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U.S. Marshal Bill Logan Band 63 Finnegans Höllentrail Western von Pete Hackett Mortimer Finnegan ist ein ehrbarer Mann. Selbst vor einer Überzahl von Banditen, die seine Stadt heimsuchen, schreckt er nicht zurück. Alleine kann er die steckbrieflich gesuchten Revolverschwinger nicht festnehmen, doch als er die Stadt bittet, ihm zu helfen, stößt er nur auf taube Ohren. So nimmt er allen Mut zusammen und stellt sich alleine den Banditen. Zur selben Zeit wird das Gericht über die Gesuchten informiert und schickt Logan und Joe los. Werden sie noch rechtzeitig zu Hilfe eilen können? U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. Ein CassiopeiaPress E-Book Es waren fünf Reiter, die am Sheriff's Office von Borger vorbeiritten. Müde ließen die Pferde die Köpfe hängen. Ihre Hufe zogen tiefe Schleifspuren in den knöcheltiefen Staub. Mortimer Finnegan, der Deputy Sheriff, stand am verstaubten Fenster und schaute nach draußen. Was er sah, gefiel dem jungen Gesetzeshüter nicht. Es waren Kerle mit tagealten Bartstoppeln in den Gesichtern, die mit langen Staubmänteln bekleidet waren und die Revolver tief geschnallt trugen. Pferde und Reiter waren verstaubt und verschwitzt. Die Männer hatten sich die Hüte tief in die Stirn gezogen. Sie kamen von Osten und die Sonne stand weit im Westen. Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen. Mortimer Finnegan konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit diesen Kerlen das Böse in die Stadt einzog. Es waren Sattelstrolche, Männer mit den typisch wachsamen Blicken der Gesetzlosen...
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2014
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 63
Finnegans Höllentrail
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171680
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Finnegans Höllentrail
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F. Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Es waren fünf Reiter, die am Sheriff's Office von Borger vorbeiritten. Müde ließen die Pferde die Köpfe hängen. Ihre Hufe zogen tiefe Schleifspuren in den knöcheltiefen Staub.
Mortimer Finnegan, der Deputy Sheriff, stand am verstaubten Fenster und schaute nach draußen. Was er sah, gefiel dem jungen Gesetzeshüter nicht. Es waren Kerle mit tagealten Bartstoppeln in den Gesichtern, die mit langen Staubmänteln bekleidet waren und die Revolver tief geschnallt trugen. Pferde und Reiter waren verstaubt und verschwitzt. Die Männer hatten sich die Hüte tief in die Stirn gezogen. Sie kamen von Osten und die Sonne stand weit im Westen. Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen.
Mortimer Finnegan konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit diesen Kerlen das Böse in die Stadt einzog. Es waren Sattelstrolche, Männer mit den typisch wachsamen Blicken der Gesetzlosen…
Finnegan ging zur Tür, öffnete sie und trat hinaus auf den Vorbau. Seine Hände umspannten die Querstange des Geländers. Sein Blick folgte den Reitern. Sie lenkten ihre Pferde zu dem Tränketrog vor der Schmiede, saßen ab und ließen die Tiere saufen. Die fünf Kerle schauten aufmerksam in die Runde. Auf den Gehsteigen bewegten sich einige Männer und Frauen. In einer Gassenmündung spielten vier Kinder. Ein Hund döste im Schatten, der unter dem Vorbau der Futtermittelhandlung lag.
Kaum jemand beachtete die fünf Fremden. Nach Borger kamen fast täglich irgendwelche Männer, die bald wieder weiter ritten. Viele zogen hinauf in den schmalen Streifen Niemandsland, um ihn zu durchqueren und nach Kansas zu gelangen, andere ritten nach Westen, wo New Mexiko liegt. Es waren Geschäftsreisende, Leute, die jemand besuchen wollten, aber auch Banditen, die vor dem Gesetz auf der Flucht waren. Die unterschiedlichsten Beweggründe trieben diese Menschen nach Borger.
Die Pferde hatten ihren Durst gelöscht. Die Männer zogen sie an den Zügeln hinter sich her über die Fahrbahn und zum Saloon, wo sie sie am Haltebalken festbanden. Sie zogen ihre Gewehre aus den Scabbards und gingen in den Schankraum.
