kampf gegen eine feindliche Armada auf, denn nur er kann die Zerstörung der Galaxis durch das Volk der Ko-Dan verhindern...

The Last Starfighter von Alan Dean Foster ist die mitreißende Roman-Adaption des gleichnamigen Science-Fiction-Action-Films aus dem Jahr 1984 (Regie: Nick Castle), der damals vor allem in tricktechnischer Hinsicht völlig neue Maßstäbe setzte – mit Lance Guest als Alex Rogan, Catherine Mary Stewart als Maggie Gordon, Dan O'Herlihy als Grig und Dan Mason als Lord Kril.

Der Apex-Verlag veröffentlicht The Last Starfighter in seiner Reihe Science-Fiction-Klassiker.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



ALAN DEAN FOSTER

THE LAST STARFIGHTER

Roman

Apex SF-Klassiker, Band 41

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

THE LAST STARFIGHTER 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

 

Das Buch

Durch sein meisterhaftes Spiel an einem Arcade-Spiel – Starfighter – zieht der 18jährige Alex Rogan, ein Teenager aus einer Wohnwagen-Siedlung, die Aufmerksamkeit Außerirdischer auf sich. Er wird auf den Planeten Rylos entführt, wo man ihn zum Raumjäger-Piloten ausbildet. Mit seinem Raumschiff – dem letzten Sternenjäger – nimmt er den Kampf gegen eine feindliche Armada auf, denn nur er kann die Zerstörung der Galaxis durch das Volk der Ko-Dan verhindern...

The Last Starfighter  von Alan Dean Foster ist die mitreißende Roman-Adaption des gleichnamigen Science-Fiction-Action-Films aus dem Jahr 1984 (Regie: Nick Castle), der damals vor allem in tricktechnischer Hinsicht völlig neue Maßstäbe setzte – mit Lance Guest als Alex Rogan, Catherine Mary Stewart als Maggie Gordon, Dan O'Herlihy als Grig und Dan Mason als Lord Kril.

Der Apex-Verlag veröffentlicht The Last Starfighter in seiner Reihe Science-Fiction-Klassiker.

THE LAST STARFIGHTER

Für meinen Neffen Daniel

  Erstes Kapitel

Das xurianische Raumschiff explodierte in einer hellen Stichflamme, die nach und nach wieder in sich zusammensank, als Alex seinen Gunstar durch den größer werdenden feurigen Ball aus heißem Gas und geschmolzenem Metall steuerte. Von allen Seiten kamen sie jetzt herangeschossen, und er musste seine Anstrengungen verdoppeln, um ihren Angriffen auszuweichen.

Wenn er den Kampfverlauf richtig eingeschätzt hatte, musste sich jetzt drüben im vierten Quadranten ein Schwarm Ko-Dan-Kämpfer sammeln und versuchen, ihn von der Flanke her anzugreifen. Entschlossen setzte Alex seinen Vorstoß fort. Unerbittlich verfolgte er das Kommandoschiff der Ko-Dan und löschte eine feindliche Angriffswelle nach der anderen vom Bildschirm.

Und wie sie kamen! Ein ganzer Haufen bedrängte ihn jetzt von der Seite. Aber er war bereit. Die Ko-Dan waren heldenhafte Kämpfer, und sie wogten in endlos neuen Reihen heran, aber wenn man schnell genug reagierte, dann konnte man mit ihnen fertig werden. Es gelang Alex, sich einen Weg durch den Angriffssturm zu bahnen, während die Angreifer hinter ihm ziellos durcheinanderwirbelten und versuchten, sich neu zu formieren.

Zu spät für sie, dachte er grimmig. Seme Finger waren wie verwachsen mit den Schalthebeln des Gunstar, und er konzentrierte sich voll auf das Kampfgeschehen auf dem Bildschirm, ohne auch nur eine Sekunde nach rechts oder links zu schauen. Mehr als den Bildschirm brauchte er nicht. Antriebskraft war genügend vorhanden, die Waffen waren alle noch funktionstüchtig. Er musste allerdings mit der List der Ko-Dan rechnen. Immer wenn man glaubte, ihnen endgültig entwischt zu sein, tauchte eine neue Welle von Kämpfern auf und ging sofort zum Angriff über.

Aber jetzt war er durch, er hatte sie alle geschafft, und das Hauptziel lag direkt vor ihm.

»Ko-Dan-Kommandoschiff voraus«, gab der Computer monoton bekannt. »Fertig machen zum Entscheidungskampf.«

Plötzlich überschwemmte eine Unzahl kleiner Lichter den Bildschirm. »Feindliche Kampfgruppen in Sektor drei, sechs und sieben. Rasche Annäherung.«

Die wollen mich einschließen, dachte Alex grimmig. Sollen sie doch! Er wusste Bescheid. Er drückte die Taste für das Ausweichmanöver. Der Gunstar wurde heftig hin- und hergeworfen, die Bilder auf dem Gefechtsmonitor änderten ihre Position, als er seitlich ausbrach, um dem neuen Angriff auszuweichen, während er immer noch versuchte, den Kurs auf das Kommandoschiff beizubehalten.

Plötzlich flutete rotes Licht über den Bildschirm, und Alex' Finger an den Schalthebeln begannen zu zittern. Warnlichter gingen überall auf dem Gefechtsmonitor an. Alex wusste, was das bedeutete: Ende der Sauerstoffversorgung bevorstehend, Ende der Feuerbereitschaft bevorstehend, Ende... Ende...

Die Wucht, mit der ein Volltreffer ins Heck des Gunstar einschlug, brachte den ganzen Bildschirm zum Flimmern. »Verlust an Geschwindigkeit«, meldete der Computer traurig, fast entschuldigend. Mechanisch nahm Alex die Finger von den Schalthebeln. Zu spät. Zu spät, um nach einem neuen Angriffsplan vorzugehen. Zu spät, der letzte Vernichtungsschlag konnte nicht noch einmal rückgängig gemacht werden. Es war jetzt nur noch eine Sache von Sekunden. Die Kämpfer der Ko-Dan kannten keine Gnade.

Noch einmal rauschte ein Flimmern über den Bildschirm, das jede Sicht unmöglich machte. Dann war alles aus. Sem Raumschiff war zerstört.

Er war tot.

Alex Rogan seufzte, als der Kampfmonitor ein letztes Mal zum Leben erwachte.

IHR GUNSTAR WURDE ZERSTÖRT. MIT IHRER PUNKTEZAHL BELEGEN SIE AN DIESEM AUTOMATEN DEN ERSTEN PLATZ. BITTE MÜNZE FÜR NEUES SPIEL EINWERFEN!

