Touchdown! Alles über American Football - Jürgen Schmieder - E-Book

Touchdown! Alles über American Football E-Book

Jürgen Schmieder

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Beschreibung

American Football ist mehr als ein Sport, bei dem sich Spieler mit Schulterpolstern und großen Helmen gegenseitig umrennen: Football ist Tradition, Popkultur und nicht zuletzt das Spiegelbild einer ganzen Nation. Jürgen Schmieder, der auch gerne Quarterback geworden wäre, kennt das amerikanische Heiligtum und all seine Kontroversen: Frauen im Football, härtere Regeln für ein sanfteres Spiel oder das Milliardengeschäft mit dem alljährlichen Super-Bowl-Spektakel. Schmieder erklärt nicht nur, wo die Spieler auf dem Feld stehen und wohin sie laufen müssen: Ganz nebenbei erzählt er legendäre Geschichten von großen Helden, unvergessenen Losern und millionenschweren Fantasy-Football-Stars. Ein Buch für Fans und alle, die es werden wollen!

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Mit 30 Schwarz-Weiß-Illustrationen von Hanni Schmieder

© Piper Verlag GmbH, München 2020

Illustrationen: Hanni SchmiederCovergestaltung: zero-media.net, MünchenCovermotiv: Getty Images/Corey JenkinLitho: Lorenz & Zeller, Inning am Ammersee

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

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Inhalt

Cover & Impressum

Vorwort – Aus Liebe zum Spiel

Kapitel 1 – Faszination Football

Die zehn Meilensteine des American Football

Kapitel 2 – Quarter-, Half- und Fullback – die Positionen

Offensive

Defensive

Special Teams

Die zehn berühmtesten Akteure, die ihre Position gewechselt haben:

Kapitel 3 – Philly Special, The Catch und Helicopter Ride – Spielzüge

Die zehn denkwürdigsten Momente der NFL-Geschichte – laut NFL

Kapitel 4 – Zigarettenschachtel und Feuerzeug – das Spiel, das alles veränderte

Die zehn Meilensteine der Super-Bowl-Werbekosten

Kapitel 5 – Badstraße und Schlossallee – wo dieses Spiel gespielt wird

Die zehn größten Football-Stadien der USA

Kapitel 6 – Rothäute, Bären und Löwen – wie NFL-Clubs zu ihren Namen kamen (Teil 1)

NFC NORTH

NFC WEST

NFC SOUTH

NFC EAST

Kapitel 7 – American Dream – die Obsession mit Jugend-Football

Die zehn größten Draft-Busts der NFL-Geschichte

Kapitel 8 – Die größte Football-Rivalität der Welt

Die zehn bedeutendsten College-Rivalitäten neben Michigan – Ohio State

Kapitel 9 – Meiner! Wie der NFL-Draft funktioniert

Die zehn besten Draft-Picks der Geschichte

Kapitel 10 – The Land of the Free? Vereinswechsel in der NFL

Die acht Super-Bowl-Sieger, die in der Saison davor keine positive Bilanz hatten

Kapitel 11 – Auf die Mütze – Verletzungen in der NFL

Die zehn besten NFL-Profis, die ihre Karriere früh beendet haben

Kapitel 12 – Verflucht – Madden-Curse und SI-Cover-Jinx

Die zehn spektakulärsten Fälle des Madden-Cover-Jinx – außer Antonio Brown, Barry Sanders und Garrison Hearst

Kapitel 13 – Dieser verdammte Sonntag – das A bis Z zum Super Bowl

AFC gegen NFC

Brady, Tom

Chicken Wings

Dungy, Tony

Einschaltquoten

First Down

Gelöscht

Halbzeitshow

Interception

Jerry Rice

Kicker

Loser

Minute für Werbung

Nationalhymne

Opfer

Phallus

Quarterback

Ring

Sowers, Katie

Toilettenbesuch

Unentschieden

Verzögerung

Wetten

X, V, I, L

Yards

Zigarette

Die zehn erfolgreichsten Super-Bowl-Werbespots

Kapitel 14 – Entertainment-Maximum – Videobeweis und schnelle Regeländerungen

Die zehn bedeutendsten Regeländerungen

Kapitel 15 – »Hurrah! Hurrah! Hurrah! Tiger! S-s-s-t! Boom! A-h-h-h!« – Cheerleading

