Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Auf Calem Garretsons Ranch herrscht Unruhe. Ein junger Bursche, Grat Clinton, behauptet, einen Erbanspruch zu haben, weil er auch ein Sohn des Ranchbesitzers wäre. Ein handfester Streit enfacht und eskaliert. Der junge Clinton wird öffentlich ausgepeitscht und vom Land gejagt. Wenige Tage später geschieht ein Unfall. Eine große Herde Garretsons dreht durch und tötet mehrere Cowboys. Calem Garretson ist überzeugt davon, dass Grat Clinton dahinter steckt. Die U.S.-Marshals Logan und Hawk werden gerufen. Können sie die wirren Umstände aufdecken und die wahren Schuldigen entlarven? U.S. Marshal Bill Logan Band 35 Gefährliche Erbschaft Western von Pete Hackett U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. Ein CassiopeiaPress E-Book "Für mich bist du ein niederträchtiger und dreckiger Lügner, Clinton", grollte der Bass Calem Garretsons. Die Brauen des Ranchbosses hatten sich über der Nasenwurzel drohend zusammengeschoben und bildeten nur noch einen grauen, durchgehenden Strich. Der Blick Garretsons versprach Unheil. Die Atmosphäre im Ranch Office war angespannt, fast explosiv. Calem Garretson fuhr grimmig fort: "Verschwinde von der Rainbow Ranch, Clinton, oder ich lasse dich von meinen Männern über den Wolf Creek bis hinunter zum Canadian prügeln. Aber dann wirst du die Stunde, in der du dich zu mir gewagt hast, um von mir Geld zu verlangen, für den Rest deines schäbigen Lebens bereuen." "Des schäbigen Lebens, das ich dir zu verdanken habe, Garretson!", fauchte Grat Clinton. "Zur Hölle mit dir! Du bist mein Vater, und deshalb..." "Jag den Narren von der Ranch, Parker!", stieß Calem Garretson düster hervor. "Und verleidet ihm das Wiederkommen für alle Zeiten." Parker Riggs, der Vormann der Rainbow Ranch, stieß sich von der Wand ab, an der gelehnt und dem Gespräch zwischen seinem Boss und Grat Clinton gelauscht hatte. Clinton war gekommen, um Geld von Garretson zu verlangen, einen Erbausgleich, auf den er als angeblich unehelicher Sohn Calem Garretsons einen Anspruch zu haben glaubte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
U.S. Marshal Bill Logan
Band 35
Gefährliche Erbschaft
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171383
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F. Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Gefährliche Erbschaft
"Für mich bist du ein niederträchtiger und dreckiger Lügner, Clinton", grollte der Bass Calem Garretsons. Die Brauen des Ranchbosses hatten sich über der Nasenwurzel drohend zusammengeschoben und bildeten nur noch einen grauen, durchgehenden Strich. Der Blick Garretsons versprach Unheil. Die Atmosphäre im Ranch Office war angespannt, fast explosiv.
Calem Garretson fuhr grimmig fort: "Verschwinde von der Rainbow Ranch, Clinton, oder ich lasse dich von meinen Männern über den Wolf Creek bis hinunter zum Canadian prügeln. Aber dann wirst du die Stunde, in der du dich zu mir gewagt hast, um von mir Geld zu verlangen, für den Rest deines schäbigen Lebens bereuen."
"Des schäbigen Lebens, das ich dir zu verdanken habe, Garretson!", fauchte Grat Clinton. "Zur Hölle mit dir! Du bist mein Vater, und deshalb…"
"Jag den Narren von der Ranch, Parker!", stieß Calem Garretson düster hervor. "Und verleidet ihm das Wiederkommen für alle Zeiten."
Parker Riggs, der Vormann der Rainbow Ranch, stieß sich von der Wand ab, an der gelehnt und dem Gespräch zwischen seinem Boss und Grat Clinton gelauscht hatte. Clinton war gekommen, um Geld von Garretson zu verlangen, einen Erbausgleich, auf den er als angeblich unehelicher Sohn Calem Garretsons einen Anspruch zu haben glaubte.
Doch Garretson wusste nichts von einem unehelichen Sohn. Und er war davon überzeugt, einen schmutzigen Betrüger vor sich zu haben. Dafür konnte er kein Verständnis aufbringen– ebenso wenig wie für einen Pferdedieb oder Rustler. Und darum reagierte er mit Härte, Mitleidlosigkeit und gnadenloser Kompromisslosigkeit, wie er ein Leben lang auf alles reagiert hatte, das seinen Plänen, Zielen und Wünschen nicht entsprochen hatte.
