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Die amerikanische Geschichte von 1922 bis 1947 ist von extremen Höhen und Tiefen geprägt. Am Beispiel von drei jungen Menschen wird diese spannende Zeit möglichst lebensecht wiedergegeben. Es ist dies zum einen ein Mädchen, mit deren Geburt beginnt am 9. Mai 1922 der Roman. Sie ist die zweite Tochter eines Stahlgiganten der damaligen Zeit. Sie, ihre Schwester und ein ihnen unbekannter Junge, der Sohn eines Polizisten, sind die Hauptfiguren des Romans. An ihrem Beispiel wird die Zeit von 1922-1947 lebendig. Eine bittere und interessante Zeit, mit Prohibition und der größten Depression der Geschichte. Namen wie Bonnie & Clyde, Al Capone und John Dillinger sind noch heute bekannt. Der Depression folgte eine kurze Zeit des Aufstiegs, erneut unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg. Der Roman lässt diese Zeit der Schrecken und Verirrungen, aber auch der Zuversicht, am Beispiel dreier Menschen lebendig werden.
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Seitenzahl: 595
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Die amerikanische Geschichte von 1922 bis 1947 ist von extremen Höhen und Tiefen geprägt. Am Beispiel von zwei jungen Menschen wird diese spannende Zeit zum Leben erweckt.
Es ist dies zum einen ein Mädchen, am 9. Mai 1922 beginnt mit deren Geburt der Roman. Sie ist die zweite Tochter eines Stahlgiganten der damaligen Zeit.
Sie und ein Junge, der Sohn eines Polizisten, sind die Hauptfiguren des Romans.
An ihrem Beispiel wird die Zeit von 1922-1947 lebendig. Eine bittere und interessante Zeit, mit Prohibition und der größten wirtschaftlichen Depression der Geschichte. Namen wie Bonnie & Clyde, Al Capone und John Dillinger sind noch heute bekannt. Der Depression folgte eine kurze Zeit der Erholung, erneut unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg.
Der Roman lässt diese Zeit der Schrecken und Verirrungen, aber auch der Zuversicht, am Beispiel zweier Menschen lebendig werden.
Ich bedanke mich bei meiner Frau, meinem größten Fan und gleichzeitig meiner größten Kritikerin, für ihre unermessliche Arbeit am Manuskript und die vielen hilfreichen Diskussionen.
PETER ECKMANN, geboren 1947, lebt im Niederelbe-Dreieck in der Nähe von Cuxhaven.
Ingenieur der Verfahrenstechnik, schreibt unter dem Pseudonym Allan Greyfox Wildwest- und Detektivromane.
Seit Ende 2015 gibt es den ersten Thriller. Er spielt in Manhattan wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Der Held ist Michael Callaghan, der Enkel des Revolverhelden der Wildwest Serie.
Das hier vorliegende Buch bildet den Einstieg zu den Detektivgeschichten, indem es den Werdegang ihrer Figuren im Verlauf der amerikanischen Geschichte beschreibt.
Vorwort
1922
Ein Mädchen kommt zur Welt
Der Lausbub
Der Großvater in Wyoming
1927
Candices erster Schultag
Die Senior High School
Alkoholschmuggel in Erie
1929
Die große Depression
1930
Stahl für das Empire State Building
Die Yacht »Paradise«
Lackawanna Steel in New York
Auf der Polizei in Erie
1931
Der Landsitz auf Long Island
Die School of Law in Chicago
Der Mann von Pinkerton
1932
Die Entführung
Treffen am Lake Michigan
1933
Die Villa auf Long Island
Die Tanten in Wyoming
1934
Scarlett Hartford
Das Biograph Kino
Annie Evans' Start in den Beruf
1936
Bonnie & Clyde
Leben auf Long Island
Die Detektei in New York
1937
Das Luftschiff Hindenburg
Candice auf der Senior High
1939
Harvey Dexter
Eduard Costein
Der neue Sportwagen
1940
Der Zweite Weltkrieg beginnt
Der Geheimdienst
Candice' Studium
1942
Unterseeboote vor Long Island
Annie Evans‘ große Liebe
Candice im Hospital in Boston
Der Geheimdienst in der Normandie
1943
Annies Verlobung
Schwarze Zeiten
Rückkehr nach London
Die Zentrale am St. James Square
Operation Fortitude
1944
Die Koordination mit der Résistance
Die Invasion beginnt
Annie Evans‘ Hochzeit
1945
Der Krieg ist zu Ende
Der Tod des Stahlmagnaten
1946
Richard Barkley
Evelyne Purse
1947
Zurück in New York City
Finale in Manhattan
Nachwort
Die amerikanische Geschichte von 1922 bis 1947 ist von extremen Höhen und Tiefen geprägt. Am Beispiel von zwei jungen Menschen wird diese spannende Zeit möglichst lebensecht wiedergegeben.
Es ist dies zum einen Candice Evans, mit ihrer Geburt am 9. Mai 1922 beginnt der Roman. Parallel wird der Werdegang von Michael Callaghan beschrieben, der am Geburtstag von Candice Evans ein typischer Lausbub von zehn Jahren ist, ein Schüler der vierten Klasse in der Grundschule in Erie.
Die Reihenfolge des Romans folgt weitestgehend den historischen Abläufen. Die einzelnen Kapitel sind nach dem Jahr, beziehungsweise Ereignis benannt, ob es sich um den Jungen oder das Mädchen handelt, wird durch Symbole angegeben.
Candice Evans kommt als Tochter des fiktiven Stahlmagnaten Horace Evans und seiner Frau Audrey zur Welt. Er ist angelehnt an den realen Stahltycoon Andrew Carnegie, einer der reichsten Männer seiner Zeit. Das erwähnte Stahlwerk Lackawanna befand sich in einem Vorort von Buffalo, es war damals das zweitgrößte Stahlwerk der Welt.
Das Mädchen wächst wohlbehütet im Überfluss auf. Sie studiert später Jura auf der Elite Universität Harvard in Cambridge in Massachusetts.
Michael Callaghan ist der Sohn von Daniel Callaghan, eines Polizisten und Revierführers in dem Ort Erie am Eriesee. Er wächst unter einfachen Verhältnissen auf und erlebt hautnah die schwierigen finanziellen Verhältnisse der damaligen Zeit. Er studiert später Jura in Chicago – eine finanzielle Zuwendung seiner wohlhabenden Tanten macht es möglich – und erlebt die „Public Enemies“, die größten Verbrecher der damaligen Zeit, aus unmittelbarer Nähe.
Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, der Absturz in die tiefste Depression, die Prohibition und die legendären Verbrecher in Chicago, es wird alles lebendig. Nach dem Ende der Depression und der Prohibition folgt die wirtschaftliche Erholung, die durch den Zweiten Weltkrieg einen erneuten Einschnitt erlebt. Mein junger Held wird Offizier in der Abwehr gegen Deutschland, kehrt nach dem Ende des Krieges nach Manhattan zurück und macht sich mit einer kleinen Detektei selbstständig.
Fünfundzwanzig Jahre nach Beginn des Romans begegnen sich meine beiden Protagonisten auf einer der Partys des Mädchens, das inzwischen zu einer bildhübschen jungen Frau herangereift ist. Das ist der Beginn ihrer Liebe und der gemeinsamen Tätigkeit als Detektive, nachzulesen in „Der Tod im Paradies“ und den Folgeromanen.
Allan Greyfox
In Buffalo am Eriesee, im Staat New York, schreibt man das Jahr 1922. Die siebzig Jahre alten Sycomore Trees, Platanen, an der Lafayette Avenue strecken ihre frisch begrünten Zweige in den Himmel.
Die Straße zieht sich durch das älteste Viertel der Stadt, das Elmwood Village. Imposante Häuser im Queen Anne Stil reihen sich aneinander, sie scheinen sich hinter den großen Bäumen verstecken zu wollen, so als schämten sie sich, in dieser Zeit, in der so viele Menschen Not leiden, so luxuriös auszusehen.
Es ist Dienstag, der 9. Mai um 6:00 Uhr in der Früh. Gelegentlich fährt eine Kutsche vorbei, die Hufe der Pferde klappern laut auf dem Kopfsteinpflaster, untermalt von dem Knirschen der Räder. Ansonsten herrscht völlige Ruhe.
In der Auffahrt vor dem Haus Nr. 646 steht das Auto des Arztes, Doktor Williamson. Er ist einer der wenigen wohlhabenden Bürger in dieser Stadt, die sich ein Auto leisten können. Ein angenehmer Grund hat ihn hergeführt, er und die Hebamme Mrs. Driscoll helfen der Frau des Hausbesitzers bei der Geburt ihres Kindes.
Der Geschäftsmann und werdende Vater, Horace Evans, steht derweil draußen vor dem Haus, ein ums andere Mal geht er nervös auf und ab. Es wird allmählich hell und die Gaslaterne an der Ecke wird bald abgeschaltet werden.
Er ist fünfundvierzig Jahre alt, er trägt einen schwarzen Anzug mit einer silbergrauen Weste darunter. Nervös zieht er an einer Zigarre und bläst den Rauch in die Morgenluft. Als die Tür geöffnet wird, dreht er sich hastig um.
Es ist der Arzt, der ihn hereinruft. „Mutter und Kind sind wohlauf, Sie können hereinkommen!“ Durch die offene Tür dringt das Schreien des Neugeborenen. „Die Kleine ist erst fünf Minuten alt und schreit schon kräftig, meinen Glückwunsch zu einer gesunden Tochter!“, schmunzelt der Arzt und nickt dem Vater beruhigend zu.
