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Dieser Band enthält folgende Krimis: (349) In der Tiefe verborgen (Alfred Bekker) Trevellian und die Menschenjagd (Pete Hackett) Als Bewaffnete in Jefferson City mehrere Schwarze töten, treten sie auf wie der totgeglaubte Ku-Klux-Klan. Ein Bürgerrechtler, der in New York darüber ein Buch schreiben will, wird ermordet. Der Verleger und zwei FBI-Agenten werden ebenfalls getötet. Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker kommen einem tiefverwurzelten Rassismus und gnadenloser Brutalität auf die Spur.
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Seitenzahl: 249
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Trevellian ohne Kompromisse: Zwei Krimis
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Trevellian: In der Tiefe verborgen
Trevellian und die Menschenjagd: Action Krimi
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Dieser Band enthält folgende Krimis:
In der Tiefe verborgen (Alfred Bekker)
Trevellian und die Menschenjagd (Pete Hackett)
Als Bewaffnete in Jefferson City mehrere Schwarze töten, treten sie auf wie der totgeglaubte Ku-Klux-Klan. Ein Bürgerrechtler, der in New York darüber ein Buch schreiben will, wird ermordet. Der Verleger und zwei FBI-Agenten werden ebenfalls getötet. Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker kommen einem tiefverwurzelten Rassismus und gnadenloser Brutalität auf die Spur.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
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COVER A.PANADERO
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Alles rund um Belletristik!
Kriminalroman von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.
Archäologen glauben einen Schädel aus prähistorischer Zeit zu finden – und stellen fest, dass es sich um ein Mordopfer unserer Tage handelt. Die Ermittler müssen sich beeilen, denn eine alte Geschichte von Schuld, Rache und Skrupelosigkeit ruft Mörder auf den Plan...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Dr. Rick MacGregor unterdrückte ein Gähnen, während er den Tauchanzug zum Trocknen aufhängte. Dann ließ er den Blick kurz über das New Jersey-Ufer des gut dreißig Meilen von New York entfernt gelegenen Lake Tappan schweifen. Vor sechshundert Jahren war der See um ein Drittel kleiner gewesen als heute. Und dort, wo der Archäologe McGregor und sein Team seit Wochen täglich auf Tauchgang war, hatte sich einst das Lager einer Gruppe von Algonkin-Indianern befunden. „Ich frage mich, ob eines fernen Tages sich auch mal jemand unseren Müll so penibel vornimmt, wie wir das mit den Hinterlassenschaften der Algonkin tun“, grinste Eric Giles, ein Student.
„Tja, für Archäologen der Zukunft wären die Müllkippen von Coney Island sicher ein Paradies!“
„Dr. MacGregor! Kommen Sie mal her! Das müssen Sie sich ansehen!“, rief jemand aus einem der Zelte, die in Ufernähe einen Halbkreis bildeten. Es waren große Army-Zelte mit festem Boden und Standhöhe. MacGregor ließ Giles stehen und ging die wenigen Meter zum ersten Zelt und trat ein.
Ein Mann mit dicker Brille stand vor einem Tapeziertisch, auf dem mehrere Dutzend, vom Schlamm nur notdürftig gereinigter Fundstücke zu sehen waren – darunter auch ein Totenschädel. „Also entweder wir stehen hier vor einer archäologischen Sensation und die Algonkin haben bereits in vorkolumbianischer Zeit Zähne überkront oder dieser Tote stammt aus unserer Zeit!“
Reilly hatte den Schädel notdürftig gesäubert und hielt ihn Dr. MacGregor entgegen. „Ziehen Sie sich aber erst Latexhandschuhe an, bevor Sie etwas anfassen. Sonst sind die DNA-Tests, die wir machen wollen, nachher nichts mehr wert!“
MacGregor grinste.
„Wenn sich dann herausstellt, dass die Algonkin-Indianer von den Iren abstammen, hat unsere Zunft wenigstens mal wieder eine Sensation – und die können wir dringend brauchen. Es wird nämlich immer schwieriger, für Projekte wie dieses die nötigen Mittel zusammen zu bekommen!“
„Sie haben Ihre Sensation, Dr. MacGregor!“, stellte Reilly klar. „Nur wird das wahrscheinlich bedeuten, dass uns die Polizei die Grabungsstätte in einen Tatort umdefiniert. Ich habe übrigens noch etwas gefunden.“
MacGregor folgte ihm zu einem weiteren Tisch auf der sich eine Plastikwanne befand. Darin lagen ein paar halbwegs gereinigte Knochen.
Reilly nahm einen Oberschenkelknochen, an dessen Ende sich ein verfärbtes Stück Metall befand.
Er grinste.
„Direkt aus der Steinzeit!“, lachte er. „Damit meine ich allerdings nicht die präkolumbianischen Algonkin-Indianer, sondern die Steinzeit des künstlichen Hüftgelenks – und die liegt maximal 25 Jahre zurück!“
MacGregor nickte leicht. Sein Gesicht war sehr ernst geworden.