Die zehn berühmtesten früheren Cheerleader

Kapitel 16 – Vor dem Spiel ist vor dem Spiel – das Tailgating

Kapitel 17 – Mein Verein, meine Liga, meine Regeln – wie die NFL funktioniert

Die zehn zuletzt verkauften NFL Franchises (laut Forbes)

Kapitel 18 – Lions, Bills, Browns – legendäre Loser

Die zehn schlechtesten NFL-Spielzeiten der Geschichte

Kapitel 19 – Edgar Allan Poe und Raben – wie NFL-Clubs zu ihren Namen kamen (Teil 2)

AFC NORTH

AFC SOUTH

AFC WEST

AFC EAST

Die zehn verrücktesten College-Spitznamen

Kapitel 20 – G.O.A.T – Tom Brady

Die zehn besten Quarterbacks, die niemals den Super Bowl gewonnen haben

Kapitel 21 – Dieser unnötige Sonntag – der Pro Bowl

Die zehn Footballstars, die auch in anderen Sportarten geglänzt haben

Kapitel 22 – Nummer 70 – Football und Deutschland

Die neun Nicht-US-Amerikaner in der Pro Football Hall of Fame

Kapitel 23 – Was bedeutet »Questionable«? Fantasy Football

Kapitel 24 – Immer mit der Zeit gehen – wie sich der Sport entwickeln wird

Die zehn besten Interpretationen der US-Nationalhymne beim Super Bowl

Nachwort – Wie die Liebe bleibt

Die wichtigsten Football-Begriffe

Danksagung

Vorwort – Aus Liebe zum Spiel

Der Moment, in dem ich mich in American Football verliebte, war überraschend, aber unvermeidbar: Ich war Student an der University of Michigan, ich war Mitglied des Fußballteams, und ich mochte Football. Ich kannte die San Francisco 49ers der 80er-Jahre, die Dallas Cowboys der 90er – ich kannte Bo Jackson und Deion Sanders, die nebenbei noch Baseball spielten. Ich mochte diesen Sport, wie ich so ziemlich jeden Sport mochte, weil mir mein Vater so ziemlich jeden Sport, den es so gibt, vorgestellt, erklärt und mit mir gemacht hat. Damals war ich aber noch nicht verliebt.

Meine damalige Freundin (und heutige Frau) besuchte mich im Herbst 2002, und wir erlebten diesen Tag in der eisigen Kälte von Michigan. Wir gingen zu Fuß zum Stadion, davor reichten uns wildfremde Leute Bier und Burger. Wir hatten kaum Geld, also nahmen wir die billigsten Tickets, die ein Freund hatte auftreiben können – vier Reihen voneinander getrennt, irgendwo hinter der Endzone, sehr weit oben im größten Football-Stadion der Welt.

Michigan spielte in diesem Stadion, das alle nur »The Big House« nennen, vor 111 542 Zuschauern gegen Michigan State. Neben mir saß eine 89 Jahre alte Frau, die mir erzählte, dass ihr Vater einst Football für Michigan gespielt habe, genauso wie Ehemann und Sohn – und dass nun gleich ihr Urenkel aufs Spielfeld laufen werde. Sie könne gar nicht fassen, sagte sie, dass dieser junge Mann aus Deutschland, der nun neben ihr sitze, auch ein Sportler an dieser Uni sei – zwar nur Soccer, also Fußball und nicht Football, aber das sei nicht so schlimm. Das müsse sie unbedingt ihrem Mann erzählen, wenn sie ihn das nächste Mal an seinem Grab besuche.

»Ist das Ihre Begleiterin?«, fragte sie, weil ich mich immer wieder zu meiner Freundin umdrehte, die ja vier Reihen hinter mir saß und keine Ahnung hatte, was für einen Sport sie da sah. Als ich nickte, sagte die alte Frau: »Sie müssen das doch gemeinsam erleben!« Die 89-Jährige kletterte über Holzbänke, sie schob Leute beiseite, und das wirklich Faszinierende war: Keiner regte sich auf, weil alle kapierten, was da passierte. Da kuschelten wir also bei gefühlten minus 30 Grad und sahen dieses Spiel, bei dem völlig egal war, wie es enden würde (Michigan gewann 49:3), und wir verliebten uns nicht nur ein bisschen mehr ineinander, sondern auch in diesen Sport.

