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U.S. Marshal Bill Logan Band 82 Marshal Logan und der Bankräuber Western von Pete Hackett U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G. F. Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G. F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress. Ein CassiopeiaPress E-Book © by Author www.Haberl-Peter.de © der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen www.AlfredBekker.de Jeff Stirling war voll Hass. Vor drei Jahren hatte ihn ein Aufgebot aus Borger gejagt und gestellt, und das Distrikt-Gericht hatte ihn für zehn Jahre ins Zuchthaus geschickt. In den Steinbrüchen von Fort Davis war er sozusagen lebendig begraben. Sein Hass galt den Männern, die damals in dem Aufgebot ritten. Mortimer Finnegan, der junge Deputy, der es angeführt hatte, stand an oberster Stelle auf Stirlings Abschussliste. Vor einer Woche war Stirling aus dem Straflager ausgebrochen. Die Nachricht von dem Ausbruch war nach Borger gelangt. Man erinnerte sich des Racheschwurs, den Stirling nach seiner Verurteilung abgelegt hatte. Und in der Stadt begann die Angst zu grassieren. Sie ging mit den Männern, die Stirling fürchten mussten, am Abend zu Bett und stand am Morgen wieder mit ihnen auf … Jeff Stirling war mit drei Kumpanen auf dem Weg nach Norden. Der Bandit hatte seinen Racheschwur nicht vergessen. Heiß brannte die Sonne auf das Quartett hernieder. Die stampfenden Hufe der Pferde rissen Staubfontänen in die heiße Luft. Die Tiere gingen mit hängenden Köpfen. Dumpf pochten die Hufe. »Wie lange noch?«, fragte Matt Forrester mit staubheiserer Stimme. Er spuckte aus. »Die Hölle ist wahrscheinlich ein angenehmer Ort gegen diesen Landstrich.« Forrester griff nach seiner Wasserflasche und hakte sie vom Sattel. Tatsächlich umgab die vier Reiter nur das wüstenähnliche Terrain des Llano Estacado. Hier gedieh fast keine Vegetation außer dornigem Gestrüpp und riesigen Kakteen. Hügel begrenzten den Blick. Hier und dort ragten Felsgebilde aus dem Boden. Staubschleier trieben über den Boden. Die Luft schien zu vibrieren. Die Konturen verschwammen. Auf den Gesichtern der Banditen hatte sich eine Schicht aus Staub und Schweiß gebildet. Ihre Augen waren entzündet. Zwischen ihren Zähnen knirschte feiner Staub. Immer wieder blickte Jeff Stirling zurück. Er rechnete mit Verfolgung. Die Gefängnisverwaltung in Fort Davis beschäftigte Comanchenscouts, die unerbittlich Jagd auf entflohene Häftlinge machten. Diese Kerle waren nicht zu unterschätzen. »Noch drei Tage«, antwortete Stirling. »In einer Stunde etwa erreichen wir Plainview. Dort bleiben wir die Nacht über.« »Du solltest deine Rache vergessen, Jeff«, knurrte Allan McLintock. »Du hast dir in Borger schon einmal eine blutige Nase geholt. Wir sollten an der Stadt vorbeireiten und ins Niemandsland verschwinden. Zwei Tage später könnten wir in Kansas sein. Dort wären wir sicher.« Stirling schoss seinem Kumpan einen sengenden Blick zu.
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2014
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 82
Marshal Logan und der Bankräuber
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171871
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F. Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Marshal Logan und der Bankräuber
Jeff Stirling war voll Hass. Vor drei Jahren hatte ihn ein Aufgebot aus Borger gejagt und gestellt, und das Distrikt-Gericht hatte ihn für zehn Jahre ins Zuchthaus geschickt. In den Steinbrüchen von Fort Davis war er sozusagen lebendig begraben. Sein Hass galt den Männern, die damals in dem Aufgebot ritten. Mortimer Finnegan, der junge Deputy, der es angeführt hatte, stand an oberster Stelle auf Stirlings Abschussliste.