„Unter den Teppich kehren können wir das wohl nicht.“
„Nein, jedenfalls nicht, wenn wir ohne größeren Ärger aus der Sache herauskommen wollen.“
„Der Ärger wird so oder so noch groß genug. Ich darf gar nicht daran denken, dass da ein paar Banausen vom Erkennungsdienst eine einmalige archäologische Fundstätte zerstören!“
Der Geländewagen vom Typ Ford Maverick hielt vor der Hausnummer 132 in der Branson Road in Riverdale. Dieser eher bürgerlich geprägte Teil der Bronx wurde durch schmucke Bungalows und Einfamilienhäuser geprägt.
Für New Yorker Verhältnisse waren die Grundstücke recht großzügig gehalten.
Der Fahrer des Maverick blickte durch das Fenster auf der Beifahrerseite. Eine Sonnenbrille mit Spiegelgläsern bedeckte die Augenpartie.
Sein Gesicht war kantig. Die harten Linien wirkten wie geschnitzt. Er schien nervös. Daumen und Zeigefinger der rechten Hand spielten mit einem goldenen Kruzifix herum, das ihm an einem Kettchen um den Hals hing. Das glänzende Edelmetall bildete einen starken Kontrast zu der stark gebräunten Haut.
In der Einfahrt von Haus Nummer 132 stand ein gelber Lamborghini.
Der Wagen von Sonny D’Andrea!, wusste der Grauhaarige und musste grinsen. Auch wenn dieser D’Andrea wahrscheinlich Millionen auf der hohen Kante hatte – sein Geschmack in Sachen Autos war immer noch der eines neureichen Emporkömmlings, der allen zeigen wollte, wie dick seine Brieftasche war.
Jedenfalls weiß ich jetzt, dass du zu Hause bist!, dachte der Grauhaarige.
Er stellte den Motor ab und stieg aus.
Der helle Blouson beulte sich unter der linken Schulter etwas aus.
Der Grauhaarige ging geradewegs zur Haustür und klingelte.
Eine junge Frau öffnete ihm: Maximal dreißig Jahre alt, schlank, zierlich und mit langem, dunkelblondem Haar. Sie trug ein eng anliegendes blaues Kleid und war höchstens halb so alt wie der Besitzer des Hauses.
„Ich nehme an, Sie kommen vom Maklerbüro Rutherford & Partners, wir hatten vorhin telefoniert.“
„Ich möchte mit Mister D’Andrea sprechen.“
Sie runzelte die Stirn. „Der ist nicht zu Hause. Tut mir leid. Sie sind nicht Mister Rutherford?“
„Wollen Sie das Haus verkaufen? Ist doch ganz nett hier?“
Die junge Frau versuchte, die Tür wieder zu schließen, aber der Grauhaarige war schneller. Sein Fuß war dazwischen. Blitzschnell trat er vor, griff nach ihrem Hals und schleuderte sie gegen die Wand. Auf ihren hohen Schuhen verlor sie den Halt.
Der Grauhaarige kickte mit dem Absatz die Haustür ins Schloss.
Die junge Frau war kurz benommen. Als der Grauhaarige erkannte, dass sie schreien wollte, versetzte er ihr einen gezielten Schlag, der sie bewusstlos zusammensinken ließ. Sie rutschte an der Wand herab und blieb regungslos legen.
D’Andrea, du Ratte!, ging es dem Grauhaarigen durch den Kopf. Da komme ich wohl noch gerade rechtzeitig, bevor du dich auf Nimmerwiedersehen davonmachen willst!
Er nahm die Sonnenbrille ab und steckte sie in die Seitentasche seines Blousons. Dann holte er eine Automatik mit Schalldämpfer hervor. Er nahm sich nun systematisch Zimmer für Zimmer vor. Auf ungefähr hundert Quadratmeter schätzte der Grauhaarige die Wohnküche des Bungalows. Von Sonny D’Andrea gab es nirgends eine Spur. Schlafzimmer und Bad sahen aus, als hätte hier nie jemand gewohnt.
Er muss die Lunte gerochen haben!, dachte der Grauhaarige. Einem Mann wie D’Andrea machte man eben nichts vor.
Der Grauhaarige durchsuchte noch Keller und Dachboden. Das Haus enthielt – so gut wie keinerlei persönliche Habe mehr. Das Telefon war abgemeldet.
Schließlich kehrte der Grauhaarige in den Flur zurück. Er fasste die am Boden liegende Frau unter den Achseln und schleifte sie ins Bad. Dort hob er sie in die Wanne und ließ kaltes Wasser laufen.
Die junge Frau schreckte mit einem Schrei hoch. Ihre Augen waren angstvoll geweitet. Blut lief aus einer Platzwunde an der Schläfe.
Der Grauhaarige stellte das Wasser ab.
„Wir müssen uns unterhalten“, sagte er. „Es liegt ganz bei dir, wie schmerzhaft das wird!“
Ich bog von der Franklin Avenue in Brooklyn in die Union Street ein.
„Hier muss es gleich sein!“, meinte mein Kollege Milo Tucker. „Fahr langsamer. Zurück können wir nicht!“
Die Union Street war eine Einbahnstraße und gewisse Regeln dürfen auch G-men nur im Notfall brechen.
Allerdings nicht, wenn sie kein Aufsehen erregen wollen – und das war im Augenblick der Fall.
