The Twisted Empire - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

The Twisted Empire E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

5,0

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Beschreibung

Surrender The Throne Alles im Leben hat seinen Preis – das war mir schon immer klar. Hätte ich gewusst, was es mich kosten würde, zu regieren, vielleicht hätte ich dann eine andere Wahl getroffen. Ganz sicher jedoch wollte ich es nicht allein tun müssen. Aber diese Entscheidung wurde mir abgenommen … Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. "The Twisted Empire" ist der dritte Teil der "The Twisted Kingdom"-Reihe und kann nicht ohne das Vorwissen der anderen Bände gelesen werden. Alle Bände der Reihe sind bereits erschienen.

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Seitenzahl: 233

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Zeit:5 Std. 30 min

Sprecher:Lisa Cardinale
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THE TWISTED EMPIRE

THE TWISTED KINGDOM 3

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2017, Deutschland.

Coverfoto: © Mia Kingsley unter der Verwendung von

© Andrey Kiselev – Fotolia.com

ISBN: 9783963704956

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

THE TWISTED EMPIRE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Epilog

Nächster Band der Reihe: Catching The Hunter

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Über Mia Kingsley

THE TWISTED EMPIRE

Alles im Leben hat seinen Preis – das war mir schon immer klar. Hätte ich gewusst, was es mich kosten würde, zu regieren, vielleicht hätte ich dann eine andere Wahl getroffen. Ganz sicher jedoch wollte ich es nicht allein tun müssen. Aber diese Entscheidung wurde mir abgenommen …

KAPITEL1

AURELIA

Rauch kitzelte meine Nase, kroch tiefer und ließ mich husten, bevor die Stimmen an mein Ohr drangen.

»Aurelia! Aurelia, wach auf!« Eine Hand legte sich um meine Wange.

Mir war schlecht und ich fühlte mich nicht gut, weshalb ich mich der tröstenden Berührung entgegenlehnte. »Jacob?«

Meine Lider flatterten. Ich war zu müde, um die Augen zu öffnen. Warum schmerzten meine Schultern so? Ich konnte mich nicht bewegen.

Ein starker Arm umfasste meine Taille und ich wurde angehoben.

»Vorsicht«, sagte eine andere Stimme. Sie war tiefer, glich einem bedrohlichen Knurren, und ich erkannte Hunter.

Endlich schaffte ich es, den Kopf zu heben. »Hunter?«

»Sch«, machte er und nahm mich auf die Arme.

»Hast du sie?«, wollte Zach wissen. Er klang nicht glücklich mit der Situation. Aber ich hatte keine Ahnung, worum es ging.

Ich ließ meinen Blick schweifen. Wieso waren wir auf dem Dachboden? Dann bemerkte ich den Haken unter der Decke und das Seil um meine Handgelenke. Zach zückte ein Messer, schnitt es durch und rieb über die gerötete Haut darunter.

Im Eilschritt durchquerten sie den Raum, Zach hielt die Tür auf und Hunter trug mich über die Treppe nach unten. Der Rauch wurde dichter. Hitze flirrte und sorgte dafür, dass die kleinen Härchen an meinem Körper sich aufrichteten.

»Was ist passiert?«

Hunter antwortete mir nicht, sondern machte wieder nur: »Sch.«

Irgendetwas stimmte nicht, doch in meinem benommenen Zustand konnte ich es nicht benennen. Es wurde immer schwerer, zu atmen. Ich wollte gegen Hunters Brust drücken, damit er mich runterließ und ich allein laufen konnte. Im Nachhinein war ich nicht fähig, zu sagen, ob ich die Hand überhaupt gehoben hatte oder Hunter meinen schwachen Protest ignorierte.

Ich sah die große Halle im Erdgeschoss, die züngelnden Flammen und hörte die Balken über uns knirschen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Gebäude einstürzen würde.

Wir kamen nach draußen und ich saugte gierig den frischen Sauerstoff in meine Lungen. Hunter setzte mich ab, und als ich schwankte, war Zach da, um mich festzuhalten.

Das Orange und das Rot leuchteten hell gegen den Nachthimmel. Hatten wir es geschafft? War mein Vater tot?

Ich schob Zach weg. »Wo ist Jacob?« Dabei sah ich Hunter an.

Er presste die Lippen aufeinander.

Panik wogte in mir auf. Ich wollte nach Hunters Arm greifen, nur war ich so benommen, dass ich ihn zweimal verfehlte, bis ich ihn endlich zu fassen bekam.