Horace Evans drückt fahrig die Zigarre in dem Aschenbecher aus, den er sich extra auf den Sims vor der Tür gestellt hat, dann eilt er in das Haus.
Seine Frau Audrey lächelt ihn an, ihr Gesicht ist schneeweiß, sie sieht sehr erschöpft aus. Das Kind liegt neben ihr unter der Decke, nur große, blaue Augen sind zu sehen, und wieder schreit das Mädchen.
Die Hebamme, Mrs. Driscoll, ist eine resolute Frau. Ihre weiße Schürze war sauber und frisch gebügelt, als sie das Haus vor drei Stunden betreten hat, nun ist sie mit Blutflecken verschmiert und zerknittert. Sie hat bereits über tausend Babys entbunden, so schnell bringt sie nichts aus der Fassung. Jetzt kommt sie aus der Küche, dort hat sie eine Tasse Kaffee getrunken. „Haben Sie schon einen Namen für das Kind?“, fragt sie die Eltern.
Die sehen sich unschlüssig an. „Wir haben gedacht, dass es vielleicht ein Junge werden würde, für ihn hätten wir einen Namen, aber nun?“, grübelt Horace Evans.
Die beiden sehen sich ratlos an und zerbrechen sich den Kopf. Der Arzt steht dabei und rührt geduldig in seinem Glas mit Tee. Es ist die Sorte Earl Grey, den die Evans sich von dem Feinkostgeschäft in der Washington Street liefern lassen.
„Dieser Kandis-Zucker löst sich immer langsam auf, dafür ist der Geschmack umso besser“, kommentiert der Doktor sein Geklapper mit dem Löffel.
Das erschöpfte Gesicht der Mutter wird von einem Lächeln erhellt. Sie sieht zu ihrem Mann und spricht mit noch schwacher Stimme: „Was hältst du von »Candice«? Vielleicht wird unser kleines Mädchen einmal so süß wie der Kandis in des Doktors Tasse.“
Horace Evans gibt seiner klugen Frau ein Küsschen auf die Wange. „Ein sehr guter Vorschlag, meine Liebe.“ Er bewegt die Idee in seinem Herzen. „Ja, wir werden sie so nennen, der Name gefällt mir immer besser, je länger ich darüber nachdenke.“
Audrey Evans ist mit ihren 30 Jahren deutlich jünger als ihr Mann. Nachdem seine erste Frau vor acht Jahren gestorben war, hat er vor kurzem die Tochter eines älteren Geschäftsfreundes geheiratet. Die junge Frau himmelte den wohlhabenden und weltgewandten Mann an. Hinter vorgehaltener Hand wurde über seine Beziehung getuschelt, das wusste Horace Evans. Auch die vielfach geäußerte Vermutung, dass sie ihn angeblich nur wegen seines Reichtums geheiratet hat, ist ihm gleichgültig. Er ist sich sicher, dass sie ihn liebt, der Rest ist ihm einerlei. Er braucht eine Frau, die nicht immer jammert, weil er häufig spät von der Firma nach Hause kommt. Er benötigt außerdem eine Frau, die sich um sein erstes Kind kümmern kann. Das macht seine junge Frau gerne, außerdem ist Audrey verdammt hübsch, sie ist eine sehenswerte Begleiterin bei seinen gelegentlichen gesellschaftlichen Auftritten.
Er weiß, dass auch die Geschäftsfreunde hinter seinem Rücken reden. Wahrscheinlich sind manche Kollegen neidisch auf ihn, auf einen der reichsten Männer Amerikas, der mit Audrey Brown eine schöne und intelligente junge Frau gefunden hat.
Nun sind seine Frau und das Neugeborene eingeschlafen. Eine Entbindung entkräftet, das hat er bei dem ersten Kind schon miterlebt. Annie heißt das erste Mädchen, sie schläft jetzt und wird erst zum Frühstück erfahren, dass sie ein Schwesterchen bekommen hat. Sie ist fast elf Jahre alt. Zwei Jahre nach ihrer Geburt war seine erste Frau gestorben. Ein Kindermädchen hat sich daraufhin um die Kleine bemüht. Seine Firma ließ ihm leider kaum Zeit, sich selbst um seine Tochter Annie zu kümmern.
Der Herr des Hauses und frischgebackene Vater steht mit dem Doktor draußen vor der Tür. Es ist mittlerweile nahezu hell, die ersten goldenen Strahlen der Sonne sind im Osten zu sehen. Beide halten eine Zigarre in der Hand, an der sie gelegentlich ziehen.
„Freuen Sie sich über das Mädchen?“, fragt der Arzt mit einem Lächeln.
Mister Evans saugt an seiner Zigarre und überlegt an einer Antwort. „Ich habe mir einen Sohn gewünscht, in der Hoffnung, einmal einen Nachfolger für mich zu bekommen.“ Er macht eine nachdenkliche Pause. „Aber jetzt freue ich mich über ein gesundes Mädchen. Wenn sie einmal so hübsch wird wie meine Frau, werde ich mir meinen späteren Nachfolger vielleicht aussuchen können.“
„Vergessen Sie nicht ihr erstes Mädchen, vielleicht werden Sie einmal mehr Interessenten haben, als Ihnen lieb ist“, gibt der Mediziner zu bedenken.“
Der Millionär schmunzelt. Interessenten werden ganz sicher kommen, auch wenn seine Töchter weniger hübsch geraten, als es bis jetzt den Anschein hat. Er zieht wieder an seiner Zigarre, die inzwischen zur Hälfte geraucht ist.
„Wie gefällt es Ihnen in Buffalo? Haben Sie schon Bekanntschaften geschlossen?“, möchte der Arzt wissen.
Nun ja, Buffalo. Horace Evans ist einer der Eigentümer der »Bethlehem Steel« in Pennsylvanien, eines der größten Stahlkonzerne der Welt. Er hat sich dieses Haus in Buffalo vor einem Jahr gekauft, um die Übernahmeverhandlungen mit der maroden Lackawanna Steel hier am Eriesee zu leiten. Fast zeitgleich mit der Geburt seiner zweiten Tochter sind diese Verhandlungen zu einem Abschluss gekommen und somit ist die vergrößerte Bethlehem Steel durch die Vereinigung mit dem Stahlwerk in Buffalo auf dem besten Wege, eines der größten Stahlproduzenten der Welt zu werden. Vorerst muss noch viel Geld in den riesigen, heruntergekommenen Stahlbetrieb am Eriesee gesteckt werden. Die Modernisierung und Wiederbelebung wird ihn noch viel Mühe und Zeit kosten. Zeit, die ihm für seine Kinder fehlen wird.
Als Antwort auf die Frage des Arztes schüttelt er den Kopf „Leider nein, die Arbeit lässt mir im Moment keine Gelegenheit dazu, sodass ich kaum jemand anderen als meine neuen Mitarbeiter kenne.“
„Das ist schade. Ich hoffe für Sie, dass sich das in absehbarer Zeit ändern möge.“
Die Tür hinter ihnen wird geöffnet und die Hebamme kommt heraus, mit einer großen Tasche in der Hand und einem mit einer Schleife auf dem Kopf festgebundenen Hut. Sie trägt einen langen Mantel und sieht nun beiläufig in den heller werdenden Himmel hinauf.
„Doktor, ich bin fertig. Ich habe der Hauswirtschafterin ein paar Anweisungen gegeben. Das Kind und die Mutter schlafen, wir können dann fahren.“
„Okay, Mrs. Driscoll. Und nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.“
Die Hebamme brummt etwas Unverständliches, während der Arzt seine Zigarre löscht, die Asche abstreift und den noch heißen Stumpen in einem kleinen Lederbeutel verwahrt.
„Auf Wiedersehen, Mister Evans, ich wünsche Ihnen viel Freude mit ihren beiden Töchtern.“
Der Stahlmagnat winkt und ruft dem sich entfernenden Arzt zu: „Ich danke Ihnen beiden für ihre unschätzbare Hilfe! Gute Fahrt!“
Der Ford Tudor Sedan gibt unwillige Töne von sich, dann springt er polternd an, und in wenigen Minuten ist es in der Lafayette Avenue so still wie jeden Tag.
Mister Evans tritt in das Haus, sein erster Blick gilt seiner Frau und ihrer kleinen Tochter, die beide schlafen. Er geht leise in das Schlafzimmer seiner Erstgeborenen. Die kleine Annie schläft, das ist gut so, am Morgen wird sie von ihrem Kindermädchen geweckt werden. Horace Evans zieht seine Taschenuhr an einer goldenen Kette aus der kleinen Tasche seiner Weste und blickt mit zusammengekniffenen Augen darauf. Es ist halb acht, es ist Zeit für ihn, in die Firma zu fahren. Auf ein Frühstück mit seiner Frau muss er heute verzichten, er ist froh, dass sie schläft.
Für morgen ist eine Pressekonferenz vorgesehen, bei der die Übernahme der Lackawanna Steel durch die Bethlehem Steel bekanntgegeben werden soll, bis dahin wartet noch viel Arbeit auf ihn.
Auf dem großen Grundstück an der Lafayette Avenue steht noch ein weiteres, kleines Haus, dort wohnt der Chauffeur der Familie Evans mit seiner Frau, die auch Hauswirtschafterin bei dem Großindustriellen ist. Sie hat gerade drei Monate vor der Geburt von Candice Evans, selbst ein Töchterchen entbunden.
