U.S. Marshal Bill Logan, Band 89-96: Acht Romane: Sammelband 12 (U.S. Marshal Western Sammelband) - Pete Hackett - E-Book

U.S. Marshal Bill Logan, Band 89-96: Acht Romane: Sammelband 12 (U.S. Marshal Western Sammelband) E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Sammelband 12 (Band 89-96) U.S. Marshal Bill Logan von Pete Hackett U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht. Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. INHALT Band 89 Marshal Logan und der ehrliche Kopfgeldjäger Band 90 Blutige Nuggets Band 91 Das höllische Rudel Band 92 Der Tod mischt die Karten Band 93 Der Marshal von Plainview Band 94 Marshal Logan gegen Tod und Verderben Band 95 Marshal Logan und die unerbittliche Jagd Band 96 Das harte Gesetz der Wildnis

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U.S. Marshal Bill Logan

Sammelband 12 (Band 89-96)

von Pete Hackett

Pete Hackett Western– Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien "Der Kopfgeldjäger", "Weg des Unheils", "Chiricahua" und "U.S. Marshal Bill Logan".

U.S. Marshal Bill Logan

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956171147

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Über den Autor

Band 89 Marshal Logan und der ehrliche Kopfgeldjäger

Band 90 Blutige Nuggets

Band 91 Das höllische Rudel

Band 92 Der Tod mischt die Karten

Band 93 Der Marshal von Plainview

Band 94 Marshal Logan gegen Tod und Verderben

Band 95 Marshal Logan und die unerbittliche Jagd

Band 96 Das harte Gesetz der Wildnis

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war– eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Band 89 Marshal Logan und der ehrliche Kopfgeldjäger

Wade McLintock hielt sein Pferd an. Es regnete leicht. Über dem Land spannte sich ein grauer Himmel. Von Westen zogen Regenwolken heran. Ein frischer Wind trieb sie vor sich her. Das Laub an den Büschen und Bäumen hatte sich verfärbt und war schon größtenteils abgefallen.

McLintock ließ seinen Blick über die verfallen anmutenden Gebäude der Farm gleiten. Dahinter erhoben sich hohe Pappeln. Sie säumten einen Creek. In einem Pferch, der von einer hüfthohen Steinmauer begrenzt wurde, tummelten sich Schafe und Ziegen. Auf einer umzäunten Koppel stand eine Milchkuh. Aus dem Schornstein des flachen Farmhauses stieg dunkler Rauch.

Alles wirkte grau in grau. Es war ein Bild des Friedens, das sich dem Kopfgeldjäger bot. Alles in dem großen, hageren Mann jedoch signalisierte Alarm…

Der Braune unter McLintock trat unruhig auf der Stelle, spielte mit den Ohren und peitschte mit dem Schweif. Von der Hutkrempe des Mannes tropfte Regenwasser. Sein Regenumhang war dunkel vor Nässe. Wasser lief über sein schmales Gesicht, das von einem blauen Augenpaar beherrscht wurde und in dem ein unstetes Leben im Sattel unübersehbare Zeichen hinterlassen hatte. Obwohl McLintock erst zweiunddreißig Jahre alt war, waren die Linien in seinem Gesicht tief und dunkel. Die Lippen waren schmal, das war Kinn breit und eckig, was Energie und Willenskraft verriet. Unter dem Stetson fielen blonde, nackenlange Haare hervor.

Es war ein bemerkenswerter Mann, der ein hohes Maß an Ruhe verströmte und zu dem man schnell Vertrauen fassen konnte.

Der Kopfgeldjäger ruckte im Sattel und schnalzte mit der Zunge. Das Pferd setzte sich in Bewegung. Dumpf pochten die Hufe, die Gebisskette klirrte, das Leder des alten, brüchigen Sattels knarrte. Im Farmhof pickten Hühner in den knöcheltiefen Schlamm. Ein Wagen mit niedrigen Bordwänden stand zwischen Stall und Scheune. Die Tür eines Schuppens bewegte sich leicht im Wind, das rostige Quietschen der Scharniere war zu vernehmen.

McLintock ritt an der Farm vorbei zum Creek. Der Gürtel des Ufergebüsches war immer wieder unterbrochen. Das Ufer war flach. Steine lagen auf dem Flussgrund und ragten vereinzelt aus dem seichten Wasser. Glucksen und Rauschen erfüllte die Luft. McLintock saß ab und spähte über den Pferderücken hinweg hinüber zu der Farm. Sein Pferd senkte die Nase ins Wasser und begann zu saufen. Das Gesicht des Kopfgeldjägers war unbewegt. Seine Augen verrieten, dass er hellwach und angespannt war.

Aus dem Farmhaus trat ein Mann. Er war mit einer braunen, abgewetzten Hose, einem gelben Hemd und einer schwarzen Weste bekleidet. Seine Haare waren grau. Er trug einen Backenbart und sein Mund wurde von einem Schnurrbart verdeckt. Es war ein grobschlächtiger Bursche von mittlerer Größe. Neben einem der Schuppen blieb er stehen. McLintock war nicht verborgen geblieben, dass er waffenlos war. Er rief: »Wo bin ich hier, Mister?«

»Am Paloduro Creek. Mein Name ist Andrew Hanson. Ich lebe mit meiner Frau auf dieser Farm. Wohin möchten Sie denn?«

»Nach Norden. Wie weit es noch bis Amarillo?«

»Dreißig Meilen. Weiter westlich liegt Canyon. Etwa zehn Meilen von hier. Sie können die Stadt heute noch erreichen. Es wird erst in zwei Stunden etwa dunkel.«

»Ich tränke nur mein Pferd, dann reite ich weiter. Sie haben Recht, Hanson. Ich werde wohl nach Canyon reiten. Bei einem solchen Wetter verbringt man die Nacht nicht im Freien.«

Der Farmer machte verborgene Handzeichen und es war deutlich, dass er sich bemühte, dass sie nur McLintock bemerkte. »Dann wünsche ich Ihnen einen guten Ritt, Mister. Ich würde Sie zum Abendessen einladen, aber wir haben selber kaum etwas. Sie werden es mir nachsehen.«

»Es ist schon in Ordnung«, grollte McLintock. Er hatte begriffen.

Der Farmer schwang herum und ging ins Haus zurück. McLintock wusste, dass etwas nicht stimmte. Sein Instinkt für die Gefahr hatte ihn wieder einmal nicht im Stich gelassen. Er stieg aufs Pferd und ritt durch den Creek. Das Wasser reichte dem Tier nur bis zu den Sprunggelenken, spritzte und gischtete. Es war düster. Die Sonne war irgendwo im Südwesten hinter den tiefhängenden, dicken Wolken verborgen. Der Herbst hatte den Sommer endgültig vertrieben.

Auf der anderen Seite des Paloduro Creek buckelten Hügel. Struppiges Gras bedeckte sie. Dornenbüsche, Mesquites, Ocotillos  und wilder Ginster wuchsen auf den Abhängen und Kuppen. Der Regen hatte im Laufe der Jahrtausende tiefe Rinnen voller Geröll ausgewaschen.

McLintock ritt zwischen die Hügel und verschwand aus dem Blickfeld der Farm. Er trieb das Pferd eine der Anhöhen hinauf, saß wenige Schritte unterhalb des Kammes ab und band sein Pferd an einem Strauch fest. Dann zog er die Winchester aus dem Scabbard und legte die letzten Yards auf den Hügelrücken zu Fuß zurück. Leise klirrten seine Sporen. Aus dem Schutz eines Busches beobachtete er die Ansammlung windschiefer Gebäude. Weiter westlich war ein abgeerntetes Maisfeld zu sehen.

Der Kopfgeldjäger hüllte sich in Geduld. Irgendwann wurde es düster. Es regnete nach wie vor leicht. Dann kam die Abenddämmerung. Die Bäume, die den Creek säumten, hoben sich schwarz gegen den helleren Hintergrund ab. Hinter einem Fenster des Farmhauses ging Licht an. Eine Frau kam heraus und trieb die Hühner in den Stall. Dann ging sie in einen Schuppen, kam mit einer Weidenschwinge voller Hühnerfutter zurück und verschwand damit im Hühnerstall. Die Kuh muhte, im Pferch blökten einige Schafe.

Wenig später erschien der Farmer. Er ging in einen Stall. Bald kehrte er mit zwei gesattelten Pferden in den Hof zurück. Er führte die beiden Tiere zum Holm vor dem Farmhaus, band sie an und ging wieder hinein.

Dann verließen zwei Männer das Haus. Draußen zogen sie sich Regenumhänge an. Von ihren Gesichtern war nicht viel zu erkennen, denn sie lagen im Schatten der Hutkrempen. Aus dem Hühnerstall kam die Farmersfrau. Die Schwinge war leer und sie trug sie in der linken Hand. Unter der Stalltür blieb sie stehen und beobachtete die beiden Kerle, die nun ihre Pferde losbanden und aufsaßen. Sie zogen die Tiere herum, ritten an und folgten dem Fluss nach Osten.

Ein entschlossener Zug kerbte sich in die Mundwinkel des Kopfgeldjägers. Er verließ seinen Beobachtungsposten und lief zu seinem Pferd, zog sich in den Sattel und ritt an. Parallel zum Creek ritt auch er nach Osten, allerdings verbargen ihn die Hügel. Bald war die Dunkelheit endgültig. Die Hügel muteten an wie riesige, geduckt daliegende Ungeheuer. Es gab weder Mond- noch Sternenlicht. Nur das Säuseln des Windes erfüllte die Nachtluft. Für die Jäger der Nacht war es noch zu früh. Alles mutete an wie ausgestorben.