Der Anruf eines gewissen Sonny D’Andrea hatte unser Field Office in der Federal Plaza erreicht. D’Andrea glaubte, dass ein Killer hinter ihm her sei und hatte sich in einem billigen Hotel verkrochen. Dort saß er jetzt und wartete darauf, dass wir ihm halfen.
Der City Police traute D’Andrea nicht. Er war der Überzeugung, dass sie von seinen Mafia-Feinden durchsetzt wäre.
Einzig und allein das FBI besaß bei ihm genug Vertrauen, um sich in dieser Situation mit der Bitte um Hilfe an es zu wenden.
Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie, denn vor wenigen Jahren hatte er unser Field Office als seinen schlimmsten Gegner betrachtet. Sonny D’Andrea war der Überzeugung der Justiz nach Teil des Damiani-Syndikats gewesen. Allerdings hatte er gewusst, wann es genug war und rechtzeitig aufgehört. Es war nie möglich gewesen, D’Andrea vor Gericht etwas anzuhaben und inzwischen hatte er seine Millionen irgendwo auf der hohen Kante sicher angelegt und sich zur Ruhe gesetzt.
Aber unsere Aufgabe ist es, das Verbrechen zu bekämpfen – und dabei spielt es auch keine Rolle, ob das Opfer möglicherweise selbst einmal auf Seiten der Gangster gestanden hatte. Wir waren verpflichtet, das Leben eines Mannes wie Sonny D’Andrea genauso zu schützen wie das jedes anderen Bürgers.
Ich bremste den Sportwagen etwas ab und bog nach links auf einen Parkplatz, der die lange Reihe von ehemaligen Lagerhäusern unterbrach. Wir hatten Glück und fanden einen freien Parkplatz.
Da Hotel Lazarr lag auf der linken Hand. Es handelte sich um ein fünfstöckiges Brownstone-Gebäude, das ursprünglich wohl als Unterkunft für Hafenarbeiter gedient hatte. Inzwischen war es zu einem Hotel heruntergekommen, dessen Zimmer auf Wunsch auch stundenweise vermietet wurden.
Wir passierten den Eingang und betraten das Foyer.
Der Portier schreckte hoch. Ich hielt ihm die ID-Card entgegen.
„Jesse Trevellian, FBI.“
„Wir sind sauber!“, zeterte der Portier. „Und wenn sich hier möglicherweise Frauen für Geld anbieten, hat unser Hotel nichts damit zu tun!“
Der Mann sprach mit einem starken osteuropäischen Akzent.
„Wir sind nicht von der Vice-Abteilung“, sagte Milo. „Sie können ganz beruhigt sein.“
„Und einen Durchsuchungsbeschluss brauchen wir nicht. Einer Ihrer Gäste hat uns nämlich eingeladen.“
„Ach, ja?“
Wir fragten nach der Zimmernummer, die Sonny D’Andrea uns angegeben hatte. Der Portier beschrieb uns den Weg. „Die Treppe hoch, dann links den Gang runter ganz am Ende.“
„Danke.“
„Haben Sie was dagegen, wenn ich Sie Mister Smith ankündige?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ganz und gar nicht.“
Wir stiegen die Treppe hinauf. Einen Aufzug gab es im Hotel Lazarr nicht. Zumindest keinen, der funktionierte.
Wir erreichten wenig später die Zimmertür von ‚Mr Smith’.
„Ehrlich gesagt hätte ich jemandem wie Sonny D’Andrea etwas mehr Fantasie bei der Auswahl seines Künstlernamens zugetraut“, grinste Milo.
„Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat!“ Ich klopfte. Es erfolgte keinerlei Reaktion, daher versuchte ich es noch einmal. „Mister D’Andrea? Hier spricht Special Agent Jesse Trevellian vom FBI! Sie haben vor wenigen Minuten mit Mister Jonathan D. McKee, dem Leiter unseres Field Office gesprochen!“
Im nächsten Augenblick krachte ein Schuss los.
Ein großkalibriges Projektil stanzte kurz hintereinander zwei daumengroße Löcher durch das Holz. Die Kugeln gingen dicht an uns vorbei. Es war pures Glück, dass wir nicht verletzt wurden. Milo sprang nach rechts, ich nach links. Wir postierten uns neben der Tür und zogen unsere Dienstwaffen. Ein dritter und ein vierter Schuss krachten.
Diesmal hielt der Schütze seine Waffe etwas höher. Die Löcher der Durchschüsse waren ziemlich genau in unserer Augenhöhe.
Auf der anderen Seite der Tür waren jetzt Geräusche zu hören. Irgendetwas wurde umgestoßen. Ein Stuhl, schätzte ich. Ein schabendes Geräusch sprach dafür, dass gerade ein Fenster hochgeschoben wurde.
Ich schnellte vor, die Dienstwaffe vom Typ SIG Sauer P226 in beidhändigem Anschlag. Ein Tritt und die Tür flog zur Seite.
Das Zimmer war schätzungsweise fünfzehn Quadratmeter groß. Rechts stand ein Doppelbett. Links war ein Waschbecken. In der Mitte lag ein Stuhl auf dem Boden und am Fenster bemühte sich ein etwa sechzigjähriger Mann darum, aus dem Fenster zu steigen.
