Ungeahnte Welten - Das All Age Fantasy Paket: Drei Romane - 700 Seiten - Alfred Bekker - kostenlos E-Book
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Ungeahnte Welten - Das All Age Fantasy Paket: Drei Romane - 700 Seiten E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Drei Fantasy All Age Abenteuer von ELBEN-Autor Alfred Bekker. Sie sind auserwählt: Der junge Sindbad, der seinen Namensvetter Sindbad den Seefahrer auf seine längste Reise begleiten darf, die ihn fast bis zum Ende der Welt führt. Das Mädchen Anna, das in eine andere Welt gerät, wo die Magie herrscht und Einhörner auf den Weiden grasen. Die launische Tochter eines Zauberers bringt diese Welt in Gefahr, denn ihr Vater erfüllt ihr jeden Wunsch... Und da ist der Junge Finn, der so gerne Comics zeichnet, in denen starke Helden gegen furchteinflößende Kreaturen kämpfen - aber eines Tages macht sich seine Geschichte selbstständig. Er hat anscheinend keine Macht mehr über die Welt, die er erschaffen hat und sein stärkster Held wird zu seinem unerbittlichen Gegner. Als ihn dann der Hilferuf des Feenmädchens Aylin erreicht, weiß er, dass nur er dies Welt retten kann. Drei All Age Fantasy Abenteuer von ELBEN-Autor Alfred Bekker in einem Buch: SINDBADS LÄNGSTE REISE ANNA IM ZAUBERREICH STADT DER HELDEN Der Umfang entspricht 706 Taschenbuchseiten.

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Ungeahnte Welten - Das All Age Fantasy Paket Sommer 2017: Drei Romane - 700 Seiten

Alfred Bekker, Volume 9

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker präsentiert, 2015.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Alfred Bekker: Ungeahnte Welten

Copyright

Sindbads längste Reise, Teil 1- 3: Die ganze Saga

PROLOG

DIE DREI SINDBADS

IM PALAST DES KALIFEN

DAS FESTMAHL

DIE REISE BEGINNT

NACH AL-BAHRAIN

EINE DIEBIN AUF DER FLUCHT

EIN DSCHINN AN BORD

DIE FRAGE

IN DEN GASSEN VON HORMUS

PIRATEN!

SINDBAD DER RETTER

ALLEIN IM UNENDLICHEN OZEAN

WIEDER FESTEN BODEN UNTER DEN FÜSSEN

DER MANN IN DER SÄNFTE

DER DIEBISCHE AFFE

IM TEMPEL DES AFFENGOTTES

DER SIEBTE SOHN EINES SIEBTEN SOHNES

IM PALAST VON KÖNIG RAJARAJA

WO IST JARMILA?

EIN NÄCHTLICHES ABENTEUER

AUF NACH ANGKOR

MEISTER HENG

DIE STADT DER GÖTTER

DIE IN STEIN GEHAUENE GESCHICHTE

DIE AUDIENZ

IMMER NACH SÜDEN

DER STURM

DER RIESENADLER

DAS EI DES VOGELS ROCK

EPILOG

Anna im Zauberreich

Teil 1: Die Zauberprinzessin

Prolog

Kapitel 1: Das Gesicht im Spiegel

Kapitel 2: Hack und Mack

Kapitel 3: Anderia

Kapitel 4: Die Einhornherde

Kapitel 5: Im Dorf der Riesenkuscheltiere

Kapitel 6: Der Plan

Kapitel 7: Auf zum Zauberschloss!

Kapitel 8: Die Macht des Zauberers

Kapitel 9: Annas Entscheidung

Kapitel 10: Die Rückkehr

Epilog

Teil 2: Das Geheimnis des Zauberfluchs

Kapitel 1: Geburtstagsmagie

Kapitel 2: Anna feiert Geburtstag

Kapitel 3: Ankunft in Anderia

Kapitel 4: Die Entscheidung

Kapitel 5: Elvanys Wunsch

Kapitel 6: Aufbruch nach Silberia

Kapitel 7: Das Konzert

Kapitel 8: Drachenflug

Kapitel 9: Ungelöste Rätsel

Kapitel 10: Der Fluch des bösen Wunsches

Kapitel 11: Auf nach Toralon!

Kapitel 12: Im Bann der Nebelelfe

Kapitel 13: Ein Lied für Anna

Epilog

Stadt der Helden – All Age Fantasy

Die Stadt der Magie

Der magische Zeichner

Die veränderte Zeichnung

Dunkelauges Schreckensherrschaft

Verwirrende Träume

Eine seltsame Begegnung

Zauber City braucht Hilfe

Der Schöpfer trifft auf seine Geschöpfe

Gondolas, der Elf

In der geheimen Wohnung

Finn gegen Dunkelauge

In Sicherheit

In der Tiefenstadt

Das Duell am Weltentor

Die Entscheidung

Meine Stadt

Further Reading: Elben-Magier und Ork-Krieger: Das 2126 Seiten Sommer-Paket der Völker-Fantasy 2017

Also By Alfred Bekker

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About the Publisher

Alfred Bekker: Ungeahnte Welten

Drei  Fantasy All Age Abenteuer von ELBEN-Autor Alfred Bekker.

Sie sind auserwählt:

Der junge Sindbad, der seinen Namensvetter Sindbad den Seefahrer auf seine längste Reise begleiten darf, die ihn fast bis zum Ende der Welt führt.

Das Mädchen Anna, das in eine andere Welt gerät, wo die Magie herrscht und Einhörner auf den Weiden grasen. Die launische Tochter eines Zauberers bringt diese Welt in Gefahr, denn ihr Vater erfüllt ihr jeden Wunsch...

Und da ist der Junge Finn, der so gerne Comics zeichnet, in denen starke Helden gegen furchteinflößende Kreaturen kämpfen – aber eines Tages macht sich seine Geschichte selbstständig. Er hat anscheinend keine Macht mehr über die Welt, die er erschaffen hat und sein stärkster Held wird zu seinem unerbittlichen Gegner. Als ihn dann der Hilferuf des Feenmädchens Aylin erreicht, weiß er, dass nur er dies Welt retten kann.

Drei All Age Fantasy Abenteuer von ELBEN-Autor Alfred Bekker in einem Buch:

SINDBADS LÄNGSTE REISE

ANNA IM ZAUBERREICH

STADT DER HELDEN

Der Umfang entspricht  706 Taschenbuchseiten.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author ; Cover Firuz Askin

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Sindbads längste Reise, Teil 1- 3: Die ganze Saga

Roman von Alfred Bekker

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© 2015 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected] 

Der Umfang dieses Ebook entspricht 378 Taschenbuchseiten.

PROLOG

Diese Geschichte spielt um das Jahr 1000 nach Christus. Während Köln, als die damals größte Stadt Deutschlands, gerade einmal 10.000 Menschen zählte, erblühten in Bagdad und Angkor Großstädte, deren Einwohnerzahlen heute auf 500.000 – 1 Million geschätzt werden. In Bagdad regierten die Kalifen ein Reich, dessen Seefahrer bis nach Indien und Afrika segelten. Der Süden Indiens und ein Großteil Indonesiens wurde vom mächtigen Chola-Reich beherrscht, dessen Händler-Gilden durch den Gewürzhandel unermesslich reich wurden. Und die Herrscher  des Khmer-Reichs in Kambodscha ließen in Angkor die größte je von Menschen errichtete Tempelanlage errichten.

Es gab durch Seefahrer immer wieder sporadische Kontakte zwischen Südasien und Australien – lange bevor James Cook und die Europäer diese Gewässer erreichten. Ein Beweis dafür sind die „Dingo“ genannten australischen Wüstenhunde, die auf diese Weise Australien erreicht haben müssen.

Neuseeland war zu dieser Zeit nur von einer urzeitlichen Tierwelt besiedelt, die überall sonst längst ausgestorben war. Vögel stellten hier die beherrschenden Arten, riesenhafte Adler kämpften mit elefantengroßen, heute als „Moa“ bekannten Laufvögeln. Erst dreihundert Jahre später erreichten polynesische Seefahrer (die Vorfahren der Maori) die Insel und rotteten diese Tierwelt nahezu vollständig aus.

DIE DREI SINDBADS

„Beim Allmächtigen und Barmherzigen! Bitte erzähl sie mir nochmal, großer Sindbad“, stieß der Junge hervor, der mit glühenden Ohren den Worten des größten Seefahrers aller Zeiten gelauscht hatte. „Ich bitte dich! Erzähl mir noch einmal, wie man dich auf einer einsamen Insel zurückließ und du dem Riesenvogel Rock begegnet bist.“

Sie saßen in der Nähe des Flussufers, wo sich die Anlegestellen und Kaimauern befanden und sich ein wahrer Wald von Schiffsmasten und Segeln erhob. Unzählige Schiffe legten täglich im Hafen von Bagdad an, dieser größten und prächtigsten Stadt der Welt. Sie segelten den Fluss hinauf und brachten Waren aus aller Herren Länder in die Stadt des Kalifen. Nachdem sie dann ihre Ladung gelöscht hatten und erneut beladen worden waren, fuhren sie flussabwärts, zuerst bis Basra und schließlich zum Schat al-Arab, wo der Strom in den Persischen Golf mündete. Sehnsuchtsvoll blickte Sindbad der Seefahrer einem der Schiffe nach, das sich gerade auf den Weg stromabwärts machte. Er seufzte und trank seinen Tee. Oft genug war er selbst stromabwärts gesegelt. Oft genug hatte er den Schat al-Arab passiert und das Meer erreicht. Oft genug war er auch bis zu den Küsten der Insel Al-Bahrain gesegelt, wo es einen großen Hafen gab, auf dem mit edlen Gewürzen gehandelt wurde. Doch jetzt saß er zumeist am Hafen und erzählte für ein paar Münzen seine Geschichten. Es war schon länger her, dass er zuletzt an Bord eines Schiffes stromabwärts gefahren war.