Es gibt zahlreiche Gründe, sich in American Football zu verlieben: der intellektuelle Aspekt etwa, der nicht nur damit zu tun hat, den Gegner mit kreativen Spielzügen zu übertölpeln, als wäre es Schach mit Menschen auf Rasen. Wer einen Profikader bastelt und dabei auf alle Regeln wie Gehaltsobergrenzen achten muss, wer mit Spielern und Agenten verhandelt und mit anderen Vereinen über mögliche Transfers spricht, wer gleichzeitig auch noch junge Talente beobachtet, die jährliche Auswahl vorbereitet und dabei nicht verrückt wird, darf im buddhistischen Sinne als erleuchtet gelten.

Es ist ein Sport für Genies, aber auch einer für, nun ja, ganze Kerle. Wer das bestreitet, sollte wissen, was Marlon Davidson im Frühjahr 2020 beim Probetraining der jungen Spieler gesagt hat: »Was ich an Football am meisten liebe: Ich kann da rausgehen und einen anderen Mann immer wieder vermöbeln – und die Polizei wird nicht kommen. Keine Schlagzeilen, keine Handschellen, keine Fahndungsfotos, gar nichts.«

Ein weiterer Grund: die Folklore, das Tailgating zum Beispiel. Dabei versammeln sich die Leute vor einem Spiel auf dem Parkplatz des Stadions. Es gibt Bier und Burger, es geht zu wie auf einem Grillfest mit 90 000 Leuten, von denen viele zu Freunden werden.

Dann ist da noch dieses einzigartige Gemeinschaftsgefühl, an einer Uni zu studieren und die Footballmannschaft zu feiern, in der ein Typ spielt, der am nächsten Vormittag in der Mathevorlesung neben einem sitzt und um Hilfe bittet.

Und nicht zuletzt: Entertainment, wenn die besten Künstler der Welt die Nationalhymne interpretieren oder während der Halbzeit eine bombastische Show abliefern. Oder das Essen, das zu einem Spiel serviert wird und in jedem Stadion neue Überraschungen bereithält.

Manchmal reicht auch schon ein Ausdruck, der Millionen von Menschen dazu bringt, sofort wissend zu nicken: The Catch. Philly Special. Miracle at the Meadowlands. Es gibt Augenblicke, die man nicht vergessen kann: wie Odell Beckham junior einen Ball fängt, den ein Mensch eigentlich gar nicht fangen kann. Wie Marshawn Lynch mit einem wahnwitzigen Lauf die Leute derart in Ekstase versetzt, dass in der Nähe des Stadions ein Erdbeben aufgezeichnet wird. Wie Antonio Cromartie einen missglückten Field-Goal-Versuch 109 Yards weit in die gegnerische Endzone trägt.

Marching Band. Tänzer. Maskottchen. Fantasy Football. All das macht Football faszinierend, nur: Braucht man wirklich einen Grund, um sich zu verlieben? Ist nicht das Schönste daran, dass es keine rationale Erklärung dafür gibt?

Nick Hornby hat in seinem Fußball-Roman Fever Pitch geschrieben: »Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: plötzlich, unerklärlich, unkritisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zerrissenheit zu verschwenden, die damit verbunden sein würden.«

Das ist ein wunderbarer Satz, und doch ist er falsch: Man verliebt sich in andere Menschen, und doch kann es passieren, dass diese Liebe nach ein paar Jahren oder vielleicht sogar nach der ersten Verabredung schon wieder vorbei ist. Leute trennen sich voneinander, und manchmal, da hassen sie sich danach sogar. Ich weiß, dass mir das mit Football nicht passieren wird, und ich weiß, dass ich auch nicht einfach Schluss machen kann mit den Detroit Lions – egal, wie oft sie mir mein Herz noch brechen werden.

Ich hoffe, von möglichst vielen Leserinnen und Lesern zahlreiche Geschichten zu hören, wie sie sich in American Football verliebt haben – und ich hoffe, dass dieses Buch dazu beitragen wird, diese Liebe noch ein bisschen zu vergrößern.

Kapitel 1 – Faszination Football

Es ist dieser Moment der Stille, der Football so faszinierend macht. Der Augenblick vor dem Snap, bei dem der Center den Ball durch seine Beine an den Quarterback übergibt und der Spielzug beginnt. Wenn sich die beiden Teams gegenüberstehen wie Soldaten vor einer Schlacht. Wenn die Generäle die Position des Gegners betrachten und letzte Veränderungen vornehmen, indem sie ihre Figuren in Position bringen. Wenn Rasenschach vorbei ist, das Gemetzel aber noch nicht begonnen hat. Wenn alle auf das entscheidende Kommando warten. Wenn Verteidiger mit den Hufen scharren und Laufspieler grimmig schnauben. Wenn es einen Moment lang still ist im Stadion.