Hinter einem Hügel wartete McLintock. Das Gewehr hielt er in der Hand. Er hatte es mit der Kolbenplatte auf seinem Oberschenkel abgestellt. Seine Rechte umspannte den Kolbenhals. Das Pferd prustete manchmal. Schließlich wehte das Pochen von Hufen heran. Nach und nach wurde es deutlicher. McLintock saß ab, band sein Pferd an den Ast eines Strauches und legte dem Tier die flache Hand auf die Nüstern.

Leises Klirren vermischte sich mit den dumpfen Hufschlägen. Geduckt lief McLintock am Fuß der Anhöhe entlang, und dann sah er die beiden Reiter kommen. Sie waren in der Dunkelheit nur verschwommen auszumachen. Aber die Konturen wurden mit jedem Schritt, den sie näher kamen, deutlicher. McLintock riegelte eine Patrone in den Lauf der Winchester. Das metallische Geräusch stand für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft. Die beiden Reiter fielen ihren Pferden in die Zügel. Die Hufschläge brachen ab, eines der Tiere wieherte hell, dann war nur noch vereinzeltes Stampfen zu vernehmen.

»Wer ist da?«

»Absitzen!«, rief McLintock rau. »Ich kann euch trotz der Dunkelheit gut ausmachen. Und ich verstehe es, zu treffen. Steigt von euren Gäulen und hebt die Hände.«

»Wer bist du?«

»Es reicht, wenn ich weiß, wer ihr seid. Auf euren Steckbriefen steht tot oder lebendig. Ihr könnt euch also denken, dass ich nicht lange fackle.«

Die beiden handelten. Sie gaben ihren Pferden die Sporen und griffen nach den Revolvern. Die Hufschläge und das Krachen der Detonationen verschmolzen ineinander. Mündungsfeuer zerschnitten die Dunkelheit wie glühende Speerspitzen. Der Höllenlärm wurde in alle Richtungen getragen und versickerte zwischen den Hügeln.

Und dann war es still. Lastend still. Diese Stille dauerte einige Sekunden lang an, dann erklang ein ersterbendes Stöhnen. McLintock, der auf das linke Knie niedergegangen war, drückte sich hoch. Das Gewehr an der Hüfte im Anschlag setzte er sich in Bewegung. Seine Sinne arbeiteten auf Hochtouren. Von den beiden Banditen ging immer noch Gefahr aus. Sie warteten vielleicht nur auf eine günstige Gelegenheit.

Und da blitzte es auch schon auf. Begleitet vom Donnern des Schusses pfiff eine Kugel heran. McLintock schoss auf das Mündungslicht. Ein verlöschendes Röcheln und ein dumpfer Aufprall erklangen. Die Detonation verhallte raunend. Ein Pferd schnaubte nervös.

McLintock hatte angehalten. Er sicherte in die Runde. Der Geruch von verbranntem Pulver stieg ihm in die Nase. Wieder war das Stöhnen zu hören. Der Kopfgeldjäger gab sich einen Ruck. Das Leder seiner Stiefel knarrte leise. Er bewegte sich wie ein Schatten. Dann sah er das längliche, schwarze Bündel am Boden. Er huschte hin und kauerte nieder. Der Bursche bewegte sich und stöhnte. »Wer bist du? Conrad oder McGuire?«

»Brian Conrad. Du– du hast mir die Kugel in die Brust geschossen. Sag mir deinen Namen. Bist du ein Gesetzesmann?«

»Ich heiße McLintock. Und ich jage euch, weil jeder von euch fünfhundert Dollar wert ist.«

»O verdammt! Die Hölle verschlinge dich.«

McLintock tastete den Boden ab und fand den Revolver des Banditen. Er nahm ihn in die linke Hand, spannte den Hahn und richtete sich auf. »McGuire!« Seine Stimme entfernte sich von ihm und versank in der Stille. Er bekam keine Antwort. Der Kopfgeldjäger glitt durch die Finsternis. Er stieß auf ein totes Pferd. Und nur drei Schritte von dem Tier entfernt lag der andere Bandit. Er war tot.

Hufschläge erklangen; dumpfes Pochen. Der Schemen eines Pferdes löste sich aus der Finsternis. Es war das andere Banditenpferd. McLintock ging dem Tier entgegen und nahm es an der Trense…

*

Es waren acht Prärieschoner, die in einer Reihe auf dem Marktplatz von Amarillo abgestellt waren. Hinter den Häusern, in provisorisch errichteten Seilcorrals, waren die Zugtiere untergebracht. Pferde und Ochsen. Zwei Männer bewachten die Tiere. In kleineren Corrals befanden sich Kühe, Schafe und Ziegen.

Zwischen den Conestoga-Wagen brannten Feuer. Lichtreflexe zuckten über die Fuhrwerke, im Wechselspiel von Licht und Schatten saßen Männer, Frauen, Jugendliche und einige größere Kinder, irgendwo klimperte jemand auf einer Gitarre herum.

Ich hatte Calem Jackson, den Prediger, der den Wagenzug organisiert hatte, im Saloon kennengelernt. Wir waren ins Gespräch gekommen. Von Jackson wusste ich, dass der Treck nach Fort Walla Walla wollte. Von Walla Walla aus sollten sich dann die Auswanderer alleine auf den Weg zu den Plätzen in Oregon oder Washington machen, an denen sie siedeln wollten. Vor den Auswanderern lagen Monate voller Strapazen und Entbehrungen. Sie mussten schräg durch Colorado, Wyoming und Idaho. Es waren reißende Flüsse und gewaltige Gebirge zu überwinden, und auch die Indianer würden nicht tatenlos zusehen, wie der Wagenzug durch die ihnen von der Regierung überlassenen Gebiete zog.

Joe Hawk und ich saßen bei dem Prediger am Feuer. Wir tranken Whisky und rauchten. Susan, die hübsche Tochter Jacksons, hatte sich zu uns gesellt.

»Übermorgen werden die letzten Fuhrwerke zu uns stoßen«, gab der Prediger zu verstehen. »Und in einer Woche brechen wir auf. Bis zum ersten Schnee will ich Pueblo erreichen. Dort warten wir den Frühling ab. Alles, was wir brauchen, ist ein erfahrener Führer. Einen Scout, der die besten Trailwege erkundet. Haben Sie keine Lust, Logan? Werden Sie Farmer oben in Oregon oder Washington.«

Jackson lächelte.

Auch ich musste grinsen. Mir entging nicht, dass mir Susan einen seltsamen Blick zuwarf. Als ich ihn erwiderte, schaute sie schnell weg. Sie zeigte sich verlegen. »Ich wäre wohl kaum der richtige Mann für Sie, Jackson. Außerdem habe ich hier meinen Platz gefunden. Ich bin zufrieden.«

»Wir werden mit zehn Wagen aufbrechen«, sagte Jackson. »Die Route, die wir nehmen, habe ich bereits festgelegt.« Er geriet ins Schwärmen. »Oregon! Das Land, in dem Milch und Honig fließen. Wir werden uns dort oben eine solide Existenz schaffen, Logan. Schade, dass meine Frau das nicht mehr erleben darf. Aber ich will nicht klagen. Es war Gottes unerforschlicher Ratschluss, der sie uns nahm.«

»Es wäre ratsam, an der Ostseite der Rocky Mountains nach Norden zu ziehen und oben in Idaho einen geeigneten Pass zu suchen, um das Gebirge zu überqueren«, gab Joe zu bedenken. »Ohne erfahrenen Führer ist das allerdings ein gewagtes Unterfangen. Nehmen Sie bis Cheyenne den Panhandle Trail. Ziehen Sie dann am Schienenstrang der Union Pacific entlang nach Westen, bis Sie auf den Oregon Cattle Trail stoßen. Dem folgen Sie durch Idaho, und auf dem bleiben Sie bis Walla Walla. Das ist zwar ein Umweg, aber dieser Trail erscheint mir am sichersten.«

»Wie wäre es mit ihnen, Mister Hawk? Wollen Sie nicht endlich Ruhe in Ihr Leben bringen und sesshaft werden? Ein Mann braucht einen Platz, an dem er bleiben kann, eine Familie gründet, ein Haus baut und einen Baum pflanzt.«

Joe nippte an seinem Zinnbecher mit Whisky. »Hier ist mein Platz, Mister Jackson. Um mich zur Ruhe zu setzen, bin ich noch zu jung. Außerdem glaube ich nicht, dass ich zum Farmer geboren bin.«

»Ich sehe es schon«, knurrte der Prediger. »Ich selbst werde den Treck über das Gebirge führen müssen. Möge Gott der Herr mit uns sein.«

Der Prediger saugte an seiner Pfeife. Ich spürte wieder den Blick Susans auf mich gerichtet. Unbehagen kroch in mir in die Höhe.

Als wir ausgetrunken hatten, verabschiedeten wir uns und schritten in Richtung des Court House davon, hinter dem wir in einem Anbau eine Unterkunft besaßen, die wir mit anderen Marshals teilten.

»Du hast es Susan angetan«, murmelte Joe.

»Ich habe es bemerkt. Nun, in ein paar Tagen verlässt sie mit dem Wagenzug die Stadt und ich werde sie wohl nie mehr wieder sehen im Leben. Sie ist eine attraktive Frau und wird einen Mann finden, der sie glücklich macht.«

In dieser Minute hatte ich noch keine Ahnung, wie sehr uns das Schicksal noch an die Männer, Frauen und Kinder ketten sollte, die sich entschlossen hatten, nach Nordwesten zu ziehen.

