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Dieser Band enthält folgende Romane:Tauchfahrt ohne Wiederkehr (W.A.Hary)Einsatz unter dem Eis (Alfred Bekker)Menetekel des letzten Tages (Alfred Bekker / Pete Hackett)Trevellian - Schaum vor dem Mund (Alfred Bekker / Pete Hackett)Sie hatten von den Klimaforschen den Auftrag, unter dem Nordpol zu forschen. Doch das immer noch ewige Eis war stärker als der Stahl ihres U-Bootes…Unter dem Eispanzer der Antarktis existiert ein riesiger See, der über tausend Meter tief ist. Bislang habe lediglich Forscher einige Wasserproben dieses prähistorischen, abgekapselten Sees genommen. (Soweit die Fakten).Der Grund dieses Sees ist ein idealer Ort, um möglichst unbemerkt Atomwaffen zu testen. Die Wassermassen und die Eisschicht schirmen die Neutronenstrahlung weitgehend ab und machen es auch sehr viel schwerer, den charakteristischen Gamma-Outburst anzumessen, der normalerweise jede Atombombenexplosion global messbar macht.Ein internationales Industriekonsortium, das sich unter der Kontrolle eines reichen arabischen Geschäftsmanns aus Dubai befindet, betreibt dort die angebliche Forschungsstation X-Point, die sich in Wahrheit allerdings mit Tests von Atomwaffen befasst.Die seismischen Erschütterungen sind natürlich weltweit spürbar, nur kann man sie nicht eindeutig zuordnen. Doch die Verdachtsmomente verdichten sich, nachdem amerikanische Wissenschaftler Messungen machen, die die Möglichkeit von A-Tests nahe legen.Wenig später ist von den amerikanischen Wissenschaftlern kein Lebenszeichen mehr zu hören. Sie bleiben verschollen und wurden vermutlich ermordet.Das Szenario ist bedrohlich: Durch die Atomtests könnten (was die Betreiber, die diese Tests im Auftrag "interessierter Staaten" durchführen, nicht berechnet haben) nach und nach Teile des Eispanzers in Bewegung geraten, schlagartig ins Meer stürzen und einen Riesen-Tsunami auslösen, dessen Mörderwellen Buenos Aires, Rio, New York etc. unter Wasser setzen würden.Eine Truppe von Spezialisten wird ins Gebiet gebracht, um aufzuklären, was sich dort abspielt und wenn möglich weitere Tests zu stoppen. Die Truppe muss sich beeilen: Der Winter bricht bald ein und der bedeutet in der Antarktis nicht nur mörderische Temperaturen, sondern auch dauerhafte Dunkelheit...Und dann ist da in der Tiefe unter dem Eis die Bombe, die den Super-Tsunami auslösen wird...
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Seitenzahl: 440
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Thriller Quartett 4017 - 4 Krimis in einem Band
Copyright
Tauchfahrt ohne Wiederkehr
Einsatz unter dem Eis
Menetekel des letzten Tages: Thriller
Trevellian - Schaum vor dem Mund
Dieser Band enthält folgende Romane:
Tauchfahrt ohne Wiederkehr (W.A.Hary)
Einsatz unter dem Eis (Alfred Bekker)
Menetekel des letzten Tages (Alfred Bekker / Pete Hackett)
Trevellian - Schaum vor dem Mund (Alfred Bekker / Pete Hackett)
Sie hatten von den Klimaforschen den Auftrag, unter dem Nordpol zu forschen. Doch das immer noch ewige Eis war stärker als der Stahl ihres U-Bootes…
Unter dem Eispanzer der Antarktis existiert ein riesiger See, der über tausend Meter tief ist. Bislang habe lediglich Forscher einige Wasserproben dieses prähistorischen, abgekapselten Sees genommen. (Soweit die Fakten).
Der Grund dieses Sees ist ein idealer Ort, um möglichst unbemerkt Atomwaffen zu testen. Die Wassermassen und die Eisschicht schirmen die Neutronenstrahlung weitgehend ab und machen es auch sehr viel schwerer, den charakteristischen Gamma-Outburst anzumessen, der normalerweise jede Atombombenexplosion global messbar macht.
Ein internationales Industriekonsortium, das sich unter der Kontrolle eines reichen arabischen Geschäftsmanns aus Dubai befindet, betreibt dort die angebliche Forschungsstation X-Point, die sich in Wahrheit allerdings mit Tests von Atomwaffen befasst.
Die seismischen Erschütterungen sind natürlich weltweit spürbar, nur kann man sie nicht eindeutig zuordnen. Doch die Verdachtsmomente verdichten sich, nachdem amerikanische Wissenschaftler Messungen machen, die die Möglichkeit von A-Tests nahe legen.
Wenig später ist von den amerikanischen Wissenschaftlern kein Lebenszeichen mehr zu hören. Sie bleiben verschollen und wurden vermutlich ermordet.
Das Szenario ist bedrohlich: Durch die Atomtests könnten (was die Betreiber, die diese Tests im Auftrag „interessierter Staaten“ durchführen, nicht berechnet haben) nach und nach Teile des Eispanzers in Bewegung geraten, schlagartig ins Meer stürzen und einen Riesen-Tsunami auslösen, dessen Mörderwellen Buenos Aires, Rio, New York etc. unter Wasser setzen würden.
Eine Truppe von Spezialisten wird ins Gebiet gebracht, um aufzuklären, was sich dort abspielt und wenn möglich weitere Tests zu stoppen. Die Truppe muss sich beeilen: Der Winter bricht bald ein und der bedeutet in der Antarktis nicht nur mörderische Temperaturen, sondern auch dauerhafte Dunkelheit...
Und dann ist da in der Tiefe unter dem Eis die Bombe, die den Super-Tsunami auslösen wird...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER A. PANADERO
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Einführung:
Sie hatten von den Klimaforschen den Auftrag, unter dem Nordpol zu forschen. Doch das immer noch ewige Eis war stärker als der Stahl ihres U-Bootes…
*
„Tauchen!", brüllte Captain Mort Stuart heiser. „Sofort tauchen!"
Er wurde vom nackten Entsetzen gepackt. Er starrte durch das Periskop. Seine Kinnlade zitterte. Seine Kehle war plötzlich wie ausgedörrt
Deutlich sah er es.
Die Scheinwerfer des aufgetauchten U-Bootes waren voll aufgeblendet. Sie strahlten grell gegen eine steil aufragende Mauer aus Eis. Milliardenfach glitzerten Kristalle im Licht - wie Diamanten von unschätzbarem Wert.
Nur noch vielleicht zwei Schiffslängen war das Unterseeboot davon entfernt. Unaufhaltsam rückte das gewaltige Hindernis heran. Es verlor sich scheinbar in unergründlichen Tiefen.
„Tauchen, sagte ich, verdammt noch mal! Tauchen!", brüllte der Captain heiser und völlig unkonventionell - er, der sonst auf eiserne Disziplin so großen Wert legte.
„Negativ!", sagte eine flache Stimme irgendwo hinter ihm.
Captain Stuart hatte das Gefühl, der Schlag treffe ihn. Er stieß sich vom Periskop ab und suchte den Sprecher mit den Blicken, wobei es in seinen Augen aufloderte, als schüre der Teufel persönlich ein höllisches Feuer.
Stuart sah im wahrsten Sinne des Wortes eine kopflose Mannschaft. Sämtliche Offiziere, die im Kontrollstand anwesend waren, schauten verständnislos und hilflos zugleich auf ihre Anzeigen. Ein paar betätigten Kontakte. Vergeblich.
Captain Stuart fehlten die Worte. Er wusste genau, dass sie auf diese Eismauer los fuhren, und doch sah er jetzt tatenlos zu, weil es das einzige war, was ihm übrig blieb.
*
Die Abdeckplatte lag am Boden. Die Person schaute prüfend nach allen Seiten. Sie lauschte angestrengt und war danach sicher, nicht überrascht zu werden. Bei dem, was sie vorhatte, war das von größter Wichtigkeit - wenigstens für sie.
Die Person hatte nur einen Schraubenzieher in der Hand. Es war unglaublich, wie groß die Wirkung sein würde, die mit diesem winzigen Ding hervorgerufen werden konnte.
Das erste Mal hatte es geklappt - erst vor einer Minute und an anderer wohlausgewählter Stelle. Jetzt war die zweite Phase des Unternehmens an der Reihe.
In den Augen der Person blitzte der Wahnsinn, als ihr rechter Arm vorstieß.
Ratschend fuhr das blanke Metall zwischen den Drähten hindurch, die hier dick gebündelt verliefen.
Einen Augenblick verharrte die Person, dann begann sie mit der scharfen Spitze des Schraubenziehers zu schaben. Die ersten Funken sprühten und prasselten nieder.
„Das ist genug", murmelte sie im Selbstgespräch.
Sie ließ den Schraubenzieher los. Das Werkzeug rutschte weiter nach vorn, berührte einen blanken Kontakt und bildete für einen winzigen Augenblick eine Brücke zwischen diesem Kontakt und dem blankgescheuerten Draht.
Für eine Sekunde brach in diesem Kabelbündel die Hölle aus. Blaues Licht blitzte grell und blendend auf.
Die Kabel schmorten. Es stank intensiv nach Ozon und verbranntem Isolationsmaterial.
Blitzschnell brachte die Person die Verkleidung über den Kabeln wieder an, nachdem sie die glühenden Überbleibsel ihres Schraubenziehers noch tiefer in die Kabelstränge gestoßen hatte.
