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U.S. Marshal Bill Logan Band 87 Phil Jameson will Rache Western von Pete Hackett U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G. F. Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G. F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-Book bei CassiopeiaPress. Ein CassiopeiaPress E-Book © by Author www.Haberl-Peter.de © der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen www.AlfredBekker.de Phil Jameson atmete tief durch. Hinter ihm schloss sich das Gefängnistor. Er war frei. Sieben Jahre lang hatte er hinter dicken Mauern und Stacheldraht gelebt. Sieben lange Jahre war er lebendig begraben gewesen. Die harte Zeit hatte Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. Jameson war achtunddreißig Jahre alt. Er sah aus wie fünfundvierzig. Tiefe Linien zogen sich von seinen Nasenflügeln bis zu seinen Mundwinkeln. Er war hager, fast knochig. Sein Gesicht war eingefallen, die Augen lagen tief in ihren Höhlen. Der ehemalige Sträfling schaute sich um. Es war ein warmer Spätsommertag. Der Himmel war blau. Die Sonne schien. In Jamesons Gemüt jedoch herrschte Düsternis. In seiner Seele brannte der Hass. Er wollte Rache. Jameson setzte sich in Bewegung. Er war abgerissen und stoppelbärtig, verfügte weder über ein Pferd noch über eine Waffe, und er besaß kein Geld. Er ging in die kleine Ansiedlung, die um das Fort herum entstanden war. Es war noch ziemlich früh am Morgen. Der kleine Ort war noch nicht so richtig zum Leben erwacht. Soeben wurde das Tor geöffnet, das in den Wagen- und Abstellhof des Mietstalles führte. Der Stallmann, ein bärtiger Bursche mit einem verbeulten Calgary-Hut auf dem Kopf, musterte Jameson.
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2014
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 87
Phil Jameson will Rache
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956171925
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F. Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Phil Jameson will Rache
Phil Jameson atmete tief durch. Hinter ihm schloss sich das Gefängnistor. Er war frei. Sieben Jahre lang hatte er hinter dicken Mauern und Stacheldraht gelebt. Sieben lange Jahre war er lebendig begraben gewesen. Die harte Zeit hatte Spuren in seinem Gesicht hinterlassen.
Jameson war achtunddreißig Jahre alt. Er sah aus wie fünfundvierzig. Tiefe Linien zogen sich von seinen Nasenflügeln bis zu seinen Mundwinkeln. Er war hager, fast knochig. Sein Gesicht war eingefallen, die Augen lagen tief in ihren Höhlen.
Der ehemalige Sträfling schaute sich um. Es war ein warmer Spätsommertag. Der Himmel war blau. Die Sonne schien. In Jamesons Gemüt jedoch herrschte Düsternis. In seiner Seele brannte der Hass. Er wollte Rache.
Jameson setzte sich in Bewegung. Er war abgerissen und stoppelbärtig, verfügte weder über ein Pferd noch über eine Waffe, und er besaß kein Geld. Er ging in die kleine Ansiedlung, die um das Fort herum entstanden war. Es war noch ziemlich früh am Morgen. Der kleine Ort war noch nicht so richtig zum Leben erwacht. Soeben wurde das Tor geöffnet, das in den Wagen- und Abstellhof des Mietstalles führte. Der Stallmann, ein bärtiger Bursche mit einem verbeulten Calgary-Hut auf dem Kopf, musterte Jameson.
»Guten Morgen«, grüßte Phil Jameson.