„Ja, ja, der Vogel Rock...“, murmelte Sindbad auf die Frage des Jungen hin.

Der Junge war ungefähr dreizehn Jahre. Er hieß auch Sindbad und war der Sohn von Sindbad dem Lastenträger, der zu den eifrigsten Zuhörern jener Geschichten gehörte, die Sindbad der Seefahrer am Hafen zum besten gab. Auch nun saß der hagere Lastenträger nach getaner Arbeit mit verschränkten Beinen da und hatte schon die ganze Zeit über den erstaunlichen Berichten seines Namensvetters gelauscht. Und Sindbad der Sohn – normalerweise von allen nur 'Sin' genannt – saß neben ihm. Sein Vater gab ihm einen leichten Stoß. „Sei nicht so unverschämt und freue dich darüber, dass du hier überhaupt zuhören darfst! Denn manche der Geschichten, die der Weltläufigste unter allen Seefahrern, der Mutigste und Kühnste unter allen, die Allah dazu bestimmt hat, sich auf das Meer hinauszubegeben und der Kraft der Winde zu vertrauen, sind ganz und gar nicht für die Ohren eines Dreizehnjährigen bestimmt!“

„Nun übertreibe aber nicht, mein Namensvetter“, sagte Sindbad der Seefahrer mit einem deutlich tadelnden Unterton. „Und vielleicht erinnerst du dich daran, wie du selbst warst, als du dreizehn warst und welcher Art von Geschichten du gelauscht hast!“

„Herr, ich bin ein einfacher Mann“, sagte Sindbad der Lastenträger. „Ich habe nie lesen und schreiben oder ein Handwerk gelernt, geschweige denn sonst etwas, das nützlich sein könnte. Ich habe nur die Kraft meiner Arme, die ich verkaufen kann und bei Allah, als ich dreizehn war, war ich bereits das, was ich heute immer noch bin – ein Lastenträger. Und um einem Geschichtenerzähler zuzuhören hatte ich damals nie die Zeit.“

„So solltest du froh sein, dass es deinem Sohn zumindest in dieser Hinsicht besser ergeht, als es bei dir der Fall war“, gab Sindbad der Seefahrer zurück.

„Erzähl mir mehr vom Vogel Rock, großer Sindbad!“, forderte Sin unterdessen noch einmal. „Als du die Geschichte das letzte Mal erzählt hast, bin ich erst eingetroffen, als der Riesenvogel dich bereits in ein Tal voll Diamanten und Schlangen getragen hatte!“

„Ich erzähle diese Geschichte nicht gern“, behauptete Sindbad der Seefahrer. „Und sie ist auch sicherlich für die Ohren vieler viel zu schrecklich und aufregend... Und mir selbst verursacht dieses Erlebnis bis heute die schlimmsten Albträume! Davon abgesehen weiß ich nicht, ob meine Schilderungen von einem Tal voller Diamanten nicht vielleicht den einen oder anderen Zuhörer von dem rechten Weg abbringen, den Allah für ihn vorgesehen hat, in dem meine Worte eine verwerfliche Gier in ihm wecken!“

„Aber da ich schon einen Teil der Geschichte kenne, platze ich vor Neugier“, wandte der Junge ein. „Denn das Ende habe ich auch nicht fahren, weil ich von meiner Mutter gerufen wurde, als du es zuletzt erzählt hast.“

Inzwischen drängten sich immer mehr Menschen um die drei, die alle den Namen Sindbad trugen.

Einer von ihnen war gekleidet wie die reichen Kaufleute aus Persien, die sehr zahlreich in der Stadt waren. Er warf Sindbad dem Seefahrer eine Silbermünze zu und sagte: „Tue dem Jungen den Gefallen und erzähle die Geschichte vom Vogel Rock!“

„Nun, ich habe sie schon so oft erzählt...“, begann sich Sindbad der Seefahrer etwas zu zieren. „Und auch wenn mein Namensvetter Sin, der Sohn von Sindbad dem einfachen, aber ehrenwerten Lastenträger, vielleicht das Pech hatte, einige Teile davon bisher stets zu versäumen...“

Eine zweite Münze landete vor den überkreuzten Beinen des berühmtesten aller Seefahrer in Bagdad. „Erzähl schon! Du hast mich neugierig gemacht!“

Zustimmendes Gemurmel erhob sich und es landeten alsbald noch ein gutes Dutzend weiterer Münzen mehr oder minder genau vor den Füßen des Mannes, von dessen Reisen inzwischen schon überall in der großen Stadt gesprochen wurde und dessen Geschichten sich in Dutzenden von Abwandlungen in den Straßen Bagdads verbreitet hatten.

„Ich möchte die richtige Version hören“, meldete sich einer der anderen Männer zu Wort, die bei den drei Sindbads stehen geblieben waren. Er war noch jünger als der Kaufmann und sein gelocktes Haar schaute seitlich unter seinem Turban hervor. „Nicht eine der vielen ausgeschmückten Fassungen, die man sich in den Basaren erzählt, sondern nur die Wahrheit!“

„Wer außer Allah könnte sagen, was die Wahrheit ist“, erwiderte Sindbad der Seefahrer. „Du brauchst nur die Stadt zu verlassen und eine Tagesreise von hier fort zu ziehen, dann bist du in einer Wüste, in der die Luft flimmert und dir Dinge erscheinen, von denen du weißt, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen können, die du aber trotzdem vor dir siehst! Wie viele Wüstenwanderer sind schon jämmerlich verdurstet, weil sie plötzlich ein Gewässer im Horizont zu erblicken glaubten, das nichts weiter als eine Vorspiegelung des Shaitans oder das Trugbild eines Dschinns war!“

„Von der Wahrheit Allahs hören wir in der Moschee – jetzt aber wollen wir die Wahrheit über deine Reisen und den Vogel Rock hören“, beharrte der junge Mann und das zustimmende Geraune, das sich daraufhin erhob, ließ es Sindbad dem Seefahrer ratsam erscheinen, seine Zuhörer nicht länger auf die Folter zu spannen.

Bevor er jedoch zu erzählen begann, hob er zunächst die Münzen sorgfältig vom Boden auf, zählte und begutachtete sie kurz der Reihe nach und steckte sie dann ein. „Wer mir schon des öfteren zugehört hat, wird sich gewiss noch daran erinnern“, so begann Sindbad schließlich, während es unter den Zuhörern nun vollkommen still wurde. So still, dass man genau hören konnte, was die Männer auf einer kleinen, überladenen Dau miteinander redeten, die gerade anlegte.

„Während meiner zweiten Reise“, so begann Sindbad, „wurde ich irrtümlich auf einer Insel zurückgelassen. Mein Schiff war längst wieder auf hoher See und ich blieb allein auf diesem von Allah vergessenen Flecken Erde zurück, das mitten in dem unendlichen Ozean gelegen war. Eigentlich waren wir dort nur vor Anker gegangen, um frisches Wasser zu holen, denn unser Wasser war verdorben und anders als die ungläubigen Nordmänner, die Met anstatt Wasser auf ihre Seereisen mitnehmen, ist es guten Muslimen untersagt, ihr Getränke durch den Alkohol haltbar zu machen. So hatte unsere Mannschaft schon tagelang Durst gelitten und vielleicht ist es diesem Umstand zu verdanken, dass man nicht bemerkte, dass ich noch auf der Insel zurückgeblieben war, während das Schiff bereits in See stach!“

„Was ist mit dem Vogel Rock?“, fragte der Kaufmann. „Spar dir die erzählerischen Girlanden und spann mich nicht noch mehr auf die Folter, Geschichtenerzähler!“

„Oh, erstens: Ist das nicht die Aufgabe eines guten Geschichtenerzählers?“, gab Sindbad der Seefahrer zurück, während Sindbad der Lastenträger die Augen verdrehte, so als würde er diese Ausrede bereits zu Genüge kennen. „Sollte ein Erzähler nicht den Zuhörer so sehr mit Ungewissheit über den Ausgang seiner Erzählung quälen, dass dieser am Ende glaubt, er müsste schier platzen, wenn er nicht auf der Stelle erführe, wie es dem Helden der Geschichte ergeht? Und kann dies der Erzählte nicht nur dadurch erreichen, dass er die wichtigsten Teile seiner Erzählung bis zum Schluss zurückhält?“

„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst“, erwiderte der Kaufmann etwas missmutig. „Ich würde nur einfach gerne ohne Umschweife etwas mehr über den legendären Vogel Rock erfahren – und vor allem darüber, wo die Insel liegt, zu der du gereist bist!“

„Du bist zu ungeduldig, hoher Herr“, sagte Sindbad. „Und du bringst dich um den Genuss einer vollkommenen Erzählung!“

Der Kaufmann verzog das Gesicht und warf Sindbad eine weitere Münze zu. „Wenn dies der Grund für deine Zurückhaltung gewesen sein sollte, dann ist er hiermit wohl ausgeräumt“, setzte er hinzu.

Sindbad nahm die Münze an sich, betrachtete sie im Licht der milchig gewordenen Abendsonne und steckte sie dann ein.

