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Nach vielen Alpenüberquerungen mit dem Mountainbike von Nord nach Süd oder umgekehrt, habe ich mit meinen Freunden beschlossen, die Alpen der Länge nach abzufahren, gefühlt entlang des Alpenhauptkammes von Ost nach West. Da dies aber in einer Tour nicht zu schaffen war, wurde das Unterfangen als mehrjähriges Projekt angelegt. Start war in Wien im Jahr 2007, das Ziel Ventimiglia wurde 2011 erreicht. Dazwischen lagen 2600 km, 73000 Höhenmeter und unglaublich viele schöne Eindrücke von den Alpen in ihrer ganzen Vielfalt.
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Seitenzahl: 88
ÜBER ALLE BERGE
Wien – Nizza 2007 – Teil 1 Von Wien nach Radstadt
Wien – Nizza 2008 – Teil 2 Von Taxenbach nach Ehrwald
Wien – Nizza 2009 – Teil 3 A - Von Ehrwald nach Nenzing
Wien - Nizza 2009 - Teil 3 B - Beschlins (b. Nenzing) nach Interlaken
Wien – Nizza 2010 – Teil 4 - Von Grindelwald nach Susa
Wien – Nizza (Ventimiglia) 2011 – Teil 5 Von Susa nach Ventimiglia
Das Team
Von Wien nach Ventimiglia - mit dem Mountainbike von Ost nach West
Ein Reisetagebuch
Gerd Meissner
Erstmals veröffentlicht auf
Leaving Vienna
Über dieses Buch
Seit 1995 bin ich mit dem Mountainbike in den Alpen unterwegs. Ein Jahr zuvor habe ich bei einer Fahrradreise mit lauter Rentnern an der Loire mit der damaligen Reiseleiterin, die nebenbei mit ihrem Freund auch geführte Mountainbiketouren veranstaltete, ausgemacht, dass ich bei ihrer nächsten Tour dabei wäre. Ein Mountainbike hatte ich zwar keines, aber das ist schließlich das kleinste Problem. So kam es also, dass ich meine erste geführte Mountainbiketour von Wassen am Sustenpass nach Montreux am Genfer See gemacht habe.
Ein Jahr später bin ich dann mit Volker Kronmüller (Volli), den ich seit dessen Kindertagen kenne, zum gemeinsamen Transalp aufgebrochen. Von Lenggries an den Gardasee, dem Sehnsuchtsziel aller Alpenüberquerer, seit Andreas Heckmair die Route Oberstdorf - Gardasee öffentlich gemacht hat. In den Jahren danach kam dann auch noch Jürgen Schoch dazu, den ich ebenfalls bereits aus der Läuferszene kannte und der ein Kumpel von Volli war. So sind dann im Lauf der Jahre viele Alpenüberquerungen, meistens von Nord nach Süd, manchmal auch umgekehrt dazugekommen. Anfangs schien das Motto von Volli noch zu sein, dass Radeln überbewertet wird und dass man auch seine Gehwerkzeuge benutzen kann, um über die Kämme zu kommen. Aber mit der Zeit wurde es besser. Irgendwann hieß es dann: Alles fahrbar. Was natürlich auch nicht immer stimmte. Aber meistens. So kam also die Idee auf, irgendwann die Alpen der Länge nach zu machen, also von Ost nach West.
Inzwischen sind schon einige Jahre vergangen und meine Interessen haben sich etwas in Richtung Rennrad und Tourenrad verlagert. Und weil inzwischen auch die ganze MTB - Szene elektrifiziert und die klassische Radlerei mit eigener Muskelkraft langsam in Vergessenheit zu geraten scheint, habe ich mich entschlossen, die alten Reiseberichte zusammenzufassen und zusätzlich als E-Book herauszubringen. Was schon eine gewisse Herausforderung ist, weil die Bilder, aus denen meine Reiseberichte zum großen Teil bestehen, nicht so einfach in eine flexible Ebook - Form zu bringen sind. Aber versuchen tue ich es trotzdem. Ein bisschen Nostalgie ist natürlich auch dabei. Ich sitze zwar weiterhin gelegentlich auf dem MTB, aber längere Touren habe ich seit 2017 nicht mehr gemacht.
Einleitung
Nachdem laut Volli und Jürgen alle interessanten Nord – Süd bzw. Süd – Nord – Routen in den Alpen abgefahren sind und auf den interessantesten Strecken inzwischen im Sommer Hochbetrieb herrscht, sind wir im letzten Jahr zu dem Schluss gekommen, die Alpen jetzt der Länge nach zu radeln, also immer gefühlsmäßig am Hauptkamm entlang. Weil das aber auf einmal nicht zu schaffen ist, wurde das Ganze als mehrjähriges Projekt angelegt. Ausgangspunkt der 1. Teilstrecke sollte Wien sein, bzw. die ersten Alpenberge danach. Das Ziel im Jahr 2011, so ungefähr, sollte Nizza sein.
