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Krimi von Pete Hackett Der Umfang dieses Buchs entspricht 118 Taschenbuchseiten. Ein einflussreicher Bauunternehmer wird ermordet. Da er in einem Bauskandal verwickelt war, der viele Menschen das Leben kostete, ist die Auswahl an Motiven und Tätern umfangreich. Die FBI-Agenten Tucker und Trevellian müssen mühsam die Verdächtigen befragen, doch dann entwickelt sich eine gefährliche Situation, als der Hauptverdächtige auf seiner Flucht keine Rücksichten mehr nimmt.
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Seitenzahl: 121
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Trevellian und der späte Erfolg: Action Krimi
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Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 118 Taschenbuchseiten.
Ein einflussreicher Bauunternehmer wird ermordet. Da er in einem Bauskandal verwickelt war, der viele Menschen das Leben kostete, ist die Auswahl an Motiven und Tätern umfangreich. Die FBI-Agenten Tucker und Trevellian müssen mühsam die Verdächtigen befragen, doch dann entwickelt sich eine gefährliche Situation, als der Hauptverdächtige auf seiner Flucht keine Rücksichten mehr nimmt.
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Alfred Bekker
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Thomas Colvin erwachte. Dunkelheit umgab ihn. Die Fenster zeichneten sich als hellere Rechtecke in der Wand ab. Der Vierundfünfzigjährige vernahm neben sich die ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge seiner Frau. Sekundenlang starrte er zur Decke hinauf. Dann drehte er den Kopf und schaute auf die Uhr. Die roten Leuchtziffern zeigten an, dass es 1.26 Uhr war.
Der Bauunternehmer verspürte Durst. Er schlug die Bettdecke zurück, richtete den Oberkörper auf und schwang die Beine vom Bett. Dann drückte er sich hoch. Die Uhr zeigte jetzt 1.27 Uhr an.
Von diesem Moment an hatte Thomas Colvin noch genau zwei Minuten zu leben.
Colvin machte Licht und verließ das Schlafzimmer. Er befand sich in einer großen Diele, die mit gläsernen Vitrinen ausgestattet war. Die Mitte des Raumes nahm eine schwere Polstergarnitur ein, die um einen niedrigen Tisch herum gruppiert war.
Der Bauunternehmer ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Er nahm eine Packung Orangensaft heraus und holte sich ein Glas aus einem der Schränke. In dem Moment vernahm er hinter sich ein Geräusch. Colvin drehte sich halb herum. Da er dabei eingoss, verschüttete er etwas von dem Orangensaft.
Seine Augen weiteten sich.
In der Tür zum Wohnzimmer stand ein maskierter Mann.
Einbrecher!, durchfuhr es den Bauunternehmer. Und jetzt nahm er auch die Pistole in der Hand des Maskierten wahr. Siedend heiß durchrann ihn der Schreck. Die Angst kam wie eine graue, alles verschlingende Flut. Orangensaft verteilte sich auf der Arbeitsplatte des Schranks und tropfte auf den Fußboden. Colvin hielt die Luft an. Sein Herz klopfte hinauf bis zum Hals. Die kreisrunde Mündung des klobigen Schalldämpfers, der auf den Lauf der Waffe geschraubt war, starrte den Bauunternehmer an. Und aus dieser Mündung brach jetzt eine feurige Lohe. Colvin spürte den Einschlag. Seltsamerweise fühlte er keinen Schmerz. Nur eine grenzenlose Schwäche überfiel ihn. Die Dinge verschwammen vor seinem Blick. Dann wurde es ihm schwarz vor den Augen und er brach zusammen.
Die Detonation war kaum zu hören gewesen. Der Maskierte bewegte sich. Er ging zu der reglosen Gestalt am Boden und beugte sich über sie, nahm Colvins Hand und fühlte den Puls. Der Bauunternehmer war tot. Der Mörder richtete sich auf. In dem Moment erfasste sein Blick die Frau, die in der Tür stand und eine Hand auf den Mund gepresst hielt. Sie war nur mit einem Nachthemd bekleidet. Entsetzt blickte sie den Eindringling an. Dieser richtete die Pistole auf sie.