*

Auf dem Pferd saß der verwundete Bandit. McLintock hatte ihn notdürftig verbunden. Die Kugel steckte in der rechten Brustseite unter dem Schlüsselbein. Jesse McGuire, der bei der Schießerei ums Leben gekommen war, lag vor dem Sattel quer über den Pferderücken. Der Kopfgeldjäger führte das Tier an der Longe. Er ritt zwischen einem Stall und einer Scheune hindurch in den Farmhof. Die Blendläden vor den Fenstern waren in der Zwischenzeit geschlossen worden. Durch die Ritzen zwischen den groben Brettern schimmerte Licht. Unter den Hufen der Pferde schmatzte der Schlamm.

Eine Tür knarrte, dann wurde ein Gewehr durchgeladen, und eine raue Stimme rief: »Stopp! Wer ist da?«

»Mein Name ist McLintock. Wir haben uns heute gegen Abend schon gesehen. Ich war der Mann, der sein Pferd am Creek tränkte.« Der Kopfgeldjäger hatte angehalten.

»Warum kommen Sie zurück. He, sind Sie etwa nicht alleine?«

»Ich habe einen Verwundeten und einen Toten bei mir. Es sind die Kerle, die sich bis zum Einbruch der Nacht bei Ihnen auf der Farm verkrochen hatten. Zwei Banditen, die steckbrieflich gesucht werden.«

»Kommen Sie näher. Und seien Sie versichert, dass ich mich nicht ein zweites Mal überrumpeln lasse.«

McLintock ließ die Pferde weitergehen. Beim Hitchrack saß er ab, schlang den langen Zügel lose um den Querholm und wandte sich dem Farmer zu. »Wir brauchen Licht, Hanson.«

Es dauerte nicht lange, dann flutete Lichtschein ins Freie. Die Laterne schaukelte leise quietschend am Drahtbügel. Die Gestalt des Farmers warf einen großen Schatten. McLintock half Brian Conrad vom Pferd. Als er am Boden stand, gaben die Knie des Banditen nach. Der Kopfgeldjäger stützte ihn, ehe er zusammensackte. Der Bandit ächzte.

Hanson half McLintock, Conrad ins Haus zu bringen. Die Farmersfrau schob den Tisch zur Seite, Conrad setzte sich auf die Bank. Sein Atem ging rasselnd, sein Gesicht war bleich und eingefallen. »Legen Sie sich hin«, sagte die Frau. »Ich hole ein Kissen.«

McLintock und der Farmer gingen wieder hinaus, luden den Toten vom Pferd und trugen ihn in die Scheune.

»Sind Sie ein Sheriff oder Marshal?«, wollte Hanson wissen.

»Nein. Mich legitimieren die Steckbriefe dieser Schufte. Conrad und McGuire sind jeweils fünfhundert Dollar wert.«

Der Farmer schwieg. Sie verließen die Scheune und brachten die Pferde in den Stall, wo sie die Tiere versorgten. »Die beiden kamen gegen Mittag auf die Farm«, erzählte Hanson. »Ich bot ihnen Gastfreundschaft an, ich meine, ich lud sie zum Essen ein.«

»Ich denke, Sie haben selbst kaum etwas.«

»Ja, das musste ich sagen, damit Sie nicht auf die Idee kamen, von mir Gastfreundschaft zu fordern. Die beiden Schufte drohten, meiner Frau den Hals durchzuschneiden, wenn ich einen Fehler mache.«

»Dennoch haben sie mir per Handzeichen zu verstehen gegeben, dass etwas nicht stimmt.«

»Ich hatte Angst. Spätestens, nachdem die Kerle eine Viertelstunde auf der Farm waren, wusste ich, dass es sich um Banditen handelte. Sie waren für mich so etwas wie ein rettender Strohhalm. Sie haben also meine Gebärden verstanden?«

»Ich verfolge die beiden schon seit über zwei Wochen. Ihre Spur führte hierher. Ja, ich habe Ihre Zeichen verstanden.«

Sie kehrten ins Haus zurück. Mary Hanson hatte Feuer gemacht und einen Kessel voll Wasser auf den gemauerten Herd gestellt. Im Gesicht des Banditen zuckten die Muskeln. Seine Lider flatterten. McLintock beugte sich über ihn. »Ich werde dich morgen nach Amarillo bringen, Conrad.« Er drehte sich zu dem Farmer herum. »Ich habe draußen einen leichten Wagen gesehen. Werden Sie ihn mir borgen, damit ich die beiden in die Stadt schaffen kann?«

»Ich werde Ihnen helfen, McLintock«, erbot sich der Farmer.

»Ich muss ihm die Kugel herausholen«, sagte Mary Hanson.

»Verstehen Sie sich darauf?«, fragte McLintock.

»Ich habe mal einem Cowboy ein Stück Blei aus der Schulter geholt. Bei einem anderen Mann habe ich den Biss einer Klapperschlange behandelt. Die beiden erfreuen sich bester Gesundheit.«

»In Amarillo gibt es sicher einen Arzt.«

»Sie werden Amarillo nicht vor morgen Abend erreichen. Bis dahin kann sich das Fieber hinzugezogen haben.«

Sie holte eine halbvolle Flasche Whisky aus einem Schrank. Dann nahm sie aus der Schublade ein Messer mit einer dünnen, langen Klinge. »Zieht ihm Jacke, Weste und Hemd aus«, gebot sie. »Und dann haltet ihn fest.«

Sie öffnete die Ofentüre und schob die Messerklinge in die Glut. Hanson zog den Korken aus der Whiskyflasche und hielt sie Conrad hin. »Nimm einen kräftigen Schluck, Bandit. Dann fällt dir alles leichter.«

Conrad trank.

Als die Klinge glühte, nahm Mary Hanson sie aus dem Feuer, übergoss sie mit dem Schnaps, es zischte und unangenehmer Geruch machte sich breit. McLintock und der Farmer hatten den Oberkörper des Banditen frei gemacht und ihm den Verband abgenommen, den ihm der Kopfgeldjäger verpasst hatte. Mit heißem Wasser wusch die Frau die Wunde aus, dann nahm sie das Messer zur Hand…

Conrad brüllte wie am Spieß. Seine Zähne knirschten übereinander. Er verdrehte die Augen, wand sich, bäumte sich auf, Schweiß rann über sein Gesicht.

Dann hatte Mary Hanson die Kugel. Sie warf sie auf das Handtuch, das auf dem Tisch lag. Dann goss sie Whisky auf die Wunde, und wieder brüllte Conrad. Schließlich wimmerte er nur noch. Seine Augen glühten wie im Fieber, seine Lippen zuckten, hart traten die Backenknochen aus seinem Gesicht hervor.

Mary Hanson verband ihn.

McLintock übernachtete in der Scheune. Mit dem ersten Grau des Tages erwachte er. Es fiel durch die Ritzen in der Bretterwand. Der Kopfgeldjäger erhob sich, ging in den Stall, holte Handtuch und Seife aus seiner Satteltasche und marschierte zum Fluss, um sich zu waschen. Es hatte in der Nacht zu regnen aufgehört. Der Wind jedoch war kalt und schneidend. Die Prärie glitzerte nass.

Ein Hahn krähte. In den Corrals und Pferchen erhoben sich die Tiere. Muhen, Meckern und Blöken war zu hören. Das kalte Wasser vertrieb den letzten Rest von Müdigkeit aus McLintocks Körper. Nachdem er mit seiner Morgentoilette fertig war, ging er hinüber zum Haus. Hanson kam ihm entgegen. Er trug einen Eimer aus Leder. McLintock wünschte dem Farmer einen guten Morgen, dann betrat er das Haus. Es roch nach Kaffee. Eine Laterne spendete Licht. Sie warf dunkle Schatten in das Gesicht des Banditen, der auf der Bank lag.

»Guten Morgen«, grüßte McLintock.

»Ausgeschlafen?«, fragte Mary Hanson. Sie war eine stämmige, vorzeitig gealterte Frau, deren herbe Gesichtszüge verrieten, dass ihr Leben hier draußen ein einziger Überlebenskampf war. Ihre dunklen Haare begannen sich grau zu verfärben. Frauen wie sie waren bezeichnend für dieses Land, das seine Menschen formte und prägte und in dem nur die Stärksten eine Chance hatten. Frauen wie Mary Hanson hatten zusammen mit ihren Männern dieses Land erobert.

»Ich habe gut geschlafen wie schon lange nicht mehr«, erwiderte McLintock. »Wie geht es dir, Conrad?«

»Beschissen.«

»Mit den Menschen, die deine Skrupellosigkeit zu spüren bekamen, hattest du weniger Aufhebens«, versetzte McLintock kalt. »Was meinst du, wie du dich fühlst, wenn du auf der Falltür stehst und dir der Henker den Strick um den Hals legt?«

»Die Pest an deinen Hals.«

Mary Hanson stellte eine Pfanne auf die Herdplatte und schlug einige Löffel voll Schmalz hinein. Ein Dutzend Eier lagen bereit. Sie stellte Tassen auf den Tisch, Teller und legte Bestecke dazu. Das Schmalz begann bald zu brutzeln.

Andrew Hanson kam mit einem Eimer voller Wasser. Er stellte ihn auf eine Anrichte. »Ich spanne ein Pferd vor den Wagen und polstere ihn etwas mit Stroh aus.«

Er verschwand wieder.