Die Verkleidung war mit den neuen Schnappverschlüssen versehen. Beim Anbringen brauchte nicht mehr geschraubt zu werden, nur noch beim Abnehmen.
Mit einem Sprung brachte sich die Person in Sicherheit, die hier Sabotage betrieb.
Keine Sekunde zu früh.
Qualm drang durch die Ritzen. Ein Zischen ertönte. Dann folgte eine dumpfe Detonation.
Die Verkleidung wurde zerfetzt. Die Reste flogen der Person um die Ohren.
Eine meterlange Stichflamme schoss aus den Kabelsträngen und brach jäh ab.
Die Person trat zögernd vor und nahm mit einem schmutzigen Lappen pedantisch die heißen Reste des Schraubenziehers auf.
*
„Volle Kraft zurück!", brüllte Captain Stuart. Das war die einzige Möglichkeit, die noch blieb.
Aber gleichzeitig mit diesem Befehl erstarb das Generatorengeräusch, das sie schon seit Wochen begleitete und an das sie sich bereits gewöhnt hatten wie der Schläfer an das nächtliche Ticken seines Weckers.
Der Befehl, der vielleicht noch die Rettung hätte bringen können, kam zu spät.
Obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte, schaute der bärtige Captain Mort Stuart wieder durch das Periskop.
Er hatte sich wohl doch in der Entfernung verschätzt. Wären es wirklich nur noch zwei Schiffslängen bis zur Eismauer gewesen, hätte das Unheil schon über sie hereinbrechen müssen.
Das Unterseeboot war während der Fahrt stetig tiefer gesunken, um so der aufragenden Eiswand zu entgehen. Durch das Sonar hatten sie festgestellt, dass die Wand in einer Tiefe von rund zweihundert Metern endete. Ein Atomunterseeboot wie die USS LINCOLN konnte diese Tauchtiefe durchaus noch unterschreiten.
Im Moment befanden sie sich in einhundert fünfzig Metern Tiefe unter Meeresniveau.
Die Ballasttanks waren noch nicht völlig geflutet. Mit dem Antrieb hatten sie die Tauchgeschwindigkeit vergrößert.
Jetzt waren die Generatoren verstummt; die Fahrt verlangsamte sich, aber der Wasserwiderstand reichte nicht zur Abbremsung.
Die Eiswand war heran. Sie verlief schräg und wich nach unten ein wenig zurück. Auch das Boot hatte keine waagerechte Lage, da es sich auf Tauchfahrt befand und mit dem Bug voran nach unten ging.
Im letzten Augenblick nahm der bärtige Captain sein Gesicht beiseite, um nicht beim Aufprall das Linsensystem des Periskops ins Auge gedrückt zu bekommen.
Eine Riesenfaust packte ihn plötzlich und schleuderte ihn quer durch den abschüssigen Kommandoraum nach vorn. Hart kam er mit dem Kopf auf. Er hörte ein entsetzliches Kreischen, das Bersten von Metall und einen Ton wie von einer gigantischen Glocke. Dann verlor er das Bewusstsein.
Mit dem Bug prallte die USS LINCOLN gegen das Hindernis.
Der vordere Teil des Schiffskörpers wurde zusammengeknittert wie Papier. Die Aufprallenergien waren unvorstellbar groß.
Die Männer im Kommandoraum, die noch bei Bewusstsein blieben, bekamen es am eigenen Leibe zu spüren, als sie eine unsichtbare Kraft packte und über den Boden schleifte, gegen Wände und die Decke schleuderte.
Eis splitterte. Riesige Brocken lösten sich und rasten wirbelnd nach oben, um sich an der endlos erscheinenden, alles überdeckenden Eisglocke zu fangen.
Ein Beben erschütterte das Eis. Auch an anderen Stellen brachen in die Tiefe ragende Zacken ab. Das Ganze kam in Bewegung. Das Eis steht immer unter unerhörten Spannungen. Sie lösten sich, indem sie große Teile lossprengten.
Besonders schlimm aber war, dass sich das Schiff halb überschlug. Durch die schräg nach unten gerichtete Tauchfahrt traf der fast hundert Meter lange stählerne Leib im ungünstigen Winkel auf das tödliche Hindernis. Das führte dazu, dass sich der Turm in das Eis bohrte und völlig zerbeult wurde. Das Außenschott platzte und ließ Wasser einschießen. Es donnerte gegen das Innenschott, unter dem der Kontrollraum lag.
Die Männer hörten es und wussten, dass sie in einer Falle saßen, aus der es kein Entrinnen gab.
Das Periskop war nach unten gedrückt worden und ohne Zweifel zerbrochen.
Wasser sickerte aus einem Riss. Nicht lange, dann versiegte es. Irgendetwas hatte den Riss verstopft.
Die Männer sahen sich an. Grauen stand in ihren Augen. Im Schein der grünen Notbeleuchtung sahen die Gesichter wie die von Toten aus.
*
Es war zwar nicht ausdrücklich verboten, aber auch nicht ausdrücklich gestattet, dass Frauen auf einem U-Boot fuhren. Till Sturgess und Salina Lyon, kurz „Sally" genannt, hatten sich darüber hinweggesetzt. Nicht zum ersten Male.
Die Ausnahme resultierte aus der Tatsache, dass es sich bei der Fahrt um einen Forschungsauftrag mit nicht nur militärischem Hintergrund handelte. Immerhin ging es um die sogenannte Klimakrise, und die Klimaforscher weltweit hatten keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als ausgerechnet ein Atomunterseeboot der Kriegsmarine auf Forschungskurs zu setzen, um endlich mehr zu erfahren über die Nordpolkappe, die vom Abschmelzen bedroht war: Wie weit ging das schon unterhalb des Eises?
Sally war Geologin und Till der Zweite Offizier auf dem Boot. Er hatte gerade Freiwache.
„Wir haben nur eine halbe Stunde", hauchte Salina Lyon erregt und kuschelte sich an den bärenstarken, gutaussehenden Offizier. „Nur eine halbe Stunde!"
Ihm versagte die Stimme. Er sah nur den kirschroten Mund, der sich zum Kuss schürzte, und sonst nichts. Leidenschaftlich drückte er seine Lippen darauf. Die Leidenschaft wurde erwidert. Seine Hände gingen auf Wanderschaft.
Sally wand sich schlangengleich unter ihnen. Ihr Atem wurde glutheiß und beschleunigte sich, als Till ihren leichten Pulli hochstreifte. Darunter ertastete er die schweren, nackten Brüste.
Seine Lippen spazierten abwärts, liebkosten den sanft geschwungenen Hals des erregten Mädchens, gingen tiefer, bis… In diesem Moment geschah es! Ein gewaltiger Stoß durchlief das Schiff. Die beiden Liebenden verloren den Boden unter den Füßen und flogen durch die enge Kajüte.
Es war ihr Glück, dass sie gemeinsam in die schmale Koje krachten.
Sally stieß einen Schrei aus und klammerte sich an Till Sturgess fest.
Auf der Koje fanden sie keinen Halt. Sie wurden gegen die Wand gefegt, und da Till in seiner Bewegungsfreiheit behindert war, vermochte er nicht den schmerzhaften Aufprall zu mindern.
Das war noch lange nicht alles. Das Boot stellte sich offensichtlich auf den Kopf!
Durch die andere Koje über der ersten wurden sie aufgehalten.
Ein zweiter Stoß erschütterte das Boot. Die Koje hielt der Beanspruchung nicht stand. Sie löste sich aus der Verankerung und ließ die beiden Menschen zur Decke stürzen.
Ringsum war die Hölle losgebrochen. Durch die Stahlwände drangen Schreie herein. Und das Kreischen und Schrillen des stählernen Bootskörpers.
Sally und Till hörten den Lärm wie aus weiter Ferne. Die Decke behielt sie nicht. Schaukelnde Bewegungen warfen sie gegen die Wand über der Tür. Eine Ewigkeit verging, bis das Boot einigermaßen zur Ruhe kam. Überall knackte es in den Wandungen. Die USS LINCOLN lag leicht schräg und mit dem Bug nach unten.
Verwirrt rappelte sich Till Sturgess auf, als er schließlich halb auf der Tür lag. Er untersuchte Arme, Beine und die Rippen. Einen Knochenbruch konnte er nicht feststellen. Erleichtert atmete er auf.
Sofort wandte er sich Salina Lyon zu, die jetzt langsam an der Tür herab rutschte. Die junge Geologin war so durcheinander, dass sie zu weinen vergaß. Ihr Gesicht war nur weiß wie eine frischgetünchte Wand, und die Augen waren unnatürlich geweitet.
„Um Gottes willen, Mädchen, hast du dir was getan?", fragte Till.
Mechanisch schüttelte sie den Kopf.
Till zog sie hoch, bis sie auf ihren zittrigen Beinen stand. Er tastete sie flink ab. Sie schien wohlauf zu sein.
Aber dann brach sie schluchzend zusammen.
Er legte tröstend den Arm um sie, gerade als das Boot eine Bewegung machte und sich etwas aufrichtete.
„Mensch, Sally, reiß dich zusammen! Ich muss in den Turm. Kommst du hier alleine zurecht?", fragte er heiser.
Sie klammerte sich an ihn fest und flehte ihn an:
„Till, du darfst mich nicht allein lassen! Mein Gott, wir sinken! Merkst du es nicht? Wir sinken doch! Etwas hat uns getroffen!"