»Ihr Mann war ein elender Schurke!«, stieß der Maskierte hervor, dann schoss er. Mrs. Colvin bekam die Kugel in die Brust. Am Türrahmen rutschte sie zu Boden.
Der Mörder verstaute die Waffe unter seiner Jacke im Hosenbund und begann, die Wohnung zu durchsuchen. Er öffnete Schränke und Schübe und durchwühlte alles. Einige Schmuckstücke und etwas Bargeld, das er fand, steckte er in die Tasche. Dann nahm er die Sturmhaube ab und stopfte sie in die Innentasche seiner Jacke. Danach verließ er die Wohnung. Im Treppenhaus zog er die Latexhandschuhe aus, die er getragen hatte.
Er nahm die Treppe, ums ins Erdgeschoss zu gelangen. Niemand begegnete ihm.
Wir kamen von der Besprechung mit Mr. McKee. Es war 8.35 Uhr. Der Assistant Director hatte mir einen dünnen Ordner überlassen. Darin, meinte er, fänden wir alles, was bisher an Unterlagen angefallen war.
Es ging um den Mord an dem Bauunternehmer Thomas Colvin. Er war vor drei Tagen, in der Nacht vom 2. auf den 3. September, zusammen mit seiner Frau in seiner Wohnung ermordet worden. Man ging von einem Raubmord aus. Die ballistische Analyse hatte jedoch ergeben, dass mit der Waffe, die der Mörder benutzte, vor sechs Jahren ein Mann namens Jeff Howard ermordet worden war. Howard war Mitglied des City Councils von New York gewesen und gehörte den Republikanern an.
Der Mord an dem Stadtverordneten war nie geklärt worden. Das FBI hatte den Mörder in der terroristischen Szene gesucht. Jedenfalls war der Fall vor vier Jahren als ungeklärt geschlossen worden.
Ich holte mir die Akte auf den Monitor und studierte sie. Milo schaute mir dabei über die Schulter. Es gab keine Hinweise auf den Mörder des Stadtverordneten. Er hatte vor Howards Haus in Staten Island gelauert und den Stadtverordneten erschossen, als dieser aus seinem Wagen stieg.
Es war zu einigen vorläufigen Festnahmen gekommen, aber keiner der Festgenommenen erwies sich als Täter. Die Spuren hatten sich im Sande verlaufen.
Jetzt sah es so aus, als steckte hinter den Morden an Howard und Colvin System.
Ich rief bei der Mordkommission an und hatte wenig später Ed Schulz an der Strippe. »Guten Morgen, Ed.«
»Ah, Jesse. Wie geht es dir?«
»Ich kann nicht klagen. Man hat uns mit den Ermittlungen in der Mordsache Colvin beauftragt.«
»Sieht so aus, als stünde der Mord an dem Stadtverordneten Howard vor sechs Jahren in irgendeinem Zusammenhang mit der Ermordung von Colvin«, meinte Ed Schulz.
»Oder es war ein bezahlter Killer am Werk«, gab ich zu bedenken. »Dass Howard und Colvin mit derselben Waffe ermordet wurden, kann Zufall sein. Ich meine, dass vielleicht derselbe Killer am Werk war, es sich bei den Auftraggebern aber um unterschiedliche Personen handelt.«
»Das können wir natürlich nicht ausschließen«, versetzte Ed Schulz. »Die Sache damals wurde von euch eingestellt. Durch den neuerlichen Mord seid ihr gezwungen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.«
»Hat man nach dem Mord an Colvin und seiner Frau die Nachbarn des Ehepaares befragt?«
»Natürlich. Niemand hat etwas gehört oder gesehen. Wir haben auch mit dem Bruder und dem Schwager des Ermordeten gesprochen. Was sie aussagten, kannst du den Protokollen entnehmen. Eine Spur zum Mörder haben die Aussagen nicht ergeben.«
»Was ergab die Spurensicherung?«
»Die Tür wurde mit einem Nachschlüssel oder Dietrich aufgesperrt. In der Wohnung wurden eine Reihe von Fingerabdrücken festgestellt, doch die konnten nicht zugeordnet werden. Die DNA-Analysen sind noch nicht abgeschlossen. Wir sind der Meinung, dass der Mörder ziemlich professionell vorgegangen ist.«
»Wir wissen also nichts«, murmelte ich.