Ich spürte Zachs Hände auf meinen Schultern und die unbestimmte Ahnung wurde zur Gewissheit. Sie verschwiegen mir etwas und es war nichts Gutes.

»Hunter!« Ich bohrte meine Nägel in seine Haut. Nicht, um ihm wehzutun, sondern weil ich nicht lockerlassen konnte. »Wo ist Jacob?«

Der beste Freund meines Mannes wandte sich zu mir. Der Schmerz in seinen Augen ließ meine Knie wegsacken. Zach hielt mich, sonst wäre ich vermutlich zu Boden gegangen.

»Er ist nicht mit uns gegangen, sondern hat angeordnet, dass wir dich suchen, Aurelia.«

Zuerst wollte ich mich gegen den stillen Vorwurf wehren, doch da war keiner. Völlig neutral erklärte Hunter, was passiert war: »Jacob hat uns dir hinterhergeschickt, während er nach deinem Vater gesucht hat. Da er nicht mit uns nach draußen gekommen ist, gehe ich davon aus, dass etwas schiefgegangen ist.«

Eine eisige Hand griff nach meinem Herz und quetschte es zusammen, bis ich glaubte, nicht mehr atmen zu können.

»Nein!« Ich starrte zum Haus und bemerkte erst, dass ich hatte losrennen wollen, als Zach mich festhielt.

»Nicht«, sagte er an meinem Ohr. »Es würde nichts mehr ändern.«

»Lass mich los! Wir müssen Jacob suchen.«

Hunter schüttelte den Kopf. »Er hat recht. Wir können nichts mehr tun.«

Ich hörte meinen Aufschrei, auch wenn ich ihn mir nicht zuordnete. So konnte ich unmöglich klingen, wie diese Mischung aus Furie und wildem Tier. Es war idiotisch, aber in diesem Moment war ich davon überzeugt, Jacob retten zu können, wenn die Männer mich nur gelassen hätten.

Hunter und Zach hielten mich fest und rangen mich zu Boden, damit ich nicht ins brennende Haus rannte.

»Nein!« Meine eigene Stimme gellte in meinen Ohren, Tränen liefen über meine Wangen. Es konnte nicht alles umsonst gewesen sein. Nein. Nein. Nein.

Ich weigerte mich, das zu akzeptieren. Ein letztes Mal wollte ich mich aufbäumen – sie waren einfach zu stark.

Zach hielt mich immer noch fest, als ich nichts mehr weiter als ein schluchzendes Häufchen Elend war, während Hunter losgelassen hatte und aufgestanden war.

Seine Arme hingen nach unten, doch er hatte die Fäuste geballt. »Wir können hier nichts mehr tun.«

»Ich bringe sie nach Hause.« Zach stand auf, klopfte seine Hose ab und zog mich dann hoch. Meine Beine zitterten wie die eines neugeborenen Rehs. Ich konnte kaum allein stehen.

»Nein.«

Beide Männer sahen mich überrascht an und ich wischte mir die Tränen ab. »Ich will, dass Hunter mich fährt.«

Mein Innerstes war dermaßen vom Schmerz betäubt, dass ich nichts spürte. Stattdessen setzte eine Art kalter Realismus ein. Hunter war von Anfang an gegen mich gewesen; wenn ich wirklich davon ausging, dass mein Mann tot war, würde ich jeden Verdacht von Hunter bestätigen. Sollte Jacob in dem brennenden Haus sein, war es an mir, sein Königreich zu übernehmen – dazu brauchte ich Hunter.

Außerdem wollte ich gerade nicht in Zachs Nähe sein. Einen genauen Grund hatte ich dafür nicht. Ich reckte das Kinn und nahm die Schultern nach hinten, obwohl es mich mehr Kraft kostete, als ich hatte.

Hunter wirkte unentschlossen, nickte letztlich aber. »In Ordnung.«

»Das war keine Frage«, stellte ich fest und ignorierte Zachs gekränkten Gesichtsausdruck.

Hunter half mir, in seinen Wagen zu steigen. Zach stand vor Jacobs Mercedes. »Du kannst ihn haben«, sagte ich nur, bevor Hunter die Tür zuwarf.

Zach blieb stehen und starrte uns nach, bis wir die Einfahrt zum Haus meines Vaters verließen.