Grat Clinton, der 24-Jährige Bursche, der aus einem ähnlichen Holz geschnitzt war, wandte sich schnell dem Vormann zu, der sich ihm von der Seite näherte. Die Hand Clintons legte sich auf den Knauf des Revolvers an seinem rechten Oberschenkel.
"Komm mir nicht zu nah, Mister!", drohte Grat Clinton mit kratzender Stimme. Und mit Nachdruck fügte er hinzu: "Ich bin sein Sohn. Ich habe es ihm von der Nasenspitze ablesen können. Er kann sich sehr wohl der Frau erinnern, die er schamlos ausgenutzt hat und dann in der Schande sitzen ließ. Also bleib mir vom Leib."
Parker Riggs hatte angehalten. Er schien verunsichert zu sein. Fragend schaute er seinen Boss an. Dessen Stirn schien sich noch mehr umwölkt zu haben, die Zornesader an seiner Schläfe war angeschwollen. "Ich kenne keine Susan Clinton!" Es kam wie fernes Gewittergrollen. "Gewiss, es gab einige Frauen in meinem Leben. Und ich war irgendwann vor einer Reihe von Jahren möglicherweise auch längere Zeit in San Antonio. Aber ich kann mich nicht eines jeden Flittchens erinnern…"
Mit einem schnellen Schritt war Grat Clinton beim Schreibtisch, hinter dem Garretson saß. Die Hände des Burschen schossen über das Möbel und packten Garretson an den Aufschlägen seiner Weste. Mit einem Ruck riss Clinton den Ranchboss halb über den Schreibtisch. Der Atem Clintons schlug Garretson ins Gesicht, als er zischte: "Bezeichne meine Mutter nie wieder als Flittchen, Garretson! Nie wieder, hörst du! Oder ich schlage dir dieses verdammte Wort in den Hals zurück!"
Einen Augenblick herrschte bei Garretson und Riggs Atemlosigkeit. Grat Clintons Augen versprühten zornige Blitze. Aus jedem Zug seines Gesichts sprach eine wilde Wut. Die Lippen waren nach dem letzten Wort zusammengepresst, hart traten die Backenknochen aus dem schmalen Gesicht hervor.
Schließlich knurrte Calem Garretson drohend und unduldsam zwischen den Zähnen: "Nimm deine dreckigen Hände von mir, du Lump! Oder muss ich dir von meinen Leuten den nötigen Respekt mit den Fäusten einhämmern lassen?"
Parker Riggs war von der Seite an Grat Clinton herangeglitten. Clinton sah ihn aus den Augenwinkeln. Er nahm seine Hände von Garretsons Weste und wirbelte zu Riggs herum. Und wieder zuckte seine Rechte zum Revolverkolben. Aber da warf sich Riggs schon auf ihn. Die Linke des Vormannes umklammerte Clintons Handgelenk. Der Anprall der kräftigen Gestalt Riggs' ließ Grat Clinton wanken. Ein zischender Laut entrang sich ihm. Und dann donnerte ihm Riggs die Faust mit Wucht ins Gesicht.
Die Welt versank vor Clintons Blick in einem Meer aus Flammen. Und dann landete Riggs' Faust wie ein Eselstritt in seinem Leib. Ächzend beugte sich Grat Clinton nach vorn. Sein Oberkörper bildete einen 90 Grad-Winkel zu seinen Beinen. Er japste nach Luft wie ein Erstickender. Das Feuer vor seinen Augen war erloschen, doch jetzt schien sich alles um ihn herum zu drehen. Die Benommenheit brandete gegen sein Bewusstsein an, die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Er presste beide Hände gegen den Leib. In diesen Augenblicken war er völlig hilflos und seinen Gegnern schutzlos ausgeliefert.
Ein mörderischer Haken traf ihn. Er richtete ihn wieder auf. Sein Kopf flog in den Nacken. In seinem Kopf schienen Explosionen stattzufinden, Dunkelheit kroch auf ihn zu, ihm wurde es schwindlig. Clinton wusste nicht mehr, wo unten und oben, wo hinten oder vorne war. Er brach auf die Knie nieder. Sein Kinn sank auf die Brust, sein Kopf wackelte vor Benommenheit.
Die Tür wurde von außen geöffnet. Ein Bursche, etwa so alt wie Grat Clinton, betrat das Office. Er war blond und blauäugig. Calem Garretson und Parker Riggs wandten sich ihm zu. Riggs massierte mit der linken Hand die Knöchel seiner Rechten, die ihm von dem letzten Haken, den er Grat Clinton versetzt hatte, schmerzten.