Ein Vierteldollar. Fünfundzwanzig Cents, und alles konnte wieder von vorn beginnen. Das war nicht zu teuer. Alex warf die Münze in den Automaten. Eine künstliche Stimme schnitt durch die abgestandene Morgenluft, herausfordernd und voll kosmischer Bedeutung. WIR GRÜSSEN SIE, STARFIGHTER! SIE SIND VON DER LIGA REKRUTIERT WORDEN, DIE GRENZE GEGEN XUR UND DIE ARMADA DER KO-DAN ZU VERTEIDIGEN.

»Ja, ich weiß, ich weiß«, sagte Alex ungeduldig. »Stell schon die Ziellichter an!« Er legte beide Hände an das Steuerpult und wartete darauf, dass das Spiel anfing.

Die Leuchtanzeige über dem Gemischt warenladen der Wohnwagensiedlung auf seiner linken Seite knallte, zischte, summte und flackerte. Manchmal war nur ARLIG ARBI zu lesen, manchmal TARGHT IGHT, manchmal ergab das Ganze aber auch einen Sinn. So wie heute.

STARLIGHT STARBRIGHT

Die eigentliche Wohnwagensiedlung breitete sich auf dem sandigen Gelände hinter dem Laden aus. Die Wohnwagensiedlung, das war Alex' Zuhause. Seine Mutter war hier der Chef. Sein Vater... Alex konzentrierte sich auf den Anfang des Spiels. Seinen Vater gab es schon lange nicht mehr. Ein oder zwei Bilder auf dem Nachtkästchen im Schlafzimmer seiner Mutter, Photographien, mehr nicht. Keine wirkliche Person. Alex stürzte sich in den Kampf mit den Ko-Dan. Die Wohnwagensiedlung war eine in sich geschlossene, kleine Gemeinde am Stadtrand von Nowhereville in Kalifornien. Ein kleines Dorf aus Wellblech, Fiberglas und Plastik. Nur wenige Leute hielten hier auf der Durchreise, um die Anlage zu benützen. Starlight, Starbright war keines der Ferienmekkas im Süden Kaliforniens, und seine Bewohner waren damit zufrieden. Hier herrschten dafür Frieden, Ruhe und Geborgenheit.

Für Alex war es zum Verrücktwerden.

Zur gleichen Zeit, als er an den Schalthebeln des Spiels zog und rüttelte, wachte die Siedlung um ihn herum allmählich auf. Man muss wirklich lachen über die Laute, die so eine Gemeinschaft produziert, wenn sie am Morgen anfängt, sich zu regen. Toaster rasten ein, aus Filtermaschinen tropft der fertige Kaffee, Saftpressen machen schmatzende Geräusche, die Kinder beklagen sich (»Mami, ich hab' dir doch gesagt, dass ich den Orangensaft nicht trinken kann, wenn das ganze Fruchtfleisch drin herumschwimmt... Es bleibt immer an der Zahnklammer hängen!«), Elektrorasierer, scheren männlichen Haarwuchs, an allen Ecken gurgelt es, und Erwachsene mittleren Alters schnaufen vor Anstrengung, wenn sie sich der täglichen Morgengymnastik unterziehen.

Hinter dem Laden begann ein Radio nach dem anderen zu plärren. Überwiegend Country-Western, nur hier und da ein paar verstohlen daruntergemischte Rockklänge. Laut wurde der Preis für Schweinebauch bekanntgegeben, dazu hörte man Nachrichten aus dem Nahen Osten und unsichtbare Vertreter, die von der Unterhose bis zum Lieferwagen alles im Angebot hatten. Mit keckem Piepsen versuchten Finken und Spatzen, sich über diesem Lärm Gehör zu verschaffen, und ab und zu drang von der Straße draußen das Stottern eines vorbeifahrenden Autos herein.

»Ganz seltsame Lichter, und ich habe sie wirklich gesehen, hoch droben am Himmel«, sagte voll Nachdruck eine Stimme in der örtlichen Talk-Show.

»Aber sicher, aber sicher, Mrs. Granwaters.« Die aufgesetzte Sympathie in der Stimme des Showmasters war deutlich zu hören, man sah ihn förmlich seinem unsichtbaren Publikum zuzwinkern, als er die nächste Frage stellte. »Also, wie viele Farben, haben Sie gesagt, waren es?«

Ein älterer Mann in T-Shirt, verblichenem Arbeitsanzug und zerknautschter Mütze mit dem Abzeichen seines Veteranenvereins öffnete die Tür des Wohnwagens, der gleich rechts neben dem Laden stand. In der Hand hielt er eine große, mit Hundefutter gefüllte Schüssel. Er setzte sie vor einem Jagdhund auf den Boden, für dessen Rasse man auf Spekulation angewiesen war, und kraulte dem Tier die langen Ohren, als es fraß.

Dann stand er auf und inspizierte das Thermometer, das an die Außenwand seines Wohnwagens genagelt war. Früher hatte er den Stand der Quecksilbersäule sogar von der anderen Seite der Straße lesen können. Jetzt musste er die Augen zusammenkneifen.

»Schon über dreißig.« Er beäugte den Hund. »Wird 'n toller Tag, Mr. President. Geb' ich meine Hand drauf.«

Ein lauter Ruf lenkte Alex' Aufmerksamkeit auf einen anderen Wohnwagen, ohne dass er dabei von seinem Spiel aufgesehen hätte. Dem Klang nach zu schließen, war es Elvira Hartford. Verbissen versuchte er, die banalen Gespräche um ihn herum zu vergessen, während er im interstellaren Raum ganze Abteilungen von Ko-Dan- Kämpfern auslöschte.

Die Frau, die gerufen hatte, steckte den Kopf aus dem Fenster ihres Wohnwagens. Ihr Haar war voller Lockenwickler, sie sah aus, als ob sie von einem Trupp rosa Riesenraupen angegriffen worden wäre. Auf der anderen Seite des Durchgangs, der die Wohnwagen trennte, rückte ihre Nachbarin Clara Parks eine gepolsterte Liege in die Sonne, auf der sie sich dann umständlich niederließ und, wie am Anfang eines jeden Tages, ihre altertümliche Maiskolbenpfeife entzündete. Clara hatte ein Leben lang geraucht, und das wollte sie eisern durchhalten. Sie hustete viel, zugegeben, aber trotzdem traute sich keiner, ihr das zu sagen. Außerdem lag in Claras Schlafzimmerschrank eine geladene 38er Spezial.

Jetzt spähte sie zu ihrer Nachbarin hinüber. Dabei wusste sie genau, was von dort kommen würde. Clara Parks war vierundachtzig! »Clara, bei mir ist schon wieder der Strom weg! Clara! Hörst du mich? Ich weiß doch, dass du zuhörst! Clara, es ist wichtig. Sonst verpasse ich im Fernsehen die Fortsetzung von gestern!«

»Jetzt verlier nicht den Kopf!« Parks kaute auf dem Stiel ihrer Pfeife. »Ich geb' es gleich weiter.« Sie drehte sich auf ihrer Liege und formte mit beiden Händen einen Trichter vor ihrem Mund. Die Pfeife hing dabei lose zwischen zwei Fingern.