Der Stallmann nickte. »Sie kommen aus dem Straflager, nicht wahr?«
»Ja.«
»Gestern kamen zwei Gentlemen an. Sie erzählten mir, dass sie einen Mann namens Phil Jameson abholen wollen. Sind Sie Phil Jameson?«
Jamesons Brauen schoben sich zusammen. »Zwei Männer? Ich erwarte niemand.«
»Sie sind also Jameson?«
»Ja. Nannten die beiden ihre Namen?«
»Nein. Sie haben ihre Pferde bei mir untergestellt. Das Brandzeichen kenne ich nicht. Sahen ziemlich mitgenommen aus, als sie hier ankamen, was den Schluss zuließ, dass sie einen langen Ritt hinter sich hatten.«
»Zeigen Sie mir die Pferde.«
Es handelte sich um eine Fuchsstute und um einen Pinto. Beiden Tieren war ein W eingebrannt. Phil Jameson hatte keine Ahnung, was dieses Brandzeichen bedeutete. »Ich habe keine Freunde«, murmelte er versonnen. Dann zuckte er mit den Schultern. »Nun, es wird sich zeigen, was die beiden Kerle von mir wollen. Ich brauche einen Job. Gibt es in der Umgebung jemand, der einen wie mich einstellen würde?«
»Versuchen Sie es mal auf der Star Ranch. Sie gehört Slim Jordan. Vielleicht haben Sie Glück.«
»Wo finde ich die Ranch?«
»Folgen Sie dem Reit- und Fahrweg nach Nordosten. Sie müssen etwa fünf Meilen gehen.«
»Ist es eine große Ranch?«
»Kann man sagen. Auf den Weiden der Star Ranch stehen wohl an die zehntausend Rinder. Jordan ist mächtig, aber er ist kein Unmensch.«
»Vielen Dank.«
Phil Jameson verließ den Mietstall. Er schritt am Fahrbahnrand entlang. Aus dem Store trat der Besitzer und fixierte ihn argwöhnisch. Vor der Sattlerei stand ein Mann, und auch er beobachtete Jameson.
Jameson hielt an, als ein hochgewachsener Bursche hinter einem Haus hervorkam und bis zur Mitte der Main Street ging. In Phil Jameson schlugen die Alarmglocken an. Seine Augen verengten sich. »Was willst du von mir?«
»Ich werde dich erledigen.«
»Warum. Ich kenne dich nicht. Wer bist du?«
»Das erzählt dir sicher der Teufel in der Hölle.«
Jamesons Zähne mahlten. Als er hinter sich das Knirschen von Staub unter Stiefelsohlen und das leise Klirren von Sporen hörte, drehte er den Kopf. Der zweite der Kerle näherte sich ihm. Jameson presste die Lippen zusammen. In ihm entstand ein Verdacht, setzte sich in ihm fest und ließ sich nicht verdrängen.
»Wer schickt euch?«, fragte er.
Ein kaltes Lachen ertönte. Dann antwortete der Bursche, der vor ihm stand: »Jemand, der dich in der Hölle wissen will. Mein Freund wird dir jetzt seinen Revolver geben. Du bekommst jede erdenkliche Chance.«
»Wie viel zahlt er euch?«
»Du stellst viel zu viele Fragen. Los, Ben, gib ihm dein Schießeisen.«
Der andere der beiden Kerle trat neben Phil Jameson, zog seinen Sechsschüsser und hielt Jameson das Eisen hin. Seine Lippen waren zu einem hämischen Grinsen verzogen. »Sicher bist du etwas aus der Übung, Jameson. Aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen.«
Jameson nahm die Waffe und schob sie hinter seinen Hosenbund.
Der Mann namens Ben ging zur Seite. »Ich zähle bis drei«, sagte er. »Eins– zwei…«
Bei drei zogen sie. Die Revolver donnerten. Die Detonationen wurden von den Häuserwänden zurückgeworfen. Pulverdampfwolken zerflatterten.
Der Mann, der Jameson herausgefordert hatte, brach zusammen. Phil Jameson lag im Staub. Der andere Kerl warf ein schweres Messer. Phil Jameson wälzte sich blitzschnell herum, dann bäumte sich der Revolver in seiner Faust auf. Aufbrüllend stieß der Knall durch die Ortschaft. Der Messerwerfer drehte sich halb um seine Achse, dann stürzte er.
Jameson erhob sich. Staub rieselte von seiner Kleidung. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Den Revolver im Anschlag ging er mit kurzen, abgezirkelt anmutenden Schritten zu dem Burschen hin, der sich mit ihm geschossen hatte. Von ihm ging keine Gefahr mehr aus. Er hatte die Kugel in die Brust bekommen.