Verschwommen konnte Grat Clinton den Burschen ausmachen. Er war von den Schlägen wie betäubt. Sein Verstand arbeitete nur schwerfällig, Zusammenhänge kamen nicht zustande. Wie aus weiter Ferne hörte er jemand sprechen: "Wer ist das? Und weshalb hast du ihn verprügelt, Riggs?"
"Er nennt sich Grat Clinton und gibt vor, mein unehelicher Sohn zu sein", erwiderte Calem Garretson. "Er wollte einen Erbausgleich von mir. Fünfzehntausend Dollar." Der Ranchboss räusperte sich. "Wirf ihn in den Hof, Riggs. Und dann lass die Mannschaft, die sich auf der Ranch befindet, antreten. Ich werde diesen Narren mit der Peitsche in Stücke schlagen. Vorwärts!"
"Ich helfe dir", knurrte der blondhaarige Bursche kurzentschlossen. Sein Name war Bob Flannagan. Er war Garretsons Stiefsohn. Nancy Flannagan brachte ihn mit in die Ehe, als Calem Garretson sie vor knapp 20 Jahren heiratete. Nancy Flannagan war zwischenzeitlich verstorben. Leibliche Kinder hatte sie Garretson nicht geschenkt. Er hatte Bob in seinem Sinne erzogen. Bob sollte irgendwann sein Erbe als Ranchverwalter antreten. Und er sollte auch alles andere erben, was Calem Garretson sich im Laufe seines Lebens geschaffen hatte.
Grat Clinton hatte seine Benommenheit überwunden. Er kämpfte sich hoch. Blut rann aus einer Platzwunde an seinem Kinn. Die Schwellung um die Platzwunde herum färbte sich dunkel. Seine Augen muteten etwas glasig an. Seine Bewegungen waren unbeholfen und tapsig.
Parker Riggs und Bob Flannagan packten Clinton. Unbarmherzig bogen sie ihm die Arme auf den Rücken. Clinton machte das Kreuz hohl und schrie auf, denn sie kugelten ihm fast die Arme aus. Sein Mund klaffte auf, sein Atem ging schnell. Er keuchte: "Du kannst mich schlagen, Garretson, ja, schlag mir mit der Peitsche das Fleisch von den Knochen. Aber das ändert nichts daran, dass ich dein Sohn bin. Erinnere dich an Susan Clinton in San Antonio. Es ist ein Vierteljahrhundert her…"
"Hinaus mit ihm!", fauchte Calem Garretson. Er trat dicht vor Clinton hin und tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust. "Ja, ich werde dir das Fleisch von den Knochen schlagen. Möglich, dass ich mit deiner Mutter irgendwann mal was hatte. Wie ich schon sagte: Es gab eine Reihe von Frauen in meinem Leben. Meistens waren es irgendwelche Huren, die für drei Dollar zu haben waren. Ihre Namen habe ich mir mit Sicherheit nicht gemerkt. Du und deine Mutter– ihr habt euch das fein ausgedacht. Weiß der Teufel, wo sie dich aufgeklaubt haben. Und jetzt versucht sie im Verein mit dir Bastard, an mein Geld heranzukommen. Aber nicht mit mir, Clinton. Ich werde dich zerbrechen."
"Wir schlagen dich in Stücke!", hechelte Bob Flannagan dicht neben Clintons Ohr. "Vielleicht hat dich deine verdammte Mutter mit der Unwahrheit bedient, und du bist wirklich der Meinung, mein Dad wäre dein Vater. Aber es gibt nur einen Sohn, nur einen Erben. Und der bin ich– Bob Flannagan."
Der Stiefsohn Garretsons lachte höhnisch auf und verstärkte brutal den Druck auf Clintons Arm. Grat Clinton stöhnte. Sein Mund war pulvertrocken. Seine Lippen ebenfalls. Schmerz wühlte in seinen Zügen. Schweiß perlte auf seiner Stirn.
Garretson gab Riggs und seinem Stiefsohn einen Wink. Sie zerrten und bugsierten Grat Clinton zur Tür hinaus und in den Ranchhof. Dort stießen sie ihn in den Staub. Grat Clinton lag auf allen Vieren. Calem Garretson sprang vom Vorbau. Rundum kamen die Cowboys und Rancharbeiter aus Schuppen, Stallungen und Scheunen oder von einem der Corrals her, in dem eine Handvoll Männer mit dem Einreiten von Pferden beschäftigt gewesen waren. Aufgewirbelter Staub senkte sich. Winzige Partikel flirrten und glitzerten im Sonnenlicht.