»Eh, Bill? Bill! Bei Elvira ist schon wieder alles ausgefallen. Sag's schnell weiter, bevor sie durchdreht.«

Der nächste Wohnwagen in der Reihe gehörte William Potter, einem pensionierten Flugzeugmechaniker. Potter rasierte sich so, wie er Nordvietnam bombardiert hatte: nur an einzelnen Stellen und dazu ohne besondere Wirkung. Sowieso hatte noch nie jemand versucht, bis auf Kussnähe an ihn heranzukommen, und deshalb beeinträchtigte das seinen Lebensstil nicht.

»Wem soll ich es denn weitersagen?«

»Mach keine faulen Witze, Bill Potter.« In Claras Stimme lag ein warnender Unterton. »Sag's schon weiter!«

»Zum Teufel mit den Weibern und ihren blöden Sendungen«, murmelte Potter. Das sagte er freilich nicht laut, schließlich wollte er nicht, dass eines Tages bekannt würde, dass er ein glühender Verehrer von Das ist unser Leben war.

Er marschierte auf seiner Veranda vor, bis er geradewegs zum Wohnmobil der Boones sehen konnte und schrie dann hinüber: »Bei Elvira ist wieder der Saft weg, und wenn sie die Fortsetzung ihrer Familiengeschichte nicht sehen kann, dann fällt sie in Ohnmacht!«

Seine Lautstärke reichte normalerweise sogar für eine Reaktion aus dem Wohnwagen der Rogans aus. Jane Rogan war nämlich der Chef, sie kassierte die Miete, verteilte die Post, war Mädchen für alles und Oberfeldmarschall, sie nahm Klagen entgegen und verteilte Sonderrechte in der eng zusammengewachsenen Gemeinschaft.

Sie war Alex' Mutter. Sie war der Boss.

Das Mädchen, das aus dem Wohnwagen der Boones herauskam, war freilich viel jünger als der Chef der Starlight, Starbright-Wohnwagensiedlung. In der Hand hielt sie eine Kühltasche. Sie hieß Maggie, und das war der Anlass für so manche Hänselei von ihren Freunden. An so einen Namen muss man sich wirklich erst gewöhnen. Nicht vorzustellen, dass ein Teenager Maggie heißt! Und erst recht kann man sich nicht vorstellen, wie sich zwei stolze Eltern über das kleine Bettchen im Krankenhaus beugen und in dem weißen Krankenhauszimmer das verrunzelte Kind Maggie nennen.

Aber gewisse Namen überdauern Generationen, weil sie das Andenken irgendwelcher Urahnen bewahren sollen. So war es auch bei Maggie gewesen. Ihr Name kam von einer Lieblingstante der väterlichen Linie. Aber er machte ihr jetzt nichts mehr aus. Überhaupt machte der schönen, dunkelhaarigen Maggie Gordon nicht viel etwas aus.

»Danke, Mrs. Boone«, rief sie zum Wohnwagen zurück. »Und einen schönen Tag auch.«

»Für dich dasselbe, Spatz.« Mrs. Boone kam heraus und schaute prüfend zum Himmel. »Wird heiß heute.«

Maggie nickte. Sie ging die steile Treppe hinunter und versuchte, um die unförmige Kühltasche herum die Stufen zu sehen. Auf dem Platz begegnete sie Mr. Boone, der auf dem Weg nach draußen war, gut ausgerüstet für einen harten Arbeitstag am Fischteich. Stolz wie ein Soldat, der zur Parade geht, schwenkte er seine alte, abgenutzte Angelrute.

»Einen tollen Tag hast du dir für das Picknick ausgesucht, Maggie.«

»Ich kann es ja auch kaum erwarten. Hoffentlich wird es nicht zu heiß. Für Sie Petri Heil, Mr. Boone.«

Er grinste zurück, zufrieden mit sich und der Welt und seinem Hobby. »Werde mein Bestes tun.«

Viele Fische waren nicht zu haben in dem nahe gelegenen, kleinen Wüstensee. Für Mr. Boone kein Grund zur Aufregung. Jeder echte Fischer weiß, dass Fischefangen nichts mit Fischen zu tun hat. Das Fangen ist ein Anhängsel, eine bloße Folgeerscheinung der eigentlichen Kunst des Fischens, die darin besteht, auf einem kleinen Boot die Zeit so angenehm wie möglich herumzubringen und dabei einerseits nicht mehr als die absolut lebensnotwendige Energie zu verbrauchen, andererseits so viel kaltes Bier und belegte Brote zu verkonsumieren, wie der Körper nur aushalten kann.

Ob man dabei auch noch einen Fisch fängt oder nicht, das ist völlige Nebensache.

Als Maggie aus ihrem Wohnwagen herauskam, trug sie einen Bikini unter dem ausgebeulten Pullover. Um den Hals hatte sie sich ein großes Badetuch geschlungen. Die alte Frau, die hinter ihr aus dem Wagen kam, war genau die ältere Ausgabe des jungen Mädchens. Granny Gordon wollte das Leben nicht an sich Vorbeigehen lassen. Anders als ihre Altersgenossen, verschwendete sie keine Zeit damit, auf der Stelle zu treten. Der Sony-Walkman, der von ihrem Hals baumelte, bewies es.

Sie gab der Enkelin einen Kuss und eine gutgemeinte Mahnung mit auf den Weg.

»Viel Spaß, Kind, aber sei vorsichtig. Nicht unter Holzbalken schwimmen und keine Kopfsprünge von den Felsen! Und pass gut auf Mrs. Boones Kühltasche auf!«

»Mach' ich, Granny. Bist du sicher, dass du alles hast, was du brauchst?«

»Das wäre ja ganz was Neues, wenn ich nicht mit allem versorgt wäre. Überhaupt, wer sorgt denn hier für wen? Vielleicht solltest du hierbleiben und fernsehen, und ich gehe zum Picknick!«

»Okay, Granny.« Maggie lächelte. »Ich sage ja gar nichts mehr.«

»Ich komme gut allein zurecht, Schatz.« Granny fuhr mit der Hand durch ihr immer noch dickes Haar. Noch lange nicht ganz weiß. Noch nicht. »Geh nur, und amüsier dich gut. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich mache mir dann die Sorgen für uns beide.«

»Wie du willst! Dein Mittagessen steht im Kühlschrank.«

Granny nickte und wippte leicht zur kaum hörbaren Musik. Doch immer noch ein bisschen Leben in den müden Knochen, dachte sie. Wunderbare Erfindung, diese neuen tragbaren Radios! Sie schaute zu, wie ihre Enkelin den Platz in Richtung Haupteingang überquerte. In dem Mädchen steckte so viel! Für sie zu sorgen war keine Arbeit, das war eine Freude.