»Was hast du jetzt vor?«, wollte Hunter wissen.

»Ich verstehe die Frage nicht.« Die Kraft verließ mich. Ich war müde. So unglaublich müde.

»Was hast du vor, nachdem Jacob tot ist?«

»Er ist nicht tot.«

Hunter seufzte. »Ich weiß, dass die Wahrheit schmerzhaft ist – sie zu leugnen, wird dich trotzdem nicht weiterbringen.«

Ich knirschte mit den Zähnen und brauchte eine Weile, um antworten zu können. »Sobald die Überreste der Villa zugänglich sind, will ich, dass jemand sämtliche Leichen aus dem Haus birgt. Sollte Jacob nicht darunter sein, ist er nicht tot. So einfach ist das. Er hat eine solche Attacke schon einmal überlebt.«

»Ich glaube nicht, dass –«.

»Sei still«, fuhr ich ihm dazwischen. »Mein Mann lebt noch.«

Hunters Gesicht drückte deutlich aus, was er dachte. Es war mir egal. Sollte er mich für verrückt halten. Ich wusste, dass ich nicht verrückt war. Oder zumindest hoffte ich es.

Er versuchte nicht mehr, ein Gespräch mit mir anzufangen, und auch ich hatte ihm nichts zu sagen.

Als er vor meinem Zuhause hielt, krampfte mein Herz sich zusammen. Wie sollte ich ohne Jacob weitermachen? Wir wussten nicht einmal, ob Jacob meinen Vater erwischt hatte.

Ich wollte aussteigen, nur gaben meine Beine nach. Hunter umrundete den Wagen und war mit schnellen Schritten bei mir. Ich sah auf den deutlich sichtbaren Handabdruck, den ich auf der polierten Motorhaube bei dem Versuch, mich abzustützen, hinterlassen hatte. Es wirkte merkwürdig, wie sauber das Auto nach all dem war, was passiert war.

Hunter packte meinen Arm und schob den Ärmel meines Kleides hoch. Mitten in der Armbeuge prangte ein hässlicher Bluterguss samt Einstich. Das erklärte, warum ich mich so beschissen fühlte. Sie hatten mich mit irgendetwas betäubt, und wer auch immer die Spritze in meinen Arm gerammt hatte, war entweder nicht sonderlich feinfühlig gewesen, oder es war ihm oder ihr schlicht egal gewesen, ob Spuren zurückblieben.

»Wie fühlst du dich?«, wollte Hunter wissen.

Bevor ich protestieren konnte, hob er mich wieder hoch und trug mich ins Haus.

»Scheiße.«

Ein schwaches Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Das ist mir klar. Ich meine, welche Symptome du hast. Fieber?«

»Nein.«

»Ist dir schlecht?«

»Ein wenig, aber es hat schon nachgelassen.«

»Was würdest du sagen, wie dein Blutdruck ist?«

»Außer Rand und Band. Mal fühle ich mich wie Sekunden nach dem größten Espresso der Welt und dann sackt er wieder total ab.«

»Okay. Du solltest ein wenig schlafen und morgen geht es dir wieder gut.«

Ich hätte beinahe aufgelacht. Wie zum Teufel sollte ich jetzt schlafen? Ohne Jacob an meiner Seite? Ohne die geringste Ahnung, wie es überhaupt weitergehen sollte?

»Woher weißt du das? Vielleicht wurde ich vergiftet.«

»Nein, das war nur ein mildes Betäubungsmittel.«

»Mild? Es fühlt sich nicht mild an.«

Mit dem Fuß trat Hunter die Schlafzimmertür auf. »Glaub mir, wenn es nicht mild wäre, würdest du es merken.«

»Du klingst, als hättest du Erfahrung.«

»Nicht am empfangenden Ende.« Er legte mich aufs Bett und ich starrte schockiert zu ihm hoch. Hatte er mir gerade gestanden, dass er öfter mal andere Menschen betäubte? Mir fiel ein, was er beruflich tat, und prompt wusste ich nicht mehr, warum es mich überhaupt überraschte.