„So ein Quatsch!", sagte er wider besseres Wissen. „Ich habe zwar keinen Schimmer, was passiert ist, aber getroffen hat uns bestimmt nichts. Ich muss in den Turm! Die Vorschrift, verstehst du?"
„Nein!" schrie sie und klammerte sich noch mehr an ihn fest. Ihre Fingernägel stachen durch sein Hemd.
Till hieb ihr eine runter, obwohl er es nicht gerne tat. Das löste die Verkrampfung der jungen Geologin. Sie barg ihr Gesicht in den Händen und schluchzte wild.
Till küsste flüchtig ihren Nacken.
„Versteh doch, Honey, ich muss ohnehin hier verschwinden, ehe mich jemand mit dir zusammen sieht. Sie merken doch sofort, dass zwischen uns etwas ist. Du kennst unseren Alten nicht. In solchen Dingen versteht er keinen Spaß."
Es reichte nicht, um Sally zu beruhigen.
Da öffnete sich die Stahltür. Die kleine, ein wenig blasse und knabenhaft zierlich gebaute Daphne Scoville arbeitete sich herein. Ihr Gesicht war noch bleicher geworden als sonst. In ihren Augen flackerte es, als wäre sie dem Wahnsinn nahe. Aber keine Träne zeigte sich.
Till Sturgess atmete auf. Daphne war die einzige, die von ihrer kleiner Affäre wusste. Das war nicht zu umgehen gewesen, denn wenn Till kam, musste sie sich vorübergehend draußen die Füße vertreten. Bis jetzt jedoch hatte sie nichts gegen das streng verbotene Verhältnis einzuwenden gewusst.
„Gottlob, Daphne, was bin ich froh, dass du da bist", sagte Sturgess.
„Was ist denn mit uns passiert?"
Till hob die Achseln.
„Ich bin überfragt. Würdest du dich bitte um Sally kümmern? Ich muss mich auf die Socken machen. Ein solches Ereignis löst automatisch Alarm aus, auch wenn du jetzt keine Sirene hörst."
„Auf dem Gang brennt die grüne Notbeleuchtung", warf Daphne hastig ein.
Till spürte einen eisigen Schauer über den Rücken gehen. Er ahnte nichts Gutes.
Ohne ein weiteres Wort schob er sich an dem zierlichen Mädchen vorbei und hastete den Gang entlang.
Überall im Boot war Tumult ausgebrochen. In einer Kajüte hämmerte jemand gegen die Wand. Aus einer anderen torkelten zwei Besatzungsmitglieder.
Till Sturgess schob sich an ihnen vorbei und eilte, so schnell er konnte, in den Kommandostand, den er noch immer mit dem altmodischen Wort „Brücke" bezeichnete. Auf einem U-Boot dieser Größenordnung gab es keine Brücke mehr.
Bald hatte er den Aufgang erreicht und hetzte hinauf. Das Schott klemmte. Er trommelte mit den Fäusten dagegen und riss am Handrad für die Verriegelung.
Auch auf der anderen Seite bemühte man sich. Jemand schlug mit einem metallischen Gegenstand auf das Schott ein.
Es war ein aussichtsloses Bemühen.
Das Schott saß fest. Die Falle war zu.
*
Endlich verebbten die wilden Schlingerbewegungen des Bootes. Die Männer verharrten einen Moment wie betäubt. Dann erwachten sie aus ihrer Erstarrung und arbeiteten sich an das Schott heran, das nach unten führte.
„Verdammt!", fluchte der erste. „Es geht nicht auf. Es klemmt!"
Zu zweit drehten sie das Handrad. Es hatte keinen Sinn. Der Kommandoturm war so zusammengestaucht worden, dass sich alles verschoben hatte. Nicht einmal das Rad ließ sich bewegen.
Der Erste Offizier widmete sich dem Periskop, das sich am unteren Ende tief in die Bodenplatten gebohrt hatte.
„Ist auch nichts mehr damit anzufangen", knurrte er und rüttelte daran.
Im nächsten Moment spritzte ein dünner Wasserstrahl herab.
Stumm blickte der Erste Offizier darauf. Erst allmählich schien ihm zu dämmern, was der Wassereinbruch für sie bedeutete. Es war nur wenig Wasser - aber es war Wasser, salziges Meerwasser.
Er war wie vom Donner gerührt, und die anderen auch.
Die beiden, die sich mit dem Schott abmühten, gaben ihr Vorhaben auf.
„Tut doch endlich etwas!", schrie jemand, aufkommende Panik war in der Stimme.
„Was denn?", gab der Erste Offizier zurück.
Normalerweise war eine solche Disziplinlosigkeit unter dem Kommando des gestrengen Mort Stuart nicht denkbar. Diesmal schon. Und niemand störte sich daran.
Einer stürzte sich auf den dünnen Wasserstrahl, der aus der Periskopführung spritzte. Er hantierte mit einem Lappen und versuchte, den Strahl einzudämmen. Ein völlig nutzloses Unterfangen.
Sein Kamerad riss ihn an der Schulter zurück.
„Hör auf! Das hat doch keinen Sinn. Bei dem Wasserdruck!"
„Wir ersaufen!", schrie der Jüngste der Offiziere. Er riss und zerrte wie besessen am Handrad des Schotts.
Niemand gab ihm eine Antwort. Aber zwei Mann mühten sich sogleich wieder mit dem ebenfalls verklemmten Turmschott ab.
Auch dieses saß fest wie angeschweißt.
„Was ist mit dem Captain?"
Gerald Smith, der Erste Offizier, schien aus einem Alptraum zu erwachen. Er warf einen Blick in die Runde.
Captain Stuart lag zusammengekrümmt unter der Turmleiter.
Voll böser Ahnungen hastete Smith hin und drehte den Alten mit einem Ruck um.
Seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich nicht. Stuart war nur mit dem Kopf aufgeschlagen, hatte das Bewusstsein verloren und sich eine prächtige Beule eingehandelt. Sein Atem aber ging regelmäßig.
Smith klopfte ihm derb die Wangen. Marineangehörige waren nun mal keiine zartbesaitete Leute.
Mort Stuart schnappte plötzlich nach Luft wie ein Karpfen auf dem Trockenen. Die Lider hoben sich so zögernd, als wären sie zu schwer. Die Augen waren verdreht, so dass zunächst nur das Weiße zu sehen war.
Der Captain hatte alle Mühe, in die Wirklichkeit zurückzufinden. Sein Bart zitterte und sträubte sich.
Gerald Smith spürte etwas nass und klebrig über seine Rechte sickern. Er ließ den Kopf seines Captains los und sah, dass seine Hand blutverschmiert war. Der Alte hatte nicht nur eine Beule an der Stirn, sondern eine Platzwunde am Hinterkopf.
Gerald verzog das Gesicht und wischte das Blut an Stuarts Uniformjacke ab.
Der Alte sah es verblüfft, und der unglaubliche Vorgang brachte ihn verdammt schnell in die Wirklichkeit zurück. Er zog die Beine an, kam auf die Knie und zog sich am Handlauf der Turmtreppe vollends hoch. Seine Beule glänzte im Schein der Notbeleuchtung. Aber seine Augen funkelten grimmig.
Stuart war wieder der Alte - so jedenfalls glaubte er. Er schnauzte auch sofort seine Leute an.
„Bewegung! Was gafft Ihr? Ich höre keine Meldungen! Warum sind noch keine Meldungen aus dem Boot da?"
Im nächsten Moment jedoch schnitt er vor Schmerz Grimassen und tastete vorsichtig nach der Stirn und der Beule. Er taumelte und griff nach dem Handlauf.
Der Erste Offizier wollte ihn stützen.
Trotz der Schwindel, die ihm zusetzten, schüttelte er Geralds Hilfe ab und knurrte laut. Als er das geschafft hatte, wuchs seine Zuversicht. Er schaute auf das matte Licht der Instrumente und bemerkte dabei auch die Schräglage seines Bootes.
„Verdammte Scheiße!", knurrte er. Die alte Tatkraft blitzte in seinen Augen, obwohl es nicht so ging, wie es hätte sein sollen. Er fühlte sich angeschlagen.
„Was ist mit den Maschinen?", fauchte er einen der Offiziere an. „Ich höre noch immer nichts!"
„Ich weiß nicht, Sir", gab der Mann betroffen zu. „Keine Verbindung zum Maschinenraum."
„Was? Soll das heißen, Sie haben sich noch nicht um Ihre Kontrollen gekümmert?"
„Aber ich…"
^Und wieso nicht?", knallte Stuarts Stimme in den Raum.
Der Mann brummte unbotmäßig, aber er eilte an seinen Platz, drückte zwei Tasten und rief den Maschinenraum.
Nur ein Rauschen war die Antwort.
„Alles tot!", meldete er Augenblicke später. „Keine Verbindung!"
Die anderen hatten ebenfalls ihre Plätze eingenommen - ohne Extraeinladung, der sie damit aus dem Weg gegangen waren.
Sie hatten nichts anderes zu berichten. Alle Verbindungen zu den Stationen des Bootes waren unterbrochen.
„Aus!", murmelte jemand.
Obwohl des Captains flammender Blick sofort in die Runde schoss, konnte er nicht ausmachen, wer diese schwerwiegende Feststellung gemacht hatte.
Auch ihm lief es kalt über den Rücken.