Mit einem glücklichen Lächeln drehte sie sich um und verschwand wieder im Dunkel des Wohnwagens.

Die Frau, die neben dem Wohnwagen auf der anderen Seite des Wegs ihr Wäsche aufhängte, war Mitte vierzig, großgewachsen und von energischem Auftreten. Ein Wort über Frauenbewegung zu Jane Rogan, und sie lachte schon schallend. Sie hatte gearbeitet, seit sie zehn war! Und trotz eines Lebens voll Arbeit war sie immer so fröhlich wie eine Millionärstochter aus San Francisco und obendrein ein gutes Stück gesünder.

»Morgen, Mrs. Rogan.«

Chefin Rogan schob die Wäsche zur Seite, die ihr die Sicht versperrte.

»Morgen, Maggie. Du schaust aber unternehmungslustig aus.«

»Bin heute gut aufgelegt, Mrs. Rogan. Haben Sie den Picknickkorb gefunden?«

»Mhm.« Sie machte sich einen Moment hinter einem Gewirr aus weißen Leinentüchern zu schaffen. »Da haben wir ihn.« Sie gab ihn Maggie.

»Danke, Mrs. Rogan.« Maggies Augen überflogen den Parkplatz auf der anderen Seite des Eingangstors. »Wo ist Alex?«

Jane Rogan schüttelte den Kopf und lächelte komplizenhaft. »Er ist doch da, wo er immer ist. Wo sonst?«

Maggie nickte wissend. »Freilich. Hallo, Louis.« Sie trat schnell aus der offenen Wohnwagentür.

Einen Augenblick später schlug ein Wurfpfeil aus Gummi neben ihr an das Metall. Der Pfeil wurde sofort abgeholt von einem zehnjährigen Jungen mit zerzaustem Haar, der enttäuscht die Stirn runzelte. Schon wieder das Ziel verfehlt! Oder vielleicht brauchte die blöde Weltraumpistole eine neue Feder.

»Morgen, mein Raumfahrer«, sagte Mrs. Rogan. Sie hob das Visier seines Raumfahrerhelms und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. Er entwand sich ihr aber gemächlich. Er war voll auf seine Tätigkeit konzentriert, der er sich mit demselben Ernst widmete wie ein Chirurg, der die erste Gehirntransplantation der Welt durchführt. Die Arbeit bestand darin, den kleinen Schwarzweißfernseher herumzutragen und dabei die Verlängerungsschnur hinter sich her zu ziehen. Jane Rogan sah ihrem Sohn aus den Augenwinkeln zu, bis er in dem grellbunt bemalten Indianerwigwam aus Sperrholz verschwunden war, der in einer der hinteren Ecken des kleinen Platzes aufgeschlagen war. Sobald die Klänge des allmorgendlichen Zeichentrickfilms aus dem Zelt ertönten, war sie beruhigt und zufrieden, dass er auch heute wieder dem Stromtod entronnen war.

Als sie sich wieder ihrer Wäsche zugewandt hatte, wurde sie erneut angesprochen.

»Hallooo, Jane?«

Granny Gordon lehnte über den Zaun. Jeder in der Siedlung nannte Mrs. Gordon einfach »Granny«, nicht weil sie schon so alt war oder aus Achtung, sondern weil sie mit Vornamen Grendil hieß und versprochen hatte, jeden zu verprügeln, der sie so nannte.

»Tag, Granny. Wie geht es deinem Rücken heute Morgen?« Granny stützte sich mit der Hand den Rücken und grinste schwach. »Noch geht es. So halbwegs.«

»Du solltest einmal zu dem Chiropraktiker gehen, den Dan Robbins immer empfiehlt.«

Die alte Frau schüttelte den Kopf. »Danke nein! Meine alten Knochen sind genau in Ordnung so, wie sie sind.«

»Was war da drüben los?«

»Ach so, bei Elvira ist der Strom wieder weg, und sie schnappt noch über, wenn sie die Fortsetzung der Familienserie nicht sehen kann. Dann verdirbt sie uns allen den Tag.«

»Dazu ist sie imstande«, stimmte Jane zu. »Melde zurück, dass Alex rüberkommt und die Leitung zusammenflickt, so dass sie ihre Fortsetzung noch sehen kann. Damit ist sie wenigstens für eine Weile beschäftigt.«

»Aber wahrscheinlich nicht lange. Ich bin sicher, wenn einer der Helden aus einer solchen Serie behaupten würde, dass wir auf dem Wasser gehen können, dann müssten wir noch vor Sonnenuntergang Elvira aus dem Fluss fischen. Ich sag' ihr auf jeden Fall, dass Alex vorbeischaut, Jane.«

»Danke.« Dann sah Jane Rogan eine Bewegung auf ihrer rechten Seite. Louis konzentrierte sich darauf, eine schlafende Katze mit seiner Raumfahrerpistole anzuvisieren. »Louis, lass die Katze zufrieden, und sag Alex, dass ich ihn brauche.«

»Mama, das ist die Katze, die wo mich gestern gekratzt hat.«

»Die mich gestern gekratzt hat, sagt man, Louis. Geh jetzt, und hol deinen Bruder.«

»Ich darf immer nur hin- und herrennen, mehr nicht!« Er stand auf und starrte sehnsüchtig auf die ahnungslose Katze. Dann seufzte er und machte sich auf den Weg zum Laden. Zwischendurch feuerte er noch ein paar schlecht gezielte Wurfpfeile in die Richtung von Opa Otis' Hühnern. Als sie laut gackernd Deckung suchten, fühlte er sich besser. Wenn man noch so jung ist, ist es wichtig, dass zumindest irgendetwas vor einem Angst hat, und sei es bloß eine Schar dummer Hühner.

Beim Weitergehen hielt er nach Mr. President Ausschau, dem alten Jagdhund von Otis. Aber Mr. President hatte schon seine Erfahrungen mit Louis gemacht. Da es verboten war, einfach den Arm des Jungen abzubeißen, vermied der Hund lieber jeden Kontakt mit ihm. Er hatte sich im kühlen Schatten unter seinem Wohnwagen in Sicherheit gebracht und sah von dort aus Louis Vorbeigehen.