Nach dem Frühstück brachen sie auf. Der tote Bandit lag unter einer Plane auf der Ladefläche des Fuhrwerks. Den Verwundeten hatten sie auf eine dicke Lage Stroh gebettet und eine Decke über ihn gebreitet. Das Banditenpferd ließ McLintock dem Farmer. Hanson schwang sich auf den Wagenbock und griff nach der Peitsche. McLintock kletterte auf sein Pferd. Vom Sattel aus reichte er Mary Hanson die Hand. »Viel Glück, Ma'am«, sagte er. »Frauen wie Sie sind wie das Salz der Erde. Wenn ich wieder einmal in die Gegend komme, werde ich Sie besuchen.«

Der Farmer ließ die Peitsche knallen. Ein Ruck ging durch das Fuhrwerk, die Räder quietschten in den Naben. Rumpelnd und polternd fuhr der Wagen vom Farmhof. Die Spurrinnen, die er hinterließ, füllten sich mit Wasser.

McLintock ritt neben dem Gespann.

*

Es war später Nachmittag, als sie in Amarillo ankamen. Vor dem Sheriff's Office hielten sie an. Die Geräusche, die sie verursachten, verstummten. Duncan O'Leary, der Sheriff, der früher als U.S. Marshal für das Distrikt Gericht ritt, sah den Zug durch das Fenster und ging nach draußen. Wolf, der graue Wolfshund, wich nicht von seiner Seite. Matt funkelte der Stern an O'Learys Jacke. Sein fragender Blick verkrallte sich an McLintock.

Der Kopfgeldjäger saß ab, öffnete eine seiner Satteltaschen und beförderte ein zusammengelegtes Papier heraus. Er faltete es auseinander und es entpuppte sich als zwei Steckbriefe, die er O'Leary reichte. Er sagte: »Brian Conrad und Jesse McGuire. McGuire ist tot. Conrad ist verwundet. Ich habe die beiden am Paloduro Creek erwischt.«

Der Sheriff nahm die Steckbriefe, schaute sie nacheinander an, dann ging er zum Wagen, schaute in Conrads Gesicht, schlug die Plane, die über McGuire gebreitet war, zurück, und nickte schließlich. »Ja, das sind die beiden Outlaws. Was halten Sie davon, Mister, wenn Sie sich mir vorstellen?«

»Mein Name ist Wade McLintock. Ich arbeite hauptsächlich im Süden, im Grenzgebiet. Dort gibt es die meisten Banditen.«

O'Learys Brauen zuckten in die Höhe. »Sie sind Kopfgeldjäger?«

McLintock nickte. »Wo das Gesetz versagt, trete ich auf den Plan. Sie haben doch nichts gegen meinen Job, Sheriff?«

»Warum sollte ich? Okay, McLintock. Ich übernehme Jesse Conrad und sorge dafür, dass McGuire unter die Erde kommt. Aber ich muss ein Protokoll schreiben. Die Auszahlung des Kopfgeldes muss begründet werden. Sie werden mir die Geschichte also ausführlich erzählen müssen.«

»Ich kenne das, Sheriff. Doch denke ich, dass das Zeit hat. Erst trinke ich mit Hanson ein Bier, dann möchte ich im Barber Shop ein Bad nehmen, mich rasieren und mir die Haare schneiden lassen. Dagegen haben Sie doch sicher nichts einzuwenden?«

O'Leary lächelte. »Wenn Sie Ihr Pferd versorgt wissen wollen, neben dem Cristal Palace, das ist ein nobler Saloon, der nobelste in Amarillo, finden Sie einen Mietstall.« Er wies in eine bestimmte Richtung. »Sie können den Saloon gar nicht verfehlen.«

»Danke, Sheriff.– Kommen Sie, Andrew. Das Bier gebe ich aus.« McLintock nahm sein Pferd am Kopfgeschirr. Andrew Hanson nickte dem Sheriff zu. Dann ging er neben McLintock her in die Richtung, die ihnen der Sheriff gewiesen hatte.

Neugierige sammelten sich um das Fuhrwerk. O'Leary ging in das flache Gebäude, in dem sich sein Office befand, und sagte zwei Deputys Bescheid. Dann ging er wieder nach draußen. Die Deputy erschienen gleich nach ihm. »Bringt den Verwundeten zum Arzt«, gebot er, »und den Toten zum Coroner. Es handelt sich um Jesse McGuire. Der Coroner soll einen Totenschein ausstellen.« Er versetzte mit dem letzten Wort dem Pferd vor dem Wagen einen leichten Schlag auf die Kruppe, dann wandte er sich ab– und sah Logan sowie Joe Hawk. Sie kamen schräg über die Fahrbahn. »Logan, Joe!«, rief O'Leary. »Soeben hat man mir zwei Banditen gebracht. Brian Conrad und Jesse McGuire. Üble Nummern. Ein gewisser Wade McLintock hat sie am Paloduro Creek gestellt.«

*

Wir gingen in den Cristal Palace. McLintock und der Farmer waren noch nicht da. Sie kamen, nachdem wir den ersten Schluck von unserem Bier getrunken hatten. Ich versuchte, mir ein Bild von dem Kopfgeldjäger zu machen. Er vermittelte einen etwas heruntergekommenen und mitgenommenen Eindruck. Aber das ließ keinen Schluss auf den Mann zu. Wenn ich tagelang im Sattel gesessen und irgendwo unter freiem Himmel übernachtet hatte, sah ich auch nicht besser aus. Er und der Farmer setzten sich an einen der runden Tische. Um diese Zeit war im Saloon kaum etwas los. Der Keeper ging zu ihnen hin und ich sah, wie sich die Lippen McLintocks bewegten. Der Keeper ging hinter den Schanktisch zurück und zapfte Bier.

McLintock schaute zu uns her. Sein Blick kreuzte sich mit meinem. Der Mann war mir nicht unsympathisch. Dabei war mir klar, dass er ein zweibeiniger Wolf war und dass an seinen Händen Blut klebte. Er vermittelte Härte, Willenskraft und konsequente Kompromisslosigkeit.

Der Keeper brachte die beiden Krüge voll Bier zu McLintocks Tisch. Der Kopfgeldjäger und der Farmer prosteten sich zu, dann tranken sie. Als der Farmer seinen Krug geleert hatte, verabschiedete er sich von McLintock und verließ den Saloon. McLintock nahm seinen Krug, in dem sich nur noch ein Schluck Bier befand, erhob sich und schlenderte heran. Er nickte Joe und mir zu, dann sagte er an O'Leary gewandt: »Es wird eine Stunde dauern, Sheriff. Werden Sie dann im Büro sein?«

»Gewiss. Ich werde Ihnen einen Scheck ausstellen, McLintock. Den können Sie morgen hier bei der Bank einlösen. Es nimmt ihn aber auch jede andere Bank in jeder x-beliebigen Stadt. Wenn Sie also gleich weiterreiten möchten.«

McLintock lächelte kantig. »In einer Stunde wird es dunkel sein. Auch wenn ich Ihnen damit keinen Gefallen erweise, Sheriff, aber ich werde wohl die Nacht in der Stadt verbringen.« Er trank seinen Krug leer, trug ihn zum Tresen, stellte ihn ab und wenig später schlugen die Pendel der Schwingtür hinter ihm aus.

»Hast du was gegen Kopfgeldjäger?«, fragte ich.

»Viele von ihnen sind nichts anderes als Killer«, knurrte O'Leary. »Im Norden verachtet man sie.«

»Hier im Süden ist es ein Job wie jeder andere«, gab Joe zu bedenken.

»Ich will keinen dieser Kerle in der Stadt haben«, erklärte O'Leary. »Der Colt ist ihr Gesetzbuch. Sie töten für Geld. Die meisten von ihnen sind nicht besser als die Kerle, die sie jagen. Außerdem musste schon so mancher unschuldige Mann sterben, weil irgendein Prämienjäger erst schoss und dann die Fragen stellte.«

Wir tranken unser Bier aus, bezahlten, dann verließen wir den Saloon. Während sich Joe in unsere Unterkunft begab, ging ich mit O'Leary zum Gefängnis. Es befand sich im Keller des Gebäudes, in dem das Sheriff's Office untergebracht war. Der Korridor des Zellentraktes war mit einer Gitterwand gesichert, die mit einer Gittertür versehen war. In dem kleinen Vorraum saß ein Deputy an einem Tisch. Einige abgegriffene Zeitschriften und Zeitungen lagen da. Der Hilfssheriff ließ uns in den Zellentrakt. Die Luft hier war muffig und abgestanden, dazu kam der scharfe Geruch, den die Latrineneimer verströmten, die zu einem Viertel mit einem Gemisch aus Wasser und Chlorkalk gefüllt waren. Es gab sechs Zellen. In jeder Zelle standen drei Pritschen. Kleine, vergitterte Fenster spendeten diffuses Licht. Die Kerle, die in den Käfigen eingeschlossen waren, musterten uns mit stechenden Augen. Sie erinnerten an Wölfe in einem Raubtierkäfig. Es war der Abschaum des Landes; verworfen, skrupellos, brutal und oft so tödlich wie Cholera.