»Wo finde ich ihn?«
Der Sterbende röchelte. Mit erloschenem Blick schaute er zu Jameson in die Höhe. »Ich– habe– dich– unterschätzt.«
»Ein tödlicher Fehler«, murmelte Jameson. »Sag es mir. Wo finde ich Tucker?«
»Panhandle– Ochiltree County– Wolf Creek– Waycross Ranch.«
Die Augen des Mannes wurden starr. Die Leere des Todes senkte sich in sein Gesicht. Phil Jameson ging zu dem anderen Burschen hin. Er hatte die Kugel in die Schulter bekommen. Schweiß rann über sein schmerzverzerrtes Gesicht. »Dein Gefährte ist tot«, erklärte Jameson. »Wie war sein Name?«
»Cole Redcliff.«
»Wo hat er sein Gewehr?«
»Auf dem Hotelzimmer.«
»Gut. Ich werde sein Gewehr und sein Pferd nehmen. Wie heißt du?«
»Ben Saddler.«
»Wie viel hat euch Tucker gezahlt, damit ihr mich kalt macht?«
»Dreihundert Dollar. Jedem von uns.«
»Sollte sich dein Weg noch einmal mit dem meinen kreuzen, werde ich dich töten, Saddler.«
Phil Jameson bückte sich, öffnete die Schließe von Saddlers Revolvergurt und zog ihn unter dem Leib des Verwundeten hervor, legte ihn sich um und stieß den Revolver ins Holster. Dann schwang er herum und schritt davon.
*
Joe Hawk und ich folgten der Spur der Viehdiebe. Sie führte nach Norden. Wahrscheinlich wollten die Banditen die Herde, die sie von der Weide der Waycross Ranch gestohlen hatte, durch den schmalen Streifen des Oklahoma-Territoriums nach Kansas treiben, um sie dort zu verkaufen.
Wir hatten keine Ahnung, mit wie vielen Rustlern wir es zu tun hatten. Vorsicht war jedenfalls geboten.
Die Spur war schon einige Tage alt. Dennoch war sie gut zu erkennen. Vor uns erhoben sich die bewaldeten Anhöhen des Indianerlandes. Es war um die Mitte des Vormittags. Am Morgen hatten wir Perryton verlassen, wo wir die Nacht verbracht hatten.
Wir zügelten die Pferde. Ich ließ meinen Blick schweifen. Es war ein regnerischer Tag, grau, kalt– ein Tag, an dem man keinen Hund vor die Tür jagte.
»Hier endet unser Amtsbereich«, erklärte Joe.
»Die Herde wurde vor vier Tagen gestohlen«, sagte ich. »Wenn die Viehdiebe sie schnell treiben, kommen sie am Tag höchstens zehn Meilen weit. Die Herde ist vom Wolf Creek also allenfalls vierzig Meilen entfernt. Das heißt, sie dürfte gestern den North Canadian überschritten haben. Wir könnten sie einholen, ehe sie nach Kansas gelangt.«
»Vergeuden wir keine Zeit«, knurrte Joe und ruckte im Sattel. Sein Pferd ging an. Das Land, das uns umgab, war von einer wilden Schönheit. Hier und dort ragten hohe Felsen aus dem Boden. Es gab weitläufige Senken mit hüfthohem Büffelgras, die von langgezogenen Hügeln begrenzt wurden.
Wir ritten Stunde um Stunde. In diesem Landstrich trieben sich oftmals Gruppen von Comanchen herum. Jeder meiner Sinne war aktiviert. Ich sicherte ununterbrochen um mich. Die Gefahr konnte hinter jedem Strauch lauern.
Einige schwarze Punkte am wolkenverhangenen Himmel erregten meine Aufmerksamkeit. Es waren Aasgeier. Sie kreisten über einer bestimmten Stelle. Ich wies Joe darauf hin. Eine Viertelstunde später trafen wir auf ein totes Pferd. Einige Geier hatten bereits ihr schauerliches Mahl begonnen.
»Sieh dort«, stieß Joe hervor. Er wies in eine bestimmte Richtung. Dort war Wald. Am Waldrand hing an einer Buche ein Mann. Er war an den Füßen aufgehängt worden. Einige Pfeile steckten in seinem Körper.
Schlagartig trocknete mir der Hals aus. Eine unsichtbare Hand schien mich zu würgen. Ich ritt hin, holte mein Messer aus der Satteltasche und schnitt das Rohlederseil durch, an dem er aufgehängt worden war. Er fiel zu Boden. Sein Gesicht war blutverschmiert. Sein Skalp fehlte.