Nachdem Louis so lange wie möglich vom Wohnwagen zum Laden gebraucht hatte, stieg er schließlich die Stufen zur hölzernen Veranda hinauf. Laden und Veranda waren schon lange vor der Wohnwagensiedlung dagewesen, aber das alte Holz war so hart wie Eisen. Louis ging über die Veranda und hielt vorsichtig nach Skorpionen Ausschau. Sein großer Bruder war achtzehn. Für Louis war er so erwachsen wie ihre Mutter, obwohl natürlich noch nicht so wie Granny Gordon oder Otis. Alex erschien ihm riesengroß. Er selbst war sich ganz sicher, dass er niemals so groß werden würde. Von anderen Leuten hatte er auch schon gehört, dass Alex gut aussah. Da sah man, wie wenig doch diese Erwachsenen wussten. Louis wusste genau, dass Alex nur ein unproportionierter Klotz war, dessen einzige Aufgabe im Leben darin bestand, ihm, Louis Rogan, dem einzigen wichtigen Menschen auf dem ganzen Planeten, das Leben so sauer wie möglich zu machen.

Obwohl es manchmal natürlich ganz nett war, ihn dabeizuhaben, zum Beispiel, wenn sie zusammen schwimmen gingen. Louis räumte ein, dass Alex, wenn man schon einen großen Bruder haben musste, nicht der schlechteste war. Aber heute wollte er mit seinen eigenen Freunden schwimmen gehen, und um das Maß voll zu machen, ging er auch noch mit Mädchen zum Schwimmen. Diese Geschmacksverirrung würde ihm Louis nie verzeihen.

Jetzt versuchte er, unter dem Arm seines Bruders hindurch einen Blick auf den Videoschirm zu werfen, auf dem blitzende, rasch wechselnde Lichter auf und ab fuhren. Die Bilder zogen Louis magisch an. Sie waren so voller Bewegung und Leben und dabei unberechenbar.

Alex beachtete den Schatten seines jüngeren Bruders nicht. Gelassen ließ er seine Finger über die vielen Schaltknöpfe tanzen. Louis beobachtete ihn und versuchte, etwas zu lernen. Er wusste, dass Alex bei Videospielen unschlagbar war. Bei einem Ausflug in das große Kaufhaus der Stadt hatte er einmal gesehen, wie Alex unter lautem Hallo der anderen älteren Jungen einige Millionen Punkte mit Stargate gesammelt hatte, und Stargate war ein Spiel, das für seinen zehnjährigen Verstand so schwer war, dass er nicht einmal daran zu denken wagte, es zu probieren.

Und dieses neue Spiel, dieser Starfighter, war noch viel schwieriger, man musste mindestens anderthalbmal so viele Hebel bedienen. Aber Alex war offensichtlich bei diesem Spiel besser als bei allen anderen. Einer der anderen Jungs hatte gesagt: Er wächst an der Herausforderung. Manche Jungs wollten den Starfighter überhaupt nicht spielen, weil das Spiel ihre Vierteldollarstücke so schnell verschluckte. Alex konnte, wenn er einen guten Tag hatte, stundenlang mit nur einem spielen. Als Alex lange Zeit nichts gesagt hatte, fiel Louis plötzlich sein Auftrag ein. Das Spiel nahm ihn so gefangen, dass er fast vergessen hätte, warum er überhaupt zum Laden gekommen war.

»Mama sucht dich, Alex.«

»Ja. Ist gut.« Sein Bruder antwortete, ohne die Augen vom Bildschirm zu nehmen. Ruhig und entspannt hingen seine Arme über der Fläche. Nur die Finger bewegten sich, gaben den Feuerbefehl, regelten den Antriebsschub und lenkten den Gunstar mit der Hilfe winziger Mikroprozessoren durch das Gewimmel feindlicher Angreifer. Es war wirklich das Spiel eines Virtuosen. Alex spielte das Spiel so flüssig wie Horowitz seinen Steinway.

»Komm doch, Alex. Sonst schimpft Mami mich.«

»Warum?« Einen Augenblick lang war der Bildschirm in blaues Licht getaucht, dann erschien eine Front neuer Zielobjekte, die gnadenlos und schneller als zuvor angriffen. »Sie hat dir gesagt, du sollst mir ausrichten, dass sie mich braucht. Okay also, du hast es mir gesagt. Damit bist du aus dem Schneider.«

»Ach so, ja natürlich!« Louis' Miene hellte sich auf, und er riss seinen Blick von der bewegten Szene auf dem Bildschirm los, um sich schnell einen der Stühle zu holen, die auf der Veranda standen. Er schleppte ihn her, dann stieg er auf den wackligen Sitz. Einen schwindelerregenden Moment lang war er jetzt ein Erwachsener, so groß wie Alex.

»Pass auf!« Aber irgendwie entkam sein Bruder der heftigen Attacke aus dem linken Quadranten. Louis konnte sich nicht vorstellen, wie Alex die Attacke so rechtzeitig hatte sehen können, dass noch Zeit war, ihr auszuweichen. Von den vielen Lichtern und Klingelzeichen mitgerissen, sprang er wie wild auf seinem Stuhl herum und warf die Arme in die Luft.

Außerdem war es ja auch nicht sein Geld, das in Gefahr war. »Gib's ihnen, Alex, gib's ihnen!«

Und das tat Alex! Er arbeitete wirkungsvoll und professionell. Jeden Angriff auf sein eigenes Raumschiff wehrte er erfolgreich ab, und zugleich löschte er systematisch alle Gegner aus, die das Spiel für ihn parat hielt. Ruhig genoss er die simulierte Vernichtung und war mit seinen Fähigkeiten voll zufrieden.

Louis drückte sich immer näher an den Spielautomaten heran, angezogen vom Geschehen auf dem Bildschirm. Sein kleines Gesicht glühte vor Begeisterung. Alex war so gut, dass es noch mehr Spaß machte, ihm zuzuschauen, als selbst zu spielen. Na ja, vielleicht nicht ganz. Aber so etwas Tolles, und alles nur für einen Vierteldollar! Aber man musste schon gut sein. Das Spiel machte gar nicht so viel Spaß, wenn es nur ein oder zwei Minuten dauerte.

»Peng, peng, peng!«

»Nun mal langsam, Louis. Ich höre die Anzeige überhaupt nicht mehr. Und nimm deinen Kopf aus der Sicht, Mensch.«

Auf dem Bildschirm war jetzt wieder das feindliche Kommandoschiff zu sehen. Seine Ausmaße füllten fast die ganze Fläche. Diesmal versuchte er ein anderes Ausweichmanöver, in der Hoffnung, so den Scharen feindlicher Angreifer zu entkommen, die ihn letztes Mal zusammengeschossen hatten. Aber erfolglos! Er war wieder tot. Heute Morgen wird nur gestorben, dachte er.

»Mist!« Er gab dem Schaltpult einen Schlag, dann vergrub er beide Hände in den Hosentaschen. »Wieder nicht schnell genug! Diesmal hätte ich es eigentlich kriegen sollen.« Hinter ihm ertönte eine andere Stimme. Die beiden Jungen drehten sich um und sahen Otis, der auf den Bildschirm starrte.