»So sieht es aus«, pflichtete Ed mir bei.
Ich bedankte und verabschiedete mich und legte auf, dann lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und sagte zu Milo: »Nichts. Keine Spuren. Wir haben nur die Kugeln, mit denen das Ehepaar Colvin und der Stadtverordnete ermordet wurden. Leider steht auf ihnen nicht der Name des Mörders.«
»Wir sollten mit unseren Ermittlungen im Umfeld des Bauunternehmers beginnen«, schlug Milo vor.
Wir fanden heraus, dass in New York ein Bruder und ein Schwager von Thomas Colvin lebten. Der Bruder hieß Ed Colvin und wohnte in West 47th Street. Der Name des Schwagers war Roger Millard, seine Wohnung befand sich in East 74th Street.
Wir begaben uns zunächst in die 47th Street. Ed Colvins Apartment lag in der zwölften Etage eines Wohn- und Geschäftshauses. Wir benutzten einen der drei Aufzüge. Es war das Apartment Nummer 1204. Milo klingelte. Wenige Sekunden später erklang es aus dem Lautsprecher der Gegensprechanlage: »Wer ist da?«
Es war die Stimme einer Frau.
»Die Agents Tucker und Trevellian vom FBI New York«, stellte ich uns vor. »Wir würden gerne mit Mister Colvin sprechen.«
Jetzt ging die Tür auf und die Frau präsentierte sich uns. Ich schätzte sie auf Ende der vierzig. Ihre Haare wiesen eine rötliche Färbung auf. »Ich bin Joyce Colvin. Mein Mann ist auf der Arbeit. Sie kommen sicher wegen des Mordes an seinem Bruder.«
»Sehr richtig«, antwortete ich. »Wo arbeitet denn Ihr Mann?«
»Er ist im Außendienst tätig. Der Sitz seines Arbeitgebers befindet sich in Boston. Es handelt sich um eine namhafte Versicherung. Ich rufe Ed an. Kommen Sie so lange in die Wohnung.«
Sie gab die Tür frei und wir traten ein. Mrs. Colvin ging zum Telefon und tippte eine Nummer, und kurz darauf sagte sie: »Ich bin es – Joyce. Bei mir sind zwei FBI-Agents. Wo befindest du dich gerade?«
Sie lauschte kurz. Dann fragte sie: »Wirst du pünktlich nach Hause kommen?«
Wieder lauschte sie sekundenlang. Dann verabschiedete sie sich, senkte die Hand mit dem Hörer und sagte zu uns: »Mein Mann ist im Osten von Queens unterwegs. Er kommt um neunzehn Uhr nach Hause.«
»Gut«, versetzte ich. »Wir werden also um neunzehn Uhr noch einmal bei Ihnen auf dem Teppich stehen.«
»Mein Mann wurde bereits vernommen«, erklärte die Frau.
»Wir haben seine Aussage zur Kenntnis genommen«, erwiderte ich. »Dennoch würden wir Ihren Mann gerne noch einmal sprechen.«
»Er ist doch nicht verdächtig, seinen Bruder ermordet zu haben?«, stieß die Frau fast entsetzt hervor. Sie starrte mich an, als versuchte sie in meinem Gesicht zu lesen.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Es sind nur ein paar Routinefragen, die uns Ihr Mann beantworten soll.«
»Ed und Thomas hatten kaum Kontakt miteinander«, gab Mrs. Colvin zu verstehen. »Die Kontakte beschränkten sich auf Anrufe zu den Geburtstagen oder zu Weihnachten.«
»Haben sich die Brüder gestritten?«
»Nein. Es war kein Streit zwischen ihnen. Aber sie lebten in verschiedenen Welten. Thomas war der erfolgreiche Unternehmer, der Millionen verdiente, Ed bekommt von seinem Arbeitgeber Fixum und Provision. Wenn er nur wenige Versicherungen verkauft, verdient er nicht viel. Wir waren finanziell nie auf Rosen gebettet. Aber es reichte, um unsere beiden Söhne studieren zu lassen.«
Diesen letzten Satz hatte die Frau nicht ohne einen gewissen Stolz gesprochen.