Mortimer Finnegan kehrte in das Office zurück, holte seine Parkergun und schritt dann die Straße hinunter auf den Saloon zu. Wenig später betrat er ihn. Einige Männer aus der Stadt saßen an den runden Tischen. Die fünf Fremden standen am Tresen. Der Keeper schenkte ihnen Bier ein. Es war eine verwegen anmutende Horde, von der etwas Wildes, Animalisches ausging. Sie vermittelten einen nicht zu übersehenden Eindruck von Geschlossenheit und Stärke.
Finnegan ging bis zum Ende der Theke und baute sich dort auf. Er legte die Shotgun vor sich hin und musterte die Fremden. Sie waren auf ihn aufmerksam geworden. Fast gleichmütig erwiderten sie seine Blicke. Dann sprangen Finnegans Lippen auseinander: »Seid ihr auf dem Durchritt?«
Einer der Kerle schob sich ein wenig den Stetson aus der Stirn und nickte. »Wir wollen nach Kansas«, erklärte er. »Soweit uns bekannt ist, ist dies hier die letzte größere Ansiedlung vor dem Indianerland. Wir werden die Nacht hier verbringen. Dagegen haben Sie doch sicher nichts einzuwenden, Sheriff?«
Diese Frage klang fast ein wenig herausfordernd. Die Kerle starrten Finnegan an wie ein Rudel Wölfe, das eine Beute gestellt hatte. Dem Deputy entging nicht der lauernde Ausdruck in ihren Augen. Ja, er hatte den Eindruck, als nähmen sie bei ihm Maß…
Er schüttelte den Kopf. Dann sagte er: »Das ist eine friedliche Stadt. Und ich werde alles tun, um Frieden und Ordnung aufrecht zu erhalten. Ich hoffe, wir verstehen uns.«
»Mein Name ist Bacon«, sagte der Sprecher des Rudels. »John Bacon. Sicher, Sheriff, wir verstehen uns. Wir sind nicht in die Stadt gekommen, um Ruhe und Frieden zu gefährden.«
Finnegan ließ seinen forschenden Blick noch einmal über die hohlwangigen Gesichter gleiten. In ihnen hatte ein unstetes Leben unübersehbare Spuren hinterlassen. Sie musterten Finnegan ohne besonderen Ausdruck. Er presste die Lippen zusammen, nahm die Parkergun und schritt zum Ausgang. Gleich drauf schlugen die Türpendel knarrend und quietschend hinter ihm aus. Er trat auf die Straße. Die Schatten waren lang und hatten an Schärfe verloren. Im Westen färbte sich der Himmel purpurn. Staubwirbel glitten über die Straße. Abgestorbene Sträucher hatten sich an Hausecken, Vorbauten und Gehsteigen verfangen. Tumbleweds. Im Staub glitzerten winzige Kristalle.
Mortimer Finnegan kehrte in das Office zurück. Er stellte die Shotgun in den Gewehrschrank, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und holte einen Packen Steckbriefe aus dem Schub. Er blätterte den kleinen Stapel durch. Und er wurde fündig. Einer der Steckbriefe zeigte das Konterfei eines der Kerle, die drüben im Saloon am Schanktisch standen. Sein Name war Jesse Benteen, auf seinen Kopf waren 500 Dollar ausgesetzt. Tot oder lebendig…
Von den anderen Kerlen existierte kein Steckbrief. Zumindest Finnegan besaß keinen.
Mortimer Finnegan war gefordert. In ihm entstand ein mulmiges Gefühl. Benteens Kumpane würden nicht dulden, dass er, Finnegan, ihn verhaftete. Es stand fünf zu eins. Ein tödliches Verhältnis. Finnegan beschloss, sich an einige Bürger der Stadt zu wenden und sie um Hilfe zu bitten.
Er verließ das Büro, ging zur Schmiede, und erklärte Harrison, dem Schmied, sein Anliegen. Harrison unterbrach ihn mit keinem Wort, bis er geendet hatte. Dann sagte er: »Ich habe eine Frau und zwei heranwachsende Kinder, Finnegan. Die brauchen mich. Ich kann es nicht riskieren, von ein paar Strolchen abgeknallt zu werden. Tut mir Leid.«
Finnegan begab sich in den Store. Todhunter Welsh war dabei, ein Regal einzuräumen. Als die Türglocke bimmelte, hielt er inne. »Guten Abend, Mort. Womit kann ich dienen?« Er lächelte freundlich.