In der Linken hielt er dabei eine großkalibrige Automatik, Kaliber 45.
Ich erkannte den Mann sofort wieder. Unser Kollege Agent Max Carter aus der Fahndungsabteilung hatte uns eine Bilddatei auf den Bordrechner des Sportwagens gemailt, die D’Andrea bei dessen letzter Verhaftung zeigte. Seitdem waren sieben Jahre vergangen.
D’Andrea saß rittlings auf der Fensterbank.
„Mister D’Andrea, die Waffe weg! Wir sind hier, um Ihnen zu helfen!“, rief ich.
Sonny D’Andrea blickte aus dem Fenster. Offenbar sah er keine Chance zur Feuerleiter zu gelangen.
Er zögerte.
Seine Finger krallten sich so fest um den Griff der Automatik, dass die Knöchel weiß wurden.
„Wenn Sie wirklich vom FBI wären, könnten Sie unmöglich so schnell hier sein!“, keuchte er. „Wer schickt Sie?“ Schweißperlen standen auf D’Andreas Stirn.
„Wir waren in der Nähe! Sofort nachdem Ihr Hilferuf unser Field Office erreichte, bekamen wir die Order, hier her zu fahren!“, versuchte Milo etwas Ruhe in die Situation zu bringen.
Aber unser Gegenüber war vollkommen außer sich.
Er musste furchtbare Angst haben.
„Machen Sie keine Dummheiten, Mister D’Andrea!“, forderte ich ihn auf. Ich griff vorsichtig in meine Jackettinnentasche und zog meine ID-Card hervor. D’Andrea bedachte mich mit einem misstrauischen Blick. Ich schaffte es schließlich, meinen Ausweis herauszuholen. Er schluckte, als er seinen Irrtum erkannte.
„Das Ding sieht echt aus“, gab er zu.
„Es ist echt.“
Er senkte die Waffe. Milo näherte sich von der Seite. D’Andrea ließ sich die Automatik widerstandslos aus der Hand nehmen. Ich steckte meine SIG ins Holster zurück und zog D’Andrea vom Fenster weg.
„Wenn Sie wirklich in Gefahr sind, sollten Sie sich nicht so frei am Fenster bewegen“, erklärte ich ihm.
D’Andrea ging zum Bett und ließ sich wie ein nasser Sack darauf fallen. Ich blickte unterdessen hinaus. Man hatte den Blick auf einen sehr schmalen Hinterhof. Die Bäume, die dort angepflanzt worden waren, bekamen nicht viel Licht. Es war erstaunlich, dass sie überhaupt gediehen.
Ich konnte jedenfalls nichts Verdächtiges entdecken und schloss das Fenster.
„Und jetzt der Reihe nach, Mister D’Andrea“, begann Milo. „Sie sagen, dass ein Killer Ihnen auf den Fersen wäre.“
Er nickte. „Bringen Sie mich hier weg. Meinetwegen in eine Ihrer Gewahrsamszellen – aber nicht nach Rikers Island. Bis dahin reicht nämlich ihr Arm…“
„Wessen Arm?“, hakte ich nach.
Er blickte auf und sah mich an. „Ich sage Ihnen alles, was ich weiß. Und das ist eine Menge, kann ich Ihnen flüstern! Aber erst bringen Sie mich hier weg, sonst hören Sie keinen Ton von mir!“
„Ist ja schon gut!“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen.
„Sie müssen mich ins Zeugenschutzprogramm nehmen! Bitte!“
„Darüber haben wir nicht zu entscheiden“, erklärte ich. „Aber wir können Sie erstmal zur Federal Plaza bringen. Und dort sehen wir weiter. Ich denke, das ist auch in Ihrem Sinn.“
Er atmete tief durch. Der Griff seiner rechten Hand ging in die Herzgegend. Schließlich nickte er.
„Ja“, murmelte er. Und dieses eine Wort hörte sich so an, als wäre ihm in diesem Augenblick eine Zentnerlast von der Seele gefallen.
Er packte sehr schnell seine Sachen zusammen. Nur mit einem Handkoffer war er hier im Lazarr.
Wenig später verließen wir das Zimmer. Milo nahm den Koffer. Ich ging voran – die Hand immer an der Dienstwaffe. Wie real die Gefahr tatsächlich war, von der D’Andrea bei seinem Anruf im Field Office berichtet hatte, konnten wir nicht einschätzen.
Wenig später durchquerten wir das Foyer des Hotels Lazarr. Der Portier beobachtete uns.
„Wieso haben Sie sich ausgerechnet das Lazarr ausgesucht?“, fragte Milo, als wir ins Freie traten.