„Nun gut, so will ich meine Umschweife auf das Wesentlichste beschränken und fortfahren“, erklärte er sodann. „Ich blieb also mutterseelenallein auf dieser Insel zurück, deren genaue Lage ich an dieser Stelle nicht verraten möchte. Verzweifelt rief ich zu Allah, als ich mein Schiff und meine Gefährten in der Ferne des Horizonts verschwinden sah und eine tiefe Verzweiflung erfüllte mich. Sollte ich etwa bis zum Ende meiner Tage auf dieser Insel zubringen, die so abgelegen war, dass sich gewiss kaum je ein Seefahrer hier her verirren würde, es sei denn vielleicht Piraten von übler Gesinnung, die mich wohl eher als Sklave verkauft denn gerettet hätten. Doch hat nicht Allah allen Gläubigen aufgegeben, ihr Schicksal anzunehmen, anstatt zu verzweifeln? So sah ich mich auf der Insel um und fand das Ei, das so gewaltig war, dass es von einem riesenhaften Vogel stammen musste. Wenig später wurde der Himmel von einem dunklen Schatten verdunkelt. Breite, unglaublich große Flügel waren es, die diesen Schatten warfen und mir gefror im selben Moment das Blut in den Adern. Ich betete zu Allah und bat ihn, er möge mir einen guten Gedanken und Mut senden und außerdem...“

„Komm zur Sache, Erzähler!“, forderte der Kaufmann.

„Nun, wie auch immer“, fuhr Sindbad mit einem Gesicht fort, dass sein Beleidigtsein nicht ganz zu verbergen vermochte. „Ich nahm meinen Turban, wickelte ihn auseinander und schlug das Tuch um den Fuß des Riesenvogels, der mich daraufhin ...“

––––––––

In diesem Moment bildete sich eine Gasse durch die Menge der Zuhörer, die in der Zwischenzeit immer mehr angewachsen war. Bewaffnete Männer, gekleidet und ausgerüstet wie die Palastwachen des Kalifen, traten vor.

Der Hauptmann war ein Mann mit schwarzem Bart und stechendem Blick, den er jetzt über die drei Sindbads schweifen ließ und schließlich auf Sindbad dem Seefahrer ruhte.

„Bist du der Mann, den man Sindbad den Seefahrer nennt und dessen Geschichten in allen Basaren Bagdads weitererzählt werden?“, fragte der Hauptmann in einem barschen, befehlsgewohnten Tonfall.

„Gewiss, der bin ich“, gab Sindbad zu. „Weitgereist und reich an Erfahrung auf allen Weltmeeren!“

„So lautet der Befehl des Kalifen: Du sollst umgehend in den Palast gebracht werden, denn man wünscht dich dort zu sehen! Also erhebe dich und folge uns!“

Sindbad der Seefahrer machte ein überraschtes Gesicht, während ein Raunen durch die Menge ging.

So erhob sich Sindbad und strich sich die Gewänder glatt.

„Heh, willst du deine Erzählung nicht fortsetzen?“, empörte sich der Kaufmann, der die Münzen bezahlt hatte.

„Es tut mir leid, aber Allahs Ratschluss scheint anderes mit mir im Sinn zu haben“, sagte Sindbad. „Denn wie du siehst, hoher Herr, hat ein noch höherer Herr seine Diener ausgesandt, um mich zu holen. Und gegen den Willen des Kalifen wirst du doch sicher nichts einwenden wollen.“ Sindbad schaute in die erwartungsvollen Gesichter um ihn herum. „Ich hoffe, ihr werdet mir verzeihen, dass ich meine Geschichte nicht vollenden konnte, so wie Allah es mir verzeihen wird, meine Zuhörer enttäuscht zu haben. Nur eins weiß ich gewiss: Der Kalif wird mir nicht verzeihen, wenn ich seinem Ruf nicht folge!“

„Red nicht so viel und komm mit uns!“, verlangte der Hauptmann barsch.

„Wartet einen Moment!“, rief nun der junge Sin, der ebenso wie sein Vater in dem Augenblick aufgestanden war, als auch Sindbad der Seefahrer sich erhoben hatte.

Die Wächter des des Kalifen wurden allerdings jetzt ziemlich ungeduldig. „Den Herrn aller Rechtgläubigen lässt niemand ungestraft warten“, sagte der Hauptmann.

„Trotzdem gewährt einen Moment“, erwiderte Sindbad, ging auf Sin zu und umarmte ihn. „Bei Allah, ich verspreche dir, dass ich morgen um diese Zeit wieder hier am Hafen sitzen und meine Geschichte zu Ende erzählen werde!“, sagte er so laut, dass alle Anwesenden es hören konnten. Ein Raunen ging durch die Menge.

„Wenn der noch lange wartet, wird er die nächste Zeit seine Geschichten im Kerker den Ratten und Spinnen erzählen können“, meinte einer der Wächter grinsend.

Als niemand es beachtete, drückte Sindbad der Seefahrer dem jungen Sin seine Münze in die Hand. Die Worte, die er ihm dabei ins Ohr flüsterte, gingen im Tumult unter.

„Danke! Das hast du großartig gemacht, Sin! So viel Zuhörer hatte ich in letzter Zeit selten. Eine Drachme für dich. Du siehst, ich halte meine Versprechen.“

„Wirst du auch ein anderes Versprechen halten, das du mir gegeben hast?“, fragte Sin.

Sindbad runzelte die Stirn. „Welches Versprechen meinst du jetzt?“

„Du hast mir versprochen, mich auf deiner nächsten Reise als Schiffsjungen mitzunehmen, wenn ich dreizehn Jahre bin.“

„Bist du das denn schon?“

„Ich bin fast vierzehn!“

„Hör zu, Sin, wir reden ein anderes Mal darüber!“

„Aber...“

„Siehst du nicht? Der Kalif kann es offenbar kaum erwarten, mir eine Audienz zu gewähren!“

Einer der Wächter packte Sindbad den Seefahrer jetzt grob am Gewand und zog ihn mit sich. „Los jetzt! Unser Herr erwartet uns!“

So blieben Sindbad der Lastenträger und sein gleichnamiger Sohn zurück und sahen ihrem Namensvetter nach. Die Wächter nahmen Sindbad den Seefahrer in ihre Mitte und führten ihn davon, während der Hauptmann höchstpersönlich noch den reichen Kaufmann zur Seite drängte, der eine wüste Beschimpfung nach der anderen hervorstieß. Schließlich hatte er auch allen Grund, wütend zu sein, hatte er doch teuer für eine spannende Geschichte bezahlt, um die er nun gebracht worden war. „So ein Betrüger! Vor den Kadi sollte man ihn zerren“, knurrte er.

Der Menschenauflauf, der sich um den Geschichtenerzähler gebildet hatte, löste sich innerhalb kurzer Zeit auf.

Der junge Sin prüfte unterdessen die Münze, die er von Sindbad dem Seefahrer erhalten hatte, mit den Zähnen.

„Ist echt – und gut“, erkannte der Junge dann.

„Misstraust du etwa dem ehrenwerten, weitgereisten Mann, dessen Namen du trägst?“, empörte sich unterdessen Sindbad der Lastenträger über seinen Sohn.

„Nun, ich vertraue ihm voll und ganz“, beteuerte Sin.

„Er ist ein Ehrenmann“, erklärte sein Vater. „Und ein Rechtgläubiger, der sich an die Worte des Propheten hält, wie sie im Buche stehen!“

„Trotzdem musst du zugeben, dass einiges an ihm seltsam ist, Vater“, stellte Sin fest.

Sindbad der Lastenträger runzelte die Stirn. „Seltsam?“, fragte er dann gedehnt, während sie zusammen an der Kaimauer entlanggingen und zusahen, wie die Schiffe vertäut und abgetakelt wurden. „Was soll seltsam daran sein, wenn Allah einem wagemutigen Seefahrer seine Gunst geschenkt hat und ihm über die Maßen schenkt und seinen Wagemut reich belohnt.“

„Ich habe nur über manche Dinge etwas nachgedacht“, sagte Sin.

„So, worüber denn?“, fragte sein Vater.

„Nun, zum Beispiel erzählt Sindbad der Seefahrer doch immer, dass er am Ende seiner siebten und bisher letzten Reise mit reicher Beute und einer bezaubernden Frau nach Bagdad zurückkehrte. Aber wenn das der Wahrheit entspricht – wieso hat er es dann nötig, Geld dafür zu nehmen, dass er seine Geschichten erzählt?“

„Sindbad der Seefahrer hat mir dazu einmal gesagt: Etwas, das nichts kostet, wird von den Menschen gering geschätzt. Und allein deswegen würde er Geld dafür nehmen, dass er sie erzählt.“

„So ist er gar nicht auf die Drachmen angewiesen, die ihm zugeworfen werden? Aber Vater! Wieso bittet er dann mich, sehr auffällig Fragen zu stellen und ihn zu drängen, seine Geschichte vom Vogel Rock noch einmal zu erzählen, weil ich sie angeblich noch nicht ganz gehört habe – obwohl ich sie mittlerweile in- und auswendig kenne?“

„Bei Allah, was habe ich für einen spitzfindigen Sohn!“, stieß Sindbad der Lastenträger hervor. „Seit wann hat dich das Misstrauen derart in seinen Griff genommen, dass du  anscheinend selbst einem so vertrauenswürdigen Mann wie Sindbad dem Seefahrer nicht mehr traust, am dessen Lippen ganz Bagdad hängt und dessen Geschichten inzwischen in aller Munde sind, ohne dass auch nur irgendjemand ihren Wahrheitsgehalt bestreiten würde!“

„Aber bist du es nicht gewesen, der mich gelehrt hat, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich von niemandem übers Ohr hauen zu lassen? Und dass die Basare voller Betrüger sind, die eine zu übervorteilen versuchen, wenn man nicht aufpasst? Dass die Gassen Bagdads voll von üblen Gesellen sind, die einen mit Versprechen auf gute Geschäfte in dunkle Winkel zu locken versuchen, wo man dann ausgeraubt wird?“

