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U.S. Marshal Bill Logan Band 36 Jim Garretts tödlicher Schwur Western von Pete Hackett U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. Ein CassiopeiaPress E-Book Die Hufe des Braunen rissen feine Staubwolken in die klare Luft. Das dumpfe Pochen trieb auseinander und versank nach wenigen Schritten in der Lautlosigkeit. Manchmal klirrte ein Eisen. "Noch zwei Meilen ", murmelte der Mann heiser und tätschelte den verstaubten und verschwitzten Hals des Pferdes. "Zwei Meilen noch, Sonny, dann gibt es frisches Wasser, Hafer und Schatten ..." Das Tier schnaubte prustend. Es warf den Kopf in den Nacken, so, als hätten es die Worte des Reiters beflügelt, als hätten sie dem Körper frische Energien eingehaucht. Zwei Meilen, an deren Ende das Verderben für Jim Garrett stehen sollte. Jim Garrett ritt dem Unheil geradewegs entgegen. Das Schicksal hatte zu einem fürchterlichen Schlag gegen ihn ausgeholt ... Doch das ahnte der Dreißigjährige nicht. Er ritt völlig arglos. Schließlich lagen die Gebäude der kleinen Ranch vor dem Mann. Hier war er zu Hause. Hinter den ärmlichen Gebäuden hatte der Trujillo Creek sein Bett gegraben. Jim Garrett fuhr sich mit dem Handrücken über die entzündeten Augen. Unbarmherzig knallte die Sonne auf ihn herunter. Sie höhlte ihn und das Pferd aus. Der Schatten, den Pferd und Reiter warfen, war kurz.
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2014
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 36
Jim Garretts tödlicher Schwur
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171390
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F. Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Jim Garretts tödlicher Schwur
Die Hufe des Braunen rissen feine Staubwolken in die klare Luft. Das dumpfe Pochen trieb auseinander und versank nach wenigen Schritten in der Lautlosigkeit. Manchmal klirrte ein Eisen.
"Noch zwei Meilen", murmelte der Mann heiser und tätschelte den verstaubten und verschwitzten Hals des Pferdes. "Zwei Meilen noch, Sonny, dann gibt es frisches Wasser, Hafer und Schatten…"
Das Tier schnaubte prustend. Es warf den Kopf in den Nacken, so, als hätten es die Worte des Reiters beflügelt, als hätten sie dem Körper frische Energien eingehaucht.
Zwei Meilen, an deren Ende das Verderben für Jim Garrett stehen sollte. Jim Garrett ritt dem Unheil geradewegs entgegen. Das Schicksal hatte zu einem fürchterlichen Schlag gegen ihn ausgeholt…
Doch das ahnte der Dreißigjährige nicht. Er ritt völlig arglos. Schließlich lagen die Gebäude der kleinen Ranch vor dem Mann. Hier war er zu Hause. Hinter den ärmlichen Gebäuden hatte der Trujillo Creek sein Bett gegraben.
Jim Garrett fuhr sich mit dem Handrücken über die entzündeten Augen. Unbarmherzig knallte die Sonne auf ihn herunter. Sie höhlte ihn und das Pferd aus. Der Schatten, den Pferd und Reiter warfen, war kurz.
Jim Garrett hatte angehalten und starrte hinunter auf die Hütten, die er als seine Ranch bezeichnete: ein flaches Wohnhaus mit zwei Räumen, ein Stall, ein Werkzeugschuppen mit Schmiede, eine Scheune und ein Corral, in dem sich ein Dutzend Pferde tummelten.
Er war stolz auf seinen Besitz. Auf seiner Weide standen an die 1000 Herefords. Er belieferte einige Armeeposten in New Mexiko mit Fleisch. Jim Garrett war zufrieden.
"Hüh!" Er kitzelte das Pferd mit den Sporen. Der Braune setzte sich in Bewegung. Der Reiter lenkte das Tier hügelabwärts. Die Vorderbeine des Pferdes stemmten sich gegen das Gefälle. Sträucher und kniehohes Gras wuchsen hier. Hoch in der Luft zwitscherte eine Lerche. In den Sträuchern summten die Bienen.
Alles mutete ruhig und friedlich an.