Er dachte an das, was er durch das Periskop gesehen hatte. Es war klar, was passiert war - aber auch, dass die Generatoren schon vor dem Unglück ausgefallen waren!
Trotz der verfluchten Situation ließ den Captain dieser Gedanke nicht mehr los.
Er war nicht der Mann, der so schnell aufgab. Innerlich versetzte er sich einen Stoß.
„Na los, was ist mit dem Schott?", raunzte er.
„Wir - wir sitzen hier fest, Sir!", sagte einer verstört. „Wir kriegen nichts auf. Das Schiff hat sich halb überschlagen und ist mit dem Turm gegen das Eis gelaufen."
Der Erste Offizier steuerte auch seine Meinung bei.
„Bedenken Sie, dass wir zum Zeitpunkt der Katastrophe noch mindestens zehn Knoten Fahrt gemacht haben, Sir."
Mort Stuart kannte sich aus. Er kannte auch sein Boot, und er schüttelte den Kopf.
„Nein, das allein kann es nicht sein. Wir haben immerhin eine Länge von fast hundert Metern. Das sind die Ausmaße eines Hochhauses, das man auf die Seite legt. Allein der Wasserwiderstand hätte den Überschlag verhindern müssen!"
„Es sei denn, das Eis brach wie Glas und begünstigte es", meinte einer.
Mort Stuart dachte darüber nach und nickte.
„Wer hat vorhin etwas vom Zeitpunkt der Katastrophe gesagt? Sie, Smith? Lassen Sie sich gesagt sein, dass es keine Katastrophe gibt! Wir stecken in einer Havarie, verstanden?"
„Aye, Sir, aber vergessen Sie nicht, dass Sie für über hundert Menschen und die Wissenschaftler die Verantwortung tragen", sagte Smith mit Nachdruck.
„Wie konnte das geschehen?", fragte King verzweifelt. Er war Offizier und machte seine zweite Fahrt. „Wir haben doch nichts falsch gemacht, oder?"
Der Erste winkte ab.
„Mit dem Sonar haben wir das Hindernis genau erfasst und die Tauchfahrt danach berechnet. Dabei haben wir den Sicherheitsabstand exakt eingehalten", sagte er.
„Das hört sich im Nachhinein wie ein Witz an!", bellte Captain Mort Stuart wütend.
„Ist es aber nicht, Sir. Das wissen Sie genau", gab Smith gereizt zurück.
Leutnant King meldete sich wieder zu Wort.
„Wir hätten gleich umkehren sollen!"
Mort Stuart bedachte ihn mit einem Blick, der den jungen Mann getötet hätte, wäre das möglich gewesen.
„Was soll das heißen, King?", schnauzte der Captain dann noch.
King brauchte allen Mut, um dem Blick standzuhalten.
„Seit wir ausgelaufen sind, gab es nichts als Zwischenfälle, Sir. Das hätte uns zur Umkehr zwingen müssen. Jetzt liegen wir fest!" Seine Stimme wurde hysterisch. „Im Sarg sitzen wir - so gut wie tot. Das Eis lässt uns nicht mehr los. Ohne Antrieb hängen wir fest!"
„Reden Sie keinen Unsinn, Leutnant!", sagte der Captain schneidend.
Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. King verstummte und wandte sich brüsk ab.
Captain Stuart schaute in die Runde.
„Ein U-Bootmann gibt erst auf, wenn der letzte Sauerstoff verbraucht ist. Aber nicht eher! Merken Sie sich das!"
„Aye, Sir!", sagte Smith, obgleich er gar nicht gemeint war.
Es wirkte grotesk - und das nicht nur deshalb, weil der Boden schräg verlief.
Die beiden Männer am Schott winkten aufgeregt.
„Sir, drüben ist jemand!", rief einer.
Sie lauschten. Gedämpft drang die Stimme eines Mannes zu ihnen.
„Das klingt nach Till Sturgess." Der Sprecher wurde lauter: „Das verdammte Ding geht nicht auf, Till!", brüllte er gegen das Schott.
Von drüben kam Antwort.
„Da kommen die anderen von der Freiwache. Von hier draußen kommt man besser an das Rad ran!"
„Das Eis behält uns", murmelte King dumpf.
Wie zur Antwort krachte etwas gegen das U-Boot. Die Hülle vibrierte. Fernes Grollen entstand. In Wirklichkeit war es gewiss nicht so fern.
Captain Mort Stuart ballte die kräftigen Hände. Bewusst überging er die Bemerkung des Leutnants, der mit den Nerven herunter war. Seine Wut richtete sich gegen den Wasserstrahl aus der Periskopführung.
„Wann, zum Teufel, wird das endlich abgestellt?", wetterte er. „Habe ich gesagt, dass ich ein Bad nehmen will?"
Er grinste.
Niemand ging auf den Scherz ein. Dafür hatte keiner der Männer im Moment die Nerven.
*
In den Mannschaftskajüten im Vorderschiff herrschte heilloses Durcheinander. Hier hatte man den Stoß am deutlichsten verspürt. Alle waren übereinander gepurzelt.
Die ersten Männer wurden Herr über ihre Panikgefühle und dachten sofort an ihre Sicherheit.
Einer sprach es aus:
„Verdammt, hoffentlich platzt die Schiffshülle nicht auf!"
Kaum waren diese Worte über seine Lippen gegangen, rannte er aus der Viermannkajüte hinaus auf den Gang. Sie hatten die erste Kajüte direkt hinter dem Magazin.
Der Soldat legte aufgeregt sein Ohr gegen das Zwischenschott. Das laute Knacken der Wandungen übertönte alles. Jeder Laut wirkte auf den Mann wie ein Peitschenhieb.
Die anderen traten gespannt hinzu.
„Wasser!", raunte der lauschende Mann. Dann, lauter: „Wasser! Verdammt, wir haben ein Leck! Da ist ein Wassereinbruch! Ich höre es deutlich!"
Durch das Schott kroch eisige Kälte, durch den Stahl kaum aufgehalten. Das war der Beweis, dass das Magazin voll lief - voll mit dem Nass des Polarmeeres.
Unwillkürlich wichen die Männer zurück.
„Wir müssen dem Alten Meldung machen", sagte einer.
Andere Männer traten auf den engen Gang heraus.
„Was sollen wir melden?", fragte einer.
„Der Bug ist aufgeplatzt!"
Das Rauschen war verstummt. Das bedeutete, dass das Magazin voll Wasser stand. Und darin befanden sich lebenswichtige Rettungsgeräte. Sie waren unerreichbar geworden!
„Das geht nicht!"
„Was geht nicht?"
Ein Corporal verlor die Nerven.
„Wir können keine Meldung machen, ihr Idioten. Alles ist tot, tot, tot! Nur noch Notstrom haben wir. Jetzt geht der Meiler durch und..."
Der zunächst Stehende verabreichte ihm eine schallende Ohrfeigen.
„Verflucht, reiß dich zusammen, sonst gibt es noch eine Panik! Wir sind Soldaten und keine Waschweiber!"
„Alles auf Station!", bellte jemand. Es war ein Sergeant. Niemand hatte ihn kommen sehen.
Alle gehorchten auf der Stelle. Sie hatten schon viel zu lange gezögert. Dabei war jede Sekunde lebensentscheidend.
Der Maat blaffte einen Befehl nach dem anderen. Eigentlich war es unnötig. Die Männer wussten auch so, was sie tun mussten.
An die tödliche Gefahr dachten sie jetzt nicht mehr.
Man hatte ihnen im Drill beigebracht, dass ein Soldat nicht zu denken hatte.
Die Wochen der Untätigkeit und Langeweile waren schlagartig vorbei.
Freuen konnten sie sich indes nicht darüber.
*
Endlich wich das Schott. Es öffnete sich schmatzend. Zum Glück drang nur wenig Wasser in die Zentrale ein. Es würde etliche Stunden dauern, bis es gefährlich werden würde. Ein Trost war das allerdings auch nicht.
Captain Stuart zeigte, dass er die Situation wieder voll im Griff hatte. Er ignorierte die bohrenden Kopfschmerzen und die Schwindelanfälle, die ihm immer mehr zu schaffen machten. Er hätte in die Koje gehört, aber das konnte er sich jetzt nicht leisten.
An der Spitze einer fünfköpfigen Offiziersgruppe arbeitete er sich nach achtern in Richtung Maschinenraum. Er musste klären, wie es dort aussah. Warum waren die Generatoren stehengeblieben? Auf welchen technischen Fehler war das zurückzuführen?
Die Verbindung mit dem Maschinenraum bestand nicht mehr. Deshalb bemühte sich Stuart persönlich.
Den Ersten Offizier Gerald Smith nahm er mit, ebenso Till Sturgess, der als technischer Offizier unbedingt zugegen sein musste. Auch King wollte Stuart bei sich haben. Er konnte den jungen Leutnant nicht aus den Augen lassen.
Sie steckten gerade in einem Durchgang, als es plötzlich ringsum bedrohlich zu knistern begann.
Till Sturgess bewies Geistesgegenwart.
„Achtung, Kopf runter!", rief er. „Hinlegen!"
Und schon lag er selber - dicht neben Leutnant Ted Road, der der fünfte Mann war.
Ohne zu überlegen war auch Mort Stuart der Aufforderung seines Zweiten Offiziers gefolgt.
Keine Sekunde zu früh.
Ein Riese schien es auf das Boot abgesehen zu haben. Er rüttelte es kräftig durch. Dabei grollte er wie ein Urwelttier.