Also hat Volli mal wieder die dankbare Aufgabe übernommen, eine Strecke auszutüfteln, auf der, wie immer, alles fahrbar sein sollte, und die gleichzeitig unseren hohen Ansprüchen genügen musste. Nachdem dann alles feststand, hat Jürgen die logistische Aufgabe der Beschaffung der Bahnfahrkarten übernommen.
Wie immer musste alles in den engen Terminplan passen, der Volli’s Einsatz beim Ironman Frankfurt, sein Familienwochenende mit Frau und Max (diesmal in Inzel) sowie Jürgens diverse Ultras berücksichtigt. Bei mir es ja egal, das muss halt passen. OK, ich habe dann eben den Rückflug von meinem letzten Geschäftstermin in der Ukraine um einen Tag vorverlegt, damit ich gleich am Freitag wieder mit dem Zug nach Wien fahren kann.
Die Eckdaten der Tour waren also festgelegt: Ironman Frankfurt 2. Juli, Abfahrt nach Wien Freitagabend, den 6. Juli 2007, Start in Ternitz bei Wien am 7.7., Ende der Tour und Beginn Volli’s Familienwochenende in Inzel am 12.7., Berglauf Ruhpolding Jürgen am 14.7. Nichts ist einfacher, als ein paar popelige Termine von ein paar Bewegungsjunkies unter einen Hut zu bekommen. Ach ja, der Wetterbericht noch: Für das Wochenende waren angenehme Temperaturen vorhergesagt, am Montag aber sollte der Wetterumschwung kommen. Das verhieß nichts Gutes.
Streckenübersicht 2007
Offizieller Startort ist Ternitz im Süden von Wien, das Ziel ist Radstadt
Das Höhenprofil 2007
Viele kleine Zacken, dafür noch nicht ganz so hoch
Freitag, den 6. Juli 2007 - Anreise nach Wien
Ich treffe Volli beim Zustieg in Ulm im IC in Richtung München kurz vor 21 Uhr. Um halb zwölf geht ab München der Nachtzug in Richtung Budapest, in dem Jürgen für uns beide Plätze im Schlafwagen organisiert hat. Jürgen ist bereits zwei Tage vorher nach Wien gefahren, wo wir ihn am Samstagmorgen treffen sollen. Wir sind zunächst zu dritt im Viererabteil, in Salzburg kommt noch einer dazu. Das Schlafen im Zug ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie geht die Nacht auch rum.
Samstag, den 7.Juli 2007 Wien–West - Puchberg am Schneeberg – Frein
Der Schaffner weckt uns um halb sechs, es sind noch 20 Minuten bis nach Wien. Wir packen zusammen, nehmen unser Frühstück, das eingepackte Croissant, vom Schaffner entgegen und verlassen kurz darauf in Wien–West den Zug. Lt. Plan müssen wir jetzt mit dem Rad ein Stück durch die Stadt zu einem anderen Bahnhof, von dort nach Wiener Neustadt und dort noch einmal umsteigen nach Ternitz. Dort beginnen die ersten Hügel der Wiener Hausberge und dort sollen wir Jürgen treffen. Das ist der Plan.
Unser ‚Umkleideraum‘ am Bahnhof Wien - West
Nun die Realität. Wir ziehen uns direkt am Bahnhofsvorplatz um, machen noch kleine Scherze, schießen das erste Foto – und dann - denke ich nach: Wie war das eben noch mit meinem Geldbeutel und dem Handy? In Gedanken gehe ich die letzten Minuten vor der Ankunft in Wien durch. ‘Ich ziehe mich im Schlafwagen an, lege Geldbeutel und Handy brav neben mich auf der oberen Pritsche, der Schaffner gibt mir das Croissant hoch, ich steige die Leiter runter, gehe den Gang vor, für’s Klo ist auch noch Zeit. Wir warten. Wien kommt und wir steigen aus. So weit so schlecht.