Vor einer Woche war Stirling aus dem Straflager ausgebrochen. Die Nachricht von dem Ausbruch war nach Borger gelangt. Man erinnerte sich des Racheschwurs, den Stirling nach seiner Verurteilung abgelegt hatte. Und in der Stadt begann die Angst zu grassieren. Sie ging mit den Männern, die Stirling fürchten mussten, am Abend zu Bett und stand am Morgen wieder mit ihnen auf…
Jeff Stirling war mit drei Kumpanen auf dem Weg nach Norden. Der Bandit hatte seinen Racheschwur nicht vergessen. Heiß brannte die Sonne auf das Quartett hernieder. Die stampfenden Hufe der Pferde rissen Staubfontänen in die heiße Luft. Die Tiere gingen mit hängenden Köpfen. Dumpf pochten die Hufe.
»Wie lange noch?«, fragte Matt Forrester mit staubheiserer Stimme. Er spuckte aus. »Die Hölle ist wahrscheinlich ein angenehmer Ort gegen diesen Landstrich.« Forrester griff nach seiner Wasserflasche und hakte sie vom Sattel.
Tatsächlich umgab die vier Reiter nur das wüstenähnliche Terrain des Llano Estacado. Hier gedieh fast keine Vegetation außer dornigem Gestrüpp und riesigen Kakteen. Hügel begrenzten den Blick. Hier und dort ragten Felsgebilde aus dem Boden. Staubschleier trieben über den Boden. Die Luft schien zu vibrieren. Die Konturen verschwammen.
Auf den Gesichtern der Banditen hatte sich eine Schicht aus Staub und Schweiß gebildet. Ihre Augen waren entzündet. Zwischen ihren Zähnen knirschte feiner Staub. Immer wieder blickte Jeff Stirling zurück. Er rechnete mit Verfolgung. Die Gefängnisverwaltung in Fort Davis beschäftigte Comanchenscouts, die unerbittlich Jagd auf entflohene Häftlinge machten. Diese Kerle waren nicht zu unterschätzen.
»Noch drei Tage«, antwortete Stirling. »In einer Stunde etwa erreichen wir Plainview. Dort bleiben wir die Nacht über.«
»Du solltest deine Rache vergessen, Jeff«, knurrte Allan McLintock. »Du hast dir in Borger schon einmal eine blutige Nase geholt. Wir sollten an der Stadt vorbeireiten und ins Niemandsland verschwinden. Zwei Tage später könnten wir in Kansas sein. Dort wären wir sicher.«
Stirling schoss seinem Kumpan einen sengenden Blick zu. »Nichts kann mich davon abhalten, an den Bastarden, die mich damals jagten wie einen tollwütigen Hund, Rache zu nehmen.« Die tödliche Leidenschaft verzerrte seine Stimme.
»Mir gefällt es auch nicht«, rief Steve Henderson in den pochenden Hufschlag hinein. »Sicher gibt es in Borger eine Bürgerwehr.«
»Diese Kerle waren nur stark, weil Finnegan sie anführte«, versetzte Stirling. »Den aber putzen wir weg, sobald wir die Stadt betreten haben. Bis ein Bote Amarillo erreicht und das Distrikt-Gericht alarmiert, sind wir in der Stadt fertig. Und dann setzen wir uns nach Norden ab.«
Die Unterhaltung schlief wieder ein. Die Sonne stand schon weit im Westen. Klapperschlangen lagen in der prallen Hitze, Eidechsen huschten unter Steine, wenn die Reiter in ihre Nähe kamen. Hoch oben am Himmel kreisten einige Geier vor dem azurblauen Hintergrund. Das Unheil in der Gestalt der vier Banditen zog unaufhaltsam nach Norden…
*
Ich befand mich in Perryton. Die Jagd nach Marlon Donegan hatte mich in die Stadt verschlagen. Im Mietstall erkundigte ich mich nach dem Banditen. »Ja«, sagte der Stallmann, »der Bursche war in der Stadt. Er ist heute Morgen weitergeritten.«
Ich zog meine Uhr aus der Westentasche und warf einen Blick auf das Ziffernblatt. Es war zehn Uhr vorbei. Donegan hatte also etwa drei Stunden Vorsprung und befand sich gewiss längst in dem Streifen Niemandsland zwischen Texas und Kansas, den die Comanchen für sich beanspruchten.