Knallende Schläge trafen die Stahlwandungen.
Stuart erwischte sich dabei, dass er betete. Das hatte er seit Jahren nicht mehr getan. Jetzt bangte er um sein Leben.
Würde das Boot den Belastungen standhalten? Noch tat es das. Aber wie lange noch?
Eine erneute Erschütterung beutelte das Boot. Es neigte sich ganz überraschend nach hinten.
Verzweifelt versuchten die fünf Männer, sich irgendwo festzuhalten. Es gelang ihnen nicht. Sie kamen ins Rutschen und fegten den glatten Gang entlang.
Vorn stieß jemand schreiend ein Schott auf - genau gegen Mort Stuarts Kopf, der schmerzerfüllt aufbrüllte.
Der Mann, der so unvorsichtig aus dem Zwischenraum heraussteigen wollte, war wesentlich schlechter dran als die Offiziere. Er stand aufrecht. Die plötzliche Neigung des Schiffes riss ihn rücklings von den Beinen und schleuderte ihn durch das Schott zurück.
Die halbrunde Tür schloss sich krachend. Drinnen rief eine männliche Stimme einen Namen.
Stuart hatte den Kopf etwas gehoben. Er hatte mit sehmerzverschleiertem Blick gesehen, dass es sich bei dem Unglücklichen um einen der Zivilisten handelte.
Das Boot schwang zurück, und wie von Geisterhand bewegt ging das Schott wieder auf. Der Zivilist, der zu den Forschern gehörte, fiel wild um sich schlagend aus der Öffnung und rutschte den Gang entlang an den Offizieren vorbei.
Die Stahlwand am Ende des Durchgangs hielt ihn auf.
Mit weit geöffneten Augen schlitterten die fünf Offiziere ihm nach. Sie wollten den Blick wenden und konnten es doch nicht. Alle sahen sie, dass der Wissenschaftler mit dem Kopf aufkam.
Es krachte hässlich, als setze jemand seinen Fuß auf einen trockenen Ast. Der Schrei des Mannes riss abrupt ab.
Dann rutschten die Offiziere gegen den Zivilisten. Mort Stuart kam genau neben den zerschmetterten Kopf zu liegen. Ihm wurde schlecht.
Der Boden schien sich zu heben!
Einen Lidschlag später richtete sich das Boot langsam auf. Es erreichte die Waagerechte, kippte zur Seite hin ab, und dann glaubten die Männer einen Moment lang, es breche in der Mitte durch. Ein Knarren ging durch den stählernen Körper.
Ein hämmerndes Prasseln dröhnte durch die Schiffsräume. Große Eisstücke stießen von allen Seiten gegen das U-Boot. Die gesamte Eiswelt oben war offenbar von einem Beben erfasst worden.
Angesichts dieser Naturgewalten war das nuklear angetriebene Unterseeboot nicht mehr als eine Streichholzschachtel, die in satanischer, zynischer Langsamkeit zerquetscht wurde - mitsamt ihren Insassen. Captain Stuart wusste es. Und seine Leute auch.
Irgendwo krachte es laut, als reiße die Wandung.
Mort Stuart vermochte nicht genau zu sagen, ob er richtig gehört hatte. Dazu war alles viel zu laut um ihn herum. Außerdem bemühte er sich verzweifelt, von dem Toten loszukommen.
Endlich arbeitete er sich frei.
Sie kamen alle fünf wieder mühsam auf die Beine.
Betroffen schaute der Erste Offizier auf den Toten zu seinen Füßen.
„Einer der Professoren!", murmelte er. „Das also ist der erste."
„Der erste? Woher wollen Sie denn das so genau wissen?", knurrte Ted Road.
Das brachte ihm einen strafenden Blick des Captains ein, obwohl Mort Stuart dem Offizier stillschweigend zustimmte.
Gerald Smith rettete die Situation, indem er sagte:
„Wir müssen weiter! Wir müssen die Generatoren überprüfen und nach dem Meiler sehen. Wenn er durchgeht..."
„Was ist mit dem Toten?", fragte King mit zitternder Stimme. Sein Gesicht sah seltsam fahl aus, und es lag nicht allein an der grünen Notbeleuchtung.
„Lass ihn liegen, mein Junge", murmelte Till Sturgess. „Wir müssen uns daran gewöhnen."
„An was?", schrie ihn King an.
„An die Toten. Den Schlag haben nicht alle überstanden, verlass dich drauf!"
King schlug die Hände vors Gesicht. Seine Schultern zuckten.
Die anderen betrachteten ihn.
„King, reißen Sie sich zusammen!", knurrte Captain Stuart „Das möchte ich nicht noch mal bei Ihnen sehen!"
King nahm die Hände herunter. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich zum Gehen.
Stuart dachte sorgenvoll daran, wie die Mannschaft reagieren mochte, wenn sich schon ein Offizier dermaßen gehenließ. Zum Teufel, King hatte gewusst, dass er auf ein U-Boot kam. Das war ganz anders als bei der Küstenschifffahrt! Da brauchte man Nerven, aber man durfte nicht zeigen, dass man sie besaß!
*
Das Boot hing in einer Tiefe von einhundert fünfzig Metern fest.
Durch den Aufprall hatte sich in der stahlhart erschienenen Eiswand ein Riss gebildet, der immer breiter aufklaffte. Die Eismassen waren in Bewegung geraten.
Natürlich war daran nicht allein das Unterseeboot schuld - trotz seiner Ausmaße. Es sah so aus, als habe das ewige Eis geradezu auf eine Störung gewartet, um sich verlagern zu können.
Die USS LINCOLN hatte diese Störung gebracht. Sie hatte den Anstoß zu einer wahren Kettenreaktion gegeben.
War das die Folge vom Abschmelzen der Polkappe?
Immer mehr Eismassen lösten sich und schoben sich unter das Boot oder quetschten es von oben und von der Seite.
Noch war das gewaltige Eisgebirge nicht zur Ruhe gekommen. Der stählerne Leib des Bootes wurde mit aller Macht in den Spalt gepresst, der sich zu einer Eishöhle entwickelte.
Das einstmals so stolze Unterseeboot war bereits arg mitgenommen.
Eine weitere Bewegung ging durch das Eis, das scheinbar in einem Stück den gesamten Nordpol bedeckte. Noch jedenfalls! Gezackt wie das Maul eines unterseeischen Ungeheuers wirkte jetzt der geweitete Spalt. Einer der Zacken bohrte sich seitlich in die Schiffshülle. Es krachte und donnerte.
Der Stahl gab nach und protestierte kreischend gegen die Urgewalt. Die Katastrophe, die sich anbahnte, konnte nicht mehr aufgehalten werden. Der Schiffskörper, gebaut für ungeheure Belastungen und speziell gefertigt als das Modernste, was es zur Zeit auf diesem Gebiet gab, platzte an der Stelle, an der das feste Eis gegen die Hülle drückte.
Wassermassen drangen mit unglaublichem Druck ein.
Genau an dieser Stelle lag die Mehrzahl der Mannschaftsquartiere!
*
Es befand sich kein Besatzungsmitglied an Bord der USS Lincoln, das im Alarmfall nicht genau seinen Platz gekannt hätte. Als die Corporale Parten und Scott die Feststellung gemacht hatten, dass es sich nicht um einen gegnerischen Angriff handelte und dass im Boot auch kein entsprechender Alarm gegeben wurde, zogen sie sich schleunigst auf ihre Kajüte zurück. Draußen hatten sie nichts verloren.
Beide waren mit den Kriegswaffen vertraut, die sich trotz des Forschungsauftrages an Bord befanden.
Normalerweise führt ein nuklear getriebenes U-Boot dieser Klasse sechzehn Poseidon-Raketen mit. Alle in zwei Reihen hinter dem Turm. Sie werden von der Feuerleitzentrale mit dem Feuerleitcomputer und dem Raketentestgerät zum Abschuss vorbereitet. Dort gibt es auch die Raketen-Kontrolltafel. Hier haben nur Spezialisten Zutritt.
Parten und Scott gehörten nicht direkt zu den Spezialisten. Sie erfüllten im Falle eines Falles nur Hilfsfunktionen. Aber sie waren wichtig. Bei einem Alarm natürlich. Oder bei einer Übung.
Es gefiel ihnen absolut nicht, zur Untätigkeit verdammt zu sein, während draußen alles fieberhaft herum trampelte. Aber da sie zu den unteren Dienstgraden an Bord gehörten, betraute man sie noch nicht einmal mit der Aufgabe, sich um die Zivilisten zu kümmern.
Damit beschäftigten sich andere.
Parten starrte auf die kleine Birne der grünen Notbeleuchtung.
„Ich habe Angst, erbärmliche Angst", gestand er.
„Wenigstens bist du ehrlich", brummte Scott. Er war ein rothaariger Ire, für seine Sturheit bekannt und auch für seine aufbrausende Art. Dabei war er dürr, ohne ein Gramm Fett am hageren Körper. „Der größte Irrtum aller Zeiten, sich freiwillig zu melden und ein Unterseeboot überhaupt zu betreten."
Parten löste nicht den Blick von der Notbeleuchtung.
„Ich glaube, wir werden die Sache nicht lebend überstehen", murmelte er.
Scott schaute auf, betrachtete den schwarzhaarigen, gutaussehenden Chris Parten, der daheim in New York als Mädchenjäger bekannt war, sehr nachdenklich und sagte dann grollend:
„Ich sollte dir auf die Schnauze hauen, verstanden? Dieser Kasten geht nicht unter - nie!"