Als Jim Garrett zwischen Schuppen und Scheune auf den Ranchhof ritt, wurde beim Stall ein Gewehr durchgeladen. Scharf und metallisch stand das Geräusch für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft. Eine Gestalt kam, das Gewehr im Hüftanschlag, um die Stallecke. Es war ein hochgewachsener Mann, an dessen Lederweste ein Stern funkelte.
Auch beim Wohnhaus wurde ein Gewehr repetiert. Ein weiterer Mann trat in Erscheinung, ebenfalls die Winchester im Anschlag, ebenfalls einen Stern an der Brust.
"Heb die Hände, Garrett!", rief der Mann beim Stall. "Versuch nicht, nach deinem Colt zu greifen. Es täte mir leid…"
Die Worte hingen tonnenschwer, wie ein Manifest, in der heißen Luft, ehe sie zerrannen und versanken.
Jim Garrett war wie gelähmt, zu keiner Reaktion fähig. Mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Erschrecken starrte er abwechselnd auf uns.
Wenn ich von 'uns' spreche, dann ist die Rede von Joe Hawk und mir, William Wayne Logan. Wir waren U.S. Marshals im Dienste des 'District Court for the Northern District of Texas', unser Boss war Bundesrichter Jerome F. Humphrey, und wir hatten einen Haftbefehl in der Tasche, der auf den Namen Jim Garrett ausgestellt war.
"Wir verhaften Sie im Namen des Gesetzes, Jim Garrett", rief ich. "Steigen Sie ab und heben Sie die Hände. Vorwärts!"
Garrett starrte mich verständnislos an. "Verhaftet– weshalb?", brach es schließlich aus seiner Kehle. Verständnislos musterte er mich.
"Wegen versuchten Postkutschenraubes", antwortete ich und ging mit kurzen, abgezirkelten Schritten auf den Smallrancher zu. Die Winchester deutete unverrückbar und unmissverständlich auf ihn. Mein Finger lag um den Abzug.
Vom Stall her näherte sich Joe, mein Freund und Partner. Auch er zielte auf Garrett.
Die Lähmung, die Garrett befallen hatte, löste sich. Er legte beide Hände übereinander auf den Sattelknauf und beugte sich etwas vor. "Postkutschenraub?", echote er und blinzelte verständnislos. Dann stieß er scharf die Luft durch die Nase aus. "Welche Kutsche soll ich denn versucht haben zu berauben?"
"Die Stagecoach, die zwischen Dalhart, Channing, Amarillo und Lubbock verkehrt", versetzte Joe. "Sie wurden eindeutig identifiziert, Garrett. Das Pferd, das der Bandit ritt, trug den J.G.-Brand. Allerdings hatten Sie das Pech, dass der bewaffnete Postkutschenbegleiter mehr Courage bewies, als Sie wahrscheinlich dachten."
"Ich verstehe nicht."
"Nun, er schlug Sie in die Flucht. Und jetzt sollten Sie absitzen, Garrett und die Flossen zum Himmel strecken. Versuchen Sie lieber nichts. Es bekäme Ihnen schlecht."
"Ich habe nicht versucht, eine Kutsche zu überfallen, Marshals", stieß Garrett zwischen den Zähnen hervor. "Wer das behauptet, lügt. Ich bin gestern Mittag nach Channing geritten, weil dort Rinder- und Pferdemarkt abgehalten wurde. Das kann ich beweisen. Im Hotel in Channing…"
Ich unterbrach Garrett hart: "Es geht nicht um gestern oder heute, Garrett. Der Überfall fand vor drei Tagen statt. In der Nähe von Hartley, genau zwischen Dalhart und Channing."
"Das ist verrückt", murmelte Garrett, schwang das linke Bein über den Sattelknauf und ließ sich vom Pferd gleiten. Gehorsam hob er die Hände in Schulterhöhe. Er trat zwei Schritte vom Pferd weg. "Mir wurde vor einer Woche ein Pferd aus der Koppel gestohlen. Wahrscheinlich war das der Bursche, der auch die Kutsche hops nehmen wollte. Es war ein Falbe…"
"Haben Sie den Diebstahl zur Anzeige gebracht, Garrett?", fragte Joe.