»Ich stelle dir eine Flasche Wasser auf den Nachttisch. Wenn du wach wirst, solltest du so viel wie möglich trinken, auch, falls dir nicht danach ist.«

Er wandte sich ab und im letzten Moment erwischte ich seinen Unterarm mit den Fingerspitzen. Trotz der flüchtigen Berührung blieb er stehen. »Was ist?«

»Kannst du hierbleiben? Im Haus bei mir?«

»Ja.«

»Und lass Zach nicht herein.«

»Warum sollte er kommen?«

Ich zuckte mit den Achseln, meine Augen wurden immer kleiner. »Nur so ein Gefühl. Danke.«

Das Letzte, was ich sah, bevor die Dunkelheit mich verschluckte, war Hunters Gesicht. Er wirkte nicht begeistert, aber längst nicht mehr so feindselig, wie er es mal gewesen war.

KAPITEL2

JACOB

Nein. Es war kein schlechter Traum gewesen. Dazu waren die Schmerzen zu real und heftig. In den ersten Minuten atmete ich viel zu flach und schnell. Ich wusste, dass ich mich beruhigen musste. Nur war das in manchen Momenten leichter gesagt als getan.

Irgendwann wurde es einfacher, gleichmäßig Luft zu holen. Ich öffnete langsam meine Augen und sah eine elegante, cremefarbene Decke. Zuerst konnte ich den Kopf nicht drehen, die Schmerzen waren zu stark. Stattdessen konzentrierte ich mich auf meine Herzschläge und zählte sie, bis ich den Eindruck hatte, wenigstens etwas entspannter zu sein.

Ich redete mir gut zu und versuchte, den Oberkörper aufzurichten. Gleißende Pein explodierte in meinem Rücken und strahlte heiß und qualvoll in jede Zelle meines Körpers aus. Außerdem stach es in meiner Hand.

Mir ging auf, dass es vermutlich leichter war, nur den Arm zu heben, als mich ganz aufzusetzen, und tat es.

Eine Kanüle steckte in meinem Handrücken, war überklebt worden, damit sie nicht rausrutschte. Der weiße Gummischlauch hing herunter. Ganz langsam drehte ich den Kopf, bis ich den Ständer mit dem Infusionsbeutel bemerkte.

Ich musste in einem Krankenhaus sein. Mit der simplen Erkenntnis brach Erschöpfung über mich herein. Aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, dass mir im Krankenhaus nichts passieren konnte. Meine Augen waren so schwer, es würde sicher nicht schaden, noch etwas zu schlafen.

Als ich das nächste Mal wach wurde, war es dunkel im Zimmer. Ohne nachzudenken, wollte ich mich auf die Seite drehen. Stechender Schmerz machte es mir unmöglich. Ich blieb, wie ich war, und sah vorsichtig zu dem Infusionsständer. Der Beutel war leer. Zumindest das konnte ich im Halbdunkel des Raumes erkennen.

Jede Bewegung schien mir alles an Kraft abzuverlangen. Ich schwamm in einer Wolke aus Pein und nagenden Fragen. Da mein Nacken wehtat, ließ ich den Kopf wieder nach hinten sinken. Es fühlte sich an, als würde das Kissen mich einsaugen wollen. Schwer drückte die Müdigkeit auf meine Lider.

Das Licht blendete mich. Die Sonne stand hoch am Himmel und tauchte alles in goldenes Licht. Ich zwinkerte und drehte das Gesicht. Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Gewissheit über mich hereinbrach, dass ich zwar Schmerzen bei der Bewegung hatte, sie aber trotzdem ausführen konnte.

Endlich schaffte ich es, den Kopf so weit zu drehen, dass ich auf den Nachttisch sehen konnte.

Ich schaute geradewegs in eine silberne Nierenschale, in der zwei blutige Kugeln lagen. Der Tisch war niedriger als das Bett und ermöglichte mir deshalb die charmante Aussicht.

Ich kniff ein Auge zusammen, weil die Sicht verschwamm. Neben der Schale stand eine orangefarbene Dose. Schmerzmittel, wie nur unschwer zu erkennen war. Daran lehnte eine Karte, die einen Teddybären mit einem Pflaster auf der Nasenspitze zeigte. Er hielt einen roten Luftballon in der Hand und die Aufschrift lautete: »Werd bald wieder gesund.«

Mit einem Grunzen sank ich zurück aufs Bett. Der Beutel hing noch immer leer am Ständer. Hätte er nicht ausgetauscht werden müssen, wenn ich in einem Krankenhaus war?

Aurelia hätte sicherlich darauf bestanden. Wo war sie überhaupt?