Horace Evans geht hinüber zu dem Haus und betätigt den Klopfer an der Tür. Fast sofort wird sie geöffnet und sein Chauffeur, William Brooksbank, kommt ihm fertig angezogen entgegen. Er ist etwa so alt wie er selbst, er hat einen rotblonden, sauber gestutzten Schnurrbart und trägt eine dunkelgrüne Jacke mit schwarzen Knickerbockern. Er war mit seiner Frau vor fünf Jahren von der englischen Insel hierhergekommen und hat bald bei dem Millionär eine Anstellung als Chauffeur erhalten. Nicht zuletzt war der Umstand, dass er Mechaniker bei Ford in London gewesen war, einer der Gründe, warum Horace Evans ihn in seine Dienste aufgenommen hat. Die Frau des sympathischen Engländers arbeitet als Kindermädchen und Hauswirtschafterin, so gehören beide seit mehreren Jahren zu den dienstbaren Geistern im Hause der Evans. Das erste Kind bei den Brooksbank ist ein Junge, Simon wurde er getauft. Er kam zur Welt, als die ältere Tochter des Stahltycoons acht Jahre alt war.
Vor einem Jahr ist der Chauffeur nun seinem Chef von Bethlehem in Pennsylvanien hierher nach Buffalo gefolgt.
„Einen schönen guten Morgen, Mister Evans!“, mit bester Laune und einer lauten und deutlichen Stimme, der der englische Akzent seiner Heimat noch anzuhören ist, begrüßt er seinen Arbeitgeber. „Wie geht es der gnädigen Frau? Ist das Kind gesund?“
„Danke der Nachfrage, William. Das hat Ihnen doch Ihre Frau längst haarklein erzählt, oder?“
William Brooksbank schmunzelt. „Natürlich, Sir. Meine Emily hat es mir alles genau berichtet. Ich möchte es nur gerne von Ihnen hören.“
Horace Evans lächelt sein Faktotum an. Er ist ein munterer Kerl, der ihm auf mancher gemeinsamen Autofahrt schon die Zeit vertrieben hat. „Ich danke Ihnen für Ihr Interesse. Die Geburt lief ohne Komplikationen ab und wir sind unserem Herrn dankbar, dass unser kleines Mädchen gesund ist.“
Er wird wieder sachlich und denkt an die viele Arbeit, die ihn die nächsten Tage und wahrscheinlich noch für lange Zeit in Anspruch nehmen wird. „William, ich möchte gerne den Wagen selbst chauffieren, wenn Sie so freundlich wären, ihn anschließend wieder hierher zurückzubringen?“
„Selbstverständlich, Sir. Wann darf ich Sie abholen?“
„Es wird heute sehr spät werden. Ich lasse bei Ihnen anrufen, wenn ich Sie benötige.“
Diese Anrufe bei seinem Chauffeur sind der Grund, dass William Brooksbank einer der wenigen Dienstboten ist, bei denen ein Telefon in der Wohnung steht.
Sein Fahrer öffnet die Garage und fährt den großen, schwarzen Cadillac heraus. Die Garage ist groß, sie bietet weiteren Fahrzeugen Platz. Es steht bereits ein zweites Auto darin, es ist der Wagen, in dem sich seine Frau gelegentlich chauffieren lässt, sofern sie es nicht vorzieht, selbst zu fahren. Es ist ein Chevrolet der Serie D, mit einem V-8 Motor. Der Wagen hat ein Faltdach, das ihr Chauffeur bei gutem Wetter mitunter zusammenlegt und die Frau seines Arbeitgebers zum Beispiel zu ihren Freundinnen fährt. Immer wieder gibt es auch eine Wohltätigkeitsveranstaltung, die von Audrey Evans entweder organisiert oder finanziert wird. Die Armut ist überall groß, es ist ihr ein Anliegen, etwas Linderung zu verschaffen. Das Vermögen ihres Mannes erscheint ihr unerschöpflich, sodass sie mit Zustimmung ihres Gatten, gerne davon abgibt.
Der Chauffeur steigt aus, er hält seinem Chef die Tür auf und geht um den großen Wagen herum, um auf den Sitz des Beifahrers zu steigen.
Mister Evans fährt gerne Auto, so nutzt er jede Möglichkeit, die ihm seine knapp bemessene Freizeit erlaubt, um sich selbst hinter das Lenkrad zu setzen.
Nach acht Meilen und einer Viertelstunde Fahrt haben die beiden das Verwaltungsgebäude der Lackawanna Steel an der Hamburg Turnpike erreicht. Horace Evans hält vor dem Haupteingang und verabschiedet sich von seinem Chauffeur.
„Also William, ich melde mich heute Abend bei Ihnen, ich fürchte, es wird spät werden.“
„Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, Sir. Viel Erfolg!“ Sein Chauffeur verbeugt sich und klettert auf den Fahrersitz.
Mister Evans betritt das große, zweistöckige Verwaltungsgebäude der Lackawanna Steel. Nur noch wenige Tage, sobald die letzten juristischen Fallstricke beseitigt sind, wird es ihm und seinen Kollegen vom Inhaberkonsortium der Bethlehem Steel gehören. Trotzdem fühlt er sich hier noch nicht zu Hause. Daran wird auch die Herkulesarbeit schuld sein, die er und seine Mitarbeiter noch zu schultern haben. Viel Geld und viel Arbeit werden notwendig sein, um das riesige Stahlwerk so herzurichten, dass es wieder Gewinn abwirft.
Im letzten Jahr des vorigen Jahrhunderts haben die bisherigen Besitzer der Lackawanna Steel ihren Betrieb vom Lackawanna Fluss in Pennsylvanien hierher an den Eriesee verlegt. Der Grund waren wirtschaftliche Überlegungen gewesen. Der Ortsteil von West Seneca, in dem die neue Stahlfabrik angesiedelt wurde, wurde bald in Lackawanna, nach dem Herkunftsnamen in Pennsylvanien, umbenannt. Die Nähe zu den Stahlverbrauchern, wie die Automobilfabriken in Detroit, der Bedarf an Eisenbahnschienen und Stahlträgern im Staat New York, ließen die Lage am Eriesee perfekt erscheinen. Das benötigte Eisenerz und die Kohle wurden mit der Bahn und auf Schiffen über die großen Seen zu dem Stahlwerk gebracht.
Massive Probleme mit den Gewerkschaften, viele ruinöse Streiks und ein schlechtes Management brachten die Firma in den Ruin. Jetzt war eine günstige Gelegenheit, die marode Firma zu übernehmen. Für 60 Millionen Dollar, etwa die Hälfte des tatsächlichen Wertes, haben er und seine Teilhaber nach zähen Verhandlungen das riesige Stahlwerk gekauft.
Für heute Nachmittag ist anlässlich der Übernahme eine große Konferenz eingeplant. Alle Abteilungsleiter der alten Lackawanna Stahlfabrik sind dazu eingeladen worden. Mister Evans ist der neue Besitzer, weitere Unterstützung hat er sich mit zwei Kollegen aus Bethlehem besorgt. Es sind die Herren Jason Stoddard und Calvin Pherson, sie sollen die wichtigen Posten des Personalchefs und des Leiters der Buchhaltung, des Controllers, übernehmen.
Er sitzt schon seit zwei Stunden zur Vorbesprechung mit den beiden Herren zusammen. Ein wichtiger Mann ist Jason Stoddard, er soll den bisherigen Personalchef ersetzen und bei der Versammlung nachher eine neue Organisationsstruktur vorstellen.
„Haben Sie ein Konzept für den Umgang mit den Gewerkschaften, Jason?“
„Ja, Mister Evans. Wir haben auf Grund der massiven Aufstände in den letzten Jahren gemerkt, dass wir die Gewerkschaften wohl oder übel akzeptieren müssen. Deshalb sieht mein Konzept vor, sie zu akzeptieren und einzubeziehen.“
„Ja, das klingt gut. Mir gefällt das überhaupt nicht, aber wir werden lernen müssen, diese Entwicklung mitzumachen. So, meine Herren, es ist Zeit, lassen Sie uns zu der Versammlung gehen.“
Der große Versammlungssaal ist gut besucht, etwa zweihundert Personen, ausschließlich Männer, sitzen in dem großen Raum. Eingedenk der wichtigen Informationen, die sich die Spartenleiter erhoffen, ist kaum jemand der Einladung ferngeblieben.
Horace Evans betritt den Saal, er spürt die schlechte Stimmung und Unruhe, die ihm entgegenschlagen.