Sindbad der Lastenträger seufzte. „Ja, das mag schon sein, mein Sohn, aber...“

„Und bist du es nicht gewesen, der mich gelehrt hat, dass Allah den Gläubigen den Verstand gegeben hat, um ihn zu benutzen?“

„Gewiss“, gab der Lastenträger zu. „Nur mein seefahrender Namensvetter verdient dieses Misstrauen ganz sicher nicht! Auch wenn bei ihm vieles nicht so zu sein scheint, wie es bei anderen Leuten ist, so hat er doch stets eine einleuchtende Erklärung dafür.“

„Wo ist dann seine schöne Frau geblieben?“, fragte Sin. „Und wo sein Reichtum? Wir waren nie in seinem Haus, Vater. Ich kenne mich wie kein zweiter in den Straßen Bagdads aus, aber das Haus von Sindbad dem Seefahrer habe ich nie gesehen. Dich nennt er seinen Freund und doch warst du nie in dieses Haus eingeladen, wie du mir selbst gesagt hast! Stattdessen kehrt er oft genug in dein Haus ein – die Wohnung eines Lastenträgers, der einen reichen Geschäftsmann auch noch bewirten muss! Kommt dir das nicht auch manchmal seltsam vor? Meine Mutter muss ihm den Tee bereiten, obwohl das doch auch die Diener tun könnten, die ein so erfolgreicher Kaufmann gewiss beschäftigt!“

Sindbad der Lastenträger blieb stehen. Er drehte sich nach alle Seiten um und sagte dann in gedämpftem Tonfall: „Sindbad der Seefahrer hat mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, dass seine Geschäfte, die er im Anschluss an seine siebte Reise betrieben hat, wohl nicht ganz so gewinnträchtig waren, wie er gehofft hatte.“

„Was soll das heißen, Vater?“

„Das soll heißen, dass er den Großteil seines Reichtums verloren hat.“

„Und seine wunderschöne Frau, die er mitbrachte?“

„Starb schon bald an einer heimtückischen Krankheit, mein Sohn. Aber ganz gleich, ob er auf einer einsamen Insel zurückgelassen wird oder ob ihm alles unter den Händen zerrinnt, was er von seinen Reisen mitgebracht hat – stets hat Sindbad der Seefahrer das Schicksal angenommen, das Allah für ihn vorgesehen hat!“

Das Gesicht des jungen Sin wurde auf einmal sehr traurig. „Das habe ich alles nicht gewusst“, sagte er.

„Sein Haus gehört einem anderen, der es kaufte, und damit die Schulden auszugleichen die Sindbad der Seefahrer inzwischen angehäuft hatte“, fuhr sein Vater fort. „Er übernachtet bei Freunden und unterhält sie mit den Geschichten seiner Reisen.“

Sin wirkte sehr enttäuscht. Er hatte sogar versucht, das Haus des Seefahrers zu finden, aber nur widersprüchliche Auskünfte darüber erhalten, wo es zu finden sei. Das hatte ihn schon stutzig gemacht – genauso wie die Tatsache, dass der Seefahrer selbst ihm nie verraten hatte, wo es zu finden wäre. Aber andererseits – war Bagdad nicht die größte Stadt der Welt? Größer selbst als das legendäre Konstantinopel, das von den Nordmännern, die auf den Basaren von Bagdad Felle, Falken und Bernstein gegen schwarze Stahlbarren aus den Bergen von Khorasan tauschten, nur als 'die große Stadt' bezeichnet wurde? Was war angesichts dieser Größe schon ein einzelnes Haus? Es zu finden glich dem Versuch, eine Nadel aus einem Heuhaufen zu holen!

„Was betrübt dich so, mein Sohn?“, fragte Sindbad der Lastenträger, nachdem er seinen Sohn lange angesehen hatte.

„Es betrübt mich, dass Sindbad der Seefahrer sein Versprechen nicht halten kann, dass er mir gegenüber gab.“

Der Vater runzelte die Stirn. „Sein Versprechen? Aber er hat dir doch die Drachme gegeben – wie vereinbart“, widersprach er.

Aber Sin schüttelte den Kopf. „Nein, das meine ich nicht.“

„Beim Barte des Propheten und allen Rechtgläubigen! Wovon sprichst du denn dann?“

„Davon, dass er mich als Schiffsjunge auf seine nächste Fahrt mitnehmen will“, erklärte der Junge und seufzte. „Die Wahrheit ist doch wohl, dass es keine achte Reise für Sindbad den Seefahrer geben wird, oder?“

„Wer kann Allahs Ratschluss kennen, mein Sohn? Bin ich ein Prophet? Weiß ich, der ich nie lesen und schreiben gelernt habe, was geschrieben steht?“

„Aber Vater! Wovon sollte Sindbad denn diese Reise bezahlen, wenn er tatsächlich so auf den Hund gekommen ist? Und davon abgesehen sagt mir mein Gefühl, dass er selbst nicht mehr daran glaubt, jemals zu einer achten Reise aufzubrechen!“

Sindbad der Lastenträger legte daraufhin seinem Sohn eine Hand auf die Schulter und sagte: „So wirst du eben kein Schiffsjunge, sondern ein Lastenträger wie dein Vater!“

„Ach, Vater...“

„Und ganz ehrlich: Deiner Mutter und mir wäre das auch sehr viel lieber. Besser sein Leben lang mit ehrlicher Handarbeit seinen Lebensunterhalt verdienen, als auf eine ungewisse gefährliche Reise zu gehen, von der man dann womöglich...“

„...reich und mit Schätzen beladen zurückkehrt?“, unterbrach ihn Sin.

„Ich wollte eigentlich sagen: ...womöglich gar nicht zurückkehrt!“, vollendete Sindbad der Lastenträger schließlich seinen Satz.

IM PALAST DES KALIFEN

Unterdessen wurde Sindbad der Seefahrer in den Palast des Kalifen gebracht. Die Wachen führten ihn durch ein wahres Labyrinth aus hohen Säulengängen. Der Palast war so groß, dass man sich dort hätte verlaufen können.

Schließlich wurde Sindbad in einen Raum geführt, der zwar sehr hoch und sehr prächtig eingerichtet war, bei dem es sich aber ganz sicher nicht um den Thronsaal handelte.

Zumindest stellte sich Sindbad den Thronsaal des Kalifen von Bagdad noch sehr viel imposanter vor.

In der Mitte befand sich ein breites, prächtig verziertes Bett, das mit Vorhängen zugezogen war. An allen vier Ecken waren Wächter mit bronzefarbenen Harnischen und breiten, leicht gebogenen Schwertern postiert, deren Turbane und Gewänder einander vollkommen glichen. Außerdem waren noch Wesire und Ärzte im Raum. Dass der Kalif erkrankt war, hatte sich seit Längerem in der Stadt herumgesprochen.

Im Bett lag ein todesbleicher Mann mit eingefallenen Wangen und dunklen Ringen unter den Augen. Sindbad erschrak, als er ihn sah. Es war schon ziemlich lange her, dass der Kalif sich in der Öffentlichkeit gezeigt hatte. Und auch wenn Sindbad ihn nur aus der Ferne hatte sehen können, wenn er sich in seiner Sänfte durch die Straßen Bagdads tragen ließ, um sich dem Volk zu zeigen, so war für Sindbad doch der erschreckende Unterschied auf den ersten Blick sichtbar. Wie furchtbar hatte sich der Kalif verändert! Wie sehr musste ihm die unbekannte Krankheit zusetzen, unter der der Herrscher seit geraumer Zeit litt und über die die größten Gelehrten des Landes noch immer vergeblich rätselten.

Der Hauptmann kniete vor dem Bett nieder und Sindbad bekam von einem der Wächter einen Stoß - denn natürlich wäre es angemessen gewesen, dass auch er vor dem Kalifen niederkniete. Aber Sindbad war so erschrocken über den Anblick seines Herrschers gewesen, dass er daran im ersten Moment gar nicht gedacht hatte. Nun holte er das allerdings nach.

Ein Diener eilte herbei, um dem Kalifen dabei zu helfen, sich im Bett etwas aufzurichten.

Mit einiger Mühe gelang das auch.

Es wurde ihm noch ein Trank gereicht, der ihn offenbar kräftigen sollte.

Der Kalif nahm ihn zu sich und selbst sein Schlucken wirkte mühsam und gequält.

„Mein Kalif, ich habe Euch Sindbad den Seefahrer geholt – so wie Ihr es befohlen habt“, sagte der Hauptmann und verneigte sich noch etwas tiefer.

Der Kalif betrachtete Sindbad mit einem Blick, den dieser nicht zu deuten wusste. Eine tiefe Falte hatte sich auf der Stirn des Kalifen gebildet. Der Herrscher musterte Sindbad von oben bis unten und es machte den Eindruck, als sei der Kalif etwas enttäuscht darüber, keinen eindrucksvolleren, imposanteren Mann vor sich zu haben. Jemanden, der vielleicht etwas mehr dem Helden der Geschichten ähnelte, die über Sindbad den Seefahrer inzwischen in den Basaren und Palästen Bagdads ebenso im Umlauf waren wie in den einfachen Häusern der Lastenträger am Hafen.

Zitternd hob der Kalif seinen Arm und streckte den dürren Zeigefinger aus. „Du... Du bist Sindbad?“, brachte er hervor und seine Stimme klang brüchig. So, als wäre er uralt – und dabei war der Kalif eigentlich noch in den besten Jahren.