»Ich habe gehört, du hast an die achthunderttausend geschafft, Alex.«

»Das war gestern. Ich hätte es wieder geschafft, wenn nicht Louis an meine Hand gestoßen wäre.«

»Bin ich nicht! Du!« Louis deutete auf die Anzeige. »Siebenhundert... und...« Verwirrung breitete sich auf seinem Gesicht aus. Die Zahl war zu hoch für ihn.

Betont gleichgültig überflog Alex die Anzeige. »Siebenhundert-zweiundachtzigtausend. Fast so gut wie gestern Abend.«

»Eben, und ich bin dir auch jetzt nicht an die Hand gestoßen«, schrie Louis empört.

»Nein, aber du hast mir mit deinem dicken Kopf den Weg versperrt.«

»Habe ich nicht!«

»Ich habe gehört, du bist letzte Woche in der Stadt mit Stargate sogar in die Millionen gekommen«, sagte Otis.

Alex zuckte mit den Schultern und verbarg, wie stolz er auf seine Leistung war. »Das stimmt schon, aber das können eine ganze Menge Burschen hier in der Gegend. Stargate ist auch leicht, verglichen mit dem Starfighter.« Nebenbei fügte er noch hinzu: »Obwohl ich keinen kenne, der wie ich über eine halbe Million geschafft hat.«

»Ich glaube, du könntest einen Wettkampf gewinnen, wenn es für dieses Spiel einen gäbe.«

»Ich glaube, ich hätte eine Chance. Aber nur die größeren Hersteller von solchen Spielen halten diese Wettkämpfe ab. Etwa Atari, Sega, Nintendo oder Williams. Ich habe noch nie von der Firma gehört, die diesen Kampf der Sterne herstellt. Ist wahrscheinlich ein neuer Hersteller.«

»Vielleicht. Kann ja sein, dass sie einen Wettkampf machen, wenn sie einmal groß genug sind.«

»Wer weiß. Zahlst du mir dann die Reise, Otis?«

Der Ältere kicherte. »Nicht von meiner Rente, Alex, das bestimmt nicht. Aber hör zu. Du übst schön weiter, und wenn dann einmal ein Starfighter-Wettbewerb stattfindet, werden wir es schon so deichseln, dass du mitmachen kannst.«

Alex grinste. »Einverstanden.«

Otis deutete mit dem Kopf nach rechts. »Sieht so aus, als ob dich jemand sucht, Alex.«

Alex wandte sich um und sah, wie Maggie gerade zum Nebeneingang hinausging, in den Händen einen Picknickkorb, Handtücher und eine Kühltasche. Zur gleichen Zeit bog ein Lieferwagen von der Landstraße ab und hielt auf dem Parkplatz vor dem Laden. Er war voll von Jungen und Mädchen in Alex' Alter, die übermütig lachten und Witze machten und dabei nach vorn drängelten, um nicht hinten von der Ladefläche zu fallen.

»Los, Alex, sie sind da!« Maggie hob ihr unförmiges Gepäck geschickt auf eine Schulter und begann, auf den Wagen zu zu laufen.

Alex wusste zuerst überhaupt nicht, worüber sie redete. Dann kamen die Erinnerungen an das wirkliche Leben wieder zurück.

»Silver Lake! Das Picknick! Mensch, ich habe es ganz vergessen.« Er rannte hinter Maggie her.

»Alex!« Louis zeigte auf den Automaten. »Du hast ein Freispiel gewonnen.«

»Ja, und?«

»Du willst es einfach verkommen lassen?«

Alex unterdrückte ein Lächeln. Die Gier auf dem Gesicht seines Bruders leuchtete so hell wie eine Tausend-Watt-Halogenlampe. Mit tiefer Stimme versuchte er, den Computer nachzumachen.

»An die Zentrale. Starfighter Alex Rogan bittet um Erlaubnis, das Kommando über den Gunstar seinem kleinen Bruder übergeben zu dürfen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Antrag stattgegeben durch telepathische Nachricht. Du kannst loslegen, Louis.« Fassungslos vor Glück bugsierte der Zehnjährige den Stuhl, auf dem er gestanden hatte, vor das Steuerpult.

»Mannomann!« Er drückte auf den Startknopf und hielt gespannt seine Finger über die Knöpfe für den Feuerbefehl. Außerirdische Kriegsschiffe erschienen auf dem Glas und eröffneten das Feuer. Grinsend drehte sich Alex um und rannte Maggie nach, während Otis nur den Kopf schüttelte und sich wieder zu seinem Wohnwagen aufmachte. Louis' aufgeregte Stimme kam hinter beiden her.

»Gut, ihr feigen Schnepfen, ihr seid jetzt tot, weil ich da bin. Louis Rogan fliegt jetzt den Gunstar!« Helles rotes Licht flackerte über die Scheibe, und sofort verzog Louis das Gesicht vor unaussprechlicher Enttäuschung. »Mensch, verdammt noch mal! Gebt mir doch 'ne Chance!«

Die im Lieferwagen trugen alle schon ihr Schwimmzeug. Aber er konnte sich sicher eine Badehose leihen, dachte Alex, falls Maggie seine vergessen hatte. Oder er schockte alle und schwamm im Adamskostüm. Das würde er machen!

Der Lieferwagen gehörte Jack Blake. Er hatte es nicht anders erwartet und konnte ja auch gar nichts dagegen tun. Blake gehörte der Lieferwagen, und Blake hatte Geld für Benzin. Geld für Benzin, Geld für Bier, fürs Kino, für Konzertkarten. Anders gesagt, er hatte reiche Eltern.

Was hatten sie denn über die Verfassung gelernt? »Alle Menschen sind von Natur gleich.«

Einen Dreck. Wann würde er das gleiche Recht haben wie Jack Blake? Das hatten die Begründer der Verfassung irgendwie nicht genügend berücksichtigt. Er hatte seine Mutter darüber befragt.

»Im Leben gibt es keine Garantien, Alex, und es geht auch nicht immer fair zu.« Das hatte sie ihm gesagt. Jane Rogan gegen Thomas Jefferson und all die anderen. Auf Grund dessen, was er bisher vom Leben mitbekommen hatte, hatte er den Entschluss gefasst, dass es klüger war, auf seine Mutter zu hören als auf die Verfassungsväter. Von denen waren sowieso die meisten selbst reich gewesen.

Bei dem Lieferwagen handelte es sich um einen großen, dicken, leuchtendroten Dodge Ramcharger, mit einer Stoßstange aus Chrom an der Vorderseite und vier auf das Dach montierten, hell glänzenden Suchscheinwerfern. Sogar der Überrollbügel war verchromt. Höchst verdächtig, dieser ganze Aufwand.