„Meine Herren, ich begrüße Sie zu der ersten Versammlung mit mir.“ Er wendet sich zu den beiden Herren, die links und rechts von ihm sitzen. „Ich möchte Ihnen meine beiden Begleiter vorstellen. Es sind Jason Stoddard und Calvin Pherson, zwei Fachleute aus Bethlehem. Auf ihre Aufgabe komme ich gleich zu sprechen.“
Er macht eine kleine Pause und trinkt einen Schluck aus dem Wasserglas. „Wie Sie sicher inzwischen wissen, bin ich der neue Besitzer ihrer Firma. Es gibt noch zwei Teilhaber, die in dem Hauptbetrieb in Bethlehem bleiben werden, damit bin ich ab jetzt der Leiter dieses Werkes. Wir rechnen mit mindestens 20 Millionen Dollar Kosten für die Reparatur und Erneuerung. Um eine effektive Arbeit zu ermöglichen, werden einige Änderungen in der Organisation erforderlich sein. Mister Stoddard wird Ihnen dazu seine Vorstellungen erläutern. Wir werden leider nicht ohne Entlassungen auskommen. Die Mitarbeiter, von denen wir uns trennen werden, werden spätestens in zwei Wochen ihre Kündigung erhalten.“
Es entsteht allgemeines Gemurmel im Raum. Mister Evans hat seine Einführung beendet und übergibt die Gesprächsführung an seinen künftigen Personalchef. Jason Stoddard braucht ein paar Minuten, um die Versammlung zu beruhigen. „Meine Herren! Ich bitte um Ruhe! Ruhe bitte!“
Langsam flaut der Lärm ab. „Sie sollten wissen, dass ihr bisheriger Betrieb kurz vor dem Ruin stand. Mein Kollege, Calvin Pherson, kann Ihnen anschließend etwas über die vorgefundene wirtschaftliche Situation und die Erwartungen an die Zukunft berichten.“ Er stützt sich mit den Händen auf den Tisch auf. „Sehen Sie, es gibt doch nur zwei Möglichkeiten: Wir lassen alles laufen wie bisher und Sie werden alle bis Ende dieses Jahres Ihre Arbeit verlieren. Oder wir werden nur einige von Ihnen entlassen, sichern so aber die Arbeitsplätze der verbliebenen Mitarbeiter für die Zukunft.“
Einer der Männer aus dem Kreise der Zuhörer meldet sich zu Wort. „Woher wissen wir, dass Sie nicht nur aus Streben nach mehr Gewinn Mitarbeiter entlassen wollen und Sie die schlechte Situation nur als Vorwand gebrauchen?“
Jason Stoddard setzt zu einer Antwort an, aber Horace Evans hält ihn zurück. Er steht auf und übernimmt das Wort. „Meine zwei Kollegen des Teilhaberkonsortiums und ich sind die alleinigen Inhaber Ihrer Firma. Die Entlassungen sind Teil des mit der Regierung des Staates New York ausgehandelten Sanierungsprogrammes. Sie werden unsere Maßnahmen akzeptieren müssen, auch wenn Sie Ihnen nicht gefallen.“
Mit festem Blick mustert er den Kreis der Zuhörer. Er kehrt ungern den Besitzer hervor, doch mitunter ist es unumgänglich. Er wird seine Zuhörer nicht überzeugt haben, in der diktatorischen Ordnung eines Industriebetriebes müssen sich die Arbeitnehmer jedoch fügen. Er sieht keine andere Möglichkeit, untergehen oder mit verringerter Belegschaft überleben, das ist jetzt die Devise.
Calvin Pherson bekommt noch Gelegenheit, die finanziellen Verhältnisse darzustellen. „Die Analyse der Bücher hat gezeigt, dass Ihr Werk bereits seit mehreren Jahren mit Verlust gearbeitet hat. Das ist von dem inzwischen abgelösten Vorstand bewusst durch falsche Angaben verschleiert worden.“
Wieder entsteht ein kleiner Tumult, doch der mit allen Wassern gewaschene Analyst lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Glauben Sie mir, ich mache diesen Job seit fast dreißig Jahren, ich erkenne Betrug. Die von mir geleitete Untersuchungsgruppe hat eindeutige Hinweise für bewusste Irreführung gefunden. Ihr Betrieb steckt tief in den roten Zahlen. Wir werden viel Geld benötigen, wir schätzen mindestens zwanzig Millionen Dollar, um ihn zu sanieren. Nach ersten Hochrechnungen wird es etwa fünf Jahre dauern, bis dieses Stahlwerk wieder in der Gewinnzone arbeitet.“
Horace Evans sieht sich wieder etwas entspannter um. Mister Pherson ist ein alter Hase, er leitet die Buchhaltung in Bethlehem seit vielen Jahren und hat mit seinen Fakten die Zuhörer überzeugen können. Nun wird in der nächsten Zeit viel Arbeit erforderlich sein. Seine Planungsgruppe hat bereits erste Pläne für die Modernisierung entwickelt, sie sind überwiegend von ihm abgesegnet worden. Nun kann die Detailplanung beginnen, über zweihundert Mitarbeiter aus der Abteilung Engineering & Construction stehen Gewehr bei Fuß.
Am nächsten Tag findet die lange angekündigte Pressekonferenz statt. Die Vertreter der örtlichen Presse sind alle anwesend, auch Vertreter der großen Zeitungen aus New York und Boston sind unter ihnen. Wenn eine der größten Stahlfirmen der Vereinigten Staaten von Amerika den Besitzer wechselt, dann ist das schon mehr als eine Schlagzeile wert.
Horace Evans will sich nicht in den Mittelpunkt rücken. Er leitet die Präsentationsrunde ein, dann gibt er den Vorsitz an seine Abteilungsleiter weiter.
Seine Gedanken schweifen ab, er denkt an seine kleine Familie zu Hause. In seiner Firma ist er notgedrungen der unbeugsame Führer, seiner Frau und seinen Kindern gegenüber jedoch, ist er sehr liebevoll und nachgiebig. Seine Frau kann sich ganz auf ihre beiden Kinder konzentrieren, Unterstützung erhält sie von mehreren Dienstboten. Es sind eine Köchin und eine Hauswirtschafterin, letztere ist die Frau von William Brooksbank, ihrem Chauffeur, die sich auch als Kindermädchen zur Verfügung stellt. Gelegentlich hilft eine weitere Frau aus, diese geht dann Emily Brooksbank zur Hand. Mit den Kindern wird seine Audrey leicht fertig, das Problem ist das Haus und das große Grundstück. Ihr Chauffeur, William Brooksbank, ist in seiner zweiten Aufgabe Gärtner. Immer wenn ihm die Fahrten und die notwendige Pflege der beiden Autos Zeit lassen, bearbeitet er mit viel Geschick den großen Garten.
Audrey Evans geht es nach der Geburt schon sehr viel besser. Doktor Williamson hat gestern kurz nach ihr gesehen, er war sehr zufrieden. Für die kleine Candice gibt es einen Kinderwagen, auch ein Kinderzimmer ist von der Mutter liebevoll eingerichtet worden.
Erie in Pennsylvanien. Es ist der 9. Mai 1922 am Vormittag. Die Klingel läutet die Pause in der Lincoln Elementary Primary, der Grundschule, ein. Die Türen zu den Klassenräumen fliegen auf und hunderte Kinder strömen laut lärmend auf die Flure.
Laut ruft ein Lehrer, um sich über den Krach der Schüler bemerkbar zu machen. „Michael Callaghan! Komm sofort zu mir!“
Wenn man vom Lehrer Henderson gerufen wird, ist es besser, wenn man ihm Folge leistet. Das weiß auch Michael Callaghan, ein für seine zehn Lebensjahre großer und kräftiger Junge aus der vierten Klasse. „Was gibt es, Mister Henderson?“
Unschuldig sieht er mit seinen dunklen Augen und den zerzausten schwarzen Haaren zu dem Lehrer auf. Mister Henderson ist nicht besonders beliebt bei seinen Schülern. Er trägt einen dunklen Anzug, einen adrett gestutzten Bart und ebensolche Haare. Die sind noch fast schwarz, der Bart zeigt schon viel Grau. Durch die Gläser seiner in Nickel gefassten Brille funkelt er den Jungen an.
„Philipp Mervin hat mir gesagt, dass du ihn gestern ohne Grund geschlagen hast? Was hast du mir dazu zu sagen?“
„Der Phil drangsaliert immer zwei kleine Jungen aus der ersten Klasse, das habe ich ihm heimgezahlt.“
Der strenge Lehrer kraust die Stirn. „Ich werde die beiden fragen, ob das stimmt.“
„Die Jungen werden aus Angst vor Phil nichts sagen!“, entgegnet Michael empört.
„Ich bin geneigt, dir zu glauben“, sagt Mister Henderson, jetzt etwas versöhnlicher. „Es geht aber nicht, dass du nach eigenem Ermessen andere Schüler verprügelst. Das nächste Mal kommst du in so einem Fall zu mir, klar? Kommt etwas in der Art noch einmal vor, werde ich dir eine Strafarbeit verpassen, verstanden?“
Ja.“
„Wie heißt das?“
„Ja, Mister Henderson!“
Dann läuft der Junge hinaus auf den Schulhof, wo seine Freunde schon spielen. Den Rüffel des Lehrers hat er längst vergessen.
Am späten Nachmittag ist die Schule vorbei. Mit dem Ranzen auf dem Rücken laufen die Kinder hinaus. Die meisten sammeln sich an der Abfahrtsstelle für den Schulbus, andere, unter ihnen Michael Callaghan, gehen zu Fuß nach Hause. Der Schulbus ist neu, seit zwei Jahren betreibt die Schule einen richtigen Autobus, anstelle des mit Pferden gezogenen Wagens, wie noch die Jahre zuvor.
Michael hat keinen weiten Weg nach Hause, so stromert er mit drei anderen Jungen in Richtung des Hauses, in dem sein Vater wohnt.
„Was wollte der olle Henderson von dir?“, will einer von ihnen wissen.
„Ach der!“, Michael winkt verächtlich mit der Hand. „Jemand hat gepetzt, dass ich dem doofen Phil eins übergezogen habe, aber der Henderson kann mich nicht einschüchtern!“
„Und wenn er nun mit deinem Vater spricht?“
„Mein Vater ist erstens immer auf meiner Seite, außerdem ist er fast nie zu Hause.“
„Treffen wir uns gleich mit den anderen zum Baseballspielen?“, fragt ein anderer.