In der hintersten Zelle auf der rechten Seite war Brian Conrad eingeschlossen. Der Deputy, der mit uns in den Zellentrakt gekommen war, sagte: »Der Doc hat sich die Wunde angesehen und sie desinfiziert. Er denkt, dass der Bandit in wenigen Tagen wieder einigermaßen hergestellt sein wird.«

Conrad lag auf einer der Pritschen. Bei ihm befanden sich zwei Kerle in der Zelle. Einer kam zur Gitterwand und seine Hände legten sich um zwei der zolldicken Gitterstäbe. »Ist endlich Antwort auf mein Gnadengesuch eingegangen, Sheriff?«

»Nein. Sie sollten sich keine allzu großen Hoffnungen machen, Caldwell. Nur selten wurde vom Gouverneur ein Todesurteil Humphreys in eine lebenslange Gefängnisstrafe umgewandelt. Ich denke, dass Sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden hängen werden, sobald die Antwort vorliegt.«

Der Verurteilte wandte sich ab und ging mit schlurfenden Schritten und hängendem Kopf zur Pritsche, auf der er gesessen hatte, setzte sich und barg sein Gesicht in den Händen. »Die Warterei bringt mich um.«

»McGuires Bruder wird kommen«, drohte Brian Conrad mit heiserer Stimme. »Wir haben uns in Amarillo verabredet. Er wird diesen verdammten Menschenjäger hetzen wie einen tollwütigen Hund, und am Ende wird er ihm das Fell über die Ohren ziehen.«

»Wann wird McGuire nach Amarillo kommen?«, fragte O'Leary.

»Irgendwann in den nächsten Tagen. Wir wollten weiter nach Norden. Phil wird mich herausholen. Und er wird seinen Bruder rächen.«

»Freuen Sie sich nur nicht zu früh, Conrad«, murmelte der Sheriff.

In einer der anderen Zellen rief ein bärtiger Mann: »Morgen findet mein Prozess statt, Logan. Ich nehme an, Sie sind als Zeuge geladen.«

»So ist es, Sanders.«

»Sie werden mit Ihrer Aussage dafür sorgen, dass ich am Galgen ende, wie?«

»Ich werde die Fragen des Anklägers, des Richters und Ihres Verteidigers beantworten«, erklärte ich. »Alles andere ist Sache der Jury und des Richters.«

»Warum ist es mir nicht gelungen, Sie in die Hölle zu schicken?«

Ich antwortete darauf nichts.

Wir verließen den Zellentrakt und gingen in das Büro von O'Leary. Die Düsternis war ziemlich fortgeschritten. O'Leary machte Licht. Die Flamme rußte und flackerte, brannte aber ruhig, als der Sheriff den Glaszylinder darüberstülpte. Helligkeit kroch auseinander, reichte jedoch nicht aus, um die Ecken des Raumes aus der Dunkelheit zu zerren. Am Boden neben dem Schreibtisch lag Wolf. Die Augen des Tieres glitzerten im Lichtschein. Die Zunge hing aus dem Maul des Wolfshundes. Wolf war O'Learys Teampartner, als er noch als U.S. Marshal durchs Land ritt.

Der Prozess am folgenden Tag war der Grund, aus dem ich mich in Amarillo befand. Ich war Zeuge der Anklage im Fall von Chad Sanders, eines Mörders und Vergewaltigers.

Dann kam McLintock. Er war rasiert, seine Haare waren geschnitten, seine Kleidung war ausgebürstet. Ich saß neben dem Schreibtisch auf einem Stuhl und mischte mich nicht ein, als O'Leary seine Fragen stellte und ein Protokoll schrieb. Die Feder kratzte über das Papier. Das monotone Ticken des Regulators an der Wand war zu hören. Einmal schlug die Uhr. Es war halb sieben. Dann schrieb O'Leary einen Scheck über tausend Dollar aus und reichte ihn dem Kopfgeldjäger.

Nun mischte ich mich zum ersten Mal ein. »Was haben Sie nun vor, McLintock? Werden Sie in den Süden zurückreiten, oder haben Sie vor, in der Gegend zu bleiben?«

»Warum fragen Sie, Marshal?«

»Ich halte Sie für einen erfahrenen Mann. In Amarillo hat sich eine Gruppe von Auswanderern eingefunden. Sie wollen in einer Woche nach Nordwesten aufbrechen und vor dem Wintereinbruch noch Pueblo erreichen. Diese Leute suchen einen zuverlässigen Führer.«

»Sehe ich aus wie ein Scout?«, fragte McLintock lachend, faltete den Scheck zusammen und steckte ihn in die Tasche.

»Ein Mann wie Sie kennt das Land«, versetzte ich. »Sie verfügen über den nötigen Instinkt. Die Siedler zahlen demjenigen, der sie über die Bitterroot Range nach Fort Walla Walla in Washington bringt, tausend Dollar.«

»Eine Menge Geld. Aber auch ein verdammt weiter Weg.«

»Vielleicht sprechen Sie mal mit Calem Jackson. Er hat den Treck organisiert.«

»Hört sich nicht schlecht an. Kommen Sie mit?«

»Wenn Sie wollen.«

Er nickte. Wir verließen das Office und gingen zum Markplatz, wo einige Kochfeuer brannten und von eisernen Dreibeinen große Pfannen und Kessel über den Flammen hingen. Ein Hund bellte. Die hellen Planen der Prärieschoner hoben sich aus der Dunkelheit ab wie die Segel von Segelschiffen.

Am Feuer bei Jacksons Wagen waren der Prediger und vier weitere Männer versammelt. Von Susan war nichts zu sehen. Die fünf Männer fixierte mich und den Kopfgeldjäger. Ich sagte: »Dieser Mann heißt McLintock. Er ist vielleicht bereit, Ihren Wagenzug nach Walla Walla zu führen. Reden Sie mal mit ihm.«

Calem Jackson erhob sich und reichte dem Kopfgeldjäger die Hand. »Haben Sie schon einmal einen Treck geführt, Mister McLintock?«

»Nein.«

Der Prediger schoss mir einen irritierten und zugleich fragenden Blick zu.

»Ich halte McLintock für eine erfahrenen Mann«, gab ich zu verstehen.

»Trauen Sie es sich zu, Mister McLintock, diesen Wagenzug nach Fort Walla Walla zu führen?«

In dem Moment kam Susan Jackson um das Fuhrwerk herum. Feuerschein fiel in ihr Gesicht. Sie blieb stehen, lächelte mich an, dann heftete sie Ihren Blick auf McLintock. »Ist das ein Kollege, Logan?«

»Nein. Er ist vielleicht der Mann, den Ihr Vater sucht, Susan.«

Susans Blick zeigte unverhohlenes Interesse. Sie und McLintock starrten sich sekundenlang an, dann hörte ich den Kopfgeldjäger kehlig sagen: »Wenn Ihr Vater mich nimmt, werde ich Sie nach Walla Walla bringen.« Der Kopfgeldjäger schien sich innerhalb der kurzen Zeitspanne, seit er Susan zum ersten Mal gesehen hatte, entschieden zu haben. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf Calem Jackson und fuhr fort: »Ja, Mister Jackson, ich traue es mir zu, Ihren Treck sicher nach Walla Walla zu führen.«

Jackson reichte ihm die Hand. »Sie sind engagiert, McLintock. Nachdem Logan sie empfohlen hat, gibt es für mich keinen Grund, Ihre Erfahrung und Ihre Qualitäten als Wagenboss sowie Ihre Integrität anzuzweifeln. Ich freue mich. Fünfhundert Dollar zahlen wir Vorschuss. Den Rest erhalten Sie, wenn wir in Walla Walla ankommen.«

»Ich bin einverstanden«, murmelte McLintock, dann suchte sein Blick wieder Susan, die zum Feuer gegangen war und die Fleischstücke, die in der Pfanne brieten, umdrehte. »Wenn Sie möchten«, sagte Susan mit klarer Stimme, »können Sie gerne zum Essen bleiben, McLintock. Sie sind herzlich eingeladen.«

*

Es regnete in Strömen, als die Fuhrwerke einige Tage später Amarillo verließen. Es war früher Morgen. Finsternis hüllte das Land ein. Calem Jackson saß auf dem Bock des vordersten Wagens. Susan hatte sich unter der Plane verkrochen. Der Wind ließ die Planen der Fuhrwerke schlagen. Heiseres Geschrei erklang, Peitschen knallten, die Fuhrwerke rumpelten. Hunde liefen daneben her. In Bächen rann das Regenwasser von den Dächern und Vorbauten. Der Morast auf der Straße war knöcheltief. Riesige Pfützen hatten sich gebildet.

Wade McLintock ritt voraus. Regen peitschte ihm ins Gesicht. Nach fünfzehn Yards endete die Sicht. Das erste große Hindernis auf ihrem Weg nach Nordwesten würde der Canadian River sein, der fünfundzwanzig Meilen nördlich von Amarillo nach Osten floss und sicher viel Wasser führte.

Sie zogen über Weideland. Die Wagenräder hinterließen tiefe Furchen im aufgeweichten Boden. Die Zugtiere mussten sich in die Geschirre legen. Hufe wühlten den Untergrund auf. Männer und Halbwüchsige, die nicht als Wagenlenker benötigt wurden, trieben die Herde aus Schafen, Ziegen, Kühen, einigen Longhorns und Reservepferden.

Immer wieder trieb ein bretterharter Wind Regenschauer heran. Der Himmel schien sämtliche Schleusen geöffnet zu haben. Trotz der Imprägnierung waren die Regenumhänge der Auswanderer bald durchnässt. Kälte kroch in die Körper.

Die Stadt versank hinter ihnen in den Regenschleiern. Vor ihnen lag die Wildnis. Es gab keine Wege. Hügel mussten umfahren werden. McLintock gab sich keinen Illusionen hin. Wenn sie zehn bis zwölf Meilen am Tag schafften, durften sie zufrieden sein.