Blake saß lässig hinter dem Steuer, den Cowboyhut schräg in der Stirn, als ob er einem der sarkastischen Lieder von Jennings Waylon entstiegen sei, einem der Lieder, die Jennings früher sang, als er und Nelson noch Kinder waren und sie in Städtchen wie Breckenridge im hintersten Texas auftraten. Hinter ihm schlürften Kinder Coca-Cola (das Bier würde natürlich erst später am See aus dem Versteck geholt werden), sie lehnten sich dabei auf mitgebrachten Klappstühlen zurück und ließen den Strahl in den Mund spritzen.

Es ist einfach unfair, murmelte Alex in sich hinein.

Als er an der Reihe rostiger Briefkästen vor dem Laden vorbeikam, blieb er stehen, um von der Seite in einen Kasten hineinzuspähen, auf den in reflektierenden Plastikbuchstaben der Name ROGAN geklebt war. Ein Weberknecht suchte Deckung, als Alex mit seinen Fingern im Kasten herumtastete.

Jack Blake saß wartend hinter dem Steuer seines Wagens und ließ den überdimensionalen Motor im Leerlauf aufheulen. Er war sich seines Status in der lokalen Hierarchie der Halbwüchsigen voll bewusst und nützte seinen Vorteil schamlos aus. Noch war er nicht alt genug, um zu wissen, dass die ganze Glorie in dem Moment verschwinden würde, in dem er in die Welt der Erwachsenen eintrat, die sich keinen Deut um Stiefel aus Straußenleder oder rote Lieferwagen scherte. Jetzt war er allerdings noch der König und kein altruistischer oder wohlwollender Despot.

Mit den Augen maß er Maggies Körperformen mit derselben Exaktheit ab, mit der Mrs. Hawkins' Diaprojektor im verdunkelten Physiksaal Schaltskizzen auf die Leinwand abbildete. Flotte Type, diese Maggie Gordon, auch wenn sie ein bisschen zu viel mit diesem Schlappschwanz Alex Rogan herumhing. Aber Rogan war harmlos. Unter Blakes Würde.

Cindy Hammond saß neben ihm. Sie wollte endlich zum See hinaus und starrte ungeduldig aus dem Fenster. Er war gespannt darauf, ob ihr Minibikini beim Baden halten würde. Solcherlei Gedanken hielten ihn freilich nicht davon ab, zugleich auch noch Maggie Gordon den Hof zu machen. Wichtiger, als eine von beiden zu haben, war, die zu bekommen, die er noch nicht hatte. Die Eroberung war das, was zählte, das Besitzergreifen. Obwohl Blake den Gedanken für sich in viel gröberer Sprache formulierte.

»Auf, Alex!«, schrie einer der Jungen aus dem hinteren Teil des Wagens.

»Maggie, schmeiß dich rein... dein Zeug auch!«

Sie gab Korb, Kühltasche und Handtücher nach oben, dann kletterte sie selbst geschickt über den Rand der Hinterseite und machte gleich Platz, damit Alex nachkommen konnte. Sie sah ihn über den Briefkasten gebeugt.

»Ist es schon gekommen?«

»Noch nicht.« Widerwillig, als ob er es doch noch in einer Ecke des Kastens finden könnte, schloss Alex das Türchen wieder. Ganz brachte er es nicht zu. Briefkästen gehen nie ganz zu. Sie werden schon so hergestellt, dass sie nicht ganz zugehen können, auf besonderen Antrag der Post.

Als zwei der Burschen auf der Ladefläche des Lieferwagens Alex zögern sahen, begannen sie ihn zu hänseln.

»Was erwarten wir denn heute, Rogan?«

»Jawohl, hast du dich bei der Fremdenlegion beworben oder bei einer Schule für Raumfahrer?«

»Sie nehmen keine Vidioten als Raumfahrer, Rogan!«

Blake musste jetzt natürlich auch noch etwas sagen. Er lehnte sich aus dem Fenster. »Achtung, Leute, bitte hier herum, werfen auch Sie einen Blick auf unseren jungen Abenteurer Alex Rogan, der sich auf dem letzten Sprung seiner weltweiten Reise ins Nichts befindet.« Alex ging auf den Lieferwagen zu und verzog sein Gesicht zu einem säuerlichen Lächeln. »Sehr, sehr witzig, Blake. Leute, denkt bloß nicht, dass ich hier ewig rum hocke und zuschaue, wie ihr eure Lieferwägelchen auf Hochglanz bringt, euch jeden Samstagabend besauft, anschließend alles wieder auskotzt und zuletzt im City College endet wie alle anderen auch. Ich werde was aus meinem Leben machen!«

»Aber sicher, mein Täubchen«, sagte Blake sanft. »Du wirst dann beim alten Fargi Fernseher reparieren. Ich werde an das denken, was du gerade gesagt hast, wenn du zu mir kommst und meinen Großbildfernseher von Sony reparierst.«

»Du hast keinen Großbildfernseher von Sony, Blake.«

Der Fahrer des Lieferwagens lächelte selbstgefällig. »Noch nicht, aber ich werde einen haben, und das ist mehr, als du für dich sagen kannst, du Trottel.«

Alex hatte eine schlagfertige Entgegnung auf der Zunge, als das Rededuell von einer Stimme unterbrochen wurde, die man nicht kurzerhand abtun konnte.

»Alex?«

Er zuckte zusammen und drehte sich zu seinem Heim aus Blech um. Er hatte richtig gehört. Seine Mutter rief ihn.

»Alex, bei Elvira ist wieder der Strom ausgefallen.« Äußerlich harmlos, aber er hörte den unterschwelligen Befehl.

Die Insassen des Lieferwagens konnten ihr Gelächter nicht zurückhalten. Sein Gesicht brannte. Wenigstens lachte Maggie nicht, obwohl das jetzt kein Trost war. Er versuchte, seine Stimme männlich und stark klingen zu lassen. Erfolglos. Trotz seiner Bemühungen kamen die Worte weinerlich heraus.

»Ach, Mama. Das dauert den ganzen Tag. Ich wollte zum Silver Lake mitgehen.«

Sie nickte voll Mitgefühl, als sie an ihm vorbei auf den Wagen schaute, in dem seine Freunde saßen. Aber jemand musste leider die Leitung reparieren, und Alex war Reparateur Nummer eins in der Siedlung.

»Ich arbeite heute mittags und abends im Café, Alex. Das heißt, ich werde den ganzen Tag weg sein.«

Das war Tiefschlag, dachte er ärgerlich. Warum mussten Mütter immer mit solchen Methoden kämpfen? Es musste eine Begabung sein, die jeweils von der Mutter auf die Tochter überging, eines der vielen unauslotbaren weiblichen Geheimnisse, die Jungen nie verstehen konnten. Sie dachte ja nicht daran, einen Befehl auszusprechen, oh, nein.