»Fünf Fremde sind in die Stadt gekommen«, gab Finnegan zu verstehen. »Einer von ihnen wird steckbrieflich gesucht. Ich brauche ein paar Freiwillige, die mir helfen, ihn festzunehmen. Alleine habe ich kaum eine Chance gegen das Quintett.«
Das Lächeln in Welsh' Zügen zerrann. Er strich sich mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn, dann murmelte er: »Du hast dich an den falschen Mann gewandt, Mort. Ich bin kein Kämpfer. Außerdem bin ich fast 60. Ich würde dir keine große Hilfe sein. Geh zu den jungen Männern der Stadt, Mort. Mit mir kannst du nicht rechnen.«
Mortimer Finnegan verspürte Bitterkeit. Er verließ den Store und begab sich zu Jason Donegan, dem Schreiner und Sargtischler. Donegan war ein Mann um die 40 Jahre, groß und schwergewichtig. Er hörte sich an, was Finnegan zu sagen hatte, dann antwortete er:
»Nein, Finnegan. Es ist dein Job, Banditen festzunehmen. Dafür wirst du bezahlt. Du hast geschworen, alles zu tun, um Recht und Ordnung aufrecht zu halten. Also mach deinen Job, Finnegan. Ich habe kein Interesse daran, eine Banditenkugel einzufangen. Ich denke, das siehst du ein.«
Finnegan gab auf. Es war zwischenzeitlich düster geworden. Zwischen den Häusern und Schuppen nisteten die Grauschleier der Abenddämmerung. Sie schienen Unheil zu verkünden. Finnegan verspürte ein Gefühl der absoluten Einsamkeit und Verlorenheit. Er überlegte, ob er es einfach ignorieren sollte, dass sich in der Stadt ein Bandit aufhielt.
Aber sein Stolz und sein Ehrgeiz waren stärker. Ja, er hatte einen Eid abgelegt. Sollte er jetzt, wo er gefordert wurde, kneifen? Niemals! Finnegan gab sich einen Ruck. Er schaute hinüber zum Saloon. Die Pferde standen nicht mehr am Holm. Wahrscheinlich hatten die Fremden sie in den Mietstall gebracht.
Finnegan holte die Schrotflinte aus dem Office. Er verspürte Beklemmung, als er über die Fahrbahn in Richtung Saloon schritt. Der Deputy ahnte, dass er an diesem Abend dem Tod ins Auge blicken musste…
Aus den Frontfenstern des Saloons fiel Licht auf den Vorbau. Finnegans Mundhöhle und Hals waren trocken. Seine Schritte weckten auf den Vorbaubohlen ein hämmerndes Echo. Dann stieß er die Flügel der Pendeltür auf.
Die fünf Fremden saßen jetzt an einem Tisch. Den Blick auf Benteen gerichtet und die Schrotflinte an der Hüfte im Anschlag trat Finnegan vor sie hin. Seine Stimme klirrte: »Ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes, Jesse Benteen. Sie sind ein steckbrieflich gesuchter Bandit. Ich rate Ihnen nicht, sich Ihrer Verhaftung zu widersetzen. Nötigenfalls mache ich von der Schusswaffe Gebrauch.«
Seine letzten Worte waren gefallen wie Hammerschläge.
Im Schankraum war es jetzt still wie auf einem Friedhof um Mitternacht. Die Atmosphäre war plötzlich angespannt und gefährlich und kaum noch zu ertragen…
*
Jesse Benteen drückte sich am Tisch in die Höhe. Sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. »Sie müssen mich verwechseln, Deputy. Mein Name ist Hooker, Grant Hooker. Ich werde nicht vom Gesetz gesucht.«
John Bacon hatte sich auf dem Stuhl zurückgelehnt. Sie unbeabsichtigt hatte er seine Rechte auf dem rechten Oberschenkel liegen. Die anderen drei Kerle starrten Finnegan düster an.