Etwa hundertfünfzig Yards entfernt hatten sich ebenfalls einige Geier niedergelassen. Joe trieb sein Pferd an. Ich blickte ihm hinterher. Die Geier schlugen mit den Flügeln und krächzten, flogen ein Stück und ließen sich wieder nieder. Joe zerrte sein Pferd in den Stand. Nach kurzer Zeit zog er es herum und kam zurück. Bei mir hielt er an, wies mit dem Daumen über die Schulter und sagte: »Dort liegt noch einer. Auch ihm haben sie den Skalp genommen. Diese verdammten Heiden.«
Auch ich verspürte Zorn. Wortlos trieb ich mein Pferd hin und her, und die Spuren, die ich fand, verrieten mir eine Menge. »Die Indianer haben den Rustlern die Herde abgejagt und fortgetrieben«, erklärte ich. »Die Rinder sind verloren. Begraben wir die beiden Toten und dann reiten wir zurück. Tucker wird zwar nicht erfreut sein, aber es ist eben nicht zu ändern.«
»Es war die dritte Herde in diesem Jahr, die ihm gestohlen wurde«, sagte Joe grollend.
Wir saßen ab. Da jeder von uns einen kurzen Klappspaten am Sattel mit sich führte, war es kein Problem, zwei Gräber auszuheben. Nachdem wir die Rustler begraben hatten, ritten wir zurück. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Mit der Abenddämmerung kam Nieselregen. Wir schlugen unsere Zelte auf und krochen hinein. Die Pferde hatten wir am Gebüsch angebunden und ihnen zusätzlich die Vorderbeine gehobbelt. Falls sie ein wildes Tier erschreckte und sie sich losrissen, sollten sie mit den gefesselten Beinen nicht weit kommen.
Wir hatten nicht viel gesprochen. Jeder von uns hatte damit zu tun, das grauenhafte Bild zu verarbeiten, das sich uns geboten hatte. Wahrscheinlich war es zu einem Kampf gekommen und die Viehdiebe hatten einige der Indianer getötet. Nur so war es zu erklären, dass zwei von ihnen so grausam abgeschlachtet worden waren.
In der Nacht regnete es stärker. Große Tropfen prasselten auf die Planen der Zelte. Der Wind heulte wie ein hungriger Wolf. Im Zelt war es finster wie in der Hölle. Dennoch schlief ich irgendwann ein. Als ich aufwachte, graute der Morgen. Der Wind hatte sich gelegt, es regnete nicht mehr. Ich verließ das Zelt, weckte Joe, dann aßen wir Dörrfleisch und trockenes Brot und tranken dazu Wasser. »Was meinst du?«, fragte Joe kauend. »Sind die anderen Viehdiebe den Indianern in die Hände gefallen?«
»Nein. Denn dann hätten sie auch mit Pfeilen gespickt an einem Baum gehangen und wir hätten vier oder fünf Gräber ausheben müssen.«
Wir brachen die Zelte ab, rollten Planen und Decken zusammen und schnallten sie an den Sätteln fest, dann ritten wir weiter. Am späten Nachmittag erreichten wir die Waycross Ranch. Am Haltebalken vor dem Haupthaus zügelten wir die Pferde und saßen ab. John Corner, der Vormann, trat aus dem flachen Gebäude, das an das Ranchhaus angebaut war und in dem sich das Ranch Office befand. Er schaute verkniffen drein. Als er heran war, ließ er seine tiefe Stimme erklingen: »Sie hatten keinen Erfolg, wie?«
»Die Viehdiebe wurden von Indianern überfallen. Zwei von ihnen wurden getötet. Wir haben sie begraben. Die Rothäute haben die Herde mitgenommen.«
Corner presste sekundenlang die Lippen zusammen. »Beim ersten Diebstahl waren es dreihundert Longhorns, beim zweiten zweihundertfünfzig. Dieses Mal haben die verdammten Rustler fast vierhundert Rinder abgetrieben. Das sind annähernd tausend Rinder, die der Ranch verloren gegangen sind.«
»Wir können es nicht ändern«, versetzte Joe. »Den Indianern zu folgen wäre sinnlos gewesen. Vielleicht sollten Sie einige zusätzliche Reiter einstellen, die die Herden der Waycross Ranch bewachen.«
»Sie haben doch nichts dagegen, dass wir auf der Ranch übernachten?«, fragte ich.