In dieser Aufzählung fehlen: Handy und Geldbeutel einpacken. Scheiße. Hektik kommt auf. Ich renne in Richtung Bahnsteig. Der Zug ist natürlich längst weg. Mit meinem Geldbeutel und dem Handy in Richtung Budapest. Mein Handy kann kein ungarisch. Was will es da? Schnell zum Info–Schalter. Dort hat sich eine lange Schlange gebildet. Also weiter zum Fahrkartenschalter. Als ich dran bin, fragt mich die Dame nach der Wagennummer. Die weiß ich natürlich nicht. Also wieder zurück zu Volli, nachschauen auf dem Ticket. Wagen 262, Abteil 5. Jetzt wieder zurück an einen anderen Fahrkartenschalter. Der Mensch dort schickt mich zum Fahrdienstleiter an Gleis 1. Der funkt den Zug an und bekommt die Antwort, dass der Geldbeutel und das Handy bereits gefunden wären. Der Geldbeutel aber ohne Inhalt. Das deutsche Personal käme mit dem Gegenzug um 9 Uhr zurück und brächte die Sachen mit.
Wir beratschlagen. Jürgen anrufen und alles verschieben? Wir entscheiden: Volli fährt alleine und ich komme nach.
Wir treffen uns dann später ein paar Haltestellen weiter in Puchberg am Schneeberg (Schöner Name). Damit die anderen beiden schon losradeln können. Man will ja kein Spielverderber sein und außerdem habe ich natürlich wieder ein total schlechtes Gewissen.
Also gut, so wird’s gemacht. Ich lungere bis um 9 Uhr am Bahnhof rum, der Zug kommt mit einer Viertelstunde Verspätung. Aber mit meinem Geldbeutel und meinem Handy. Zwar ohne Geld, aber mit allen Karten. Der Urlaub ist gerettet. Die 70 Euro im Geldbeutel sind zu verschmerzen. Wenn man schon so blöd ist. Der Verlust der diversen Karten wäre schlimmer gewesen. Ich radle also los, suche den zweiten Bahnhof, kein Mensch kennt sich aus, es sind scheinbar nur Touristen und sonstige Fremde unterwegs. Aber schließlich finde ich ihn doch noch, auch den richtigen Zug, Dann muss ich auch noch einen Zuschlag für’s Rad zahlen und ärgere mich, als der Schaffner nuschelt „ Ne halbe Stunde Fahrzeit“. Nach einer halben Stunde kommt Wiener Neustadt, aber ich denke im Traum nicht daran, dass ich hier umsteigen muss – bis mich der Schaffner erblickt und mich anmotzt, was ich hier noch im Zug mache. Wieder kommt Hektik auf, wieder ist rennen angesagt. Diesmal zum Gepäckwagen. Rad ausladen, Zug weg. Das war knapp.
Ab jetzt wird’s ruhig. Der Zug nach Puchberg hält alle paar Minuten. Endlich bin ich da. Meine beiden Kumpels warten bereits sehnsüchtig am Bahnhof. Die haben bereits 20 km und 600 hm hinter sich, sind also gerade warm geradelt.
Über die Höhen des Wienerwaldes
Für mich beginnt hier die Alpenlängsung Wien – Nizza Teil 1.
Das Wetter ist angenehm warm, unangenehm ist der sehr böige Wind, der mal von vorne, mal von hinten und das andere Mal von der Seite kommt. Die Tour beginnt also für mich auf einem etwas ruppigen Forstweg, den das österreichische Radschild in den Landesfarben ziert und speziell uns Mountainbiker meint. Damit ist gemeint, dass es hier ein Durchfahrverbot gibt, das auch angeblich für uns Mountainbiker gilt. Dieses treffen wir in den nächsten Tagen auf den meisten unserer Auffahrten an. Deshalb also die viele Werbung für Österreich als ‚Das Bikeland‘. Ein Anwohner weist uns auch gleich noch mit unfreundlichen Worten auf dieses Schild hin, was wir aber natürlich nicht verstehen.
Über die Sparbacher Hütte (1300 m) geht es runter ins nächste Tal nach Hinternaßwald (700 m), wo wir nach einigen Kilometern auf der Straße den nächsten Übergang über den Kreuzsattel (1300 m) angehen. Ein langer Downhil bringt uns anschließend zu unserem ersten Etappenziel in Frein. Dort gibt es nur ein einziges Hotel, das fast ausgebucht ist.
Aber wir haben Glück: Im dazugehörigen ehemaligen alten Schulhaus gibt es noch ein Dreibettzimmer für uns. Das Abendessen ist hervorragend (Bauern – Cordon bleu).
Die Statistik für den ersten Tag ergibt: 75 km (55 km), 2200 hm (1600 hm)
Ehemaliges Schulhaus in Frein, jetzt Gästehaus für das Hotel
Sonntag, den 8.7. Frein – Trofaiach – Vordernberg