Von Osten her schob sich die Helligkeit des beginnenden Tages ins Land. Dunkle Wolken verhinderten jedoch, dass es richtig hell wurde. Im Laufe des Vormittags ließ der Regen nach. Mittags hatten sie fünf Meilen zurückgelegt. Sie lagerten auf einer Ebene, die ein schmaler Creek teilte. Noch waren die Auswanderer guter Dinge.

McLintock hielt neben dem Fuhrwerk von Calem Jackson sein Pferd an und wischte sich mit dem Handrücken das Regenwasser aus den Augenhöhlen. Hinter Jackson sah er durch die halbrunde Öffnung der Plane Susan. Sie winkte ihm zu und lächelte. Auch McLintock hob die Hand. Die Frau gefiel ihm. Als er sie sah, wusste er, dass er den Treck führen musste. Sie hatte ihn auf Anhieb in ihren Bann gezogen.

»Ich reite voraus und suche den besten Weg für den weiteren Trail«, sagte McLintock an den Prediger gewandt. »Ich denke, zwei Stunden Rast werden genügen.«

Jackson nickte.

McLintock trieb sein Pferd an. Sein Blick begegnete noch einmal dem der jungen Frau, er verspürte ein seltsames Kribbeln, dann richtete er seine Aufmerksamkeit nach vorn und hielt auf einen Einschnitt zwischen den Hügeln zu. Schon bald schwangen sich zu seinen beiden Seiten die Steilhänge in die Höhe. McLintock folgte den Windungen zwischen den Hügeln. Seine Gedanken schweiften ab. Logan hatte ihm erzählt, dass Brian Conrad mit Phil McGuire, dem Bruder des Banditen, den er getötet hatte, drohte. Er verdrängte diesen Gedanken. Die Hügel wurden flacher, und schließlich dehnte sich vor McLintock wieder eine tafelflache Ebene. Hüfthohes Gras bedeckte sie. In der Ferne buckelten wieder langgezogene Anhöhen. McLintock hob seinen Blick zum Himmel. Dunkle Wolken zogen schnell in Richtung Osten. Im Westen ballte sich ein drohender Himmel zusammen, der neuen Regen versprach. McLintock sagte sich, dass sie es an diesem Tag nicht mehr weiter als bis zu den Hügeln jenseits der Ebene schaffen würden. Er kehrte um…

Tatsächlich begann es eine halbe Stunde später zu regnen. Die Fuhrwerke waren zu einer Wagenburg zusammengefahren. Der Regen hatte die Feuer ausgelöscht. Wer nicht im Freien sein musste, hatte sich im Prärieschoner verkrochen. Die Planen schlugen knatternd im Wind. Die Auswanderer mussten sich mit kaltem Essen zufrieden geben. Und dann ging es weiter. Jackson fuhr wieder an der Spitze des Trecks. Sie überquerten den Creek. Ein Ruck ging durch das Fuhrwerk, als die vorderen Räder die niedrige Uferböschung hinunterrollten und im Flussbett aufprallten. McLintock war zwischen den Hügeln aus dem Blickfeld des Predigers verschwunden.

»Was hältst du von McLintock?« fragte Susan.

Jackson ließ die Peitsche knallen. »Er scheint ein guter Mann zu sein. Er gefällt dir, Tochter, nicht wahr?«

Susan gab darauf keine Antwort. McLintock drehte den Kopf und schaute über die Schulter seine Tochter an. Ein wissendes und zugleich gütiges Lächeln spielte um seinen Mund. Susan errötete und wandte sich schnell ab.

Sie fuhren bis zum Abend. Seit dem späten Nachmittag regnete es nicht mehr. Am Rand der Berge schlugen sie ihr Lager auf. Seilcorrals wurden errichtet, die Buchsen der Wagenräder wurden geschmiert, die Frauen brachten Kochfeuer in Gang und bereiteten das Essen zu. Die Dunkelheit kam schnell. McLintock wurde von Susan verköstigt. Er kauerte auf den Hacken beim Feuer.

»Müssen wir Wachposten aufstellen?«, fragte der Prediger. Er hatte vor dem Essen eine kurze Messe gehalten, an der sämtliche Männer, Frauen und Kinder teilgenommen hatten. Nur McLintock hatte sich abseits gehalten. Er glaubte nicht an Gott. Zu oft schon hat ihn dieser nach seinem Dafürhalten im Stich gelassen. Er hörte die Fürbitten der Menschen und dachte an seine Familie, die von Banditen brutal ermordet worden war. Das war sieben Jahre her. Gnadenlos hatte er die Banditen gejagt und nach und nach gestellt, sie aber nicht getötet, sondern dem Gesetz überantwortet. Und als sie gehängt wurden, stand er in der ersten Reihe. Nachdem der letzte der Kerle am Strick sein Leben ausgehaucht hatte, entschloss sich McLintock, dem Gesetz zu dienen. Er tat es allerdings auf seine Weise– einen Stern wollte er sich nicht anstecken. Nach seiner Meinung hatte der Stern versagt, als es darum ging, die Mörder seiner Familie zu stellen und zur Rechenschaft zu ziehen.

»Noch nicht«, erwiderte McLintock. »Erst wenn wir in den Streifen Niemandsland gelangen, den die Comanchen für sich beanspruchen. Von Logan habe ich erfahren, dass mit den Burschen nicht gut Kirschen zu essen ist. Darum werden wir so schnell wie möglich nach New Mexico ausweichen.«

Susan brachte eine Flasche Brandy und Zinnbecher, reichte einen McLintock, den anderen ihrem Vater, dann schenkte sie jedem einen Schluck Schnaps ein. McLintock drehte sich eine Zigarette, der Prediger hatte sich eine Pfeife gestopft und zündete sie jetzt mit einem brennenden Stück Holz an. Im Feuer knisterte und knackte es. Beißender Rauch stieg auf.

»Kennen Sie Logan schon länger?«, fragte der Prediger.

»Ich habe ihn erst kurz vorher kennengelernt, bevor er mich Ihnen vorstellte.«

»Stammen Sie denn nicht aus Amarillo?«, fragte Susan.

»Nein. Ich kaum auf der Jagd nach zwei üblen Banditen ins Panhandle. Nachdem ich die beiden stellte, brachte ich Sie nach Amarillo. Dort lernte ich Logan kennen. Er brachte mich zu Ihnen.«

»Sind Sie Gesetzesmann?«, fragte Jackson.

»Auf gewisse Art– ja.«

»Was heißt das?«

»Ich trete dort in Aktion, wo das Gesetz versagt. Das Wild, das ich jage, suche ich mir nach der Höhe der Prämie aus, die dafür geboten wird.«

Das Gesicht des Predigers verschloss sich schlagartig. »Ich verstehe.« Mit einem Schluck trank er seinen Brandy aus, gab Susan den Becher, erhob sich und sagte: »Der Tag war anstrengend, und der morgige Tag wird auch einiges an Strapazen für uns bereithalten. Ich gehe schlafen.« Er klopfte die Pfeife am Absatz seines Stiefels aus, dann stieg er in den Wagen.

»Gehen wir ein Stück?«, fragte Susan leise.

Auch McLintock trank den Becher leer und stellte ihn neben das Feuer, drückte sich hoch und nickte. »Von mir aus.« Und als sie sich ein Stück vom Fuhrwerk entfernt hatte, murmelte er: »Dass ich Kopfgeldjäger bin, scheint Ihrem Dad nicht zu gefallen, Miss Jackson.«

»Sagen Sie Susan zu mir.«

»Gern. Ich heiße Wade.«

»In Ordnung, Wade. Nun, Dad verabscheut die Gewalt. Wenn dir einer auf die linke Wange schlägt, dann halte auch die rechte hin. Nach diesem Grundsatz lebt er. Ein Menschenleben ist für ihn das höchste Gut, egal, ob dieser Mensch gut oder schlecht ist.«

»Es gibt Kerle, die sind die Luft nicht wert, die sie atmen. Ein Menschenleben ist ihnen gerade mal den Preis für eine Kugel wert. Verachten Sie mich nun, Susan?«

Sie waren stehen geblieben und nahmen Front zueinander ein. Die Dunkelheit verhüllte ihre Gesichter. Susan verspürte eine seltsame Trockenheit im Hals. »Könnten Sie es sich vorstellen, diesen blutigen Job an den Nagel zu hängen und sesshaft zu werden?«

Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und rieb sich mit der linken Hand den Nacken. »Ich weiß nicht. Darüber habe ich noch nie einen Gedanken verschwendet. Mich treibt es seit sieben Jahren durchs Land. Es ist ein Job, Susan. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass ich noch nie unnötig Blut vergossen habe. Das Gesetz steht in diesem Land auf schwachen Beinen.« McLintock holte Luft. »Auch ein Sheriff oder Marshal wird dafür bezahlt, dass er Verbrechern in den Weg tritt und versucht, sie zur Verantwortung für ihre Taten zu ziehen. Wo ist der Unterschied?«

»Jesus Christus hat Liebe gepredigt. Mein Vater lebt nach seinem Wort. Er hat mich in diesem Sinne erzogen.«

»Auch ich bin in die Schule gegangen«, murmelte McLintock. »Und ich habe gelernt, dass es sich bei dem weißbärtigen alten Mann irgendwo hinter den Wolken nicht nur um einen Gott der Liebe, sondern auch um einen Gott der Rache handelt.«

»Sie leben in einer anderen Welt wie Dad und ich, Wade.«

»Das Wort Gottes wird uns nicht nach Walla Walla bringen«, knurrte McLintock. »Da werden schon wir selbst gefordert sein.«

*

Die drei Reiter saßen im Wagen- und Abstellhof des Mietstalles ab. Der Stallmann zeigte sich im Stalltor. Die drei nahmen die Tiere beim Kopfgeschirr und führten sie in den Stall. Die Beine der Pferde waren bis über die Sprunggelenke voll Schlamm.