Ich ließ mein Pferd saufen, dann ritt ich weiter.
Donegan war ein Räuber und Mörder. Für seine Ergreifung waren fünfhundert Dollar ausgesetzt. Ich ritt alleine. Joe Hawk war in einer anderen Sache unterwegs.
Wildnis umgab mich. Hügel und Tafelberge, Wälder und Prärien. Die Hitze war fast unerträglich. Wie eine zerfließende Scheibe aus Gold stand die Sonne am ungetrübten Himmel. Ich schwitzte. Auch das Fell meines Pferdes war feucht.
Gegen Abend erreichte ich den North Canadian River. Ich sah hinter dem Ufergebüsch eine Rauchsäule zum Himmel steigen und zügelte mein Pferd. Ein Lagerfeuer. Wer sich bei dem Feuer befand, konnte ich nicht sehen.
Kurz entschlossen zog ich die Winchester aus dem Scabbard und repetierte. Dann ritt ich weiter. Ich wählte aber nicht den direkten Weg zum Fluss, sondern ritt zwischen den Hügeln und bewegte mich dann am Rand des Ufergebüsches entlang. Schließlich ließ ich mein Pferd zurück und schlich weiter.
Es war Marlon Donegan. Sein Pferd war an einen Busch gebunden. Der Bandit kauerte beim Lagerfeuer auf den Hacken und drehte den Stock, der auf zwei in den Boden gesteckten Astgabeln lag und auf den der Bandit einen Hasen gespießt hatte. Es roch nach bratendem Fleisch.
Ich hatte den Schuft eingeholt. Das Gewehr an der Hüfte im Anschlag trat ich aus dem Strauchwerk. Der Bandit hatte mir den Rücken zugewandt. Sein Pferd drehte den Kopf und schaute zu mir her. »Keine falsche Bewegung!«, stieß ich hervor.
Den Banditen riss es regelrecht herum. Er kam hoch, seine Rechte zuckte zum Revolver, aber sein Verstand holte den Reflex ein und er hielt inne. Wie die Klaue eines Greifvogels hing seine Hand dicht über dem Revolverkolben. Donegan mutete sprungbereit an.
Langsam ging ich um ihn herum. Er drehte sich auf der Stelle. »Stehen bleiben!«, befahl ich, trat hinter ihn und zog ihm den Revolver aus dem Holster, schob die Waffe in meinen Hosenbund. Dann trat ich wieder vor den Banditen hin. »Sie sind am Ende Ihres Trails angekommen, Donegan«, sagte ich. »In Amarillo wartet der Henker auf Sie.«
Donegan warf sich auf mich. Aber ich war darauf gefasst und trat einen Schritt zurück, seine Hände fuhren ins Leere, ich schlug mit dem Gewehr zu. Er bekam den Lauf auf den Halsansatz und ging mit einem gurgelnden Laut in die Knie. Mein zweiter Schlag gegen die Schläfe fällte ihn. Ich fesselte ihm mit Handschellen, die ich am Gürtel trug, die Hände auf den Rücken. Dann holte ich mein Pferd.
Donegan kam nach einigen Minuten wieder zu sich. Aus einer kleinen Platzwunde an seiner Schläfe sickerte Blut. Der Hass, den er verströmte, berührte mich fast körperlich.
