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Mit dem Tourenrad unterwegs zu sein bedeutet Freiheit, Loslassen vom Alltag, Natur erleben, fremde Gegenden aus neuen Perspektiven sehen. Nach meiner ersten langen Tour ans Nordkap und zurück habe ich die Tour nach Süden ergänzt und damit Europa komplett von Nord nach Süd durchradelt. Dabei bin ich in entgegengesetzter Richtung, also von Malaga nach Biberach in Oberschwaben geradelt. Start war in Malaga, Etappenorte waren Cordoba, Toledo, Madrid, Saragossa, der Col du Portalet, Clermond - Ferrand, Besancon und Basel.
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Seitenzahl: 76
VON MALAGA NACH BIBERACH
Idee und Vorbereitung
Teil 1: Spanien-Von Malaga zum Col di Portalet (Pyrenäen)
Teil 2: Frankreich - Vom Portalet nach Basel und den Rest nach BC
Schluss
Impressum
Nachdem ich 2015 und 2016 meine erste längere Rentnertour ans Nordkap und wieder zurück unternommen habe, hatte ich mir vorgenommen, das nächste Mal irgendwo hinzufahren, wo es bedeutend wärmer und trockener ist. Also lag die Vorstellung nahe, die Tour nach Süden zu verlängern und damit am Ende ganz Europa von Nord nach Süd per Rad gefahren zu sein.
Weil es von Anfang an eine One -Way - Tour sein sollte, wollte auch die Rückreise bzw. der zweite Weg wohl überlegt sein. Innerhalb Europas gibt es zwei Möglichkeiten: Zug oder Flieger. Vom Süden Spaniens nach Biberach ist es mit dem Zug schon eine ziemliche Strecke, da bietet sich eigentlich eher der Flieger an. Mittlerweile ist das kein Problem mehr. Ein Fahrrad als Gepäckstück geht immer. Dabei muss allerdings immer noch beachtet werden, dass ein Fahrrad im Flieger eingepackt sein muss (sollte!).
Diese Erkenntnis war dann dafür ausschlaggebend, die Tour in Malaga beginnen zu lassen und von dort heimzufahren. Es ist einfacher, dort einen Radkarton zu vernichten und zu entsorgen als einen aufzutreiben.
So nahm der Plan langsam Gestalt an und das Flugticket von Memmingen nach Malaga war schnell gebucht. Ca. 180 Euro waren zusammen mit dem Fahrrad abzudrücken. Starttermin sollte der 15. Mai 2017 sein, insgesamt habe ich ca. 4 Wochen für die Radreise eingeplant. Im Mai würde es im Süden Spaniens bestimmt schon einigermaßen warm sein und nach Norden in Richtung Frankreich würde ich dann langsam in den Sommer reinfahren.
Grob geschätzt wird die Strecke etwa 2500 km lang sein. Je nach Streckenverlauf in Frankreich können auch noch ein paar Kilometer dazu kommen. Außerdem wird‘s nach der bisherigen Erfahrung immer etwas mehr.
Weil ich immer versuche, das Gepäck überschaubar zu halten, habe ich auch diesmal stark reduziert. Zelt, Isomatte und Schlafsack sind obligatorisch, aber auf Kochgeschirr und Ähnliches habe ich verzichtet. Warme Klamotten wie am Nordkap waren auf jeden Fall nicht nötig. Über die Camping-Infrastruktur in Spanien war ich mir nicht ganz im Klaren, weil ich eine Strecke durchs Binnenland gewählt habe, wo der Tourismus bestimmt nicht die gleiche Rolle spielt wie an der Küste. Da habe ich einfach drauf gehofft, dass es auch im Binnenland Zeltplätze gibt. In Frankreich ist das mit Sicherheit kein Problem, dort hat jedes Dorf und jede Stadt einen kommunalen Campingplatz. Hoffentlich!