Er seufzte im Bewusstsein, die Schlacht schon verloren zu haben. Aber er wusste auch, dass seine Mutter ihn nicht gebeten hätte, die Arbeit zu tun, wenn sie selbst Zeit gehabt hätte.

»Okay, Mama, ich mach's.«

Sie lächelte zurück, und er fühlte sich besser. Aber nur kurz.

Er drehte sich wieder zum Wagen und suchte Maggies Blick. Seine Maggie, die es fertigbrachte, doppelt so hübsch wie alle anderen Mädchen in der Stadt auszusehen, obwohl sie kein Make-up verwendete und einen alten, ausgebeulten Pullover trug. Er zwang sich, etwas zu sagen. Seine Worte klangen großzügig, aber er fühlte sich ganz anders.

»Am besten, du gehst schon mal voraus.«

»Nein, ich warte auf dich.« Romeo und Julia, Tristan und Isolde, alle großen Geschichten heroischer Liebe, die er in der Schule gelesen hatte, hatten ihn nicht so erschauern lassen wie diese wenigen Worte von Maggie.

»Lieber nicht, es wird wohl eine Weile dauern.« Sogar mehr als eine Weile, aber er brauchte jetzt die Lüge, um ihnen beiden spätere Peinlichkeiten zu ersparen. »Ich komme später nach.«

Sie verstand. Das las er aus ihrem Gesicht. Ein kleiner Trost.

»In Ordnung. Dann bis später.«

»Klar«, murmelte er, »bis später.«

»Und wir werden nach dir Ausschau halten, wenn du herübergeflogen kommst«, sagte Blake und lachte selbst als erster, als er den Lieferwagen aus dem Parkplatz herausmanövrierte und zur Landstraße steuerte.

Alex hörte das Gelächter noch in seinen Ohren nachhallen, lange nachdem das Geräusch der schweren Maschine in der Feme verklungen war.

  Zweites Kapitel

 

 

Die Menschen, die ihr Leben in der Großstadt verbringen, kennen den blauen Himmel nur aus dem Fernsehen. Vielleicht denken sie an einem der seltenen klaren Tage, dass sie jetzt blauen Himmel sehen, aber das stimmt nicht, es ist nur ein unechtes, verblichenes Blau, so wie man es für synthetisches Türkis verwendet. Wenn man den wirklichen Himmel sehen will, muss man aus der Stadt raus, weit weg von den großen Ballungsgebieten. Draußen auf dem Land, wo der Himmel die Erde berührt, hat die ganze Farbskala noch ihre ursprüngliche Bedeutung.

Der einzige andere Ort, wo die Farben immer pur wiedergegeben werden, sind die Reklameprospekte für Reisen in ferne Länder. Das ging bis zu der Sternenkarte, die einen Teil der Wand in Alex' und Louis' Zimmer bedeckte. Umgeben war sie von ähnlich grellen, aber weniger lehrreichen Postern, die mehr mit dem irdischen Teil der Realität zu tun hatten. Auf jeden Fall waren die Wände im Zimmer der Jungen noch farbiger als schon ihre Kleider.

Das galt besonders für jenen Abend, als Alex schließlich ins Zimmer geschlurft kam. Er war erschöpft und dreckig. Unter seinen Nägeln hatten sich Sand und Schmutz von der Sorte angesammelt, die man tagelang nicht loswird, bis schließlich durch wiederholtes Waschen alles von selbst herausgeht. So ein Dreck, der aussieht wie Zement und genauso hart ist. Alex' Laune war jetzt tiefer gesunken als der Grundwasserspiegel des Wüstengebiets, das die Siedlung umgab. Der kleine Schreibtisch war überfüllt mit Zetteln und Notizen für die Schule. Er ließ sich in den Bürostuhl fallen, drehte sich, bis er zur Mitte des Zimmers sah und zog mit beiden Händen an seinen verdreckten Stiefeln. Als er sie herunterhatte, stellte er sie vorsichtig zur Seite, um den Boden so wenig wie möglich zu verschmutzen.

Dann lehnte er sich zurück und ließ die Augen auf dem Mobile ruhen, das von der Decke baumelte. Ziellos kreiste es im Licht der untergehenden Sonne um sich selbst. In seiner Unentschiedenheit, wohin es sich wenden sollte, war es ein Spiegel seiner eigenen Gefühle.

Von der anderen Seite der dünnen Wand und des Fensters drang die Unterhaltung der Nachbarn herüber. Alex erkannte jede Stimme und fing an, lautlos mit dem Mund die immer gleichen Worte nachzuäffen. »Schönes Wetter heute, nicht wahr?«

»Wirklich schön. Morgen wird es auch schön.«

»Das Wetter soll den ganzen Sommer über halten, sagen die Bauernkalender.«

Das Gespräch ging weiter, aber Alex hatte aufgehört, die unsichtbaren Redner nachzumachen. Stattdessen saß er plötzlich kerzengerade auf seinem Stuhl, voll Furcht und hellwach. Solche Gespräche waren praktisch jeden Abend die gleichen, er hatte sie schon Hunderte von Malen zuvor gehört. Wenn er jetzt nicht bald etwas unternahm, irgendetwas, würde er für den Rest seines Lebens elektrische Leitungen verlegen, Wasserrohre flicken, widerspenstige Mülleimer reparieren und dazu ständig dasselbe Geschwätz der Nachbarn hören. Solche einfachen, aber hinterlistigen Fallen legte das Leben aus für die, die nicht auf der Hut waren! Seine Mutter war praktisch unumschränkter Leiter der Siedlung. Es war leicht genug für ihn, in die Buchführung und die Reparaturarbeiten hineinzuwachsen und allmählich die Alltagsgeschäfte von ihr zu übernehmen. War es wirklich das, was sie für ihn wollte? War es dieser sichere Weg ohne Sorgen und voll tödlicher Langeweile, den sie in ihrer Vorsorge für ihn geplant hatte? Er hatte immer daran gezweifelt. Jetzt war er sich auf einmal nicht mehr sicher.

Aber eines war immerhin gewiss. Wenn er in diese offene Falle ging und sich selbst den leichtesten Weg ins Leben gehen ließ, würde er nie entkommen. Es nie zu etwas bringen. Es würde genauso kommen, wie Jack Blake gesagt hatte, und das Gelächter, das er aus dem Lieferwagen gehört hatte, würde ihn in der etwas indirekteren Art der Erwachsenen den Rest seines Lebens verfolgen.

Verdammt noch mal! So weit durfte es nicht kommen!

Er fuhr in saubere Schuhe und floh aus dem warmen, freundlichen Zimmer, das plötzlich kalt und fremd und bedrohlich geworden war. Erst als er draußen in der milden Abendluft war, zwang er sich, langsamer zu gehen.