»Fühlen Sie sich hier wie zu Hause, Marshals«, ertönte eine Stimme. Von uns unbemerkt war Butch Tucker, der Ranchboss, auf den Balkon des Haupthauses getreten, von dem aus eine Außentreppe in den Ranchhof führte.
Tucker war ein Mann von etwa vierzig Jahren, seine dunklen Haare wiesen schon einen leichten Grauschimmer auf. Er war über sechs Fuß groß und schlank und verströmte natürliche Autorität. Ein freundliches Lächeln gab ein makelloses Gebiss frei. Langsam stieg er die Treppe hinunter. Auf halber Höhe der Stiege blieb er stehen. Seine Augen wurden schmal, sein Blick schweifte über uns hinweg, irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
Ich drehte den Kopf und sah den Reiter, der auf dem Hügel südlich der Ranch– also jenseits des Wolf Creek– verharrte. Einzelheiten waren nicht zu erkennen.
Auch Joe und der Vormann schauten nach Süden. Deutlich hob sich der Reiter vor dem Bleigrau des Himmels ab. Jetzt trieb er sein Pferd an, lenkte es den Hügel hinunter und verschwand hinter hohen Büschen, tauchte wenig später wieder auf und ließ sein Pferd traben. Ich konnte sehen, dass der Reiter einen grauen Anzug trug. Auf seinem Kopf saß eine ebenfalls graue Melone. Das Wasser spritzte und gischtete, als er seinen Vierbeiner durch den Creek laufen ließ. Dann ritt er in den Hof. Seine rötlichen Koteletten reichten bis zu den Backenknochen, ein Schnurrbart von gleicher Farbe verdeckte seine Oberlippe.
Butch Tucker schritt weiter die Treppe hinunter und kam in den Hof.
Der fremde Reiter parierte das Pferd, legte seine Hände übereinander auf den Sattelknauf und schaute von einem zum anderen. Dann sagte er: »Guten Tag, Gentlemen. Mein Name ist Tom Bennett. Ich bin Detektiv von Wells & Fargo.«
»Was führt Sie denn in diesen Landstrich?«, fragte ich.
»Ich reite auf der Spur eines Mannes. Er heißt Phil Jameson. Seine Fährte führt in den Panhandle, genauer gesagt zum Wolf Creek.«
»Was hat er denn ausgefressen?«, fragte Joe.
»Jameson hat vor über sieben Jahren zusammen mit einem anderen Mann eine Postkutsche überfallen, die 20.000 Dollar für die Bank in Odessa beförderte. Sein Komplize verpasste Jameson eine Kugel, so dass er geschnappt wurde. Er saß sieben Jahre im Zuchthaus. Vor drei Wochen wurde er entlassen. Bei Wells & Fargo ist man der Meinung, dass er zu seinem Kumpan reitet, um sich seinen Anteil an dem damals geraubten Geld zu holen– und um seinem Kumpan eine blutige Rechnung zu präsentieren.«
»Also hat man Sie auf seine Fährte gesetzt, damit er Sie zu dem Geld führt«, sagte ich.
Bennett nickte.
Butch Tucker räusperte sich. »Sie sind sicher hungrig und durstig, Mister Bennett. Sie auch, Marshals. Natürlich sind Sie meine Gäste. John, sagen Sie dem Koch, dass die drei Gentlemen mit mir zu Abend essen. Er soll sich anstrengen.« Tucker schaute grinsend in die Runde.
John Corner nickte seinem Boss zu und entfernte sich.
»Darf ich Sie ins Haus bitten, Gentleman«, sagte Tucker. »Um Ihr Pferd wird sich einer meiner Angestellten kümmern, Mister Bennett.«
*
»Erzählen Sie uns die Geschichte von Phil Jameson«, forderte Butch Tucker, nachdem wir gegessen hatten. Er hatte eine kleine Kiste mit Zigarren herumgereicht und wir rauchten. In den Gläsern schimmerte wie flüssig gewordener Bernstein der Bourbon.
Tom Bennett lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Nun, es gibt nicht viel zu erzählen. Das Wichtigste wissen sie bereits. Jamesons Komplize entkam damals mit den 20.000 Dollar. Seinen Namen verriet Jameson nie. Darum sind wir fest davon überzeugt, dass er sich nach seiner Haftentlassung auf die Suche nach seinem ehemaligen Gefährten macht.«
»Wo haben Sie seine Spur verloren?«, fragte ich.