„Oh, Herr aller Gläubigen und Schrecken aller Ungläubigen, so nennt man ich“, bestätigte Sindbad. „Beim Barte des Propheten, genau der bin ich: Sindbad der Seefahrer, auf allen Weltmeeren zu Hause und so weitgereist wie kein Gläubiger zuvor!“

Der kranke Kalif machte eine wegwerfende Handbewegung, woraufhin Sindbad augenblicklich schwieg. Er spürte, dass er irgendwie gegenüber dem Herrscher nicht den passenden Ton getroffen zu haben schien.

„Spar dir deine Prahlerei, Sindbad“, sagte der Kalif. „Ich bin schwach, wie du siehst. Eine furchtbare Krankheit fesselt mich die meiste Zeit des Tages über ans Bett und nur Allah weiß, wie viele Tage mir überhaupt noch bleiben. Meine Ärzte haben jede Hoffnung aufgegeben und meine Sterndeuter verschweigen mir hartnäckig mein Horoskop, weil es wohl so schlimm um mich steht, dass in den Sternen auch beim besten Willen keine Hoffnung herauszulesen ist.“

„Euer Schicksal bekümmert mich, hoher Herr“, sagte Sindbad. „Und ganz Bagdad ist bekümmert darüber, wie schlecht es Euch geht!“

„Ah, du neigst zur Übertreibung“, meinte der Kalif. „Ich nehme eher an, dass manche darauf warten, dass ich für einen Nachfolger Platz mache, der vielleicht die Steuern senkt und weniger strenge Gesetze erlässt. Und andere glauben vielleicht, es wäre an der Zeit, es sollte in Bagdad wieder ein gesunder Kalif regieren, der seiner Aufgabe auch gewachsen ist und dass man besser nicht erst warten sollte, bis ich sterbe, um einen Nachfolger auszurufen!“

Sindbad war etwas irritiert. Weshalb hatte ihn der Herrscher rufen lassen? Er war als weitgereister Seefahrer und Geschichtenerzähler in den Gassen der Stadt berühmt – aber keineswegs als Arzt! Und wenn nicht einmal die Gelehrten dem Kalifen noch helfen konnten, die der große Herrscher stets in großer Zahl um sich gescharrt hatte – wer dann?

Sindbad dachte angestrengt nach, aber ihm wollte einfach kein Grund dafür einfallen, weshalb man ihn mit solcher Eile hier her gezerrt hatte, als hinge das Leben des Kalifen davon ab.

„Komm näher, Sindbad, du Weitgereister“, sagte der Kalif jetzt und seine Stimme klang nun gedämpft. Sie hörte sich so schwach und brüchig an, dass man Angst haben konnte, sie würde jeden Moment versagen und der Kalif für immer die Augen schließen.

Sindbad gehorchte, obgleich er bemerkte, dass es dem Hauptmann der Wachen ganz und gar nicht gefiel, dass der Herrscher ihn näher zu sich gerufen hatte. Offenbar misstrauten sie ihm.

Sindbad erhob sich von seinen Knien und näherte sich dem Bett bis auf einige Schritte.

„Das laute Sprechen strengt mich an“, flüsterte der Kalif, dem es plötzlich noch schlechter zu gehen schien.

„Gebt ihm von dem Trunk!“, meldete sich ein Mann mit dunklem Bart zu Wort, der offenbar der Leibarzt war. Er packte einen verdutzten Diener bei der Schulter und gab ihm einen heftigen Stoß. „Na los, worauf wartest du!“

„Gewiss, Meister Abdul“, gab der Diener schluckend zurück. Er füllte einen Krug aus einer Karaffe und wollte dem Kalifen anschließend den Trunk reichen, doch dieser hob seine Hand und wehrte das ab. „Nein, Schluss damit! Die nächsten Augenblicke werde ich sicher noch ohne diese Medizin auskommen, die doch immer nur für wenige Augenblicke eine gewisse Wirkung zu haben scheint.“ Er musste anscheinend eine Pause machen, ehe er schließlich an Sindbad gewandt fortfuhr: „Es wird nicht lange dauern, was wir zu besprechen haben. Es geht um die Geschichten von deinen Reisen.“

Sindbad runzelte die Stirn und machte ein ziemlich ratloses Gesicht. „Aber, hoher Herr, was haben denn meine Reisen mit Eurer Krankheit zu tun?“

„Mit meiner Krankheit – nichts. Aber vielleicht etwas damit, wie ich wieder gesund werden könnte!“

„Herr aller Gläubigen und Licht von Bagdad! Erhabenster aller Herrscher und Gerechtester der Gerechten! Ihr habt die besten Ärzte an Eurem Hof, die ihre Kunst in Samarkand und Buchara gelernt haben und von denen jeder einzelne wahrscheinlich so gelehrt ist, dass er mehr Bücher geschrieben hat, als ich jemals lesen werde! Wie mag da ausgerechnet ich Euch helfen, wo es diese weisen Männer offenbar nicht vermögen?“

„Du bist auf deinen Reisen dem Vogel Rock begegnet“, stellte der Kalif fest. „Zumindest erzählt man dies und nun möchte ich von dir gerne wissen: Entspricht das der Wahrheit?“

„So wahr ich hier stehe! Alles, was ich in meinen Erzählungen berichte ist wahr! Allah und der Prophet seien mein Zeuge und tausend übelgelaunte, gemeine Dschinn-Geister sollen mich bis in alle Ewigkeit mit ihren Streichen quälen, falls ich nicht die Wahrheit gesagt haben sollte!“

Ein mattes, leidendes Lächeln huschte über das Gesicht des Kalifen. „Nun, dann hast du ja allen Grund, dich an die Wahrheit zu halten, um zu verhindern, dass Allah deinen Wunsch in Erfüllung gehen lässt.“

„Wie gesagt, ich habe immer die Wahrheit gesprochen!“

„Abdul aus Cordoba, einer meiner Hofärzte, hat in einer weisen Schrift den Hinweis gefunden, dass möglicherweise die Eier von Riesenvögeln eine über die Maßen heilende Wirkung hätten und auch bei meiner Krankheit helfen könnten. Um es klar zu sagen: Solch ein Ei zu besitzen, aus dem ein kundiger Arzt dann ein Heilmittel herstellen könnte, das auf uralten Rezepten beruht, die schon vor tausend Jahren angewendet wurden...“ Er brach ab und sprach erst nach einigen Momenten weiter, nachdem er dem eilfertig mit dem Kräftigungstrunk herbeieilenden Diener noch einmal mit einer Handbewegung klar machte, dass er im Augenblick nichts davon eingeflößt haben wollte. „Unglücklicherweise sind Vögel, wie derjenige, über den du in deinen Geschichten berichtest, selten geworden.“

„Seien wir froh drum, denn der Vogel Rock vermag mit einem einzigen Schnabelbiss das Rückgrat eines Menschen zu brechen“, entfuhr es Sindbad dem Seefahrer. Danach biss er sich auf die Lippe. Manchmal war es besser zu schweigen - und dies galt ganz besonders im Umgang mit Herrschern, so hatte Sindbad inzwischen festgestellt. „Was das Auffinden eines Eis betrifft, so ist es natürlich bedauerlich, dass man solche Vögel in Euren Ländern nicht zu finden vermag, mein Kalif.“

„Du warst auf der Insel, auf der ein solcher Vogel lebt.“

„Das ist wahr, hoher Herr, aber...“

„Und du bist daher der Einzige, der mir vielleicht noch zu helfen vermag! Sindbad, ich lege meine ganze Hoffnung in deine Hände! Du musst für mich zu jener Insel zurückkehren, auf der du einst den Vogel Rock getroffen hast und eines seiner Rieseneier zurück nach Bagdad bringen, damit ich geheilt werden kann!“

„Aber hoher Herr, ich...“

„Was kann es da für Einwände geben?“, fragte der Kalif und sein Gesicht veränderte die Farbe, als er für einige Augenblicke nach Atem rang. Einige Ärzte eilten herbei, stützten ihn, versuchten ihm zu helfen und noch etwas von dem Trank zu reichen. Jemand klopfte dem Kalifen heftig auf den Rücken. Es gab ein dumpfes Geräusch dabei und die Wächter schienen einen Moment lag zu überlegen, ob sie vielleicht eingreifen sollten, weil jemand ihrem Herren Gewalt antat.

„Ist ja gut!“, wehrte der Kalif schließlich die Hilfe seiner Untergebenen ab, die sich daraufhin schnell und mit wortreichen Entschuldigungen und zahlreichen Verbeugungen zurückzogen. Der Kalif saß nun aufrecht im Bett und sein prüfender Blick traf Sindbad bis ins Innerste. „Es gibt keinen Grund für dich, mir diese Bitte zu versagen“, erklärte der Kalif. „Ich bin schließlich dein Herr und du hast zu tun, was ich sage und befehle.“

„Mein allerweisester Kalif und Vollkommenster unter denen, die Allah zu Herrschern bestimmt hat“, begann Sindbad von Neuem einen Einwand vorzubringen. „Ich habe zur Zeit gar kein Schiff und werde vermutlich auch so schnell keines mehr bekommen.“

„Planst du denn nicht deine achte Reise?“, fragte der Kalif. „Zumindest erzählt man sich das auf den Straßen!“

„Herr, die Geschäfte gingen schlecht und ich habe beinahe den gesamten Reichtum wieder verloren, den ich aus fernen Ländern mit nach Bagdad gebracht habe. Allah gibt, aber Allah nimmt auch. Aber gleichgültig, ob er nimmt oder gibt, ich will ihn dafür preisen! Nur kann ich deshalb leider und zu meinem größten Bedauern Euch nicht auf die Weise dienen, die Ihr von mir verlangt, hoher Herr!“