»Verdammtes Sauwetter!«, schimpfte einer der Kerle.

Typischer Stallgeruch empfing sie. In den meisten Boxen standen Pferde. Verstaubte Spinnenweben zogen sich in den Ecken. Wasser tropfte von den Männern und den Pferden auf den festgestampften Mittelgang. Einer der Kerle wandte sich an den Stallmann. »Mein Name ist McGuire. Wir haben uns in der Stadt mit meinem Bruder und einem Freund verabredet. Jesse McGuire und Brian Conrad. Sagen Ihnen diese beiden Namen etwas?«

Der Stallmann schluckte krampfhaft. Natürlich hatte es sich in der Stadt herumgesprochen, dass vor über einer Woche ein Kopfgeldjäger zwei Männer nach Amarillo brachte. Die Stadt verfügte nur über etwa fünfhundert Einwohner. Und Neuigkeiten verbreiteten sich hier mit der Geschwindigkeit eines Steppenbrandes. Der Stallbursche hatte das Empfinden, dass die stechenden Blicke der Kerle in ihn hineindrangen und seine geheimsten Gedanken erforschten. »Ja«, murmelte er, »die beiden Namen sagen mir etwas. Es ist zehn Tage her, da brachte ein Mann namens McLintock die beiden in die Stadt. McGuire war tot, Brian Conrad hatte eine Kugel in die Brust bekommen und sitzt im Jail.«

McGuires Miene veränderte sich auf erschreckende Art. »Mein Bruder ist tot?«, stieg es aus seiner Kehle.

»Ja. Dieser Kopfgeldjäger, dieser McLintock hat ihn erschossen. Es geschah irgendwo am Paloduro Creek. Ihr– Ihr Bruder wurde auf dem Boot Hill beigesetzt.«

In düsteres Schweigen versunken nahmen die drei Kerle ihre Satteltaschen und Gewehre und verließen den Stall. Der Stallmann hatte McGuire in die Augen geschaut– und das Böse gesehen. Er ahnte, dass mit den drei Figuren das Unheil nach Amarillo gekommen war.

Phil McGuire und seine beiden Kumpane gingen zum Sheriff's Office. Duncan O'Leary war anwesend. Die drei Kerle trugen den Dreck, der an ihren Stiefeln klebte, in das Büro. Die Brauen des Sheriffs schoben sich zusammen, über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten. Ihm schwante nichts Gutes, denn er glaubte zu wissen, um wen es sich bei den dreien handelte. Von ihnen ging etwas Raubtierhaftes aus, das den Sheriff warnte.

»Mein Name ist McGuire.«

Die vier Worte fielen wie Hammerschläge.

O'Leary lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Wir haben vor etwas über einer Woche einen Mann namens McGuire begraben. Jesse McGuire.«

»Das war mein Bruder.«

»Brian Conrad kündigte Sie an, McGuire. Nun, Ihr Bruder war ein gesuchter Bandit. Wenn er nicht im Kampf getötet worden wäre, hätte man ihn gehängt. Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen sein Grab.«

»Der Mann, der ihn getötet hat, heißt McLintock, nicht wahr?«

»Ja. Er hat Amarillo längst wieder verlassen. Akzeptieren Sie es, McGuire. Ihr Bruder ist tot. Was immer Sie auch zu tun gedenken– Ihr Bruder wird davon nicht wieder lebendig.«

»Ich werde seinen Mörder zur Rechenschaft ziehen«, knirschte McGuire. »Kann ich mit Conrad sprechen?«

»Sicher. Ihre Freunde müssen allerdings draußen warten. Geben Sie ihnen Ihre Waffen, oder legen Sie sie hier auf den Schreibtisch. Ich bringe Sie in den Zellentrakt.«

McGuire reichte Satteltaschen und Gewehr einem der Kerle, die ihn begleiteten, dann zog er den Revolver aus dem Holster und hielt ihm den anderen hin. »Wartet im Mietstall auf mich. Wenn ich mit Brian gesprochen habe, sehen wir weiter.«

Sie verließen das Büro.

O'Leary ging vor McGuire her in den Keller. Der Deputy, der hier unten Dienst versah, schloss die Gittertür auf. Dann stand McGuire vor der Zelle, in der Brian Conrad eingeschlossen war. Conrad erhob sich von der Pritsche und kam zur Gitterwand. »Na endlich, Phil. Ich fürchtete schon, du kommst nicht.«

»Ich bin da, Brian. Erzähle. Was ist geschehen?«

»Wir waren auf dem Weg nach Amarillo, stießen auf eine Farm und beschlossen, uns dort ein paar Stunden auszuruhen…«

Conrad berichtete. Wenige Minuten später wusste Phil McGuire, was sich zugetragen hatte. Er nagte an seiner Unterlippe. Schließlich sagte er: »Ich werde Jesses Grab einen Besuch abstatten und nachdenken.« Er richtete seinen Blick auf den Sheriff. »Wir können gehen. Ich weiß, was ich wissen wollte.«

»Hol mich hier raus, Phil!«, knirschte Brian Conrad.

Wortlos wandte sich McGuire ab. Als sie wieder oben waren, sagte O'Leary warnend: »Lassen Sie es, wie es ist, McGuire. Conrad wird vor Gericht gestellt, und wie das Urteil gegen ihn auch ausfällt, Sie sollten es akzeptieren.«

»Wissen Sie, wohin sich McLintock gewandt hat?«

»Nein«, log O'Leary. »Ein Mann wie er hat keinen festen Platz. Er ist dort zu finden, wo sich das Wild herumtreibt, das er jagt.«

McGuire verließ das Gebäude und ging in den Mietstall. Dort nahmen in seine beiden Kumpane in Empfang. Er nahm seine Waffen, stieß den Revolver ins Holster, schickte einen Blick in die Runde und sagte: »Wir gehen zum Friedhof.«

Zehn Minuten später standen sie vor dem noch frischen Grabhügel. Es gab kein Kreuz mit den Namen des Mannes, der hier begraben lag. Nicht eine Blume lag auf dem flachen Hügel. Mit erloschenem Blick stand Phil McGuire vor dem Grab. Und er schwor, den Mann zu töten, der seinen Bruder auf dem Gewissen hatte.

*

Es war Abend. Im Trailman Saloon war der Teufel los. Stimmen, Gelächter, Gejohle und das Grölen Betrunkener trieben auf die Straße. Es war Samstag. Cowboys und Farmer befanden sich in der Stadt. In den Vergnügungsetablissments herrschte Hochbetrieb.

McGuire und seine Kumpane standen an der Theke. Männer drängten sich hier. Niemand nahm Notiz von den drei Sattelstrolchen. Einige Animiermädchen machten ihren Job. Sie ließen es sich gefallen, von den Kerlen begrabscht und betatscht zu werden.

Eines der Girls kam zu den drei Männern, die sich von der ausgelassenen Stimmung nicht anstecken ließen. Ihre Mienen waren verschlossen und sie sprachen kaum miteinander. Jeder von ihnen hing seinen Gedanken nach. Es waren zum Teil düstere, unerfreuliche Gedanken– Gedanken voll Hass, Gedanken an blutige Rache.

»He, Großer, du machst ja ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter«, sagte das Girl lachend und hängte sich an den Arm von Phil McGuire. »Gibst du mir einen Drink aus? Wir beide könnten eine Menge Spaß miteinander haben. Meinst du nicht? Auf einen wie dich habe ich gewartet.«

Mit einer abrupten Bewegung machte McGuire seinen Arm frei. »Verschwinde!«

Das Lachen im Gesicht der grellgeschminkten Lady gerann. »Geh doch zur Hölle!«, zischte sie.

»Hau ab, du Schlampe!«, stieß Stan Martin, einer der Freunde von McGuire hervor. Es war ein dunkelhaariger, pockennarbiger Bursche mit eingefallenen Wangen und tiefliegenden, braunen Augen.

Ein Mann, der gekleidet war wie ein Cowboy, hörte es. Er trat neben das Animiergirl und knurrte: »Was ist dir für eine Laus über die Leber gelaufen, Hombre? Wenn du keine Lust auf ein Girl hast, ist das noch lange kein Grund, die Lady zu beleidigen. Du wirst dich bei ihr entschuldigen, Mister.«

»Misch dich nicht ein, Narr«, grollte Amos Baldwin, der andere Kumpan McGuires. Er trug zwei Revolver am Gürtel. »Für dich gilt dasselbe wie für die Lady. Zieh Leine!«

Der Cowboy zeigte die Zähne. »Ihr seid drei ziemlich großmäulige Burschen. Kerle wie euch rauchen wir in der Pfeife. Du–« der Cowboy wies mit der linken Hand auf Stan Martin, »- entschuldigst dich jetzt bei der Lady, und zwar mit Anstand und wie sich das gehört.«

Man war auf den Streit aufmerksam geworden. Einige Männer, Cowboys, bauten sich hinter dem Sprecher auf. Mit harten Blicken musterten sie McGuire, Martin und Baldwin.

»Wird's bald!«, rief der Bursche, der Partei für das Animiermädchen ergriffen hatte, ungeduldig und im Gefühl einer haushohen Überlegenheit, das ihm seine Gefährten vermittelten.