Und dann, dann geht es los.

American Football[1] ist die vielseitigste aller Sportarten. In kaum einer anderen Disziplin sind derart viele verschiedene athletische Qualitäten und Körpertypen gefragt, es gibt für fast jeden eine Position. Es gab zum Beispiel den 2,10 Meter großen Defensive Tackle Richard Sligh (Oakland Raiders) und den 184-Kilo-Offensive-Tackle Aaron Gibson (Detroit Lions). Es gab aber auch den nur 1,53 Meter großen und 50 Kilo leichten Fullback Jack Shapiro (Staten Island Stapletons).

Und es gibt Leute wie Adam Vinatieri, 1,83 Meter groß und 95 Kilo schwer – er kickt das Lederei auch im Alter von 47 Jahren zwischen die Pfosten, und das aus Entfernungen von bis zu 57 Yards, also 52 Metern (ein Yard sind 91 Zentimeter). Er trifft dabei zuverlässig ein Ziel, das deutlich schmaler (5,46 Meter) ist als ein Fußballtor (7,32 Meter).

Es gibt Spieler, die laufen die 40 Yards in 4,25 Sekunden (John Ross, 2017). Manche können 1,14 Meter nach oben (Chris Conley, 2015) und 3,75 Meter aus dem Stand nach vorne (Byron Jones, 2015) springen. Sie können einen 20-Yard-Zickzackkurs in 3,81 Sekunden schaffen (Brandin Cooks, 2014, und Jason Allen, 2006) und einen 60-Yard-hin-und-her-Parcours in 10,71 Sekunden (Shelton Gibson, 2017).

Und es gab natürlich Ray Guy, dessen einzige Aufgabe es war, als Punter der Oakland und Los Angeles Raiders den Ball nach vorne zu prügeln, und der so drei Mal den Super Bowl gewann. Und Sean McVay, der in der Highschool Quarterback gewesen war und Wide Receiver am College. Der es jedoch nicht in die NFL schaffte – und im Alter von 30 Jahren von den Los Angeles Rams zum jüngsten Trainer der Geschichte gemacht wurde.

Es gibt Doug Blevins, der seit frühester Kindheit im Rollstuhl sitzt und als einer der besten Kicker-Coaches der Geschichte gilt – er trainierte schließlich Adam Vinatieri, der vier Super Bowls gewonnen hat, zahlreiche Rekorde hält (die meisten NFL-Partien, die meisten Field Goals, die meisten Field Goals nacheinander ohne Fehlversuch) und, wie schon erwähnt, mit 47 Jahren noch immer besser kickt als die meisten anderen. Weniger ruhmreich hingegen ist die Geschichte von Bob Timberlake, der 1965 das erste Field Goal seiner Profikarriere aus 43 Yards Entfernung traf – danach jedoch 14 Mal vorbeizielte und deshalb von den New York Giants entlassen wurde. Es gibt also niemanden, der nicht in irgendeiner Position bei einem NFL-Team arbeiten könnte.

Zählweise: Es geht um Punkte beim Football:

2 Punkte: Wenn die Defensive einen Offensivspieler mit Ball in dessen Endzone zu Fall bringt (Safety).

3 Punkte: Wenn der Ball vom Kicker durch die Stangen getreten wird (Field Goal).

6 Punkte: Wenn der Ball in die gegnerische Endzone getragen oder dort gefangen wird (Touchdown).

1 Extrapunkt: Sollte sich die Offensive nach einem Touchdown dazu entschließen, den Ball aus kurzer Distanz (in der NFL: 33 Yards) durch die Stangen zu treten (Extra Point).

2 Extrapunkte: Sollte sich die Offensive nach einem Touchdown dazu entschließen, aus kurzer Distanz (in der NFL: von der 2-Yard-Linie aus) noch einmal in die gegnerische Endzone zu bringen (Two-Point Conversion).

Zum Planen eines Kaders mit Augenmerk auf Gehaltsobergrenzen oder Restriktionen beim Tausch von Spielern braucht man eigentlich einen Doktortitel in Mathe, Wirtschaft und Psychologie. Das Spielzugbuch von Profivereinen liest sich wie eine wissenschaftliche Abhandlung in Geometrie. Football ist eine Sportart, die Verstand und Körper gleichermaßen fordert – und die Nerven. Beim Super Bowl machen die Leute ihren Job vor etwa 200 Millionen Menschen weltweit. Wer kann das schon von sich behaupten?