„Doch, das kannst du, Sindbad! Denn ich werde dir ein Schiff ausrüsten und deine Mannschaft zusammenstellen. Es soll an nichts fehlen! Die besten Seeleute und die weisesten Männer sollen dich begleiten! Gelehrte, die beurteilen können, welches Ei des Riesenvogels am geeignetsten sein könnte und selbst auf die Dienste meines Leibarztes Abdul aus Cordoba werde ich für diese Zeit verzichten, damit er sofort, wenn du ein solches Ei aufgefunden hast, damit beginnen kann, daraus ein Heilmittel zu brauen. Schließlich könnte es ja sein, dass auch die Eier des Vogels Rock so verderblich wie die Eier von Hühnern sind und man sie nicht so ohne weiteres aufbewahren kann...“

„Nun, es könnte aber auch sein, dass das Junge in dem Ei bereits lebt und der Riesenvogel es verteidigt, wie man es von allen Eltern in Allahs Schöpfung erwartet“, sagte Sindbad. „Während meiner fünften Reise gelangte ich erneut an die Küste des Landes, in den der Vogel Rock beheimatet ist. Und meine Männer hatten Hunger. Wir waren gestrandet und die Vorräte gingen zur Neige. Da fanden sie ein Ei des Riesenvogels, schlachteten das Junge und o Kalif, Ihr könnt Euch vorstellen, was geschah! Die Rache war furchtbar, als der Vogel schließlich auftauchte!“

„Nun, du bist gewiss in der Lage, dieser Mannschaft, die ich dir mitgebe, es zu ersparen, dass sie von einem Riesenvogel angegriffen wird! Sei einfach vorsichtiger, als es deine Gefährten gewesen sind!“

Aber das sagte sich leichter als es war.

Sindbad seufzte. Er begann zu ahnen, dass jede Widerrede gegen die Pläne des Kalifen völlig sinnlos waren. Der Herrscher hatte es sich nun einmal in den Kopf gesetzt, dass einzig und allein eine Medizin, die aus dem Ei des Riesenvogels gewonnen worden war, ihn wieder heilen konnte. Und so würde er sich auch nicht durch noch so grausigere Schilderungen über den Vogel Rock davon abbringen lassen, Sindbad zusammen mit einem Schiff und einer Mannschaft dort hinzuschicken.

„Ich will keine Einwände mehr hören“, erklärte der Kalif. „Und wenn doch, dann magst du im Kerker darüber nachsinnen. Und für den Fall, dass ich sterbe, bevor du ein Ei des Riesenvogels besorgt hast und ich nur wegen deiner Unentschlossenheit nicht gerettet werden konnte, so habe ich angeordnet, dass man dich dann köpfen wird, Sindbad!“

Sindbad schluckte.

„Oh Herr, das ist kein schöner Gedanke“, murmelte er.

„Du siehst ein bisschen blass aus und scheinst dir ernsthaft Sorgen zu machen“, sagte der Kalif. „Aber das brauchst du nicht, denn selbstverständlich wirst du keine Schwierigkeiten haben, zur Insel des Vogels Rock zu segeln und mir mitzubringen, wonach ich verlange. Schließlich nennt man dich doch nicht umsonst den größten, erfahrensten und am weitesten gereisten Seefahrer!“

Sindbad schluckte abermals. Er fühlte die Blicke aller Anwesenden auf sich gerichtete – nicht nur den des Kalifen, sondern auch der Ärzte, Hofbeamten und Wächter.

Und ob es für mich eine Schwierigkeit ist, zu jener Insel zu segeln, durchfuhr es ihn siedend heiß. Wenn sie doch wenigstens existieren würde, diese Insel... Dann wäre es ja vielleicht sogar möglich, sie auch zu finden, selbst wenn man in Wahrheit niemals ihre Küste betreten hat!

Diese und andere Gedanken rasten nur so durch Sindbads Kopf. Die Wahrheit war nämlich nicht ganz so prächtig, wie er sie in seinen Erzählungen ausgemalt hatte, die er täglich am Hafen zum besten zu geben pflegte. Zwar war er tatsächlich zur See gefahren und und sogar für einige Zeit Kapitän eines Schiffes gewesen, das von Bagdad aus flussabwärts bis nach Basra und darüber hinaus zur Mündung am Schat-al-Arab gesegelt war. Und hin und wieder war er sogar auf jenes Meer hinausgesegelt, das von jeher die Araber den Arabischen und die Perser den Persischen Golf nannten. Bis zur Insel Al-Bahrain war er gekommen. Allerdings war dies der am weitesten entfernte Ort gewesen, den er je betreten hatte. Denn immer dann, wenn das Schiff im Hafen der Insel Al-Bahrain neue Ladung aufgenommen hatte, war war man wieder zurück in Richtung Bagdad aufgebrochen. Hin und wieder hatte Sindbad allerdings den Geschichten jener Männer gelauscht, die aus fernen Ländern bis Al-Bahrain gesegelt waren. Sie erzählten von Indien und China und Reichen, in denen Elefanten so selbstverständliche Reittiere waren, wie in Bagdad Esel, Kamele und Pferde. Sie berichteten über Inseln auf denen wunderliche Tiere lebten und feuerspuckende Berge zu finden waren, aus deren Schloten Asche und Schwefel in die Höhe geschleudert wurden, sodass man glauben konnte, in Dschehenna zu sein – der Hölle, in der all diejenigen bestraft wurden, die den Geboten Allahs nicht gefolgt waren.

Manche dieser Geschichten hatte Sindbad in seinen Gedanken noch etwas weitergesponnen, sich vorgestellt, er hätte jene fernen Länder und noch weitere, bisher unbekannte Küsten, betreten können und hätte dort Dinge erlebt, die nie zuvor irgendeinem Menschen zugestoßen waren.

Wer hätte schon überprüfen sollen, ob diese Geschehnisse der Wahrheit entsprechen konnten oder ob sie schlichtweg frei erfunden waren?

Sindbad erinnerte sich noch genau, wie zum ersten Mal eine größere Schar von Zuhörern an den Kaimauern von Bagdad sich um ihn herum versammelt hatte. Vollkommen gebannt waren sie gewesen. Die Jungen vergaßen zum Teil ihren Mund zu schließen, so sehr fieberten sie mit, wenn Sindbad der Seefahrer von seinen Abenteuern erzählte. Wie hätte er sie mit einem mittelmäßigen Abenteuer enttäuschen können? Wie hätte er ihnen angesichts dieser Begeisterung von den eintönigen, immer gleichen Fahrten nach Al-Bahrain erzählen können, auf denen die Laune unter der Besatzung meistens furchtbar schlecht war, weil man die meiste Zeit furchtbar schwitzte! Sindbad hatte einen inneren Drang verspürt, den er sich selbst gar nicht weiter erklären konnte. Einen Drang, der ihn dazu getrieben hatte, immer weiter zu erzählen und dabei von immer großartigeren und fantastischeren Dingen und Taten zu berichten, die sich angeblich während seiner Reisen ereignet hatten. Irgendwie hatte Sindbad das Gefühl gehabt, dass man genau dies von ihm hatte hören wollen. Und nachdem seine Geschichten erst einmal in den Basaren und unter den Männern am Hafen, ja, sogar unter den Waschweibern am Fluss und sogar unter den Schneidern, die ihre Werkstätten in den Straßen rund um den Kalifenpalast herum betrieben, weitererzählt wurden, da  wäre es auch wohl schlecht möglich gewesen, irgendein Wort wieder zurückzunehmen. Dass er sich die meisten dieser Erlebnisse lediglich ausgedacht hatte, ahnte niemand. Und das wenige, das der Wahrheit entsprach, hatte er so in seine Erzählungen hineingepasst und verändert, dass es kaum noch etwas mit der Wahrheit zu tun hatte. Im Laufe der Zeit war es für Sindbad immer schwieriger geworden, keine seiner Geschichten anders zu erzählen als so, wie sie bereits unter den Leuten bekannt war. Wann immer ihm einmal ein Fehler unterlief, waren die Leute nämlich sofort misstrauisch. Das hatte Sindbad bereits gemerkt und inzwischen achtete er so gut es ging darauf, dass er die Geschichten von seinen Reisen immer auf die exakt gleiche Art und Weise erzählte.

Letztlich war das auch einer der Gründe dafür, weshalb er die Reisen von eins bis sieben durchnummeriert hatte. So konnte er sich einfach besser merken, was angeblich zuerst und was erst sehr viel später geschehen war.

Oh Allah, hilf mir!, ging es Sindbad durch den Kopf – denn gegenüber den Problemen, die ihm seine Lügen bisher eingebracht hatten, war das, was ihn nun erwartete nichts weiter als ein laues Seelüftchen.

Wie sollte er die Schiffsmannschaft des Kalifen zur Insel des Vogels Rock führen, da diese doch gar nicht existierte? Und was geschah, wenn die ganze Unternehmung ohne Erfolg blieb, hatte der Kalif ja schon angekündigt.

Unwillkürlich betastete Sindbad seinen Hals.

Er saß in der Falle. Und ganz gleichgültig, was er jetzt auch tat oder sagte – es würde dadurch nur noch schlimmer werden.

„Gleich morgen soll das Schiff Bagdad flussabwärts verlassen!“, bestimmte der Kalif. „Und du, werter Sindbad, bist bis dahin mein Gast!“ Er deutete auf den Hauptmann. „Hassan wird nicht von deiner Seite weichen und dir jeden Wunsch von den Lippen lesen! Er wird dich auch auf deiner achten Reise begleiten.“

Hauptmann Hassan verneigte sich leicht. Der Beschluss des Kalifen schien für ihn keine Überraschung zu sein. Für Sindbad war das nur so erklärlich, dass Hassan bereits vorher in alles eingeweiht gewesen war.