„Ich weiß, es ist nicht die beste Adresse. Aber hier kennt mich garantiert niemand.“
„Im Fond unseres Sportwagens ist nicht viel Platz.“
„Das macht nichts, Agent…“
„Trevellian.“
„Ah, ja, richtig.“
Er war so nervös, dass er sich noch nicht einmal meinen Namen hatte merken können. Unruhig streifte sein Blick über die etwa heruntergekommenen Fassaden der Umgebung. Manche der umstehenden Lagerhäuser wurden noch immer zu dem Zweck benutzt, zu dem sie auch gebaut worden waren. Andere dienten einfach als Abstellfläche für Waren aller Art. Eine dritte Gruppe hatte man in teure Eigentumswohnungen verwandelt, was so manchen störte, der seit Jahren in der Gegend wohnte. Aber Brooklyn veränderte sich im Augenblick stark.
„Ich kann mich klein machen, wenn es sein muss“, murmelte er und blickte dabei auf die Uhr.
Wir gingen auf den Sportwagen zu.
Plötzlich tanzte ein Laserstrahl eines Zielerfassungsgerätes durch die Luft. Das konzentrierte Licht brach sich irgendwo und ließ eine gerade Linie erahnen.
Eine Schusslinie.
Ich warf mich auf D’Andrea und riss ihn zu Boden.
Milo zog seine Waffe, ließ dabei den Koffer fallen und ging hinter einem parkenden Fahrzeug in Stellung.
Die Schüsse des Angreifers waren lautlos.
Das Blut rann mir zwischen den Fingern hindurch. Erst einen Moment später begriff ich, dass es nicht mein Blut war. Sonny D’Andrea blickte mich mit offenem Mund und starren, toten Augen an. Eine Kugel hatte seine Schläfe durchschlagen und war direkt in sein Gehirn gefahren.
„Der Killer ist im fünften Stock, andere Straßenseite!“, rief Milo. Er spurtete los.
Offenbar waren D’Andreas Befürchtungen keineswegs aus der Luft gegriffen gewesen.
Milo überquerte die Union Street. Ein Lieferwagen bremste stark ab. Der Fahrer zeigte Milo einen Vogel, aber mein Kollege kümmerte sich nicht weiter darum. Er rannte unbeirrt weiter.
Ich setzte per Handy eine kurze Meldung ans Field Office ab, damit Verstärkung geschickt wurde und folgte Milo dann über die Straße.
Das Gebäude, aus dem geschossen worden war, wirkte verlassen. Einige der Fenster waren mit Spanplatten vernagelt worden. Offenbar handelte es sich um ein Gebäude, das kurz vor der Sanierung stand. In diesem Teil Brooklyns gab es zurzeit viele davon.
Der Eingang war offenbar zur anderen Seite ausgerichtet.
Ich folgte Milo durch die enge Gasse von etwa zwei Yards Breite, um zur Rückfront des Gebäudes zu gelangen.
Augenblicke später erreichten wir einen Hinterhof. Ein Geländewagen vom Typ Ford Maverick startete gerade mit durchdrehenden Reifen und fuhr in einem Höllentempo auf die schmale Ausfahrt zu. Vom Fahrer war kaum etwas zu sehen. Nur einen kurzen Moment blinkte etwas auf. So als ob er eine Brille mit spiegelnden Gläsern trug.
Milo zielte mit seiner Dienstwaffe auf die Hinterreifen.
Aber in diesem Moment tauchte ein Fahrradkurier auf, der die Ausfahrt in entgegen gesetzter Richtung passierte und dabei ein hohes Tempo drauf hatte.
Wahrscheinlich nahm er den Weg über dieses Grundstück einfach als willkommene Abkürzung, um schneller zur Union Street zu gelangen.
Der Maverick hielt rücksichtslos auf ihn zu. Mit einem Sprung versuchte sich der Kurier zu retten. Er knallte auf die Motorhaube, während das Fahrrad vom Kuhfänger erfasst wurde.
Der Kurier rutschte seitlich vom Kotflügel des Maverick herunter und knallte mit dem Helm gegen die Hauswand. Der Geländewagen brauste inzwischen weiter, zermalmte das Rad aus ultraleichter Karbonfaser unter seinen hohen Rädern und fädelte sich dann ziemlich brutal in den Verkehr ein.
Milo senkte die Waffe.
Ich ebenfalls.
Ich spurtete los, während Milo bereits das Handy am Ohr hatte, um dafür zu sorgen, dass möglichst schnell ein Ambulanz-Team des Emergency Service eintraf.
Augenblicke später hatte ich den Verletzten erreicht.
Er rührte sich.
Blut sickerte unter seinem Helm hervor, der ihm aber dennoch wohl das Leben gerettet hatte. Er lag in seltsam verrenkter Haltung da.
„Ganz ruhig“, sagte ich. „Es kommt gleich jemand.“
Milo spurtete an mir vorbei, bis zur nahen Hauptstraße. Aber er kehrte rasch zurück und schüttelte den Kopf. Das hieß wohl, dass uns der Flüchtige erst einmal durch die Lappen gegangen war.
In der Ferne waren bereits die Sirenen von City Police und Emergency Service zu hören.
Der verletzte Kurier hieß George Dalbandio, wie aus der ID-Card seines Kurierdienstes hervorging. Er bestätigte uns, den Weg über diesen Hinterhof oft als Abkürzung zu nehmen. Ansonsten beteuerte er immer wieder nur, dass der Maverick ganz plötzlich aufgetaucht sei und er ihn erst im letzten Moment gesehen hätte.