"Nein. Bis nach Amarillo, wo das Gesetz sitzt, sind es 45 Meilen. Diesen Weg wollte ich nicht auf mich nehmen, um gesagt zu bekommen, dass die Marshals was Wichtigeres zu tun haben, als einen Pferdedieb zu verfolgen."
"Drehen Sie sich um", forderte ich.
Als mir Jim Garrett den Rücken zuwandte, zog ich ihm den Sechsschüsser aus dem Holster. Ich schob den Colt in meinen Hosenbund.
Joe kam von vorne. Er hielt jetzt Handschellen in der Linken, lehnte das Gewehr weg und forderte Garrett auf, die Hände vorzustrecken.
Der Smallrancher ließ die Arme sinken, streckte sie Joe entgegen und– stieß sich ab. Er erwischte Joe an der Weste und wirbelte ihn herum. Joe war total überrumpelt. Im nächsten Moment befand er sich zwischen mir und Garrett. Die Hand des Smallranchers zuckte nach dem Colt meines Gefährten. Aber Joe hatte seine Verblüffung abgestreift. Er rammte seinen Ellenbogen nach hinten, traf Garrett in den Magen, und der Rancher krümmte sich mit einem wilden, unbeherrschten Aufschrei nach vorn. Sein Mund war weit aufgerissen. Er presste die Linke unwillkürlich auf den Leib.
Joe wirbelte herum und schlug zu. Knochentrocken landete seine rechte Faust am Kinn Garretts. Dessen Kopf wurde auf die Schulter gedrückt. Garrett stolperte von der Wucht des Treffers einen Schritt zur Seite. Da war Joe schon bei ihm und drehte ihm den rechten Arm auf den Rücken. Eine der Handschellen klickte, Joe riss auch den linken Arm nach hinten…
Jim Garrett war gefesselt. Eine Schwellung zeigte sich an seinem Kinn. Dem Smallrancher standen die Tränen des Schmerzes in den Augen. Seine Lippen sprangen auseinander, er keuchte: "Ihr macht einen Fehler, Marshals. Ich habe nie versucht, eine Kutsche zu überfallen. Dass mir ein Pferd gestohlen wurde, ist die Wahrheit."
"Erzähl es dem Gericht", knurrte Joe ungnädig. Er hatte sich wieder sein Gewehr geschnappt. Jetzt wandte er sich mir zu. "Ich hole unsere Pferde aus dem Stall. Ich denke, wir können sofort aufbrechen."
Ich nickte.
Der Smallrancher ließ wieder seine Stimme erklingen: "Das ist ein abgekartetes Spiel. Dahinter steckt die Hackknife Ranch. Ich bin Wallace schon lange ein Dorn im Auge mit meiner Ranch hier am Trujillo Creek. Nachdem ich zwei Angebote der PCC ausschlug, versucht man es nun auf diese Art und Weise."
"Wir wissen, dass Sie ziemliche Schulden bei der Bank in Channing haben, Garrett", sagte ich. "Die Rückzahlung eines Teiles der Hypothek ist am 1. fällig. In acht Tagen also. Haben Sie das Geld?"
"Nein. Aber die Bank wird mir sicher eine Verlängerung einräumen. Balder, der Bankier weiß, dass die Zucht von Herefords Zukunft hat. Ich habe schon mal mit ihm drüber gesprochen. Das…"
"Wir haben auch mit Balder gesprochen", so schnitt ich Garrett das Wort ab. "Und uns erzählte Balder, dass er Ihnen keine Verlängerung mehr eingeräumt hätte. Die Bank wird also am 1. die Hand auf Ihren Besitz legen, wenn Sie nicht zahlen können. Um das abzuwenden haben Sie versucht, die Postkutsche zu berauben."
"Nein", keuchte Garrett, "bei Gott– nein!"
*
Wir ritten bis Vega und beschlossen, in dem kleinen Ort die Nacht zu verbringen. Die Ortschaft lag an der Postkutschenstraße, die von Amarillo nach Tucumcari in New Mexiko führte. In Vega gab es alles, was eine Stadt ausmachte, und die Bürgerschaft hatte sogar ein Sheriff's Office und ein Gefängnis errichtet, allerdings war der Posten des Sheriffs verwaist. Rechtlich wurde Vega von Amarillo aus mit betreut.