Vermutlich wird er mir nicht nur jeden Wunsch von den Lippen anlesen, sondern mich auch überwachen, ging es Sindbad durch den Kopf. Und falls ich keinen Erfolg haben sollte, ist es auch nicht schwer, sich auszumalen, was er dann mit mir tun wird!

Dieser Gedanke schnürte Sindbad geradezu die Kehle zu, sodass ihm für einen Moment schier der Atem wegzubleiben drohte.

Das breite, raubtierhafte Lächeln, das sich daraufhin auf Hassans Gesicht zeigte, schien den vermeintlich weitgereisten Seefahrer darin nur zu bestätigen. Hassan legte seine Hand um den Griff des Schwertes, das in seinem Gürtel steckte und neigte gegenüber Sindbad leicht den Kopf. „Immer zu deinen Diensten, weitgereister und von Allah so über die Maßen mit Weisheit und Erkenntnis gesegneter Sindbad!“, sagte er und es war nicht ganz sicher auszuschließen, dass nicht auch etwas Spott in seinen Worten mitschwang.

Sindbad wandte sich daraufhin wieder an den kranken Kalifen. „Ich weiß Eure Großzügigkeit sehr wohl zu schätzen, hoher Herr!“, brachte er heiser heraus.

„Außer Hassan wird dich noch mein Arzt und Astrologe Abdul aus Cordoba begleiten“, erklärte der Kalif und deutete auf seinen schwarzbärtigen Leibarzt. Bei ihm war ein junger Mann, dem kaum genug Barthaare wuchsen, als dass  man schon glauben konnte, dass bereits erwachsen war – geschweige denn, in den Kreis der Gelehrten, Astrologen und Ärzte gehören konnte, die den Kalifen berieten. „Ich werde schweren Herzens darauf verzichten, dass Abdul in meiner Nähe ist und meine Gesundheit bewacht“, fuhr der Kalif fort. „Aber ich bin mir sicher, dass er seine Kollegen gut genug instruiert hat, sodass ich die Rückkehr des Schiffes wenigstens noch erlebe!“

„Seid unbesorgt, mein hoher Herr“, sagte Abdul aus Cordoba und verneigte sich leicht vor seinem Herrscher. „Ich habe die anderen Ärzte in Euren Diensten mit eingehenden Anweisungen vorsorgt, sodass sie jederzeit in der Lage sein werden, dass Richtige zu tun, falls sich Euer Gesundheitszustand verschlechtern sollte.“

„Dessen bin ich gewiss, werter Abdul“, sagte der Kalif.

„Allerdings bestehe ich darauf, dass mein Gehilfe Ibn Sina mich begleitet, denn ich benötige seine Unterstützung“, sagte Abdul und deutete dabei auf den jungen Mann neben sich.

„Die Bitte sei dir gewährt“, erklärte der Kalif. „Auch wenn ich auf die Dienste von Ibn Sina ebenso ungern verzichte, wie auf deine!“

Auf die Dienste dieses – Jungen?, wunderte sich Sindbad insgeheim. Mehr als ein Gehilfe konnte das doch nicht sein! Jemand, der dem großen Gelehrten Abdul vielleicht die wichtigen Schriften aus der Bibliothek des Kalifen heraussuchte oder für ihn zum Bazar ging, um irgendwelche seltenen Substanzen zu kaufen, die man vielleicht zur Herstellung einer bestimmten Medizin brauchte. Naja, das soll nicht meine Sorge sein, ging es Sindbad durch den Kopf. Davon hatte er schließlich selbst schon genug.

„Verzeiht hoher Herr, aber auch ich würde gerne diese Reise mitmachen“, sagte nun eine Stimme. Sie klang tief und ruhig und für Sindbads Ohren schwang in diesen Worten eine ungewöhnliche Stärke mit, die ihn sofort aufhorchen ließ.

Die Wachen und anderen Ärzte, Gelehrten und Astrologen traten zur Seite und ein Mann in einer dunklen Kutte trat vor, um am Bett des kranken Kalifen niederzuknien.

Sindbad war dieser Mann bisher nicht so aufgefallen, zumal von seinem Gesicht auch so gut wie nichts zu sehen gewesen war, hatte er doch seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen.

„Meinst du nicht, du solltest besser hier in Bagdad bleiben, um die Heilkunst, wie sie hier gelehrt wird, auch wirklich gut genug zu erlernen, um sie eines Tages auch in dein kaltes, wildes Heimatland zu bringen?“, fragte der Kalif.

„Branagorn stammt doch aus den Reichen der Ungläubigen“,  äußerte sich nun Abdul aus Cordoba. „Er ist also den Umgang mit Barbaren gewöhnt – schon deshalb, weil er selbst einer ist.“ Er wandte sich kurz an Branagorn und fügte hinzu: „Ich bitte vielmals um Verzeihung für diese Bemerkung, aber sie entspricht schließlich der Wahrheit.“

„Ich bin nicht so leicht zu beleidigen“, sagte Branagorn.

Abdul aus Cordoba wandte sich daraufhin wieder dem Kalifen zu. „Auf unserer Reise werden wir vielen Ungläubigen begegnen und es wäre gut, wenn wir jemanden an Bord hätten, der den Umgang mit ihnen gewohnt ist!“

„Ist nicht auch Sindbad der Seefahrer diesen Umgang gewohnt?“, fragte der Kalif stirnrunzelnd.

„Gewiss ist er das“, nickte Abdul, noch ehe Sindbad überhaupt nur in die Versuchung kommen konnte, eine Antwort zu geben, die ihn wahrscheinlich sowieso nur in noch größere Schwierigkeiten gebracht hätte. „Aber ich meinte jemanden außer Sindbad, wenn Ihr versteht, was ich meine!“

Der Kalif brauchte einen Augenblick, um das zu begreifen.

Sindbad hingegen verstand sofort, worauf Abdul aus Cordoba hinauswollte.

Er traut mir nicht über den Weg!, durchfuhr es den vermeintlich Weitgereisten. Und damit liegt er ja auch gar nicht so falsch...

„Davon abgesehen gibt es wohl niemanden, der so viele, auch sehr fremde Sprachen spricht, und notfalls sogar in der Lage ist, sie innerhalb kürzester Zeit zu lernen“, fuhr Abdul fort. „Schließlich hat Branagorn die Länder des Ostens bereist.“

„Nur anscheinend leider nicht jenes Inselreich, in dem der Vogel Rock zu Hause ist“, murmelte der Kalif. „Nun, sei es drum, Branagorn mag euch begleiten, denn deine Argumente überzeugen mich, Abdul. Und nun lasst mich allein. Ich bin müde und schwach.“

DAS FESTMAHL

Sindbad wurde zusammen mit den anderen aus dem Raum geführt. Nur Abdul aus Cordoba blieb noch etwas länger. Aber darüber wunderte sich niemand, schließlich war er der Leibarzt des Kalifen.

„Es soll dir hier an nichts fehlen“, sagte Hauptmann Hassan an Sindbad gerichtet. „Du wirst fürstlich bewirtet werden und man wird dir jeden Wunsch erfüllen. Und falls wir alle wohlbehalten zurückkehren und dem Kalifen tatsächlich geholfen werden kann, wird er dich reichlich entlohnen.“

„Warum hat er mir das nicht selbst gesagt?“

„Manche Dinge überlässt er lieber mir“, sagte Hassan. „Aber eins solltest du auf keinen Fall versuchen!“

„Wovon sprichst du?“

„Das weißt du genau! Wenn du versuchen solltest, dich der Weisung unseres Herrschers zu entziehen, dann habe ich den Auftrag, dich zu töten. Ich werde dich die ganze Zeit über beobachten und keinen Moment von deiner Seite weichen.“

„Auch während der Reise?“, fragte Sindbad.

Hassan verzog das Gesicht. „Ganz besonders während der Reise.“

––––––––

Es wurde ein großes Festmahl im Palast gegeben. Musikanten spielten und es wurden die köstlichsten Speisen gereicht. Der Kalif nahm selbst auf Grund seiner angegriffenen Gesundheit nicht daran teil – wohl aber Abdul aus Cordoba, der etwas verspätet dazukam.

Sindbad hatte die ganze Zeit darüber nachgedacht, wie er aus alledem wieder herauskam. Aber wie er es auch drehte und wendete – er kam aus dem Netz so einfach nicht wieder heraus, das er sich selbst aus seinen Lügen geschaffen hatte. Jeder glaubte nun die Geschichten, die er erfunden hatte. Man hielt ihn für den, der er immer behauptet hatte zu sein und nun erwartete man von ihm, dass er es auch unter Beweis stellte – was er natürlich nicht konnte.

Was soll ich nur tun?, dachte er. Natürlich hatte er zunächst einmal gar keine andere Wahl, als die Reise anzutreten. Nur würde sich irgendwann im Laufe der Zeit doch zwangsläufig die Wahrheit herausstellen! Und die Wahrheit lautete ganz einfach, dass er nicht den Hauch einer Ahnung davon hatte, wie oder wo er ein Ei des Vogels Rock finden konnte – außer vielleicht in seiner überbordenden Fantasie.

„Wie vorhin beim Kalifen schon erwähnt wurde, war ich lange in den Ländern des Ostens“, sagte Branagorn von Corvey. Er schob seine Kapuze zurück und zum ersten Mal sah Sindbad das Gesicht dieses Mannes, der aus einem der weit nördlich liegenden Reiche der Ungläubigen gekommen sein sollte. Es war totenblass. Das lange Haar war silbriggrau, fast weiß und reichte ihm bis über die Schultern. Als er den Kopf drehte, stach eines seiner Ohren für einen Moment hervor. Es lief spitz zu und wirkte verstümmelt. Sindbad hatte davon gehört, dass es in manchen Ländern üblich war, Betrüger und Falschmünzer auf diese Weise zu bestrafen. Aber konnte man sich vorstellen, dass ein Mann am Hof des Kalifen geduldet wurde, der eines solchen Verbrechens schuldig war?