Finnegan schüttelte den Kopf. »Ich bin mir völlig sicher, Benteen. Ziehen Sie vorsichtig Ihren Revolver aus dem Holster und legen Sie ihn auf den Tisch. Und dann gehen wir. Ich werde sie einsperren und festhalten, bis einige Staatenreiter aus Amarillo Sie abholen.«
»Sie machen einen Fehler, Deputy«, ließ John Bacon seine Stimme erklingen. Sein Name ist wirklich Hooker. Keiner von uns wird vom Gesetz gesucht.«
»Legen Sie den Revolver ab, Benteen!«, gebot Finnegan unbeirrt. »Und dann gehen wir. Wenn Sie nicht Jesse Benteen sind, wird sich das herausstellen.«
»Tu, was er sagt«, knurrte Bacon.
Benteen stieß die Luft durch die Nase aus. Das gehässige Glitzern in seinen Augen erlosch. Seine Schultern sackten nach unten. Vorsichtig zog er den Colt aus dem Futteral und legte ihn auf den Tisch. Dann schritt er zum Ausgang.
Finnegan bewegte sich so, dass er die vier Freunde Benteens nicht aus den Augen verlor. Die Doppelläufe der Parkergun waren auf sie gerichtet. Aber die Kerle rührten sich nicht. Aus engen Lidschlitzen blickten sie hinter ihm her.
Draußen schlug Finnegan die Shotgun auf Benteen an. »Das Büro liegt dort drüben.« Finnegan wies mit dem Kinn in die entsprechende Richtung. Benteen schritt vor ihm her über die Main Street. Und wenige Minuten später schloss sich hinter ihm die Gittertür.
Benteen ging zu der Pritsche, die an der Wand stand, und ließ sich darauf nieder. »Sie haben nicht besonders klug gehandelt, Deputy«, stieß er hervor. »Sie hätten besser wegsehen sollen.«
»Auf Ihre Gefährten sollten Sie sich nicht verlassen, Benteen.«
Der Bandit grinste höhnisch.
Finnegan verließ den Zellentrakt. Er gab sich keinen Illusionen hin. Sicher würden seine Kumpane versuchen, Benteen zu befreien. Von der Stadt hatte er keine Hilfe zu erwarten. Er war auf sich allein gestellt.
Finnegan machte kein Licht. Er stellte sich einen Stuhl ans Fenster und beobachtete die Straße. Die Tür zum Hof hatte er verriegelt. Ebenso die Eingangstür. Finnegan überlegte, wen er als Boten nach Amarillo zum Bezirksgericht schicken konnte. Ihm fiel der junge Anderson ein, der Sohn des Fleischers. Er würde sich gewiss gern ein paar Dollars verdienen.
Finnegan wartete die Finsternis ab. Dann verließ er das Office durch den Hinterausgang. Er begab sich zur Fleischerei. Zack Anderson, der Metzger, öffnete ihm. Finnegan äußerte seine Bitte. Anderson schaute nicht glücklich drein. »Der Junge ist gerade mal 18 geworden«, murmelte er. »Und der Weg nach Amarillo ist nicht ungefährlich. Besonders in der Nacht…«
»Dein Junge kann reiten wie der Teufel, Anderson. Er muss es auch nicht umsonst machen. Er bekommt zehn Dollar.«
Anderson rief nach seinem Sohn. Der Bursche erklärte sich sofort bereit, als Bote zum Bezirksgericht zu reiten. Finnegan gab ihm zehn Dollar. Dann kehrte der Deputy ins Office zurück. Er setzte sich wieder ans Fenster.
Finnegan bereitete sich auf eine lange Nacht vor. Er konnte das Office nicht verlassen. Gegen Mitternacht legte er sich in einer leeren Zelle auf die Pritsche. Benteen schlief. Finnegan fand keinen Schlaf. Immer wieder schreckte er hoch. Dann lauschte er. Aber da waren nur die regelmäßigen Atemzüge Benteens.
Dann graute der Morgen. Finnegan erhob sich. Er fühlte sich wie gerädert. Er begab sich ins Office. Das Ticken des Regulators erfüllte den Raum. Der Deputy schaute durch das Fenster hinaus auf die Straße. Zwischen den Gebäuden hing noch die Dunkelheit. Über der Straße begann sie sich zu lichten. Finnegan nahm die Schrotflinte und riegelte die Tür auf, trat hinaus auf den Vorbau und sog die frische Morgenluft tief in seine Lungen.