„Klar doch, wir sollten uns beeilen, dann haben wir mehr Zeit für das Spiel!“, erwidert Michael. Die Jungen beschleunigen ihre Schritte. Sie treffen sich bei gutem Wetter fast jeden Tag mit den anderen Kameraden aus dem Viertel, um gemeinsam auf dem leeren Gelände an der Holland Street Baseball zu spielen.
„Wir sehen uns in zehn Minuten!“, ruft Michael und läuft in das gepflegte Holzhaus, das er mit seinem Vater alleine bewohnt. Er erinnert seine Mutter kaum, sie hat ihn und seinen Vater verlassen, als er gerade fünf Jahre alt war. Sein Vater hat sehr unter dem Verlust seiner Frau gelitten und sich dafür umso mehr dem einzigen Sohn zugewandt.
Sein Vater ist Polizist in Erie, er hat diese Woche Spätschicht und kommt daher erst um zehn nach Hause. Michael läuft in sein Zimmer, um den großen Handschuh und den Schläger zu holen, die er wie seinen Augapfel hütet.
Er hat dem Vater versprochen, heute noch sein Zimmer aufzuräumen, dafür hat er nach dem Spiel noch Zeit genug. Er schnappt sich die beiden wichtigen Utensilien und läuft wieder aus dem Haus. In wenigen Minuten hat er das Gelände an der Holland Street erreicht. Es ist ein unbebautes Grundstück mit einem großen, leeren Platz in der Mitte. Zwei von seinen Freunden sind schon da, bevor die anderen Spieler eintreffen, kratzen sie mit einem Stock den Spielfeldrand in den Boden und kennzeichnen die Abschlagplätze.
Es ist fast dunkel, als Michael nach Hause kommt. Seine Hose ist schmutzig, wie fast jedes Mal nach so einem Spiel. Das wird dem Vater gar nicht gefallen, er ist derjenige, der sich um die Wäsche kümmert. Diese Arbeiten muss er nach seinem Schichtdienst erledigen, sodass auch der kleine Michael einige Aufgaben erfüllen muss. Das Wichtigste - und zugleich das Blödeste, wie er findet - ist das Aufräumen seines Zimmers. Dabei findet er doch immer alles sofort auch ohne Aufräumen wieder!
Mitunter bringt der Vater eine Frau nach Hause, die dann mehr oder weniger lange Mutterstelle an ihm vertreten will. Die letzte, Wilma, war sogar drei Monate geblieben. Dafür hat sie nicht versucht, ihn zu erziehen, wie so manch andere vor ihr. Michael seufzt vernehmlich. Was soll so eine Frau auch, er und sein Daddy kommen doch gut alleine zurecht!
Mehr oder weniger erfolglos versucht er, Ordnung in das Chaos seines Zimmers zu bringen, dann geht er zum Essen in die Küche hinunter. Sein Vater hat ihm ein paar Pfannkuchen gebacken, die er sich nun in der Pfanne aufwärmt. Er sitzt alleine an dem kleinen Tisch in der Küche und kaut etwas lustlos an dem dünnen Kuchen. Nur wenn der Vater Früh- oder Nachtschicht hat, können sie am Abend gemeinsam essen, er genießt dann die Mahlzeiten.
Es klappert an der Tür, sollte das schon der Vater sein? Ja, tatsächlich! Freudestrahlend kommt Daniel Callaghan in die Küche und zieht seinen Jungen an sich. „Mein Junge! Wie war es in der Schule?“
Sie setzen sich beide an den Tisch und Daniel Callaghan lauscht interessiert den Erzählungen seines Sohnes. Sein Junge erinnert ihn sehr an sich selbst in dem Alter. Er war auch größer und kräftiger als die meisten seiner Mitschüler. Mit den schwarzen Haaren und den dunklen Augen ist er ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Er hat sich sehr zur Freude des Vaters entwickelt. Er ist ein kleiner Raufbold, hat aber das Herz auf dem richtigen Fleck, damit erinnert er den Vater an sich selbst, als er noch ein Junge war.
„Lehrer Henderson hat mich heute getadelt“, beginnt der Junge seine Erzählung. „Dabei habe ich gar keine Schuld gehabt!“
„Aber er wird doch einen Grund gehabt haben? Mister Henderson ist zwar streng, aber gerecht.“
„Ich habe dem blöden Phil ein blaues Auge gehauen, weil er immer wieder zwei Jungen aus der unteren Klasse schikaniert.“
Daniel Callaghan schmunzelt unauffällig. Das ist sein Sohn, er hat genauso ein Gespür für Recht und Unrecht, wie er selbst. „Das ist auch nicht deine Aufgabe, die Lehrer sollen Philipp bestrafen, nicht du.“
Michael schüttelt energisch den Kopf. „Das klappt doch nie, die Kleinen trauen sich doch nicht, das dem Lehrer zu erzählen. Und deshalb habe ich es ihm gegeben!“
Daniel Callaghan beruhigt seinen aufgebrachten Sohn. „Ich kann dich gut verstehen, mein Junge. Aber du musst lernen, deine Fäuste im Zaum zu halten. Du kannst nicht immer alles sofort und mit deiner Kraft regeln. Das mag jetzt noch funktionieren, aber wenn du älter wirst, eckst du damit überall an.“
Michael schweigt einen Moment. „Gut, Daddy, ich werde mir Mühe geben.“
Der Vater tätschelt seinem kleinen Sohn die Hand. „Das ist schön, du wirst lernen müssen, deine Probleme mit dem Verstand zu regeln. Wenn du erst älter bist, wird dir das leichter fallen. Aber mal etwas ganz Anderes“, er steht auf und geht in den Flur, nimmt eine Jacke vom Haken und kommt damit zurück. Mit einem möglichst unbeteiligten Gesicht legt er die Uniformjacke an. „Fällt dir etwas auf?“
Michael mustert die Jacke einen Moment. Er ist ein genauer Beobachter, sodass er die neuen Rangabzeichen sofort bemerkt. „Du bist befördert worden!“
Jetzt strahlt der Vater. „Richtig! Ich bin jetzt Sergeant anstelle des Corporals. Ich vertrete schon eine Weile den Schichtführer, nun ist es amtlich und ich bin befördert worden. Nun brauche ich nicht mehr so viel Außendienst zu machen, ich leite die Kollegen von der Wache aus.“
„Mensch Daddy, das ist ja Klasse!“
Daniel Callaghan steht auf und zieht seine Jacke aus. Sein Sohn sieht ihm hinterher, sein Vater ist schon ein schmucker Polizist, groß und stark. Er ist stolz auf ihn, seine Klassenkameraden und die Freunde von der Baseballgruppe beneiden Michael um ihn.
Am nächsten Morgen frühstücken Vater und Sohn gemeinsam. Es ist kurz nach sechs, durch die Fenster scheint immer heller werdendes Tageslicht herein. Michael muss zur Schule, der Vater hat bis zum Beginn der Spätschicht noch etwas Zeit. Es wird aber keine Freizeit werden, im Gegenteil, im Haus ist immer etwas zu tun. Heute müssen die Fensterscheiben geputzt werden, die sind schon lange überfällig.
„In sechs Wochen beginnen die Sommerferien. Ich weiß schon, was du dann machen wirst“, verkündet Daniel Callaghan seinem Sohn.
Der Junge sieht von seinem Teller mit dem Haferbrei auf. „Was ist es denn?“, neugierig sieht er seinen Vater an.
„Ich habe letzte Woche mit deinem Grandpa telefoniert, du kannst die ganzen Ferien bei ihm und deinen Tanten verbringen.“
„Ehrlich? Das ist ja toll!“ Eine dunkle Wolke zieht über sein Gesicht. „Dann kann ich gar nicht mit meinen Freunden spielen.“
„Dafür hast du dort deine Cousins und Cousinen, die werden sich gerne um dich kümmern.“
Das Geld ist knapp im Hause von Daniel Callaghan. Trotz der Beförderung ist der Lohn schlecht und das Leben ist teuer. Es gibt viele Arbeitslose, der Wirtschaft geht es schlecht. Er ist froh, dass sein Junge eine Weile bei seinen wohlhabenden Verwandten in Wyoming verbringen kann. Er hat auch nicht genug freie Zeit, um sich während der zehn Wochen dauernden Sommerferien um den Jungen zu kümmern. Das Angebot des Großvaters, dass Michael die Zeit bei ihm und seiner Tante Sarah verbringen kann, kommt ihm sehr gelegen.
„Dein Großvater schickt mir Geld für den Zug, dann kannst du nach Wyoming mit der Eisenbahn fahren, das wird dir gefallen.“
Michael ist noch nicht überzeugt, die Aussicht, die ganzen Sommerferien ohne seine Freunde verbringen zu müssen, gefällt ihm nicht besonders.
„Wusstest du, dass dein Großvater als junger Mann ein gefürchteter Revolverheld war?“
Jetzt hat er den Kleinen auf seiner Seite. „Du meinst, so wie Buffalo Bill oder Wyatt Earp?“, mit großen Augen sieht er zu seinem Vater hoch.
„Ja, so in etwa. Ich bin sicher, dass er dir noch seine Revolver zeigen kann.“
„Mannomann! Das muss ich nachher meinen Freunden erzählen. Die werden gucken, wenn die das hören!“
Der alte Wilde Westen beginnt populär zu werden, gelegentlich sieht man in dem Kiosk in der State Street ein Groschenheft, einen Dime Novel, aushängen. Michael und seine Freunde drücken dann ihre Nasen an der Scheibe platt und versuchen, sich jedes Detail der bunten Titelbilder einzuprägen.