Parten ballte die Hände.
„Die Lampe macht mich verrückt! Kein Generatorengeräusch, nichts. Alles ist tot. Das Lichtnetz wird durch die Batterien gespeist, und die halten nicht mal vierundzwanzig Stunden - bei sparsamstem Gebrauch. Solange die Maschinen streiken, kommen wir nicht vom Fleck. Außerdem funktioniert die Lufterneuerungsanlage nur zum Teil. Soll ich dir sagen, was das bedeutet?"
„Hör auf damit, verdammt noch mal!"
„Das ist typisch für dich. Was dir nicht passt, davon willst du nichts hören! Aber ich sage dir, wir hängen irgendwo unter dem verdammten Eis fest. Ich mochte Eis noch nie leiden."
„Der Alte wird schon wissen, wie er uns da wieder rausbringt, verlass dich darauf. Stuart ist auf Draht."
„Wir leben vom Notstrom. Begreifst du nicht? Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz auf solchen Booten, und das besagt, dass man verloren ist, wenn der Meiler auch nur für Minuten streikt."
„Dummes Zeug!" Scott steigerte sich in Wut. „Ich will nichts davon hören."
„Du musst aber", knirschte Parten, „ob du willst oder nicht! Ich führe dir nur die Lage vor Augen, in der wir uns befinden. Es gibt eine Menge Sicherheitssysteme. Das letzte davon ist die Ausnutzung der gespeicherten Energien in den Batterien. Das heißt, auf unsere gegenwärtige Situation angewandt, dass wir bereits am äußersten Ende angelangt sind. Wie soll es uns hier unten gelingen, den Meiler wieder anzufahren? Kannst du mir das erzählen?"
„Brauche ich gar nicht", stieß Scott hervor, „denn am Meiler liegt es bestimmt nicht. Wenn der durchbrennt, ist es aus. Dann gehen wir alle hoch wie auf einem feuerspeienden Vulkan. Am Meiler liegt es sicher nicht. Irgendwas ist ausgefallen. Die müssen nur die Anschlüsse wieder herstellen, und schon ist alles in Ordnung."
„Scheiße! Nichts ist in Ordnung!", brüllte Parten. Er schöpfte tief Luft, um noch etwas hinzuzufügen. Das Streitgespräch war für ihn im Grunde genommen die reinste Erholung. Dadurch löste sich die Spannung. Er empfand das als sehr angenehm; es lenkte ihn von der erbärmlichen Angst ab, die in ihm hockte. Schon beim ersten Tauchmanöver hatte er diese Angst gespürt.
Scott kam nicht mehr dazu, irgendetwas zu entgegnen.
Ein Rütteln ging plötzlich durch das Boot. Das Unterste kehrte sich zuoberst.
Und dann kam der furchtbare Schlag von der Seite. Metall kreischte. Es war den beiden, als wäre das Geräusch nur wenige Zoll von ihnen entfernt.
Draußen schien ein Gigant zu wüten, der durch die Wandungen in das Boot wollte.
Den beiden Männern standen die Haare zu Berge. Sie waren unfähig, sich zu rühren. Entsetzt sahen sie die sich plötzlich herein wölbende Wand des Bootes.
Die wilden Schlingerbewegungen stießen Parten und Scott aus den Kojen und warfen sie gegen die schmale Tür. Von dort rutschten sie in eine Ecke.
Scott schrie wie ein Tier, als sich die Kabinenwand noch mehr nach innen beulte.
Sofort setzte sich Raureif an.
Die olivgrüne Spezialfarbe blätterte ab, löste sich teilweise in großen Flecken.
Scott drehte durch. Schreiend wollte er aus der Tür.
Auch Parten wollte jetzt hinaus. Er war nicht mehr fähig, klar zu denken. Die Todesangst überschwemmte sein Bewusstsein und förderte primitivste Instinkte seiner Urvorfahren zutage.
Er hatte sich mit den Füßen im Bettzeug aus den Kojen verheddert. Verzweifelt strampelte er sich los. Die Panik trieb ihn vorwärts. Mit einem Sprung setzte er Scott nach.
Dieser hatte die Tür gerade erreicht.
Hinter ihnen beulte sich die Wand weiter ein. Es war erstaunlich, wie widerstandsfähig das Material war.
Schon rauschte Wasser in die Zwischenwandung. Es war ein Laut, der alles andere übertönte, weil er bewies, wie nahe der nasse Tod war.
Parten stieß gegen seinen Freund. Scott flog wieder von der Tür weg und verlor den Halt.
Die Tür öffnete sich nur nach innen. Sie war wie alle Türen auf dem Boot in der Art eines Hilfsschotts gefertigt und äußerst massiv.
Scott schlug mit dem Kopf gegen Stahl. Sein Schrei brach ab.
Das Bewusstsein verlor der Ire jedoch nicht!
Parten angelte jetzt nach dem Türknauf und wollte öffnen.
Blitzschnell warf sich Scott herum. Seine Augen waren blutunterlaufen. Auf der Stirn hatte er eine Platzwunde. Blut rann ihm über das Gesicht, was die Wildheit seiner Erscheinung nur noch unterstrich.
Knurrend wie ein Raubtier stürzte er sich auf Parten, der gerade öffnen wollte und sich schon auf dem Gang glaubte.
Mit aller Kraft riss ihn Scott zurück und schleuderte ihn beiseite. Dann wollte er selber aus der Kajüte stürmen, in der es immer enger wurde.
Parten dachte nicht mehr wie ein Mensch. Er wusste, was ihm blühte, wenn er nicht sofort von hier verschwand.
Quer durch die schief liegende Kajüte torkelte er. In dem hageren Körper seines Freundes steckte eine Kraft, die er ihm nie zugetraut hatte.
Parten prallte gegen das herein gebeulte Metall, das bereits eine helle Färbung angenommen hatte. Es stand kurz vor dem Zerreißen. Dieses unglaublich stabile Material hatte das Ende seiner Leistungsfähigkeit praktisch schon überschritten.
Als hätten Partens Gedanken den letzten Anstoß gegeben, platzte die Beule auf.
Ein armdicker Wasserstrahl schoss mit vernichtender Wucht herein!
Die Tür war erst einen Spalt weit offen. Scott sah mit weit aufgerissenen Augen, dass er zu langsam sein würde. Trotzdem wollte er sich noch hinaus zwängen.
Eben hatte er den Arm in den Spalt geschoben, als der waagerechte Wasserstrahl die Stahltür traf und sie mit großer Wucht zuwarf.
Scott brüllte unmenschlich. Er taumelte einen Schritt zurück und stierte auf den blutigen Armstumpf. Die andere Hälfte befand sich draußen. Der Arm war glatt durchgetrennt.
Scott brüllte, bis ihn die Kräfte verließen. Er ging zu Boden, kroch wieder zur Tür, wollte nach dem Drehknopf greifen - und das ausgerechnet mit dem Armstummel.
Immer mehr Wasser schoss herein!
Parten war von dem Strahl nur an der Schulter gestreift worden. Dennoch hatte er das Gefühl, es hätte ihm ein Stück vom Körper getrennt. Der Druck, der hinter dem Wasserstrahl steckte, war unglaublich. Kein Wunder in dieser Tiefe.
Entsetzt schaute sich Parten um. Nein, es gab keinen Ausweg!
Er sah das verzweifelte Bemühen seines Freundes, der sich am Türknauf hochzog.
Immer näher kam er dabei mit dem Kopf dem sich stetig verdickenden Wasserstrahl, der gegen die Tür prallte und die Kabine im Nu wadenhoch füllte. Der Wasserstand nahm ständig zu. Nichts konnte das tödliche Nass aufhalten.
Scott wurde über und über bespritzt. Er ignorierte es in seinem Wahnsinn.
Und dann hatte er das Pech, genau mit dem Schädel hineinzugeraten.
Parten wollte den Blick wenden, um es nicht mit ansehen zu müssen, brachte es jedoch nicht fertig.
Eine unbeschreibliche Kraft erfasste den Kopf des Iren und schmetterte ihn gegen das stählerne Türblatt.
Scott kam noch nicht einmal mehr zu einem Schrei.
Parten erwischte sich dabei, dass er sich wunderte, wieso die Tür der Wasserkraft noch immer standhielt. Er hatte offenbar die Stabilität des Materials unterschätzt.
Aber dann wurde ihm bewusst, dass dies seine einzige, winzige Chance war. Wenn die Tür zerstört wurde, gelangte er in den Gang hinaus. Vielleicht war es sogar möglich, diesen Teil des Schiffes zu verlassen, bevor alle Schotten dichtgemacht waren.
Wilde Hoffnung erfüllte ihn.
Der Leichnam des Iren wurde endlich freigegeben und Parten vor die Füße gespült. Alles war blutig. Das eingedrungene Eiswasser färbte sich rot.
Parten setzte alles auf eine Karte. Er hatte nur die eine. Würde die Tür rechtzeitig genug nachgeben?
Ihm war, als hörte er fernes Rufen, aber es war eigentlich unmöglich, etwas durch das Donnergetöse zu vernehmen. Bestimmt bildete er sich das nur ein.
Er watete durch das inzwischen fast brusthohe Wasser zur Tür, dabei bemüht, nicht in den Strahl zu geraten.