Die Stadt war ruhig. Der Mond stand im Westen. Die Sterne verblassten. Finnegan wollte sich umwenden, um ins Office zurück zu kehren. Da vernahm er rechts von sich das metallische Knacken, mit dem ein Gewehr repetiert wurde. Eine verschwommene Gestalt trat auf den Gehsteig.
Jetzt knackte es auch links von Finnegan. Und auf der anderen Straßenseite erklang eine kalte Stimme: »Rühr dich nicht, Deputy. Wenn doch, frisst du Blei. Lass die Donnerbüchse fallen und heb die Hände.«
Finnegan war versteift. Er hielt den Atem an. Linker Hand kam ein Schemen hinter dem Gebäude hervor. Die Bohlen des Gehsteigs knarrten. Sporenräder klirrten leise. Und plötzlich ertönte aus dem Office Splittern und Krachen. Einer der Kerle brach mit roher Gewalt die Hintertür auf. Die verbrauchte Luft entwich Finnegangs Lungen wie der Überdruck aus einem Dampfkessel.
Im Office erklangen Stimmen. Finnegan begriff, dass sie ihn in Sicherheit gewiegt hatten. Und er hatte sich von ihnen hereinlegen lassen wie ein blutiges Greenhorn. Sein Herz raste und jagte das Blut durch seine Adern. Es war nicht die Angst, die sein Herz wie verrückt hämmern ließ, sondern der Zorn darüber, dass er versagt hatte. Seine Hände öffneten sich, die Schrotflinte polterte auf den Vorbau. Die drei Kerle kamen auf ihn zu.
Im Zellentrakt hörte er es Scheppern. Dann waren wieder Stimmen zu vernehmen. Einer der Kerle lachte. Finnegan schluckte würgend. Sein Hals war wie zugeschnürt. Dann waren die drei heran. Einer von ihnen war Bacon. »Geh ins Office, Deputy«, gebot der Bandit. Er stieß Finnegan mit dem Gewehrlauf an.
Mit hängenden Schultern kam der Deputy dem Befehl nach.
Bacon folgte ihm. Die beiden anderen Kerle blieben draußen und sicherten in die Runde.
Im Office schlug Bacon den Deputy nieder. Ohne einen Ton von sich zu geben brach Finnegan zusammen.
»Verschwinden wir!«, zischte Bacon.
Sie rannten aus dem Office und begaben sich zum Mietstall. Der Stallbursche war noch nicht anwesend. Zehn Minuten später hatten die fünf Kerle ihre Pferde gesattelt und gezäumt. Sie verließen die Stadt in nördliche Richtung…
*
Finnegan kam zu sich. Ihn brummte der Schädel. In seinen Ohren rauschte das Blut. Er setzte sich auf. Benommenheit befiel ihn, um ihn herum schien sich alles zu drehen. Der Deputy konzentrierte sich auf einen Punkt. Das Schwindelgefühl verging. Seufzend rappelte er sich auf die Beine. Schwankend stand er. In seinem Schädel hämmerte und dröhnte es.
Die Tür zum Zellentrakt stand offen. Die Erinnerung kam bei dem Deputy mit aller Schärfe. Er wankte zu einem Stuhl und ließ sich darauf fallen. O verdammt!, durchzuckte es ihn. Diese elenden Bastarde haben dir deinen Gefangenen abgejagt. Sie haben dich hereingelegt wie einen blutigen Anfänger. Diese verdammten Banditen…
Dass es sich um Gesetzlose handelte, stand für Mortimer Finnegan fest. Der Zorn kam. Es gelang ihm, Schwäche und Benommenheit zu überwinden. Er erhob sich und ging nach draußen. Auf dem Vorbau lag die Schrotflinte. Er hob sie auf. Wieder ergriff ihn Schwindel. Übelkeit stieg in ihm hoch. Wahrscheinlich hatte er eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen.
Die Stadt schlief noch. Im Osten zeigte schwefelgelber Schein am Horizont die Geburt eines neuen Tages an. Innerhalb einer halben Stunde würde die Sonne aufgehen und dem Land Helligkeit spenden.