Mit der Wahl des Fahrrads war es diesmal ganz einfach. Mein Mountainbike, mit dem ich am Nordkap war, wurde mir nach meiner Rückkehr in Biberach geklaut, nachdem ich kurz vorher noch 500 Euro für allerhand Kleinteile reingesteckt habe. Also musste ich noch ein neues Fahrrad kaufen und habe mich für ein Crossbike entschieden, das sowohl Alltags -als auch Langstreckentauglich ist. Hier konnte ich auch einen Gepäckträger montieren und Satteltaschen statt eines Anhängers verwenden. Die profillosen 32 er-Reifen sollten auf Spaniens Straßen kein Problem sein.
Für Spanien habe ich vorab einen groben Streckenplan erstellt. Dieser ist eingeteilt in 14 Tagesetappen, für die ich jeweils daheim am Computer einen Track für mein Navi erstellt habe. Dabei habe ich mich von den großen Zwischenzielen Cordoba, Toledo, Madrid und Saragossa leiten lassen. Alles andere dazwischen hat sich dann eben so ergeben, manche Überraschungen eingeschlossen. Die Tagesetappen habe ich grob auf jeweils ca. 100 km angelegt.
Sieht eigentlich ziemlich einfach aus: Immer gerade aus. Birgt aber manche Überraschung
Mein Ryan-Air-Flieger startet am Montag, den 15. Mai um kurz nach halb neun am Abend in Memmingen nach Malaga. Mein Fahrrad ist ordnungsgemäß im Radkarton verpackt, das Gepäck ist diesmal in Satteltaschen verstaut. Das Zelt, ein bisschen Werkzeug und die Radschuhe befinden sich im Karton, die beiden Satteltaschen habe ich zu einem handlichen Paket zusammengeschnürt. Dieses Paket gebe ich als normales Fluggepäck auf, meine Sony-Kamera und das Tablet befinden sich im kleinen Handgepäck - Rucksack.
Bei meiner Reise ans Nordkap habe ich einen Anhänger mit dem Gepäck hinter mir hergezogen, in Spanien ist das verboten. Bei meiner Vorbereitung für Spanien habe ich zufällig einen Artikel im Internet gefunden, in dem das Verbot des Anhängers drinstand. Der Witz dabei: Bis zu einem Gesamtgewicht von 4 kg incl. Anhänger wäre es erlaubt. Aber das macht natürlich überhaupt keinen Sinn. Außerdem stand da noch was von Helmpflicht, aber das habe ich ignoriert. Andererseits hätte ich das von meinen diversen Rennradwochen in Mallorca auch schon wissen müssen. Aber das war bisher überhaupt kein Thema, weil man als Rennradler in der Gruppe sowieso immer mit Helm fährt. Also, sei‘s drum, ein Helm war nicht vorgesehen.
Mein Bruder Erwin holt mich um 6 Uhr ab und bringt mich mitsamt Fahrrad nach Memmingen. Der Check-In ist problemlos. Diesmal habe ich keine Öl-Spraydose im Radkarton versteckt. Die zusammen gebundenen Satteltaschen werden als Gepäckstück akzeptiert.
Platz in der Altstadt von Malaga
Die Ankunft in Malaga ist kurz vor Mitternacht, aber einen Plan für die weitere Nacht habe ich keinen. Mir ist aber klar, dass ich in der Nacht nicht noch in die Stadt radle, so ohne Licht. Also lasse ich mir Zeit. Auf dem Flughafen ist kaum mehr was los. Die Halle ist fast leer.
Nachdem ich mein Fahrrad in Empfang genommen habe, baue ich es erstmal gemütlich zusammen. Vorderrad rein, Lenker festmachen, Pedale montieren, Sattel festschrauben, fertig.
