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Um Verbrecher dingfest zu machen, muss man manchmal über seinen eigenen Schatten springen und Dinge tun, die hinter dem Mantel der Vernunft zu liegen scheinen. Bill Logan sitzt ein, in Pinos Altos, einem Strafgefangenenlager. Seit Monaten wird der Panhandle von Banditen unter Befehl von Rufus Sunrise terrorisiert und der U.S. Marshal soll ihr Vertrauen gewinnen, zusammen mit ihnen fliehen und hoffentlich, so der Plan, ihren Anführer ausfindig machen. Hat Logan das Risiko vielleicht falsch eingeschätzt? U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2014
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 17
Höllenritt nach Santa Rosa
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171208
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Höllenritt nach Santa Rosa
Der Herr steh mir bei!
Milt Jackson, der Aufseher im Steinbruch von Pinos Altos, und zwei andere brutale Schläger nahmen mich unerbittlich in die Mangel. Sie schlugen auf mich ein, traten mich, und schon bald lag ich am Boden und trieb in den Nebeln der Benommenheit, die immer dichter gegen mein Bewusstsein anbrandeten.
Die drei Schufte kannten keine Gnade und kein Erbarmen. Immer neue Schläge und Tritte trafen mich. Über die Schmerzgrenze schien ich hinaus zu sein. Vielleicht griff schon der Tod mit kalter, gebieterischer Hand nach mir. Eine Art fataler Gleichgültigkeit erfasste von mir Besitz. Ich hatte diesem Irrsinn brutaler Gewalt nichts entgegenzusetzen. Ich merkte noch, wie mein Denken riss. Dann versank ich in absoluter Finsternis…
Als ich wieder zu mir kam, spürte ich im ersten Moment nur Kälte. Sie kroch aus dem Boden, durch meine Kleidung und in mich hinein. Zunächst begriff ich nichts– gar nichts. Finsternis umgab mich. Nur langsam gewöhnten sich meine Augen daran. Ich bewegte mich. Eine Welle des Schmerzes durchfuhr mich und zuckte bis unter meine Schädeldecke. Meine Zähne schlugen wie im Schüttelfrost aufeinander.
Die Erinnerung setzte ein.
Großer Gott! Sie hatten mich übel verprügelt, mich regelrecht in Stücke geschlagen. Es drang mit Gewalt auf mich ein. Ich bewegte mich vorsichtig, spürte Übelkeit und Schwindelgefühl. An meinem Körper schien es keine Stelle zu geben, die nicht schmerzte. Mein Hals war trocken wie Wüstenstaub.
Eine Woge der Benommenheit spülte mich hinweg wie eine graue, alles verschlingende Flut. Ich schloss die Augen. Nach und nach wurde mein Kopf wieder einigermaßen klar. Dennoch schien der Druck in meinem Schädel mein Hirn einzuengen. Nichts in meinem Körper schien mehr zu funktionieren. Die Signale, die mein Gehirn aussandte, blieben unbeantwortet.
Ich lag still. Nur mit äußerster Willenskraft gelang es mir, meine Gedanken zu ordnen.
Ich befand mich im Loch. Das war ein kleiner, flacher und fensterloser Steinbau im Strafgefangenenlager Pinos Altos, in dem renitente Gefangene zur Räson gebracht wurden.
Da ich es gewagt hatte, Milt Jackson, dem sadistischen Aufseher, zu widersprechen, galt ich als renitenter Gefangener.
Meine Aufsässigkeit brachte mich hierher.
Gütiger Gott! Das waren keine Menschen. Das waren den niedrigsten Trieben gehorchende Bestien.
Ich hatte mich freiwillig als Gefangener in das Straflager begeben. Niemand hier kannte meine wahre Identität. Keiner der Aufseher hatte eine Ahnung, dass ich in Wirklichkeit U.S. Marshal war und für das 'District Court for the Northern District of Texas' den Sattel quetschte…
Seit Wochen wurde der Panhandle von Banditen terrorisiert, die mit Kapuzen und Mänteln maskiert auftraten, denen nichts heilig war und die vor Blutvergießen nicht zurückschreckten.