„Wieso hat der Kerl noch Gas gegeben?“, keucht Dalbandio. „Ich höre das immer wieder in meinem Kopf. Wie der Motor aufheult. Warum hat er nicht gebremst?“
„Wir werden den Fahrer kriegen“, versprach ich. „Ganz bestimmt.“
„Das hoffe ich! So einer sollte nicht mehr den Verkehr unsicher machen!“
„Haben Sie den Fahrer sehen können?“, hakte Milo nach.
„Nein, tut mir leid. Das ging alles so schnell…“
Die Diagnose des Notarztes war trotz des erschreckenden Bildes, das sich uns zunächst geboten hatte, recht ermutigend. Schürfungen, Quetschungen, Stauchungen und wahrscheinlich zwei gebrochene Beine und eine starke Gehirnerschütterung lautete die erste Bilanz. Ob es vielleicht noch Schäden an Schädel und Wirbelsäule gab, mussten die Röntgenbilder erweisen.
„Immerhin ist er ansprechbar“, erklärte der Arzt. Die Tatsache, dass George Dalbandio einen guten Helm und Protektoren trug, hatte ihm das Leben gerettet.
Kollegen der City Police sicherten den Tatort vor dem Hotel Lazarr. Mitarbeiter der Scientific Research Division waren unterwegs, brauchten um diese Zeit aber sicher noch eine gute Stunde, bis sie es von ihren Labors in der Bronx bis nach Brooklyn geschafft hatten.
Milo und ich sahen uns in dem Gebäude um, aus dem geschossen worden war.
Es gab eine zum Hinterhof ausgerichtete Laderampe. Das dazugehörige Tor war fest verschlossen, aber der Personaleingang zehn Yards weiter nicht. Jemand hatte die Tür aufgebrochen.
Im Erdgeschoss befand sich ein Lagerraum, den man im Moment wohl eher als Sondermülldeponie bezeichnen musste. Halb verrostete Fässer standen dort, ein Geruch, der an faule Eier erinnerte, hing in der Luft.
Es gab einen großen Lastenaufzug in die oberen Etagen – aber da der Strom abgeschaltet war, funktionierte der nicht.
Wir nahmen eine Treppe. In den oberen Geschossen lagerten vornehmlich Verpackungsabfälle. Vor allem Kunststoff, aber auch vor sich hin rottende Pappe. Ratten huschen über den Boden.
Milos Vermutung, dass aus dem fünften Stock heraus auf Sonny D’Andrea geschossen worden war, stellte sich als richtig heraus.
In eine der Fensterscheiben war ein Loch geschlagen worden, dessen Ränder dunkel verfärbt waren.
Schmauchspuren, so nahm ich an.
Der Boden davor war von einer grauen Staubschicht bedeckt, in der frische Fußspuren zu sehen waren. Außerdem Abdrücke, die von ausgeworfenen Patronenhülsen stammen konnten. Offenbar hatte der Täter Zeit genug gehabt, sie einzusammeln.
„Ich bin sicher, dass von hier aus geschossen wurde!“, sagte Milo. Wir hielten Abstand von dem Bereich vor dem Fenster, um den später eintreffenden Kollegen der SRD nicht die Arbeit zu erschweren.
„Jedenfalls hatte Sonny D’Andrea mit seinen Befürchtungen Recht“, stellte ich fest. „Jemand hat alles daran gesetzt, ihn umzubringen.“
„Dieser Mann und seine Mafia-Vergangenheit sind mir alles andere als sympathisch, aber ich frage mich, weshalb gerade jetzt jemand seinen Tod wollte“, sagte Milo. „Schließlich hatte er sich längst aus dem Geschäft zurückgezogen.“
„Wissen wir das so genau, Milo? Vielleicht war er nur besonders clever.“
„D’Andrea war doch ein Handlanger von Tony Damiani und seiner Familie.“
Der Name sagte mir natürlich etwas, auch wenn ich selbst weder mit den Ermittlungen gegen Damiani noch gegen D’Andrea zu tun gehabt hatte. Damiani hatte sich vor zehn Jahren der Verhaftung durch Flucht entzogen und lebte nach unseren Erkenntnissen wahrscheinlich in Marokko – einem Land, mit dem die USA kein Auslieferungsabkommen hatten. Der Fall war in den letzten Jahren immer wieder einmal in Besprechungen unseres Field Office erörtert worden, weil es je nach außenpolitischer Lage Bemühungen des Justizministeriums gegeben hatte, vielleicht doch noch an Damiani heranzukommen.
„Vielleicht ist da irgendeine uralte Rechnung aus der Zeit offen, als D’Andrea noch für Damiani aktiv war!“, vermutete ich.
„Aber D’Andrea hat sich doch meines Wissens nie versteckt!“, wandte Milo ein.
Ich zuckte mit den Schultern.
Die Ermittlungen am Tatort ergaben zunächst keine weitergehenden Erkenntnisse. Immerhin wurden ein Reifenprofil des Maverick und ein Schuhsohlenabdruck des Täters sichergestellt. Nach der Schuhgröße und der Höhe des Schussloches zu urteilen suchten wir nach einem Mann, der mindestens 1,90 m groß war.