*
Stan McLean zügelte sein Pferd und legte beide Hände übereinander auf das Sattelhorn. Vor ihm schwang sich der Reit- und Fahrweg den Hügel hinunter. Und in der Senke lag Borger. Aus einigen Schornsteinen stieg Rauch. Die Sonne stand über den Hügeln im Westen. Die Schatten waren lang.
McLean hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und kaute darauf herum. Die Stadt war größer geworden. Damals hatte es nur eine Häuserreihe zu beiden Seiten der Main Street gegeben. Jetzt gab es eine zweite und eine dritte Häuserzeile. Gassen führten zwischen die Gebäude, die oftmals mit falschen Fassaden versehen waren. Am Stadtrand waren Schuppen und Scheunen errichtet worden. Es gab Corrals, in denen Milchkühe und einige Pferde weideten, sowie Pferche mit Ziegen und Schafen.
Die Stadt verströmte Beschaulichkeit und Ruhe. Auf den Gehsteigen und auf der Straße bewegten sich Menschen. Kinder spielten am Fahrbahnrand. Einige Hunde lagen in den Schatten. Das Geschrei der spielenden Kinder erreichte McLeans Gehör.
Erinnerungen stürmten auf den Mann ein. In seinem Gesicht arbeitete es. Das Pferd unter ihm stand ruhig. Fünf Jahre war es her, seit er fortgegangen war. Hinter ihm lag ein bewegtes Leben. Er dachte an Ann Sherman. Sicher hatte sie inzwischen einen anderen Mann geheiratet. Vielleicht lebte sie gar nicht mehr in Borger.
Stan McLean hatte keine Ahnung, was auf ihn zukam. Möglicherweise erinnerten sich die meisten Menschen in Borger gar nicht mehr an ihn. Er hatte nicht lange in der Stadt gelebt. Das Schicksal hatte ihn damals hierher verschlagen, und für einige Zeit sah es so aus, als würde er tatsächlich sein unruhiges Leben hinter sich lassen können und sesshaft werden. Doch dann hatte es ihn wieder hinausgezogen in die Welt. Bei Nacht und Nebel war er verschwunden.
Aus dem großen Jungen war ein Mann geworden. Stan McLean war jetzt zweiunddreißig Jahre alt. Obwohl er auf dem Pferd saß, konnte man sehen, dass er über sechs Fuß groß war. Blonde Haare lugten unter dem schwarzen, breitrandigen Stetson hervor. McLean war bewaffnet. An seiner rechten Seite steckte ein langläufiger Coltrevolver im Holster. Im Scabbard an seinem Sattel befand sich eine Winchester, Modell 73.
McLean seufzte und tätschelte seinem Pferd den Hals. »Na schön, mein Junge, reiten wir also hinunter.« Er verspürte gemischte Gefühlte. Mit einem Schenkeldruck trieb er das Tier an. Es setzte sich in Bewegung. McLean lenkte es den Hügel hinunter und passierte wenig später die ersten Häuser der Stadt. Die Kinder unterbrachen ihr Spiel und starrten ihn an. Erwachsene blieben stehen, um ihn zu beobachten. Nördlich von Borger endete sozusagen die Zivilisation. Wenn ein Fremder in die Stadt kam, erregte er Aufmerksamkeit.
McLean ritt zum Mietstall und saß im Hof ab. Das Tor stand offen. Im Stall war es düster. Das Stampfen und Schnauben der Pferde sickerte aus dieser Düsternis. McLean nahm sein Pferd an der Trense und führte es in den Stall. Der Geruch von Heu und Pferdeausdünstung stieg ihm in die Nase. Der Stallmann kam ihm entgegen. Es war ein Oldtimer mit einem wilden Bartgeflecht im Gesicht, der einen blauen, zerschlissenen Overall trug und auf dessen Kopf eine verknautschte Mütze der früheren Rebellenarmee saß.