"Eine Peitsche!", verlangte Calem Garretson.
Er bekam sie.
Sein Gesicht war wie versteinert. Die Mienen der Männer ringsum, die nicht wussten, warum Grat Clinton zurechtgestutzt werden sollte, zeigten die unterschiedlichsten Regungen. Aber niemand sagte etwas. Jeder wusste über die Unduldsamkeit und die gnadenlose Härte Calem Garretsons Bescheid. Er würde sicher einen Grund haben…
Die Lederschnur der Peitsche ringelte sich wie der Leib einer Schlange im Staub des Hofes.
"Ich werde dir das Wiederkommen verleiden, Bastard!", knurrte Garretson. "Für alle Zeiten. Und bestell deiner Mutter, dass ich auch sie mit der Peitsche von der Ranch jagen werde, sollte sie die Stirn besitzen, hier aufzukreuzen."
Mit dem letzten Wort schlug Calem Garretson zu.
*
Drei Monate waren verstrichen.
Eine Herde von etwa 1000 Longhorns war auf dem Marsch. Die Rinder trugen den Brand der Rainbow Ranch. Ein Cowboy ritt vor der Herde und führte den Leitstier. Man hatte ihm schon als jungen Bullen einen Ring durch die Nase gezogen, an dem die Longe befestigt war. Die Tiere waren für die Indianeragentur bestimmt, die von Camp Sully betreut wurde.
Noch befand sie sich auf texanischem Boden.
Zwei Cowboys sicherten die Flanken der Herde. Ein vierter Mann bildete den Schluss, war also der Dragrider. Er musste den meisten Staub schlucken, und daher hatte er sich das Halstuch über Mund und Nase gezogen.
Weit hinter der Herde kamen zwei Cowboys mit der Remuda, einem Rudel von zehn Ersatzpferden, und ein kleiner Chuckwagen, den der Koch lenkte.
Die Herde zog ruhig dahin. Sie befand sich noch auf dem Weideland der Rainbow Ranch. Das Rumoren, das die marschierende Herde verursachte, hing in der Luft. Heiß brannte die Sonne vom Firmament.
Niemand dachte an Verdruss, an Unheil, an Tod und Verderben.
Das änderte sich schlagartig, als ein Schuss peitschte und der Leitstier vorne einbrach. Er warf den mächtigen Schädel in den Nacken, brüllte auf und wollte wieder hochkommen. Ein zweites Mal hämmerte das Gewehr auf einem Hügel südlich der Herde. Der Stier kippte zur Seite. Seine Beine zuckten unkontrolliert. Der Reiter, der ihn geführt hatte, hatte das Pferd in den Stand gezerrt. Verblüfft schaute er sich um. Er hatte verstandesmäßig noch nicht so richtig verarbeitet, dass zwei Kugeln das Leittier gefällt hatten.
Hinter ihm kam die Herde. Bei ihm teilte sie sich. Rechts und links von ihm trotteten die Tiere mit den ausladenden Hörnern vorbei. Buschige Schwanzenden peitschten über knochigen Rücken. Horn klapperte. Stiere brüllten, Kühe muhten.
Die beiden Flankenreiter und der Schlussreiter schienen noch nicht mitbekommen zu haben, was sich abspielte. Ebenso wenig die beiden Männer, die die Remuda trieben, und der Koch, der den Küchenwagen fuhr.
Das Krachen des Schusses war von den Geräuschen der ziehenden Herde verschluckt worden.
An dem Spitzenreiter fluteten die Longhorns vorbei. Das Pferd unter ihm trat unruhig auf der Stelle. Er ließ seinen Blick schweifen und griff dabei nach der Winchester, die im Sattelholster steckte. Das Gewehr flirrte heraus. Der Mann repetierte.
Da sah er es südlich auf der Kuppe erneut aufglühen. Das Mündungsfeuer verschmolz mit dem Sonnenlicht. Dennoch entging es ihm nicht. Eine kleine Pulverdampfwolke erhob sich.
Die Kugel fällte ein Rind.
An anderer Stelle auf dem Hügel blitzte es ebenfalls auf. Und dann nahm der Reiter wahr, dass sich an weiteren Stellen Pulverdampf über die Büsche und Sträucher erhob.