Wir ritten zum Saloon. Am Haltebalken standen zwei Pferde, die mit den Schweifen nach den lästigen Bremsen an ihren Flanken schlugen. Sie trugen das Brandzeichen der Hackknife Ranch. Der Himmel im Westen blutete im Sonnenuntergang. Auf dem Land lag ein rötlicher Schleier, die Schatten waren lang und blass.
"Absitzen!", kommandierte ich.
Ich hatte Jim Garrett zwischenzeitlich die Hände vorne gefesselt, damit er die Zügel führen konnte.
Joe und ich schwangen uns von den Pferden. Ich schlang die Leine um den Querholm. Jim Garrett saß ebenfalls ab. Auch er leinte sein Pferd fest. Der Scabbard an seinem Sattel war leer. Die Winchester des Smallranchers steckte in Joes Deckenrolle. Garretts Sechsschüsser hatte Joe in seiner Satteltasche verstaut.
Ich sagte: "Wir werden im Saloon etwas essen, Garrett. Die Nacht wirst du im hiesigen Jail verbringen. Und morgen am Nachmittag erreichen wir Amarillo."
"Dort werdet ihr mich Sheriff Tucker übergeben, nicht wahr?"
"Yeah."
Garrett kniff die Lippen zusammen.
Joe und ich nahmen unsere Gewehre, dann dirigierten wir Garrett vor uns her in den Saloon. Die beiden Männer, zu denen die Pferde am Holm gehörten, standen am Tresen und tranken Bier. Es waren Weidereiter. An einem Tisch saßen drei Männer aus der Stadt. Sie unterschieden sich schon rein äußerlich von den Cowboys.
Wir wurden angestarrt. An einem Tisch beim Frontfenster nahmen wir Platz. Einer der Weidereiter stieß laut hervor: "Das ist doch der Drei-Kühe-Rancher vom Trujillo Creek? Heh, wollte der nicht die Stagecoach ausrauben?" Der Mann lachte. "Doppeltes Pech! Erst schlägt ihn der Begleitmann in die Flucht, und dann kommen die Sternschlepper und kassieren ihn. Heh, Garrett, ich denke mal, unter fünf Jahren kommst du nicht weg."
"Ihr könnt mich mal!", fauchte Garrett wütend. Hart und stoßweise ging sein Atem. "Das haben doch eure sauberen Bosse eingefädelt, um mich vom Fluss wegzukriegen und meine Ranch zu kassieren. Aber meine Unschuld wird sich herausstellen. Und dann…"
"Was ist dann?", fragte einer der Kerle mit schiefem Mund. Er nahm eine provozierende Haltung ein.
"Lasst ihn in Ruhe", gab Joe zu verstehen.
Der Keeper kam heran. Wir bestellten uns Bier und Steaks. Ich fragte den Mann, wer den Schlüssel zum Jail besaß.
"Der ist in der Sattlerei hinterlegt", antwortete der Keeper. "Und die liegt gleich neben dem Office." Der Mann seufzte. "Wäre längst an der Zeit, dass jemand den Stern in unserer Stadt nimmt. Aber…" Er zuckte mit den Achseln und machte kehrt, um hinter den Tresen zurückzukehren. Wenig später brachte er drei Biere.
"Erlöst mich wenigstens während des Essens von diesen Dingern", bat Garrett und hielt die gefesselten Hände hoch. Die beiden Stahlspangen waren mit einer dünnen, etwa zehn Zoll langen Kette miteinander verbunden.
Joe und ich wechselten einen Blick. Ich nickte. Joe griff in die Westentasche und holte den Handschellenschlüssel heraus. Gleich darauf waren Garretts Hände frei.
"Thanks", murmelte der Smallrancher und massierte seine Gelenke. Dann griff er nach seinem Glas und trank einen Schluck.
Irgendwie mutete er mich an, als säße er auf dem Sprung. Unablässig beobachtete er Joe und mich. "Versuch nur nichts", warnte ich. "Wenn du wirklich unschuldig bist, findet das Gericht es heraus, und du kannst wieder auf deine Ranch zurückkehren. Jeder gewaltsame Versuch, deine Situation zu ändern, käme einem Eingeständnis gleich."