Die Leiche Scotts wurde um ihn herumgewirbelt, geriet in den gewaltigen Sog und krachte ein weiteres Mal gegen die Tür. Dabei schlenkerte der blutige Armstumpf in Partens Richtung.
Stöhnend krallte sich Parten am Türknopf fest. Wider besseres Wissen zog und zerrte er daran. Mit aller Kraft.
Verzweifelt blickte er über die Schulter zurück. Ihm war, als habe sich der Riss vergrößert, als schimmere in dem Loch grünes Eis!
Er musste den Türknopf loslassen, um nicht mit dem Kopf unter Wasser zu geraten.
Die entstehenden Wirbel erfassten ihn und trieben ihn von der Tür weg.
Im letzten Augenblick hielt er sich an dem Gestell der Koje fest. Aber auch das musste er loslassen. Das eiskalte Wasser schlug über ihm zusammen. Prustend tauchte er auf. Schaumkronen tanzten um ihn herum. Schon stieß er mit dem Schädel oben an. Er bog den Kopf in den Nacken und saugte gierig die Luft ein. Sein Gesicht war zu einer schrecklichen Grimasse verzerrt.
Nur noch wenige Zoll breit bis zum unvermeidlichen Tod!
Er schrie jetzt auch - wie vordem sein Freund Scott geschrien hatte.
Die eisige Hölle um ihn herum trieb ihn zum Wahnsinn.
Jetzt dachte er nicht mehr daran, dass die stabile Stahltür ihren Widerstand aufgeben könnte.
Sein Gehirn schloss kurz, und aus dem Geschrei wurde ein irres Lachen.
Parten warf die Arme in die Luft und ließ sie klatschend auf das wildbewegte Wasser zurückfallen.
Er hatte kein Interesse mehr daran, sich irgendwo festzuhalten, um das Ende hinauszuzögern.
Jegliche Hoffnung hatte er aufgegeben.
Er sah in Richtung des Risses. Seine Ohren dröhnten. Der atmosphärische Druck war so angewachsen, dass er befürchtete, das Gehör zu verlieren.
Die Tür war hundertprozentig dicht. Sie ließ kein Wasser hindurch, auch keine Luft. Deshalb hatte Parten bis jetzt aushalten können. Nun aber war die verbleibende Atmosphäre unglaublich zusammengepresst. Winzige Äderchen zerplatzten in Partens Gehirn.
Den Tod würde er nicht mit wachem Verstand erleben.
Sein Lachen wollte gar nicht mehr abreißen. Er schwamm direkt auf den Strudel zu, der durch das eindringende Wasser hervorgerufen wurde.
Und noch immer hielt die Stahltür, als hätten ihre Konstrukteure dies hier vorausgesehen und wollten den Menschen draußen noch eine Chance geben, sich in Sicherheit zu bringen.
Lange würde es nicht mehr dauern.
Parten wurde geschleudert. Unaufhaltsam näherte er sich dem Mittelpunkt des Raumes. Seine Ohren waren inzwischen taub. Dennoch glaubte er seine Kameraden zu hören, die ihm zuriefen, er solle durchhalten, sie würden schon kommen, um ihn in Sicherheit zu bringen.
Dafür hatte der Corporal Parten nur ein Grinsen übrig.
Und mit diesem Grinsen in seinem Gesicht starb der schwarzhaarige New Yorker, der so viele Mädchenherzen gebrochen hatte.
Der ungeheure Druck war zu stark geworden. Und die Unterkühlung des Körpers zu groß.
Der Corporal war bereits tot, als er in den Wasserstrahl geriet, der seinen Körper zerfetzte.
*
Noch vor dem schrecklichen Ende der beiden Corporale eilten Kameraden draußen herbei.
Die Männer hatten keine Ahnung, dass sich jemand in der Kabine befand. Sie übersahen den abgequetschten Arm, der da lag, hörten aber, dass hinter dieser Tür gewaltige Wassermassen hereinströmten. Sie reagierten schnell und präzise. Nicht abzusehen, was es für Folgen hatte, wenn die Tür brach und das Wasser in den Gang schoss. Sie hatten die vage Hoffnung, diese Station retten zu können.
Deshalb stützten sie die Tür mit allen möglichen Dingen ab.
Da hörten sie die wüsten Laute, die auf den Flur herausdrangen. Betroffen schauten sie sich an.
„Scott und Parten!", rief Mike Soby entsetzt. Er sprang hinzu und trommelte mit den Fäusten gegen die Tür, ohne einsehen zu können, dass dieses Unterfangen absolut sinnlos war.
Die anderen rissen ihn zurück.
„Weg da!", brüllte ihn jemand an. „Die sind nicht mehr zu retten."
Sie verstärkten ihre Barrikade gegen den nassen Tod.
Es pfiff und zischte, übertönt durch das Brodeln von jenseits.
„Durch den Druck entweicht Luft in den Gang!", erklärte jemand.
Es blieb nicht allein bei Luft. Wasser drückte sich unter der Tür hindurch, bildete feine Fontänen, die hochspritzten.
Die Männer waren entsetzt, sahen ein, dass es unmöglich war, die Station zu retten.
„Scott!", kreischte Mike Soby wieder. „Wir müssen sie aus dieser Hölle befreien! Scott, halte aus!"
Man achtete gar nicht mehr auf ihn. Sie wussten, dass er mit den Unglücklichen die Kajüte teilte. Deshalb konnte er nicht begreifen, dass man nichts für die beiden tun konnte. Gar nichts.
Mehr und mehr Wasser sickerte hervor. Eine große Lache bildete sich. Es wurde schlimmer.
„Wir müssen weg hier!", schrie der Sergeant, der hinzugekommen war. „Die Tür hält nicht mehr lange!"
Jeder wusste, dass er recht hatte, aber entschließen konnten sie sich zu dem endgültigen Schritt nicht.
„Los!", bellte Sergeant Peppers und packte den laut zeternden Mike von hinten an den Schultern. „Mike Soby, ich befehle Ihnen, mitzukommen!"
Soby wehrte sich wie ein Rasender. Da griffen die Kameraden ein. Sie schleppten den Mann zum Stahlschott, das diese Station absicherte.
Bei der Türe hinten spritzten die Fontänen. Die Stützen knirschten verdächtig.
Wie hatten die Männer nur so naiv sein können zu glauben, das Unheil aufhalten zu können? Jetzt wurde ihnen der Irrtum bewusst.
Auch wenn sie die Tür nicht abgestützt hätten, wäre es für Parten und seinen Freund unmöglich gewesen, zu entkommen. Aus dieser Hölle gab es kein Entrinnen mehr. Die Tür ging nach innen! Und dann das eiskalte Wasser und der Druck!
Sie wussten nicht, ob die beiden noch am Leben waren. Schreie waren längst nicht mehr bei diesem infernalischen Lärm zu unterscheiden, der das gesamte Boot erfüllte.
Mike Soby riss sich kurz vor dem rettenden Schott los. Er hatte noch immer nicht begriffen.
„Bleiben Sie hier!", brüllte Sergeant Peppers und sprintete ihm nach. Er erwischte den Flüchtenden am Kragen und hielt ihn auf. Der Mann strampelte wie ein Käfer auf dem Rücken. Dann drehte er sich plötzlich um sich selbst. Aus der Drehung heraus hieb er zu.
Seine Faust traf den Sergeanten in den Unterleib. Wie ein Taschenmesser klappte Peppers zusammen. Er wollte sich zwar sofort wieder aufrichten, aber es gelang nicht.
Zwei Männer liefen herbei.
„Mike!", schrien sie.
Ihr Kamerad wollte nicht hören. Er erreichte die Stützen und riss und zerrte daran.
Die anderen erstarrten vor Schreck.
„Bist du wahnsinnig? Willst du uns alle umbringen?", brüllte jemand.
Sergeant Peppers schaffte es nicht mehr. Der heimtückische Schlag hatte ihn recht unglücklich getroffen. Die beiden Männer zerrten ihn hinter sich her.
Sie zögerten einen Augenblick und wollten auch Mike Soby zu Hilfe eilen - ob er wollte oder nicht. Der Rest der Truppe hielt sich zurück. Die Männer standen bereits hinter dem Schott und winkten aufgeregt durch die Öffnung.
Und da hatte Mike Soby es tatsächlich geschafft, eine der Stützen zu lösen.
Eine zweite knackte. Im nächsten Moment zersplitterte sie, als sei sie völlig morsch gewesen.
Niemand sah, ob Mike Soby wirklich davon in Mitleidenschaft gezogen worden war. Nur seine Reaktion bekamen sie mit.
Er schlug die Hände vor das Gesicht. So stand er einen Herzschlag lang. Langsam wandte er sich seinen Kameraden zu.
War er endlich wieder bei Verstand?
Die zweite Stütze flog weg. Ein Fetzen streifte Mikes wuscheligen Haarschopf.
Soby nahm die Hände herunter.
Sein Gesicht war entstellt. Er hatte tatsächlich etwas abbekommen, denn alles war voller Blut. Auch schien er ein Auge verloren zu haben.
Brüllend wie ein wildes Tier begann er mit den Fäusten auf die Abstützung zu schlagen.
Die beiden Männer, die sich des Sergeanten angenommen hatten, schleiften den Stöhnenden in aller Hast zum Schott hinüber.
„Mike!", versuchte es einer der Wartenden wieder. „Hör auf mit dem Quatsch!"
Der Erfolg war gleich Null.
Gerade hatten die drei Männer das Schott erreicht. Hilfreiche Hände streckten sich ihnen entgegen.