Football ist einer der Grundpfeiler der amerikanischen Popkultur und wesentlicher Bestandteil der Unterhaltungsbranche. Mit kräftigen Kerlen auf dem Spielfeld und leicht bekleideten Frauen am Rand feiert sich die US-Kultur selbst und bedient damit auch Stereotype und Klischees. Neben dunklen Seiten und Rivalitäten gibt es aber auch grandiose Augenblicke von Fair Play und Kameradschaft. Es dürfte aber kaum jemanden geben, der diesem wunderbaren Sport nicht irgendwas abgewinnen kann.

Football ist mehr als Wettbewerb. Mehr als eine Mischung aus Rasenschach und Gladiatorenspiel. Mehr als Gelddruckmaschine der Unterhaltungsbranche. American Football ist verrückt. Es ist Amerika. Es ist wunderbar, und all das wird in diesem einen Moment spürbar, in dem sich die Teams gegenüberstehen und auf das entscheidende Kommando warten.

Und dann, dann geht es los.

Die zehn Meilensteine des American Football

Datum

Ereignis

6. 11. 1869

Erste American-Football-Partie der Geschichte zwischen den Universitäten Rutgers und Princeton (6:4). Der Ball war damals rund und durfte nicht getragen werden, auf dem Spielfeld standen jeweils 25 Akteure.

1880

Yale-Student Walter Camp schlägt Regeländerungen vor und wird so zum Father of American Football: Er erfindet die Line of Scrimmage und den Snap, das System mit Downs und Raumgewinn, die Punkteregelungen, die Reduktion auf elf Spieler pro Team und sogar Aufstellungen, die grundsätzlich noch immer so gelten.

12. 11. 1892

William »Pudge« Heffelfinger bekommt 500 Dollar, damit er für die Allegheny Athletic Association gegen den Pittsburgh Athletic Club antritt. Er wird so zum ersten Footballprofi der Geschichte.

8. 12. 1905

US-Präsident Theodore Roosevelt will die Sportart verbieten, sollte es wegen der Todesfälle (19 im Jahr 1905) nicht zahlreiche Regeländerungen geben. 62 College-Vertreter treffen sich in New York und gründen die Intercollegiate Athletic Association of the United States, aus der später der College-Verband NCAA hervorgeht.

1906

Einführung des Vorwärtspasses, Reduktion der Spielzeit von 70 auf 60 Minuten, Anpassen der Distanz für ein First Down von fünf auf zehn Yards

20. 8. 1920

Vier Teamverantwortliche treffen sich in einem Autohaus im Bundesstaat Ohio. Sie gründen die American Professional Football Conference, die am 24. Juni 1922 in National Football League (NFL) umbenannt wird.

17. 9. 1933

Die NFL startet erstmals mit zwei Conferences (Eastern und Western), die jeweiligen Gewinner (New York Giants und Chicago Bears) treffen sich zum NFL Championship Game. Zudem gibt es neue Regeln für Vorwärtspass, Ballplatzierung und Ort für die Torpfosten. Es ist die Geburtsstunde des modernen Football.

24. 3. 1961

US-Präsident John F. Kennedy droht den Washington Redskins mit Suspendierung, sollte sich Eigentümer George Preston Marshall weiterhin weigern, schwarze Spieler zu beschäftigen. 1962 ist die Franchise die letzte in der NFL, die Afroamerikaner einstellt. 2020 beschließt der Verein, den Namen »Redskins« nicht mehr zu verwenden, weil der Begriff verächtlich gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern ist. Er wird auch in diesem Buch nun nicht mehr verwendet – der neue Name stand bei Drucklegung des Buches noch nicht fest.

15. 1. 1967

Der erste Super Bowl wird nach dem Zusammenschluss der Konkurrenzligen (NFL und AFL) ausgetragen. Er heißt damals AFL-NFL World Championship Game und erst von der dritten Ausgabe an Super Bowl.

Januar 2000

Bill Belichick wird Trainer der New England Patriots und draftet drei Monate später Tom Brady.

[1]Wer zwischendurch nicht weiß, wovon die Rede ist, bitte einmal nach hinten blättern, da werden die wichtigsten Begriffe erklärt.