»Du hast dir ein paar zu große Stiefel angezogen, mein Freund«, sagte Martin. »Ich werde mich nicht bei der kleinen Schlampe entschuldigen. Was jetzt, Großmaul? Willst du mich nun verprügeln? Oder tragen wir es mit den Revolvern aus?«

»Ich werde dich aus dem Saloon prügeln, Mister. Und ihr beide haltet euch gefälligst heraus. Es ist eine Sache zwischen uns beiden.– Komm her, du Strolch. Ich werde dich auf deine richtige Größe zurechtstutzen. Und wenn ich mit dir fertig bin, wirst du der Lady die Füße küssen. Komm her.«

Martin schüttelte den Kopf. »Ich werde mich nicht mit dir schlagen. Wir machen es mit den Revolvern.«

Die drei Strolche präsentierten sich furchtlos und unerschrocken und das warnte die Cowboys. Einer legte seinem Gefährten die Hand auf die Schulter. »Lass es gut sein, Curly. Lass den Mann in Ruhe. Es ist nicht deine Sache. Hör auf.«

»Mir stinkt diese Sorte. Diese Kerle spielen sich auf wie– wie…« Curly fiel wohl nicht der passende Vergleich ein, denn er brach ab.

»Wie wer?«, peitschte Martins Stimme.

»Curly ist angetrunken, Mister«, sagte der andere Cowboy. »Er wollte der Lady imponieren. Es ist in Ordnung, Mister. Vergessen Sie's.– Komm, Curly. Wir gehen in den…«

»Nein!«, so fuhr ihm Martin ins Wort. »Er hat mich beleidigt. Ich lasse mich aber von keinem Kuhtreiber beleidigen. Geh zur Seite, Hombre. Curly wird für die Beleidigung gerade stehen müssen.«

Die Lady verschwand im Gedränge. Die Männer hinter Curly verzogen sich. Keiner wollte in der Schusslinie stehen. Plötzlich stand der Cowboys ganz alleine da. Stan Martin zeigte ein wölfisches Grinsen. »Nun zieh, Curly. Ich lasse dir den Vortritt. Mach schon, du Großkotz. Sicher legt dir die kleine Lady frische Blumen aufs Grab.«

Plötzlich begriff der Cowboy, dass er sich wohl ein wenig zu weit vorgewagt hatte. Seine Gefährten waren ausgestiegen. Sie hatten die tödliche Gefahr erkannt, die von den drei Männern an der Theke ausging. Bei Curly Benson hatte dieser Instinkt versagt. Er fühlte sich plötzlich einsam und alleingelassen. Die Angst kam kalt und stürmisch wie ein Blizzard.

Die Atmosphäre im Schankraum war angespannt und gefährlich. Die Luft schien vor Elektrizität zu knistern wie vor einem schweren Gewitter. Bei Curly Benson stellte sich schlagartig Ernüchterung ein. Er war Cowboy und hatte sich dem Animiergirl gegenüber zur Ritterlichkeit verpflichtet gefühlt. Jetzt sprach die Situation eindeutig gegen ihn. Er konnte dem zwingenden Blick Stan Martins nicht länger standhalten. »Schon gut, Mister, schon gut«, murmelte er, und die Worte schienen von seinen Lippen zu tropfen. »Nichts für ungut. Ich gebe einen Whisky aus. Warum sollen wir uns streiten?«

»Zu spät, mein Freund. Wie spiele ich mich denn auf? Lass dir was einfallen. Meine Sorte stinkt dir. Zu was für einer Sorte gehöre ich denn?«

»Vergiss es. Wenn ich dich beleidigt habe, dann tut mir das Leid. Ich entschuldige mich.«

Curly wollte sich abwenden. Mit drei schnellen Schritten holte Martin ihn ein, packte ihn an der Schulter und wirbelte ihn zu sich herum. Und dann schlug er ihm die flache Hand ins Gesicht. Es klatschte. Seine Finger zeichneten sich rot auf Curlys Wange ab. Dem Cowboy entrang sich ein trockenes Schluchzen. »Feiger Hund!«, peitschte Martins Stimme. Er wich einige Schritte zurück. Er und der Cowboy standen sich schließlich auf eine Entfernung von fünf Schritten gegenüber. Eine absolut tödliche Distanz.

Curly Benson brannten die Sicherungen durch. Er hatte Angst, aber demütigen lassen wollte er sich nicht. Seine Rechte zuckte zum Revolver.

Er hatte keine Chance gegen Martin. Als Curly den Revolver hochschwang, brüllte das Eisen in der Hand Martins bereits auf. Eine handlange Mündungsflamme zuckte grellgelb aus dem Lauf, die Detonation drohte den Saloon in seinen Fundamenten zu erschüttern.  Curly bekam die Kugel ins Herz. Er starb noch im Stehen. Haltlos wie eine Gliederpuppe brach er zusammen.

Pulverdampf wölkte vor dem Gesicht von Stan Martin. Ein Rauchfaden kräuselte aus der Mündung des Revolvers. Jemand beugte sich über Curly Benson, fühlte seinen Puls, richtete sich wieder auf und rief: »Tot. Holt den Sheriff. O verdammt! Curly hatte keine Chance. Es war Mord. Du hast ihn gezwungen, zum Revolver zu greifen, Mister. Jeder hier kann es bezeugen.«

Stan Martin ließ den Revolver ohne Anzeichen irgendeiner Gemütsregung einmal um den Zeigefinger rotieren, dann versenkte er das Eisen im Holster. »Er hat mich beleidigt. Und darauf kenne ich nur eine Antwort.«

»Der Bursche griff zuerst zur Kanone«, rief Phil McGuire. »Wer etwas anderes behauptet, lügt.«

Die Männer im Saloon nahmen eine drohende Haltung gegen McGuire und seine Kumpane ein. Hin und wieder war unterdrücktes Hüsteln und Räuspern zu hören, leises Scharren von Stuhlbeinen, ein Klirren. Und dann versanken auch diese Geräusche. Die Stille mutete schwer und erdrückend an und zerrte an den Nerven.

Das Blut des Cowboys versickerte in den Ritzen zwischen den Fußbodendielen. Der Tod, der die knöcherne Klaue nach Curly Benson ausstreckte, hatte sie nicht mehr zurückgezogen.

»Wir werden jetzt den Saloon verlassen.« Phil McGuires Stimme sprengte die lastende Stille. »Ich rate niemand, zu versuchen, uns aufzuhalten.«

Wie auf Kommando setzten die drei sich in Bewegung. Stiefelleder knarrte, Sporen klirrten melodisch. Lauernde Blicke hatten sich an den drei Kerlen verkrallt. Eine Diele knarrte. Und dann erklangen draußen schnelle Schritte. Sie riefen ein rhythmisches und dröhnendes Echo auf dem Vorbau wach. Schultern und Kopf eines Mannes zeigten sich über den geschwungenen Rändern der Pendeltür, er drückte die Türflügel mit seinem Körper auseinander und betrat den Saloon. Es war Duncan O'Leary. Er hielt die Winchester mit beiden Händen schräg vor seiner Brust. Neben ihm glitt Wolf lautlos in den Schankraum. Zwei Deputys folgten O'Leary. Einer trug eine Winchester, der andere eine Parkergun.

McGuire und seine Gefährten waren stehen geblieben. Ihre Hände hingen neben den Revolvern. Die Gesichter waren verkniffen.

Die Gesetzeshüter hielten an. O'Leary ließ seinen Blick in die Runde schweifen, starrte sekundenlang auf die reglose Gestalt am Boden, dann heftete er ihn auf McGuire. »Was ist geschehen?«

Stan Martin enthob McGuire einer Antwort, indem er sagte: »Der Narr wollte mich verprügeln und beleidigte mich. Ich versetzte ihm eine Ohrfeige. Da griff er zum Revolver. Ich habe in Notwehr gehandelt.«

»Das ist eine dreckige Lüge!«, brüllte jemand. »Der Killer hat ihn solange provoziert, bis Curly zum Revolver griff. Er bekam die Kanone nicht mal richtig aus dem Holster. Bei dem Kerl handelt es sich um einen verdammten Revolverschwinger, um einen eiskalten Mörder. Curly hatte nicht den Hauch einer Chance.«

Zustimmendes Gemurmel erhob sich.

»Ich werde die Angelegenheit klären«, versicherte O'Leary. »Bis zum Abschluss meiner Ermittlungen nehme ich Sie fest, Mister.« O'Leary richtete die Winchester auf Stan Martin. Den Kolben hatte er unter die Achsel geklemmt.

Stan Martins Hand zuckte zum Revolvergriff. Wolf ließ ein drohendes Knurren hören und zeigte seinen Ehrfurcht gebietenden Fang. Martin erstarrte. In seinem Gesicht zuckte es.

»Umdrehen!«, gebot der Sheriff.

Stan Martin drehte den Kopf und schickte McGuire einen hilfeheischenden Blick. »Mach, was er sagt Stan«, murmelte McGuire und zeigte ein starres Grinsen. »Es wäre töricht, sich mit dem Gesetz anzulegen.«

»Verdammt, ich…«

»Umdrehen!«, stieß O'Leary mit stählernem Klang hervor.

Stan Martin zog den Kopf zwischen die Schultern und kam der Aufforderung nach. Einer der Deputys zog ihm den Revolver aus dem Holster. Dann fesselte er ihm mit Handschellen die Hände und bugsierte ihn zur Tür.