»Leben die Eltern Ihres Mannes noch?«, fragte ich.
»Nein. Sie sind vor vier und zwei Jahren gestorben. Erst der Vater, dann die Mutter. Bis zum Tod der Mutter sahen sich Ed und sein Bruder manchmal, wenn sie sie besuchten. Danach gab es nur noch gelegentliche telefonische Kontakte.«
Nachdem wir die Frau verlassen hatten, und zum Sportwagen gingen, sagte Milo: »Dasselbe hat Colvin schon den Kollegen von der Mordkommission erzählt. Seine Vernehmung ist verlorene Zeit.«
»Mag sein«, erwiderte ich. »Trotzdem will ich den Mann kennenlernen und mir ein Bild von ihm machen. Thomas Colvin hat keine Kinder hinterlassen. Wer denkst du wohl, wer ihn beerbt?«
»Aha, ich verstehe. Ja, da ist etwas dran. Erbe dürfte sein Bruder sein. Himmel, dass ich darauf nicht von selbst gekommen bin. Das Erbe wäre sogar ein Motiv.«
»Wenn da nicht die Sache mit dem Stadtverordneten wäre«, gab ich zu bedenken. »Er passt nicht ins Bild.«
»Du hast es Ed Schulz gegenüber selbst zur Sprache gebracht«, wandte Milo ein. »Es könnte ein bezahlter Killer am Werk gewesen sein. Dass der Stadtverordnete und Colvin mit derselben Pistole ermordet wurden, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass zwischen den beiden Taten ein Zusammenhang besteht.«
»Unterhalten wir uns mit Colvins Schwager«, knurrte ich. Dann fügte ich hinzu: »Ich glaube nicht, dass Ed Colvin seinen Bruder umgebracht hat. Aber das Motiv ist nicht wegzudenken. Und wir dürfen nichts außer Acht lassen.«
In der 74th Street hatten wir mehr Glück. Wir trafen Roger Millard zu Hause an. Der Mann war nur mit einer abgewetzten Jeans und einem ärmellosen Unterhemd bekleidet. Ein tagealter Bart wucherte in seinem Gesicht. Seine Augen waren gerötet. Sein Gesicht war aufgedunsen und zeigte die Spuren eines unregelmäßigen Lebenswandels. Dieser Mann trank zu viel. Das wurde mir schlagartig bewusst. Ich übernahm es, uns vorzustellen.
Millard maß mich von oben bis unten, dann sagte er mit schwerer Zunge: »Man hat mich bereits ausgefragt.« Mir schlug eine Bierfahne entgegen. Der Magen drohte sich mir umzudrehen. »Bei euch weiß wohl die Linke nicht, was die Rechte tut.«
»Das FBI hat die Ermittlungen übernommen«, klärte ich den Burschen auf. »Dürfen wir in die Wohnung kommen?«
Millard kämpfte mit sich, schließlich nickte er. »Kommt herein.« Er trat zur Seite und hielt uns die Tür auf.
In der Wohnung roch es nach Tabakrauch. Es sah hier aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Auf der Couch und den Sesseln lagen abgelegte Kleidungsstücke, Zeitungen und Zeitschriften. Auf dem Tisch stand ein überquellender Aschenbecher, daneben eine Dose Bier. Kleidungsstücke und Zeitschriften lagen auch auf dem Fußboden.
Millard holte sich die Bierdose und trank einen Schluck. Dann griff er nach der Packung Lucky Strike, schüttelte sich einen Glimmstängel heraus und zündete ihn an. Tief inhalierte er den Rauch, trotzig musterte er mich. »Stellt eure Fragen«, forderte er mich auf und stieß den Rauch durch die Nase aus.