»Hallo, Fremder.«
»Hi, Charley.«
Charley Watson blieb stehen, legte den Kopf schief, musterte McLean von oben bis unten, dann fragte er: »Waren Sie schon mal in Borger, weil Sie meinen Namen kennen?«
»Es ist fünf Jahre her«, erwiderte McLean. »Ich lebte etwa ein halbes Jahr in der Stadt. Sicher können Sie sich nicht mehr an mich erinnern.«
»Sie kommen mir bekannt vor«, murmelte Charley. Er kratzte sich hinter dem Ohr. »Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Mein Gedächtnis hat sicher nachgelassen. Wollen Sie mir nicht auf die Sprünge helfen?«
»Mein Name ist McLean. Ich habe damals einen Job im Sägewerk ausgeübt.«
»Und dann hat Sie das Fernweh gepackt, wie?«
»Ja.«
»Nun, McLean, ich kann mich nicht erinnern. Sie waren wohl nicht lange genug in der Stadt. Möchten Sie Ihr Pferd unterstellen? Das Tier sieht aus, als hätte es einige Meilen hinter sich. Auch Sie sehen ziemlich mitgenommen aus. An Ihnen haftet der Staub der Staket Plains.«
»Ja, ich komme von Süden herauf.« McLean schnallte seine Satteltaschen los und zog die Winchester aus dem Scabbard. »Ich weiß nicht, wie lange ich bleibe«, erklärte er. »Auf jeden Fall ein paar Tage. Lebt Ann Sherman noch in Borger?« McLean hängte sich die Satteltaschen über die Schulter.
Charley schlug sich leicht mit der flachen Hand gegen die Stirn, und dort, wo der Mund war, klaffte sein Bartgestrüpp auseinander. »Jetzt weiß ich es wieder. Natürlich, Stan McLean. Sie waren mit Ann verlobt und haben sie sitzen lassen. Es war damals Tagesgespräch.« Charley nickte. »Sicher, Ann lebt noch in Borger. Sie hat geheiratet und heißt jetzt Wilson. Ich glaube, sie war damals nicht besonders gut auf Sie zu sprechen, McLean.«
»Wie es scheint, ist sie darüber hinweggekommen.«
»Die Zeit heilt Wunden«, murmelte der Oldtimer und griff nach dem Kopfgeschirr des Pferdes. »Unterstellen und Futtergeld machen dreißig Cent pro Tag. Für die Woche verlange ich zwei Dollar. Sie können zahlen, wenn Sie das Pferd wieder abholen.«
McLean verließ den Stall. Langbeinig stapfte er am Fahrbahnrand entlang. Gelber Staub puderte seine Stiefel. Leise klirrten seine Sporen. Er sah das Hotel auf der anderen Straßenseite und lenkte seine Schritte darauf zu. McLean sah verschiedene Gesichter und erinnerte sich an sie. Die meisten der Menschen aber, die ihm begegneten, waren ihm fremd. Sie mussten erst nach seiner Zeit hier in die Stadt gekommen sein.
Niemand erkannte ihn. Er betrat die Hotelhalle. Die Rezeption war verwaist. McLean schlug mit der flachen Hand auf die Glocke, die da stand. Und schon im nächsten Augenblick kam ein gebeugter Mann aus einer Tür neben der Treppe zum Obergeschoss. Er schlurfte hinter das Anmeldepult und schaute über den Rand seiner Brille hinweg McLean an. »Möchten Sie ein Zimmer mieten?«
McLean nickte.