Die Erinnerung traf mich beinahe härter als der Schmerz. Ich hatte Teodoro erschossen. Endlich. Nach all den Jahren. Doch danach war mir in den Rücken geschossen worden. Zweimal. Die Anzahl der Kugeln in der Nierenschale deckte sich mit dem, was ich in Gaitáns Keller gespürt hatte.

Ich hatte eine Ahnung, dass ich Antworten in der Gute-Besserung-Karte finden würde. So wie ich mich fühlte, hätte sie auch mehrere Kilometer entfernt sein können.

Unter meiner Hand spürte ich die Bettdecke, als ich die Faust ballte. Aurelia hatte mich hintergangen und ich verdammter Idiot hatte es nicht einmal kommen sehen. Hunter hatte die ganze Zeit recht gehabt. Der hübschen Hexe war nicht zu trauen.

Ich ruhte mich eine Weile aus, bevor ich mich hochdrückte. Das Bettlaken klebte an meinem Rücken. Ich wagte es nicht, es abzuziehen, weil ich fürchtete, die Wunden damit aufzureißen. Stattdessen nahm ich die Karte und entdeckte das Handy dahinter. Mit beiden Sachen in der Hand ließ ich mich wieder sinken.

Mit schwarzer Tinte war in eleganter, enger Schrift notiert worden:

Es ist kaum zu glauben, wie schwer du klein zu bekommen bist. Leider haben die Kugeln nicht gereicht, ebenso wenig wie der Versuch, dir die Kehle durchzuschneiden. Du bist am Leben, weil ich es so wollte. Das war deine zweite Rettung durch meine Hand. Damit ist meine Schuld deinem alten Herrn gegenüber eingelöst. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, stirbst du.

Die Frau in Mint

Ich las den Text ein halbes Dutzend Mal, bis das gesamte Ausmaß der Worte zu mir durchdrang. Die Frau in Mint war offensichtlich eine Art Schutzengel. Oder sie war es gewesen, wenn ich ihre Nachricht richtig verstand.

Woher sie meinen Vater gekannt hatte, wusste ich natürlich nicht. Aber ich war fest entschlossen, es herauszufinden. Nur nicht jetzt.

Ich legte die Karte neben mich und klappte das altmodische Handy auf. Der Bildschirm wurde hell. Das Telefonbuch enthielt lediglich eine Nummer. Obwohl der Name daneben stand, wusste ich sofort, wem sie gehörte, weil ich sie auswendig kannte.

Hunter.

Ich wählte und schaltete auf Lautsprecher.

»Ja?«

»Ich bin es.«

Das Schweigen am anderen Ende war ohrenbetäubend.

»Hunter? Sag etwas.«

»Ja.«

»Bist du allein?«

»Nein.«

»Du musst kommen.«

»Wohin?«

Gute Frage, dachte ich und wandte mich vorsichtig zur Seite. Hinter der Nachttischlampe stand die Karte des Zimmerservice, oben in der Ecke klebte ein Sticker mit der Raumnummer.

»Ich bin im Sunset Valley Hotel, Zimmer 803.«

»Bin schon unterwegs.«

»Wer ist gerade bei dir?«

»Aurelia Doherty.«

Mein Magen verkrampfte sich. »Nicht ein Wort zu ihr. Ich meine es ernst.«

»Klar. Bis gleich.«

Erleichtert legte ich auf.

KAPITEL3

AURELIA

Meine Hoffnung, alles nur geträumt zu haben, zerschlug sich, als ich Hunter am Fußende des Bettes sitzen sah. Es hämmerte hinter meinen Schläfen, mein Hals war trocken, und ich fragte mich flüchtig, ob ich wohl geschnarcht hatte.

Der Gedanke verschwand so schnell, wie er gekommen war, denn um ehrlich zu sein, war es mir egal. Ich hatte nicht die geringste Absicht, Hunter zu verführen.

»Wie kommt es, dass du nicht die Chance genutzt hast, mich im Schlaf umzubringen?«, wollte ich wissen. Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Krächzen.

»Es tut mir leid.«

Ich wälzte mich herum und vergrub das Gesicht im Kissen, da ich die Tränen bereits in meinen Augen brennen fühlte. »Was tut dir leid?«

»Alles«, sagte Hunter sanft. »Dass Jacob tot ist, dass ich dich falsch eingeschätzt habe, einfach alles.«

Ich wollte ihm sagen, wohin er sich seine Entschuldigung schieben konnte. Doch meine Kehle war zugeschnürt und nur ein Schluchzen kam heraus. Außerdem wurde mir bewusst, dass Hunter vermutlich der einzige Verbündete war, der mir blieb, den ich nicht für seine Dienste bezahlte wie beispielsweise Davey oder Miss Killer.