Kapitel 2 – Quarter-, Half- und Fullback – die Positionen

Patrick Mannelly absolvierte 245 Partien für die Chicago Bears, er gilt noch immer als der beste Spieler der Geschichte auf seiner Position – die kaum einer kennt. Mannelly war Long Snapper. Ja, wirklich: Es gibt beim Football Typen, deren einzige Aufgabe es ist, einen Football durch die eigenen Beine zu Kollegen zu befördern, die entweder sieben (Field Goal, der Holder fängt dabei den Ball und legt ihn dann für den Kicker zurecht) oder 15 Yards (in die Arme des Punters, der den Ball dann nach vorne tritt) entfernt warten. Sie sind weder in der Offensive noch in der Defensive tätig, sondern bei den sogenannten »Special Teams«.

Mannelly wurde 1998 bei der jährlichen Talentbörse, bei der sich Proficlubs aus einem Pool an Nachwuchsspielern bedienen (siehe Kapitel 9), in der sechsten Runde gewählt, er war damit der zweite Long Snapper, der jemals bei der jährlichen Talentbörse, dem Draft, von einem Profiverein gewählt worden ist. Der erste: Todd Thomas. Die Kansas City Chiefs wählten ihn als 124. Spieler des 1981er-Jahrgangs – und setzten ihn ein Jahr später nur noch als Tight End und Tackle ein.

Experten wissen natürlich, was ein Long Snapper ist, sie kennen auch alle anderen Positionen. Wer jedoch zum ersten Mal Football guckt, weil er (oder natürlich: sie) auf eine Super-Bowl-Partie eingeladen ist, fragt womöglich: Tight End? Tackle? Long Snapper? Häh? Keine Sorge, selbst Experten tun sich oft schwer, und über den Super Bowl LIIim Februar 2018 (siehe Kapitel 3) debattieren die Leute noch immer. Ob Alshon Jeffrey auch wirklich so positioniert war, dass er als legitimer Passempfänger galt, und ob der Trickspielzug regelkonform war. Also: keine Sorge.

Long Snapper sind die Exoten beim Football. Es sind die Leute, die bei Punts und Field Goals den Ball über längere Distanz zu ihren Kollegen bringen. Sie sind wie ein Blinddarm: Wenn sie auffallen, dann deshalb, weil es unangenehm wird – berühmt sind eigentlich nur jene, die ihr Team mit verunglückten Versuchen Siege gekostet haben: Trey Tunkin von den New York Giants bei der Niederlage im Play-off-Spiel gegen die San Francisco 49ers im Jahr 2003 oder Brad St. Louis von den Cincinnati Bengals während der Wildcard-Partie gegen die Pittsburgh Steelers zwei Jahre später.

Früher wurde die Aufgabe des Long Snappers von jemandem übernommen, der eigentlich woanders agierte und in diesen seltenen Momenten aushalf. Weil sich Profiteams mittlerweile spezialisiert haben wie in kaum einer anderen Sportart, gibt es nun auch Long-Snap-Experten und damit weniger ulkige Momente mit Bällen, die an Puntern oder Holdern vorbeisegeln. Interessant für alle, die glauben, dass das eine ziemlich bescheuerte Tätigkeit ist: Kein NFL-Long-Snapper bekam 2019 weniger als 510 000 Dollar, Topverdiener war Luke Rhodes von den Indianapolis Colas mit 1,57 Millionen Dollar. Ja, wirklich: 1,57 Millionen dafür, den Football durch die eigenen Beine zu Kollegen zu befördern.

Es ist wichtig, das zu wissen, weil es vieles erklärt, was beim Football passiert: Im Jahr 2020 darf jede NFL-Franchise 53 Spieler im Kader haben und 46 davon an Spieltagen einsetzen. Es gibt dafür eine Gehaltsobergrenze, die sich an den ligaweiten Einnahmen orientiert und 2020 bei etwa 200 Millionen Dollar liegt. Der Tarifvertrag zwischen Liga und Spielergewerkschaft legt genau fest, wer wie viel verdienen darf – es ist also nicht wie im europäischen Fußball, wo Verträge frei verhandelt werden dürfen. Wer General Manager eines NFL-Teams ist, der kann sich nicht einfach mit sehr viel Geld einen Traumkader basteln – und genau deshalb wird Football bisweilen »Rasenschach« genannt.

Die Grundaufstellung ist tatsächlich ähnlich, und wie beim Schach lohnt es sich, die Positionen und ihre Bedeutung für eine Partie zu kennen – inklusive der Besten, die die NFL im Jahr 2020 anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums ausgewählt hat.