Der kleine Michael sitzt in seinem Zimmer unter dem Dach und blättert in einem Atlas. Nach einigem Suchen hat er Cheyenne in Wyoming gefunden. Das ist aber weit fort! Er bekommt einen Schreck. Da soll er ganz alleine hinfahren? Der am weitesten entfernte Ort, in dem er bisher gewesen ist, war Westfield, das ist dreißig Meilen von hier entfernt. Und jetzt soll er in den Sommerferien in die Nähe von Cheyenne reisen, das sind zweitausend Meilen bis dahin! Sein Herz klopft bei dem Gedanken an die Vorstellung. Wie soll er dahin kommen? Mit der Eisenbahn? Seine Freunde und er beobachten mitunter den Dampfzug, der alle Stunde durch Erie fährt. Laut fauchend fahren die schwarzen Lokomotiven mit ihren Wagen an dem Ufer des Eriesees entlang, die Jungen verfolgen sie staunend. Sie beginnen dann zu träumen und stellen sich vor, wohin sie überall mit der Bahn fahren würden. Ja, eine Fahrt mit der Eisenbahn, das könnte ihm gefallen. Er legt sich rücklings auf das Bett und stützt sich mit den Ellenbogen auf. Er sieht verträumt an die Wand vor sich und malt sich die Fahrt mit der Eisenbahn aus. Ob er wohl noch Büffel zu sehen bekommt? In seinem Lieblingsbuch, Leatherstocking Tales, oder Lederstrumpf, von James. F. Cooper, wird von riesigen Herden berichtet. Wie werden die anderen Fahrgäste sein? Sprechen die überhaupt mit so kleinen Jungs, wie er einer ist?
Seine Klassenkameraden und die Freunde sind schwer beeindruckt. „Mönsch, du hast es gut. Ein echter Revolverheld aus dem Wilden Westen! Davon musst du uns unbedingt erzählen!“
Ein anderer Junge berichtet, dass er schon mal in Chicago war. „Da bin ich mit meinen Eltern einen ganzen Tag unterwegs gewesen!“
Oh, je! Und er soll mehr als die doppelte Strecke zurücklegen!
Ein paar Tage später spricht sein Vater am Abend mit ihm. „Wir müssen uns noch überlegen, wie wir es mit dir und der Bahnfahrt machen. Ein Problem habe ich heute klären können, ich habe einen Kollegen, dessen Bruder fährt zur richtigen Zeit nach Chicago. Er wird dir helfen und du kannst auch bei ihm übernachten.“
Michael sieht seinen Vater fragend an. „Chicago ist doch nur der erste Teil?“
„Der Bruder meines Kollegen setzt dich am nächsten Tag in den Zug nach Omaha. Am Ende der Strecke, in Omaha, wird es schwierig, denn da musst du übernachten. Ich habe aber eine Pension für dich gefunden. Mit dem Bahnhofsvorsteher von Omaha habe ich telefoniert, der weiß auch Bescheid. Du musst dich bei ihm im Büro melden, dann wird man dir helfen. Am nächsten Morgen fährst du weiter bis nach Cheyenne, dort wirst du vom Großvater abgeholt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, das wirst du alles finden, Omaha ist nur ein kleiner Ort.“
Im Kopf von Michael purzeln die Gedanken umher. Ob er das wohl schaffen wird? Sein Vater scheint das zu glauben, dann kann es wohl nicht so schwer sein. „Ich bekomme das schon irgendwie hin. Meine Gedanken drehen sich nur um all die fremden Leute, ich kenne meine Verwandten doch gar nicht.“
„Glaube mir, die werden sich freuen, dich kennenzulernen. Falls es dir nicht gefällt, kannst du sofort wieder umkehren.“ Der Vater kennt seinen Sohn, aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. Wie er vermutet hat, kreuzt Michael die Arme vor der Brust und sieht selbstbewusst zu seinem Vater hoch. „Wenn ich denn schon da bin, bleibe ich natürlich da.“
Daniel Callaghan lächelt in sich hinein. Genau diese Reaktion hat er von seinem Sprössling erwartet.
Es ist sechs Wochen später, die langen Sommerferien haben gerade begonnen. Früh am Morgen klingelt es an der Haustür von Daniel Callaghan. Charles Willers, der Bruder eines Kollegen, steht vor der Tür. Michael ist aufgeregt, mühsam trägt er seinen schweren Koffer an die Tür.
„Guten Morgen, kleiner Mann!“, begrüßt ihn der Fremde. „Ich bin Charles Willers, Charlie für dich.“
Er hebt Michaels Koffer auf. „Mein lieber Freund, an dem hast du aber schwer zu tragen!“
„Ich bin ja auch zehn Wochen fort. Außerdem bin ich der Stärkste in meiner Klasse!“
Charles Willers verstrubbelt ihm seine Haare und lacht ihn an. „Das glaube ich dir gerne, aber jetzt trage ich ihn, wir müssen schnell zum Bus.“
Der Vater sieht seinem Jungen hinterher und ruft: „Viel Spaß! Viele Grüße an meinen Vater und meine Schwestern! Und benimm dich!“ An seinen Bekannten gewandt, fügt er hinzu: „Vielen Dank, Charlie, und hab ein Auge auf meinen Jungen!“
Charlie Willers hebt den Arm zum Gruß und eilt mit Michaels großem Koffer und seiner Tasche davon.
Der Bus bringt sie schnell zum Bahnhof von Erie. Eine halbe Stunde später fährt der Zug ein, der sie nach Chicago befördern wird.
Mit großen Augen und einem klopfenden Herzen beobachtet Michael den Zug. Laut quietschen die Bremsen, fast sofort fängt es an der Lokomotive an, mit lauten Schlägen zu arbeiten.
„Das ist die Kesselspeisepumpe, die fördert das Wasser aus dem Tender in den Kessel der Lokomotive“, ruft Charlie, den Lärm der Lok übertönend, als er Michaels überraschten Blick bemerkt. Rasch steigen die beiden ein und finden einen Sitzplatz am Fenster, sie sitzen sich gegenüber. Michael sieht aufgeregt nach draußen, Charles Willers beobachtet lächelnd den Jungen und freut sich an seinem Interesse.
Nach einem kurzen Halt setzt sich der Zug in Bewegung. Mister Willers erklärt dem Jungen die Besonderheiten der Bahnlinien. „Im ganzen Land gibt es viele verschiedene Eisenbahngesellschaften. Jede von ihnen versorgt ein Gebiet, in dem sie fahren. Und immer wieder versuchen sie, sich gegenseitig Bereiche abzugaunern.“
Er lacht, als er Michaels Blick bemerkt. „Ja, so ist das in der Wirtschaft. Der Eisenbahnkönig Vanderbilt zum Beispiel, ist so etwas wie ein Räuberbaron, oder »robber baron«. Diese Strecke gehört ihm auch, es ist die New York Central Railroad. Die führt uns bis nach Chicago. Von dort musst du morgen alleine Weiterreisen. Von Chicago nach Omaha ist es die Chicago & Northwestern Railway, von Omaha bis nach Cheyenne und darüber hinaus ist es die Union Pacific.“
Michael sieht ihn mit großen Augen an. Was Charlie alles weiß! Er lauscht auf jedes seiner Worte und versucht, sich so viel wie möglich davon einzuprägen.
Die Fahrt führt sie über Cleveland nach Toledo, bis dahin führt die Strecke viele Meilen in der Nähe des Eriesees entlang. Michael sieht immer wieder auf die vorbeiziehende Landschaft. In weißen Fetzen fliegt der Dampf der Lokomotive vorbei.
Neuneinhalb Stunden dauert die Fahrt, bis sie schließlich Chicago erreichen. Zwischendurch nickt Michael immer wieder ein. Mister Willers hat eine Flasche Wasser und einige belegte Brote, sowie kalte, zusammengerollte Pfannkuchen zum Essen dabei. In Chicago angekommen, benutzen sie den Bus, um das Haus des Bruders von Charlie zu erreichen.
Matthew Willers ist etwas älter als sein Bruder. Er hat in der Nähe des Zentrums von Chicago ein kleines Eisenwarengeschäft und lebt mit seiner Frau und ihrem Sohn am Rande der Stadt. Der Junge ist zwölf Jahre alt und sieht Michael skeptisch an. Der fremde Junge soll heute Nacht bei ihm im Bett schlafen, das gefällt ihm nicht besonders.
„Ich heiße Michael, und du?“, er gibt dem Jungen die Hand, die dieser zögerlich ergreift.
„Ich heiße Joseph.“ Doch dann gewinnt die Neugier Überhand und er fragt seinen jungen Gast: „Du willst morgen noch Weiterreisen, habe ich gehört?“
„Ja, ich soll noch bis Cheyenne fahren.“
„Wo ist das denn?“, fragt Joseph überrascht.
Jetzt kann Michael mit seinem kürzlich erworbenen Wissen angeben. „Das sind noch eintausend Meilen von hier entfernt, schon fast in den Rocky Mountains.“
„Mannomann, da hast du noch eine weite Fahrt vor dir!“
Josephs Vater kommt dazu und unterbricht die beiden. „Los, ihr zwei. Michael soll noch etwas essen und dann marsch ins Bett!“
In der Nacht schläft Michael wie ein Stein, er merkt kaum, dass noch jemand mit im Bett liegt. In den wenigen wachen Momenten meint er, das Rütteln und Schütteln der Eisenbahn zu spüren.