Meine Schultern zuckten, weil ich weinte. Ich konnte mich nicht daran hindern. Irgendwann spürte ich seine Hand auf meinem Rücken. Ich wusste, dass er mich bloß trösten wollte, nur war ich zu wütend. Jacob war tot.

Nein. Jacob konnte nicht tot sein. Dieser Mistkerl konnte mich nicht mit diesem Chaos zurücklassen.

Zwei oder drei Minuten erlaubte ich mir, im Selbstmitleid zu baden, dann richtete ich mich auf. »Ich will zum Haus. Wir müssen dem Commissioner Bescheid sagen.«

Hunter legte eine Hand um meine Wange. Er war viel sanfter, als ich es jemals für möglich gehalten hatte. »Es ist alles erledigt, Aurelia. Du hast mehr als achtzehn Stunden geschlafen und wir haben uns um alles gekümmert. Es tut mir so leid, aber Jacob ist tot. Genau wie dein Vater.«

»Das kann nicht sein.« Ich wollte den Kopf schütteln. Hunters fester Griff hinderte mich.

»Sie haben insgesamt sieben Leichen gefunden. Noch sind sie nicht alle identifiziert, aber das ist nur eine Frage der Zeit.«

Ich starrte ihn an. »Nein.«

Er hielt mich, während ich tobte und um mich schlagen wollte. Dabei gab er sich die größte Mühe, mir nicht wehzutun. Jacobs bester Freund hinderte mich nicht einmal daran, nach ihm zu schlagen.

»Du lügst! Er kann nicht tot sein.«

»Es tut mir leid, Kleines.«

Ich wollte es nicht hören. Genauso wenig wie ich den verständnisvollen Hunter wollte. Was hätte ich gegeben, einfach vier oder fünf Tage zurückspulen zu können. Dann würde Hunter mir noch immer misstrauen und Jacob wäre bei mir.

Irgendwann bemerkte ich, dass ich weinte. Hunter hatte mich an sich gezogen und meine Tränen tränkten sein schwarzes Shirt. Er hatte die Arme um mich geschlungen und strich über meinen Kopf. »Alles wird gut. Irgendwann wird alles gut.«

Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich mich beruhigte.

»Besser?«, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Kommst du mit nach unten?«

»Warum?«

»Du musst etwas essen.«

»Ich will nichts essen.«

Hunter seufzte. »Zwing mich nicht, dich zu füttern.« Vielsagend deutete er auf die Flecken, die meine Tränen hinterlassen hatten.

»Ich habe keinen Hunger«, beharrte ich.

»Hör zu, Kleines, ich verstehe dich, okay? Wirklich. Das musst du mir glauben. Aber niemandem ist geholfen, wenn du dich selbst vernachlässigst. Du musst die Geschäfte weiterführen, dich um alles kümmern – sonst war Jacobs Arbeit umsonst. Außerdem musst du wieder fit werden. Komm wenigstens runter mit mir.«

»Kann ich vorher duschen?«

»Versprichst du, dich nicht unter der Dusche zu ertränken?«

»Ja.«

»Lass die Tür auf. Ich traue dir nämlich nicht«, erklärte er und stand auf.

Aus schmalen Augen starrte ich ihn an. »Fick dich!«

Er lächelte und deutete mit dem Finger auf mich. »Besser. Da ist die Aurelia, die ich kenne.«

Ich verschränkte die Arme und wartete, bis er den Raum verlassen hatte, bevor ich aufstand und ins Bad ging. Er hatte recht, ich musste etwas essen, denn erst jetzt bemerkte ich, wie schwach ich mich fühlte.

Als ich unter der Dusche stand und den Kopf gesenkt hatte, sodass das Wasser in meinen Nacken prasselte, kamen mir die letzten Gespräche mit Jacob in den Sinn. Mein Magen krampfte sich zusammen, als mir klar wurde, was ich als Letztes zu ihm gesagt hatte: Sobald das hier vorbei ist, bist du so gut wie tot.

Fast hätte ich mich übergeben, aber ich kämpfte den Impuls zurück. Ich hing meiner Trauer und dem Bedauern nach, bis ich fast vergessen hätte, dass Hunter auf mich wartete.