Offensive

Quarterback – QB

Herz und Seele der Offensive, verglichen mit Schach ist er Dame und König zugleich. Berührt den Ball bei jedem Offensivspielzug, außer bei Punts, Field Goals und einigen Trickspielzügen. Teilt seinen Mitspielern bei der Besprechung die Laufwege mit, die er an der Line of Scrimmage kurzfristig ändert, falls er beim Dechiffrieren der gegnerischen Aufstellung Gefahren oder auch Chancen entdeckt. Kann den Ball dann entweder an einen Laufspieler übergeben, zu einem Receiver passen oder selbst damit laufen. Ein moderner Quarterback ist beweglicher als früher und deshalb mittlerweile der Dame ähnlicher als dem König. Auf dem Spielfeld zu finden hinter seiner Offensivlinie – deshalb auch der Name, weil er quasi nur ein Viertel so weit von der Linie entfernt ist wie ein Fullback.

Die Besten: Sammy Baugh, Tom Brady, John Elway, Brett Favre, Otto Graham, Peyton Manning, Dan Marino, Joe Montana, Roger Staubach, Johnny Unitas

Running Back (Halfback, Fullback, Tailback) – RB

Ähnlich den Läufern beim Schach. Sollen bei Laufspielzügen möglichst weit mit dem Ball nach vorne laufen und dabei die von der Offensivlinie vorbereiteten Lücken nutzen. Bei Pässen dienen sie als zusätzliche Beschützer des Quarterbacks und wehren die heranstürmenden Verteidiger ab – dürfen aber auch als Passempfänger agieren, was die Position sehr variabel macht. Aufgestellt hinter oder neben dem Quarterback, daher kommt auch der Name.

Die Besten: Jim Brown, Earl Campbell, Earl Clark, Eric Dickerson, Lenny Moore, Marion Motley, Walter Payton, Barry Sanders, Gale Sayers, O. J. Simpson, Emmitt Smith, Steven van Buren

Wide Receiver – WR

Passempfänger, wie Springer beim Schach sollen sie ins gegnerische Territorium eindringen und dort Unruhe stiften, um von einem Teamkollegen abzulenken oder um selbst als Anspielstation zu dienen. Müssen unzählige Laufwege kennen, die eigenen und die der Mitspieler, müssen dazu überaus flink sein fürs Freilaufen und Hände wie Saugnäpfe haben. Gelten deshalb oft als Diven. Aufgestellt auf einer Linie zwischen Offensivlinie und Seitenaus.

Die Besten: Lance Alworth, Raymond Berry, Larry Fitzgerald, Marvin Harrison, Elroy Hirsch, Don Hutson, Steve Largent, Randy Moss, Jerry Rice, Paul Warfield

Tight End – TE

Die Türme in der Schlacht, meist groß und kräftig, die vielseitigsten Spieler beim Football. Sind Blocker bei Laufspielzügen oder Pässen, in die sie nicht verwickelt sind. Müssen aber auch in der Lage sein, sich freizulaufen und Bälle zu fangen. Aufgestellt direkt neben der Offensivlinie.

Die Besten: Mike Ditka, Tony Gonzalez, Rob Gronkowski, John Mackey, Kellen Winslow

Center – C

Mittelstück der Offensivlinie, übergibt dem Quarterback den Ball durch seine Beine – ist damit quasi Short Snapper. Gilt beim Dechiffrieren der gegnerischen Aufstellung als verlängerter Arm des Quarterbacks. Der identifiziert die möglichen heranstürmenden Gegenspieler, der Center sagt an, wer welchen Gegner zu blocken hat. Muss also gleichzeitig reden und zuhören, um die Anweisungen des Spielmachers hinter sich nicht zu verpassen.

Die Besten: Mel Hein, Jim Otto, Dwight Stephenson, Mike Webster

Guard – G

Agieren jeweils neben dem Center, ihre einzige Aufgabe ist es, Gegenspieler zu blocken. Es heißt, dass der Erfolg eines Quarterbacks oder Running Backs mindestens so viel von den Fähigkeiten der Offensivlinie abhängt wie von seinen eigenen. Bekommen deshalb nach Titeln oft großzügige Geschenke.