Wir hatten einige Erfolge gegen diese Schufte erzielen können. Aber kaum hatten wir einen Brand gelöscht, flackerte an anderer Stelle ein neuer auf. Was die Banditen bewog, die Menschen im Panhandle mit einer Welle der Gewalt zu überziehen, war uns nicht klar. Wir konnten nur Vermutungen anstellen. Wir traten sozusagen auf der Stelle…
Der Anführer dieser Maskenreiter hieß Rufus Sunrise. Das erfuhren wir, nachdem Deadlock, der Kopfgeldjäger, auf der Spur dieses Banditen in den Panhandle gekommen war.
Zwei enge Freunde Rufus Sunrise' waren in Pinos Altos inhaftiert. Ich wollte ihnen zur Flucht aus dem Lager verhelfen, damit sie mich zu dem verbrecherischen Mestizen führten. Und über ihn wollten wir an seine Hintermänner herankommen.
Es war ganz anders gekommen, als ich es mir erträumt hatte. Dieser verdammte Aufseher konnte mich vom ersten Moment an nicht ausstehen. Er provozierte mich– bis ich mich zu dem Fehler hinreißen ließ, ihm zu widersprechen…
Nun lag ich in dem stinkenden Bau. Die Schwäche kroch wie flüssiges Blei durch meine Glieder. Die Schmerzen ließen mich stöhnen. Sogar das Atmen strengte an. Jede Bewegung kostete mich eine Überwindung, die meinen ganzen Willen erforderte.
Ich ließ mich in der Benommenheit treiben. Es war wie im Trance. Als die Riegel der Eisentür schepperten und die Tür quietschend aufschwang, rührte ich mich nicht. Tageslicht flutete herein, ein frischer Luftzug streifte mein zerschlagenes und schmerzendes Gesicht.
"Raus mit dir, Wayne!", forderte eine raue Stimme.
Ich rollte mich auf den Bauch und ächzte. Auf allen Vieren kroch ich ins Freie. Die Kette, die an dem Eisenring befestigt war, der sich um mein Fußgelenk schloss, straffte sich. Das Metall scheuerte schmerzhaft an meinem Knöchel. Ich zog die schwere Eisenkugel am Ende der Kette hinter mir her.
Dann hatte ich ein verstaubtes, brüchiges Stiefelpaar vor den Augen. Ich hob das Gesicht, sah eine blaue Hose, einen Patronengurt, ein ebenfalls blaues Hemd, die kurze Jacke mit den eisernen, silberfarbenen Knöpfen.
Die Aufseher in Pinos Altos trugen blaue Uniformen. Sie unterschieden sich jedoch deutlich von den Uniformen der Armee.
Der Schmerz in meinem Schädel eskalierte, meine Zähne knirschten übereinander. Mein Kopf sank wieder nach vorn. Mein Gesicht lag seitlich am Boden. Ich hörte meinen Atem rasseln.
"Aufstehen!"
Ich zog die Beine an, stemmte die Arme gegen den Boden. Ich war nahe daran, meine große Not hinauszubrüllen. Doch ich überwand meine Schwäche und brachte meinen Oberkörper in die Senkrechte. Er pendelte vor und zurück, mein Kopf baumelte vor der Brust. Ein Röcheln kämpfte sich in mir hoch und brach aus meiner pulvertrockenen Kehle.
Zu meinen beiden Seiten knirschte feinkörniger Sand unter harten Ledersohlen. Harte Hände packten mich. Ich wurde auf die Beine gezerrt. Schwankend stand ich. Ich fühlte Schwäche– schreckliche Schwäche, die alle Sehnen und Muskeln in mir gelähmt zu haben schien. Und natürlich die wühlenden Schmerzen. Da waren auch wieder die dunklen Schleier vor meinen Augen und die Übelkeit, die meinen Magen zusammenkrampfte.
Als mich die Hände losließen, brach ich wieder auf die Knie nieder. Ich verlor ganz einfach die Kontrolle über meinen Körper. Aber es gelang mir, den Kopf zu heben.