Noch wusste ich nicht, was ich von seinem Sinneswandel halten sollte. Ja, er hatte sich entschuldigt, doch meinte er es auch so?

Ich schüttelte den Kopf. Es nutzte nichts, paranoid zu werden. Wenn Hunter mir hätte schaden wollen, hätte er die Gelegenheit gehabt, als ich bewusstlos auf dem Dachboden gehangen hatte, oder heute Nacht, als ich wie tot geschlafen hatte, was ohne Zweifel dem Betäubungsmittel zuzuschreiben war.

Nachdem ich geduscht hatte, zog ich nur eins von Jacobs Shirts und eine Jogginghose an und ging mit nassen Haaren nach unten. Es war mir ehrlich gesagt egal, wie ich aussah. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es Hunter interessierte.

Als ich auf dem untersten Treppenabsatz ankam, schloss er gerade die Haustür. In der Hand hielt er eine weiße Tüte, die mit roten chinesischen Schriftzeichen bedruckt war.

»Essen ist fertig«, sagte er. »Perfektes Timing.«

Ich gab mir Mühe, mir ein Lächeln abzuringen, und scheiterte kläglich. Dann folgte ich ihm in die Küche. Er riss die Tüte auf, holte die Boxen raus und reichte mir ein Paar Stäbchen. »Ich wusste nicht genau, was du magst, ist Hühnchen in Ordnung?«

»Ja. Kann ich einen Drink dazu haben?«

»Das halte ich für keine gute Idee.«

»Du würdest mich nicht hindern?«, vergewisserte ich mich.

»Nein.«

Zuerst wollte ich aufstehen. Nur wurde mir klar, dass er recht hatte. Es würde niemandem nutzen, wenn ich mich betrank. Den Schmerz würde es temporär betäuben, bis er mit doppelter Wucht zurückkam.

Stattdessen öffnete ich den erstbesten Karton und begann, mit den Stäbchen im Reis herumzustochern.

»Erzähl mir, was passiert ist«, bat Hunter.

»Du warst dabei.« Ich bemerkte, wie gepresst meine Stimme klang.

»Ja, aber dann ging die Tür zu und wir haben dich erst auf dem Dachboden wiedergefunden.«

»Warum habt ihr euch getrennt? Ich dachte, der Plan wäre es gewesen, zusammenzubleiben.«

Hunter riss ein Tütchen mit extrascharfer Soße auf und goss es über seine Nudeln. »Jacob wollte es so. Er hatte zu viel Angst, emotional zu werden, sollte dir etwas passiert sein.«

»Also ist es meine Schuld.«

Er schüttelte den Kopf. »Es ist niemandes Schuld. Wir müssen nur zusammensetzen, was passiert ist, damit wir ein Bild davon haben, ob es lose Enden gibt.«

»Viel kann ich nicht sagen.« Ich schob mir eher widerwillig etwas Reis in den Mund und dachte nach. »Eigentlich kann ich mich nur daran erinnern, wie jemand meinen Arm packte. Ich konnte das Aftershave meines Vaters riechen, dann wurde mir gleich die Spritze in den Arm gerammt. Das hat mehr geschmerzt als der Streifschuss von der letzten Auseinandersetzung mit meinem Erzeuger.«

»Du wurdest angeschossen?«

»Es war nur eine kleine Fleischwunde.«

Hunter runzelte die Stirn. »Jacob hat mir nichts davon erzählt.«

»Ich hatte ihn gebeten, es nicht zu tun. Noch vor Ort kam es mir lächerlich vor, mich darüber zu beschweren, weil das Kaninchen getötet worden war.« Kaum hatte ich meinen Satz beendet, musterte Hunter mich, als hätte er seine Meinung über mich erneut geändert. Da ich spürte, wie das Blut in meine Wangen kroch, senkte ich den Blick und gab vor, mich aufs Essen zu konzentrieren. »Danach bin ich erst wieder aufgewacht, als ihr mich gefunden hattet, womit ich absolut nutzlos war.«

»Sag das nicht«, bat er.

Für einen kurzen Moment fürchtete ich, er würde mich wieder anfassen wollen, um mich zu trösten, doch er tat es nicht.