Die Besten: Larry Allen, Dan Fortman, John Hannah, Bruce Matthews, Randall McDaniel, Jim Parker, Gene Upshaw

Offensive Tackle – OT

Agieren jeweils neben den Guards, der Left Tackle ist meist der Talentierteste der Offensivlinie, weil er den Rücken eines rechtshändigen Quarterbacks beschützt und deshalb keinesfalls einen Gegenspieler entwischen lassen darf. Müssen einerseits groß und kräftig sein, um die heftigen Angriffe der massigen Verteidiger abzuwehren, aber auch beweglich genug, um mit flinkeren Verteidigern umgehen zu können.

Die Besten: Roosevelt Brown, Forrest Gregg, Cal Hubbard, Walter Jones, Anthony Munoz, Jonathan Ogden, Art Shell

Defensive

Defensive Tackle – DT

Das Gegenstück zu den Guards der Offensive, entsprechend den Bauern beim Schach. Sollen bei gegnerischen Laufspielzügen Lücken verhindern, ansonsten möglichst zum gegnerischen Spielmacher vordringen, um ihn am Passen zu hindern, ihn umzureißen oder bestenfalls sogar den Ball zu stibitzen.

Die Besten: Junious Buchanan, Joe Greene, Bob Lilly, Merlin Olsen, Alan Page, John Randle, Randy White

Defensive End – DE

Gegenstück zu den Offensive Tackles: Versuchen, Läufe an der Außenseite zu verhindern oder den gegnerischen Quarterback beim Passversuch zu stören oder gar umzureißen. Wer das besser kann, wird so positioniert, dass er den Rücken des Spielmachers erreicht (Blind Side) – bei rechtsarmigen Quarterbacks ist das die rechte Seite der Defensive.

Die Besten: Doug Atkins, Bill Hewitt, Deacon Jones, Gino Marchetti, Lee Roy Selmon, Bruce Smith, Reggie White

Linebacker – LB

Agieren hinter der Defensivlinie, sind quasi die zweite Verteidigungslinie. In der Defensive sind, verglichen mit Schach, die Inside Linebacker Dame und König, sie orchestrieren den Spielzug und müssen alles können: Bälle abfangen, Laufspieler stoppen, den Quarterback umreißen. Die Outside Linebacker sind die Türme, wobei der Strong Linebacker auf der Seite agiert, auf der die Offensive ihren Tight End positioniert.

Die Besten: Chuck Bednarik, Bobby Bell, Derrick Brooks, Dick Butkus, Jack Ham, Ted Hendricks, Jack Lambert, Willie Lanier, Ray Lewis, Joe Schmidt, Junior Seau, Lawrence Taylor

Cornerback – CB

Verteidigen gegen die Passempfänger. Bei Laufspielzügen die zweite Linie, die den Läufer an Ausbrüchen zur Seite hindern sollen. Die besten Verteidiger fallen nicht nur durch Interceptions (abgefangene Pässe) auf – sondern dadurch, dass der gegnerische Quarterback erst gar nicht in ihre Richtung wirft.

Die Besten: Mel Blount, Willie Brown, Darrell Green, Mike Haynes, Dick Lane, Deion Sanders, Rod Woodson

Safety – FS und SS

Die letzte Verteidigungslinie. Helfen den Cornerbacks beim Bewachen der Receiver, meist übernimmt der schnellere Free Safety (FS). Der Strong Safety (SS) ist bei Läufen zuständig, das Schlimmste zu verhindern. Können aber auch bei wilden Angriffen auf den Quarterback eingesetzt werden.

Die Besten: Jack Christiansen, Ken Houston, Ronnie Lott, Ed Reed, Emlen Tunnell, Larry Wilson

Special Teams

Kicker

Kümmert sich um die Anstöße und darum, das Ei beim Extrapunkt und bei Field Goals zwischen diese beiden Stangen zu zimmern, die zehn Yards hinter der Torlinie aufgestellt sind und nur 5,64 Meter voneinander entfernt sind. Der Holder, der den Ball bekommt und hält, ist meist der Ersatz-Quarterback (für Trickspielzüge) oder der Punter.

Die Besten: Jan Stenerud, Adam Vinatieri

Punter

Wenn die Offensive in drei Spielzügen keine zehn Yards Raumgewinn schafft, prügelt der Punter das Spielgerät so weit wie möglich nach vorne – entscheidend ist dabei auch, wie lange der Ball in der Luft ist: Das ist die Zeit, die Kollegen haben, um zum gegnerischen Spieler vorzudringen, der den Ball fangen wird.

Die Besten: Ray Guy, Shane Lechler

Return Specialist

Ende der Leseprobe