Und jetzt? Wohin mit dem Karton? Ich mache kleine Stückchen draus und verteile diese auf die umliegenden Papier-körbe in und vor dem Gebäude. Zwei Mountainbiker, die mit mir angekommen sind, machen es ebenso. Eigentlich hatte ich darauf gehofft, eine einigermaßen bequeme Sitzecke irgendwo zu finden, aber das ist leider nicht der Fall. Es gibt nur harte Plastiksitze. Ich bin nicht der Einzige, der hier rumlungert. Zwei Mädels aus England haben die gleiche Idee. Es wird eine harte Nacht auf den unbequemen Sitzen.
Radweg vom Flughafen in die Stadt. Da muss man erst mal drauf kommen
Das Problem beginnt am nächsten Morgen direkt vor der Halle. Die Straße vor dem Gebäude führt direkt zu einem Autobahnzubringer. Fahrradwege kann ich nicht erkennen. Also jetzt erstmal auf dem Standstreifen los bis zu einem passenden Wegweiser. Nach einem Kilometer kann ich raus und komme über eine Radfahrerbrücke auf die andere Seite in ein Industriegebiet mit Einkaufszentrum. Super, ein McDonalds steht da auch rum, also erst mal einen Kaffee. Aber der Laden hat noch zu. Jetzt beginnt das große Kreiseln. Ich finde nicht raus und komme immer wieder an der gleichen Stelle vorbei. Nachdem ich mal ein Schild in Richtung Malaga gesehen habe, endet die Straße, die zu diesem Schild gehört, an einem Bauzaun. Nach der dritten Runde bei McDonalds vorbei, treffe ich einen Radler, den ich fragen kann. Englisch spricht er eigentlich nicht, aber er versteht mich trotzdem. Ich soll ihm folgen. Er ist auf dem Weg in Richtung Malaga zur Arbeit. Und tatsächlich: Er nimmt die gesperrte Straße mit dem Bauzaun. Da hätte ich noch lange kreiseln können. Jetzt ist es ziemlich entspannt. Ein kurzes Stück müssen wir nochmal auf den Standstreifen der Autobahn, die an dieser Stelle einen Fluss überquert. Es ist die einzige Brücke weit und breit und er macht das jeden Morgen so. Das hätte mir schon zu denken geben sollen. Danach sind wir auf einem Radweg am Meer und er verabschiedet sich nach links weg. Ich kann jetzt immer gerade aus in Richtung Malaga radeln. Jetzt ist es wirklich nicht mehr weit. Am Hafen vorbei komme ich in Richtung Altstadt, finde ein schönes Plätzchen mit einem Café und kann jetzt die Szenerie und die Morgensonne genießen. Über Booking.com buche ich ein Zimmer direkt im Zentrum für 44 €.
Am Yachthafen in Malaga
Danach drehe ich eine weitere Runde durch die Altstadt und fahre nochmals an den Hafen und den Strand. Hier halte ich jetzt erstmal eine längere Siesta. Es fühlt sich an wie Urlaub. Ich muss eine Zeitlang in den verwinkelten Gassen suchen, bis ich die Straße mit meinem Hotel ‘Cinco Bolas‘ finde. Es ist ein kleines, schickes Appartement in einem winzigen Haus, das sich hinter einer Kirche und einem großen Bauzaun versteckt. Der Rest des Tages ist Touristenprogramm pur, mit rumlatschen, essen, trinken. Die Altstadt entwickelt sich am Abend zur Partymeile. Aber ich will ja keine Party, sondern mich am nächsten Tag auf eine ca. 2500 km lange Radreise machen.
Park in Malaga, eine Orgie in Lila
Kirche in Malaga
Die erste Nacht in einem spanischen Bett liegt hinter mir. Die Sonne scheint und die Tour kann beginnen. Aber erst steht noch das Frühstück an. Ein Café con leche und ein Bocadillo. Das wird in nächster Zeit das Standardfrühstück. Wobei das Bocadillo, in der Regel ein belegtes Baguette, die unterschiedlichsten Formen und Ausmaße annehmen kann.