»Ich habe ebenfalls nicht viel zu berichten. Zusammen mit Zach habe ich nach dir gesucht, und Jacob hat sich allein auf den Weg gemacht, um deinen Vater zu finden. Als wir auf dem Dachboden waren, muss das Feuer ausgebrochen sein. Es stank überall nach Benzin. Bei dem Tempo, in dem die Flammen sich ausgebreitet haben, würde ich vermuten, dass jemand nachgeholfen hat. Der Commissioner sagte, dein Vater wäre im zweiten Kellergeschoss gefunden worden, zusammen mit zwei anderen Leichen. Ich gehe deswegen davon aus, dass er einen Partner oder eine Partnerin hatte. Er kann nicht unten mit Jacob gestorben sein und danach das Haus angezündet haben.«

Ich legte die Stäbchen weg. »Warum nicht?«

»Meinst du, er wollte sterben?«

»Nein. Vielleicht hat er das Feuer gelegt, um mich oder auch uns zu töten, und Jacob erwischte ihn eher zufällig.«

»Das könnte sein.«

»Hat der Commissioner Jacob einwandfrei identifiziert?«

»Bisher nicht.« Hunter wich meinem Blick aus.

Sofort klopfte mein Herz schneller. »Also könnte er am Leben sein.«

»Nein. Aurelia, ich verstehe, dass du es nicht wahrhaben willst, aber du hast das Haus gesehen. Wenn er da drin war, kann er nicht überlebt haben.«

»Möglicherweise war er draußen. Im Garten?« Ich hörte selbst, wie verzweifelt ich klang.

»Wenn er noch am Leben ist, warum hat er sich nicht gemeldet?«

Ich griff nach jedem Strohhalm. »Er hat das Gedächtnis verloren.«

Hunter lachte. Es klang trocken und freudlos. »Das hier ist keine Seifenoper. Wir haben alle unser Leben riskiert, und das sind die Dinge, die dabei passieren.«

Wut flackerte so heiß in mir auf, dass ich das Essen vom Tisch fegen wollte. Stattdessen ballte ich nur die Fäuste. »Woher weißt du das eigentlich alles, wenn du hier bei mir warst?«

»Ich war nicht die ganze Zeit bei dir. Zwischendurch war ich zu Hause, habe geduscht, ein paar Stunden geschlafen, war bei der Villa deines Vaters und auf dem Polizeipräsidium. Miss Killer hatte ein Auge auf dich, während ich weg war.«

»Trotzdem möchte ich selbst mit dem Commissioner sprechen.«

Hunter hob die Hände. »Niemand hindert dich. Sei nur nicht enttäuscht, wenn er dir genau das Gleiche wie ich sagt.«

Ich nickte und stand auf, um mir eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank zu holen. »Möchtest du auch etwas trinken?«

»Ja, bitte.«

»Danke«, sagte ich.

»Wofür?«

»Dass du geblieben bist. Und dass du mich gerettet hast, wahrscheinlich wäre dir ein anderes Ende lieber gewesen.«

»Red keinen Unsinn, Aurelia. Ich habe dir misstraut und nicht den Tod gewünscht.«

Wir schwiegen eine Weile. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich sagen sollte, und Hunter schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

»Am besten ruhst du dich ein paar Tage aus, und wenn du dich bereit fühlst, kommst du ins Kingdom. Vor uns liegt viel Arbeit, wenn wir den Verräter finden wollen.«

»Also denkst du, es gibt einen?«

»Ja. Und wir werden ihn finden.«

Ich nickte.

Drei Tage brauchte ich, um mich aufraffen zu können. Ich hatte mich für das Kleid entschieden, das ich bei meinem ersten Zusammentreffen mit Jacob getragen hatte. Das Kleid, das Dean mir damals gebracht hatte. Es schien in einem anderen Leben gewesen zu sein.

Meine Haare hätten einen neuen Schnitt benötigt, aber ich hatte beschlossen, sie wachsen zu lassen, bis ich mich wieder in der Lage sah, Entscheidungen zu treffen. Egal in Bezug worauf. Mir war ebenso wenig klar, wie ich meine Haare tragen wollte, wie ich wusste, wie ich allein über das Königreich herrschen sollte.

Die Sachen, die ich getragen hatte, als wir zum Haus meines Vaters gefahren waren, lagen unberührt auf dem Boden vor dem Bett, wo ich sie hatte fallen lassen, bevor ich duschen gegangen war. Ich hob das Kleid auf, es war oben eng, wurde in der Taille weiter und hatte aufgesetzte Taschen, die es sehr casual wirken ließen.