»Für wie lange?«
»Zunächst mal für eine Woche.«
Der Hotelier nahm das Gästebuch, schlug es auf und legte es vor McLean auf den Tresen. »Tragen Sie sich ein, Mister.« Er legte einen Bleistift daneben. McLean drehte das Buch zu sich herum, nahm den Bleistift, befeuchtete mit dem Mund die Tintenbleispitze und schrieb mit steilen Buchstaben seinen Namen unter die letzte Eintragung. Der Hotelier reichte ihm einen Schlüssel. »Zimmer vier. Oben, zweite Tür links.«
»Danke.« McLean stieg die Treppe empor und betrat wenig später das Zimmer. Er lehnte das Gewehr an den Tisch und hängte die Satteltaschen über die Lehne eines Stuhles. Dann ging er zum verstaubten Fenster und schaute auf die Straße hinunter. Auf dem Fensterbrett lagen einige tote Fliegen. McLean schob das Fenster in die Höhe, um frische Luft in den Raum zu lassen.
Sie hat also geheiratet, dachte er und fühlte Enttäuschung, wandte sich ab und setzte sich auf das Bett. Aber was hast du denn erwartet? Sollte sie darauf warten, dass du eines Tages vielleicht wieder hierher zurückkehrst? Du Narr hast nach fünf Jahren erst bemerkt, was du damals aufgegeben hast. O verdammt! Welcher Teufel hat dich geritten, als du dich entschlossen hast, nach Borger zurückzukehren? Schwing dich auf dein Pferd und reite weiter. Du hast hier nichts verloren. Ann gehört einem anderen Mann.
Es waren bittere Gedanken, die er spann, und er merkte nicht, wie die Zeit verrann. Im Zimmer wurde es düster. Vor dem Fenster hing das Grau der Abenddämmerung. McLean verdrängte die unerfreulichen Gedanken und erhob sich. Er trat wieder an das Fenster heran und schaute hinunter. Die Kinder waren von der Straße verschwunden. Es waren fast keine Menschen zu sehen. Sie hatten sich in ihre Behausungen zurückgezogen. Die vielfältigen Geräusche, die die Stadt am Nachmittag erfüllt hatten, waren erstorben. In Borger herrschte Feierabendstimmung, in den Häusern setzten sich die Menschen zum Abendessen an den Tisch.
McLean verließ das Zimmer, sperrte ab und steckte den Schlüssel in die Tasche. Wenig später trat er auf die Straße. Irgendwo hinter den Häusern bellte ein Hund. Ein ganzes Stück entfernt überquerte ein Mann die Fahrbahn. Der Himmel im Westen leuchtete rot. Aber von Norden her verwandelte sich dieses Rot bereits in dunkles Violett. Am Westhimmel flimmerte ein einzelner Stern– der Abendstern.
McLean ging in den Saloon, um etwas zu essen.
*
»Was will er hier?«, stieß Ann Wilson erregt hervor. »Warum ist er zurückgekommen? Er soll sich wieder zum Teufel scheren.«
Sie stand am Herd in der Küche des Hauses, das sie mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn bewohnte. In ihrem Gesicht zuckten die Nerven. Soeben hatte sie von ihrem Mann erfahren, dass Stan McLean nach Borger gekommen war. Es hatte in der Stadt die Runde gemacht. Dafür hatte der Stallmann gesorgt. Es war mit der Schnelligkeit eines Steppenbrandes durch Borger gegangen. Ann reagierte fassungslos.
»Ich weiß nicht, was ihn hergetrieben hat«, antwortete Ken Wilson grollend. »Ich nehme aber an, dass er Kontakt zu dir aufnehmen wird.«
»Ich will ihn nicht sehen.«
»Er ist der Vater deines Sohnes.«
In Anns Augen zeigte sich ein unruhiges Flackern. Ein herber Ausdruck hatte sich in ihre Mundwinkel gekerbt. Ihre Lippen waren schmal geworden. »Er ist ein dreckiger Schuft, der bei Nacht und Nebel das Weite gesucht hat. Er ließ mich in der Schande sitzen. Wenn du mich nicht geheiratet hättest…«
Ann brach ab. Tränen füllten plötzlich ihre Augen.
»Du hast ihn noch immer nicht vergessen, Ann«, knurrte Ken Wilson.