Der Ford Maverick war natürlich auch in der Fahndung. Milo und ich hatten uns das Kennzeichen merken können. Es stammte aus New Jersey, aber eine Halterüberprüfung ergab, dass es eigentlich zu einem Toyota aus Patterson gehörte.
Unsere Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina suchten zur selben Zeit Sonny D’Andreas Privatadresse in Riverdale auf.
Sie wurden von unseren Erkennungsdienstlern Sam Folder und Mell Horster begleitet. Zwar verlassen wir uns normalerweise auf die Arbeit, der für alle New Yorker Polizeieinheiten zuständigen Scientific Research Division, aber bei personellen Engpässen oder wenn Ermittlungen besonders aufwändig sind, können wir auch unsere eigenen Erkennungsdienstler hinzuziehen.
Clive parkte den Chevrolet aus den Beständen der FBI-Fahrbereitschaft vor D’Andreas Haus. Der flachsblonde Italo-Amerikaner und sein Kollege stiegen aus. Wenig später trafen Mell und Sam ein.
„De gelbe Lamborghini in der Einfahrt ist auf D’Andreas Namen zugelassen“, stellte Orry fest. „Das habe ich überprüft. Allerdings besaß D’Andrea seid drei Jahren keinen gültigen Führerschein mehr und hätte wegen einer ganzen Latte von Verkehrsdelikten wohl auch Schwierigkeiten bekommen, eine neure Lizenz zu bekommen.“
Sam deutete auf die Reifenspuren in der Einfahrt, die recht frisch wirkten. „Der Wagen muss aber vor kurzem bewegt worden sein.“
„Ärger mit der Highway Patrol gehört sicherlich nicht zu den größten Problemen, die D’Andrea hatte!“, warf Clive ein.
Mell Horster öffnete fachmännisch die Tür. Eigenartigerweise war bei der Leiche von Sonny D’Andrea kein Schlüsselbund gefunden worden.
Clive ging voran.
Schon nach einem Schritt griff er zur Dienstwaffe.
An der Wand im Flur klebte Blut. Orry nahm jetzt ebenfalls seine Pistole in die Rechte. Sie sicherten sich gegenseitig ab und folgten einer Blutspur bis zum Bad.
Eine junge Frau lag dort mit starrem, toten Blick in der Wanne, die voller Blut war.
Clive musste unwillkürlich schlucken.
Selbst für einen abgebrühten FBI-Agenten, der täglich mit dem Verbrechen in Kontakt kam, war dies ein besonders scheußlicher Anblick.
Eine Viertelstunde später traf Dr. Brent Claus, ein Gerichtsmediziner im Dienst der Scientific Research Division am Tatort ein.
„Die junge Frau wurde zweifellos gefoltert“, stellte Dr. Claus fest. „Der Täter wusste, wie man größtmöglichen Schmerz zufügt, ohne Gefahr zu laufen, dass das Opfer an den Verletzungen stirbt oder bewusstlos wird. Ich muss natürlich erst eine Obduktion vornehmen, um wirklich etwas Abschließendes sagen zu können, aber…“
„Ich verstehe schon“, murmelte Clive. „Aber sagen Sie uns trotzdem, was Sie denken!“
„Ein sexuelles Motiv würde ich ausschließen. Das war auch kein Triebtäter oder die Tat von jemandem, der seine Impulse nicht zu kontrollieren vermag. Hier ist jemand eiskalt vorgegangen…“
„Um Informationen zu erpressen?“, vermutete Orry.
Dr. Claus nickte. „Ich denke, ja. Und am Ende wurde sie mit einem aufgesetzten Schuss durch die Stirn getötet. Die Mündung hat ein Hämatom gebildet.“
„Ich vermute, dass ein Schalldämpfer benutzt wurde, sonst hätten die Nachbarn alles mitbekommen!“, sagte Clive.
„Die Schreie der Frau haben sie offensichtlich auch nicht gehört“, gab Orry zu bedenken.
„Aber der Durchmesser des Hämatoms auf der Stirn spricht auch für einen Schalldämpfer. Wenn es der Abdruck der Mündung wäre, ließe das auf ein größeres Kaliber schließen, als die Eintrittswunde vermuten lässt.“
Sam Folder fand wenig später im Wohnzimmer eine Handtasche, die ein paar aufschlussreiche Utensilien enthielt. Unter anderem Führerschein und Kreditkarte. Die Tote hieß Beverly Reynolds und hatte eine Adresse in Yonkers angegeben. Sie war 27 Jahre alt und über das Datenverbundsystem NYSIS war zu erfahren, dass sie wegen Prostitution und Drogenbesitz vorbestraft war.
In ihrer Handtasche befand sich außerdem die Visitenkarte eines Maklerbüros. Clive rief dort an und erfuhr, dass Beverly Reynolds offenbar mit Moss Rutherford, einem der Inhaber des Maklerbüros sich hatte treffen wollen.
„Stellen Sie mich doch bitte zu Mister Rutherford durch“, verlangte Clive.
„Das geht leider nicht, er ist in einer Konferenz“, behauptete die Mitarbeiterin am Telefon.