Den Mann, der vor mir stand, kannte ich nicht.
Er starrte ohne besondere Gemütsregung in mein Gesicht. Plötzlich knurrte er: "Mir scheint, diesmal hat Jackson etwas übertrieben. Bringt ihn zum Arzt, und dann sehen wir weiter."
Ich wurde wieder hochgezerrt und weggeschleppt. Meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Ich stöhnte kläglich…
*
Das Lazarett war in einem Anbau des Verwaltungsgebäudes untergebracht. Es gab insgesamt zehn Betten in dem großen Raum. Der Doc war ein untersetzter, bärtiger Bursche mit wässrigen, geröteten Augen, was auf einen überhöhten Alkoholkonsum schließen ließ.
Er wusch die Platz- und Schürfwunden, die meinen ganzen Körper überzogen, mit Alkohol aus. Es brannte wie Höllenfeuer. Immer wieder saugte ich zischend die Luft durch die Zähne ein. Der Doc knurrte: "Denk nur nicht, dass du mit deinem Gewimmer bei mir Eindruck schinden kannst. Damit ich dich von der Arbeit im Steinbruch befreie, musst du schon mit dem Kopf unter dem Arm daher kommen. Ihr Kerle neigt mit euren Wehwehchen doch alle zur maßlosen Übertreibung."
Der Bursche griff nach einer Flasche, setzte sie sich an den Mund und nahm einen gewaltigen Zug. Er rülpste, stellte die Flasche zurück und widmete sich wieder mir.
"Bei mir kommst du damit nicht durch. Wenn du aus diesem Bau hinausgehst, marschierst du schnurstracks in den Steinbruch. Und am Abend wird man dich wieder ins Loch werfen."
Ich lag auf einer der Pritschen. Der schale Atem des Arztes schlug mir ins Gesicht. Ja, der Bursche hatte eine Fahne, von der mir fast schlecht wurde.
Bei mir kam der Hass. Hass auf Jackson, Hass auf die Kerle, die ihm halfen, mich halb tot zu prügeln, Hass auf diesen heruntergekommenen Arzt, dessen Hände zitterten und dessen Herz hier im Zuchthaus abgestumpft zu sein schien. Ich schloss die Augen und presste die Lippen zusammen. Ich durfte nicht zeigen, welche Gefühle mich beherrschten. Denn ich wollte nicht noch mehr Schmerzen ertragen müssen.
Dann war ich verarztet, was dieser Doc auch immer darunter verstehen mochte. "Arbeitsfähig!", rief er den beiden Wachleuten zu, die mich hergeschleppt hatten.
Ich wurde aus dem Lager und in den Steinbruch dirigiert. Dort wartete schon Milt Jackson, der rothaarige Sadist. Ein satanisches Grinsen zerrte seine Lippen in die Breite. In seinen blassblauen Augen schimmerte Ironie, als er rief: "Wie siehst du denn aus, Wayne? Bist du etwa unter die Räder eines der Fuhrwerke gekommen? Oder hast du mitten in einer Sprengung gestanden?"
Die fünf Gefangenen, zu deren Arbeitsgruppe ich gehörte, fixierten mich skeptisch. Es galt hier, ein gewisses Arbeitspensum zu leisten. Die Gruppe, die es nicht schaffte, hatte mit Strafe zu rechnen. In der Regel wurden die Essensrationen gekürzt. Und es wurden zusätzliche Arbeitsstunden angeordnet.
Ich sah nicht aus wie ein vollwertiger Arbeiter. Deshalb die zweifelnden Blicke.
Nach Jacksons höhnischen Worten spürte ich wieder den unversöhnlichen Hass auf diesen Burschen in mir. Er bohrte sich wie ein giftiger Stachel in mein Gemüt. Dieser Schuft verwechselte Härte und Strenge mit Unmenschlichkeit und Brutalität. Dafür konnte ich kein Verständnis aufbringen. Männer wie er durften hier nicht sein. Jackson war im Grunde seines Herzens eine Bestie, die quälen wollte. Sonst nichts.
