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Als ein Mann ertrunken aus dem Fjord gefischt wird, horcht die Schriftstellerin Emma auf: Sie ist dem Mann vor wenigen Tagen begegnet und hat ihm sogar dabei geholfen, sein Gummiboot aufzupumpen. Doch der Mann war nicht allein. Wohin ist die junge Frau verschwunden, die ihn begleitete? Emma beginnt auf eigene Faust zu ermitteln - und erkennt erst am Schluß, welch fatale Rolle sie selbst bei dem ganzen Geschehen gespielt hat.
Ein fesselnder Krimi, der durch die grandiose Naturkulisse besticht.
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Seitenzahl: 302
Buch
Emma ist Schriftstellerin und wohnt in Oslo. Als sie ihren Freund Rickard in Bergen besucht, wird sie im Hafen der alten Hansestadt Zeugin einer seltsamen Szene: Ein älterer Mann und eine junge Frau – Vater und Tochter – pumpen zwei kleine Gummiboote auf und wollen damit offenbar losfahren. Emma hilft ihnen, und der alte Mann erzählt ihr währenddessen vom Sinn des ungewöhnlichen Unternehmens: Er zeigt ihr eine alte Schwarzweißfotografie, auf der eine junge Frau – seine Mutter – zu sehen ist. Er will die Stelle finden, von der aus das Foto aufgenommen wurde, und das geht angeblich nur vom Wasser aus. Wenige Tage später stößt Emma in der Zeitung auf einen Artikel, in dem die Polizei die Bevölkerung um Mithilfe bittet. Daneben ein Bild des Mannes mit dem Gummiboot. Er ist ertrunken aus dem Fjord gefischt worden. Niemand kennt ihn, sachdienliche Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen. Emma begreift das alles nicht – warum hat die Tochter nach dem Unfall nicht sofort die Polizei alarmiert? Sie wittert eine aufregende Geschichte hinter dem Ganzen und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Doch erst am Schluss erkennt sie entsetzt, welch fatale Rolle sie selbst bei dem ganzen Geschehen gespielt hat …
Autorin
Anne B. Ragde, geboren 1957 im westnorwegischen Hardanger, wohnt heute in der Stadt Trondheim. Die erfolgreiche und beliebte Kinder- und Jugendbuchautorin legte 1992 in ihrer Heimat den ersten Band mit Kriminalerzählungen vor, der von der norwegischen Kritik enthusiastisch gefeiert wurde. »Tod im Fjord« ist ihr zweiter Kriminalroman.
Not Waving, But Drowning
Nobody heard him, the dead man,but he still lay moaning:I was much further out than you thoughtand not waving but drowning
Poor chap, he always loved larkingand now he’s deadit must have been too cold for him, his heart gave waythey said
Oh, no no no, it was too cold always(still the dead one lay moaning)I was much too far out all my lifeand not waving but drowning.
Stevie Smith
Westnorwegen und Zement, das gehört irgendwie zusammen. Wenn wir uns bei den Zementfabrikanten erkundigten, dann würde Westnorwegen sicher ganz anders dastehen als beispielsweise Buskerud. Der für Westnorwegen zuständige Verkaufsdirektor der Zementbranche hat sicher ein höheres Gehalt, ein schickeres Auto, mehr schwarzes Geld, eine elegantere Frau, eine jüngere Geliebte, verwöhntere Kinder als sein Kollege in Buskerud. Und vermutlich wohnt er in Nordås, hat auf dem Nordåssee ein schnittiges Segelboot oder hat sich eine alte Villa in Kalfarlien erschlichen und renoviert. Er und seine Frau sind selbstverständliche Gäste bei der Eröffnung der Festspiele, und außerdem besitzt er ein wunderschönes Sommerhaus auf Sotra, eine Skihütte im Kvamskog und eine Jagdhütte auf der Hardangervidda.
Alles andere wäre ja noch schöner!
Überlegt doch nur, mit welchen Zementmengen dieser Mann umgehen muss!
Na, ich habe mich nicht so richtig darüber informiert, was Zement eigentlich ist, vielleicht drücke ich mich also falsch aus. In den Kulissen spuken noch dazu die Begriffe Beton und Mörtel herum, aber ich rede hier von dem Material, aus dem in Westnorwegen Mauern und Treppen gegossen werden, jede einzelne Stufe, von dem Material, das im Lauf der Zeit auf Grund von Erosion braun und löchrig wird, anscheinend aber ewig hält.
In Buskerud werden Treppen zumeist aus Holz hergestellt, und in den Mauern sind häufig Steine, vielleicht Steine, die mit ein wenig Zement aneinandergeklebt worden sind. Aber hier im Westen wird mit diesem Material gemauert und gegossen, und zwar lotrechte und waagerechte Flächen gleichermaßen. Wenn die Leute aus dem Westen eine Kunst beherrschen, dann die, aus einer arroganten Felswand ein infrastrukturelles System aus rechten Winkeln, Treppen, die sich aufwärts und abwärts winden, mit längslaufenden Geländern, wie man sie in Buskerud auch nicht findet, zu gestalten. Es handelt sich um Eisengeländer. Um glatte Eisenrohre mit vertikal angegossenen Querstangen alle zwei Meter, auf deren Spitze eine kleine Kugel sitzt. Sie werden schwarz oder grau gestrichen, meistens grau.