Am nächsten Morgen sitzen die beiden Jungen etwas schläfrig am Frühstückstisch. Matthew Willers ist schon in sein Geschäft gefahren, sein Bruder Charlie und seine Schwägerin sitzen mit am Tisch.
„Du weißt, was du zu tun hast?“, fragt Charlie Michael zum wiederholten Mal.
Michael nickt, er hat den Zettel, auf dem ihm sein Vater alles haarklein aufgeschrieben hat, inzwischen Wort für Wort auswendig gelernt. „Ja, Charlie. Ich gehe heute Abend zu dem Stationsvorsteher und sage ihm, wer ich bin. Der lässt mich dann zu der Pension bringen. Das ist doch ganz einfach.“
„Gut. Auf was musst du besonders achten?“
„Ich soll meinen Koffer immer im Auge haben und soll auf das Geld in meinem Brustbeutel achtgeben.“
„Sehr fein, Michael. Omaha kannst du nicht verpassen,...“ „- weil der Zug dort endet“, fügt Michael vorwitzig hinzu.
Charlie schmunzelt, ja der Junge wird es schon schaffen.
Michael verabschiedet sich von Joseph und dessen Mutter, während Mister Willers den Koffer zur Tür trägt. Die Mutter gibt Michael noch eine Tüte mit. „Hier ist etwas Proviant für unterwegs, pass gut auf dich auf!“
Der Bus bringt sie zum Bahnhof, Mister Willers setzt Michael in den Zug, dann beginnt der zweite Teil der Fahrt. Es sind vierhundertfünfzig Meilen bis Omaha, das wird bis zum Abend dauern. Michael sieht wieder aus dem Fenster und winkt Mister Willers zum Abschied zu. Dampf hüllt die Wagen ein, dann setzt sich der Zug langsam in Bewegung.
Die Landschaft wird zunehmend langweiliger. Solange die Fahrt an den großen Seen oder an einem Fluss entlang geführt hat, gab es etwas zu sehen. Nun herrscht viele Meilen Grasland vor, das Grün sieht wegen der Hitze des Sommers mehr gelb und staubig, als grün aus.
In Rochelle steigt ein Ehepaar mit einem Jungen ein, sie sitzen auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges. Der Junge ist etwas älter als Michael, der neugierig zu den neuen Fahrgästen hinübersieht. Der Junge, er ist ein wenig größer als er, steht auf und kommt über den Gang zu ihm.
„Darf ich mich zu dir setzen?“
„Klar, doch. Ich heiße Michael.“
„Ich bin Thomas Turndike, ich fahre mit meinen Eltern nach Cedar Springs. Dort lebt eine Tante von mir. Ich bin vierzehn, wie alt bist du denn?“
„Ich bin zehn.“
Sein neuer Nachbar staunt. „Zehn bist du erst? Du bist doch fast so groß wie ich!“
„Ich bin auch der Größte in meiner Klasse! Und der Stärkste!“, fügt Michael noch stolz hinzu.
„Wo willst du denn hin? Und warum bist du ganz alleine?“
Die beiden Jungen haben sich viel zu erzählen. Thomas fragt ihn: „Hast du schon einmal Basketball gespielt?“
„Ich kenne das nur vom Sehen, ich spiele immer Baseball mit meinen Freunden.“
„Baseball ist doch langweilig. Du musst unbedingt Basketball spielen, du bist doch groß und sportlich, dann kannst du deine Gegner leicht besiegen.“
„Tatsächlich?“ Michael staunt. „Das klingt nicht schlecht. Ich werde es nach den Sommerferien mal versuchen.“
Ein Highlight der Strecke ist die Brücke bei Clinton über den Mississippi. Die Eisenbahn führt über mehrere Inseln in dem großen Fluss, über den breitesten Arm führt eine drehbare Brücke aus Stahl. Hier bei Clinton befindet sich die Landesgrenze zwischen Illinois und Iowa.
Die Fahrt vergeht bei der Plauderei viel schneller, als wenn man nur auf die vorbeiziehende Prärie sieht. Bald ist Cedar Springs erreicht und die beiden Jungen verabschieden sich voneinander. Nun sind es noch zweihundertfünfzig Meilen bis Omaha, das wird noch 4 Stunden dauern. Kurz vor Omaha kreuzt der Zug den Missouri, der ist hier immerhin schon zweihundertfünfzig Yards breit. Endlich ist der letzte Teil dieser Strecke geschafft, Michael steht mit seinem schweren Koffer auf dem Bahnsteig.
Er sieht sich um, wo wird das Büro des Bahnhofsvorstehers sein? Da hört er hinter sich eine Stimme: „Bist du Michael Callaghan?“
Er dreht sich um. Hinter ihm steht ein Mann mit einer roten Mütze, in der Hand hält er eine Signalkelle, ähnlich wie die, die er einmal bei seinem Vater gesehen hat.
Ja, Sir!“
Der Bahnhofsvorsteher lächelt ihn freundlich an. „Dann komm mal mit. Soll ich dir deinen Koffer abnehmen?“
„Danke, das geht. Ich bin schon stark.“
„Na, gut. Dann komm hinter mir her.“
Im Büro des Vorstehers hängt ein Stadtplan von Omaha. Der freundliche Mann zeigt darauf. „Kannst du eine Karte lesen?“
„Klar!“ Er hat einmal mit seinen Freunden Schatzsuchen gespielt, dann muss man das können. Er folgt dem Finger des Bahnhofsvorstehers.
„Es ist nicht weit. Die Pension ist in der Pierce Street, das sind vielleicht dreihundert Schritte von hier. Sie heißt »Aunt Margo Boarding House«. Ich habe jetzt keinen Helfer, sonst würde ich dich selbst bringen. Es ist leicht zu finden, das kannst du nicht verfehlen.“
Michael stapft mit seinem Koffer los, er muss zwei Straßen kreuzen, immer wieder muss er seinen schweren Koffer absetzen.
Die Pension ist in einem großen Haus aus Holz untergebracht. Es ist viel größer als das von seinem Vater, es ist weiß gestrichen, mit Fensterläden in grüner Farbe. Michael bedient den schweren bronzenen Türklopfer, laut hallt sein Klopfen durch das Haus. Die Tür wird geöffnet und eine ältere Dame in einem schwarzen Kleid sieht heraus. „Du bist sicher der kleine Michael, nicht wahr?“
„Ja, Madam. Aber ich bin nicht klein, den Koffer habe ich auch bis hierhergetragen.“
Die alte Dame schmunzelt. „Dann komm erst einmal herein, du wirst doch sicher Hunger haben!“
Michael bekommt ein kleines Zimmer zugewiesen, dort stellt er seinen Koffer ab, danach gibt es in der Küche etwas zu essen. Es ist Gulaschsuppe, mit viel Fleisch. So viel Fleisch auf einmal hat er schon lange nicht mehr gegessen. Die Pensionswirtin erklärt ihm, dass das Zimmer ihrer Tochter gehört hat, jetzt steht es leer, für den Fall, dass sie mal zu Besuch kommt.
Am nächsten Morgen muss Michael wieder früh aufstehen. Margo Rembert bekommt drei Dollar für die Nacht, dafür gibt sie ihm noch ihren Hausdiener mit, der den Koffer zum Bahnhof trägt. Das Geld für die Übernachtung ist auch von seinem Großvater gekommen.
Heute soll er endlich Cheyenne erreichen, allmählich wird ihm die Zeit doch recht lang. Hinter Omaha führt die Bahnlinie eine ganze Zeit am South Platte River entlang, das gibt wieder etwas Abwechslung nach dem ewigen Einerlei der großen Ebenen. Die Bahnlinie der Union Pacific folgt in diesem Teil der historischen Linie in Richtung Westküste, vorbei an Orten wie Ogallala und Julesburg. Michael muss immer häufiger an seinen Großvater denken. Sein Vater hat ihn als sehr groß beschrieben, mit schneeweißem Haar. Schon lange vorher, bevor der Zug in Cheyenne einfährt, steht Michael mit seinem Gepäck vor der Wagentür. Der Zug hält und er steigt auf den Bahnsteig hinunter, mit dem schweren Koffer im Schlepp.
Auf dem Bahnsteig sieht er sich um. Er gibt sich Mühe, aber einen auffallend großen, alten Mann kann er nicht sehen. Eine Frau in einem wallenden Kleid und ein Mädchen kommen auf ihn zu.
„Bist du Michael Callaghan?“, wird er gefragt. Die Dame ist etwas älter als sein Vater, sie sieht ihn freundlich an. Auf die mit silbernen Strähnen durchzogenen Haare hat sie einen großen Hut gebunden.
Michael nickt. „Ja, Madam, so heiße ich.“
„Ich bin deine Tante Sarah. Und das hier ist meine jüngste Tochter Jennifer. Lass dich umarmen!“
Bevor Michael sich wehren kann, beugt sich seine Tante zu ihm hinunter und zieht ihn an sich. Er riecht ihr Parfüm und ihre Haare kitzeln ihn im Gesicht. Doch dann ist auch das überstanden.