Rinder stürzten, keilten aus, brüllten und muhten kläglich. Andere Longhorns wurden nervös und begannen schneller zu trotten. Die Herde teilte sich. Der Reiter stieß einen bitteren Fluch aus und trieb sein Pferd an.
Jetzt schienen auch die Flankenreiter bemerkt zu haben, dass vorne etwas nicht mehr stimmt. Sie kamen im Galopp nach vorn. Einer von ihnen warf plötzlich beide Arme in die Höhe und stürzte rücklings vom Pferd. Die Spitze der Herde wurde schneller, immer schneller. Die Unruhe griff um sich. Weitere Tiere brachen unter den Kugeln vom Hügel zusammen. Und dann wurde das Pferd des Spitzenreiters getroffen. Der Cowboy und das Pferd verschwanden in der Flut aus schwarzen Leibern.
Und plötzlich brachen die Rinder in Stampede aus. Ein Stier brüllte, andere stimmten ein, sie begannen zu laufen und die nachfolgende Herde folgte. Der Boden schien unter fast viertausend Hufen zu erbeben. Das Getöse wurde Ohren betäubend. Staub wallte dicht und verdeckte das Szenario wie ein grau-gelber Schleier. Rinder, die stürzten, wurden in Grund und Boden gestampft. Alles, was sich der Stampede in den Weg stellte, wurde unerbittlich niedergewalzt.
Die außer Rand und Band geratene Herde setzte sich nach Norden ab. Die Tiere würden laufen, bis sie vor Müdigkeit nur noch dahintaumelten. Die Herde würde sich in alle Winde zerstreuen.
Die beiden Cowboys, die die Remuda getrieben hatten, spornten ihre Pferde an. Zusammen mit den beiden Treibern, die von den Kugeln und von der Stampede verschont worden waren, jagten sie auf den Hügel zu, auf dem sich die Schufte hockten, die der Herde den Hinterhalt gelegt hatten.
Heißes Blei zischte den vier Weidereitern entgegen. Ein Pferd brach zusammen, einer der Cowboys wurde wie von einer Riesenfaust getroffen aus dem Sattel gefegt. Er rollte ein Stück hangabwärts und blieb mit ausgebreiteten Armen liegen. Die beiden anderen Reiter drehten ab, sprangen von den Pferden und rannten in Deckung. Der Bursche, dessen Pferd getroffen worden war, hatte sich bereits hinter einen Busch geworfen und in Sicherheit gebracht.
Sie feuerten, was die Gewehre hergaben. Kurze Zeit wurde das Feuer von oben erwidert. Das Getöse der durchgehenden Herde war nur noch von Ferne zu hören. In dieses monotone Grollen mischte sich nach einiger Zeit der Trappeln von Pferdehufen, das auf der anderen Seite des Hügels aufkam. Es entfernte sich.
Einer der Cowboys setzte alles auf eine Karte und verließ seine Deckung, bereit, sich sofort hinzuwerfen, sollte es auf dem Scheitel der Anhöhe knallen. Doch nichts geschah. Die Männer von der Rainbow hetzten den Hang hoch und liefen über die Kuppe.
Nur noch die fernen Hufschläge kündeten von der Anwesenheit der Banditen. Sie waren zwischen den Hügeln verschwunden. An fünf verschiedenen Stellen fanden die Weidereiter ausgeworfene Patronenhülsen. Das Messing glitzerte im Sonnenlicht.
Die drei Cowboys waren unschlüssig. Sollten sie versuchen, die Spur der Banditen aufzunehmen und ihr zu folgen? Sie liefen Gefahr, in einen weiteren Hinterhalt zu reiten und getötet oder verwundet zu werden. Sie beschlossen, auf die Rainbow Ranch zurückzukehren und Garretson und Riggs die Entscheidung über das weitere Vorgehen zu überlassen.
Sie verließen den Hügel. Der Reiter, den eine Kugel aus dem Sattel geholt hatte, war tot. Die Männer holten ihre Pferde.
Der Chuckwagen hatte bei der Pferderemuda angehalten. Der Koch war vom Bock gesprungen und lief mit allen Anzeichen des Entsetzens zwischen den reglosen Rindern herum, die zurückgeblieben waren.
"Walt und Curly sind tot!", schrie er, als die Reiter in Rufweite waren. "Großer Gott, wer hat das getan? Warum haben diese Schufte die Herde in Stampede versetzt? Nur darum ist es ihnen gegangen!"
"Auch Buck ist tot", rief einer der Reiter. "Diese dreckigen Schweine…"