Ich nahm einen Vorschlaghammer, der an der Felswand lehnte. Dabei versuchte ich mich, so gut es ging, aufrecht zu halten. Jackson sollte nicht über mich triumphieren. Ich begann zu arbeiten. In jedem Schlag, den ich führte, lag die Wut, die mich beherrschte. Die Arbeit sorgte dafür, dass meine Muskulatur durchblutet wurde. Die Schmerzen an meinem Körper wurden erträglicher.
Als Jackson sich einmal abwandte, weil ein anderer Aufseher zu ihm kam und ihn ansprach, glitt Tom Pollock an mich heran. Es war einer der Kerle, denen ich zur Flucht verhelfen wollte, damit sie mich zu Rufus Sunrise führten. "Wie sieht es aus?", zischelte der Bandit.
"Ich werde die Nacht wieder im Loch verbringen", knurrte ich, ohne die Lippen zu bewegen. "Eine Woche lang."
"Ich hab mit Hanchett gesprochen", presste Pollock zwischen den Zähnen hervor. "Er denkt, dass es unmöglich sei, aus dem Lager zu fliehen. Selbst wenn wir den Gatling-Guns entgehen. Den Hunden entkommen wir nicht. Es sind Dobermänner, und sie sind auf die Menschenjagd abgerichtet."
"Wir müssen uns eben Pferde besorgen", murmelte ich. "Wie weit ist der Ort vom Lager entfernt?"
"Eine Meile etwa."
"Du hast wohl noch immer nicht genug, Wayne?", brüllte Milt Jackson. Der Aufseher hatte sich uns wieder zugewandt. Der andere Aufseher schritt davon. "Muss ich dir wirklich das Fleisch mit der Peitsche von den Knochen schlagen, bis du begreifst, dass du dich als Strafgefangener hier befindest?"
Ich schwang den Schlägel, ließ ihn auf einen kopfgroßen Steinbrocken herunter sausen. Gesteinssplitter spritzten. Jacksons gehässiger Blick ruhte auf mir. Ich erwartete eine neue Niedertracht. Aber der Bursche ließ mich in Ruhe. Wahrscheinlich wurde auch er am Pensum seines Arbeitstrupps gemessen.
Während der halben Stunde Mittagspause blieb ich auf den Beinen, denn ich befürchtete, dass sich meine Muskeln und Sehnen erneut verkrampften, wenn ich mich nicht bewegte. Am Nachmittag klopfte ich wieder Steine. Mit Pollock noch einmal zu sprechen hatte ich keine Chance mehr. Jackson lauerte nur darauf, dass ich einen Fehler machte, der ihn aus seiner Sicht legitimierte, auf mich loszugehen.
Dann kam das Signal für das Arbeitsende.
Ich wurde abgeholt und in das Loch gesperrt. Eine weitere Stunde später brachten mir zwei Wärter einen trockenen Kanten Brot und eine Kanne voll Wasser.
Das ging zwei Tage so.
Ich fühlte mich trotz der schweren Arbeit im Steinbruch geschmeidig genug, um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Die kleinen Platzwunden in meinem Gesicht und an meinem Körper waren verschorft. Ich hatte wieder den ganzen Tag den Vorschlaghammer geschwungen. Verschwitzt und verstaubt wurde ich zum Loch getrieben. Es war bereits dunkel. Es waren zwei Kerle, die mich mit den Gewehrkolben vor sich her bugsierten. Einer sperrte die Eisentür auf und öffnete sie. Er grinste zynisch, vollführte eine einladende Handbewegung und stieß hervor: "Reinspaziert, Wayne. Eigentlich hast du es gut erwischt. Dir gehört ein kompletter Bau ganz alleine. Niemand stört deinen Schlaf…"
Ich duckte mich bei ihm, wie ich mich jeden Tag geduckt hatte, um mir nicht den Kopf an der niedrigen Tür zu stoßen. Doch heute setzte ich nicht meinen Fuß in den stockfinsteren, stinkenden Bau, sondern ich wirbelte zu dem Mister herum.