"Was ist, wenn das Gericht meine Unschuld nicht erkennt?"
"Dann wanderst du wohl für fünf Jahre hinter Gitter, Hombre", versetzte Joe ungerührt. "Das ist das Strafmaß für Postraub– und auch für den Versuch."
Die Unterhaltung schlief ein. Die beiden Cowboys an der Theke flüsterten miteinander. Die drei Städter steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Manchmal trafen uns verstohlene Blicke.
Dann kamen die Steaks. Der Keeper brachte erst zwei Teller, die er vor mich und Joe hinstellte. Dann holte er den Teller für Garrett, zugleich brachte er drei Bestecke mit. "Lasst es euch schmecken", sagte er und wollte sich abwenden.
In diesem Moment handelte Jim Garrett.
Er schnappte sich eines der Messer und schnellte von seinem Stuhl in die Höhe. Polternd kippte der Stuhl um. Garrett schlang seinen linken Arm von hinten um den Hals des Keepers und setzte das Messer an dessen Kehle an.
Meine Rechte war zum Remington gefahren, hing jetzt aber dicht über dem Knauf in der Luft.
Auch Joe, der zum Colt greifen wollte, hatte mitten in der Bewegung innegehalten.
Garrett zischte: "Lasst eure Hände nur von den Kanonen. Fordert nicht heraus, dass ich ihm den Hals durchschneide. Ich werde jetzt mit ihm den Saloon verlassen. Ihr bleibt hier sitzen. Wenn ihr auch nur eine Nasenspitze von euch sehen lasst, blutet er."
"Verdammt!", hörte ich einen der Cowboys beim Tresen fauchen. "Das darf doch nicht wahr sein…"
"Rühren Sie sich nicht!", rief ich schnell. "Lassen Sie die Hände von Ihren Revolvern."
"Ja, das wäre ratsam!", knirschte Garrett, indes er sich rückwärtsgehend auf die Pendeltür zubewegte. Den Keeper hielt er wie einen lebenden Schutzschild vor sich. Die Schneide des Messers drückte er ihm unter das Kinn. In den Augen des Keepers wühlte die heiße Furcht. Sein Mund stand halb offen, seine Lippen bebten.
"Himmel, Garrett, machen Sie alles nicht noch schlimmer als es sowieso schon für Sie ist!", rief ich eindringlich.
Garrett hatte mit seiner Geisel schon fast die Pendeltür erreicht. "Ich bin unschuldig!", versetzte Garrett eisig. "Dennoch würde ich die nächsten Jahre hinter Zuchthausmauern verschwinden. Dafür sorgt schon die Hackknife Ranch. Wenn ich irgendwann wieder in Freiheit bin, stehe ich vor dem Nichts…"
"Das wirst du auch, wenn du jetzt fliehst", kam es von Joe. Er ließ die Formalitäten einfach weg. "Denkst du denn, du kannst wieder auf deine Ranch zurück?"
"Das nicht", erwiderte Garrett. "Aber ich erspare mir fünf Jahre Zuchthaus. Und ich finde vielleicht denjenigen, der mir den Falben gestohlen und versucht hat, die Stagecoach zu überfallen."
"Überleg es dir gut, Garrett", erhob noch einmal ich die Stimme. "Wir werden dich jagen, und es spricht sicher nicht für deine Unschuld, wenn du jetzt…"
"Spar dir die Worte, Marshal!", so schnitt mir Jim Garrett das Wort ab. "Ihr habt euch selbst zu Handlangern der Hackknife degradiert. Für mich seid ihr nicht besser als Wallace und Lance Shannon. Deine Worte sind in den Wind gesprochen, Logan. Ich lass mich von euch nicht wie ein Hammel zur Schlachtbank führen."
Er hatte die Tür erreicht. Mit dem Rücken drückte er die grün gestrichenen Türpendel auseinander. Dann schwangen sie knarrend und quietschend aus. Die Schritte Garretts und des Keepers tackten auf dem Vorbau.
"Tut doch was!", keifte einer der beiden Cowpuncher am Tresen. "Das ist ja geradezu lächerlich…"
"Ruhe!", herrschte Joe den Kerl an, schoss ihm einen wütenden Blick zu und erhob sich.