Die zunächst Stehenden schauten in den Gang hinein.
Sämtliche noch übriggebliebenen Stützen brachen zur gleichen Zeit.
Ein Schwall Wasser hieb die verbogene Stahltür in den Gang!
Mike Soby kam dazwischen. Es war ein scheußlicher Anblick, als er gegen die Gangwand gequetscht wurde. Zwischen Türblatt und Wand war kaum noch Platz für eine Zeitung.
Inmitten der ganghohen Wasserwand, die mit enormer Geschwindigkeit auf das noch offene Schott zuraste, inmitten der brodelnden Hölle, wirbelten zwei übel zugerichtete Körper.
Mit aller Kraft stemmten die Männer ihre Füße gegen den Boden. Sie zogen, so fest sie konnten.
Das Schott war dick und schwer und bewegte sich viel zu langsam.
Obwohl die Männer alles taten, um sich und das Boot vor dem nassen Tod zu retten, hatten sie viel zu spät reagiert. Es gelang ihnen nicht rechtzeitig, das Schott zu schließen. Die Wasserwand war schneller und erreichte sie.
*
In der Zentrale arbeiteten die Leute fieberhaft. Die von Captain Stuart eingeteilten Männer hatten die Verkleidungen gelöst und hantierten in den dicken Kabelbündeln und freigelegten Schaltungen herum. Hier erinnerte nur noch wenig an den Kommandoraum eines U-Bootes. Er sah jetzt wie eine vollgestopfte Werkstatt aus.
Noch immer drang Wasser aus der oberen Periskopführung. Es bildete ein helles, eisiges Rinnsal, das sich einen Weg über den abschüssigen Boden bahnte und über den Niedergang nach unten verschwand. Da dies nicht ohne Problematik war, beschäftigten sich zwei Männer der Besatzung nur mit diesem einen Umstand.
Sie hatten schon alles versucht - von einer Menge Lappen über Gummiringe bis zum einfachen Zuhalten mit der Hand. Nichts führte zum Erfolg. Sie waren nahe daran, die Sache aufzugeben. Doch das stand nicht auf dem Dienstplan. Gelang es ihnen nicht, eine Änderung der Situation hier in der Zentrale herbeizuführen, mussten sie den Kontrollraum aufgeben. Und das war praktisch gleichzusetzen mit der vollkommenen Aufgabe des Schiffes.
Wie sollten sie jemals eine Chance haben, freizukommen, wenn sie nicht vom Kontrollstand aus das Schiff in Bewegung setzen konnten?
Allerdings leuchtete auch jedem ein, dass man sich in dieser Hinsicht ohne Zweifel etwas vormachte. Alle Bemühungen mussten vor der Tatsache kapitulieren, dass sie in einem Wrack saßen. Das Unterseeboot war havariert, und die Bedrohung da draußen wurde immer größer. Ein Entrinnen gab es nicht. Nicht in hundertfünfzig Metern Wassertiefe und unter der Eiskappe.
„He!" rief einer der Funktechniker, „der Saft reicht! Ich kriege das Ding wieder flott!"
Alle anderen stellten ihre Arbeit ein, die ihnen ohnedies sinnlos erschien. Sie eilten herbei. Sie hatten wieder Hoffnung.
„Tatsache?", fragte Leutnant Cool ungläubig.
„Seht her!" Der Funktechniker Ferrand hatte nicht zu viel versprochen. Ein Kontrolllicht leuchtete auf.
„Wie hast du das geschafft? Woher hast du den Strom?"
„Ich habe das Notsystem angezapft!"
„Bist du wahnsinnig geworden? Willst du uns umbringen? Wir brauchen alles, um unser Leben zu verlängern, und du verschleuderst die Energie mit deinem albernen Funkgerät."
„Du hast ja keine Ahnung, Mensch. Schon mal was von Superlangwellen gehört?"
„Ist mir egal, wie deine Wellen heißen! Mach das Ding sofort aus! Oder willst du Funkverkehr mit den Zitteraalen abhalten?"
„Das sind keine Witze, Mann! Es ist mit diesem schlichten Ding möglich, die Eisdecke über uns zu durchstoßen - selbstverständlich nur elektromagnetisch."
„Er hat recht", meldete sich ein dritter Mann zu Wort. „Ein Geheimprojekt! Man macht auch schon Versuche in Bergwerken. Die Wellen sollen angeblich eine Länge von mehreren Kilometern haben. Unglaublich so was. Vergiss nicht, dass wir einen konkreten Forschungsauftrag haben und eine ganze Menge Eierköpfe an Bord mitführen. Hier ging man in manchen Dingen eigene Wege."
„Das ist ja ein Ding! Wenn es stimmt, haben wir eine echte Chance!"
Mark Ferrand beschwichtigte mit hocherhobenen Händen.
„Nur keine voreilige Freude! Zuerst muss unser Gesprächspartner den Weg zum Nordpol gefunden haben, denn die Superlangwellen durchdringen zwar härtestes Gestein auf relativ große Distanz und machen auch vor dem ewigen Eis nicht halt, aber um Kontakt aufnehmen zu können, müssen unsere Leute ziemlich genau über uns sein."
„Warum nicht? Vielleicht sind sie bereits unterwegs?"
„Mach dir nichts vor, Junge! Du weißt ganz genau, wie lange wir schon unter Wasser sind. Es gibt keinen Kontakt mehr mit dem Flottentender. Wir sollten uns zwar melden, aber es gab über uns bisher keine einzige Lücke, die wir mit dem Boot hätten durchstoßen können, um eine Meldung abzusetzen. Leute, wir sitzen fest, und kein Aas wird auf die Idee kommen, uns ausgerechnet dort zu suchen, wo man unsere Signale empfangen kann."
„Eine feine Art hast du, einem Mut zu machen", meinte sein Kollege bitter. „Wofür schuften wir dann überhaupt hier?"
„Weil ein Soldat erst aufgibt, wenn sämtliche Lebenszeichen in ihm erloschen sind. Das zumindest hätte dir der Alte geantwortet", knurrte Ferrand.
„Mach das verdammte Funkgerät aus, wenn es so aussieht! Wir müssen hier warten, bis man uns findet. Haben wir Pech, verrecken wir! Aber wir müssen diese Zeit so lange wie möglich hinauszögern."
„Nein, es bleibt eingeschaltet!", sagte Ferrand stur. „Es ist unsere einzige Chance, da man uns sonst nie findet. Dazu ist der Nordpol ein wenig zu groß. Auf Zufälle ist kein Verlass."
„Verdammt noch mal, siehst du denn nicht ein, dass…?"
Es drohte ein Streit auszubrechen. Leutnant Albert musste schlichten.
„He, Leute, jetzt ist Ruhe, wenn ich bitten darf! Ich will hier nicht auf eiserne Disziplin pochen, dafür ist die Lage zu beschissen. Trotzdem muss ich Ferrand rechtgeben. Das Gerät sendet ein ständiges Notsignal. Es vergrößert unsere Rettungschancen!"
Damit war das letzte Wort gesprochen.
Die beiden Corporale widmeten sich wieder dem einfließenden Wasser. Der Strahl wollte und wollte nicht versiegen.
Der eine brummte:
„Wenn es so weitergeht, müssen wir ohnehin die Zentrale aufgeben. Lange dauert das nicht mehr, und es wird unten gefährlich. Wenn die Brücke unter Wasser steht, geht auch das Funkgerät in die Binsen. Also was soll das Ganze?"
Gottlob hörte ihm außer seinem zustimmend nickenden Kameraden niemand zu.
Sie beschäftigten sich alle, weil sie nicht über die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage nachdenken wollten.
Und sie glaubten an ein Wunder, das es außer in Märchen nirgendwo gab.
Aber wer hofft, hat noch eine Chance. Nach diesem Motto lohnte es sich, bis zur letzten Sekunde auszuhalten.
Sie arbeiteten wie besessen, checkten alles durch, fanden jedoch keinen Fehler. Hier zumindest, im Kontrollraum, schien es keinen zu geben. Und trotzdem fehlte ihnen die Energie.
Die verdammten Generatoren arbeiteten auch noch immer nicht.
Und was war mit Captain Stuart? Warum meldete der Alte sich nicht mehr?
*
Die fünf Männer erreichten den Kontrollteil für den Reaktor. Hier begann der wichtigste Bereich, der für die gesamte Energieversorgung und den Antrieb sorgte.
Das Prinzip war relativ einfach. Man hatte es bereits vor 1952 erkannt und in diesem denkwürdigen Jahr endlich den ersten wassergekühlten Reaktor fertiggestellt. Damals wurde mit dem Bau der berühmten NAUTILUS begonnen.
Gewissermaßen wurde, um die Atomenergie auszunutzen, die Entwicklung des U-Boot-Antriebs wieder auf den Stand der englischen und französischen U-Boote nach der Jahrhundertwende zurückgeschraubt. Der einzige Weg nämlich, die im Meiler erzeugte Wärme in Bewegungsenergie umzuwandeln, besteht in der Erzeugung von Dampf und der Benutzung von entsprechenden Getriebeturbinen. Dadurch erreichte bereits die sagenhafte NAUTILUS dreizehntausendvierhundert Pferdestärken. Diese ermöglichten dem Boot immerhin eine Unterwassergeschwindigkeit von rund zwanzig Knoten, was etwa siebenunddreißig Kilometern in der Stunde entspricht.