Und weil die Häuser im Westen steilere Giebel und überhaupt ganz andere Formen und Kurven haben als die in Buskerud (oder überhaupt im gesamten restlichen Land), blicken wir auf eine ganz eigene Bebauung. Ich weiß nicht, warum sich das so entwickelt hat. Etwas, das ursprünglich ein einfaches Handwerk war, eine Tugend der Notwendigkeit – manche würden sogar von einer Arme-Leute-Lösung sprechen, weil man eigentlich von Schiefer und Holz träumte –, ist zu einem Teil der westnorwegischen Seele geworden. Ein so bodenständiges Handwerk wie überhaupt nur möglich wurde unbeabsichtigt in eine Idee verwandelt, in den Kernpunkt eines architektonisch-geographischen Images. Zement ist für mich zu einem Begriff geworden, der sehr viel beinhaltet, der von viel größeren und anderen Werten spricht als seinen chemischen Bestandteilen oder gar seiner praktischen Funktion.
Ich würde gern einen wohlformulierten kleinen Essay über Zement schreiben. Gerade heute würde mir das Spaß machen, obwohl ich eigentlich ein ganz anderes Bild im Kopf habe oder haben sollte: ein Rentier in der flachen, senfgelben Tundra. Ein Kalb. Von vorne aufgenommen, sodass man ahnt, warum wir im Norwegischen nicht x-beinig sagen, sondern »kalbsbeinig«, Licht, Linien, alles im Bild dreht sich um das eine: die Augen des Kalbes.
Und meine Aufgabe ist es, mich vom Ausdruck dieser Augen inspirieren zu lassen. Wörter und Sätze zu einer Kreation zusammenzufassen, die denen, die das Bild sehen und den Text lesen, etwas vermittelt, das über die Summe von Text und Bild hinausgeht. Ich muss zwischen den Zeilen eine Wirklichkeit postulieren, sie erschaffen. Die Wirklichkeit hinter den Augen des Kalbes. Ich soll mich nicht über Zement verbreiten. Schon gar nicht über Zement.
Doch Zement findet sich schon in meinen frühesten Kindheitserinnerungen. Eine Mauerkante zum Sitzen, mit kleinen Hubbeln, die sich durch den Stoff bohren und in die Haut drücken, ein kühles Eisengeländer, an dem ich meine Fingerlänge messen kann, Treppenstufen, bis hinauf in den Himmel, mit dem Fjord im Rücken, eine erwachsene Hand zum Festhalten, kleine Absätze aus mit Algen und Moos dekorierten Zementflächen an den Ecken, und ganz oben: Waffeln und Saft, weiße Tischdecken mit Plattstickerei, die nicht bekleckert werden dürfen, Großmutters Freundinnen in großgeblümten Kleidern, jede mit einer Brosche am Halsausschnitt, immer mit einer Brosche.
Das war der Himmel.
Und danach, wieder nach unten, an Mauern und Treppen entlang, Schwindel erregende Höhen mit kahlem Fels auf jeder Seite, ungezähmte, unheimliche, einsturzgefährdete westnorwegische Felswände, wo noch niemand auf die Idee gekommen war, eine Zementtreppe zu gießen.
Ich bin zu Besuch in Bergen, in Møhlenpris, bei einem fünf Wochen frischen Geliebten, der sehr gut verdient, das meiste jedoch langfristig in Aktien und Fonds investiert hat, und deshalb in einer winzigkleinen Mietwohnung lebt, ohne Balkon oder eine nette Sitzbank vor der Sonnenwand. Ich bin erwachsen, die Sonne scheint. Ich sollte in der Wohnung sitzen und mein Notebook mit Betrachtungen über das Rentierkalb füllen, aber die Sonne ruiniert alles. Ich muss Wasser sehen. Wasser und Sonne gehören zusammen. Ich denke nicht an Treppen und Mauern, jetzt nicht, nicht, als ich die Wohnung verlasse. Doch als ich in einem scheinbar undurchdringlichen Dschungel aus Werkstätten, Lagerhäusern und anonymen Schuppen nach dem Puddefjord suche, ertappe ich mich beim Gedanken an – eben – Zement. An eine graubraune, sonnenwarme aus Zement gegossene Treppe, wo ich ganz oben sitzen kann; dieser Gedanke macht mich traurig, denn hier gibt es nur Werkstätten und Ufer vor den mit grünen Büschen bewachsenen Kanten, die steil in den drei Meter tiefer gelegenen Puddefjord fallen. Ich habe mir eine vulgäre 1,5-Literflasche-Mack-Sommerbier gekauft, die anderen Flaschen im Laden waren nicht gekühlt, und diese Flasche schwinge ich im Gehen hin und her, halte sie zwischen Mittel- und Zeigefinger. Der Asphalt brennt durch die Sohlen meiner Stoffschuhe, aus der Ferne höre ich das Schnattern der Kanadagänse im Nygårdspark, und ich denke mir, wie unüberlegt ich doch zu diesem Sommerbesuch bei einem Liebhaber aufgebrochen bin, der selber gar keinen Urlaub hat und dazu nicht einmal über Balkon oder Garten verfügt, und ich ärgere mich, weil ich ja eigentlich schreiben müsste. Doch dann erreiche ich eine offene Fläche, und an ihrem Ende: eine Mauer. Ein Eisengeländer. Eine Treppe, die zum Puddefjord hinunterführt. Und mir fällt alles wieder ein, und ich wage es, mich zu freuen.
Die Sonne knallt. Es sind bestimmt vierzig Grad, und ich finde keinen Schatten für mein Bier. Ich sitze. Ich rutsche mit dem Hintern auf dem Zement herum, halte mich am Geländer fest, schließe die Augen und lasse grünes Schimmern der Sonnenreflexe im Wasser durch meine Augenlider sickern, und das Glücksgefühl, das mich durchströmt, ist so total und alt, wenn ich die Zeitperspektive in meinem eigenen Leben in Betracht ziehe, dass ich das Gefühl habe, voll in die Kloake zu stürzen.
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