„Ich nehme an, es ist ihm lieber, wenn wir uns im Bundesgebäude an der Federal Plaza treffen.“
„Einen Moment.“
Wenig später war Rutherford doch zu sprechen. Er gab an, gegen elf Uhr am Vormittag bei D’Andreas Haus eingetroffen zu sein. „Der Verkehr hatte mich aufgehalten. Sie wissen ja, wie das ist.“
„Haben Sie mit Miss Reynolds sprechen können?“
„Nein. Vor dem Haus stand zwar ein gelber Sportwagen, aber es hat niemand geöffnet. Schon ziemlich ärgerlich für mich! Schließlich ist in meinem Business Zeit Geld und ich bin extra ihretwegen nach Riverdale raus gefahren.“
„Worum sollte es bei dem Gespräch gehen?“
„Das Haus sollte verkauft werden und Miss Reynolds gab an, die Bevollmächtigte des Eigentümers zu sein.“
„Kam Ihnen das nicht etwas seltsam vor?“
„Leider kam ich nicht dazu, das zu überprüfen. Das Haus ist jedenfalls ein schönes Objekt in guter Lage, das wäre ich leicht losgeworden.“
Clive und Orry nahmen sich die Nachbarschaft vor, in der Hoffnung, dass jemand etwas bemerkt hatte.
Das Haus nebenan war derzeit unbewohnt. Später erfuhren unsere Kollegen, dass sich die Besitzer auf einer längeren Reise befanden.
Gegenüber wohnte ein Pensionär des Yonkers Police Department mit seiner Frau.
„Mein Name ist Allan Jennings und ich war 35 Jahre Detective – zuerst bei der Drogenfahndung, später bei der Homicide Squad im Rang eines Lieutenant“, stellte er sich vor, nachdem Clive ihm seine ID-Card gezeigt hatte. Jennings sah sich den Ausweis mit einem bewundernden Blick an. „Ich habe mich auch mal in Quantico beworben. Ist schon lange her – aber leider habe ich die Eingangstests nicht geschafft.“
„Kannten Sie Ihren Nachbarn von gegenüber – Mister Sonny D’Andrea?“
„Ehrlich gesagt habe ich ihn nicht besonders gemocht und ich war auch überhaupt nicht begeistert davon, als er hierher zog. Aber im Grunde hatte ich nichts mit ihm zu tun. Ein Mann mit bunter Vergangenheit, würde ich sagen…“
Clive lächelte. „Sie haben über NYSIS nachgeforscht?“
„Wenn ich zu den Kollegen aufs Revier gehe und etwas wissen will, schauen die weg, wenn ich an den Computer gehe.“
„Mister D’Andrea wurde heute in Brooklyn erschossen.“
„Verstehe und die Durchsuchung der Opfer-Wohnung gehört zur Routinevorgehensweise…“
„Kennen Sie diese Frau?“
Clive hielt ihm den Führerschein von Beverly Reynolds unter die Nase.
Allan Jennings nickte. „Natürlich. Sie hat das letzte Jahr bei ihm gewohnt. Eine Prostituierte, aber D’Andrea schien genug Geld zu haben, um sie exklusiv für sich zu haben. Sie hat ihn auch immer mit dem gelben Lamborghini herumkutschiert, weil er selbst doch nach diversen Verfahren nicht mehr fahren durfte.“
„Wir haben sie ermordet in der Badewanne gefunden.“
Jennings zog die Augenbrauen zusammen. „Wann ist das geschehen?“
„Vermutlich heute Morgen.“
„Da stand für eine Weile ein Ford Maverick vor dem Haus. Ich habe leider nicht gesehen wer drin saß. Schließlich sitze ich ja nicht den ganzen Tag am Fenster und beobachte Leute.“
„Natürlich nicht.“
„Und dann ist noch etwas merkwürdig. Vor zwei Tagen kam ein Transporter und es wurde jede Menge persönlicher Besitz weggeschafft. Keine Möbel oder dergleichen – nur Kleidung, Bücher – der ganze Kleinkram eben.“
„Wer hat den Leuten die Tür aufgemacht?“
„Miss Reynolds. Da bin ich mir sicher.“ Er grinste. „Die übersieht man nicht. Von Mister D’Andrea war schon seit Tagen nichts mehr zu sehen. Ich wette, der wollte untertauchen, weil er befürchten musste, dass schließlich doch noch jemand einen juristischen Dreh findet, um ihn dahin zu bringen, wo er schon lange hingehört hätte! Nach Rikers Island nämlich!“
Am nächsten Morgen trafen sich alle G-men, die zurzeit an dem Fall arbeiteten, im Büro unseres Chefs zur Besprechung.
Außer uns waren das die Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina sowie die Erkennungsdienstler Mell Horster und Sam Folder.
Agent Max Carter aus der Fahndungsabteilung unseres Innendienstes verspätete sich etwas, da er offenbar mit der Vorbereitung eines Dossiers für die beteiligten Agenten nicht rechtzeitig fertig geworden war.
Mr Jonathan D. McKee, der Leiter des FBI-Field Office New York informierte uns über neue Erkenntnisse im Mordfall D’Andrea.