»Wie war der Kontakt zu Ihrem Schwager?«, fragte ich.
»Er wollte mit mir nichts zu tun haben«, antwortete Millard.
»Also kein Kontakt«, konstatierte ich. »Standen Sie mit Ihrer Schwester in Verbindung?«
»Sie unterstützte mich finanziell«, murmelte Millard nach kurzer Überlegung. »Natürlich durfte Thomas das nicht wissen. Aber der kümmerte sich kaum um das, was meine Schwester tat. Die Ehe der beiden bestand nur noch auf dem Papier.«
»Das haben Sie bei der ersten Vernehmung nicht gesagt«, bemerkte ich.
»Ich fand es für unwichtig. Meine Schwester schüttete mir immer wieder, wenn sie mir Geld brachte, ihr Herz aus. Thomas hatte eine Geliebte. Von meiner Schwester ließ er sich nur aus dem einen Grund nicht scheiden, weil er ihr eine hohe Abfindung hätte zahlen müssen.«
»Wissen Sie, ob Ihr Schwager bedroht wurde?«, fragte ich.
»Davon hat mir meine Schwester nichts berichtet.«
»Hatte er Feinde?«
»Nicht, dass ich wüsste. Mein Schwager hat mich nicht die Bohne interessiert. Er ließ es mich spüren, wie sehr er mich verachtete. Dabei hatte ich bis vor vier Jahren eine geregelte Arbeit. Ich verdiente nicht schlecht. Aber dann wurde mein Arbeitgeber insolvent, und ich saß auf der Straße. Ich war siebenundvierzig. Kein Betrieb stellt einen Mann in meinem Alter ein. Ein halbes Jahr erhielt ich Arbeitslosenunterstützung. Dann musste ich Sozialhilfe beantragen. Meine Frau verließ mich. Wenn mich meine Schwester nicht regelmäßig unterstützt hätte …«
Millard brach ab und trank erneut einen Schluck. Dann zog er an seiner Zigarette. Und dann ergriff er wieder das Wort: »Jetzt gibt es niemand mehr, der mir hilft. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich auf der Straße sitze. Warum musste dieser Hurensohn auch meine Schwester umbringen? So lange sie gelebt hätte, wäre es mir gut gegangen. Aber jetzt …«
Wieder brach Millard ab. Ein Laut entrang sich ihm, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen. Dieser Bursche zerfloss vor Selbstmitleid.
»Wissen Sie, wie die Geliebte Ihres Bruder heißt?«, erkundigte ich mich.
»Perkins – Carol Perkins. Den Namen nannte mir Ester. Sie hasste dieses Weib.«
»Wo wohnt Carol Perkins?«, fragte Milo.
Millard zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung.« Er ließ sich in einen der Sessel fallen. »Können Sie mir sagen, ob ich eine Chance habe, etwas von Colvin zu erben?«
»Das weiß ich nicht«, versetzte ich. Dieser Bursche widerte mich an. Er schien den gewaltsamen Tod seiner Schwester nur zu bedauern, weil sie ihm nicht mehr finanziell unter die Arme greifen konnte. Er war habgierig. »Über die Verteilung der Erbschaft muss ein Nachlassverwalter entscheiden. Wenn Colvin Sie nicht in einem Testament bedacht hat, werden Sie wohl leer ausgehen.«
»Dann erbt alles sein Bruder, wie?«
»Anzunehmen. Kennen Sie Ed Colvin?«
»Ich habe ihn bei Thomas‘ und Esters Hochzeit gesehen. Aber das ist fünfundzwanzig Jahre her. – Wenn er alles erbt, werde ich mich wohl an ihn wenden müssen.«
»Sie sind Anfang der fünfzig«, sagte ich. »Es gibt sicher Arbeitgeber, die ältere Leute einstellen. Sie sollten es mal mit entsprechenden Bewerbungen versuchen.«