Das Überraschungsmoment war auf meiner Seite. Der Uniformierte kam gar nicht dazu, eine Reaktion zu zeigen. Ich entriss ihm mit beiden Händen das Gewehr, wirbelte den Kolben in die Höhe und traf damit seine Schläfe. Ein zerrinnender Ton brach über seine Lippen. Mein zweiter Schlag fällte ihn.
Und sofort schleuderte ich mich zu dem anderen Burschen herum. Auch er war total überrumpelt und zu keiner Reaktion fähig. Es gab ein dumpfes Geräusch, als er vom Kolben getroffen wurde. Er fiel auf die Knie, seine Hände öffneten sich, das Gewehr klatschte auf den Boden. Ich schlug noch einmal zu. Der Aufseher kippte vornüber und blieb regungslos auf dem Gesicht liegen.
Das alles hatte sich innerhalb weniger Sekunden abgespielt. Die beiden Kerle waren gar nicht richtig zum Denken gekommen.
Ich suchte in den Taschen ihrer Jacken nach dem Schlüssel für die Fußfessel, fand ihn und schloss sie auf. Endlich war ich diese verdammte Eisenkugel los. Leises Klirren war zu vernehmen, als die Eisenmanschette fiel.
Ich nahm einem der Aufseher den Revolvergurt ab und schnallte ihn mir um. Aus dem Holster des anderen Wärters zog ich den Colt. Ich lehnte ihre Karabiner an die Wand des Lochs, schleifte die beiden besinnungslosen Kerle hinein, schloss die Tür und verriegelte sie.
Dann rannte ich geduckt zwischen die Schlafbaracken. Die Karbitscheinwerfer auf den Wachtürmen leuchteten zwar, aber sie waren auf den großen, freien Platz zwischen den Unterkünften gerichtet. Jeder der Wachtürme war mit zwei Wachposten besetzt.
Im Schlagschatten wartete ich ab.
Die meisten der Gefangenen befanden sich schon in den Baracken. Die Pferde und Ochsen, die die schwere Fuhrwerke mit dem Schotter zogen, wurden getränkt. Diese Arbeit mussten einige der Sträflinge erledigen. Dabei wurden sie natürlich beaufsichtigt. Stimmen schwirrten durcheinander und vermischten sich mit den übrigen Geräuschen im Lager. Befehle erklangen. Irgendwo fluchte ein Mann gotteslästerlich.
Vom Steinbruch her marschierte noch ein Trupp Sträflinge in Reih und Glied. Zwei Wachleute mit schussbereiten Gewehren hielten sie in Schach. Ein Wachmann öffnete das Tor, ließ die Gruppe ins Lager und schloss den Torflügel wieder.
Die Anspannung zerrte an meinen Nerven. Wenn ich erwischt wurde, dann gute Nacht. Ich weigerte mich, mir auszumalen, was Milt Jackson und Konsorte mit mir anstellen würden.
Und während ich wartete, schickte ich ein Stoßgebet um das andere zum Himmel, dass die beiden Wachmänner, die ich bewusstlos geschlagen und ins Loch gesperrt hatte, nicht vorzeitig erwachten.
Der Himmel schien meine Gebete zu erhören.
Jedenfalls wurde kein Alarm ausgelöst.
Im Lager kehrte Ruhe ein. Ein ganzes Stück entfernt sah ich eine Doppelstreife am Zaun entlang marschieren. Einer der Posten führte einen Dobermann an der Leine.
Aus dem Fenster des Wachhäuschens beim Tor fiel Licht.
Ich wusste, dass die Torwache aus zwei Mann bestand.
Ich glitt im Schutz der Schatten und Baracken durch das Lager und erreichte die Wachbaracke. Von den patrouillierenden Doppelposten war nichts zu sehen. Das Tor war mit einer Kette gesichert und wohl vier Yards hoch. Oben war es mit Stacheldraht bespannt. Hinüberzuklettern war unmöglich.