Ich werde sicherlich noch lange genug Gelegenheit dazu haben, ihn danach zu fragen, wie es dazu gekommen ist, überlegte Sindbad. Schließlich lag vor ihnen allen eine Seereise ins Ungewisse.

„Ich habe die Länder des Ostens bereist“, sagte Branagorn. „Und ich bin immer wieder auf Legenden über riesenhafte Vögel gestoßen. Allerdings bin ich nie einem dieser Geschöpfe begegnet.“

Nun, da haben wir ja sogar etwas gemeinsam!, dachte Sindbad bitter und mit wachsender Verzweiflung, die ihm schier den Hals zuschnürte, sodass er im ersten Moment gar nichts zu erwidern wusste.

Natürlich erwartete der Mann aus dem Land der Ungläubigen nun sicherlich eine genaue, eindrucksvolle Schilderung von Sindbads Begegnungen mit dem Vogel Rock. Aber auch wenn Sindbad diese Dinge so oft erzählt hatte, wenn er am Hafen saß, so war er jetzt zurückhaltender. Diese Männer waren schließlich allesamt gelehrt und scharfsinnig. Keine leicht zu beeindruckenden Söhne von Lastenträgern oder Kaufleute, denen die Gier den Verstand so sehr vernebelte, dass sie bereit waren, jede Geschichte zu glauben, in der außer Riesenvögeln möglichst noch kostbare Schätze vorkamen! Sindbad spürte die bohrenden, erwartungsvollen Blicke auf sich gerichtet. „Nun, der Vogel Rock gehört einer sehr seltenen Art an, die offenbar nur auf einigen wenigen Inseln zu Hause ist“, sagte Sindbad.

„Aber die Frage, die ich mir stelle, ist die: Wieso konnte sich eine Vogelart nicht weiter verbreiten und blieb offenbar auf einem einsamen Eilande begrenzt?“, fragte Branagorn. „Diese Geschöpfe brauchten sich doch nur in die Lüfte erheben, um sich anschließend niederzulassen, wo auch immer es ihnen beliebt und man sie duldet!“

„Vielleicht bindet sie ein Fluch!“, meinte Hassan. „Bei Allah, das wollen wir hoffen, denn niemand will solche Geschöpfe in seiner Nähe wissen!“

Die anderen nickten zustimmend und aßen dabei etwas von den köstlich gewürzten Speisen, die man ihnen serviert hatte.

„Ich habe allerdings auch Geschichten über solche Riesenvögel gehört, die gar nicht fliegen können, sondern sich laufend fortbewegen“, ließ Branagorn nicht locker, der die unangenehme Eigenschaft zu haben schien, ein Thema sehr hartnäckig zu verfolgen. Die Aufmerksamkeit der anderen war inzwischen mehr auf die köstlichen Speisen gerichtet. Von schrecklichen Riesenvögeln schienen sie im Augenblick lieber nichts hören zu wollen. Schließlich würden sie ihnen ja noch früh genug begegnen, so glaubten sie wohl. Und nun ging es ihnen erst einmal darum, sich noch einmal mit den Köstlichkeiten den Magen vollzuschlagen, die die Meisterköche des Kalifen herbeizaubern konnten.

Einzig Branagorn schien da eine Ausnahme zu sein. Er hatte bislang kaum etwas von all den Köstlichkeiten angerührt.

„Nun, es mag Exemplare geben, die fliegen können und solche, die es nicht können“, sagte Sindbad ausweichend. „Allah hat schließlich eine große Vielfalt von Geschöpfen in die Welt gesetzt!“

„Ich hatte gehofft, du wüsstest dies genauer – schließlich bist du der erste und einzige, den ich bisher traf, der von sich behauptet hat, diesen Riesenvögeln auch tatsächlich begegnet zu sein!“

„Sag mal – was ist dieses Corvey, von dem du herkommst?“, stellte Sindbad nun eine Gegenfrage, um etwas aus der Verlegenheit zu kommen. „Ich habe den Namen dieser Stadt noch nie gehört!“

„Es ist auch keine Stadt, sondern ein Kloster in Westfalen, einem Landstrich im Reich von Kaiser Otto, dem Herrn im Reich der Östlichen Franken“, sagte Branagorn.

„Ein Kloster?“, runzelte Sindbad die Stirn. „Ich habe davon gehört, dass bei den Christen Mönche in selbstgewählter Abgeschiedenheit leben.“

„Die Mönche von Corvey bewahren viele wertvolle Schriften und widmen sich den verschiedensten Studien“, erklärte Branagorn.

„Und du bist einer von ihnen?“, vergewisserte sich Sindbad.

„Ja“, bestätigte Branagorn. „Zumindest war ich lange dort, später reiste ich in den Diensten meines Kaisers durch viele Länder.“

„Dann bist du eine Art Botschafter des Kaisers im Reich der Östlichen Franken!“

„Das wäre vielleicht etwas übertrieben, aber...“

„Jetzt kann ich mir auch vorstellen, weshalb unser Kalif einen Ungläubigen an seinem Hof duldet.“

„Der Kalif mag krank sein, aber er ist ein durchaus großherziger Mann, der es bedauert, nicht selbst in ferne Länder reisen zu können. So hört er gern den Berichten von Fremden zu, die es in seine Stadt verschlagen hat.“

„Das stimmt“, bestätigte Hassan. „Er redete auch immer gerne mit den Nordmännern, die hier her kommen.“

Branagorn kam auf seine ursprüngliche, sehr bohrend gestellten Fragen zur Flugfähigkeit des Riesenvogels Rock nicht zurück. Vielleicht war er dazu einfach zu höflich, vielleicht wollte er es aber auch auf keinen Fall zum offenen Streit kommen lassen.

Aber insgeheim spürte Sindbad, dass dieser Mönch aus einem fernen Land, von dem man in Bagdad immer wieder nur mal zu hören bekam, dass dort das Wetter schlecht und es kalt sei und man außerdem noch nichts vom Propheten Mohammed und dem rechten Glauben an Allah gehört hätte, seinen Worten nicht so recht Glauben schenkte. Auch sonst würde dort große Unwissenheit herrschen, was alle Fragen der Heilkunst und der Reinlichkeit betraf. Und man trank so viel Alkohol, dass man sich nur wundern konnte, wie man es in diesem Land überhaupt schaffen konnte, die Ernte einzufahren.

––––––––

Im weiteren Verlauf des Mahls lernte Sindbad auch die anderen etwas besser kennen, die ihm als künftige Teilnehmer an seiner achten Reise vorgestellt worden waren. Abdul aus Cordoba war offenbar ein hoch angesehener Gelehrter und Arzt, der darüber hinaus allerdings noch in allen möglichen anderen Wissenschaften bewandert war. Ibn Sina, der von Abdul als sein Gehilfe bezeichnet worden war, mochte zwar noch sehr jung sein, war aber in Wahrheit alles andere als ein Lehrling. Er hatte in Samarkand und Buchara schon einige Bücher geschrieben und war trotz seiner jungen Jahre bereits ein hoch angesehener Gelehrter und Arzt. Neben der Kunst, Kranke zu heilen, beschäftigten ihn ansonsten wohl vor allem astrologische Studien. Er war ein Sterndeuter und wusste, wie sich viele Himmelserscheinungen im voraus berechnen ließen, sodass man genau wusste, wann das Ereignis eintrat.

„Gegen die versammelte Weisheit in diesem Raum komme ich mir geradezu schäbig und dumm vor“, bekannte Sindbad – denn er dachte, dass es eine gute Ablenkung wäre, wenn er diesen Männern etwas schmeichelte.

„An dir scheint ein wahrer Diplomat verloren gegangen zu sein“, stellte Ibn Sina etwas überrascht und ziemlich beeindruckt fest.

„Du übertreibst, werter Ibn Sina“, sagte Sindbad scheinbar bescheiden. „Ich versuche nur, freundlich zu sein – nichts weiter. Doch die Wahrheit ist, dass ich geradezu geblendet bin von all der Weisheit und Klugheit, die mich in dieser Runde umgibt. Ich dagegen bin nur ein einfacher Seefahrer, der nichts weiter gelernt hat, als mit einer Dau auf das Meer hinauszufahren und die Segel so zu setzen, dass der Wind das Schiff in die richtige Richtung trägt!“

Nachdem Sindbad dies gesagt hatte, machten Abdul aus Cordoba und Ibn Sina sogleich den Eindruck, als wären sie gerade um mehr als eine Handbreit gewachsen. Nur Branagorn schien von alledem völlig unbeeindruckt zu sein, während Hauptmann Hassan einfach nur etwas ratlos wirkte.

––––––––

Am nächsten Tag schon sollte das Schiff auslaufen, das der Kalif für diese Reise zur Verfügung stellte. Für die Nacht wurde Sindbad ein prachtvolles Gemach zugewiesen. Auch hier sollte es ihm an nichts fehlen.

Sindbad aber lag die ganze Nacht wach in dem breiten Bett in seinem Quartier. Er konnte kein Auge zumachen. Die ganze Zeit über musste er daran denken, in welch verzweifelter Lage er doch war. Diese Fahrt konnte für ihn nur Unglück bringen. Irgendwann, wenn sie bis zum Ende der Welt gesegelt waren, würde sich doch herausstellen, dass es dieses Land von Vogel Rock überhaupt nicht gab.