Jennifer mustert ihn die ganze Zeit, dann gibt sie ihm ihre Hand. „Guten Tag, Michael, ich bin deine Cousine. Ich freue mich, dich kennenzulernen.“
Jennifer ist hübsch und hat lange, lockige, schwarze Haare. Seine Tante erklärt ihm die Abwesenheit seines Großvaters. „Mein Vater fühlt sich nicht besonders. Ich habe gesagt, dass er zu Hause auf seiner Ranch bleiben soll, ich hole seinen Enkel für ihn ab. Wir fahren dann morgen zu ihm.“
Am Bahnhof parkt ein Auto, in das Tante Sarah mit Hilfe ihrer Tochter seinen Koffer verstaut.
„Ihr habt ein Auto?“, fragt Michel verblüfft. Sein Vater und die Eltern seiner Freunde haben kein Auto, nur einer von ihnen, und der ist doof.
„Wir haben hier alle ein Auto, aber auch noch Pferde mit Kutsche und alles, was dazu gehört.“
Michael ist völlig überwältigt, wo ist er hier hineingeraten? „Großvater lebt auf einer richtigen Ranch?“
„Ja, er hat sie vor vielen Jahren von seinem Schwiegervater übernommen“, erklärt ihm seine Cousine, während seine Tante den Wagen startet und sich auf die Straße nach Gillette einordnet. Michael kommt aus dem Staunen nicht heraus: Frauen, die Autofahren können, hat er noch nicht erlebt.
In Gillette angekommen, biegt seine Tante in eine ruhige Nebenstraße, den Callaghan Drive, ein und hält kurz darauf vor einem hübschen Haus.
„Ist diese Straße nach euch benannt?“, fragt Michael überrascht.
„Nein, nicht direkt“, antwortet Jennifer. „Sie ist nach unserem Großvater benannt. Seine Kinder, also unsere Tanten, heißen ohnehin nicht Callaghan, sondern so wie ihre Ehemänner. Nur Tante Laura heißt immer noch Callaghan, sie ist nicht verheiratet.“
Das Haus seiner Tante Sarah ist groß und hat viele Zimmer. Michael kann das Zimmer von Jennifers Schwester Diane bewohnen, sie wohnt seit ihrer Heirat nicht mehr hier.
Michael möchte noch so viel über seine Familie erfahren, doch er ist viel zu müde und schläft bald ein.
Der nächste Morgen beginnt schön, die Sonne scheint durch die Blätter der Zweige und zaubert helle, zuckende Lichter an die Wand. Als Michael gewaschen und angezogen ist, geht er hinunter zu seiner Tante auf die Veranda, Jennifer werkelt in der Küche. Doch dann kommt sie mit einem Korb voll frisch gerösteter Scheiben Toast zu ihnen, dazu gibt es verschiedene Marmeladen. Tante Sarah freut sich über seinen Appetit. „Greif nur zu, Jennifer wird dir gerne noch weiteres Brot toasten.“
Jennifer mustert ihren Cousin. „Hast du eine Badehose mit?“
Jetzt ist Michael überrascht. „Nein, wieso denn?“ Er hat schon oft mit seinen Freunden im Eriesee gebadet, aber dann sind sie ganz ohne Zeug im Wasser gewesen.
„Vor Großvaters Haus ist ein kleiner See. Wenn du magst, können wir dort heute baden.“ Jennifer sieht in Michaels Gesicht, sie ahnt, was ihr Cousin jetzt denkt. „Du kannst deine Unterhose anbehalten, wir hängen sie später zum Trocknen auf.“
Jetzt lächelt Michael wieder. „Ja! Ich kann auch schon schwimmen, das habe ich im Eriesee gelernt.“
Jennifer schmunzelt. „So riesig wie der Eriesee ist der See bei Großvaters Haus natürlich nicht, es wird dir dort aber sicher gefallen.“
Michael ist glücklich. Alle sind so nett zu ihm, er kommt sich hier vor, wie im Paradies.
Nach dem Frühstück geht es los. Tante Sarah fährt den Wagen aus der Garage, dann verlassen sie Gillette und biegen in das Tal des Brazos River ein. Jennifer ist ebenfalls dabei, sie hat ihren Badeanzug, zwei Handtücher und eine Unterhose für Michael zum Wechseln dabei. Heute soll Michael nun endlich seinen Großvater kennenlernen.
Tante Sarah ist die Straße schon viele Male gefahren und kennt jedes Schlagloch und jede Kurve. Schließlich biegt sie in einen staubigen Weg ein, der immer wieder von höher werdenden Felsen gesäumt wird und erreicht nach ein paar Meilen die Ranch des Großvaters. Die Gebäude sind ganz aus Holz gezimmert, sie stehen auf einer kleinen Anhöhe, von der man das ganze Tal überblicken kann. Hohe Bäume reichen bis an die Ranch heran. Vor dem Haupthaus ist eine große Veranda und davor erstreckt sich ein kleiner See, der vielleicht einhundert Yards lang und halb so breit ist.
Michael sieht sich erstaunt um. Er kennt nur die Stadt Erie, in der er seit seiner Geburt lebt, und etwas von der Umgebung. So einen hübschen Fleck Erde wie hier hat er noch nie gesehen. Die Sonne spiegelt sich in dem Wasser des kleinen Sees.
Auf der Terrasse steht ein Schaukelstuhl, aus dem sich jetzt ein großer, weißhaariger Mann erhebt. Er greift sich einen Stock und kommt langsam auf Michael zu.
Das muss sein Großvater sein! Ein Riese von einem Mann, der trotz der etwas gebückten Haltung noch sehr groß ist. Sein schneeweißes Haar ist lang und reicht bis auf den Kragen seines grauen Anzugs.
„Du musst mein jüngster Enkel Michael sein!“, sagt der alte Herr und reicht dem Jungen eine riesige Hand. Zaghaft ergreift Michael sie und sieht aufgeregt zu seinem Großvater hoch. Der bückt sich etwas schwerfällig und zieht seinen Enkel an sich.
„Guten Tag, Großvater!“ Michael legt seine dünnen Arme um den alten Herrn.
„Wie geht es deinem Vater?“
„Danke, es geht ihm gut. Daddy ist vor ein paar Wochen zum Sergeant befördert worden.“
„Das freut mich für euch. Grüße ihn ganz herzlich von mir, wenn du wieder zu Hause bist.“
Doch dann wird gebadet, Michael ist als erster im Wasser. Jennifer ist nicht die Einzige, die mit ihm badet. Zwei schon fast erwachsene Kinder seiner Tante Mercedes, die auch auf der Ranch leben, haben sich ihr Badezeug angezogen und schwimmen in dem klaren Wasser.
Eine Stunde später sind alle wieder angekleidet und sitzen auf der Terrasse. Tante Mercedes hat sich dazu gesellt und begrüßt ihren Neffen. Die Tanten von Michael sowie sein Vater entstammen der Ehe aus Mickey Callaghan und seiner Frau Marilyn, die spanische Wurzeln gehabt hat, deshalb haben alle, wie auch er selbst, tiefschwarze Haare. Tante Mercedes ist mit neunundvierzig Jahren seine älteste Tante, ihre schwarzen Haare sind noch mehr als die der anderen mit viel Silber durchsetzt.
Michael erfährt, dass seine Großmutter Marilyn vor fünf Jahren gestorben ist. Er kann sich dunkel daran erinnern, dass es ihm sein Vater erzählte.
Die Wochen ziehen dahin und Michael Callaghan erlebt eine glückliche, unbeschwerte Zeit. Eines Tages ist er wieder mit seinem Großvater zusammen. Nun ist Gelegenheit, die Frage loszuwerden, die ihn schon so lange beschäftigt. „Großvater?“
„Was gibt es?“
„Daddy hat erzählt, dass du als junger Mann Revolverheld gewesen bist. Stimmt das?“
Der alte Herr schmunzelt und lächelt seinen kleinen Enkel an. „Doch, das ist aber eine lange Geschichte. Hast du ausreichend Zeit mitgebracht?“
Michael hat den ganzen Tag Zeit und lauscht nun aufmerksam den Schilderungen seines Großvaters. Er erfährt, dass er als junger Mann am Bürgerkrieg dabei war. Später war er Gehilfe eines Büchsenmachers, dann wieder hat er beim Chisholm Trail teilgenommen.
„Am Ende des Trails, in Abilene, bin ich ein halbes Jahr Marshall gewesen, später in Laramie dann Deputy.“
Michael verschlingt jedes Wort der Erzählungen. „Und warum hast du damit aufgehört?“
Der alte Herr überlegt eine Weile an der Antwort. „Weißt du, das ist nicht so einfach als Revolverheld. Du tötest immer leichter, je mehr du schon erschossen hast. Das ist mir bald klargeworden, deshalb habe ich die Revolver beiseitegelegt.“
Michael sieht seinen Großvater lange nachdenklich an. „Irgendwie kann ich mir das vorstellen, mein Daddy ist auch so etwas wie ein Marshall.“ Er denkt eine Weile nach, Michael sieht einen Moment zum Boden, dann fixiert er wieder das freundliche Gesicht des alten Herrn. „Großvater?“
„Ja, mein Junge?“
„Bist du eigentlich reich?“
Mickey Callaghan lächelt leise. Sein Enkel gefällt ihm, er ist wissbegierig und stellt ohne Scheu Fragen. „Das kommt darauf an, wie du reich definierst.“
„Wie meinst du das?“
„Es gibt verschiedene Arten von Reichtum. Hat man viel Geld, ist man reich. Reich ist man auch an Erfahrung, oder man ist reich, wenn man mit guten Kindern und wissbegierigen Enkeln gesegnet ist.“ Jetzt lacht er und klopft seinem Enkel auf die Schulter.